OLG Nürnberg: Werbung mit Preisnachlass
OLG Nürnberg, Endurteil v. 24.9.2024 – 3 U 460/24 UWG
Volltext: BB-Online BBL2024-2370-2
Amtlicher Leitsatz
Eine Werbung mit einem Preisnachlass ist wettbewerbswidrig, wenn der normal informierte und verständige Durchschnittsverbraucher den niedrigsten Gesamtpreis, den der Unternehmer innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat, anhand der konkreten Angaben in der Werbung nicht unschwer ermitteln kann.
Aus den Gründen
A. I. Die Klägerin ist ein in die beim Bundesamt der Justiz geführte Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG eingetragener Verband zur Förderung gewerblicher Interessen. Die Beklagte betreibt einen bundesweiten Discount-Handel mit einer Vielzahl von Filialen.
In einem Werbeprospekt bewarb die Beklagte das Produkt „Jacobs Krönung“ während des Zeitraums vom 19.12.2022 bis 24.12.2022 wie folgt (Anlage B 4):
Abb:
Das nach der Preisangabe „6.99“ hochgestellte Sternchen verwies auf einen am Seitenende efindlichen Hinweis, dass das Produkt bei N. City (nicht in allen Sorten) erhältlich sei.
Die nach der Preisangabe „6.99“ hochgestellte Ziffer 1 verwies auf einen sich am Seitenende befindenden und in kleiner Schriftgröße gehaltenen Text: „Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: Jacobs Krönung 4.44, Mon Chéri 2.39, Wiener Würstchen 5.79, Bittburger Premium Pils oder Alkoholfrei 9.99“.
Die Beklagte verlangte für das Produkt „Jacobs Krönung“ zwar in der Vorwoche der Werbung (Zeitraum vom 12.12.2022 bis 17.12.2022) den Preis von 6,99 €. Allerdings wurde in der „Vorvorwoche“ (Zeitraum vom 05.12.2022 bis 10.12.2022) bereits der Preis in Höhe von 4,44 € erhoben.
II. Das Landgericht Amberg erließ am 29.01.2024 das nachfolgende Urteil:
1. Die Beklagte wird verurteilt, unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, zu vollziehen am Vorstandsvorsitzenden der die KG vertretenden Komplementärin – wegen jeder Zuwiderhandlung, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit der Bekanntgabe einer Preisermäßigung für Lebensmittel zu werben und dabei den niedrigsten Gesamtpreis, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet wurde, nur in der Form anzugeben, dass dieser nur mit Angabe „Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: [beworbene Ware]“ dargestellt wird.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 374,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 16.03.2023 zu bezahlen.
Zur Begründung führte das Landgericht insbesondere aus, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG ergebe, da die streitgegenständliche Werbung geeignet sei, im Zusammenhang mit der Pflicht zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage nach § 11 Abs. 1 PAngV über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils zu täuschen. Die Angaben seien zwar objektiv betrachtet nicht unwahr und würden isoliert betrachtet den Anforderungen der PAngV genügen. Aufgrund der Komplexität der in der konkreten „Aufmachung“ enthaltenen Informationen sei die Werbung jedoch in der Gesamtschau geeignet, den Verbraucher zu täuschen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte in ihrer Berufung. Sie beantragt, das Urteil des Landgerichts Amberg abzuändern und die Klage abzuweisen. Zur Begründung führt die Beklagte insbesondere aus, dass das Erstgericht der Klägerin mehr zugesprochen habe, als diese beantragt habe, indem die im Antrag enthaltene Einschränkung „nur durch einen aufgrund seiner Schriftgröße schwer erkennbaren Verweis“ und die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung im Urteilstenor fehle. Das Landgericht habe die Sperrwirkung, die Sondergesetze wie die PAngV auf § 5 UWG haben, nicht berücksichtigt. Außerdem stünde die streitgegenständliche Werbepraxis im Einklang mit § 11 Abs. 1 PAngV. Eine Irreführung nach § 5 UWG liege entgegen der Annahme des Landgerichts nicht vor.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass es in Ziffer 1. anstatt „[beworbene Ware]“ vielmehr „[beworbene Ware Referenzpreis)“ heißen müsse. Die streitgegenständliche Werbung der Beklagten verstoße gegen § 11 Abs. 1 PAngV.
III. Das Landgericht Düsseldorf hat in einem Rechtsstreit mit einer vergleichbaren Werbung mit Beschluss vom 19.05.2023, Az. 38 O 182/22, dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung von Art. 6a Abs. 1, Abs. 2 der RL 98/6/EG vom 16.02.1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (im Folgenden: Preisangabenrichtlinie) vorgelegt (Az. des EuGH C-330/23). Mit der ersten Frage möchte das Landgericht wissen, ob Art. 6a Abs. 1, Abs. 2 Preisangabenrichtlinie, deren Umsetzung § 11 Abs. 1 PAngV dient, dahin auszulegen sei, dass ein Prozentsatz, der in einer Bekanntgabe einer Preisermäßigung genannt wird, ausschließlich auf den vorherigen Preis im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Preisangabenrichtlinie bezogen sein dürfe.
IV. Der Senat hat in der Terminladung folgende Hinweise erteilt:
Die Terminierung erfolgte zum einen im Hinblick auf den von der Beklagten gerügten Verstoß des Landgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO. […] Zum anderen sieht der Senat, dass das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss 19.05.2023, Az. 38 O 182/22, in einer vergleichbaren Werbung dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung von Art. 6a Abs. 1, Abs. 2 Grundpreis-RL vorgelegt hat. […]
B. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur in einem sehr geringen Umfang begründet. Die streitgegenständliche Werbung der Beklagten stellt einen wettbewerblich relevanten Verstoß gegen das Irreführungsverbot der § 5a Abs. 1, Abs. 2, § 5b Abs. 4 UWG, § 11 Abs. 1 PAngV dar, weshalb der klagebefugten und aktivlegitimierten Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG und der Anspruch auf Zahlung der Abmahnpauschale gemäß § 13 Abs. 3 UWG zusteht.
I. Die Befugnis der Klägerin zur klageweisen Geltendmachung des Unterlassungsantrags ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 8b UWG.
II. Die streitgegenständliche Werbung ist unlauter, da sie bei der erforderlichen Gesamtwürdigung als irreführend nach § 11 Abs. 1 PAngV i.V.m. § 5a Abs. 1, Abs. 2, § 5b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 UWG anzusehen ist.
1. Der Anwendungsbereich von § 11 Abs. 1 PAngV ist vorliegend öffnet, da die Beklagte als nach § 3 Abs. 1 PAngV Verpflichtete mit einer Preisermäßigung für das Produkt „Jacobs Krönung“ In einem Prospekt warb.
2. § 11 Abs. 1 PAngV schreibt – in Umsetzung von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 der Preisangabenrichtlinie – vor, dass bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware der niedrigste Gesamtpreis anzugeben ist, den der Unternehmer innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat. Dieser anzugebende Preis wird als Referenzpreis bezeichnet.
Auf Verstöße gegen die Preisangabenverordnung ist nicht § 3a UWG, sondern sind die § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4 UWG anwendbar (BGH GRUR 2022, 1163 Rn. 60 – Grundpreisangabe im Internet; GRUR 2023, 585 Rn. 52 ff. – Mitgliederstruktur). Bei den in der § 11 Abs. 1 PAngV enthaltenen Pflicht handelt es sich um eine wesentliche Pflicht i.S.v. § 5b Abs. 4 UWG; der der Vorschrift zugrundeliegende Art. 6a Preisangabenrichtlinie stellt eine im Gemeinschaftsrecht festgelegte Informationsanforderung in Bezug auf kommerzielle Kommunikation i.S.v. Art. 7 Abs. 5 UGP-RL dar, obwohl sie nicht im Anhang II der UGP-RL gelistet ist (BeckOK UWG/Laoutoumai, 24. Ed. 1.4.2024, PAngV § 11 Rn. 2). Die Liste nach Anhang II der UGP-RL ist ausdrücklich nicht erschöpfend (BGH GRUR 2022, 930 Rn. 32 – Knuspermüsli II). Ein die Anwendbarkeit der UGP-RL ausschließender Kollisionsfall im Sinne von Art. 3 Abs. 4 UGP-RL (§ 1 Abs. 2 UWG) liegt regelmäßig nicht vor, wenn – wie vorliegend – Art. 7 Abs. 5 UGP-RL eingreift. Art. 7 Abs. 5 UGP-RL bezieht über die Verweisung auf im sonstigen Gemeinschaftsrecht festgelegte, die kommerzielle Kommunikation betreffende Informationsanforderungen diese Normen derart in den Anwendungsbereich der UGP-RL ein, dass sie und die UGP-RL einander ergänzen mit der Folge, dass auf die Verletzung von Informationspflichten im Sinne von Art. 7 Abs. 5 UGP-RL, die zugleich solche im Sinne von § 5b Abs. 4 UWG darstellen, Art. 7 Abs. 1 bis Abs. 3 UGP-RL – und damit die diese umsetzenden Regelungen in § 5a Abs. 1 bis Abs. 3 UWG – anzuwenden sind (BGH GRUR 2022, 1163 Rn. 51 ff. – Grundpreisangabe im Internet).
3. Es kann dahinstehen, ob die streitgegenständliche Werbung bereits deshalb gegen § 11 Abs. 1 PAngV verstößt, weil die Beklagte die blickfangmäßig hervorgehobene Preisermäßigung in Höhe von 36% nicht anhand des Referenzpreises berechnete.
a) Es wird zwar nicht in Frage gestellt, dass außer dem Angebotspreis und dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage weitere Preise genannt werden dürfen (Begründung der Bundesregierung für die Verordnung zur Novellierung der Preisangabenverordnung, BR-Drs. 669/21, S. 40; Sosnitza, GRUR 2022, 794 [797]). Umstritten ist jedoch, ob als Bezugspunkt für die Berechnung einer in Prozent ausgedrückten Preisermäßigung nur der Referenzpreis herangezogen werden darf.
Nach einer Auffassung kann der Händler den Bezugspunkt der von ihm beworbenen Preisermäßigung unter Beachtung des lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbots (§ 5 UWG) frei wählen und muss bei der Werbung mit einer Preisherabsetzung eine beworbene Preisermäßigung keineswegs anhand des Referenzpreises berechnen oder angeben (Schröder, WRP 2022, 671 Rn. 47). Dies folge aus der Definition des vorherigen Preises gemäß Art. 6a Abs. 2 Preisangabenrichtlinie, die im Sinne der punktuellen Lösung nur eine zusätzliche Information für den Verbraucher zur Einordnung und Bewertung der Günstigkeit der aktuellen Preisermäßigung ermöglichen soll. Dies bedeute, dass der Händler bei seiner Bewerbung der Preisermäßigung die Art der Darstellung und insbesondere den Bezugspunkt der Preisermäßigung frei gestalten kann, solange keine Irreführung vorliegt und (zusätzlich) der vorherige Preis im Sinne des niedrigsten Preises innerhalb der letzten 30 Tage angegeben wird (Sosnitza, WRP 2021, 440 Rn. 20). Auch dem Wortlaut der Bestimmung ist lediglich die Pflicht zur Angabe des niedrigsten Preises (Buchmann/Sauer, WRP 2022, 538 Rn. 58) aber keine Vorgabe, wie der Referenzpreis angegeben werden soll (OLG Hamburg GRUR 2023, 654 Rn. 21 – getrocknete Ananas), entnehmbar. Schließlich regelt auch Art. 6a Preisangabenrichtlinie seinem Wortlaut nach lediglich, wann und unter welchen Bedingungen welche Informationen bereitzustellen sind (LG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2023 – 38 O 182/22, juris-Rn. 133 f.).
Nach einer anderen Meinung kann der Norm auch eine Pflicht entnommen werden, die Preisermäßigung gerade anhand des Referenzpreises zu berechnen (vgl. Stillner WRP 2023, 1293). Dafür spreche der Schutzzweck der Norm, da die Berechnung der Preisermäßigung aus einem anderen Preis verwirrend erscheint (Buchmann/Sauer, WRP 2022, 538 Rn. 58). Gemäß der Begründung zu § 11 PAngV dürfen neben dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage und dem aktuellen Preis auch ein weiterer Preis (nur dann) angegeben werden, sofern klar und eindeutig ist, dass sich die Preisermäßigung auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage bezieht (BR Drs. 669/21, S. 40). Den – nicht verbindlichen (vgl. EuGH GRUR Int 2013, 285 Rn. 29 – Expedia), aber bei der Auslegung von Art. 6a Preisangabenrichtlinie heranzuziehenden (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O. § 11 Rn. 3) – „Leitlinien der Kommission zur Auslegung und Anwendung von Art. 6a der RL 98/6/EG 22“ kann entnommen werden, dass jede „Preisermäßigung unter Verwendung des angegebenen ‚vorherigen‘ Preises als Vergleichswert anzugeben [ist], d.h. jede angegebene prozentuale Ermäßigung […] auf dem gemäß Art. 6a ermittelten ‚vorherigen‘ Preis beruhen [muss]“. Allerdings führen diese Leitlinien an anderer Stelle aus, dass diese Vorgaben den Verkäufer dann nicht daran hindern sollen, „bei der Bekanntgabe der Preisermäßigung andere Referenzpreise anzugeben, sofern diese zusätzlichen Referenzpreise klar erläutert werden, keine Verwirrung stiften und die Aufmerksamkeit des Verbrauchers nicht von der Angabe des ‚vorherigen Preises‘ nach Art. 6a ablenken“ (ABl. C 525 v. 29.12.2021, S. 135).
b) Aus Sicht des Senats spricht zwar viel dafür, dass die streitgegenständliche Werbung bereits deshalb unlauter ist, weil sich die Berechnung der in Prozent ausgedrückten Preisermäßigung nicht auf den Referenzpreis bezieht. Der Senat lässt jedoch diese Frage – weil nicht entscheidungserheblich – offen.
Im vorliegenden Fall bewarb die Beklagte das streitgegenständliche Produkt „Jacobs Krönung“ dahingehend, dass der herabgesetzte Preis mit „4.44*“ und unmittelbar daneben etwas kleiner unter einem Feld mit „-36%“ der vorherige Preis mit „6.99“ angegeben wurde. Diese Werbung könnte unter zwei Gesichtspunkten als problematisch angesehen werden: Zum einen entsprach der angegebene Preis von „6.99“ nicht dem Referenzpreis i.Sv. § 11 Abs. 1 PAngV, da die Beklagte unstreitig für das Produkt zwar in der Vorwoche den Preis von 6,99 €, verlangte, in der „Vorvorwoche“ jedoch bereits der Preis in Höhe von 4,44 € erhoben wurde. Zum anderen bezog sich die prozentuale Preisermäßigung von „-36%“ nicht auf den Referenzpreis.
Der Senat tendiert dazu, bei dieser Ausgestaltung der Werbeanzeige einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV anzunehmen. Zwar wird in dem Fußnotentext, zu dem die hochgestellte „1“ nach der Angabe „6.99“ führt, (auch) der Referenzpreis der letzten 30 Tage für das Produkt „Jacobs Krönung“ mit 4,44 € angegeben. Die blickfangmäßig hervorgehobene Preisermäßigung von „-36%“ bezieht sich jedoch nicht auf den Referenzpreis, sondern auf den Streichpreis i.H.v. 6,99 €. Die Berechnung erfolgt damit aus einem anderen Preis, als der normal informierte und verständige Durchschnittsverbraucher vor dem Hintergrund einer normativen Verbrauchererwartung (vgl. OLG Nürnberg GRUR-RR 2022, 451 Rn. 19 – Krankenhaustransporte) und dem Schutzzweck von § 11 Abs. 1 PAngV erwarten würde. In diesem Zusammenhang kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Fußnotenhinweis nicht an der blickfangmäßig herausgestellten Angabe „-36%“ teilnimmt, zumal bereits zweifelhaft ist, ob der Durchschnittsverbraucher bei dieser Werbeaussage überhaupt einen Anlass hat, in der Fußnote nachzusehen.
Der Senat lässt diese Frage jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit offen, da die streitgegenständliche Werbung in ihrer Gesamtgestaltung aus anderen Gründen den lauterkeitsrechtlichen Vorgaben nicht genügt (vgl. dazu nachfolgend unter B.II.4.).
c) Vor diesem Hintergrund besteht keine Veranlassung, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Verfahren C-330/23 auszusetzen.
Die Aussetzung eines Verfahrens ist in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auch ohne gleichzeitiges Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union grundsätzlich zulässig und geboten, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung derselben Frage abhängt, die bereits in einem anderen Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgelegt wurde (BGH, Beschluss vom 24.01.2012 – VIII ZR 236/10).
Die vom Landgericht Düsseldorf dem EuGH mit Beschluss vom 19.05.2023 vorgelegten Fragen sind im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Zwar müsste – sollte der EuGH in dem Vorlageverfahren zu dem Ergebnis gelangen, dass der werbende Unternehmer seine Informationspflicht aus Art. 6a Abs. 1, Abs. 2 Preisangabenrichtlinie bereits dann verletzt, wenn der in einer Bekanntgabe einer Preisermäßigung genannte Prozentsatz nicht auf den Referenzpreis gemäß Art. 6a Abs. 2 Preisangabenrichtlinie bezogen ist – auch im Streitfall ein Verstoß gegen §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG, § 11 Abs. 1 PAngV wegen des „Vorenthaltens“ wesentlicher Informationen bejaht werden. Da die streitgegenständliche Werbung jedoch bereits aufgrund der nachfolgenden Gründe lauterkeitswidrig ist, ist diese Vorlagefrage nicht streitentscheidend.
4. Auch unabhängig von der Frage, ob ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV deshalb gegeben ist, weil die Beklagte die blickfangmäßig beworbene Preisermäßigung von 36% nicht anhand des Referenzpreises berechnete, ist die streitgegenständliche Werbung in ihrer Gesamtschau als irreführend nach § 5a Abs. 1, Abs. 2, § 5b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 UWG, § 11 Abs. 1 PAngV anzusehen, da der normal informierte und verständige Durchschnittsverbraucher den Referenzpreis anhand der konkreten Angaben in der Werbung nicht unschwer ermitteln kann, sondern vielmehr über den Umfang des Preisnachlasses im Unklaren gelassen wird. Dabei kann dahinstehen, ob sich die Pflicht, den Referenzpreis i.S.v. § 11 Abs. 1 PAngV in einer für den Verbraucher verständlichen Weise anzugeben, aus der Preisangabenverordnung selbst, oder aus § 5a UWG ergibt.
a) Folgenden Rechtsrahmen legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde:
aa) Der Senat legt § 11 Abs. 1 PAngV dahingehend aus, dass diese Vorschrift nicht nur verlangt, (irgendwie) den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den der Unternehmer innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern tatsächlich angewandt hat, sondern auch Vorgaben dahingehend enthält, dass dies auf eine Art und Weise zu geschehen hat, die der Verbraucher nachvollziehen kann und für diesen verständlich ist. Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift, der auch Art. 6a der Preisangabenrichtlinie nicht entgegensteht.
(1) § 11 PAngV bezweckt eine Verbesserung der Verbraucherinformation in den Fällen, in denen eine Preisermäßigung zu Werbezwecken genutzt wird: Verbrauchern soll es ermöglicht werden, Preisermäßigungen für Waren besser einzuordnen und ihre Preiswürdigkeit einzuschätzen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 42. Aufl. 2024, PAngV § 11 Rn. 2; BeckOK UWG/Laoutoumai, 24. Ed. 1.4.2024, PAngV § 11 Rn. 3; OLG Hamburg GRUR 2023, 654 Rn. 21 – getrocknete Ananas). Dieses Ziel kann nur dann erreicht werden, wenn für die Empfänger der Informationen diese auch nachvollziehbar und verständlich sind.
(2) Diese Ratio kommt auch in der Begründung zur Preisangabenverordnung zum Ausdruck. Zwar wird darin ausgeführt, dass „§ 11 […] (lediglich) eine zusätzliche Informationspflicht [begründet]“. Darüber hinaus führt jedoch der deutsche Verordnungsgeber aus, dass bei der Angabe weiterer Preise „klar und eindeutig [sein müsse], dass sich die Preisermäßigung auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage bezieht“ (Begründung, BR-Drucks. 669/21, S. 40). Mit diesen Ausführungen zeigt der Normgesetzgeber, dass die inhaltlichen Anforderungen, die § 11 PAngV aufstellt, für den Verbraucher klar erkennbar sein müssen. Der normal informierte und verständige Durchschnittsverbraucher muss den früheren Gesamtpreis anhand der konkreten Angabe der Preisermäßigung unschwer ermitteln können (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 42. Aufl. 2024, PAngV § 11 Rn. 12).
(3) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 6a der Preisangabenrichtlinie.
Zwar könnte aus deren Art. 4 Abs. 1 S. 1 – wonach (nur) der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit „unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein“ müssen – der Umkehrschluss gezogen werden, der Richtliniengeber habe in Bezug auf den „vorherigen Preis“ auf spezifische Transparenzvorgaben verzichtet. Allerdings ist dieser Rückschluss nicht zwingend. Wollte sich Art. 6a Abs. 1, Abs. 2 der Preisangabenrichtlinie auf die bloße Information im Gefüge der Preisangaben beschränken, wäre eine solche Regelung vor dem Hintergrund von Art. 6 Abs. 1 lit. d) UGP-RL überflüssig (Schröder WRP 2022, 671 Rn. 4 f.; Stillner WRP 2023 1293 Rn. 30).
Die Preisangabenrichtlinie hat nach Art. 1 das Ziel einer besseren Unterrichtung der Verbraucher und der Erleichterung eines Preisvergleichs. Auch Erwägungsgrund 2 der Preisangabenrichtlinie nennt das umfassende Ziel eines „hohen Verbraucherschutzniveaus“ und verlangt eine „genaue, transparente und unmissverständliche Information der Verbraucher über die Preise der angebotenen Erzeugnisse“. Daher dient auch Art. 6a Preisangabenrichtlinie der Verbesserung der Verbraucherinformationen in solchen Fällen, in denen eine Preisermäßigung zu Werbezwecken genutzt wird, weshalb der Sinn und Zweck dieser Richtlinienbestimmung dafür spricht, den Anwendungsbereich von Art. 6a der Preisangabenrichtlinie nicht auf eine bloße Informationspflicht zu beschränken, sondern in einem gewissen Umfang auch Vorgaben über das „Wie“ der Zurverfügungstellung dieser Informationen zu machen. Wenn der Unternehmer völlig frei darüber entscheiden könnte, auf welche Art und Weise er die vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher zur Verfügung stellt, könnte die Aufstellung dieser Pflicht ins Leere laufen. Als Extremfall könnte beispielsweise angeführt werden, dass der Unternehmer anderenfalls die nach der Preisangabenrichtlinie zu erteilenden Informationen in einer dem angesprochenen Durchschnittsverbraucher unverständlichen Sprache erbringen könnte.
bb) In diesem Zusammenhang kann die Vorschrift des § 1 Abs. 3 PAngV nicht außer Acht gelassen werden. Die darin enthaltenen Regelungen dienen als „Allgemeiner Teil“ der Preisangabenverordnung, weil sie für alle Angabenpflichten der PAngV gelten, soweit keine spezielleren Anordnungen getroffen werden (BeckOK UWG/Barth, 24. Ed. 1.4.2024, PAngV § 1 Rn. 1).
Nach § 1 Abs. 3 S. 1 PAngV hat derjenige, der zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Dabei kann die Zuordnung durch einen klaren und unmissverständlichen Sternchenhinweis geschehen, wenn dadurch die Zuordnung der Angaben in der Werbung gewahrt bleibt und die Angaben gut lesbar und vollständig sind (BGH GRUR 2010, 744 Rn. 35 – Sondernewsletter).
Der in § 1 Abs. 3 S. 2 PAngV geregelte Grundsatz der Preisklarheit betrifft die Art und Weise der Preisangaben und bedeutet, dass der Adressat ihn ohne Weiteres erkennen und verstehen kann (BeckOK UWG/Barth, a.a.O. § 1 Rn. 24). Auch alle weiteren (Spezial-)Normen der Preisangabenverordnung, die die Art und Weise der Preisangabe betreffen, sind im Lichte des Grundsatzes der Preisklarheit auszulegen. Bei Regelungslücken oder Auslegungsschwierigkeit ist dann im Zweifel die Art der Auszeichnung zu wählen, die für den durchschnittlichen Verbraucher klar und eindeutig ist (BeckOK UWG/Barth, a.a.O. § 1 Rn. 24).
cc) Schließlich sind im Streitfall die Vorgaben aus den – neben § 5b Abs. 4 UWG, § 11 Abs. 1 PAngV anwendbaren – § 5a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2, § 5b Abs. 1 Nr. 3 UWG aufgrund einer die gesamte Gestaltung der Werbung in den Blick nehmenden Betrachtung auf der Grundlage der Anforderungen der Preisangabenverordnung zu beachten.
(1) Sollte § 11 PAngV in Umsetzung von Art. 6a der Preisangabenrichtlinie keine Vorgaben dazu enthalten, wie der „vorherige Preis“ anzugeben ist, ergibt sich aus dieser Vorschrift (i.V.m. § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4 UWG) keine „Sperrwirkung“ für die Prüfung sonstiger „Irreführungsgesichtspunkte“ (insbesondere § 5a Abs. 2 Nr. 2 UWG).
Zwar kommt gemäß Art. 3 Abs. 4 UGP-RL spezifischen Vorschriften des Unionsrechts ein Vorrang zu, soweit sie besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken in einer mit den Vorgaben der UGP-Richtlinie unvereinbaren Weise regeln (EuGH GRUR 2018, 1156 Rn. 58 – AGCM/Wind u. Vodafone). Daraus folgt, dass eine durch spezielle unionsrechtliche Regelung vorgeschriebene Informationspraxis, die der Unternehmer einhält, nicht i.S.d. UGP-Richtlinie als irreführend gewertet werden darf, selbst wenn sie für sich gesehen geeignet sein sollte, bei Verbrauchern Fehlvorstellungen auszulösen (BGH GRUR 2020, 432 Rn. 30 – Kulturchampignons II). Eine Irreführung wäre daher ausgeschlossen, wenn sich der Unternehmer bei der Bekanntgabe einer Preisermäßigung an die Vorgaben des § 11 PAngV hält (Köhler, WRP 2022, 127 Rn. 30).
Für den umgekehrten Fall – das also die spezielle Vorschrift des § 11 PAngV in Umsetzung von Art. 6a der Preisangabenrichtlinie sich auf die bloße Informationserteilung beschränken und keine Vorgaben über das „Wie“ dieser Informationsangaben machen würde – besteht jedoch keine Sperrwirkung für die Überprüfung der Preiswerbung unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Irreführungsverbots aus der UGP-RL. Denn in diesem Fall würde es an einer Regelung besonderer Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken gerade fehlen. Darüber hinaus ist anerkannt, dass § 11 PAngV eine besondere Form der irreführenden Preiswerbung regelt, welche bereits in § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG geregelt ist (BeckOK UWG/Laoutoumai, 25. Ed. 1.7.2024, PAngV § 11 Rn. 3).), § 11 PAngV somit komplementär neben § 5 UWG steht (OLG Hamburg GRUR 2023, 654 Rn. 21 – getrocknete Ananas), sowie dass eine fehlende oder unklare Preisauszeichnung wegen Irreführung über den Preis oder die Preisbemessung sowohl gegen § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG als auch gegen § 5a, § 5b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 UWG verstoßen kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler a.a.O. Vorbem. vor § 1 Rn. 7).
(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erwecke, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt, wobei es auf den hervorgerufenen Gesamteindruck ankommt. Dabei kann eine Irreführung auch über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils erfolgen (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Die rechtliche Einordnung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einer werblichen Äußerung innewohnende Irreführungsgefahr erfordert dabei die Ermittlung der normativen Verkehrsauffassung. Das Verständnis, das die angesprochenen Verkehrskreise von einer Werbebehauptung haben, wird – da der Verkehr seine Vorstellungen regelmäßig nicht eigenständig, sondern normativ aufgrund der Vorgaben durch Dritte formuliert – maßgeblich auch durch gesetzliche Definitionen geprägt (OLG Nürnberg GRUR-RR 2022, 451 Rn. 19 – Krankenhaustransporte; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.82; BeckOK UWG/Rehart/Ruhl/Isele, 25. Ed. 1.7.2024, UWG § 5 Rn. 127).
Darüber hinaus kann einem Verbraucher gegenüber nach § 5a Abs. 1 UWG eine Irreführung auch über das Vorenthalten einer wesentlichen Information erfolgen. In § 5a Abs. 2 UWG werden drei dem Vorenthalten einer wesentlichen Information gleichstehende Verhaltensweisen geregelt. Dazu gehört die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (§ 5a Abs. 2 Nr. 2 UWG). Maßstab hierbei ist wiederum die Wahrnehmung der Informationen durch den Durchschnittsverbraucher. Dabei kann die Unklarheit der Informationsbereitstellung auch im Hinblick auf den Inhalt der Information vorliegen, nämlich dann, wenn sie unklar formuliert ist (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, a.a.O. § 5a Rn. 2.32).
b) Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist die streitgegenständliche Werbung aufgrund einer Gesamtschau der nachfolgenden Umstände irreführend:
aa) Bei der Prüfung, wie eine Werbeangabe zu verstehen ist, kommt es nicht auf den objektiven Wortsinn an. Entscheidend ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (OLG Nürnberg GRUR 2022, 1612 Rn. 23 – Mineralwasserkisten). Die streitgegenständliche Werbung richtet sich an den Durchschnittsverbraucher. Dessen Auffassung, wie die Preiswerbung in dem Werbeprospekt zu verstehen ist, kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Seine Mitglieder gehören selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, da sie selbst gelegentlich in Lebensmitteldiscountern einkaufen und entsprechende Werbeanzeigen lesen. Sie werden daher durch die fragliche Werbung unmittelbar angesprochen.
bb) Problematisch ist bereits, dass dem Verbraucher in der angegriffenen Werbeangabe insgesamt vier Preisinformationen angezeigt werden: Er sieht einen prozentualen Preisvorteil in Höhe von 36%, den derzeit verlangten Preis in Höhe von 4,44 €, den zuvor verlangten Streichpreis in Höhe von 6,99 € und in dem Fußnotentext zusätzlich den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage in Höhe von 4,44 €. Diese Vielzahl an Informationen, die in der Werbung kombiniert werden, sind für den Durchschnittsverbraucher mehr verwirrend, als dass Klarheit in Bezug auf den Preisvorteil und den Referenzpreis geschaffen wird: Durch die Angabe des Streichpreises und der sich daraus ergebenden prozentualen Rabatthöhe erfolgt vielmehr eine Ablenkung von dem nach § 11 Abs. 1 PAngV maßgeblichen Referenzpreis.
cc) Die Preiswerbung kombiniert jedoch nicht nur vier verschiedene Preisinformationen (prozentuale Rabatthöhe, derzeit verlangter Preis, Streichpreis und niedrigster Preis der letzten 30 Tage), sondern bezieht zusätzlich noch den – plakativ hervorgehobenen – angegebenen prozentualen Preisvorteil auf den zuvor verlangten Preis, statt auf den für den Verbraucher – auch vor dem Hintergrund der normativen Verbrauchererwartung – aussagekräftigeren niedrigsten Preis der letzten 30 Tage. Die Ermäßigung wird mithin zweimal, und zwar jeweils in plakativer Weise, in Bezug zum zuletzt verlangten Preis gesetzt, während der niedrigste Preis, zu deren Angabe die Beklagten gesetzlich verpflichtet ist, nur einmal in weniger deutlicher Weise erwähnt wird.
dd) Darüber hinaus ist der Fußnotentext, auf den die nach der Preisangabe „6.99“ hochgestellte Ziffer 1 verweist und in dem es heißt „Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: Jacobs Krönung 4.44 […]“, vollkommen unklar und missverständlich formuliert.
Den ersten Teil dieses Hinweises versteht der Durchschnittsverbraucher dahingehend, dass es sich bei der Preisangabe in Höhe von „6.99“ bei dem beworbenen Produkt „Jacobs Krönung“ um den „bisherigen 30-Tage-Bestpreis“ handelt, da sich die Fußnote direkt hinter der Preisangabe „6.99“ befindet und der Verbraucher erwartet, dass der Fußnotentext Erläuterungen zu diesem Preis enthält. Es ist bereits fraglich, ob der Durchschnittsverbraucher weiß, dass sich hinter diesem Begriff der Referenzpreis i.S.v. § 11 PAngV – also der niedrigste Gesamtpreis, den die Beklagte innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat – verbirgt. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre diese Information unzutreffend, da die Beklagte für das Produkt „Jacobs Krönung“ in der „Vorvorwoche“ (Zeitraum vom 05.12.2022 bis 10.12.2022) bereits den Preis in Höhe von 4,44 € verlangte.
Noch missverständlicher ist der zweite Teil des Hinweises (“außer: Jacobs Krönung 4.44“): Für den Adressaten, der sich der Werbung mit situationsadäquater Aufmerksamkeit zuwendet, ist dieser – wie der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen kann – nicht nachvollziehbar. Insbesondere versteht der durchschnittliche Verbraucher diese Formulierung, die ein Regel-Ausnahme-Verhältnis durch das Wort „außer“ zum Ausdruck bringt, nicht dahingehend, dass das Produkt „Jacobs Krönung“ in den letzten 30 Tagen schon einmal zum Preis von 4,44 € angeboten wurde. Vielmehr kann diese Angabe bei Verbrauchern auch zu der Annahme führen, der Hinweis in der Fußzeile würde genau für dieses Angebot nicht gelten, zumal der in der Fußzeile angegebene Preis von 4,44 € identisch mit dem in dem Angebot beworbenen Preis ist.
ee) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich der „aufklärende“ Hinweis im Fußnotentext nicht auf die beworbene prozentuale Preisermäßigung von „-36%“ bezieht, weil an dieser Angabe keine Fußnote enthalten ist. Zudem verweist das nach der Preisangabe „6.99“ hochgestellte Sternchen auf einen weiteren am Seitenende befindlichen Hinweis mit völlig anderen Informationen zur Verfügbarkeit des Produkts in bestimmten Filialen.
ff) Auf die zwischen den Parteien im Streit stehende Frage zur hinreichenden Größe des Fußnotentextes kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.
5. Die streitgegenständliche Preiswerbung ist geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen und den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Die hinreichend klare Angabe des Referenzpreises stellt für den Verbraucher eine wesentliche Orientierungshilfe dar, um Preisermäßigungen für Waren besser einordnen und ihre Preiswürdigkeit einschätzen zu können. Erfolgt dies nicht, besteht die Gefahr, dass der Verbraucher seine Kaufentscheidung auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage trifft. Vor diesem Hintergrund führen auch die erforderliche Abwägung zwischen den Interessen der Beklagten als werbendem Unternehmen und den Interessen der Verbraucher und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu keinem anderen Ergebnis.
III. 1. Der Einwand der Berufung, dass der Unterlassungstenor des erstinstanzlichen Urteils gegen § 308 ZPO verstoße, ist zwar zutreffend. Die im Klageantrag enthaltenen Einschränkungen „nur durch einen aufgrund seiner Schriftgröße schwer erkennbaren Verweis“ sowie „wenn dies wie nachfolgend abgebildet oder kerngleich geschieht“ mit Einblendung der konkreten Verletzungsform finden sich im Urteilstenor nicht wieder. Die Untersagung einer konkreten Verletzungsform und ein Schlechthinverbot stellen zwei verschiedene Streitgegenstände dar (Cepl/Voß/Zigann/Werner, 3. Aufl. 2022, ZPO § 253 Rn. 64).
Dieser Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO wurde jedoch dadurch geheilt, dass die Klägerin im Berufungsverfahren die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beantragte; damit hat sie sich den Urteilsausspruch des Landgerichts zu Eigen gemacht und ihr Klagebegehren entsprechend erweitert (vgl. BGH NJW 2006, 1062 Rn. 11).
Soweit die Klägerin auf Anregung des Senats die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe beantragte, dass es in Ziffer 1. anstatt „[beworbene Ware]“ vielmehr „[beworbene Ware Referenzpreis)“ heißen müsse, hat der Senat diese Klarstellung in den Unterlassungstenor aufgenommen. Damit wird ein Gleichklang zur konkreten Verletzungsform hergestellt und der konkret beanstandete Inhalt des Fußnotentextes deutlicher zum Ausdruck gebracht.
2. Unabhängig davon ist allerdings die Tenorierung des Landgerichts vor dem Hintergrund des Konkretisierungsgebots als materiellrechtlich zu weitgehend anzusehen.
a) Durch die unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform mit dem Vergleichspartikel „wie” wird deutlich gemacht, dass Gegenstand des Antrags allein die konkrete Werbeanzeige sein soll, wobei die abstrakt formulierten Merkmale die Funktion haben, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen (BGH GRUR 2006, 164 Rn. 14 – Aktivierungskosten II; GRUR 2010, 749 Rn. 36 – Erinnerungswerbung im Internet).
b) Vor diesem Hintergrund hat der Senat – wie die Klägerin in ihrem erstinstanzlichen Antrag – die konkrete Verletzungsform durch einen Hinweis auf die konkret beanstandete Verletzungshandlung im streitgegenständlichen Werbeprospekt (“wenn dies wie nachfolgend abgebildet geschieht“) näher bestimmt. Zum anderen hat der Senat – insofern ebenfalls dem erstinstanzlichen Klageantrag teilweise folgend – die Einschränkung „durch einen Verweis mit der“ in den Tenor aufgenommen, weil dies, wie dargelegt, einen wesentlichen Aspekt der Unlauterkeit der angegriffenen Werbung darstellt.
c) Da es auf die zwischen den Parteien im Streit stehende Frage der ausreichenden Schriftgröße des Fußnotenhinweises nicht ankommt, erfolgt – insoweit vom erstinstanzlichen Antrag abweichend – keine Aufnahme des Zusatzes „aufgrund seiner Schriftgröße schwer erkennbaren“ in die abstrakte Umschreibung des Verbots. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen unter Ziffer B.III.1. ist damit kein Verstoß gegen § 308 ZPO verbunden.
IV. Die Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten ergibt sich aus § 13 Abs. 3 UWG. Einwände gegen die Höhe der Abmahnpauschale von 374,50 € sind weder dargetan noch ersichtlich.
C. Der Streitwert wurde in Anwendung der Grundsätze der § 3 ZPO, §§ 47, 48 GKG bestimmt und entspricht der erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die sich die Parteien nicht gewandt haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Einfügung der konkreten Verletzungsform – entsprechend des erstinstanzlichen Antrags – veranlasst keine Kostenteilung.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 709, § 711 ZPO.
Die Revision der Beklagten zum Bundesgerichtshof (§ 7 EGZPO, § 8 Abs. 2 EGGVG) ist nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Der Umfang der sich aus § 11 Abs. 1 PAngV ergebenden Pflichten im Zusammenhang mit der Angabe des niedrigsten Gesamtpreises (auch unter Berücksichtigung des Vorlageersuchens des Landgerichts Düsseldorf vom 19.05.2023) und das Verhältnis zu dem allgemeinen Irreführungsverbot wirft entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen auf, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind.