BGH: Volle Haftung von mehreren nebeneinander verantwortlichen Schädigern gegenüber Geschädigten
BGH, Urteil vom 5.10.2010 - VI ZR 286/09
Leitsätze
a) Bei mehreren nebeneinander verantwortlichen Schädigern besteht zum Ge-schädigten grundsätzlich die volle Haftung, ohne dass einer der Schädiger auf den Tatbeitrag des anderen verweisen könnte. Die Last des Schadens ist lediglich im Innenverhältnis nach § 426 Abs. 1 BGB nach den Anteilen an dessen Herbeiführung aufzuteilen.
b) Ergreift ein Unfallhelfer nach einem Unfall, bei dem das Ausmaß der Gefähr-dung und der Hilfebedürftigkeit der beteiligten Verkehrsteilnehmer nicht sogleich zutreffend erkannt werden kann, nicht die aus nachträglicher Sicht vernünftigste Maßnahme, folgt hieraus noch nicht ein Mitverschuldensvor-wurf.
c) Bei gelegentlichen Hilfeleistungen von sonst an dem Betriebe des Kfz unbe-teiligten Personen scheidet ein Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG re-gelmäßig aus.
BGB §§ 823 Abs. 1 C; 254 Abs. 1 Da; § 426 Abs. 1 StVG §§ 7 ff.; 8 Nr. 2
Sachverhalt
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Ver-kehrsunfall vom 30. Dezember 2002, bei dem er als Unfallhelfer verletzt wurde.
Der Beklagte zu 3 fuhr mit einem Pkw, dessen Halter die Beklagte zu 4 und dessen Haftpflichtversicherer die Beklagte zu 5 ist, bei einsetzendem Schneefall auf der BAB 4. Er geriet ins Schleudern, kollidierte mit der Leitplanke am rechten Fahrbahnrand und kam auf dem Seitenstreifen zum Stehen. Er schaltete das Warnblinklicht ein. Der Kläger, der mit seinem Pkw hinter dem Pkw des Beklagten zu 3 gefahren war, hielt vor dem Unfallfahrzeug auf dem Seitenstreifen an. Er schaltete bei seinem Pkw das Warnblinklicht ein und be-gab sich zum Pkw des Beklagten zu 3 zurück. Nachdem er sich nach dessen Befinden erkundigt hatte, wollte er zur Absicherung der Unfallstelle das Warn-dreieck aus dem Kofferraum des Fahrzeugs des Beklagten zu 3 entnehmen. Als der Kläger mit dem Rücken zur Fahrtrichtung stand und den Kofferraum öffnen wollte, näherte sich der vom Beklagten zu 1 gelenkte Pkw, dessen Haft-pflichtversicherer die Beklagte zu 2 ist, auf dem mittleren von drei Fahrstreifen. Der Pkw des Beklagten zu 1 geriet ebenfalls ins Schleudern und erfasste den Kläger, der dabei schwer verletzt wurde.
Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadenser-satz, Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte oder Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Das Landgericht hat mit Grund- und Teilurteil die Zahlungsanträge des Klägers dem Grunde nach zu 5/6 für gerechtfertigt erklärt. Von dieser Quote hätten alle Beklagten 19/30 als Ge-samtschuldner, die Beklagten zu 1 und 2 weitere 10/30 als Gesamtschuldner und die Beklagten zu 3 bis 5 weitere 1/30 als Gesamtschuldner zu tragen. Dem Feststellungsantrag hat es in Höhe der genannten Quoten entsprochen. Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Beklagten zu 1 und 2 Berufung einge-legt. Die Beklagten zu 3 bis 5 haben ihre Berufung zurückgenommen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Klageanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, wobei sämtliche Beklagten zu zwei Drittel als Ge-samtschuldner und die Beklagten zu 1 und 2 zu einem weiteren Drittel als Ge-samtschuldner haften. Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten für künftige Schäden in entsprechender Weise festgestellt. Es hat die Revision für den Kläger und die Beklagten zu 1 und 2 zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Die Beklagten zu 1 und 2 erstreben die Aufhebung des Berufungsurteils und die Abweisung der Klage, soweit sie zur Haftung von mehr als einem Drittel verurteilt worden sind.
Aus den Gründen
4 I. Das Berufungsgericht hält die Berufung des Klägers, soweit sie sich ge-gen die Beklagten zu 1 bis 2 richtet, für begründet. Die Berufung der Beklagten zu 1 bis 2 sei hingegen unbegründet, weil diese gegenüber dem Kläger in vol-lem Umfang hafteten. Dem Beklagten zu 1 falle ein unfallursächliches Ver-schulden zur Last, weil er mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren sei. Sein Fahrzeug sei deswegen ins Schleudern geraten und habe den Kläger er-fasst. Dem Kläger könne nicht als unfallursächliches Mitverschulden angelastet werden, dass er die nach seiner Auffassung dem Beklagten zu 3 obliegende Verpflichtung zur Absicherung der Unfallstelle durch Aufstellen eines Warndrei-ecks übernommen habe. Zwar sei der Verkehrsteilnehmer, der bei einem Unfall oder bei einer Panne Hilfe leiste, verpflichtet, sich um eigenen Schutz zu bemü-hen. Er habe Risiken, bei seiner Hilfeleistung selbst verletzt zu werden, mög-lichst zu vermeiden. Die Fehleinschätzung hinsichtlich der nach § 15 StVO er-forderlichen Maßnahmen könne dem Kläger aber nicht vorgeworfen werden. Die an einen Unfallhelfer zu stellenden Anforderungen würden ansonsten bei weitem überspannt, zumal in der Unfallsituation schnelles Handeln gefragt sei und eine Einzelabwägung, zu der in der Rechtsprechung unterschiedliche Auf-fassungen vertreten würden, nicht verlangt werden könne. Ob der Kläger, wie er behauptet, andere am Unfallort anwesende Personen gebeten habe, die Fahrbahn im Auge zu behalten und ihn vor Gefahren zu warnen, könne dahin-gestellt bleiben, weil die Ursächlichkeit dieses Verhaltens für das Unfallgesche-hen unaufklärbar sei. Schließlich könne dem Kläger auch nicht vorgeworfen werden, das Warndreieck nicht seinem eigenen Fahrzeug, sondern dem Fahr-zeug des Beklagten zu 3 entnommen zu haben. § 15 StVO verlange ein zeitna-hes Handeln. Hätte der Kläger zunächst zu seinem Fahrzeug zurückgehen müssen, wäre wertvolle Zeit verstrichen. Das klägerische Fahrzeug habe sich zudem nicht in einer sichereren Position befunden als das Fahrzeug des Be-klagten zu 3. Auch könne nicht festgestellt werden, dass der Unfall vermieden worden wäre, wenn der Kläger das Warndreieck seinem eigenen Fahrzeug ent-nommen hätte.
5 Hinsichtlich der Beklagten zu 3 bis 5 hat das Berufungsgericht in den Ur-teilsgründen in Abweichung vom Urteilstenor eine Haftung, die die vom Landge-richt bereits rechtskräftig festgestellte übersteigt, verneint. Zwar sei auch der Beklagte zu 3 infolge der in Anbetracht der Witterungsverhältnisse zu schnellen Fahrweise ins Schleudern geraten. Er habe damit auch im naturwissenschaftli-chen Sinne eine Bedingung für die Verletzung des Klägers gesetzt. Jedoch be-stehe zwischen dem Liegenbleiben des Fahrzeugs des Beklagten zu 3 und der Verletzung des Klägers weder im Rahmen der Verschuldenshaftung gemäß §§ 823 ff. BGB noch im Rahmen der Gefährdungshaftung gemäß §§ 7 ff. StVG ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang. Der Zurechnungszusam-menhang entfalle, wenn sich das Schadensrisiko des ersten Schadensereignis-ses in einem weiteren Schadensereignis nicht mehr verwirkliche, weil es schon vollständig abgeklungen sei und daher zwischen beiden Ereignissen nur ein äußerlicher, zufälliger Zusammenhang bestehe. Dies sei der Fall, wenn der Verursacher des Zweitunfalls ausreichende aufgrund des Erstunfalls getroffene Sicherungsmaßnahmen nicht beachtet habe und die Unfallstelle wieder soweit befahrbar sei, dass keine besonderen Gefahren aus dem Unfallgeschehen für nachfolgende Fahrer mehr bestünden. Die aus dem Schleudervorgang des Be-klagten zu 3 resultierende Gefahr sei in dem Zeitpunkt, als sich der Beklagte zu 1 der Unfallstelle genähert habe, bereits vollständig beseitigt gewesen. Der Pkw des Beklagten zu 3 sei zu diesem Zeitpunkt auf dem Seitenstreifen ge-standen. Eine besondere Gefahr für nachfolgende Fahrer auf den Fahrspuren der Autobahn sei von ihm nicht mehr ausgegangen, zumal die Standspur den Zweck habe, das Aufstellen von Kraftfahrzeugen bei Not- und Unfällen zu er-möglichen und der Beklagte zu 3 durch das Anschalten der Warnblinkanlage ausreichende Sicherungsmaßnahmen getroffen habe.
6 II. Die Revision der Beklagten zu 1 und 2 ist unbegründet, diejenige des Klägers ist begründet.
7 1. Die Revision der Beklagten zu 1 und 2
8 Das Berufungsgericht hat die volle Haftung der Beklagten zu 1 und 2 dem Grunde nach mit Recht bejaht.
9 a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Haftung der Beklagten zu 1 und 2 nicht deshalb gemindert, weil sich der Kläger die Mithaftung der Be-klagten zu 3 bis 5 zurechnen lassen müsste. Bei mehreren nebeneinander ver-antwortlichen Schädigern besteht zum Geschädigten grundsätzlich die volle Haftung, ohne dass einer der Schädiger auf den Tatbeitrag des anderen ver-weisen könnte. Lediglich im Innenverhältnis ist zwischen den Gesamtschuld-nern nach § 426 Abs. 1 BGB die Last des Schadens nach den Anteilen an des-sen Herbeiführung aufzuteilen (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04, VersR 2006, 369, Rn. 12). Anderes gilt zwar, wenn den Geschä-digten ein Mitverschuldensvorwurf trifft und die Abwägung nach § 254 BGB oder § 17 StVG dazu führt, dass die Ersatzansprüche, die dem Verletzten ge-gen mehrere Nebentäter zustehen, zu mindern sind. In einem solchen Fall ist das Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung mit dem Abwägungsprinzip des § 254 BGB bzw. des § 17 StVG in Einklang zu bringen, indem die Einzelabwä-gungen zwischen dem Geschädigten und den jeweiligen Schädigern mit einer aus der Gesamtschau gewonnenen Solidarabwägung im Sinne einer Gesamt-abwägung verknüpft werden (vgl. Senatsurteile vom 16. Juni 1959 - VI ZR 95/58, BGHZ 30, 203, 211 f.; ebenso vom 8. November 1973 - VI ZR 129/71, BGHZ 61, 351, 354 und vom 13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04, aaO). Die Ge-samtschuld umfasst unter solchen Umständen nicht den gesamten Schaden, weil der jeweilige Schädiger dem Geschädigten, soweit dieser seinen Verant-wortungsanteil selbst zu tragen hat, dessen Mithaftungsquote entgegenhalten kann. Jedoch ist im Streitfall ein unfallursächliches Mitverschulden des Klägers nicht gegeben, so dass die Gesamtschuld aller Beklagten in vollem Umfang besteht.
10 b) Mit rechtlich nicht zu beanstandender Begründung hat das Berufungs-gericht ein den Anspruch minderndes Mitverschulden des Klägers verneint. Entgegen der Auffassung der Revision ist dem Kläger nicht vorzuwerfen, dass er sich auf dem Seitenstreifen aufhielt, um das Warndreieck aus dem Koffer-raum des vom Beklagten zu 3 gelenkten Fahrzeugs zu holen und zur Absiche-rung der Unfallstelle aufzustellen.
11 aa) Zwar hat der Kläger durch seinen Aufenthalt auf dem Seitenstreifen, der dem Aufstellen eines Warndreiecks diente, objektiv sorgfaltswidrig gehan-delt. Nach der Regelung in § 18 Abs. 9 Satz 1 StVO ist es Fußgängern nämlich grundsätzlich verboten, Autobahnen zu betreten, mithin auch sich auf den zur Autobahn gehörenden Seitenstreifen aufzuhalten. Jedoch ist es erlaubt und unter bestimmten Umständen sogar geboten, dass sich ein Fußgänger jeden-falls kurzzeitig auf dem Seitenstreifen aufhält, um den nach einem Verkehrsun-fall bestehenden Verpflichtungen gemäß § 34 Abs. 1 StVO nachzukommen. Dazu gehört die nach § 15 Satz 2 StVO gebotene Durchführung erforderlicher Maßnahmen zur Absicherung der Unfallstelle. Diese in erster Linie dem Fahrer eines liegen gebliebenen Fahrzeugs obliegende Pflicht, können auch andere Personen, die nicht Unfallbeteiligte sind, übernehmen. Von den jeweiligen Um-ständen des Einzelfalls hängt es ab, ob ein Fahrzeug, das auf dem Seitenstrei-fen einer Autobahn zum Stehen gekommen ist, entsprechend § 15 StVO gesi-chert werden muss (OLG Hamm, Beschluss vom 9. November 1973 - 1 Ss OWi 1338/73, VRS 47, 65; OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Mai 1979 - 2 Ss OWi 194/79, VRS 58, 281, 282; Janker in Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl., § 15 StVO Rn. 5). Hierfür sind unter anderem die Beschaffenheit der Straße, der Standort des Fahrzeugs sowie die Licht- und Sichtverhältnisse maßgeblich. Bei einem auf dem Seitenstreifen einer Autobahn stehenden Fahr-zeug kann es darauf ankommen, wie breit der Seitenstreifen ist, welcher Zwi-schenraum zwischen der linken Seite des Fahrzeugs und dem rechten Rand des rechten Fahrstreifens verbleibt, welche Lichtverhältnisse herrschen, aus welcher Entfernung das stehende Fahrzeug für andere Verkehrsteilnehmer zu erkennen ist sowie ob dadurch andere Verkehrsteilnehmer irritiert werden kön-nen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 9. November 1973 - 1 Ss OWi 1338/73, VRS 47, 65).
12 bb) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es im Streitfall einer Absicherung der Unfallstelle durch Aufstellen eines Warndreiecks nicht wirklich bedurft habe, begegnet zwar keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie wird gestützt durch die Feststellungen des Landgerichts zur Örtlichkeit und den Sichtverhältnissen an der Unfallstelle. Danach war die Unfallstelle übersichtlich, weil die Fahrbahn im Unfallbereich entlang eines Gefälles in einer leichten Rechtskurve verläuft. Trotz Dunkelheit war das Fahrzeug des Beklagten zu 3, das mit eingeschalteter Warnblinkanlage vollständig auf dem Seitenstreifen stand, für den herannahenden Verkehr hinreichend erkennbar. Die Notwendig-keit, ein Warndreieck aufzustellen, war mithin nicht wirklich gegeben. Jedoch hat das Berufungsgericht mit Recht einen Mitverschuldensvorwurf verneint, weil dem Kläger nicht vorzuwerfen ist, dass er in der Unfallsituation die Lage anders beurteilt, danach gehandelt und sich dadurch in die Gefahr der Verletzung ge-bracht hat.
13 Wenn ein Verkehrsteilnehmer unmittelbar nach einem Unfall im Straßen-verkehr nicht die aus nachträglicher Sicht vernünftigste Maßnahme ergreift, folgt hieraus nicht zwangsläufig ein (Mit-)Verschuldensvorwurf (vgl. Senatsurteil vom 28. September 1976 - VI ZR 219/74, VersR 1977, 36, 37). Objektiv falsche Reaktionen von Verkehrsteilnehmern stellen nach ständiger Senatsrechtsprechung dann kein schuldhaftes Verhalten im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB dar, wenn der Verkehrsteilnehmer in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht voraussehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgerechte unternimmt, um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlicher Bestürzung objektiv falsch reagiert (Se-nat, Urteil vom 28. September 1976 - VI ZR 219/74, VersR 1977, 36; vom 4. November 2008 - VI ZR 171/07, VersR 2009, 234 Rn. 10 m.w.N.). In einer vergleichbaren Situation kann sich ein Unfallhelfer oder ein Unfallbeteiligter nach einem Unfall befinden, bei dem das Ausmaß der Gefährdung und der Hil-febedürftigkeit der einzelnen Unfallbeteiligten und anderer Verkehrsteilnehmer nicht immer sogleich zutreffend erkannt werden kann. So liegt der Fall hier.
14 Für den Kläger war schwer zu beurteilen, ob ein Warndreieck zur zusätz-lichen Absicherung der Unfallstelle erforderlich war. Für die zusätzliche Absi-cherung durch ein Warndreieck sprach, dass es zur Unfallzeit dunkel war und sich auf den Fahrbahnen teilweise eine Schneedecke bildete, welche die Fahr-streifenmarkierungen zumindest teilweise verdeckte. Die Befürchtung, heran-nahende Verkehrsteilnehmer könnten allein aufgrund der Warnblinkanlage nicht rechtzeitig erkennen, ob die auf dem Seitenstreifen stehenden Fahrzeuge in die Fahrbahn hineinragen, lag unter diesen Umständen nahe.
15 cc) Das Berufungsgericht musste ein unfallursächliches Mitverschulden des Klägers auch nicht deshalb annehmen, weil der Kläger, wie die Beklagten behauptet haben, während der Entnahme des Warndreiecks den herannahen-den Verkehr unbeobachtet ließ. Zwar ist ein Verkehrsteilnehmer, der bei einem Unfall oder einer Panne Hilfe leistet, nicht von der Pflicht befreit, sich um seinen eigenen Schutz zu bemühen. Er muss sich im eigenen Interesse umsichtig ver-halten und das Risiko, infolge seiner Hilfeleistung selbst verletzt zu werden, möglichst ausschalten (Senatsurteile vom 2. Dezember 1980 - VI ZR 265/78, VersR 1981, 260 und vom 17. Oktober 2000 - VI ZR 313/99, VersR 2000, 76, 77 m.w.N.). Auch hat der erkennende Senat mehrmals den Aufenthalt auf dem Seitenstreifen einer mehrspurigen Fahrbahn, ohne Beobachtung des rückwärti-gen Verkehrs, um sich bei Herannahen eines anderen Fahrzeugs in Sicherheit zu begeben, als unfallursächliches Mitverschulden gewertet (Senat, Urteil vom 28. September 1976 - VI ZR 219/74, VersR 1977, 36, 37; vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2000 - VI ZR 313/99, VersR 2001, 76, 77 m.w.N.). Jedoch ist für den Vorwurf des Mitverschuldens das Ausmaß der Selbstgefährdung im kon-kreten Fall ausschlaggebend. Dieses bestimmt sich insbesondere nach den Sichtverhältnissen des nachfolgenden Verkehrs auf das auf dem Seitenstreifen mit eingeschalteter Warnblinkanlage abgestellte Fahrzeug, dem in Anspruch genommenen Verkehrsraum und der Dauer des zum Aufstellen des Warndrei-ecks erforderlichen Zeitraums (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1970 - VI ZR 116/69, NJW 1971, 431, 432).
16 Im Streitfall spricht gegen ein Verschulden des Klägers gegen sich selbst, dass an dem Unfallfahrzeug und dem davor stehenden Fahrzeug des Klägers jeweils die Warnblinkleuchten eingeschaltet waren, wodurch der nach-folgende Verkehr auf die allgemeine Gefahrenstelle hingewiesen und zu vor-sichtiger Fahrweise angehalten wurde (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 2 StVO). Da der Sei-tenstreifen vom fließenden Verkehr nicht befahren werden darf (§ 2 Abs. 1 StVO), das Fahrzeug des Beklagten zu 3 aber vollständig auf dem Seitenstrei-fen stand, musste der Kläger in diesem Bereich auch nicht mit nachfolgendem Verkehr rechnen und sich davor in Sicherheit bringen. Die Entnahme eines Warndreiecks aus dem Kofferraum nimmt zudem nur einen sehr kurzen Zeit-raum in Anspruch. Entgegen der Auffassung der Revision widerspricht die im Streitfall zutreffende Beurteilung durch das Berufungsgericht auch nicht derjeni-gen des Oberlandesgerichts Hamm im Urteil vom 29. März 1994 (27 U 219/93, VersR 1995, 1066). Der diesem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem Streitfall nicht vergleichbar.
17 2. Die Revision des Klägers
18 Die Revision des Klägers ist begründet.
19 a) Die Beklagten zu 3 und 5 haften dem Grunde nach in vollem Umfang gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 3 Nr. 1 PflVG a.F. (nunmehr § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG). Die Haftung aus Verschulden kommt hinsichtlich der Beklagten zu 4 nicht in Betracht, weil sie Vermieterin des vom Beklagten zu 3 geführten Fahr-zeugs und somit lediglich dessen Halterin war.
20 Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass zwischen dem durch den Beklagten zu 3 verschuldeten Unfall und den Verletzungen des Klägers der haf-tungsbegründende Zurechnungszusammenhang für die Verschuldenshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB nicht gegeben sei, begegnet durchgreifenden rechtli-chen Bedenken. Zwar lassen sich allgemein verbindliche Grundsätze, in wel-chen Fällen ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang bejaht oder verneint werden muss, nicht aufstellen. Letztlich kommt es auf eine wer-tende Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls an (Senatsurteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, VersR 2004, 529, 530). So kann der Verursachungsbeitrag eines Zweitschädigers einem Geschehen eine Wendung geben, die die Wertung erlaubt, dass die durch den Erstunfall geschaffene Ge-fahrenlage für den Zweitunfall von völlig untergeordneter Bedeutung ist und ei-ne Haftung des Erstschädigers nicht mehr rechtfertigt (Senat, Urteil vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, aaO). Eine solche Wertung kann etwa dann möglich sein, wenn es zu einem Zweitunfall deshalb kommt, weil dessen Verursacher ordnungsgemäße und ausreichende Absicherungsmaßnahmen nicht beachtet, die nach einem die Fahrbahn versperrenden oder verengenden Erst-unfall getroffen worden sind (Senatsurteile vom 20. Juni 1969 - VI ZR 32/68, VersR 1969, 895, 896 und vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03, aaO). So liegt der Streitfall nicht. Der erkennende Senat vermag die Auffassung des Beru-fungsgerichts nicht zu teilen, dass das durch den ersten Schleudervorgang ge-schaffene Schadensrisiko bis zum zweiten Unfall bereits vollständig abgeklun-gen gewesen sei. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass das auf dem Seitenstreifen stehende Fahrzeug des Beklagten zu 3 das nachfolgende Unfall-geschehen maßgeblich beeinflusste, weil erst die durch die Absicherung des Pkw der Beklagten zu 4 bedingte Anwesenheit des Klägers auf dem Seitenstrei-fen unmittelbar zu dessen Schädigung führte. Auch wenn es unter den gegebe-nen Umständen der weiteren Absicherung des Unfallfahrzeugs durch das Auf-stellen eines Warndreiecks nicht bedurfte, was das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, durfte sich der Kläger jedenfalls für verpflichtet halten, an der Unfallstelle ein Warndreieck aufzustellen (vgl. §§ 15, 34 Abs. 1 StVG), und sich deshalb kurzzeitig auf dem Standstreifen aufhalten. Zudem hat sich in dem vom Beklagten zu 1 verschuldeten Zweitunfall nicht ausschließlich die durch die Straßenverhältnisse begründete allgemeine Unfall-gefahr verwirklicht. Auch wenn die Gefahr, dass weitere Fahrzeuge ins Schleu-dern geraten, durch den winterlichen Straßenzustand und die unzureichende Bereifung des Pkw des Beklagten zu 1 begründet wurde, war für die Verletzung des Klägers entscheidend, dass sich dieser auf dem Seitenstreifen aufhielt. Zur Schädigung des Klägers kam es erst aufgrund des Zusammentreffens beider Unfallgeschehen. Haben sich die durch den Schleudervorgang des Beklagten zu 3 entstandenen Gefahren somit in dem nachfolgenden Unfallgeschehen erst in der Verletzung des Klägers ausgewirkt, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang mit dem vom Beklagten zu 3 verschuldeten Unfall nicht verneint werden.
21 b) Das Berufungsgericht hält irrigerweise auch Ansprüche des Klägers aus Gefährdungshaftung gemäß §§ 7, 18 StVG, § 3 PflVG a.F. (nunmehr § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG) gegen die Beklagten zu 3 bis 5 für nicht gegeben.
22 aa) Die Haftung nach den §§ 7 ff. StVG ist nicht bereits gemäß § 8 Nr. 2 StVG ausgeschlossen.
23 Nach der Regelung in § 8 Nr. 2 StVG gelten die Vorschriften des § 7 StVG nicht, wenn der Verletzte u.a. bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig war. § 8 Nr. 2 StVG erfasst Personen, die durch die unmittelbare Beziehung ihrer Tätigkeit zum Betrieb des Kraftfahrzeugs den von ihm ausgehenden be-sonderen Gefahren stärker ausgesetzt sind als die Allgemeinheit, auch wenn sie nur aus Gefälligkeit beim Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig geworden sind (Senatsurteil vom 16. Dezember 1953 - VI ZR 131/52, NJW 1954, 393; Dauer in Hentschel/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 8 StVG Rn. 3 f.; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 19 Rn. 10). Der Sinn und Zweck des gesetzlichen Haftungsausschlusses besteht darin, dass der er-höhte Schutz des Gesetzes demjenigen nicht zuteil werden soll, der sich durch seine Tätigkeit den besonderen Gefahren des Kraftfahrzeugbetriebs freiwillig aussetzt. Als Ausnahmevorschrift ist die Bestimmung des § 8 Nr. 2 StVG eng auszulegen. Für die Anwendung des § 8 StVG kommt es nicht auf die Art der Tätigkeit zur Zeit eines Schadensfalles an, sofern sie nur der Förderung des Betriebes des Kfz dient. Doch setzt die Tätigkeit bei dem Betrieb eines Kfz im Allgemeinen eine gewisse Dauer voraus, wie sie beispielsweise der Fahrer im Verkehr ausübt. Fehlt es an einer Dauerbeziehung, wie es bei gelegentlichen Hilfeleistungen an dem Betriebe unbeteiligter Personen der Fall ist, so kann eine den Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG herbeiführende Tätigkeit nach Sinn und Zweck des Gesetzes nur angenommen werden, wenn sie in einer so nahen und unmittelbaren Beziehung zu den Triebkräften des Kfz steht, dass der Tätige nach der Art seiner Tätigkeit den besonderen Gefahren des Kfz-Betriebs mehr ausgesetzt ist als die Allgemeinheit (vgl. Senat, Urteil vom 16. Dezember 1953 - VI ZR 131/52, aaO). Die Haftungsfreistellung nach § 8 Nr. 2 StVG greift mithin nicht zu Gunsten der Beklagten zu 3 bis 5 ein.
24 bb) Der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich in der Verletzung des Klägers nicht die Betriebsgefahr, die vom Fahrzeug des Beklagten zu 4 ausgeht, realisiert hat, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Bei der Frage, ob der Kläger "bei dem Betrieb" des vom Beklagten zu 3 geführ-ten Fahrzeugs verletzt worden ist, ist nicht nur auf die zum Erstunfall führenden Fahrvorgänge abzustellen. Vielmehr kann, worauf die Revision der Beklagten zu 1 und 2 im Ausgangspunkt zutreffend hinweist, auch von einem auf dem Sei-tenstreifen einer Autobahn stehenden Kraftfahrzeug (vgl. König in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 7 StVG Rn. 8) und von einem nach einem Unfall liegen gebliebenen Kraftfahrzeug bei bereits ordnungsgemäß abgesicher-ter Unfallstelle noch eine Betriebsgefahr ausgehen (vgl. Senatsurteile vom 9. Januar 1959 - VI ZR 202/57, BGHZ 29, 163, 165 ff.; vom 25. Oktober 1994 - VI ZR 107/94, VersR 1995, 90, 92 und vom 16. April 1996 - VI ZR 79/95, VersR 1996, 856, 857; Kaufmann in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 25 Rn. 58). Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinfluss-ten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausge-hende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Ob dies der Fall ist, muss mit-tels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden (Senatsurteile vom 5. Juli 1988 - VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 66 f.; vom 2. Juli 1991 - VI ZR 6/91, BGHZ 115, 84, 86; vom 18. Januar 2005 - VI ZR 115/04, VersR 2005, 566 und vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04, VersR 2005, 992, 993; BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 - III ZR 14/90, BGHZ 113, 164, 165). So hat der Senat entschieden, dass auch von einem Kraftfahrzeug, das auf der Fahrbahn einer für den Schnellverkehr bestimmten Straße liegen geblieben ist, eine Betriebsgefahr ausgeht (Senat, Urteile vom 9. Januar 1959 - VI ZR 202/57, BGHZ 29, 163, 165 ff. und vom 18. März 1969 - VI ZR 217/67, VersR 1969, 668, 669). Allerdings reicht nicht die bloße Anwe-senheit des Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle aus, vielmehr muss das Kraft-fahrzeug durch die Fahrweise oder eine sonstige mit dem Betrieb zusammen-hängende Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen haben (Senatsurteile vom 11. Juli 1972 - VI ZR 86/71, VersR 72, 1074 f.; vom 4. Mai 1976 - VI ZR 193/74, VersR 1976, 927; vom 19. April 1988 - VI ZR 96/87, VersR 1988, 641 und vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04, VersR 2005, 992, 993). Die Zurechnung eines Unfalls zur Betriebsgefahr eines Fahrzeugs kann dann unterbrochen sein, wenn nach einem Erstunfall die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen getroffen worden sind, ehe es zu einem weiteren Unfall kommt (Senat, Urteil vom 20. Juni 1969 - VI ZR 32/68, VersR 1969, 895, 896).
25 Die vom Berufungsgericht vertretene - in Bezug auf die Gefährdungshaf-tung nicht näher begründete - Auffassung, die vom Fahrzeug der Beklagten zu 4 ausgehende Betriebsgefahr habe sich im Hinblick auf die Verletzung des Klägers nicht ausgewirkt, begegnet danach durchgreifenden rechtlichen Beden-ken. Durch das beim Betrieb des Fahrzeugs der Beklagten zu 4 entstandene Unfallgeschehen wurde der Kläger veranlasst, sich im Bereich des Seitenstrei-fens aufzuhalten, um eine Sicherungsmaßnahme vorzunehmen. Zwar hat den zur Verletzung des Klägers führenden Schleudervorgang des Fahrzeugs des Beklagten zu 1 das zuerst verunfallte Fahrzeug der Beklagten zu 4 nicht ausgelöst. Auch ohne das auf dem Seitenstreifen stehende Fahrzeug der Beklagten zu 4 hätte der auf dem mittleren Fahrstreifen in einer der Witterung nicht ange-passten Weise fahrende Beklagte zu 1 die Kontrolle über sein Fahrzeug verlo-ren. Jedoch war der Kläger aufgrund des beim Betrieb entstandenen Unfalls auf dem Seitenstreifen tätig, um durch das Aufstellen eines Warndreiecks die Un-fallstelle den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften entsprechend abzusi-chern. Er hatte die erforderlich erscheinenden Sicherungsmaßnahmen nach dem Erstunfall gerade noch nicht abgeschlossen, als er vom Fahrzeug des Be-klagten zu 1 erfasst und verletzt worden ist. Das vom Beklagten zu 3 ausgelös-te Unfallgeschehen ist somit auch dem Betrieb des Fahrzeugs der Beklagten zu 3 bis 5 zuzurechnen.
26 Da der Kläger weder Halter noch Führer eines beteiligten Fahrzeugs war, kommt eine Anspruchskürzung nach §§ 17, 18 StVG nicht in Betracht. Mithin haften die Beklagten zu 1 bis 5 dem Kläger als Gesamtschuldner in vollem Um-fang.
27 3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.