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Wirtschaftsrecht
27.10.2022
Wirtschaftsrecht
Bayrisches OLG: Weite Schiedsklausel im GmbH-Gesellschaftsvertrag als Grundlage für schiedsgerichtliche Zuständigkeit in Beschlussmängelstreitigkeiten

Bayrisches OLG, Beschluss vom 10.10.2022 – 101 SchH 46/22

Volltext: BB-Online BBL2022-2513-1

Leitsätze

1. Bestimmt eine Schiedsklausel als maßgebliche Verfahrensordnung die Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V., so besteht ein Schiedsgericht für die jeweilige Streitsache erst mit der Konstituierung.

2. Ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist rechtzeitig gestellt, wenn er vor diesem Zeitpunkt bei Gericht anhängig gemacht worden ist.

3. Die Einreichung einer Schiedsklage bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) ist nicht vergleichbar mit der Anrufung eines ständigen Schiedsgerichts, das als dauerhafte Einrichtung vorgehalten wird, sodass es keiner fallweisen Konstituierung bedarf.

4. Eine Schiedsklausel, die korporativer Bestandteil des Gesellschaftsvertrags einer GmbH ist, ist gemäß den für solche Satzungsbestimmungen geltenden Grundsätzen nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen.

5. Eine nach objektivem Verständnis auszulegende Schiedsklausel in der Satzung einer GmbH, die ausdrücklich alle Streitigkeiten, Ansprüche und Meinungsverschiedenheiten der Gesellschafter in ihrem Verhältnis untereinander und zur Gesellschaft erfasst, wenn die Differenzen den Gesellschaftsvertrag betreffen oder mit ihm in Zusammenhang stehen, ist grundsätzlich weit auszulegen.

6. Eine weite Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GmbH bildet eine materiell-rechtlich wirksame Grundlage für eine schiedsgerichtliche Zuständigkeit in Beschlussmängelstreitigkeiten (nur) dann, wenn sie die in höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Mindestanforderungen erfüllt (hier bejaht).

ZPO § 1032 Abs. 2; DIS-SchO 2018 Art. 1.1, Art. 1.4; DIS-ERGeS Art. 1.1

Sachverhalt

I.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit schiedsgerichtlicher Verfahren.

Die Antragstellerin ist seit der Gründung der Antragsgegnerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, im Jahr 2021 mit einem Anteil von 8,00% an deren Stammkapital beteiligt. Weitere Gründungsgesellschafterin mit einem Anteil von 51,00% (so die Antragstellerin) bzw. 50,00% (so die Nebenintervenientin) am Stammkapital der Antragsgegnerin ist die Nebenintervenientin, vormals firmierend unter […]. Zwischen diesen Gesellschafterinnen und ihren jeweils zugehörigen „Lagern“ bestehen seit Mitte des Jahres 2021 erhebliche Differenzen, die sich auch im Stimmverhalten zu diversen Beschlussanträgen in mehreren Gesellschafterversammlungen widerspiegeln.

Nach § 8 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrags der Antragsgegnerin sind sämtliche von den Gesellschaftern gefassten Beschlüsse von dem von der Gesellschafterversammlung mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählten Protokollführer schriftlich zu protokollieren. Der Inhalt des Protokolls gilt als zutreffend, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen nach Empfang einer Kopie des unterzeichneten Protokolls Einwendungen gegenüber der Gesellschaft schriftlich unter Angabe der Gründe geltend gemacht werden.

Gemäß § 9 Ziffer 5 des Gesellschaftsvertrags gilt für die „Gerichtliche Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen“ eine Ausschlussfrist von einem Monat nach Empfang des Beschlussprotokolls.

Die bei der Gründung der Antragsgegnerin in deren Satzung aufgenommene Schiedsgerichtsklausel, § 17 „Schiedsgericht“ des Gesellschaftsvertrags, lautet:

17.1 Über alle Streitigkeiten, Ansprüche und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern untereinander bzw. in ihrem Verhältnis zur Gesellschaft, welche diesen Gesellschaftsvertrag betreffen oder damit im Zusammenhang stehen, entscheidet unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges - soweit dem nicht zwingendes Recht entgegensteht - abschließend ein Schiedsgericht nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS). Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit, die Durchführung und die Beendigung dieses Gesellschaftsvertrages, einzelner seiner Vertragsbestimmungen oder etwaiger Nachträge hierzu sowie auch für Ansprüche, die im Wege des Urkunden- oder Wechselprozesses gemäß §§ 592 ff. ZPO geltend gemacht werden können. Die Vorschriften des 5. Buches der ZPO zum Urkunden- und Wechselprozess finden auf das Verfahren vor dem Schiedsgericht keine Anwendung.

17.2 Das Schiedsgericht ist auch zuständig für Streitigkeiten zwischen einem bereits ausgeschiedenen Gesellschafter und der Gesellschaft oder einem anderen Gesellschafter, sofern und soweit der Streit diesen Gesellschaftsvertrag betrifft. Das Schiedsgericht ist ferner zuständig für Gestaltungsklagen aus dem Gesellschaftsvertrag sowie zur Feststellung der Änderung oder Ergänzung des Wortlautes des Gesellschaftsvertrages. Das Schiedsgericht ist demgemäß auch dazu berufen, in streitigen Fällen, die im Gesellschaftsvertrag nicht geregelt sind, die dem Sinn des Gesellschaftsvertrages entsprechende rechtsgestaltende Entscheidung zu treffen. Dies gilt insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten über die Abgrenzung der Rechte und Pflichten der Gesellschafter.

17.3 Das Schiedsgericht besteht aus drei Schiedsrichtern. Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist Regensburg, es sei denn, dass sich die am Verfahren beteiligten Parteien einvernehmlich auf einen anderen Ort verständigen.

In Bezug auf Beschlussfassungen in den Gesellschafterversammlungen vom 12. Juli 2021, 16. Dezember 2021, 21. Januar 2022 und 31. Januar 2022 hat die Antragstellerin bei der DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V.) mit Schriftsätzen vom 11. August 2021, 17. Januar 2022 und 21. Februar 2022 Schiedsklagen gegen die Antragsgegnerin wegen „Beschlussanfechtung“ und „Beschlussanfechtung und Beschlussfeststellung“ erhoben. Für die Verfahren hat die Schiedsgerichtsinstitution die Aktenzeichen DIS-SV-2021-00550, DIS-SV-2022-00617 und DIS-SV-2022-00628 vergeben.

In dem Verfahren DIS-SV-2021-00550 wegen Beschlussanfechtung erstrebt die Antragstellerin ein Urteil mit folgendem Inhalt:

Der nachfolgende, auf der Gesellschafterversammlung der Schiedsbeklagten vom Juli 2021 gefasste Gesellschafterbeschluss wird für nichtig erklärt: […]Das Verfahren mit dem Aktenzeichen DIS-SV-2022-00617 betrifft diverse Beschlussfassungen in der Gesellschafterversammlung vom 16. Dezember 2021. Im Wege der „Beschlussanfechtung und Beschlussfeststellung“ verfolgt die Antragstellerin folgende Anträge:

I. Es wird festgestellt, dass nachfolgende, in der Gesellschafterversammlung der Schiedsbeklagten vom 16. Dezember 2021 gefasste Ablehnungsbeschlüsse, das heißt Beschlüsse, mit denen das Nichtzustandekommen eines Beschlusses festgestellt wird, nichtig sind, hilfsweise werden diese etwaigen Ablehnungsbeschlüsse für nichtig erklärt: […]

II. Es wird festgestellt, dass in der Gesellschafterversammlung der Schiedsbeklagten vom 16. Dezember 2021 folgende Beschlüsse gefasst worden sind: […]

Das Verfahren mit dem Aktenzeichen DIS-SV-2022-00628 betrifft Beschlussfassungen in den Gesellschafterversammlungen vom 21. Januar 2022 und 31. Januar 2022. Die Anträge in diesem Schiedsverfahren lauten:

I. Es wird festgestellt, dass nachfolgende, in der Gesellschafterversammlung der Schiedsbeklagten vom 21. Januar 2022 gefasste Ablehnungsbeschlüsse, das heißt Beschlüsse, mit denen das Nichtzustandekommen eines Beschlusses festgestellt wird, nichtig sind, hilfsweise werden diese etwaigen Ablehnungsbeschlüsse für nichtig erklärt: […]

II. Es wird festgestellt, dass in der Gesellschafterversammlung der Schiedsbeklagten vom 21. Januar 2022 folgende Beschlüsse gefasst wurden und zustande gekommen sind: […]

III. Es wird festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung der Schiedsbeklagten vom 31. Januar 2022 gefasste Beschluss über […] nichtig ist, hilfsweise wird dieser Beschluss für nichtig erklärt.

Art. 1 (Anwendungsbereich) der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V., gültig ab dem 1. März 2018 (künftig: DIS-SchO 2018), besagt:

1.1. Diese Schiedsgerichtsordnung gilt für … schiedsrichterliche Verfahren („Schiedsverfahren“), in denen Streitigkeiten gemäß der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. („DIS“) beigelegt werden sollen (…).

1.3 Bestandteil dieser Schiedsgerichtsordnung sind folgende Anlagen:

(…)

Anlage 5 (Ergänzende Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten)

(…)

1.4 Haben die Parteien vereinbart, dass das Beschleunigte Verfahren gemäß Anlage 4 oder die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten gemäß Anlage 5 anzuwenden sind, gilt diese Schiedsgerichtsordnung mit den Änderungen, die sich aus der jeweiligen Anlage ergeben.

Art. 1 (Anwendungsbereich) der Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (künftig: DIS-ERGeS) bestimmt:

1.1 Die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten („DISERGeS“) werden angewendet, wenn die Parteien in der im Gesellschaftsvertrag oder außerhalb des Gesellschaftsvertrages getroffenen Schiedsvereinbarung auf sie Bezug genommen oder sich sonst auf ihre Anwendung geeinigt haben.

Das Schiedsgericht hat im Verfahren DIS-SV-2021-00550 am 17. März 2022 eine Verfahrenskonferenz abgehalten, in der es darauf hingewiesen hat, dass es Zweifel hinsichtlich seiner Zuständigkeit habe. Da fraglich sei, ob sich die Parteien auf die Anwendbarkeit der DIS-ERGeS geeinigt hätten, bestünden mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 6. April 2009, II ZR 255/08, Zweifel an einer den Gegenstand der Schiedsklage umfassenden, wirksamen Schiedsklausel.

Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 8. April 2022 bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht einen Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit der schiedsrichterlichen Verfahren gestellt.

Das Gericht hat am 8. und 13. Juni 2022 Hinweise erteilt.

Mit Schriftsatz vom 25. August 2022 hat die Antragstellerin ihren Antrag im Hinblick darauf erweitert, dass sie mit Schriftsatz vom 15. August 2022 wegen einer weiteren Beschlussmängelstreitigkeit Schiedsklage gegen die Antragsgegnerin bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. erhoben hat. Das unter dem Aktenzeichen DISSV-2022-00690 angelegte Verfahren betrifft eine Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung vom 11. Juli 2022. Der Schiedsklageantrag lautet:

Es wird festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung der Schiedsbeklagten [Antragsgegnerin] vom 11. Juli 2022 unter TOP 6 gefasste Beschluss mit dem Inhalt „[…]“ nichtig ist, hilfsweise wird dieser Beschluss für nichtig erklärt.

Im gerichtlichen Verfahren beantragt die Antragstellerin unter Wiedergabe der in den Schiedsverfahren gestellten Anträge zuletzt, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts festzustellen für die Nichtigerklärung des in der Gesellschafterversammlung am 12. Juli 2021 gefassten Beschlusses, für die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise die Nichtigerklärung der in den Gesellschafterversammlungen am 16. Dezember 2021 und 21. Januar 2022 gefassten Ablehnungsbeschlüsse sowie für die spiegelbildliche positive Beschlussfeststellung, des Weiteren für die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise für die Nichtigerklärung des in der Gesellschafterversammlung am 31. Januar 2022 sowie des in der Gesellschafterversammlung am 11. Juli 2022 gefassten Beschlusses.

Zur Zulässigkeit ihres Antrags hat sie vorgetragen, das Schiedsgericht sei nur im Verfahren DIS-SV-2021-00550 bereits konstituiert. Mit der Sache befasst habe es sich allerdings auch in diesem Verfahren noch nicht.

Sie ist der Meinung, die Schiedsklausel sei dahin auszulegen, dass sie auch Beschlussmängelstreitigkeiten umfasse und die DIS-ERGeS einbeziehe.

Die Antragsgegnerin hat sich zum Antrag nicht geäußert.

Mit Schriftsatz vom 25. April 2022 hat die Mehrheitsgesellschafterin der Antragsgegnerin ihren Beitritt zum Verfahren auf der Seite der Antragsgegnerin angezeigt. Ihr rechtliches Interesse am Beitritt begründet sie mit der Bindungswirkung einer Entscheidung nach § 1032 Abs. 2 ZPO; vom Ausgang des Verfahrens sei sie als Gesellschafterin betroffen. Sie hat weiter vorgetragen, die Antragsgegnerin selbst werde sich im Verfahren nicht verteidigen können, da die Antragstellerin „einem der zwei eingetragenen Geschäftsführer“ sämtliche Geschäftsführungsmaßnahmen im Wege der einstweiligen Verfügung habe untersagen lassen.

Die Nebenintervenientin beantragt,

die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.

Sie meint, eine wirksame Schiedsvereinbarung für Beschlussmängelstreitigkeiten bestehe nicht. Die DIS-ERGeS würden nach deren Regelung in Artikel 1.1 nur dann angewendet, wenn die Parteien auf sie Bezug genommen oder sich sonst auf sie geeinigt hätten. Diesen Voraussetzungen genüge die Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag nicht. In der Bezugnahme auf die Verfahrensregeln der „Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS)“ liege auch keine „sonstige Einigung“ auf die DIS-ERGeS im Sinne des Artikels 1.1, zumal auch gemäß Artikel 1.4 der Schiedsgerichtsordnung die Verfahrensregeln der Anlage 5 (DIS-ERGeS) nur im Fall einer entsprechenden Parteivereinbarung gelten würden.

Aus den Gründen

II.

Soweit sich der Antrag auf den Gegenstand der Schiedsklage vom 11. August 2021 bezieht (DIS-SV-2021-00550), ist er unzulässig. Hinsichtlich des übrigen Begehrens erweist sich der Antrag hingegen als zulässig und in diesem Umfang auch als begründet, denn das Schiedsgericht ist für die Entscheidung über die ihm mit den Schiedsklagen vom 17. Januar 2022, 21. Februar 2022 und 15. August 2022 (DIS-SV-2022-00617, DIS-SV- 2022-00628 und DIS-SV-2022-00690) unterbreiteten gesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelstreitigkeiten zuständig.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1 ZPO i. V. m. § 7 BayGZVJu in der seit dem 1. Mai 2020 geltenden Fassung für die Entscheidung über den Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit der schiedsgerichtlichen Verfahren, § 1032 Abs. 2 ZPO, zuständig, weil der gemäß § 1043 Abs. 1 Satz 1 ZPO vereinbarte Ort der jeweiligen schiedsrichterlichen Verfahren in Bayern liegt.

2. Soweit sich der Antrag auf das Verfahren DIS-SV-2021-00550 bezieht, ist er nicht rechtzeitig gestellt und daher als unzulässig zurückzuweisen.

a) Nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens bis zur Bildung des Schiedsgerichts beantragt werden. Geht es um die Zuständigkeit eines ständigen Schiedsgerichts, kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Bildung des Schiedsgerichts an. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich das ständige Schiedsgericht im Zeitpunkt der Antragstellung bereits mit der Sache befasst hat (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018, I ZB 53/17 - Skatgericht, NJW-RR 2018, 1402 Rn. 8 m. w. N.; BayObLG, Beschluss vom 22. Oktober 2020, 101 SchH 129/20, juris Rn. 104; OLG München, Beschluss vom 28. Juni 2006, 34 SchH 11/05, juris Rn. 55; Geimer in Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 1032 Rn. 25a).

b) Im Streitfall ist auf den Zeitpunkt der Konstituierung abzustellen.

Die Antragstellerin hat in Befolgung der gesellschaftsvertraglichen Schiedsklausel ein institutionelles Schiedsgericht angerufen. Institutionelle Schiedsgerichte zeichnen sich dadurch aus, dass sie über eine eigene Verwaltung mit entsprechenden Mitarbeitern für die Erledigung der administrativen Aufgaben verfügen. Regelmäßig nimmt die Institution auch die Bestellung des Schiedsgerichts vor (vgl. Schütze/Thümmel, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 7. Aufl. 2021, § 1 Rn. 5; Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl. 2018, I. Kapitel Einleitung Rn. 2 ff.), bestimmt also die personelle Zusammensetzung des für das jeweilige Verfahren zuständigen Schiedsgerichts im eigentlichen Sinne (missverständlich unter Bezugnahme auf überholte Rechtsprechung: Merkt in Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl. 2022, § 13 Rn. 78).

So verhält es sich auch bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (im Folgenden: DIS). Gemäß Art. 13 DIS-SchO 2018 werden die Mitglieder des Schiedsgerichts von der DIS bestellt. Die Bestellung kann bis zur Bezahlung der eingeforderten Vorschüsse zurückgestellt werden. Mit der Bestellung der Schiedsrichter ist das Schiedsgericht für das jeweilige Verfahren konstituiert, Art. 13.4 DIS-SchO 2018. Die Einleitung des Schiedsverfahrens durch Einreichung der Schiedsklage bei der Institution gemäß Art. 5, 6 DIS-SchO 2018 und die Konstituierung des Schiedsgerichts durch Bestellung der Schiedsrichter fallen zeitlich auseinander. Bestimmt eine Schiedsklausel - wie im vorliegenden Fall - als maßgebliche Verfahrensordnung die DIS-SchO 2018, so besteht ein Schiedsgericht für die jeweilige Streitsache erst mit der Konstituierung.

Diese Situation ist nicht vergleichbar mit der Anrufung eines ständigen Schiedsgerichts, das als dauerhafte Einrichtung vorgehalten wird, sodass es keiner fallweisen Konstituierung bedarf (vgl. auch Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2022, § 1029 Rn. 70; Nolting SchiedsVZ 2011, 319 [319, 321] in Bezug auf das Ständige Schiedsgericht bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main). Eine solche Konstellation aber hat der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 28. Juni 2006 (34 SchH 11/05) zugrunde gelegen, in der hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Antragstellung abweichend vom Wortlaut des § 1032 Abs. 2 ZPO darauf abgestellt worden ist, ob sich das Schiedsgericht im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung bereits mit der Sache befasst hatte. Nach der Sachverhaltsschilderung hatten die Parteien einem aus drei Personen bestehenden Gremium, dem eingesetzten Beirat, satzungsmäßig u. a. die Aufgabe eines Schiedsgerichts für bestimmte Streitigkeiten zugewiesen. Diese besondere Lage erklärt, dass nach der Auffassung des Gerichts „für die Frage, ob das Schiedsgericht schon besteht“, darauf abzustellen sei, ob sich der Beirat möglicherweise in der Funktion als Schiedsgericht mit der Angelegenheit bereits befasst hat (juris Rn. 55). Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts München hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 9. Mai 2018 diese Auffassung auch für den dort entschiedenen Fall bestätigt und ausgeführt, für die Rechtzeitigkeit des Antrags nach § 1032 Abs. 2 ZPO komme es darauf an, ob sich das als ständige Einrichtung vorgehaltene Schiedsgericht bereits mit der Sache befasst habe, wenn die Zulässigkeit eines Verfahrens vor einem solchen ständigen Schiedsgericht in Rede stehe (NJW-RR 2018, 1402 Rn. 8 - Skatgericht). Auch der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 22. Oktober 2020 (101 SchH 129/20) hat ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem ein ständiges Schiedsgericht eingerichtet worden war (vgl. juris Rn. 13).

Vorliegend haben die Parteien nicht die Zuständigkeit eines ständigen Schiedsgerichts in diesem Sinne vereinbart. Die institutionellen Schiedsgerichte sind aus den dargestellten Gründen nicht ohne weiteres gleichzusetzen mit ständigen Schiedsgerichten im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung. Für die Rechtzeitigkeit des Antrags auf Feststellung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens kommt es deshalb auf den Zeitpunkt der Konstituierung des Schiedsgerichts an (vgl. auch OLG Hamburg, Beschluss vom 21. Dezember 2012, 6 Sch 19/12, SchiedsVZ 2013, 180 [juris Rn. 18]; OLG München, Beschluss vom 7. Januar 2009, 34 SchH 14/08, juris Rn. 12).

Dies ist auch sachgerecht. Bei bereits bestehendem (inländischem) Schiedsgericht ist das staatliche Gericht zur Entscheidung über dessen Zuständigkeit nur im Rahmen des Verfahrens nach § 1040 ZPO oder, wenn das Schiedsgericht keinen Zwischenentscheid trifft, im Rahmen eines Verfahrens über die Aufhebung oder die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a), Buchst. c), § 1060 Abs. 2 ZPO berufen. Gemäß § 1040 ZPO ist dem Schiedsgericht die Befugnis eingeräumt worden, über die eigene Zuständigkeit zu entscheiden. Gegen einen Zwischenentscheid gemäß § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO, mit dem das Schiedsgericht seine Entscheidungskompetenz bejaht, kann ein fristgebundener Rechtsbehelf beim staatlichen Gericht eingelegt werden, § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Bejaht das Schiedsgericht seine Zuständigkeit erst im Endschiedsspruch, kann die Partei, nach deren Meinung das Schiedsgericht für die Streitentscheidung nicht zuständig war, eine Überprüfung durch fristgebundenen Aufhebungsantrag herbeiführen, § 1059 Abs. 1, 3 ZPO. Verneint das Schiedsgericht in einem Endschiedsspruch seine Zuständigkeit unter Abweisung der Schiedsklage, steht derselbe Rechtsbehelf, gerichtet auf Aufhebung des Entscheids, derjenigen Partei zur Verfügung, nach deren Ansicht das Schiedsgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint hat (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 25. Januar 2017, 34 Sch 37/16, juris Rn. 11 ff. - zur Vollstreckbarerklärung eines Prozessschiedsspruchs). Der Umstand, dass das Prüfungsprogramm im Aufhebungsverfahren gemäß § 1059 Abs. 2 ZPO eingeschränkt ist, rechtfertigt es entgegen der von der Antragstellerin angedeuteten Meinung nicht, die Entscheidung eines staatlichen Gerichts über die Zuständigkeitsfrage außerhalb dieses durch das Zehnte Buch der Zivilprozessordnung vorgegebenen Rahmens während eines laufenden Schiedsverfahrens mit Blick darauf herbeizuführen, dass das Schiedsgericht Zweifel an seiner Zuständigkeit geäußert hat (dazu: Geimer in Zöller, ZPO, § 1040 Rn. 11 ff.). Der Gesetzgeber hat den staatlichen Gerichten keine Befugnis zugewiesen, außerhalb dieses Rahmens in das Schiedsverfahren - etwa durch Feststellung der Unwirksamkeit oder Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung - einzugreifen (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Juni 2006, 34 SchH 11/05, juris Rn. 55; Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2020, § 1032 Rn. 9; auch BT-Drs. 13/5274, S. 38).

c) Hinzu kommt im Streitfall, dass sich das Schiedsgericht bereits mit der Sache befasst hatte, als der Antrag an das staatliche Gericht gestellt worden ist.

Im Verfahren DIS-SV-2021-00550 hat es am 17. März 2022 eine Verfahrenskonferenz mit den Parteien abgehalten, Art. 27.2 DIS-SchO, und ausweislich des Protokolls (Anlage AS 6) in dieser Konferenz den oben wiedergegebenen Hinweis zur Zuständigkeitsfrage erteilt. Im Anschluss ist die verfahrensleitende Verfügung vom 22. März 2022 ergangen (Anlage AS 5), mit der den Parteien Fristen gesetzt worden sind. Danach hatten sie bis zum 1. April 2022 mitzuteilen, ob sie bei der DIS eine Verfahrensverbindung, gegebenenfalls mit welchem Verfahren, beantragt haben, und bis zum 29. April 2022 zur Frage der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auszuführen. Bereits in der Verfahrenskonferenz hatte das Schiedsgericht eine Entscheidung über die Frage seiner Zuständigkeit für voraussichtlich Mitte/Ende Juni 2022 angekündigt. Darauf bezugnehmend hat es in der verfahrensleitenden Verfügung vom 22. März 2022 wiederholt, dass es beabsichtige, zunächst eine Entscheidung über seine Zuständigkeit zu treffen.

Die angekündigte Entscheidung ist zwar bislang nicht ergangen. Dennoch ist für einen Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO in dieser Verfahrenslage kein Raum mehr.

2. Soweit sich der Antrag auf die Verfahren DIS-SV-2022-00617, DIS-SV-2022-00628 und DIS-SV-2022-00690 bezieht, erweist er sich als zulässig.

a) Der Antrag ist seinem Inhalt nach statthaft.

Im Rahmen eines Antrags nach § 1032 Abs. 2 ZPO prüft das staatliche Gericht, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, diese durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens der Schiedsvereinbarung unterfällt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2019, I ZB 4/19, SchiedsVZ 2020, 50 Rn. 11 f.; BayObLG, Beschluss vom 22. Oktober 2020, 101 SchH 129/20, juris Rn. 103).

Der gegenständliche Antrag zielt auf die Feststellung, dass die Streitgegenstände der Verfahren DIS-SV-2022-00617, DIS-SV-2022-00628 und DIS-SV-2022-00690 mit Blick auf § 17 des Gesellschaftsvertrags einer wirksamen Schiedsvereinbarung unterfallen. Geklärt werden soll, ob die dem Schiedsgericht unterbreiteten Beschlussmängelstreitigkeiten von einer insoweit wirksamen Schiedsvereinbarung gedeckt sind. Damit verfolgt der Antrag ein statthaftes Ziel.

b) Er ist auch im Übrigen zulässig.

Insbesondere ist er rechtzeitig gestellt. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung war die Konstituierung lediglich im Verfahren DIS-SV-2021-00550 abgeschlossen. Die beiden weiteren Schiedsverfahren (DIS-SV-2022-00617, DIS-SV-2022-00628) sind bis zu diesem Zeitpunkt nicht hinzuverbunden worden, sodass bei Eingang des Antrags auf Feststellung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts ein Schiedsgericht insoweit noch nicht konstituiert war. Im Zeitpunkt der Antragserweiterung in Bezug auf das vierte Schiedsverfahren (DIS-SV-2022-00690) stand die Konstituierung des Schiedsgerichts gleichfalls noch aus.

Selbst im Fall einer Fortsetzung der schiedsgerichtlichen Verfahren, auch einer nachträglichen Verbindung der Verfahren DIS-SV-2022-00617, DIS-SV-2022-00628 und DIS-SV-2022-00690 zum Verfahren DIS-SV-2021-00550, nach Antragstellung besteht das Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Feststellung fort. Das Gesetz geht bei einem zulässig vor Bildung des Schiedsgerichts gestellten Antrag von einem anschließenden Nebeneinander des staatlichen und schiedsgerichtlichen Verfahrens aus, wobei das Schiedsgericht wegen des Vorrangs der staatlichen Gerichte, letztverbindlich die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens zu beurteilen, zu prüfen hat, ob es sein Verfahren bis zur Entscheidung des staatlichen Gerichts aussetzt oder ruhen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011, III ZB 59/10, SchiedsVZ 2011, 281 Rn. 11 f.).

3. Im Umfang seiner Zulässigkeit ist der Antrag begründet, denn das Schiedsgericht ist zur Entscheidung der ihm in den Verfahren DIS-SV-2022-00617, DIS-SV-2022-00628 und DIS-SV-2022-00690 unterbreiteten Beschlussmängelstreitigkeiten zuständig.

a) Die Schiedsvereinbarung in § 17 des Gesellschaftsvertrags der Antragsgegnerin erfasst das mit den Schiedsklagen geltend gemachten Begehren.

aa) Die gegenständliche Schiedsklausel, von der alle Streitigkeiten, Ansprüche und Meinungsverschiedenheiten der Gesellschafter in ihrem Verhältnis zur Gesellschaft erfasst werden, die den Gesellschaftsvertrag betreffen oder mit ihm in Zusammenhang stehen, ist korporativer Bestandteil des Gesellschaftsvertrags, denn sie beansprucht Geltung für und gegen die gegenwärtigen und die künftigen Gesellschafter und regelt das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern unabhängig von der Zusammensetzung des Gesellschafterkreises (vgl. BGH, Urt. v. 11. Oktober 1993, II ZR 155/92, BGHZ 123, 347 [350, juris Rn. 13]; Urt. v. 25. Oktober 1962, II ZR 188/61, BGHZ 38, 155 [161, juris Rn. 21]; Scheller in Scholz, GmbHG, 13. Aufl. 2022, § 3 Rn. 121). Solche Satzungsbestimmungen müssen nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus ausgelegt werden. Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung kommt dabei ebenso maßgebende Bedeutung zu wie dem systematischen Bezug der Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden. Außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge können unter Umständen dann berücksichtigt werden, wenn deren Kenntnis bei den Mitgliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden kann (vgl. BGH, Urt. v.

27. September 2011, II ZR 279/09, GmbHR 2012, 92 Rn. 8; Urt. v. 17. Februar 1997, II ZR 41/96, BGHZ 134, 364 [366, juris Rn. 14]; BGHZ 123, 347 [350, juris Rn. 15]; Urt. v. 16. Dezember 1991, II ZR 58/91, BGHZ 116, 359 [364, 366, juris Rn. 12, 18]; KG, Beschluss vom 4. April 2022, 22 W 15/22, NJW-RR 2022, 975 Rn. 16 [juris Rn. 19]; OLG Hamm, Urt. v. 13. April 2022, 8 U 112/21, GmbHR 2022, 697 [700, juris Rn. 54]; Heinze in Münchener Kommentar zum GmbHG, § 2 Rn. 188; Wicke in Münchener Kommentar zum GmbHG, § 3 Rn. 106; Cramer in Scholz, GmbHG, § 2 Rn. 40 f. m. w. N.). Obwohl die Parteien das Recht haben, ihre Ansichten über die nach objektiven Maßstäben vorzunehmende Auslegung der Satzung vorzutragen - von dem auch Gebrauch gemacht worden ist -, kommt es auf die individuellen Vorstellungen der (Gründungs-) Gesellschafter nicht an (BGH, Urt. v. 28. Juni 1999, II ZR 272/98, BGHZ 142, 116 [125, juris Rn. 25]). Deshalb besteht im Streitfall kein Anlass zu entsprechender Aufklärung.

bb) Eine Abrede, die Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten aus einem Vertrag allgemein einem Schiedsgericht zuweist, ist grundsätzlich weit auszulegen (BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001, III ZR 281/00, NJW-RR 2002, 387 [juris Rn. 14]; Urt. v. 1. August 2002, III ZB 66/01, NJW-RR 2002, 1462 [juris Rn. 5]; BayObLG, SchiedsVZ 2021, 240 Rn. 40 [juris Rn. 48]). In Bezug auf eine nach objektivem Verständnis auszulegende Schiedsklausel in der Satzung einer GmbH, die - wie hier - ausdrücklich alle Streitigkeiten, Ansprüche und Meinungsverschiedenheiten der Gesellschafter in ihrem Verhältnis untereinander und zur Gesellschaft erfasst, wenn die Differenzen den Gesellschaftsvertrag betreffen oder mit ihm in Zusammenhang stehen, gilt nichts anderes.

Aufgrund des Wortlauts der hier auszulegenden Schiedsklausel („alle“, „Streitigkeiten, Ansprüche und Meinungsverschiedenheiten“) und ihrer weiten Fassung („im Zusammenhang“) ist der Regelung die Zielrichtung zu entnehmen, möglichst umfassend solche Streitigkeiten unter den Gesellschaftern sowie zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft, die dem Gesellschaftsverhältnis entspringen, der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterstellen. Dieses am Wortlaut orientierte Verständnis wird bestärkt zum einen durch die Aufzählung einiger Konstellationen, in denen die Entscheidungszuständigkeit des Schiedsgerichts möglicherweise zweifelhaft sein könnte, aber als umfasst beschrieben wird, und zum anderen durch die ausdrücklich aufgenommene Beschränkung, die nur in den Vorgaben des zwingenden Rechts bestehen soll. Die Bestimmung ist deshalb dahin zu verstehen, dass im Gesellschaftsverhältnis wurzelnde Streitigkeiten (unter den Gesellschaftern sowie) zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft umfassend, nur beschränkt durch den von zwingenden Rechtsregeln vorgegebenen Rahmen, der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen und den Schiedsgerichten zur Entscheidung zugewiesen sein sollen (vgl. auch BGH, Urt. v. 19. Juli 2004, II ZR 65/03, BGHZ 160, 127 [131, juris Rn. 20]). Die Kompetenzzuweisung erstreckt sich nach objektivem Verständnis demnach auch auf Beschlussmängelstreitigkeiten (Anfechtungs-, Nichtigkeitsfeststellungs- und positive Feststellungsklagen entsprechend §§ 241 ff. AktG), die zwischen Gesellschafter und Gesellschaft auszutragen sind (vgl. K. Schmidt/Bochmann in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 45 Rn. 46, 148). Dem steht nicht entgegen, dass eine solche Klage darauf zielt, die Rechtslage mit Wirkung inter omnes dadurch zu gestalten, dass dem angegriffenen Beschluss die Geltung aberkannt wird. Die Schiedsklausel bezieht ausdrücklich Gestaltungsklagen aus dem Gesellschaftsvertrag ein. Beschlussmängelklagen erwähnt sie in diesem Zusammenhang zwar nicht ausdrücklich. Dem angefügten Beispiel, wonach das Schiedsgericht „demgemäß auch dazu berufen [sei], in streitigen Fällen, die im Gesellschaftsvertrag nicht geregelt sind, die dem Sinn des Gesellschaftsvertrages entsprechende rechtsgestaltende Entscheidung zu treffen“, hat jedoch - wie schon das Wort „auch“ zeigt - keinen abschließenden Charakter. Der Umstand, dass Beschlussmängelklagen keine Erwähnung gefunden haben, berechtigt nach Wortlaut, Inhalt und Zweck der Kompetenzregelung aus objektiver Sicht nicht das Verständnis, just dieser typische Bereich möglicher Streitigkeiten zwischen Gesellschafter und Gesellschaft sei vom Anwendungsbereich der Klausel ausgenommen.

Dass Beschlussmängelstreitigkeiten von der weit gefassten Umschreibung der dem Schiedsgericht zugewiesenen Kompetenzen (unter anderem „alle Streitigkeiten“ im Verhältnis zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft) abgedeckt sein sollen, fügt sich zudem friktionsfrei in den übrigen Inhalt des Gesellschaftsvertrags ein. Für Beschlussanfechtungsklagen trifft § 9 Ziffer 5 der Satzung eine Regelung betreffend die Ausschlussfrist. Hätten die hier ausdrücklich erwähnten Streitigkeiten nicht von der - umfassend formulierten - Schiedsanordnung umfasst werden sollen, hätte es einer klaren Einschränkung der Schiedsgerichtsklausel bedurft, an der es fehlt.

b) Diese Schiedsanordnung, § 1066 ZPO, ist in formeller Hinsicht wirksam zustandegekommen.

Sie bildet einen Bestandteil des Gesellschaftsvertrags, der ausweislich der vorgelegten Anlage (AS 2) in der Form des § 2 GmbHG geschlossen worden ist, weil die notariell beurkundeten Erklärungen betreffend „Vollmachtsbestätigung, Genehmigung“ derjenigen Gesellschafter, für die bei der Gesellschaftsgründung ein nicht bevollmächtigter Vertreter gehandelt hat, dem Formerfordernis genügen (vgl. Altmeppen in Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl. 2021, § 2 Rn. 33). Zusammen mit dem Gesellschaftsvertrag ist die Schiedsanordnung formell wirksam geworden, § 1066 ZPO. Die Formerfordernisse des § 1031 ZPO gelten für die statutarische Schiedsvereinbarung nicht (vgl. BGHZ 160, 127 [132, juris Rn. 22] noch zur inhaltsgleichen Regelung in § 1048 ZPO in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung; ebenso OLG Hamburg, Beschluss vom 29. Januar 2004, 11 W 93/03, SchiedsVZ 2004, 266 [268]; Geimer in Zöller, ZPO, § 1066 Rn. 25; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 1066 Rn. 7).

c) Die Satzungsklausel ist auch nicht aus inhaltlichen Gründen ganz oder teilweise, namentlich in Bezug auf Beschlussmängelstreitigkeiten, unwirksam.

aa) Da auch im Recht der GmbH gerichtliche Entscheidungen in Beschlussmängelstreitigkeiten die in §§ 248, 249 AktG angeordneten Wirkungen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 13. Oktober 2008, II ZR 112/07, NJW 2009, 230 Rn. 8; Urt. v. 17. Februar 1997, II ZR 41/96, BGHZ 134, 364 [366, juris Rn. 12]; Urt. v. 28. Mai 1979, III ZR 18/77, NJW 1979, 2567 [2569, juris Rn. 42]) und diese Wirkungen in analoger Anwendung der genannten Vorschriften gleichermaßen durch Schiedssprüche auf der Grundlage gesellschaftsvertraglicher Schiedsklauseln herbeigeführt werden (BGHZ 180, 221 Rn. 15), haben statutarische Schiedsklauseln zum Schutz derjenigen Gesellschafter, die zwar nicht Partei des Verfahrens, aber in ihrer Rechtsstellung von seinem Ausgang betroffen sind, Mindestanforderungen zu erfüllen, damit ihnen materiellrechtliche Wirksamkeit in Bezug auf Beschlussmängelstreitigkeiten beigelegt werden kann (BGH, Beschluss vom 23. September 2021, I ZB 13/21 - Schiedsfähigkeit IV, SchiedsVZ 2022, 86 Rn. 15; Urt. v. 26. Juni 2018, II ZR 205/16, NJW 2018, 3014 Rn. 15 ff.; Beschluss vom 6. April 2017, I ZB 23/16 - Schiedsfähigkeit III, SchiedsVZ 2017, 194 Rn. 22 f.; Urt. v. 6. April 2009, II ZR 255/08 - Schiedsfähigkeit II, BGHZ 180, 221 Rn. 13 ff., 20]).

Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung aller (Gründungs-) Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag verankert sein. Sie muss gewährleisten, dass jeder Gesellschafter - neben den Gesellschaftsorganen - über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt wird, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten. Weiter muss sie sicherstellen, dass sämtliche Gesellschafter an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt. Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht entsprechend den Mechanismen des § 246 Abs. 3 AktG konzentriert werden.

bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

 (1) Die Schiedsanordnung kann zulässig mit einer Verfahrensregelung verbunden werden und auf diese Weise nicht nur die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts, sondern auch die auf das schiedsrichterliche Verfahren anzuwendenden Regeln vorgeben.

 (2) Der Gesellschaftsvertrag vom 10. März 2021 verweist allgemein auf die Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. und bestimmt, dass in den genannten Streitigkeiten die schiedsrichterlichen Verfahren nach diesen Regularien zu führen sind. Obwohl die von der DIS empfohlenen ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, gültig ab dem 15. September 2009, nicht ausdrücklich erwähnt sind, sind die darin niedergelegten Verfahrensregeln nach objektivem Verständnis der Klausel miteinbezogen.

In die Satzung der Antragsgegnerin sind nicht die Musterklauseln aufgenommen worden, die im Vorwort der bei Gründung der Gesellschaft gültigen DIS-SchO 2018 empfohlen werden. Dies ist bei der Auslegung zu beachten. Während die wörtliche Übernahme einer einzigen oder bestimmter ausgewählter Musterklauseln gegebenenfalls den Schluss darauf zulassen kann, dass die von den nicht übernommenen Musterklauseln adressierten Verfahrensordnungen keine Anwendung finden sollen, rechtfertigt eine frei formulierte, allgemein gehaltene Bezugnahme auf die Verfahrensregeln der DIS, wie sie hier mit dem Zusatz „nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS)“ vorgenommen worden ist, kein enges Verständnis dahin, dass sich das Verfahren ausschließlich nach dem Hauptregelwerk richten soll. Der Wortlaut der gegenständlichen Klausel gibt zu einem solchen Verständnis keine Veranlassung, zumal er den offiziellen Titel des bei Gesellschaftsgründung gültigen Hauptregelwerks („2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung“) nicht einmal aufgreift und keinen irgendwie gearteten Anhalt für eine Beschränkung allein auf dessen Bestimmungen unter Ausschluss der in Anlagen enthaltenen Verfahrensregeln bietet. Zudem ist nach Artikel 1.3 der DIS-SchO 2018 unter anderem die Anlage 5 - Ergänzende Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (ERGeS) - Bestandteil der Schiedsgerichtsordnung.

Die für die objektive Auslegung zusätzlich heranzuziehenden Gesichtspunkte des Zusammenhangs und des Zwecks der gesellschaftsvertraglichen Regelung führen vielmehr dazu, dass auch diejenigen Verfahrensvorschriften, die für Beschlussmängelstreitigkeiten von der gewählten Schiedsinstitution vorgehalten werden, einbezogen und im Fall solcher Streitigkeiten im Schiedsverfahren zu beachten sind. Der Verweis auf die Verfahrensregeln der DIS ist eingebettet in die Umschreibung der dem institutionellen Schiedsgericht zugewiesenen Streitigkeiten, die - wie ausgeführt - aufgrund ihrer Weite objektiv erkennen lässt, dass eine möglichst umfassende schiedsrichterliche Zuständigkeit für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten erreicht werden soll. Im Hinblick darauf erschiene aus der objektiven Sicht eines verständigen Gesellschafters ein Verständnis widersinnig, nach dem von den Verfahrensregeln der Institution nur das Hauptregelwerk ohne dessen Anlage 5 mit den ergänzenden Bestimmungen für Beschlussmängelstreitigkeiten gelten soll. Vielmehr liegt es angesichts des Umfangs der Zuständigkeitszuweisung unmittelbar nahe, dass auch die für solche Streitgegenstände maßgeblichen Verfahrensregeln der Schiedsinstitution in der Bezugnahme auf deren Schiedsgerichtsordnung inbegriffen sind.

Zudem ist für jeden verständigen Gesellschafter ohne Weiteres erkennbar, dass eine Unwirksamkeit oder auch nur Teil-Unwirksamkeit der Klausel einschneidende Folgen hätte. Das aus der Schiedsklausel hervorgehende Ziel, alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsvertrag der staatlichen Gerichtsbarkeit zu entziehen und in einem von der DIS administrierten Schiedsverfahren entscheiden zu lassen, würde verfehlt. Da im Zeitpunkt der Gründung der Antragsgegnerin die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH im schiedsrichterlichen Verfahren entschieden werden können, höchstrichterlich geklärt war, und die Satzungsklausel keinen Anhaltspunkt für eine intendierte Aufspaltung der Zuständigkeit zur Streitentscheidung - teils durch das Schiedsgericht, teils durch das staatliche Gericht - enthält, kommt ein enges Verständnis, das vom Wortlaut der Klausel nicht eingefordert wird und ihrem Sinn und Zweck entgegensteht, nicht in Betracht.

Dieses Auslegungsergebnis steht nicht im Widerspruch zu Artikel 1.4 DIS-SchGO 2018 und Artikel 1.1 DIS-ERGeS. Denn nach dem dargestellten Auslegungsergebnis beinhaltet die Schiedsklausel des Gesellschaftsvertrags die erforderliche Einbeziehung des ergänzenden Regelwerks für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten. Da auf das Auslegungsergebnis abzustellen ist, trifft auch die Ansicht der Nebenintervenientin nicht zu, wonach Art. 1.4 DIS-SchO 2018 und Art. 1.1 DIS-ERGeS ohne jeden Regelungsgehalt wären, wenn die hier verwendete Formulierung als ausreichend angesehen würde, weil die ergänzenden Regelungen dann „immer (automatisch) gelten“ würden. Letzteres ist - wie sich aus dem Ausgeführten ergibt - nicht der Fall. Im Gegenteil wäre die dritte Variante des Artikels 1.1 DIS-ERGeS weitgehend ohne Regelungsgehalt, bedürfte es stets - wie von der Nebenintervenientin verlangt - der ausdrücklichen Bezugnahme auf die DIS-ERGeS in der satzungsgemäßen Schiedsanordnung oder der außerhalb der Satzung getroffenen Schiedsvereinbarung (a. M. Borris SchiedsVZ 2009, 299 [305]; Wolff SchiedsVZ 2018, 246 [250]). Dass eine ausdrückliche Erwähnung des Regelwerks in der Schiedsanordnung größere Rechtssicherheit gewährleistet, ist im vorliegenden Kontext ohne rechtlichen Belang.

Auch die in der Schiedsklausel enthaltene vorbeugende Absicherung gegen eine vollständige Nichtigkeit im Falle eines Verstoßes gegen zwingendes Recht („soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht“) kann objektiv von einem verständigen Gesellschafter nicht dahin verstanden werden, dass Beschlussmängelstreitigkeiten, die nur unter den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen dem schiedsrichterlichen Verfahren zugänglich sind, wegen der nicht ausdrücklichen Bezugnahme auf die DIS-ERGeS von der Schiedsanordnung nicht umfasst seien. Das Schweigen der Klausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten und zu den DIS-ERGeS ist nicht in diesem Sinne beredt. Vielmehr weist die Weite der Kompetenzzuweisung an das Schiedsgericht ohne ausdrückliche Herausnahme der Beschlussmängelstreitigkeiten darauf hin, dass auch diese Streitsachen vom Schiedsgericht entschieden werden und die hierfür von der DIS vorgehaltenen Verfahrensregeln Anwendung finden sollen.

Eine statutarische Schiedsklausel, die - wie hier - nach zutreffendem Verständnis die ergänzenden Verfahrensregeln der DIS für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten miteinbezieht, genügt den Voraussetzungen, die an eine auch Beschlussmängelstreitigkeiten umfassende wirksame Schiedsvereinbarung zu stellen sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 18. August 2020, 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [juris Rn. 30]).

Die Verankerung im Gesellschaftsvertrag beruht auf der Zustimmung aller (Gründungs-)Gesellschafter.

Die Bestimmungen der DIS-ERGeS treffen mit Blick auf die Notwendigkeit, neben den Organen der Gesellschaft auch jedem Gesellschafter rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG zu gewähren, besondere Verfahrensregelungen (Art. 2 bis 6 DIS-ERGeS). Weitere Regelungen sichern die Konzentrations- und Sperrwirkung ab (Art. 9 DISERGeS). Die Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter erfolgt durch die neutrale Schiedsinstitution. Soweit den Parteien die Möglichkeit der Mitwirkung bei Auswahl und Bestellung eingeräumt ist, greifen weitere Regeln zur Gewährleistung der erforderlichen Verfahrensgarantien (Art. 7, 8 DIS-ERGeS).

d) Die dem Schiedsgericht unterbreiteten Streitigkeiten unterfallen auch nach ihrem Gegenstand der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Schiedsanordnung. Anhaltspunkte dafür, dass diese Schiedsanordnung nicht durchführbar sein könnte, haben die Parteien nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich.

III.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 92 Abs. 1, § 101 Abs. 2, § 100 Abs. 1 ZPO (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2019, II ZR 94/17, juris Rn. 8, 12).

Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs beträgt der Streitwert in Angelegenheiten nach § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der Regel ein Fünftel der Hauptsache (BGH, Beschluss vom 29. März 2018, I ZB 12/17, juris Rn. 5). Dem schließt sich der Senat an.

Die Antragstellerin hat den Wert ihrer Schiedsklagen mit insgesamt 90.000,00 € angegeben (DIS-SV-2021-00550: 20.000,00 €; DIS-SV-2022-00617: 20.000,00 €; DISSV-2022-00628: 40.000,00 €; DIS-SV-2022-00690: 10.000,00 €). Ausgehend hiervon beträgt der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens 18.000,00 €.

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