LG Frankfurt a. M.: Voraussetzungen der gerichtlichen Anordnung einer Sonderprüfung
LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 23.2.2016 – 3-16 O 2/15
Volltext: BB-Online BBL2016-835-3
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Amtliche Leitsätze
1. Bei einem Antrag nach § 142 Abs. 2 AktG kann das Gericht nicht von dem vorgeschlagenen Sonderprüfer abweichen und einen anderen bestellen. Auch die Person des konkreten Sonderprüfers ist Gegenstand der einheitlichen Beschlussfassung der Hauptversammlung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die ablehnende Beschlussfassung gegebenenfalls alleine auf dem Vorschlag des dortigen Sonderprüfers beruht. Würde man dem Gericht hier eine vom Vorschlag abweichende Bestellung zubilligen, so läge ein Eingriff in die Kompetenz der Hauptversammlung vor.
2. Bei einem einheitlich in der Hauptversammlung abgelehnten Antrag einer Sonderprüfung, kommt eine gerichtliche Bestellung nach § 142 Abs. 2 AktG nicht in Betracht, wenn einem Teil der begehrten Sonderprüfung der Vorrang der bilanzrechtlichen Sonderprüfung nach §§ 258 ff AktG entgegensteht.
Sachverhalt
Die D ist eine Aktionärsvereinigung in der Rechtsform des eingetragenen Vereins. In vorliegendem Verfahren begehrt sie als Vertreterin der B Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH mit Ihrem am 3.9.2015 bei Gericht eingegangenen Antrag die Anordnung einer gerichtlichen Sonderprüfung nach § 142 Abs. 2 AktG.
Diesem Antrag liegt zugrunde, dass die D mit Schreiben vom 20.04.2015 für von ihr vertretenen Aktionäre - wobei hier jedoch nicht die B Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH genannt wurde - unter Anzeige der Bevollmächtigung an die Antragsgegnerin einen Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung zu der am 21.05.2015 stattfindenden Hauptversammlung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Bestellung eines Sonderprüfers gern. § 142 Abs. 1 AktG mit inhaltlich identischen Inhalt wie im vorliegenden Verfahren gestellt hatte. Die Antragsgegnerin hatte dem Ergänzungsverlangen entsprochen und eine entsprechende Ergänzung zur Tagesordnung noch im April 2015 um den Tagesordnungspunkt 11 veröffentlicht.
In der Hauptversammlung der Antragsgegnerin vom 21.5.2015 wurde dieser Beschlussvorschlag mit 375.404.952 Nein-Stimmen (=85,65 %) gegen 62.874.591 Ja-Stimmen (=14,35 %) abgelehnt.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen einer gerichtlichen Sonderprüferbestellung nach § 142 Abs. 2 AktG vorlägen, nachdem die Hauptversammlung diese abgelehnt habe.
In den letzten Jahren hätten straf- und aufsichtsbehördliche Ermittlungen gegen die Antragsgegnerin stark zugenommen. Es habe sich gezeigt, dass die gebildeten Rückstellungen bei einzelnen Sachverhalten nicht ausreichten, um die Strafzahlung der Höhe nach voll zu befriedigen. Aufgrund der Höhe der Strafzahlungen und deren Umfang bestünden zudem erhebliche Zweifel an der Geeignetheit des internen Risikomanagementsystems zur Früherkennung und Vermeidung derartiger Vorkommnisse, was sich auch aus dem Geschäftsbericht 2014 ergebe. Es lägen Tatsachen vor, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei einigen Vorgängen innerhalb der Antragsgegnerin Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung der Antragsgegnerin vorgekommen seien.
Wie auch die BaFin in ihrem Bericht und dem Anschreiben an die Antragsgegnerin attestiert habe, habe der der Fokus bei der Antraggegnerin klar auf Gewinnen und nicht darauf gelegen, dass die Angestellten sich an geltende Regeln hielten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Internetausdruck des Anschreibens an die A in englischer Sprache (Anlage A 13, Anlagenband Ast) verwiesen.
Die Schwere der Vorwürfe im Hinblick auf Versäumnisse im Rahmen der Anpassung des internen Risikomanagement- und Überwachungssystems seien so gravierend, dass die BaFin darüber hinaus die Verhängung bankaufsichtsrechtlicher Maßnahmen in diesem Zusammenhang prüfe und der Antragsgegnerin bescheinigt habe, dass "notwendige Lernerfolge entweder nicht erzielt wurden oder die daraus folgenden Konsequenzen nicht ausreichen", um künftig derartige Sachverhalte schneller aufzudecken und zu unterbinden.
Das von der BaFin gerügte Fehlverhalten einzelner Organmitglieder reiche von der Unterlassung von Untersuchungsmaßnahmen und dem Versagen prozessualen Unzulänglichkeiten abzuhelfen, bis hin zur Vermutung, nicht umfassend Auskunft an Sonderprüfer der BaFin erteilt zu haben und der Sachverhalt teilweise gegenüber der BaFin falsch dargestellt worden sei.
Es könne im Hinblick auf das Vorliegen von Pflichtverletzungen und Versäumnissen in Rahmen des internen Risikomanagement- und Überwachungssystems nicht mehr von einem einfachen Verdacht gesprochen werden, wenn die BaFin ein diesbezügliches Fehlverhalten allem Anschein nach konkret anprangere und entsprechende Konsequenzen in Form von bankaufsichtsrechtlichen Maßnahmen prüfe.
Die Zunahme straf- und aufsichtsbehördliche Ermittlungen gegen die Antragsgegnerin in den letzten Jahren beruhten nicht zuletzt auf den groben Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem internen Risikomanagement- und Überwachungssystem, was auch die BaFin festgestellt habe. Um derartige Untersuchungen zu beenden oder abzuwenden, habe die Antragsgegnerin in den vergangenen Jahren immense Strafzahlungen geleistet, z.B. die Vergleichszahlung über EUR 725 Millionen als Teil eines Gesamtvergleichs mit der Europäischen Kommission zum Abschluss der Untersuchungen bezüglich des wettbewerbswidrigen Verhaltens im Handel mit Euro-Zinssatz-Derivaten und Yen-Zinssatz-Derivaten, sowie den Strafzahlungen mangels Compliance Kontrolle gegenüber britischen und US-Behörden in Höhe von insgesamt US-$ 2,5 Milliarden
Diese gravierenden Pflichtverletzungen, welche zu den straf- und aufsichtsbehördlichen Untersuchungen führten, würden darüber hinaus in zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten mit Betroffenen münden, welche ihre Schadenersatzansprüche gegenüber der Antragsgegnerin geltend machen und zu weiteren, derzeit noch nicht final bezifferbaren Schadenersatzzahlungen führten. Die sich aus den einzelnen Pflichtverletzungen und Versäumnissen ergebenden Belastungen für die Antragsgegnerin seien nicht absehbar.
Es seien Unredlichkeit und grobe Pflichtverletzung indiziert, dass hinreichende Verdachtsmomente vorliegen, um eine Sonderprüfung einzuleiten. Es lägen ausreichende Verdachtsmomente vor, dass der Vorstand nicht für eine ausreichende Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien gesorgt und auch nicht auf deren Beachtung hingewirkt habe, wie es jedoch dessen Aufgabe sei. Der Vorstand der A habe nicht hinreichend für Compliance-Strukturen gesorgt, die unter anderem die Manipulationen am Libor hätten erkennen und unterbinden müssen. Darüber hinaus wären die gebildeten Rückstellungen zu gering bemessen.
Der Umfang der bereits durch die Antragsgegnerin geleisteten Straf- und Vergleichszahlungen sowie das Ausmaß der bisherigen Schadenersatzleistungen begründeten den Verdacht, dass die Vorwürfe gegen die handelnden Personen der Antragsgegnerin begründet und wahrscheinlich seien, so dass die begehrte Sonderprüfung zwingend notwendig sei, um die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken für die Antragsgegnerin und die Angemessenheit der ergriffenen Maßnahmen zu prüfen. Dies werde auch durch den Bericht der BaFin bekräftigt.
Es sei davon auszugehen, dass ein schuldhaftes Handeln der Verantwortlichen der A gegeben sei. Die Verantwortlichen der Antragsgegnerin wichen nicht nur in unbedeutender Weise, sondern erheblich von deren Pflichten zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung ab.
Der Sonderprüfung stünden darüber hinaus keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegen, die eine Sonderprüfung unzulässig machen würden. Im Gegenteil sei die Sonderprüfung gerade im Interesse der Antragsgegnerin, um Missstände und Fehlverhalten aufzuzeigen und diese proaktiv durch die Implementierung geeigneter Compliance-Strukturen zukünftig zu beseitigen, um entsprechende Strafzahlungen und Schadenersatzforderungen zu vermeiden.
Vor dem Hintergrund der seit dem Jahr 2008 sich häufenden Vorfälle sei es deshalb von entscheidender Bedeutung zu prüfen, ob die gebildeten Rückstellungen ausreichend seien und das Risikomanagement im Hinblick auf die prozess- und aufsichtsbehördlichen Risiken entsprechend angepasst und überwacht würde. Hierzu könne der Sonderprüfer auch Einsicht in bereits durch die Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen Gutachten zu den einzelnen Themenkomplexen Stellung nehmen und diese im Rahmen der Sonderprüfung verwerten.
Ferner sei es notwendig, die Struktur des internen Kontrollsystems des Konzerns (auch mit Blick auf die Eignung für das Risikomanagement und die künftige Geschäftstätigkeit) und der aktuellen Compliance-Vorkehrungen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zum Gegenstand einer Sonderprüfung zu machen, um auf diese Weise darauf hinzuwirken, dass die maßgeblichen Gesetze und internen Vorgaben für die Zukunft eingehalten würden bzw. Verstöße erschwert werden und etwaiges Fehlverhalten zügig aufgedeckt werde. Dies sei in der Vergangenheit nur unzureichend erfolgt.
Bei dem Antrag auf Tagesordnung Ergänzung sowie auch bei der gerichtlichen Antragstellung sei der Antragstellerin nicht bekannt gewesen, dass ein Mitglied des Vorstands der vorgeschlagenen Prüfungsgesellschaft selbst Aktionär der Antragsgegnerin ist. Die Bestellung eines anderen Sonderprüfers stelle jedoch keine Änderung des Prüfungsgegenstandes dar, so dass das Gericht selbst einen anderen Sonderprüfer bestellen könne. Die Anträge seien auch bestimmt genug. Es genüge, wenn der Prüfungsgegenstand in Grundzügen benannt werde. Auf den Vorrang der bilanzrechtlichen Sonderprüfung nach § 258 AktG könne sich die Antragsgegnerin nicht berufen. Der Sonderprüfer solle die Prüfung vornehmen, ob der Vorstand und Aufsichtsrat der Antragsgegnerin ihre Pflichten verletzt habe und dazu alle der Konzernabschluss gebildeten Rückstellungen für die Prozesse aufsichtsbehördlichen Risiken prüfen.
Zur Ergänzung des Vortrags der Antragstellerin wird auf die Antragsschrift vom 3.9.2015 (Blatt 2 ff d. A) und den ergänzenden Schriftsatz vom 15.2.2016 (Blatt 145 ff d. A.) Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt,
1. Die Bestellung eines Sonderprüfers gemäß § 142 Abs. 2 AktG zur Prüfung der Frage, ob Vorstand und Aufsichtsrat der A ihre rechtlichen Pflichten verletzt und der Gesellschaft einen Schaden zugefügt haben.
Zu prüfen sollen im Einzelnen die folgenden Themenkomplexe sein:
a) Angemessenheit der im Konzernabschluss zum 31. Dezember 2014 gebildeten Rückstellungen für alle prozess- und aufsichtsbehördlichen Risiken:
(1) Überschreiten die gebildeten Rückstellungen das erforderliche Maß unter Berücksichtigung aller bekannten Risiken?
(2) Unterschreiten die gebildeten Rückstellungen das erforderliche Maß unter Berücksichtigung aller bekannten Risiken?
Hier ist insbesondere der Frage nachzugehen, ob die gebildeten Rückstellungen angemessen dotiert sind, um alle zum Zeitpunkt der Aufstellung des Konzernabschlusses bekannten und in den Medien genannten prozess- und aufsichtsbehördlichen Risiken angemessen abzudecken, insbesondere die in der Presse dargestellten Strafvergleichszahlungen im Zusammenhang mit der Manipulation des Zinssatzes "Libor" sowie den daraus resultierenden zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten, den zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Hypothekenkrediten und den Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit sogenannten "E-Fonds".
Darüber hinaus ist die Angemessenheit der gebildeten Rückstellungen bezogen auf die behördlichen Prüfungen zur Rolle der A zu prüfen im Zusammenhang mit:
- der Manipulation des Devisenhandels, forderungs- und hypothekenbesicherten Anleihen,
- dem Edelmetallhandel,
- kartellrechtlichen Verfahren zu Kreditausfall Swaps,
- möglichen Verstößen gegen US-Vorschriften
Soweit die Anzahl der Fälle in einen der vorgenannten bekannten prozess- und aufsichtsbehördlichen Risiken das vertretbare Maß der Prüfung übersteigt, kann sich die Sonderprüfung auf die größten Einzelfälle bzw. Fallgruppen beschränken. Dabei soll sich der Umfang der Prüfung auf die größten Einzelfälle bzw. Fallgruppen bis zu einer Abdeckung in Höhe von 80 % der für alle prozess- und aufsichtsbehördlichen Risiken zurückgestellten Beträge beschränken.
b) Neben der Prüfung der unter a) bezeichneten Einzelfälle und Fallgruppen erstreckt sich die Prüfung auch auf die Angemessenheit des Risikomanagementsystems, mit dem rückstellungspflichtige Sachverhalte identifiziert und bewertet werden.
c) Ferner ist zu untersuchen, ob die Bank für die jeweils seit dem 01. Januar 2010 eingetretenen Ereignisse, die zu den Rückstellungen geführt haben, die notwendigen Anpassungen am eingerichteten Risikomanagement- und Compliance-System getroffen hat, um künftige ähnlich gelagerte Fälle frühzeitig zu unterbinden bzw. aufzudecken.
Hier ist insbesondere der Frage nachzugehen, ob die Anpassung am eingerichteten Risikomanagement- und Compliance-System nach den bisherigen Erfahrungen geeignet ist, um zu verhindern, dass handelnde Personen der A bei der Manipulation von Referenzzinssätzen oder dem Devisenhandel mitwirken können oder durch bewusstes Verschweigen von Tatsachen eine frühere Aufdeckung der Manipulation verhindern können,
sich kartellrechtlicher Verstöße oder Verstöße gegen US-Vorschriften schuldig machen können.
2. Die Bestellung der D Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Sonderprüfer;
hilfsweise die Bestellung eines (anderen) Sonderprüfer durch das Gericht.
Die Antragsgegnerin und deren gesonderte beteiligte Aufsichtsrat beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin und der Aufsichtsrat sind der Ansicht, dass die Voraussetzungen für die beantragte Sonderprüfung nicht vorlägen. Der Antrag seien nicht schutzwürdig, da es nicht um die Aufklärung ganz oder in wesentlichen Teilen unbekannte Sachverhalte gehe, sondern um die Klärung einer offenen oder umstrittenen Rechtsfragen. Der prüfungsgegenständliche Sachverhalt sei durch die bereits stattgefundenen Prüfungen bei der Antragsgegnerin durch die BaFin bzw. durch den Abschlussprüfer und andere aufsichtsrechtliche oder interne Untersuchungen hinreichend geklärt.
Jedenfalls der Antrag zu 1) lit. A sei schon deswegen unbegründet, weil ihm der Vorrang der bilanzrechtlichen Sonderprüfung nach §§ 258 ff AktG entgegenstünde. Die Frage von Unterbewertungen sei allein in diesem Verfahren zu klären. Zudem sei der Antrag zu unbestimmt und in sich widersprüchlich. Nach dem Prüfungsauftrag müssten die im Konzernabschluss gebildete einheitliche Rückstellung aufgelöst werden und der vollständige Bilanzposten untersucht werden. Wenn jedoch eine Einschränkung in Höhe von 80 % vorgenommen werde, fehle es an der notwendigen abschließenden Beurteilung. Zudem ergäben sich aus den vorgetragenen Tatsachen kein objektiver Verdacht der Unredlichkeit oder groben Gesetz- oder Satzungsverletzungen.
Der Mangel des Antrages zu 1) lit.a schlage auf die weiteren Anträge durch. Das Verlangen auf Ergänzung der Tagesordnung habe eine einheitliche Sonderprüfung über alle Punkte begehrt, die auch einheitlich zur Abstimmung gestellt worden sei. Es habe daher nur eine einheitliche Beschlussfassung in der Hauptversammlung erfolgen können. Daraus folge, dass auch für das jetzige Verfahren der Antrag als Gesamtheit zu betrachten sei und daher nur einheitlich beschieden werden könne. Zudem ergäbe sich nach im gesamten Vortrag der Antragstellerin nichts dazu, dass hier das Risikomanagementsystem der Antragsgegner insgesamt unzutreffend sei, sondern es gehe um letztlich nur um rückstellungspflichtige Sachverhalte. Auch der Antrag zu 1) lit. c sei jedenfalls zu unbestimmt, da nicht erkennbar sei, welche konkreten Vorschriften des US-amerikanischen Rechts angesprochen werden sollten.
Dem Antrag zu 2) sei schon deswegen unbegründet, weil ein Vorstandsmitglied der Sonderprüfer vorgeschlagenen Gesellschaft selbst Aktionär der Antragsgegnerin ist.
Zur Ergänzung des Vorbringens der Antragsgegnerin sowie des Aufsichtsrates wird auf die jeweiligen Schriftsätze vom 28.10.2015 (Bl. 48 ff d. A.) und 3.11.2015 (Bl. 71 ff d. A.) Bezug genommen.
Aus den Gründen
II.
Die Entscheidung konnte ohne Erörterung in einem mündlichen Termin nach § 142 Abs. 8 AktG i. V. m. § 32 FamFG ergehen. Auch ohne einen solchen Termin ist die Sachlage hinreichend geklärt. Für die getroffene Entscheidung ist eine (weitere) Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich ist und eine gütliche Einigung der Beteiligten in einem solchen Termin ist nicht zu erwarten.
Die Antragstellerin ist aktivlegitimiert und der Antrag zulässig
Der Antrag in gewillkürter Verfahrensstandschaft ist zunächst statthaft. Nach § 142 Abs. 8 AktG sind für das Verfahren nach § 142 Abs. 2 AktG die Regelungen des FamFG anzuwenden, soweit sich aus den aktienrechtlichen Vorschriften nichts anders ergibt. Für eine gewillkürte Verfahrensstandschaft genügt hier, dass der Antragsteller vom tatsächlichen Rechtsinhaber wirksam ermächtigt worden ist, das Recht im eigenen Namen geltend zu machen, und er daran ein eigenes rechtliches Interesse hat (vgl. OLG München FPrax 2011, 47; Ulrici in MüKo, FamFG, 2. Aufl, § 23 Rn 27), was bei der Antragstellerin aufgrund ihres Satzungszwecks anzunehmen ist und von der Antragsgegnerin auch nicht in Abrede gestellt wird.
Die B Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH hat weiter die D zur Vertretung ermächtigt und bevollmächtigt.
Die von der B Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH repräsentierten Sondervermögen waren zum Zeitpunkt der Hauptversammlung bereits länger als drei Monate Inhaber von Stück 286.366 Aktien der Antragsgegnerin mit einem Nennbetrag (bei einem rechnerische Nominalwert je Aktie von EUR 2,56) von insgesamt EUR 733.096,96 am Grundkapital der Gesellschaft.
Das nach § 142 Abs. 2 S. 1, S. 2 AktG notwendige Quorum zur Beantragung der Bestellung eines Sonderprüfers ist vorliegend erreicht.
Ausweislich der Abstimmungsergebnisse der Hauptversammlung der Antragsgegnerin wurde der nach § 142 Abs. 1 AktG zur Abstimmung zu TOP 11 vorgelegte Beschluss von der Hauptversammlung abgelehnt. Es liegt somit ein ablehnender Beschluss über die Bestellung eines Sonderprüfers durch die Hauptversammlung nach § 142 Abs. 2 S. 1 AktG vor.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Mit dem Antrag nach § 142 Abs. 2 AktG kann nur die Prüfung eines Vorgangs begehrt werden, der nach § 142 Abs. 1 S. 1 AktG Gegenstand einer von der Hauptversammlung angeordneten Sonderprüfung sein könnte und ein ablehnender Beschluss der Hauptversammlung vorliegt. Wegen der Subsidiarität der gerichtlichen Bestellung des Sonderprüfers gegenüber der gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeitsordnung bedeutet dies aber auch, dass Gegenstand eines entsprechenden Antrags nach § 142 Abs.2 AktG inhaltlich im Wesentlichen nur der in der Hauptversammlung abgelehnte Sonderprüfungsantrag sei kann. Daraus folgt, dass eine gerichtliche Bestellung nur so erfolgen kann, wie sei bereits Gegenstand des in der Hauptversammlung gestellten Antrags war; eine Erweiterung oder Änderung scheidet aus (vgl. OLG München FGPrax 2007, 247, [OLG München 16.07.2007 - 31 Wx 29/07] LG Hamburg BeckRS 2009, 13900; Schroer in MüKo AktG, 3. Aufl. § 142 Rn 60 mwN). Dies führt aber dazu, dass bei einer einheitlichen ablehnenden Beschlussfassung der Hauptversammlung über einen Sonderprüfungsantrag, auch nur eine Sonderprüfung hinsichtlich der gesamten Antragstellung wie er der Hauptversammlung auch vorlag vom Gericht angeordnet werden kann; eine Beschränkung des Ausspruchs auf einzelne Teile ist nicht möglich. Dies ist auch sachgerecht. Auch die Hauptversammlung hatte nur die Möglichkeit einheitlich über den ihr unterbreiteten Antrag zustimmend oder ablehnend zu entscheiden. Auch sie kann nicht - ohne eine entsprechende Antragstellung, die hier nicht vorlag - über einzelne Teile gesondert und ggf. unterschiedlich entscheiden. Größe Kompetenzen können daher auch nicht dem Gericht im Verfahren nach § 142 Abs. 2 AktG zustehen. Nach der gesetzlichen Konzeption des § 142 AktG wird mit dem Institut der Sonderprüfung den Aktionären ein Mittel an die Hand gegeben, mit dem sie in Fällen der begründeten Annahme von Pflichtwidrigkeiten der Organe abweichend von der üblichen Zuständigkeitsverteilung und weit über ihr übliches Auskunftsrecht hinaus entweder in Ergänzung zum Aufsichtsrat oder an seiner Stelle Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands oder die Tätigkeit des Aufsichtsrats selbst überprüfen lassen können. Dabei geht Abs. 1 im Grundsatz davon aus, dass der Sonderprüfer durch die einfache Hauptversammlungsmehrheit bestellt wird und die gerichtlich angeordnete Sonderprüfung nach Abs. 2 dem Schutz der Minderheit in Interesse der Gesellschaft dient, wenn eine dahingehende Beschlussfassung durch die Hauptversammlung nicht erreicht werden konnte (Schroer aaO Rn 1; Mock in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 142 Rn 2). Es liegt daher zunächst in der Kompetenz der Hauptversammlung über das ob, den Umfang und die Art und Weise eine Sonderprüfung zu entscheiden. Nur aus Gründen des Minderheitenschutzes hat der Gesetzgeber hier die Möglichkeit einer gerichtlichen Anordnung auf Antrag eine Minderheit ausgesprochen, wenn die Hauptversammlung dem entsprechenden Antrag nicht gerecht wird.
Würde man dem Gericht hier weitergehende Kompetenzen als der Hauptversammlung einräumen, würde dieses Regelungsgefüge nicht mehr bestehen. Das Gericht kann hier nur überprüfen und entscheiden, ob entgegen der Hauptversammlungsmehrheit aus besonderen Gründen des §142 Abs. 2 AktG die von der Hauptversammlungsmehrheit abgelehnte Sonderprüfung gleichwohl anzuordnen ist.
Wären daher für einzelne Teile eines einheitlichen Sonderprüfungsantrages in der Hauptversammlung bei entsprechender Beschlussfassung Anfechtungs - oder Nichtigkeitsgründe gegeben, und lehnt die Hauptversammlung einheitlich diese beantragte Sonderprüfung ab, kann auch das Gericht nicht einen entsprechenden Antrag nach § 142 Abs. 2 AktG auf die statthaften Teile beschränken und einen entsprechenden Ausspruch über die Anordnung einer Sonderprüfung treffen.
Vielmehr ist dann der Antrag vollständig zurückzuweisen.
So liegt es hier, ohne dass es auf die Frage, ob hier tatsächliche Umstände geklärt werden sollen und Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem Vorgang Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder Satzung vorgekommen sind, ankommt.
Die Kammer ist zunächst der Ansicht, dass entgegen der herrschenden Auffassung in der Literatur (vgl. Bezzenberger Großkomm AktG, 4. Aufl., § 142 Rn 66, Spindler in Schmidt/Lutter, 3. Aufl. § 142, Rn 61; Mock in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. § 142 Rn 148; Koch in Hüffer, AktG, 11. Aufl. Rn 32; Jänig, Die aktienrechtliche Sonderprüfung, 2005, S. 309; a. A. Wilsing/v.d.Linden, in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage) AktG § 142 Rn 25 ) - die jedoch nirgends näher begründet wird, Rechtsprechung ist soweit erkennbar nicht vorhanden -, das Gericht nicht von dem vorgeschlagenen Sonderprüfer abweichen und einen anderen bestellen kann, sodass auch der entsprechende Hilfsantrag auf Bestellung eines Sonderprüfer durch Auswahl des Gerichtes nicht greift.
Auch die Person des konkreten Sonderprüfers ist Gegenstand der einheitlichen Beschlussfassung der Hauptversammlung (vgl. Schroer aaO Rn 80, 90 mwN). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die ablehnende Beschlussfassung gegebenenfalls alleine auf dem Vorschlag des dortigen Sonderprüfers beruht. Würde man dem Gericht hier eine vom Vorschlag abweichende Bestellung zubilligen, so läge wiederum ein Eingriff in die Kompetenz der Hauptversammlung vor.
Unstreitig ist jedoch der von der Antragstellerin vorgeschlagene Prüfer nach § 143 Abs. 2 Satz 2 AktG in Verbindung mit § 319 Abs. 4 HGB als Prüfer ausgeschlossen, da ein Vorstandsmitglied der des vorgeschlagenen Prüfers selbst Aktionär der Antragsgegnerin ist.
Die Antragstellerin kann sich - für ihren Hilfsantrag - auch nicht hier darauf berufen, dass nach § 142 Abs. 4 AktG die gerichtliche Ersetzung eines von der Hauptversammlung bestellten Prüfers möglich ist. Die gerichtliche Ersatzgestellung ist dabei jedoch nur für den von der Hauptversammlung und nicht für einen gerichtlich bestellten Sonderprüfer anwendbar. Ein Austausch des gewollten Prüfers kommt bei entsprechender Beschlussfassung der Hauptversammlung nur unter den Voraussetzungen des Abs. 4 S. 1 in Betracht. Um eine erneute Befassung der Hauptversammlung zu vermeiden, wird im Schrifttum (vgl. Bezzenberger Großkomm AktG, 4. Aufl., § 142 Rn 54) eine Analogie zu § 318 Abs. 4 S. 2 HGB bejaht. Sie kann aber auch in dieser Konstellation nicht überzeugen. Zwar ist der Bestellungsbeschluss der Hauptversammlung insoweit nur anfechtbar und ist nicht nichtig. Es bleibt aber dabei, dass die jeweiligen Sachverhalte und Interessenlagen nicht vergleichbar sind. Die Schutzrichtung der in § 318 angesprochenen Regelabschlussprüfung ist eine andere als die der korporationsintern veranlassten, punktuellen Sonderprüfung. Ziel des § 318 Abs. 4 HGB ist, die rechtzeitige Durchführung der Abschlussprüfung zu sichern. Damit möchte er vor allem die Nichtigkeit des festgestellten Jahresabschlusses nach § 256 Abs. 1 Nr. 2 verhindern. Dieser Gedanke ist auf Sonderprüfungen nach § 142 AktG nicht übertragbar. Demnach kann es auch nicht Aufgabe des Gerichts sein, eine fehlgeschlagene Sonderprüferbestellung analog § 318 Abs. 4 HGB aufzufangen (vgl. Wilsing/ v.d.Linden aaO Rn 25).
Zudem setzt § 142 Abs. 4 AktG voraus, dass dies binnen einer Frist von zwei Wochen zu erfolgen hat. Selbst wenn daher zu Gunsten der Antragstellerin diese Vorschrift für entsprechend anwendbar hielte, war die entsprechende Antragstellung jedenfalls nicht mehr in dieser Frist.
Dem Antrag konnte auch in der Sache nicht stattgegeben werden, weil jedenfalls dem Antrag zu Nr. 1 lit a der Vorrang der bilanzrechtlichen Sonderprüfung nach §§ 258 ff AktG entgegensteht und auch hier nur - aus den oben dargelegten Gründen - eine einheitliche Entscheidung über den gesamten Sonderprüfungsantrag ergehen kann. Nach dem Antrag, soll hier geprüft werden, ob Vorstand und Aufsichtsrat der Antragsgegnerin ihre rechtlichen Pflichten verletzt und der Gesellschaft ein Schaden zugefügt haben, wobei in lit. a N2. 2 insbesondere die Frage der Unterbewertung von Rückstellungen problematisiert wird und dies als Grundlage des Schadensersatzanspruches geprüft werden soll. Daraus ergibt sich aber, dass der Prüfer die gebildeten Rückstellungen zu bewerten hat, mithin eine Aufgabe die ausdrücklich der bilanzrechtlichen Sonderprüfung nach § 258 Abs. 1 Nr. 1 AktG zugewiesen ist und daher der Sonderprüfung nach § 142 Abs. 3 AktG nicht zugänglich ist. Gerade in dem der Gesetzgeber in § 142 Abs. 3 AktG bilanzrechtliche Unterbewertungsvorgänge von der Sonderprüfung nach den Abs. 1 und 2 ausdrücklich ausnimmt wird deutlich, dass diese bilanzrechtlichen Bewertungsfragen auch nicht inzident einer Sonderprüfung nach § 142 AktG unterzogen werden sollen. Hier obliegt es zunächst der entsprechenden Aktionärsminderheit eine Sonderprüfung nach § 258 AktG zu beantragen und gegebenenfalls aufgrund der dort gefundenen Ergebnisse eine Schadenersatzprüfung nach § 142 AktG zu begehren.
§ 142 Abs. 3 gilt auch dann, wenn eine Prüfung nach § 258 AktG tatsächlich nicht erfolgt oder nicht mehr erfolgen kann, weil die Monatsfrist zur entsprechenden gerichtlichen Antragstellung abgelaufen ist.
Da der Antrag erfolglos war, waren der Antragstellerin die Gerichtkosten des Verfahrens aufzuerlegen, § 22 GNotKG, da § 146 AktG nur eingreift, wenn es zur gerichtlichen Bestellung eines Sonderprüfers kommt.
Im Übrigen verbliebt es bei dem Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wonach jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Billigkeitsgründen hier der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Aufsichtsrats aufzuerlegen sind nicht gegeben.
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 67 GNotKG. Da auch über den Hilfsantrag zu entscheiden war, war der Regelwert zu verdoppeln.