BGH: Voraussetzungen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums beim Betreiben unerlaubter Einlagengeschäfte nach KWG
BGH, Urteil vom 20.3.2025 – III ZR 261/23
ECLI:DE:BGH:2025:200325UIIIZR261.23.0
Volltext: BB-Online BBL2025-962-1
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Amtlicher Leitsatz
Zu den Voraussetzungen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums beim Betreiben unerlaubter Einlagengeschäfte nach dem Kreditwesengesetz, wenn sich der Täter während eines gegen ihn wegen Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 KWG geführten Ermittlungsverfahrens zur Gestaltung eines zukünftig erlaubnisfreien Anlagemodells an einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht wendet.
BGB § 823 Abs. 2 Bf, Eh; KWG § 32 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2; StGB § 17 Satz 1
Sachverhalt
Der Kläger nimmt den Beklagten im Zusammenhang mit einer gescheiterten Kapitalanlage auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Beklagte warb - erst als Einzelkaufmann und später für die K. -L. Verwaltungs GmbH (nachfolgend nur GmbH) - von interessierten Anlegern Darlehen ein, mit deren Valuta er - von seiner vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten als Treuhänderin gehaltene - Immobilien erwarb. Mit den damit erzielten Gewinnen sollte die Rückführung der vereinnahmten Darlehen nebst versprochener Zinsen ermöglicht werden. Über eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verfügte er nicht.
Im November 2012 schloss der Kläger mit dem Beklagten - damals noch als Einzelkaufmann handelnd - einen Darlehensvertrag über 15.000 €.
Im Jahr 2013 nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Beklagten unter anderem wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz (KWG) durch das Betreiben unerlaubter Einlagengeschäfte auf. Während des Ermittlungsverfahrens beauftragte der Beklagte den Streithelfer, einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, der zugleich sein Verteidiger war, mit der Überarbeitung des bisherigen Anlagemodells. Im Zuge dessen wurde die GmbH gegründet, deren Geschäftsführer der Beklagte seit 22. Oktober 2014 war und für die er auch zuvor jedenfalls faktisch führend tätig wurde. Der Streithelfer und weitere Mitglieder seiner Kanzlei erarbeiteten ein neues Konzept der bisherigen Anlageform auf der Basis von - aufsichtsrechtlich grundsätzlich erlaubnisfreien - Nachrangdarlehen, erstellten die - später vom Beklagten verwendeten - Vertragsformulare und entwarfen ein den Anlegern auszuhändigendes Exposé, in dem das Anlagemodell einschließlich der Nachrangdarlehen sowie die damit verbundenen Risiken erläutert wurden. Diese neu erarbeiteten Geschäftsunterlagen erhielt die Staatsanwaltschaft im Folgenden zur Kenntnis. Sie waren im Jahr 2014 Gegenstand von Beschuldigtenvernehmungen. Im November 2014 leiteten die Parteien den Vertrag aus dem Jahr 2012 in ein neues - die vom Streithelfer entworfene qualifizierte Nachrangklausel enthaltendes - Darlehensverhältnis über 17.000 € mit der GmbH über. Zeitgleich schlossen der Kläger und die GmbH einen weiteren Darlehensvertrag über ebenfalls 17.000 €. Gegen den Beklagten erging wegen der unter seinem Einzelunternehmen geführten Geschäfte am 18. Juni 2015 ein Strafbefehl. Wegen weiterer Vorwürfe wurde das Verfahren eingestellt. Die mit der GmbH geschlossenen Verträge sah die zuständige Staatsanwältin als nicht erlaubnisbedürftig an. Im Dezember 2015 schloss der Kläger einen dritten Darlehensvertrag mit der GmbH über 15.000 €. Die Rückzahlung der Darlehen sollte jeweils frühestens nach fünf Jahren erfolgen.
Die GmbH ist mittlerweile insolvent. Der Kläger kündigte die Darlehen außerordentlich. Er verlangt von dem Beklagten Ersatz des der GmbH überlassenen Betrags abzüglich erhaltener Zinszahlungen. Er hält die Rangrücktrittsklauseln für unwirksam und damit wirkungslos. Die Parteien streiten darüber, ob sich der Beklagte bei seiner Geschäftstätigkeit unter Verwendung dieser Klauseln in einem schuldausschließenden unvermeidbaren Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB befand.
Das Landgericht hat der unter anderem auf Schadensersatz Zug um Zug gegen die Übertragung der Rechte aus den Darlehensverträgen sowie die Feststellung, dass diese Forderung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten beruht, gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Beklagten und des Streithelfers hat nur in Bezug auf den Feststellungsantrag Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen der Beklagte und der Streithelfer ihr Klageabweisungsbegehren, soweit ihre Berufung zurückgewiesen worden ist, weiter.
Aus den Gründen
7 Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist, und zur vollständigen Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage.
8 I. Das Berufungsgericht, das die von der GmbH mit den Anlegern geschlossenen Darlehensverträge auch in ihrer neu gestalteten Fassung als unerlaubtes Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG angesehen hat, hat den Beklagten wegen der mit dem Kläger 2014 und 2015 abgeschlossenen Darlehensverträge gemäß § 823 Abs. 2 BGB für schadensersatzpflichtig gehalten. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die qualifizierten Rangrücktritte in den Verträgen nach § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB unwirksam seien, weil - wie im Einzelnen im Berufungsurteil ausgeführt - die Voraussetzungen für den Anwendungsbereich der Nachrangabrede nicht hinreichend klar umrissen gewesen seien. Das Verschulden des Beklagten entfalle nicht deshalb, weil die Klausel von einem fachkundigen Rechtsanwalt entworfen worden sei, der die spätere Entwicklung der Rechtsprechung - insbesondere die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 2019 (IX ZR 77/19, NJW 2020, 269) - nicht sicher habe vorhersehen können. Der Beklagte habe sich unstreitig nicht selbst bei der BaFin erkundigt, ob die Geschäfte der GmbH unter Verwendung der vom Streithelfer entworfenen Klausel erlaubnispflichtig seien. Soweit er den Streithelfer damit beauftragt habe, eine Klausel zu entwerfen, deren Verwendung die Erlaubnispflicht gerade ausschließe, und ihre Wirksamkeit zu prüfen, habe er sich die Überprüfung nicht in Gestalt eines schriftlichen Gutachtens präsentieren lassen. Zudem hätten weder der Beklagte noch dessen Streithelfer den Inhalt der mündlichen Beratung so geschildert, dass die Wertung, die "intensive" Auseinandersetzung des Streithelfers mit den Rangrücktrittsklauseln sei für den Beklagten infolge der Beratung und aus dem umfangreichen Exposé ersichtlich gewesen, hinterfragt und nachvollzogen werden könne. Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte das Ergebnis sowieso nicht fachlich habe überprüfen können. Der Zweck der Begutachtung liege darin, dass der Mandant einen eigenen Eindruck davon erhalte, wie sorgfältig sich der Anwalt mit der im Raum stehenden Frage auseinandergesetzt habe. Das Exposé sei dazu nicht geeignet, weil es die Klausel nur beschreibe, sich aber naturgemäß nicht mit der Frage ihrer Wirksamkeit befasse. Die vom Beklagten vorgelegten Zeithonorarabrechnungen belegten zwar eine Befassung des Streithelfers mit der KWG-Problematik - allerdings nicht speziell mit den AGB-Fragen - sowie Mandantengespräche, könnten aber das erforderliche Vorbringen zum konkreten Inhalt der Beratung nicht ersetzen.
9 Dass die Staatsanwaltschaft - die nicht Aufsichtsbehörde sei - die Geschäfte für nicht erlaubnisbedürftig gehalten habe, führe auch für die spätere Darlehensaufnahme im November 2015 nicht zu einem unvermeidbaren Verbotsirrtum, denn der Beklagte habe sich hierauf nicht uneingeschränkt verlassen dürfen. Dem stehe mit Blick auf die jeweils geltenden Beweisgrundsätze auch nicht entgegen, dass die Staatsanwaltschaft ein später geführtes wesentlich jüngeres Ermittlungsverfahren aus dem Jahr 2021 im Hinblick auf den hier relevanten Vorwurf mit der Begründung eingestellt habe, selbst bei zivilrechtlicher Unwirksamkeit der Rangrücktrittsklauseln sei zugunsten des Beklagten ein unvermeidbarer Verbotsirrtum anzunehmen.
10 II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Erstattung des ihm im Zusammenhang mit den gewährten Nachrangdarlehen infolge der Insolvenz der GmbH entstandenen Schadens. Ein - nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allein in Betracht kommender - deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1, § 32 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG scheitert jedenfalls am mangelnden Verschulden des Beklagten.
11 1. Einlagen und anderen unbedingt rückzahlbaren Geldern des Publikums im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG ist gemein, dass der Kapitalgeber die eingezahlten Gelder bei Fälligkeit ohne zusätzliche Voraussetzung jederzeit wieder zurückfordern kann (vgl. zB BGH, Urteile vom 10. Juli 2018 - VI ZR 263/17, NJW-RR 2018, 1250 Rn. 21 und vom 26. März 2018 - 4 StR 408/17, NJW 2018, 1486 Rn. 19; jew. mwN). Hieran fehlt es, wenn zwischen dem Kapitalgeber und dem Kapitalnehmer eine sogenannte qualifizierte Nachrangabrede des Inhalts getroffen wird, dass die Forderung des Kapitalgebers außerhalb des Insolvenzverfahrens nur aus ungebundenem Vermögen und in der Insolvenz nur im Rang nach den Forderungen sämtlicher normaler Insolvenzgläubiger befriedigt werden kann. Eine solche Abrede steht der Annahme einer Einlage oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums und damit eines Einlagengeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG entgegen (BGH jeweils aaO sowie Urteil vom 16. Mai 2017 - VI ZR 266/16, NJW 2017, 2463 Rn. 14). Voraussetzung ist allerdings, dass die qualifizierte Nachrangabrede wirksam ist (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 aaO Rn. 22). Ist die Klausel zum Beispiel intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BGB, bleibt es bei dem ohne einen solchen qualifizierten Rangrücktritt bestehenden unbedingten Auszahlungsanspruch und damit der Erlaubnispflicht nach § 32 KWG. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine solche Klausel nur dann hinreichend transparent, wenn aus ihr die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre und deren Dauer sowie deren Erstreckung auf die Zinsen klar und unmissverständlich hervorgehen. Dies erfordert, dass die Voraussetzungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre hinreichend deutlich erläutert werden, insbesondere die Klausel klarstellt, inwieweit die Ansprüche aus dem Darlehen bereits dann nicht mehr durchsetzbar sind, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Leistungsverlangens bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder dies zu werden droht (BGH, Urteile vom 12. Dezember 2019 - IX ZR 77/19, NZI 2020, 269 Rn. 25 und vom 6. Dezember 2018 - IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280 Rn. 36).
12 2. Ob das Berufungsgericht das vom Streithelfer für das Anlagemodell des Beklagten entworfene Klauselwerk vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung zu Recht als nicht hinreichend transparent angesehen hat, kann der Senat offenlassen. Selbst wenn die den Rangrücktritt beinhaltenden Klauseln unwirksam sein sollten, könnte dem Beklagten eine schuldhafte Verwirklichung des Straftatbestands gemäß § 54 Abs. 1 und 2 KWG und damit des maßgeblichen Schutzgesetzes nicht vorgeworfen werden. Eine zivilrechtliche Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB scheidet in einem solchen Fall aus (vgl. zB BGH, Urteile vom 10. Juli 2018 aaO Rn. 24 und vom 27. Juni 2017 - VI ZR 424/16, NJW-RR 2017, 1004 Rn. 10).
13 a) Hält der Täter des § 54 KWG seine Geschäfte für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig, so stellt dies nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aus strafrechtlicher Sicht einen Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB dar (BGH, Urteile vom 10. Juli 2018 und vom 27. Juni 2017; jew. aaO und m.zahlr.w.N.). Mangels Unrechtsbewusstseins im Sinne von § 17 StGB unterliegt der Täter einem Verbotsirrtum auch dann, wenn er bei der Begehung der Tat die Möglichkeit, Unrecht zu tun, zwar nicht ausschließen kann, sie aber nicht billigend in Kauf nimmt (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 aaO; vgl. auch Urteil vom 16. Mai 2017 aaO Rn. 25; jew.mwN). Ist ein Verbotsirrtum unvermeidbar, führt er gemäß § 17 Satz 1 StGB zur Schuldlosigkeit (BGH, Urteile vom 10. Juli 2018 aaO und vom 15. Mai 2012 - VI ZR 166/11, NJW 2012, 3177 Rn. 23; vgl. auch Urteil vom 27. Juni 2017 aaO Rn. 17).
14 Ein Verbotsirrtum ist im Sinne von § 17 Satz 1 StGB unvermeidbar, wenn der Täter trotz der ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige nicht zu gewinnen vermochte. Im Zweifel trifft ihn eine Erkundigungspflicht, wobei Auskunftsperson und erteilte Auskunft verlässlich sein müssen (BGH, Urteile vom 10. Juli 2018 aaO Rn. 28 und vom 16. Mai 2017 aaO Rn. 29; jew. mwN).
15 Eine Auskunft ist verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist. Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet. Allerdings darf der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und die Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen, wobei die jeweiligen Einzelfallumstände - etwa die Persönlichkeit und die berufliche Stellung des Täters - zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 aaO). Wendet er sich an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt, hat er damit zwar vielfach das zunächst Gebotene getan. Es ist jedoch weiter erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn die Unerlaubtheit des Tuns für ihn auch bei nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar ist oder er nicht mehr als die Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein. Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts nicht etwa allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist. Eher zur Absicherung als zur wirklich ergebnisoffenen Klärung bestellte "Gefälligkeitsgutachten" scheiden als Grundlage unvermeidbarer Verbotsirrtümer aus. Auskünfte, die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind oder nach dem Willen des Anfragenden lediglich eine "Feigenblattfunktion" erfüllen sollen, können den Täter ebenfalls nicht entlasten. Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 aaO Rn. 30; Urteile vom 21. Dezember 2016 - 1 StR 253/16, NJW 2017, 1487 Rn. 59 und vom 4. April 2013 - 3 StR 521/12, NStZ 2013, 461).
16 Welche Anforderungen im Einzelnen zur Klärung der Erlaubnispflicht zu stellen sind und wie eine etwaige Rechtsauskunft oder -beratung ausgestaltet sein muss, damit der Täter sich darauf verlassen kann, ist einer generalisierenden Betrachtung nicht zugänglich, sondern von der konkret zu beurteilenden Fallgestaltung abhängig. Dies gilt auch und gerade für die Frage, inwieweit eine Verschriftlichung des Arbeitsergebnisses eines Rechtsanwalts zur Ermöglichung einer weitergehenden Kontrolle beziehungsweise zur Prüfung der Plausibilität des erteilten Rats erforderlich ist.
17 b) Dies zugrunde gelegt, war auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nach den hier maßgeblichen Einzelfallumständen der Irrtum des Beklagten über die (fehlende) Erlaubnispflicht der Geschäfte auf der Grundlage der Darlehensverträge zwischen dem Kläger und der GmbH unvermeidbar. Er nahm deswegen nicht billigend in Kauf, dass die von der GmbH aufgenommene Geschäftstätigkeit rechtswidrig sein könne.
18 aa) Mit der Beauftragung eines Fachanwalts für Finanz- und Kapitalmarktrecht und damit eines auf diese Gebiete spezialisierten, kompetenten Rechtsanwalts mit einer neuen (erlaubnisfreien) Vertragsgestaltung, hatte der Beklagte zunächst einmal das Gebotene getan, um sicherzustellen, dass das Anlagemodell in Zukunft nicht mehr unter die Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz fallen würde (zu einer ähnlichen Konstellation vgl. Senat, Beschluss vom 24. November 2010 - III ZR 260/09, juris Rn. 11). Er durfte insoweit grundsätzlich darauf vertrauen, dass er auf der Grundlage der vom Streithelfer entworfenen - qualifizierte Nachrangklauseln enthaltenden - Verträge und sonstigen Unterlagen eine erlaubnisfreie Tätigkeit ausüben würde. Das dem Streithelfer erteilte Mandat, eine Klausel zu entwerfen, deren Verwendung die Erlaubnispflicht ausschloss, erfasste nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt auch die Überprüfung ihrer Wirksamkeit. Dass die Ausarbeitungen mit der nötigen Gründlichkeit und unter Berücksichtigung der geltenden Rechtslage erfolgt waren, lag für den Beklagten wegen des abgerechneten erheblichen Zeitaufwands nahe, wonach allein die Begutachtung der bisherigen Vereinbarungen nach dem Kreditwesengesetz und der Möglichkeit eines qualifizierten Rangrücktritts nebst Literaturrecherche fast 22 Stunden umfasste. Dass dort eine Prüfung der Wirksamkeit der Klausel nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht eigens erwähnt war, ist unschädlich. Im Übrigen war der Streithelfer - bereits durch seine Einbeziehung in das Ermittlungsverfahren und die dort gewonnenen Erkenntnisse - über den zu prüfenden Sachverhalt und die sich diesbezüglich stellenden Rechtsprobleme informiert. Für die Annahme, er könne dem Beklagten lediglich eine - der vordergründigen Absicherung dienende - Gefälligkeit erwiesen haben, bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.
19 Zweifel an der Verlässlichkeit und Richtigkeit der von ihm in Anspruch genommenen Rechtsberatung musste der Kläger nicht haben.
20 (1) Sowohl der Beklagte als auch der Streithelfer wussten um die Unerlaubtheit des von dem Einzelunternehmen vertriebenen Anlagemodells, dessentwegen die Staatsanwaltschaft ermittelte. Gegenstand des an den Streithelfer noch während des laufenden Ermittlungsverfahrens gerichteten Auftrags war daher, für eine - als solche mögliche - erlaubnisfreie und wirksame Vertragsgestaltung zu sorgen, um dem Beklagten durch die Umgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen eine grundsätzliche Fortführung seiner bisherigen Tätigkeit zu ermöglichen und eine weitere Strafverfolgung zu vermeiden. Dieser Auftrag war nicht nur auf eine punktuelle Auskunft, sondern auf eine umfassende Beleuchtung der für die Frage der Erlaubnispflicht maßgeblichen Rechtslage bezogen. Sowohl dem Beklagten als auch dem in das Ermittlungsverfahren eingebundenen Streithelfer musste dabei klar sein, dass die Staatsanwaltschaft die Geschäftstätigkeit der GmbH - insbesondere während des laufenden Ermittlungsverfahrens - fortlaufend kritisch in den Blick nehmen würde, wie dies im weiteren Verlauf auch geschehen ist. Schon dies unterscheidet die vorliegende Fallgestaltung von Situationen, in denen lediglich um eine - mehr oder minder fundierte - rechtliche Auskunft nachgesucht wird, die von dem Wunsch getragen wird, die Rechtmäßigkeit eines bestehenden Zustands zu bestätigen.
21 (2) Es liegt vor diesem Hintergrund fern, dass der Beklagte vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertraut haben könnte und bei nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen die Unerlaubtheit auch der neuen Vertragsgestaltung hätte erkennen beziehungsweise nicht mehr als eine Hoffnung hätte hegen können, sich fortan nicht strafbar zu machen. Im Gegenteil durfte er sich durch den Verlauf des Ermittlungsverfahrens in seiner Auffassung bestärkt sehen, sein Anlagemodell mit Blick auf die in die Verträge aufgenommenen qualifizierten Rangrücktrittsklauseln in Zukunft erlaubnisfrei betreiben zu dürfen. Die zuständige Staatsanwältin hat in Kenntnis der neuen Vertragsunterlagen die Strafverfolgung des Beklagten wegen Verstoßes gegen § 54 KWG nicht weiter ausgedehnt, sondern vielmehr die von der GmbH geschlossenen Verträge nach eigener Prüfung - wie in der Einstellungsverfügung dargelegt - als nicht erlaubnispflichtig angesehen. Abgesehen davon, dass es keinen Hinweis darauf gibt, der - rechtlich nicht vorgebildete - Beklagte könnte ein die Bedenken des Berufungsgerichts an der Wirksamkeit des Klauselwerks umfassendes Problembewusstsein gehabt haben, musste er nicht hinterfragen, ob die zuständige Staatsanwältin die Wirksamkeit der Klauseln - namentlich ihre ausreichende Transparenz - geprüft oder sich mit der BaFin abgestimmt hatte.
22 Einer weitergehenden Plausibilitätskontrolle der rechtlichen Richtigkeit der Ausarbeitung des Streithelfers, wie sie die Revisionserwiderung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 20. September 2011 - II ZR 234/09, NZG 2011, 1271 Rn. 22, 25) fordert, oder gar eines schriftlichen Gutachtens bedurfte es in einer Situation wie der vorliegenden nicht. Der vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedene Sachverhalt betraf eine besondere gesellschaftsrechtliche Konstellation, bei der bereits die zunächst geplante Umsetzung einer von den dort unter anderem beklagten Vorstandsmitgliedern beabsichtigten Kapitalerhöhung von fachlich qualifizierter Seite in Zweifel gezogen worden war. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof die Würdigung der Vorinstanz nicht beanstandet, an die Plausibilitätsprüfung seien erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. BGH aaO Rn. 24). Hier gab es solche Zweifel nicht. Im Gegenteil hatte sich die Staatsanwaltschaft als objektive Behörde mit der maßgeblichen Rechtsfrage befasst und gegen die neue Konzeption nichts zu erinnern gefunden. Anlass, die zugrunde liegende Rechtslage zu überprüfen, hatte der Beklagte als rechtlicher Laie mithin nicht. Dass es bei der Ausarbeitung eines Gestaltungskonzepts durch einen Rechtsanwalt - vom Einzelfall losgelöst - stets einer detaillierten Darlegung des Beratungsgesprächs oder der Vorlage eines ergänzenden schriftlichen Gutachtens bedürfte, ist auch dem Urteil des II. Zivilsenats (aaO) nicht zu entnehmen. Dies würde in dieser Allgemeinheit zudem die an den Mandanten zu stellenden Anforderungen überspannen.
23 bb) Unschädlich ist, dass der Beklagte jedenfalls in Bezug auf die ersten beiden zwischen der GmbH und dem Kläger im Herbst 2014 geschlossen Darlehensverträge nicht abgewartet hat, bis das Ermittlungsverfahren im Juni 2015 von der Staatsanwaltschaft beendet wurde. Dieses Vorgehen kam - ungeachtet der Frage, ob man es denn mit Blick auf die Hinzuziehung des Streithelfers als einem in der Sache kompetenten Rechtsanwalt überhaupt als Versäumnis ansehen kann - in Bezug auf den Verbotsirrtum nicht zum Tragen.
24 Selbst für den Fall einer gänzlich unterlassenen Erkundigung des einem Verbotsirrtum unterliegenden Täters scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem betreffenden Strafgesetz infolge eines unvermeidbaren Verbotsirrtums im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 StGB auch dann aus, wenn eine ausreichende Erkundigung die Fehlvorstellung des Täters bestätigt hätte (vgl. BGH, Urteile 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 65; vom 10. Juli 2018 aaO Rn. 31 und vom 27. Juni 2017 aaO Rn. 16). Dies muss erst recht gelten, wenn der Täter - wie hier - bereits einen auf eine erlaubte Vertragsgestaltung gerichteten Rechtsrat eingeholt hat, dessen Ergebnis einer mit der Angelegenheit ebenfalls befassten Behörde - wie hier der zur Strafverfolgung von Verstößen gegen § 54 KWG berufenen Staatsanwaltschaft - vorliegt, die sich dem anschließt.
25 cc) Schließlich kann dem Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er sich nicht an die BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde gewandt oder den Streithelfer dazu veranlasst hat, dies für ihn zu tun. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 10. Juli 2018 aaO Rn. 28; vom 27. Juni 2017 aaO Rn. 17 und vom 15. Mai 2012 aaO) ist die Einbeziehung der Aufsichtsbehörde für die Annahme der Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums zwar ein mögliches, aber nicht das einzige Mittel der Wahl. Die Einschaltung der BaFin hätte dem Beklagten zwar eine zusätzliche Sicherheit geben können, geboten war dies vor dem geschilderten Hintergrund, insbesondere wegen der Prüfung durch die Staatsanwaltschaft, jedoch nicht.
26 III. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 ZPO). Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil diese aufgrund des festgestellten Sachverhalts zur Endentscheidung reif ist, keine weiteren entscheidungserheblichen Feststellungen erforderlich sind und eine weitere Verhandlung in der Tatsacheninstanz nicht mehr geboten ist (vgl. zB Senat, Urteil vom 15. Dezember 2022 - III ZR 192/21, BGHZ 236, 10 Rn. 90).