R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
11.11.2021
Wirtschaftsrecht
BGH: Wettbewerbliche Eigenart eines nachgeahmten Produkts – Kaffeebereiter

BGH, Urteil vom 1.7.2021 – I ZR 137/20

ECLI:DE:BGH:2021:010721UIZR137.20.0

Volltext: BB-Online BBL2021-2689-1

Amtliche Leitsätze

a) Der Kläger, der wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz beansprucht, hat zu seinem Produkt und dessen Merkmalen, die seine wettbewerbliche Eigenart begründen, konkret vorzutragen. Hat er diesen Anforderungen genügt, trifft den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die das Entstehen der an sich gegebenen wettbewerblichen Eigenart hindern oder eine an sich bestehende wettbewerbliche Eigenart schwächen oder entfallen lassen. Danach ist es Sache des Beklagten, zum wettbewerblichen Umfeld des in Rede stehenden Produkts vorzutragen und die Marktbedeutung von Produkten darzulegen, mit denen er die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts in Frage stellen will.

b) Bei der Prüfung, ob durch eine Nachahmung eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorgerufen wird, ist auf den Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung abzustellen. Daraus ergibt sich, dass dieser Zeitpunkt auch für die Prüfung der Frage maßgeblich ist, ob die an sich gegebene wettbewerbliche Eigenart des klägerischen Produkts durch einen Vertrieb unter einem Zweitkennzeichen entfallen ist. Die wettbewerbliche Eigenart muss grundsätzlich im Zeitpunkt des Angebots der Nachahmung auf dem Markt noch bestehen.

Sachverhalt

Die in der Schweiz ansässige Klägerin ist Herstellerin des Kaffeebereiters "Ch.   ", der in verschiedenen Farben und Versionen angeboten wird. Dieser Kaffeebereiter wird von der Klägerin seit Jahrzehnten vermarktet. In Deutschland werden hiervon jährlich über 20.000 Stück verkauft. In den Jahren 2005 und 2009 vertrieb die Klägerin unter der Zweitmarke "Melior" identisch gestaltete Kaffeebereiter.

Die Beklagte zu 1 (im Folgenden "die Beklagte"), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 (im Folgenden "der Beklagte") ist, bot den in der Anlage zur Klage abgebildeten Kaffeebereiter "O.  W. " auf ihrer Internetseite www.bestbrew-world.de in zwei Größen (300 ml und 600 ml) an.

 

Nachfolgend sind die beiden Kaffeebereiter einander gegenübergestellt:

 

 

 

 

 

jpeg-15249.jpeg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

    Die Angebotsseiten der Beklagten waren wie folgt gestaltet:

 

 

 

 

 

jpeg-15251.jpeg

 

 

 

 

 

 

 

Der Kaffeebereiter der Beklagten wird in einer Kartonverpackung vertrieben, auf deren Vorderseite außer einer Zeichnung des Kaffeebereiters und der Bezeichnung "Cafe Press Wood" die Angabe "HARIO" zu sehen ist; auf der Unterseite der Kartonverpackung ist ein Aufkleber angebracht, auf dem unter der Überschrift "Inverkehrbringer" die Wörter "BESTbrew", "Kaffeezubereiter" sowie der Name und die Anschrift des Beklagten zu lesen sind:

 

 

 

 

 

jpeg-15253.jpeg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Klägerin hält den von der Beklagten angebotenen Kaffeebereiter "O.  W. " für eine wettbewerbswidrige Nachahmung ihres Kaffeebereiters "Ch.   " und hat die Beklagten mit Schreiben vom 25. April 2017 erfolglos abgemahnt.

Die Klägerin hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt,

die Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, Kaffeebereiter gemäß Abbildung in Anlage zur Klage anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder anbieten, bewerben und/oder in den Verkehr bringen zu lassen.

Außerdem hat sie die Beklagten auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2020, 448).

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Aus den Gründen

11        A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei begründet, weil der Kaffeebereiter der Beklagten "O.  W. " eine unlautere Nachahmung des über wettbewerbliche Eigenart verfügenden Kaffeebereiters "Ch.   " der Klägerin darstelle. Zur Begründung hat es ausgeführt:

12        Der Kaffeebereiter "Ch.   " der Klägerin verfüge über durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart. Die wettbewerbliche Eigenart werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin den Kaffeebereiter auch unter der Marke "Melior" vertrieben habe. In dem Beklagtenprodukt erkenne der Verkehr eine fast identische Nachahmung. Es liege auch eine vermeidbare Herkunftstäuschung vor. Dafür genüge es, wenn der Verkehr annehme, bei der Produktnachahmung handele es sich um eine neue Serie oder um eine Zweitmarke des Originalherstellers oder es bestünden lizenz- oder gesellschaftsvertragliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen. So verhalte es sich hier. Angesichts der jedenfalls durchschnittlichen Eigenart und des hohen Grads der Übernahme sei von einer Unlauterkeit auszugehen.

13        B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Annahme des Berufungsgerichts, bei dem Kaffeebereiter der Beklagten "O.  W.  " handele es sich um eine unlautere Nachahmung des Kaffeebereiters "Ch.   " der Klägerin, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (dazu B I). Die Verurteilung des Beklagten kann darüber hinaus deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsurteil insoweit nicht mit Gründen versehen ist (dazu B II).

14        I. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden Ansprüche aus lauterkeitsrechtlichem Nachahmungsschutz nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UWG zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

15        1. Der Vertrieb einer Nachahmung kann nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände - wie eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft (Buchst. a) oder eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (Buchst. b) - hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 107/13, GRUR 2015, 909 Rn. 9 = WRP 2015, 1090 - Exzenterzähne; Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 176/14, GRUR 2016, 730 Rn. 31 = WRP 2016, 966 - Herrnhuter Stern; Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 197/15, GRUR 2017, 734 Rn. 16 = WRP 2017, 792 - Bodendübel; Urteil vom 14. September 2017 - I ZR 2/16, GRUR 2017, 1135 Rn. 17 = WRP 2017, 1332 - Leuchtballon; Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 91/16, GRUR 2018, 311 Rn. 13 = WRP 2018, 332 - Handfugenpistole; Urteil vom 20. September 2018 - I ZR 71/17, GRUR 2019, 196 Rn. 11 = WRP 2019, 184 - Industrienähmaschinen).

16        2. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kaffeebereiter "Ch.   " verfüge über wettbewerbliche Eigenart. Das Berufungsgericht hat zwar mit Recht angenommen, dieser Kaffeebereiter verfüge aufgrund seiner Gestaltung über wettbewerbliche Eigenart, die unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs des Vertriebs als wenigstens durchschnittlich einzustufen sei (dazu B I 2 a). Seine Beurteilung, der Annahme wettbewerblicher Eigenart stehe der Vertrieb des Kaffeebereiters unter dem Zweitkennzeichen "Melior" nicht entgegen, hält der rechtlichen Nachprüfung dagegen nicht stand (dazu B I 2 b).

17        a) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kaffeebereiter der Kläger verfüge aufgrund seiner Gestaltung über wettbewerbliche Eigenart und diese sei unter Berücksichtigung von Dauer und Umfang des Vertriebs wenigstens durchschnittlich.

18        aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, für die schlüssige Darlegung der wettbewerblichen Eigenart durch die Klägerin sei es nicht erforderlich, dass diese zum wettbewerblichen Umfeld vortrage. Der Gesamteindruck des Kaffeebereiters "Ch.   " werde nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung durch insgesamt vier Gestaltungsmerkmale geprägt, die in Kombination geeignet seien, auf die betriebliche Herkunft und die Besonderheiten des Produkts hinzuweisen. Der zylinderförmige Kaffeebereiter aus Glas weise eine Trägerkonstruktion aus Metall mit vier vertikalen Haltestreben sowie einen horizontalen Haltering auf. Die vertikalen Haltestreben verjüngten sich pfeilartig am Übergang zum horizontalen Haltering und gingen am unteren Ende in nach außen abgeknickte Füße über. Der Haltering sei mit einem bogenförmigen Griff aus Kunststoff und der Haltering und der Griff seien mit einer gut sichtbaren Schraube verbunden. Der Kaffeebereiter weise außerdem einen kuppelartig abgerundeten Deckel mit einem kugelförmigen Knopf auf.

19        Die durch diese Gestaltung begründete wettbewerbliche Eigenart sei unter Berücksichtigung des aufgezeigten wettbewerblichen Umfelds, soweit dieses keine Nachahmungen betreffe, jedenfalls als durchschnittlich einzustufen. Die Klägerin bringe den Kaffeebereiter "Ch.   " seit mehr als 50 Jahren auf den Markt. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts würden von dem Produkt jährlich über 20.000 Exemplare verkauft. Es sei auch gerichtsbekannt, dass die Klägerin seit vielen Jahren mit ihrem Kaffeebereiter am Markt sei. Von einer gesteigerten Eigenart aufgrund hoher Bekanntheit könne hingegen nicht ausgegangen werden. Hierfür reiche die bestrittene Behauptung eines Verkaufs von 100.000 Stück pro Jahr in Deutschland nicht aus, da nähere Angaben zu Marktanteil oder Werbeanstrengungen fehlten. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

20        bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart besitzt, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 10 - Exzenterzähne, mwN). Seine Beurteilung, der Gesamteindruck des Kaffeebereiters "Ch.   " werde nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung durch insgesamt vier Gestaltungsmerkmale geprägt, die in Kombination geeignet seien, auf die betriebliche Herkunft und die Besonderheiten des Produkts hinzuweisen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

21        cc) Entgegen der Ansicht der Revision war die Klägerin nicht gehalten, zur schlüssigen Darlegung der wettbewerblichen Eigenart des Kaffeebereiters "Ch.   " zu dessen wettbewerblichem Umfeld vorzutragen.

22        (1) Der Kläger trägt nach allgemeinen Grundsätzen grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 3 UWG. Soweit es die wettbewerbliche Eigenart des Produkts betrifft, muss er zu dem Produkt und dessen Merkmalen, die seine wettbewerbliche Eigenart begründen, konkret vortragen. Der Kläger muss deshalb das Produkt, für das er Schutz beansprucht, detailliert beschreiben. Hierfür kann er sich Abbildungen bedienen, soweit diese die in Rede stehende Ware und die die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale deutlich erkennen lassen. Unklarheiten der Abbildungen gehen zu seinen Lasten. Im Regelfall wird der Kläger gehalten sein, dem Gericht das Produkt vorzulegen (BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 17 - Handfugenpistole). Diesen Anforderungen ist die Klägerin im Streitfall nachgekommen; sie hat auch ein Exemplar des Kaffeebereiters "Ch.   " zu den Gerichtsakten gereicht.

23        (2) Hat die Klägerin ihrer Darlegungs- und Beweislast zum Vorliegen wettbewerblicher Eigenart des Kaffeebereiters "Ch.   " genügt, trifft die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die das Entstehen der an sich gegebenen wettbewerblichen Eigenart hindern oder eine an sich bestehende wettbewerbliche Eigenart schwächen oder entfallen lassen (vgl. BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 22 - Handfugenpistole). Das Vorliegen vorbekannter Gestaltungen auf dem Markt ist ein Umstand, der das Entstehen einer aufgrund des Gesamteindrucks der Merkmale des Erzeugnisses an sich gegebenen wettbewerblichen Eigenart hindern kann. Es ist daher - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - nicht Sache des Klägers, sondern der Beklagten, zum wettbewerblichen Umfeld des in Rede stehenden Produkts vorzutragen und die Marktbedeutung von Produkten darzulegen, mit denen sie die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts in Frage stellen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2005 - I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 602 [juris Rn. 34] = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 4 Rn. 3.77).

24        (3) Das Berufungsgericht hat geprüft, ob das von den Beklagten vorgetragene Marktumfeld der Annahme wettbewerblicher Eigenart des Produkts der Klägerin entgegensteht. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dies, soweit es keine Nachahmungen betrifft, nicht der Fall ist. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

25        dd) Das Berufungsgericht hat den Grad der wettbewerblichen Eigenart des Kaffeebereiters "Ch.   " als wenigstens durchschnittlich eingestuft. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.

26        (1) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht hätte seiner Beurteilung nicht zugrunde legen dürfen, dass die Klägerin von dem Kaffeebereiter jährlich über 20.000 Exemplare verkauft. Das Berufungsgericht habe sich nicht an die entsprechende Feststellung des Landgerichts gebunden sehen dürfen. Die Klägerin habe erstinstanzlich Umsatzzahlen von etwa 100.000 Stück pro Jahr vorgetragen. Die Beklagten hätten diese Zahlen bestritten. Von einem Vertrieb von über 20.000 Exemplaren sei im vorliegenden Rechtsstreit nicht die Rede gewesen. Mit diesem Vorbringen hat die Revision keinen Erfolg.

27        (2) Die tatbestandliche Feststellung im landgerichtlichen Urteil, dass die Klägerin über 20.000 Exemplare des Kaffeebereiters jährlich absetzt, haben die Beklagten nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen. Diese Feststellung war deshalb gemäß § 314 Satz 1 ZPO für das Berufungsgericht bindend.

28        Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass dem Tatbestand keine Beweiskraft zukommt, wenn und soweit er Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweist (BGH, Urteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 42). Solche Mängel müssen sich allerdings aus dem Urteil selbst ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 277/10, VersR 2012, 1265 Rn. 12). Diesem Erfordernis ist genügt, wenn ein Widerspruch zwischen den tatbestandlichen Feststellungen und einem konkret in Bezug genommenen schriftsätzlichen Vorbringen einer Partei besteht (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08, GRUR 2011, 459 Rn. 12 = WRP 2011, 467 - Satan der Rache, mwN). Lassen sich die Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten dagegen nur durch Rückgriff auf gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO allgemein in Bezug genommene Schriftsätze darstellen, bleibt es bei der Beweiswirkung des § 314 ZPO und dem Grundsatz, dass der durch den Tatbestand des Urteils erbrachte Beweis nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden kann (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - I ZR 99/05, TranspR 2008, 247 Rn. 15; Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120 Rn. 7; BGH, VersR 2012, 1265 Rn. 12; BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14, ZIP 2015, 1835 Rn. 48). So liegt es hier.

29        Die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, wonach die Klägerin über 20.000 Exemplare ihres Kaffeebereiters jährlich absetzt, sind nicht widersprüchlich, weil das landgerichtliche Urteil keine konkrete Bezugnahme auf hiervon abweichenden schriftsätzlichen Vortrag zu den Verkaufszahlen des Kaffeebereiters der Klägerin enthält.

30        (3) Soweit die Beklagten die Feststellung der Absatzzahlen für den Kaffeebereiter der Klägerin von über 20.000 Stück im Berufungsurteil mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen haben, hat das Berufungsgericht diesen Tatbestandsberichtigungsantrag zurückgewiesen. Dies ist im Revisionsverfahren bindend.

31        Ist eine Berichtigung des Tatbestands nach § 320 ZPO beantragt worden, kann eine Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil zwar auch in der Revisionsinstanz mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO geltend gemacht werden, soweit sich aus der den Berichtigungsantrag zurückweisenden Entscheidung des Berufungsgerichts ergibt, dass seine tatbestandlichen Feststellungen widersprüchlich sind (BGH, GRUR 2011, 459 Rn. 12 - Satan der Rache, mwN). So liegt der vorliegende Fall jedoch nicht.

32        In dem den Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten zurückweisenden Beschluss des Berufungsgerichts wird lediglich auf die entsprechende Feststellung des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen und erneut darauf hingewiesen, dass die Beklagten diese Feststellung nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen haben. Ein Widerspruch zur tatbestandlichen Feststellung im Berufungsurteil, dass über 20.000 Exemplare des Modells "Ch.   " pro Jahr verkauft werden, liegt darin nicht.

33        b) Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Annahme wettbewerblicher Eigenart des Kaffeebereiters der Klägerin stehe sein Vertrieb unter dem Zweitkennzeichen "Melior" nicht entgegen.

34        aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die wettbewerbliche Eigenart des Kaffeebereiters der Klägerin werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin ihn auch unter der Zweitmarke "Melior" vertrieben habe. Den Vortrag der Klägerin, die Verkaufszahlen für den "Melior"-Kaffeebereiter lägen im unteren dreistelligen Bereich, was einen Einfluss auf die wettbewerbliche Eigenart des Originals ausschließe, hätten die Beklagten nicht bestritten. Zwar enthalte das landgerichtliche Urteil die Feststellung, dass die Beklagten die Umsatzzahlen bestritten hätten, aus dem Tatbestand ergebe sich dies jedoch nicht. Dies könne jedoch dahinstehen. Die Klägerin trage insoweit keine Beweislast, sondern nur eine sekundäre Darlegungslast, der sie durch die Angabe von niedrigen dreistelligen Umsatzzahlen gerecht geworden sei. Es sei an der Beklagten gewesen darzulegen, dass das Melior-Produkt in nennenswertem Umfang auf dem Markt verfügbar gewesen sei. Dies habe sie nicht getan. Soweit die Beklagte vortrage, der "Melior"-Kaffeebereiter sei im Jahr 2005 bei L.  und im Jahr 2009 bei K.    vertrieben worden, könne dahinstehen, ob dies tatsächlich in nennenswertem Umfang erfolgt sei. Allein aus Gründen des Zeitablaufs könne eine Verkaufsaktion, die vor 15 bis 20 Jahren stattgefunden habe, nicht dazu führen, heute die wettbewerbliche Eigenart zu verneinen. Bleibe es bei lediglich zwei derartigen Aktionen, sei nichts dafür ersichtlich, dass der Verkehr auch 15 Jahre später noch Veranlassung habe, an diese Verkaufsaktionen zu denken und somit anzunehmen, die Gestaltung sei zum heutigen Tag Allgemeingut. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.

35        bb) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses entfallen kann, wenn der Verkehr dessen prägende Gestaltungsmerkmale aufgrund der Marktverhältnisse nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einem mit diesem durch einen Lizenz- oder Gesellschaftsvertrag verbundenen Unternehmen zuordnet (BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 20 - Handfugenpistole, mwN). Dies kann dann der Fall sein, wenn ein Produkt unter verschiedenen Herstellermarken angeboten wird. Da es die Funktion der Marke ist, dem Verkehr die Ursprungsidentität des damit gekennzeichneten Produkts zu garantieren, nimmt der Verkehr regelmäßig an, dass verschiedene Marken auf eine unterschiedliche betriebliche Herkunft der entsprechend gekennzeichneten Produkte hinweisen (BGH, Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 109/14, GRUR 2016, 720 Rn. 26 = WRP 2016, 854 - Hot Sox). Geht der Verkehr aufgrund der verschiedenen Kennzeichen allerdings davon aus, es handele sich bei dem beanstandeten Produkt um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Originalherstellers oder es bestünden zu ihm zumindest lizenz- oder gesellschaftsvertragliche Beziehungen, kann das Angebot eines Produkts unter verschiedenen Herstellermarken für die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart auch unschädlich sein. Ob diese Annahme im jeweiligen Streitfall gerechtfertigt ist, hängt von der tatrichterlichen Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls ab (BGH, GRUR 2016, 720 Rn. 27 - Hot Sox).

36        cc) Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass die Beklagten grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet für den Umstand sind, dass der Kaffeebereiter der Klägerin in nennenswertem Umfang unter einer fremden Kennzeichnung oder unter einer Zweitmarke vertrieben worden ist. Soweit die beklagte Partei geltend macht, der Annahme wettbewerblicher Eigenart stehe entgegen, dass das Produkt umfangreich unter Fremdkennzeichnungen in Verkehr gelangt sei, ist sie nach allgemeinen Grundsätzen hierfür darlegungs- und beweisbelastet, weil es sich dabei um einen Umstand handelt, der die an sich gegebene wettbewerbliche Eigenart entfallen lässt. Soweit die beklagte Partei zum Umfang der Fremd- oder Zweitkennzeichnung nicht in vollem Umfang aus eigener Anschauung vortragen kann, trägt die klagende Partei allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 22 - Handfugenpistole).

37        Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin ihren Kaffeebereiter "Ch.   " nicht nur unter ihrer Marke "Bodum", sondern auch unter ihrer zweiten Marke "Melior" vertrieben. Das ergibt sich auch aus den beiden von der Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Exemplaren der "Melior"-Kaffeebereiter. Da der Vertrieb unter einem Zweitkennzeichen feststeht und die Beklagten zum Umfang dieses Vertriebs nicht in vollem Umfang aus eigener Anschauung vortragen können, obliegt es der Klägerin aufgrund ihrer sekundären Darlegungslast, hierzu vorzutragen.

38        dd) Die Revision macht mit Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht den Vortrag der Klägerin zu einem nur geringfügigen Umfang des Vertriebs ihres Kaffeebereiters unter einer Zweitmarke als unstreitig angesehen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils nicht, dass die Beklagten den Vortrag der Klägerin zu einem nur ganz geringfügigen Vertrieb der "Melior"-Kaffeebereiter nicht bestritten hätten. Das entsprechende Vorbringen der Klägerin ist im streitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wiedergegeben, außerdem erwähnt das Landgericht das Bestreiten der Beklagten ausdrücklich in den Entscheidungsgründen. War der Vortrag der Klägerin bestritten, konnte das Berufungsgericht seiner Beurteilung nicht zugrunde legen, dass die Klägerin - unstreitig - nur in ganz geringem Umfang einen Vertrieb unter einer anderen Marke vorgenommen hat.

39        ee) Die Revision wendet sich ferner mit Erfolg gegen die hilfsweise vom Berufungsgericht angestellte Betrachtung, die Klägerin habe mit ihrem Vortrag zum Vertrieb ihres Kaffeebereiters unter der Zweitmarke "Melior" ihrer sekundären Darlegungslast genügt und es sei an den Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass dieser Vertrieb in größerem als von der Klägerin dargelegten Umfang erfolgt sei. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu geringe Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Klägerin gestellt (dazu B I 2 b ee [1]) und entscheidungserhebliches Vorbringen der Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt (dazu B I 2 b ee [2]). Soweit das Berufungsgericht weiter hilfsweise angenommen hat, auf den von den Beklagten gehaltenen Vortrag zu einem Vertrieb des Kaffeebereiters der Klägerin unter der Zweitmarke "Melior" komme es nicht entscheidungserheblich an, hält diese Beurteilung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (dazu B I 2 b ee [3]).

40        (1) Der Umfang der sekundären Darlegungslast richtet sich nach der Intensität des Sachvortrags der beweisbelasteten Partei. Er findet seine Grenzen in der Zumutbarkeit der den Prozessgegner treffenden Offenbarungspflicht. Ob hiernach Parteivortrag der sekundären Darlegungslast genügt, hat das Tatgericht im Einzelfall zu beurteilen. Die insoweit gebotene tatgerichtliche Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls kann in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung einen falschen rechtlichen Maßstab angelegt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (zur Feststellung der Verkehrsauffassung vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2019 - I ZR 161/18, GRUR 2020, 299 Rn. 14 = WRP 2020, 317 - IVD-Gütesiegel, mwN).

41        Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht unterlaufen. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht zu geringe Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast der Klägerin gestellt hat. Es durfte den Vortrag der Klägerin zum Umfang des Vertriebs ihres Kaffeebereiters unter der Zweitmarke "Melior" nicht als ausreichend für die Erfüllung der sie treffenden sekundären Darlegungslast ansehen.

42        Die Klägerin hat vorgetragen, die Absatzzahlen für "Melior"-Kaffeebereiter lägen in Deutschland im unteren dreistelligen Bereich. Sie habe vor Jahren versucht, Produkte unter der Zweitmarke "Melior" zu etablieren. Dieser Versuch habe sich jedoch insbesondere für den deutschen Markt nicht als erfolgversprechend erwiesen, weshalb aktuell allenfalls Restbestände vermarktet würden, die im Handel noch vorrätig seien.

43        Der Senat hat in der Entscheidung "Handfugenpistole" (BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 26) ausgeführt, dass der Kläger, der wettbewerbliche Eigenart für das von ihm vertriebene Produkt beansprucht, seiner sekundären Darlegungslast zu einem Vertrieb unter anderen Marken nicht genügt, wenn er lediglich den Jahresabsatz darlegt (dort: 13.000 Exemplare) und den Anteil der unter fremder Marke vertriebenen Exemplare am Jahresabsatz angibt (dort: 5%). Der Streitfall unterscheidet sich hiervon nicht wesentlich.

44        Der nicht näher präzisierte Vortrag der Klägerin lässt nicht erkennen, wann die Klägerin in welchem Umfang ihren Kaffeebereiter unter dem Kennzeichen "Melior" in Deutschland vertrieben hat und ist damit für die Beklagten nicht einlassungsfähig, die zu dem Umfang des Vertriebs aus eigener Anschauung nicht vortragen können, weil es sich dabei um Umstände handelt, die in der Sphäre der Klägerin liegen. Diesen Vortrag haben die Beklagten deshalb gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Danach oblag es der Klägerin, hierzu weiteren Vortrag zu halten. Dies hat sie unterlassen.

45        (2) Weiterer Vortrag der Klägerin zum Vertrieb ihres Kaffeebereiters unter dem Kennzeichen "Melior" war auch deshalb erforderlich, weil die beweisbelasteten Beklagten nicht lediglich allgemein einen Vertrieb unter einem Zweitkennzeichen behauptet, sondern unter Vorlage von Kaufbelegen und zwei Exemplaren des mit dem Kennzeichen "Melior" versehenen Kaffeebereiters vorgetragen hatten, die beiden Lebensmittelketten L.  und M.    (nicht, wie im Berufungsurteil ausgeführt: K.    ) hätten den "Melior"-Kaffeebereiter in den Jahren 2005 und 2009 vertrieben, der Lebensmittelhändler L.  habe im Jahr 2005 über mehr als 2.670 Filialen bundesweit verfügt. Dieser - vom Berufungsgericht nicht vollständig berücksichtigte - Vortrag der Beklagten spricht dafür, dass der Versuch der Klägerin, ihren Kaffeebereiter unter ihrer Zweitmarke in Deutschland zu vertreiben, jedenfalls in diesen beiden Jahren nicht lediglich zu Verkäufen im niedrigen dreistelligen Bereich geführt haben kann.

46        (3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann nicht offenbleiben, ob dieser Vortrag der Beklagten zutrifft.

47        Das Berufungsgericht hat angenommen, es könne dahinstehen, ob die Klägerin den "Melior"-Kaffeebereiter im Jahr 2005 und im Jahr 2009 über Lebensmittelketten vertrieben habe. Eine Verkaufsaktion, die vor 15 oder 20 Jahren stattgefunden habe, könne nicht dazu führen, heute die wettbewerbliche Eigenart zu verneinen. Bleibe es bei einer einmaligen oder zweimaligen Aktion, sei nichts dafür ersichtlich, dass der Verkehr auch 15 Jahre später noch Veranlassung habe, an diese Verkaufsaktion zu denken und anzunehmen, die Gestaltung sei heute Allgemeingut. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

48        Das Berufungsgericht hat mit diesen Erwägungen bei der Frage, ob das klägerische Produkt seine wettbewerbliche Eigenart infolge seines Vertriebs unter einer Zweitmarke verloren hat, rechtsfehlerhaft auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung im Jahr 2020 abgestellt, wie sich aus seiner Erwägung ergibt, dass diese Verkaufsaktionen nach Ablauf von 15 Jahren - 20 Jahre waren ohnehin seit der früheren Aktion im Jahr 2005 noch nicht vergangen - bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht mehr im Gedächtnis verhaftet gewesen seien. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Prüfung, ob durch eine Nachahmung eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorgerufen wird, auf den Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2001 - I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 277 [juris Rn. 34] = WRP 2002, 211 - Noppenbahnen; Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Rn. 39 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern; Urteil vom 9. Oktober 2008 - I ZR 126/06, GRUR 2009, 79 Rn. 35 = WRP 2009, 76 - Gebäckpresse; BGH, GRUR 2016, 730 Rn. 58 - Herrnhuter Stern). Daraus ergibt sich, dass dieser Zeitpunkt auch für die Prüfung der Frage maßgeblich ist, ob die an sich gegebene wettbewerbliche Eigenart durch einen Vertrieb des in Rede stehenden Produkts unter einem Zweitkennzeichen entfallen ist. Die wettbewerbliche Eigenart muss grundsätzlich im Zeitpunkt des Angebots der Nachahmung auf dem Markt noch bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1984 - I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 878 [juris Rn. 14] = WRP 1985, 397 - Tchibo/Rolex I).

49        Zum Zeitpunkt der Markteinführung des von der Beklagten vertriebenen Produkts hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Es hat auch nicht festgestellt, zu welchem Zeitpunkt das Internetangebot der Beklagten abrufbar war. Die von der Klägerin eingereichte Abbildung des Internetangebots der Beklagten lässt kein Datum erkennen. Da die Klägerin die Beklagten mit Schreiben vom 27. April 2017 abgemahnt hat, ist davon auszugehen, dass der Markteintritt des von der Beklagten angebotenen Produkts jedenfalls vor diesem Zeitpunkt gelegen haben muss. Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts kann der Vortrag der Beklagten deshalb nicht als unerheblich angesehen werden, weil der Vertrieb unter einer Zweitmarke damit allenfalls acht Jahre zurückgelegen haben kann.

50        3. Das Berufungsgericht hat angenommen, bei dem von der Beklagten vertriebenen Produkt handele es sich um eine fast identische Nachahmung des Produkts der Klägerin. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.

51        4. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen die Grundsätze des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Täuschung über die betriebliche Herkunft nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UWG gegeben ist. Auch dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

52        a) Nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UWG handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Dabei ist zwischen einer unmittelbaren Herkunftstäuschung und einer mittelbaren Herkunftstäuschung (einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne) zu unterscheiden. Eine unmittelbare Herkunftstäuschung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen, bei der Nachahmung handele es sich um das Originalprodukt. Eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liegt vor, wenn der Verkehr die Nachahmung für eine neue Serie oder ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen - wie lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen - Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht (vgl. BGH, GRUR 2019, 196 Rn. 15 - Industrienähmaschinen, mwN). Maßgeblich für die Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, ist die Erwerbssituation (vgl. BGH, GRUR 2017, 734 Rn. 62 - Bodendübel, mwN). Eine Herkunftstäuschung kann durch eine deutlich sichtbare, sich vom Originalprodukt unterscheidende Kennzeichnung der Nachahmung ausgeräumt werden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise diese einem bestimmten Unternehmen nicht allein anhand ihrer Gestaltung zuordnen, sondern sich beim Kauf auch an den Herstellerangaben in der Werbung, den Angebotsunterlagen oder an der am Produkt angebrachten Herstellerkennzeichnung orientieren (BGH, GRUR 2017, 734 Rn. 61 - Bodendübel, mwN).

53        b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Anbringung der Marke "BESTbrew" im Online-Shop sei nicht geeignet, einer Herkunftstäuschung entgegenzuwirken. Es sei fraglich, ob es ausreichend sei, die Marke nur im Online-Shop und nicht auf dem Produkt selbst anzubringen. Jedenfalls aber liege die Gefahr einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne nahe. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Herkunftstäuschung bejaht werden.

54        aa) Im Streitfall kann nicht von einer unmittelbaren Herkunftstäuschung ausgegangen werden.

55        (1) Da bei der Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, auf die Erwerbssituation abzustellen ist und im Streitfall ein Erwerb über das Internet in Rede steht, hat die Beurteilung anhand der Gestaltung des Internetangebots für den beanstandeten Kaffeebereiter zu erfolgen. Eine abweichende Herstellerkennzeichnung ist grundsätzlich geeignet, einer unmittelbaren Herkunftstäuschung entgegenzuwirken. Dabei kommt es allein auf die Erkennbarkeit der abweichenden Herstellerkennzeichnung in der Erwerbssituation an; ist die abweichende Herstellerkennzeichnung in der Erwerbssituation nicht erkennbar, kommt es nicht darauf an, ob sie auf dem Produkt angebracht oder in anderer Weise angegeben ist.

56        Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird die bei dem Angebot des Kaffeebereiters "O.  W. " im Online-Shop der Beklagten angegebene Bezeichnung "BESTbrew" vom angesprochenen Verkehr als Marke verstanden. Danach ist für die rechtliche Nachprüfung in der Revisionsinstanz mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dieser Bezeichnung ein abweichendes Herstellerkennzeichen sehen, das der Gefahr einer Herkunftstäuschung in der Erwerbssituation entgegenwirkt.

57        (2) Der Senat hat bislang offengelassen, ob entsprechend seiner früheren Rechtsprechung eine nicht schon im Zeitpunkt der Werbung oder des Kaufs, sondern erst nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründen kann (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - I ZR 145/08, GRUR 2010, 1125 Rn. 34 bis 35 = WRP 2010, 1465 - Femur-Teil, mwN). Diese Frage bedarf auch im Streitfall keiner Entscheidung, weil eine zeitlich nach dem Erwerb liegende unmittelbare Herkunftstäuschung auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ausgeschlossen ist.

58        Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung nicht berücksichtigt, dass ausweislich der von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts auf dem Aufkleber an der Unterseite der Kartonverpackung nicht nur der Beklagte als Inverkehrbringer genannt, sondern auch das Zeichen "BESTbrew" angebracht ist. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der angesprochene Verkehr dieses Zeichen - anders als im Internetangebot - nicht als Marke und damit als Herkunftshinweis versteht.

59        Ferner ergibt sich aus den vom Berufungsgericht zwar in Bezug genommenen, aber gleichfalls nicht hinreichend berücksichtigten Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, dass auf der Kartonverpackung des von der Beklagten angebotenen Produkts die - weitere - abweichende Herstellerangabe "HARIO" deutlich sichtbar angebracht ist. Jedenfalls mit Blick auf diese Angabe ist eine unmittelbare Herkunftstäuschung nach dem Erwerb ausgeschlossen.

60        Es kommt deshalb nicht mehr auf die Rüge der Revision an, das Berufungsgericht habe offensichtlich die von den Parteien ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zur Akte gereichten Kaffeebereiter der Beklagten nicht in Augenschein genommen, die - wenn auch an unauffälliger Stelle - mit dem Zeichen "HARIO" versehen sind.

61        bb) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es liege eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne vor, wird nicht von entsprechenden Feststellungen getragen.

62        Soll die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung mit dem Argument bejaht werden, die angesprochenen Verkehrskreise könnten annehmen, dass lizenzvertragliche Verbindungen zwischen dem Hersteller des Originalprodukts und dem Anbieter der Nachahmung bestehen, müssen bei einer deutlichen Kennzeichnung der Produkte mit einem abweichenden Herstellerkennzeichen Hinweise vorliegen, die diese Annahme rechtfertigen. Ein solcher Hinweis kann beispielsweise darin liegen, dass die Beklagte zuvor Originalprodukte der Klägerin vertrieben hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Rn. 36 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege) oder die Parteien früher einmal durch einen Lizenzvertrag verbunden waren (BGH, GRUR 2019, 196 Rn. 20 - Industrienähmaschinen). Sofern die Gefahr einer Herkunftstäuschung damit begründet werden soll, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei dem Produkt des Wettbewerbers um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Unterlassungsgläubigers, müssen entsprechende Feststellungen zum Verständnis dieser Verkehrskreise getroffen werden (BGH, Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 199/06, GRUR 2009, 1073 Rn. 15 = WRP 2009, 1372 - Ausbeinmesser).

63        Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die für die eine oder andere Ursache der Gefahr einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne sprechen.

64        II. Die Revision rügt mit Erfolg, das Berufungsurteil sei insoweit entgegen § 547 Nr. 6 ZPO nicht mit Gründen versehen, als es die Verurteilung des Beklagten angehe.

65        1. Nach § 547 Nr. 6 ZPO ist eine Entscheidung stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen, wenn sie entgegen den Bestimmungen der Zivilprozessordnung nicht mit Gründen versehen ist. Nach § 313 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 3 ZPO enthält das erstinstanzliche Urteil die Entscheidungsgründe, die eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen enthalten, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Das Berufungsurteil enthält eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

66        2. Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO liegt vor, wenn Entscheidungsgründe entweder völlig fehlen oder sie unverständlich, verworren oder nichtssagend sind oder Ausführungen enthalten, die wegen ihrer Dürftigkeit und Unvollständigkeit den Urteilsausspruch nicht tragen und deshalb in Wirklichkeit nicht erkennen lassen, welche Überlegungen maßgebend waren; sind die Entscheidungsgründe hingegen lediglich fehlerhaft oder knapp, weil zum Beispiel Parteivorbringen nicht ausreichend gewürdigt wird, so fehlt es nicht im Sinne des § 547 Nr. 6 ZPO an der Begründung (BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 - I ZR 200/17, GRUR 2019, 631 Rn. 47 = WRP 2019, 736 - Das beste Netz). Dem in § 547 Nr. 6, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO niedergelegten Begründungserfordernis ist bereits dann Genüge getan, wenn die Entscheidungsgründe erkennen lassen, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren. Eine Entscheidung ist erst dann nicht mit Gründen versehen, wenn auf einzelne Ansprüche oder auf einzelne selbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel überhaupt nicht eingegangen wird (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15, GRUR 2016, 1275 Rn. 27 = WRP 2016, 1525 - Tannöd, mwN).

67        3. Nach diesen Maßstäben wahrt die angegriffene Entscheidung - bezogen auf die Verurteilung des Beklagten - das Begründungserfordernis nicht mehr.

68        a) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen tatbestandlichen Feststellungen kommt eine Haftung des Beklagten unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten in Betracht.

69        aa) Möglich erscheint danach eine persönliche Haftung des Beklagten als Täter in seiner Eigenschaft als Inverkehrbringer des Kaffeebereiters "O.  W. ". Für die Haftung als Täter oder Teilnehmer einer deliktischen Handlung wie eines Wettbewerbsverstoßes gelten die strafrechtlichen Grundsätze zur Täterschaft und Teilnahme. Täter ist danach, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken. Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist die Tatherrschaft. Danach ist Täter, wer den zum Erfolg führenden Kausalverlauf beherrscht, während als Teilnehmer verantwortlich ist, wer einem mit Tatherrschaft handelnden Dritten Hilfe leistet oder dessen Tatentschluss hervorruft. Die Gehilfenhaftung setzt neben einer beihilfefähigen Haupttat eine objektive Beihilfehandlung und einen zumindest bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGH, Urteil vom 5. März 2020 - I ZR 32/19, GRUR 2020, 738 Rn. 45 = WRP 2020, 861 - Internet-Radiorekorder, mwN).

70        bb) Denkbar ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen jedoch auch, dass der Beklagte für wettbewerbswidriges Handeln der Beklagten in seiner Eigenschaft als deren Geschäftsführer haftet. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht nur, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 17 - Geschäftsführerhaftung).

71        b) Das Berufungsurteil enthält keine Begründung dafür, dass die Klage gegen den Beklagten begründet ist. Auch die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, enthalten hierzu keine Ausführungen. Es ist deshalb offen, ob das Berufungsgericht bei der Verurteilung des Beklagten auf seine Eigenschaft als Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder auf seine Nennung als Inverkehrbringer auf dem von der Klägerin beanstandeten Produkt abgestellt hat. Damit lässt das Berufungsurteil nicht erkennen, welche Überlegungen für seine in dieser Hinsicht getroffene Entscheidung maßgebend waren.

72        C. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.

73        Das Berufungsgericht hat keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die die Prüfung ermöglichen, ob der Annahme wettbewerblicher Eigenart des Kaffeebereiters der Klägerin dessen Vertrieb unter einem Zweitkennzeichen entgegensteht; diese Feststellungen wird es nachzuholen haben.

74        Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die wettbewerbliche Eigenart des Kaffeebereiters durch den Vertrieb unter dem Zeichen "Melior" nicht entfallen ist, wird es erneut zu prüfen haben, ob es sich bei dem angegriffenen Produkt um eine unlautere Nachahmung handelt.

75        Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Vertrieb des angegriffenen Produkts durch die Beklagte eine unlautere Wettbewerbshandlung darstellt, wird es in seinen Entscheidungsgründen auch dazu Ausführungen zu machen haben, welche rechtlichen Erwägungen die zusätzliche Verurteilung des Beklagten rechtfertigen.

stats