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Wirtschaftsrecht
03.03.2022
Wirtschaftsrecht
Brandenburgisches OLG: Vollstreckung der Verpflichtung, eine Liste der GmbH-Gesellschafter einzureichen

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 23.2.2022 – 7 W 21722

Volltext: BB-Online BBL2022-532-1

Leitsätze

Das Einreichen einer Liste der Gesellschafter (§ 40 I 1 GmbHG) ist keine Willenserklärung; die Liste gilt nicht mit der Rechtskraft des Urteils als eingereicht, das zum Einreichen der Liste verpflichtet.

Das Einreichen der Liste steht den anderen höchstpersönlichen Versicherungen des Geschäftsführers gegenüber dem Registergericht gleich, mit denen er über rechtliche oder tatsächliche Umstände, die in der Vergangenheit eingetreten oder nicht eingetreten sind, zu berichten hat und die ebenfalls als unvertretbare Handlungen zu vollstrecken sind.

§ 40 I 1 GmbHG, §§ 887, 888, 894 ZPO

Aus den Gründen

Die Beschwerde ist unbegründet.

Der titulierte Anspruch, die Schuldnerin solle eine Gesellschafterliste bei dem Registergericht einreichen, ist nach § 888 I ZPO zu vollstrecken. Die von dem Gläubiger beantragte Ermächtigung, die Liste einzureichen (§ 887 I ZPO), kann ihm nicht erteilt werden.

Das Einreichen einer Liste der Gesellschafter (§ 40 I 1 GmbHG) ist keine Willenserklärung; die Liste gilt nicht mit der Rechtskraft des Urteils als eingereicht (§ 894, 1 ZPO). Die Selbstexekution ist vorgesehen, um den Entschluss des Schuldners zu ersetzen. § 894 ZPO fingiert die Willensbildung und die Entäußerung der darauf beruhenden Erklärung.

Die Liste der Gesellschafter zusammenzustellen und einzureichen, hängt indes nicht von dem Entschluss ab, eine Rechtsfolge bewirken oder nicht oder anders bewirken zu wollen. In der Liste wird nicht ein Rechtsfolgewillen verkörpert, sondern sie enthält einen formalisierten Bericht über eine erfolgte Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder ihrer Beteiligung (§ 40 I 1 GmbHG). Die Liste ist weder Willenserklärung noch geschäftsähnliche Handlung, sondern Wissenserklärung.

Diese Wissenserklärung ist eine unvertretbare Handlung, die mit den Zwangsmitteln nach § 888 I ZPO zu vollstrecken ist. Sie kann nicht durch einen anderen als die nach § 40 I 1, II 1 GmbHG Verpflichteten abgegeben werden. Der Geschäftsführer hat höchstpersönlich (MüKo-GmbHG-Heidinger, 3. Aufl. 2018, § 16 Rdnr. 45, § 40 Rdnr. 176) zu erklären, welche Veränderungen sich nach seiner Kenntnis im Gesellschafter- und Beteilungsbestand ergeben haben. Das Einreichen der Liste steht den anderen höchstpersönlichen Versicherungen des Geschäftsführers gegenüber dem Registergericht gleich (§§ 8 II 1, III 1, 39 III, 57 II, 57 i I 2, 58 I Nr. 4, 67 III GmbHG), mit denen er über rechtliche oder tatsächliche Umstände, die in der Vergangenheit eingetreten oder nicht eingetreten sind, zu berichten hat und die ebenfalls als unvertretbare Handlungen zu vollstrecken sind (vgl. Noack/Servatius/Haas-Beurskens, GmbHG, 23. Aufl. 2022, § 78 Rdnr. 16 f.; MüKo-GmbHG-Herrler, § 78 Rdnr. 41; BeckOK-GmbHG-Jaeger, Stand: Aug. 2021, § 78 Rdnr. 10).

Ob die Vollstreckung durch Zwangsgeld und Zwangshaft (§ 888 I ZPO), wie der Gläubiger meint, von vornherein untauglich sein könnte, weil der Geschäftsführer der Schuldnerin sich bereits bei vorangegangenen Vollstreckungen gegenüber diesen Zwangsmitteln als unempfindlich erwiesen habe, bleibt ohne Bedeutung. Die Methoden der Zwangsvollstreckung werden nicht anhand dieser Erwartung voneinander unterschieden, sondern allein anhand des Differenzierungsmerkmals der vertretbaren oder unvertretbaren Handlung.

Da der Vollstreckungsantrag sich aus den dargelegten Gründen als unbegründet erweist, braucht der Senat die von dem Gläubiger zuletzt aufgeworfene Frage nicht zu erörtern, ob die Vollstreckbarkeit des Titels auch in Frage gestellt sein könnte, weil er in der Entscheidungsformel einen Geschäftsführer der Schuldnerin namentlich benennt, der inzwischen aber abberufen sein könnte.

Eine Umdeutung des Vollstreckungsantrages kommt nicht in Betracht, weil der Gläubiger ausdrücklich und nur nach § 887 ZPO vorgegangen wissen möchte und die Vollstreckung nach § 888 ZPO für unzureichend hält.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 891 S. 3, 97 I ZPO. Einer Wertfestsetzung bedarf es nicht, weil die Gerichtsgebühren nicht nach einem Wert bemessen werden (§ 67 II GKG).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 574 II, III ZPO), besteht nicht.

 

 

 

 

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