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Wirtschaftsrecht
15.09.2016
Wirtschaftsrecht
LG Frankfurt a. M.: Voraussetzungen der gerichtlichen Auskunftserzwingung

LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 16.2.2016 – 3-05 O 132/15

Volltext des Beschlusses://BB-ONLINE BBL2016-2260-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze (Der Redaktion)

1. Es fällt nicht unter den Regelungsbereich des § 131 Abs. 4 AktG, wenn ein Aktionär durch Mitglieder des Aufsichtsrats Informationen erlangt.

2. Im Rahmen eines Auskunftserzwingungsverfahrens nach §§ 131 Abs. 4, 132 AktG wird seitens des Aktionärs ein gesteigertes Maß an Konkretheit sowohl hinsichtlich des Kontextes der Informationserteilung als auch des Informationsinhalts gefordert. Bei weit gefasstem Antrag ist ein vollstreckungsfähiger Ausspruch hinsichtlich einer ggf. geschuldeten Auskunft nicht möglich.

§ 131 Abs. 4 AktG

Sachverhalt

I. Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin. Auch die M AG ist mit ca. 10 % Aktionär der Antragsgegnerin.

Im in den Jahren 2012 bis 2015 fanden sechs Aufsichtsratssitzungen nämlich am 26.6.2012, 14.3.2013, 20.6.2013, 29.4.2014, 11.11.2014 und 19.5.2015 statt, bei den Herr B für die M (ggf. teilweise) teilgenommen hat.

Am 2.7.2015 fand die ordentliche Hauptversammlung der Antragsgegnerin statt. Gegenstand der Tagesordnung war unter anderem die Entlastung des Vorstandes und Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2014. Der Antragsteller, vertreten durch ihren Vorstand Herr Dr. W nahm an dieser Hauptversammlung teil und stellte Fragen an die Verwaltung. Über diese Hauptversammlung erstellte der Notar B zu seiner UR.-Nr. 292/15 ein notarielles Protokoll. Hierin sind folgende Feststellungen enthalten:

„Die gVver treten durch Herrn Rechtsanwalt Dr W, verwies auf die Teilnahme von Herrn Dr. B, ehemals Vorstand der M AG, an Aufsichtsratssitzungen der A AG und bat um Auskunft nach § 131 Abs. 4 Satz 1 AktG. Der Aufsichtsratsvorsitzende, Herr L, erläuterte, dass Herr Bi als designierter Aufsichtsrat an insgesamt 6 Aufsichtsratssitzungen teilgenommen habe, hierbei teilweise später gekommen und/oder früher gegangen sei. Herr L verlas den Bericht des Vorstands aus der Sitzung vom 19.05.2015, der letzten Aufsichtsratssitzung, an der Herr B teilgenommen habe. Herr L erläuterte weiter, dass in den Aufsichtsratssitzungen Herr B primär Auskünfte über die Projekte der M gegeben habe und über allgemeine energiepolitische Fragen diskutiert worden sei. Herr L teilte weiter mit, dass Herrn B in den Aufsichtsratssitzungen keine internen Informationen gegeben worden seien, die nicht in den Geschäftsberichten bereits enthalten seien und mit Herrn B keine informellen Absprachen getroffen worden seien. Die Vorstände Dr. X und Herr H bestätigten dies. Auf weitere Bitte von Herrn Dr. W verlas der Aufsichtsratsvorsitzende die Berichte des Vorstands aus den Aufsichtsratssitzungen vom 26.06.2012, 14.03. und 20.062013 sowie 29.04. und 11.11.2014. Herr Dr. W kündigte eine schriftliche Monierung der gegebenen Antworten an.

Herr Rechtsanwalt Dr. W fragte des Weiteren bei welchen Projekten es Tötungsgenehmigungen nach dem Bundesnaturschutzgesetz gäbe. Herr Dr. X erläuterte, dass der Begriff Tötungsgenehmigung vom Bundesnaturschutzgesetz nicht verwandt werde. Frau U erläuterte sodann im Auftrag des Vorstands, dass bei allen Projekten über mindestens ein Jahr nach vorgegebenen Kriterien alle Tiere im Umfeld der geplanten Windkraftanlagen erfasst würden im Hinblick auf Zug-, Brut- und Rastgeschehen. Dabei würden regelmäßig sehr viele Tierarten aufgenommen. Als besonders windkraftsensible Arten würden derzeit Uhu, Rotmilan und Schwarzstorch sowie einige Fledermausarten gelten. Für die Erfassung und Bewertung dieser Artvorkommen würden erhöhte Anforderungen und Schutzbestimmungen gelten. Die Ergebnisse würden in umfangreichen Artenschutzberichten dargelegt und bewertet. Darauf basierend würden die Fachbehörden entscheiden, ob die Anlagen aus Sicht des Artenschutzes genehmigungsfähig seien oder nicht bzw. welche Auflagen ggf. erforderlich seien. Herr Dr. W kündigte eine schriftliche Monierung der gegebenen Antworten an...“

Herr Dr. W rügte später zu Protokoll, dass Auskünfte (wie in unten aufgeführten Anträgen) nicht gegeben worden seieng

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das in Ablichtung zur Akte gereichte notarielle Protokoll (Anlage K2 Bl. 15 ff d. A.) Bezug genommen.

Der Antragsteller macht geltend, ihm seien Fragen auf der Hauptversammlung nicht (hinreichend) beantwortet worden. Die Beantwortung der Fragen sei erforderlich, um über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat sachgerecht entscheiden zu können. Im Übrigen bestehe der Nachinformationsanspruch nach § 131 Abs. 4. S. 1 AktG, da einem anderen Aktionär, der M AG, durch die Teilnahme eines deren Vertreters an Aufsichtsratssitzungen Informationen erhalten habe, die die anderen Aktionäre der Antragsgegnerin nicht erhalten hätten. Im Übrigen kenne das Aktienrecht eine Teilnahmebefugnis Dritter für ganze Aufsichtsratssitzungen nicht. Die Antragsgegnerin habe in der Hauptversammlung auch durch ihren Vorstand mitgeteilt, dass der Hintergrund der Teilnahme sei, dass die M Mitaktionärin sei und nach einer Aktionärsvereinbarung einen Sitz im Aufsichtsrat bekommen solle. Auch die Frage zum BNatSchG sei nicht hinreichend beantwortet worden, da es nach dem Inhalt der Frage um jede einzelne Anlage gegangen sei. Durch die gegebene Antwort hätten die Teilnehmer der Hauptversammlung nicht erkennen können, ob der Genehmigungstand den örtlichen Gegebenheiten entspreche. Angesichts der damit verbundenen rechtlichen Risiken sowie Reputationsrisiken, könnten daher die Organe nicht entlastet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf da schriftsätzliche Vorbringen des Antragstellers in der Antragschrift vom 15.7.2012 (Bl. 2 ff d. A.) sowie auf den ergänzenden Schriftsatz vom 11.1.2016 (B 87 ff d. A.) Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt der Antragsgegnerin aufzugeben,

folgende Auskünfte zu erteilen: Wie mir von anderen Aktionären berichtet wurde, die unlängst die Hauptversammlung von Mainova besuchten, erläuterte der Vorstandsvorsitzende von Mainova, Herr Dr. A, dass M ein Gastrecht im Aufsichtsrat von A habe und an diversen Aufsichtsratstreffen teilgenommen habe.

Meine Damen und Herren, ein solches Gastrecht für Großaktionäre kennt das geltende deutsche Aktienrecht nicht. Das muss Konsequenzen haben. Eine sehr naheliegende Konsequenz ist, dass jeder Aktionär nun gemäß § 131 Abs. 4 AktG verlangen kann, dass uns jetzt und hier sämtliche Informationen gegeben werden, die M als Gast der A Aufsichtsratstreffen erhalten hat. Das tue ich hiermit.

Um welche Termine geht es? Bitte verlesen Sie nicht nur einzelne Protokolle bzw. Protokollauszüge. Bitte teilen Sie uns auch für jede Sitzung mit, was informell besprochen wurde. Bitte legen Sie auch die Tischvorlagen vor bzw. verlesen Sie sie;

„Bei welchen Projekten gibt es „Tötungsgenehmigungen „ nach dem Bundesnaturschutzgesetz für welche Tiere?“

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Herr Dr. B habe zwar an den streitgegenständlichen Aufsichtsratssitzungen nicht jeweils vollumfänglich teilgenommen; diese Teilnahme sei nicht in der Eigenschaft als Organ eines Aktionärs der Antragsgegnerin erfolgt, sondern als Organ eines wichtigen Geschäftspartners der Antragsgegnerin. Es gebe vielfache strategische und geschäftliche Verbindungen zwischen der Antragsgegnerin und der Mainova. Herr Dr. B habe in den Aufsichtsratssitzungen Auskünfte über Strategien der M gegeben und mit den anwesenden Organmitgliedern allgemeine energiepolitische Fragen und der Auswirkungen auf das gemeinsame unternehmerische Engagement diskutiert.

Im Übrigen sei die Frage in der Hauptversammlung hinreichend beantwortet worden. Die Frage nach den „Tötungsgenehmigungen“ sei ebenfalls ausreichend beantwortet worden. Abgesehen dass es diese nicht gebe, d.h. die Fragestellung ins Leere laufe, habe die Antragsgegnerin in der Hauptversammlung ausreichend den Genehmigungsprozess zum Bau und Betrieb einer Windkraftanlage unter besonderer Berücksichtigung der Tierschutzbelange erläutert. Im Übrigen sei nicht erkennbar, für welchen Tagesordnungspunkt dieses Auskunftsverlangen relevant seig

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Antragsgegnerin wird auf den Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 4.8.2015 (Bl. 46 ff d. A.) und 2.2.2016 Bezug genommeng

Aus den Gründen

II. Der Antrag ist zunächst zulässig.

Der Antragsteller ist antragsberechtigt und hat die gesetzliche Frist gewahrt.

Der Antragsteller hat auch die streitgegenständlichen Frage in der Hauptversammlung gestellt, so das sich seine Antragsbefugnis nach § 132 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. AktG ergibt.

Der Antrag ist jedoch in vollem Umfang unbegründet.

Der Auskunftsantrag, der auf den Nacherfüllungsanspruch nach § 131 Abs. 4 AktG gestützt ist, weil Herr Dr. B als damaliges Vorstandsmitglied der Aktionärin M durch seine Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen Informationen erlangt habe, auf die auch die anderen Aktionäre der Antragsgegner nach dieser Bestimmungen ebenfalls Anspruch hätten, ist schon deswegen unbegründet, weil auch bei § 131 Abs. 4 AktG die Auskunftserteilung eine Geschäftsführungsmaßnahme ist, die dem Vorstand obliegt. Erlangt daher ein Aktionär Informationen, außerhalb einer Informationserteilung durch den Vorstand, fällt dies nicht unter den Regelungsbereich des § 131 Abs. 4 AktG. Dies gilt auch für Informationen die ein Aktionär durch Mitglieder des Aufsichtsrats erhält (hM vgl. Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. § 131 Rn 96, (Decher in GroßKomm AktG/ Rn 341; Reger in Bürgers/Körb er, AktG, 3. Aufl. § 131 Rn 28; Hüffer/Koch, AktG11. Aufl., § 131 Rn. 40 Kubis in MünchKomm AktG, 3. Aufl. § 131 Rn 143 mwN; differenziert Heidel in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage, § 131 Rn. 80). Ob Herrn Dr. B zur Recht die Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen gewährt wurde, ist hierbei unerheblich. Dies hat ggf. alleine Bedeutung für die Frage der Entlastung der Organe. Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Vorstand ggf. auf diesen Aufsichtsrats sitzungen dem Aufsichtsrat Informationen erteilt habe, die Herr B ebenfalls erhalten habe. Hier hätte schon über den pauschalen Vortrag der Teilnahme hinaus dargelegt werden müssen, an welchen dieser sechs Aufsichtsratssitzungen der Vorstand teilegenommen und zu welchen Punkten von diesem Informationen - ggf. in Anwesenheit von Herrn Dr. B - erteilt worden sein sollen (vgl. Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Aufl. Kap. G Rn 89 mwN). Jedenfalls hinsichtlich der Inhalte, die sich unstreitig aus den in der Hauptversammlung unstreitig verlesenen (Teilen der) Berichte über die streitgegenständlichen Aufsichtsratssitzungen ergaben, hätte der Antragsteller präzisieren müssen, welche Informationen er erlangen will. Bei seiner weiten Fassung des nun auch gerichtlich anhängigen Auskunftsbegehrens, ist es nicht möglich einen vollstreckungsfähigen Ausspruch hinsichtlich einer ggf. geschuldeten Auskunft zu fassen, selbst wenn man berücksichtigt, dass im Verfahren nach § 132 AktG das Gericht in diesem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit abweichend vom Antrag einen entsprechenden Ausspruch treffen kann.

Auch hinsichtlich der weiter streitgegenständlichen Fragen zu den „Tötungsgenehmigungen“ nach dem BNatSchG ist der Antrag unbegründet.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist. Durch die Gewährung des Auskunftsrechtes soll der Aktionär in die Lage versetzt werden, die Gegenstände der Tagesordnung beurteilen zu können und von seinem Stimmrecht sowie den sonstigen Mitgliedschaftsrechten einen sinnvollen Gebrauch zu machen. Dazu sind ihm diejenigen konkreten Informationen zu erteilen, die er zur sachgerechten Ausübung seines Rechtes auf Teilnahme an der Hauptversammlung benötigt. Zugleich soll das Auskunftsrecht auch zur Meinungs- und Urteilsbildung anderer Aktionäre, insbesondere der Minderheitsaktionäre beitragen. Nach seiner Zweckbestimmung ist das Auskunftsrecht auf solche Auskünfte beschränkt, die zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstandes der Tagesordnung der Hauptversammlung erforderlich sind. Das zulässige Merkmal der Erforderlichkeit der Auskunft in § 131 Absatz 1 AktG zielt - auch unter Geltung der Aktionärsrichtlinie EU R 2007, 36 - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 5.11.2013 - II ZB 28/12 - NZG 2014, 27 mwN) darauf ab, missbräuchlich ausufernde Auskunftsbegehren zu verhindern, um die Hauptversammlung nicht mit überflüssigen, für eine sachgemäße Beurteilung des Beschluss- oder sonstigen Gegenstands der Tagesordnung unerheblichen Fragen zu belasten.. Entsprechend der Funktion des Auskunftsrechts, das auch zur Meinungs- und Urteilsbildung anderer Aktionäre in der Hauptversammlung beitragen soll, ist Maßstab für die „Erforderlichkeit“ eines Auskunftsverlangens der Standpunkt eines objektiv urteilenden Aktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur auf Grund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher die begehrte Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurteilungselement. Durch dieses Kriterium wird das Informationsrecht gem. § 131 AktG in qualitativer und quantitativer Hinsicht sowie hinsichtlich seines Detaillierungsgrads begrenzt. Wesentlich ist, wenn der (objektiv urteilende) Aktionär ohne die vorherige ordnungsgemäße Erteilung der (erfragten) Information sich eine sachgerechte Meinung zur Beschlussvorlage nicht hätte bilden können (vgl. OLG Frankfurt NZG 2013, 23 mwN).

Für die Frage der Beantwortungstiefe ist entscheidend, dass die mündlich zu stellenden Fragen in der Hauptversammlung von der Verwaltung ebenfalls regelmäßig mündlich zu beantworten sind, d.h. die Antworten müssen sich notwendigerweise in Umfang und Form so gegeben werden, dass der durchschnittliche Aktionär ihnen inhaltlich folgen kann, um sie bei seiner Entscheidungsfindung bei der Abstimmung zu den Beschlussfassungen zugrunde legen zu können, d.h. wenn die erfragten Umstände der Hauptversammlung im Großen und Ganzen durch die Antworten bekannt gemacht werden und die Aktionäre dem Grunde nach die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Geschäftsvorfalls für ihr Unternehmen erkennen können.

Sind die Fragen bedeutsam für die Entlastungsentscheidung für Vorstand und Aufsichtsrat müssen sie sich grundsätzlich auf den Zeitraum beziehen, für den Entlastung erteilt werden soll.

Die Funktion der Entlastung besteht nach § 120 Abs. 2 AktG in der Billigung der Verwaltung der Gesellschaft durch die Mitglieder der Gesellschaftsorgane des Vorstandes und des Aufsichtsrates, enthält jedoch keinen Verzicht auf Ersatzansprüche und gilt typischerweise auch als Vertrauenskundgabe für die künftige Verwaltung. Durch die gesetzliche Vorgabe des § 120 Abs. 3 AktG über die Verbindung der Verhandlungen über die Entlastung und die Verwendung des Bilanzgewinnes sowie die Verpflichtung zur Vorlage von Jahresabschluss, Lagebericht und Bericht des Aufsichtsrates wird zugleich der Rahmen aufgezeigt, in dem die Aktionäre mit der Entscheidung über die Entlastung eine Gesamtwürdigung vornehmen sollen (OLG Frankfurt AG 1994, 39 [OLG Frankfurt am Main 04.08.1993 - 20 W 295/90]; Beschluss vom 13.10.2006 - 20 W 54/05). Dies führt grundsätzlich dazu, dass hier ein Auskunftsrecht nur besteht, wenn die Fragen auf das Geschäftsjahr gerichtet sind, für das die Entlastung erteilt werden soll (vgl. Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 53; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 190; Kersting in Kölner Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 206), wobei hinsichtlich von Fragen zu Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auch zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. vgl. BGH NZG 2013, 783 [BGH 14.05.2013 - II ZR 196/12]; NJW 2012, 3245 [OLG Saarbrücken 24.04.2012 - 4 U 131/11 - 40]; NZG 2012, 347) eine Versagung der Entlastung nur bei schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzes- oder Satzungsverstößen der Organe in Betracht kommt.

Unter diesen Prämissen hält die Kammer die streitgegenständliche Frage durch die sich aus dem Hauptversammlungsprotokoll ergebende Antworte, nach den dargestellten Grundsätzen für hinreichend beantwortet, weitre Auskünfte waren nicht erforderlich.

Nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers bezog sich die Frage auf alle von der Antragsgegnerin errichteten (und ggf. betriebenen) Anlagen. Angesichts der oben dargelegten Beschränkungen wäre jedoch nur eine Frage hinsichtlich der im Entlastungszeitraum errichten und u. U. genehmigten Anlagen in Betracht gekommen. Angesichts der weiten Frage und dem Umstand, dass § 45 Abs. 7 BNatSchG den Begriff der „Tötungsgenehmigung“ nicht enthält, sondern die zuständigen Behörden danach ermächtigt werden unter den dort genannten Voraussetzungen Ausnahmen von den Verboten (allerdings auch dem Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1) des § 44 BNatSchG zuzulassen, ist die Darstellung des Genehmigungsverfahrens, wie sie sich aus dem notariellen Protokoll ergibt ausreichend für einen verständigen Aktionärs, auch um sich über ein Risikoüberwachungssystem des § 91 Abs. 2 AktG bewusst zu werden, da er hinreichend abschätzen kann, welche Risiken das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin beinhaltet und welche Maßnahmen der Vorstand hier treffen kann. Fragen über Einzelmaßnahmen zur Risikovorsorge sind nur zu beantworten, wenn in Frage stehende Risiken nach Art und Höhe für Beurteilung der Verwaltungsleistung obj. Bedeutung haben (vgl. Koch in Hüffer, AktG, 11. Aufl. § 131 Rn 11a), wozu aber jegliche Darlegung der Antragstellerin fehlt.

Wäre es dem Kläger darum gegangen, zu konkreten im Entlastungszeitraum errichten und/oder genehmigten Anlagen Einzelheiten zu den dort erteilten Genehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG um damit Anhaltspunkte zur konkreten Risikoabschätzungen zu erhalten, hätte er nachfragen müssen.

Zudem enthalten auch hier die Frage und der Antrag im gerichtlichen Verfahren keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, wenn Auskunft über „Tötungsgenehmigungen“ erteilt werden soll, die es nach dem BNatSchG nicht ergibt. Selbst wenn man für statthaft hielte, dass die Kammer abweichend vom Antrag einen entsprechenden Ausspruch über das Vorliegen von Genehmigungen nach § 44 Abs. 7 BNatSchG träfe, könnte sich dies nach den oben dargelegten Grundsätzen nur auf den Entlastungszeitraum beziehen, worum es dem Antragsteller jedoch nach seinem eigenen Vorbringen nicht geht und auch nicht dargelegt wird, um welche konkrete Anlage es sich handelt, so dass auch hier ein vollstreckungsfähiger Inhalt einer Auskunftsverpflichtung nicht möglich wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 132 Abs. 5 AktG. Es entsprach in Anbetracht ihres Unterliegens der Billigkeit dem Antragsteller die Gerichtskosten aufzuerlegen. Von einer Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 FamFG abzusehen.

Die Festsetzung des Geschäftswertes hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 79 Abs. 1, 36 Abs. 3 GNotKG, wobei für jeden der beiden Informationserzwingungsanträge der Regelwert von EUR 5000,- anzusetzen istg

Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da die Anträge schon an ihrer mangelnden Eignung für einen vollstreckungsfähigen Inhalt eines gerichtlich festzustellenden Auskunftsbegehrens scheitern, so dass es jedenfalls für die die Frage des erweiterten Auskunftsrechts nach § 131 ab. 4 AktG dahingestellt bleiben kann, ob es sich um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung handelt und die - soweit erkennbar - noch nicht in dieser Art und Weise Gegenstand von obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Entscheidungen waren. Die Frage nach „Tötungsgenehmigungen“ betrifft eine rein tatschliche Fragen, so dass schon deswegen eine Zulassung der Beschwerde nicht in Betracht kommt.

 

 

 

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