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Wirtschaftsrecht
31.10.2013
Wirtschaftsrecht
OLG Dresden: Vertrieb von Inhaberschuldverschreibungen

OLG Dresden,  Urteil vom 26.9.2013, 8 U 1510/12


Leitsätze


1. § 18 Abs. 2 Satz 2 und 3 VerkProspG führen bei Erwerbshandlungen ab dem 01.07.2005 nur dann zur Anwendung des vor dem 01.07.2005 geltenden Verkaufsprospekthaftungsrechts, wenn der Prospekt vor dem 01.07.2005 unter Beachtung der Vorschriften der §§ 8, 8a und 9 VerkProspG veröffentlicht worden ist.


2. Bei unterjährigen Inhaberteilschuldverschreibungen, die ab dem 01.07.2005 an Kleinanleger vertrieben worden sind, handelt es sich nicht um Geldmarktinstrumente im Sinne des § 2 Nr. 1 WpPG.


3. Der "initiierende Hintermann" haftet bei dem Vertrieb von prospektpflichtigen Wertpapieren ohne Prospekt nach § 13a VerkProspG al "Emittent".


4. Erfolgt der Erwerb von Inhaberteilschuldverschreibungen nicht durch Zahlung von Geld, sondern durch "Umtausch" demnächst fälliger Inhaberteilschuldverschreibungen des selben Emittenten, so bestimmt sich der "Erwerbspreis" im Sinne des § 13a VerkProspG (heute: § 21 VermAnlG) und § 44 BörsG (heute: § 20 VermAnlG) nach den nach außen hin hervorgetretenen Preisvorstellungen der Parteien.


5. Jedenfalls dann, wenn nicht börsennotierte Inhaberteilschuldverschreibungen fortgesetzt unter missbräuchlicher Nutzung von Nachträgen vertrieben werden, können sich die Prospektverantwortlichen nicht auf den Ablauf der 6-Monats-Frist des § 44 BörsG berufen, wenn zwischen dem Beginn des Vertriebs auf Grundlage des letzten Nachtrags und dem Erwerb noch nicht mehr als 6 Monate vergangen sind.


Sachverhalt


I.


Die miteinander verheirateten Kläger machen gegen die Beklagten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Inhaberteilschuldverschreibungen (im Folgenden auch: IHS) der Wxxx (im Folgenden: W.) Ansprüche wegen Verwendung fehlerhafter Verkaufsprospekte sowie Schadensersatzansprüche aus Deliktsrecht geltend.


Die W. war, nachdem bereits im Dezember 1989 über ihr Vermögen ein Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt worden war, nach Rücknahme des Antrags am 07.02.1990 ab Dezember 1991 zunächst der xxx oHG (im Folgenden: oHG) und danach dem Beklagten zu 3), firmierend als xxx e.K. (im Folgenden: e.K.), durch einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag unterworfen. Der Beklagte zu 3) war auch Mehrheitsaktionär der W. (im Jahr 2006 hielt er 74% der Aktien) und war bis zum 30.11.1999 ihr Vorstand.


Zum 01.12.1999 wurde der Beklagte zu 1) zum Vorstand der W. bestellt. Bereits ab Mitte 1999 gab die W. Inhaberteilschuldverschreibungen in insgesamt 25 Tranchen an mehr als 35.000 Kapitalanleger aus, wobei in den Jahren 1999 bis 2001 jeweils eine IHS herausgegeben wurde, im Jahr 2002 vier, im Jahr 2003 und 2004 jeweils fünf, im Jahr 2005 sechs  und in 2006 noch zwei Tranchen von IHS. Zudem wurden bei mehreren Tranchen von IHS durch Nachträge die Zeichnungsfristen verlängert sowie teilweise auch das Emissionsvolumen erhöht. Die Verbindlichkeiten der W. aus diesen Anleihen stiegen auf über 200 Mio €. In den Jahren 1999 bis 2004 zahlte die W. an eine xxx GmbH Beträge in Höhe von über 18 Mio € und an den Beklagten zu 3) mehr als 86 Mio €; unter Einbeziehung der Zahlungen an den Beklagten zu 3) in den Jahren 2005 und 2006 sind von 1999 bis 2006 insgesamt Zahlungen in Höhe von knapp 100 Mio € an den Beklagten zu 3) geflossen.


Die Kläger erwarben folgende streitgegenständliche Inhaberteilschuldverschreibungen:


a) Die Klägerin zu 1) erwarb vier IHS mit einem Nennwert von jeweils 2.500,00 € der Tranche mit der ISIN-Nr. xxx (im Folgenden: IHS 19) mit Zeichnungsdatum vom 17.03.2005 zum Preis von insgesamt 10.000 €. Bei der IHS 19 handelte es sich um eine Schuldverschreibung mit 6,75 % Zinsen und einer Laufzeit von fünf Jahren. Der zugehörige Verkaufsprospekt "Ausgewogene Konditionen." ist nach Angaben des amtlichen Internetauftritts der BaFin am 22.02.2005 im Handelsblatt veröffentlicht worden und am 24.02.2005 erstmals öffentlich angeboten worden.


b) Ferner tauschte die Klägerin zu 1) Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 15 im Nennwert von insgesamt 10.000,00 € mit Zeichnungsdatum vom 01.04.2005 in IHS der Tranche IHS 19 um.


c) Mit Zeichnungsdatum vom 15.09.2005 tauschte die Klägerin zu 1) zuvor erworbene IHS der Tranche IHS 17 im Nennwert von insgesamt 5.000,00 € in Inhaberteilschuldverschreibungen der ISIN-Nr. xxx (im Folgenden: IHS 21) um. Diese Inhaberteilschuldverschreibung hatte eine Laufzeit von unter einem Jahr und einen Zinssatz von 5,5 %. Der diesbezügliche Verkaufsprospekt "Der richtige Weg!" wurde im Juni 2005 erstellt.


d) Der Kläger zu 2) erwarb mit Zeichnungsdatum vom 15.09.2005 durch Umtausch zuvor inne gehabter Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 17 fünf Inhaberteilschuldverschreibungen im Nennwert von insgesamt 5.000,00 € der Tranche IHS 19 (vgl. oben a). Mit einem Nachtrag vom 22.06.2005 hatte die W. zu dieser IHS die Zeichnungsfrist bis zum 31.12.2005 verlängert und mitgeteilt, dass eine Veröffentlichung der Bilanz für das Geschäftsjahr 2004 erfolge.


e) Ferner erwarb der Kläger zu 2) mit Wirkung zum 01.12.2005 durch Umtausch bereits zuvor gehaltener Inhaberteilschuldverschreibungen mit der WKN xxx (im Folgenden IHS 2/1 - die zweite Tranche der Inhaberschuldverschreibungen wurde mit zwei unterschiedlichen WKN vertrieben) vier Inhaberteilschuldverschreibungen mit einem Nennwert von insgesamt 10.000 € der Tranche mit der ISIN-Nr. xxx (im Folgenden: IHS 16). Es handelte sich hierbei um eine Inhaberteilschuldverschreibung mit einer Laufzeit von fünf Jahren zu einem Zinssatz von 6,75 %. Im Handelsblatt vom 01.10.2004 wurde bekannt gemacht, dass der Verkaufsprospekt "Erlesene Rendite." zur kostenlosen Abgabe am Firmensitz der W. bereit gehalten werde. Am gleichen Tag wurde das Wertpapier nach den unstreitigen Parteiangaben erstmals öffentlich angeboten. Mit Nachtrag vom 11.03.2005, veröffentlicht im Handelsblatt vom 14.03.2005, wurde das Volumen der Emission von 20 Mio € auf 40 Mio € erhöht und die ursprünglich zum 31.03.2005 endende Zeichnungsfrist bis zum 30.06.2005 verlängert. Mit einem zweiten Nachtrag vom 22.06.2005 wurde das Volumen der Anleihe auf nunmehr 80 Mio € erhöht und die Zeichnungsfrist nochmals bis zum 31.12.2005 verlängert. Die W. erklärte mit Schreiben vom 25.04.2005, eine Umtauscherklärung des Klägers zu 2) mit Wirkung zum 01.12.2005 anzunehmen.


f) Mit Zeichnungsdatum vom 06.12.2005 erwarb die Klägerin zu 1) eine Inhaberteilschuldverschreibung mit der ISIN-Nr. xxx (im Folgenden: IHS 22) gegen Zahlung von 50.000 €. Bei der IHS 22 handelte es sich um eine unterjährige Inhaberteilschuldverschreibung mit einem Zinssatz von 5,5 % zuzüglich Bonuszinsen von 1,5 % bei einer 10%igen Steigerung der Bilanzsumme; der Mindestzeichnungsbetrag betrug 50.000,00 €. Der zugehörige Prospekt "Maßgeschneidert!" stammt vom November 2005.


Zu einer Rückzahlung und der Zahlung von Zinsen kam es infolge der Insolvenz der W. nicht mehr. Diese hatte am 19.06.2006 Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.


Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Mit dieser hat das Landgericht die Klage abgewiesen, soweit sich diese auch gegen die Beklagten zu 2) und zu 4) als frühere Wirtschaftsprüfer der W. gerichtet hat und soweit die Kläger über den Rechtshängigkeitszins hinaus entgangenen Gewinn geltend gemacht hatten. Im Übrigen hat es der Klage gegenüber den Beklagten zu 1) und zu 3) stattgegeben. Es hat angenommen, dass nur auf den Erwerb der IHS 22 das Verkaufsprospektgesetz in der ab dem 01.07.2005 gültigen Fassung anzuwenden und dass im Übrigen aufgrund der Überleitungsvorschrift des § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG § 13 VerkProspG in der zuvor geltenden Fassung anzuwenden sei. Den Klägern stünden jeweils aus § 13 VerkProspG i.V.m. § 44 BörsG Rückabwicklungsansprüche gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) zu. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.


Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Beklagten zu 1) und zu 3).


Der Beklagte zu 1) ist der Ansicht, das Landgericht habe die Anforderungen an Verkaufsprospekte verkannt. Die Veröffentlichung  der  Prospekte  zur IHS 16 und IHS 19 seien von der BaFin gestattet worden; die IHS 21 und die IHS 22 hätten als unterjährige Anleihen keiner Gestattung bedurft. Der Beklagte zu 1) sei nicht Prospektverantwortlicher, da er lediglich den Prospekt unterzeichnet habe, verantwortlich sei der Beklagte zu 3). Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.09.2011 (XI ZR 374/11), in der der Bundesgerichtshof den Verkaufsprospekt zur IHS 16 als fehlerhaft behandelt, stehe nicht in der Kontinuität der Haftungsrechtsprechung des BGH und dehne den Verbraucherschutz im Kapitalanlagerecht ins Uferlose aus. Im Übrigen sei er exkulpiert, da in einem Wettbewerbsprozess vor dem Landgericht Leipzig Herr Prof. S. gutachterlich bestätigt habe, dass der Verkaufsprospekt in Ordnung sei. Der Beklagte zu 1) sei kein Jurist und habe zwischen Wettbewerbsrecht und Prospekthaftungsrecht nicht unterschieden, sondern annehmen dürfen, dass an dem Prospekt an sich nichts zu beanstanden sei. Auch ergebe sich aus einem Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei M. vom Juni 2005, dass der Beklagte zu 1) stets und ständig juristischen Rat eingeholt habe. Die federführenden Berater der W., die Professoren B. und A., hätten die Handhabung des Ergebnisübernahmevertrages ebenso wenig für bedenklich gehalten, wie dessen Erläuterung in den Prospekten und dies gegenüber dem Beklagten zu 1) auch geäußert. Herr Prof. B. habe bei umfassenden Erörterungen zur Prospektgestaltung im Rahmen von sogenannten "Mittwochsrunden" bei dem Beklagten zu 3) zu Risikohinweisen geraten, von einer Erweiterung in Bezug auf den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag aber abgeraten, da dies den plakativen Totalverlusthinweis nur verwässern würde. Der Kläger zu 2) habe keinen Anspruch aus § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG, da die Erwerbe außerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG erfolgt seien. Anders als vom Landgericht angenommen, sei bei der Berechnung der Sechs-Monats-Frist auf das erste öffentliche Angebot des Ursprungsprospektes und nicht auf den Zeitpunkt des ersten öffentlichen  Angebots des jeweiligen Nachtrags abzustellen. Es bleibe bestritten, dass den Klägern bei der jeweiligen Zeichnung der jeweilige Verkaufsprospekt vorgelegen habe.


Der Beklagte  zu 3) ist der Ansicht, dass keine Prospektfehler vorlägen.


Der Beklagte zu 1) beantragt,


das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 31.08.2012 - 2 0 2885/07 - insoweit aufzuheben, als er verurteilt worden ist, und die Klage insgesamt abzuweisen.



Nachdem der Beklagte zu 3) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 18.04.2013 nicht vertreten war, ist gegen ihn das Teilversäumnisurteil vom 16.05.2013, mit dem seine Berufung zurückgewiesen wurde, ergangen. Nach Einlegung eines Einspruchs beantragt der Beklagte zu 3),


das Versäumnisurteil des Senats vom 16.05.2013 aufzuheben und das angefochtene Urteil des Landgerichtes Leipzig vom 31.08.2012 - 2 O 2885/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.


Die Kläger beantragen,


die Berufung des Beklagten zu 1) zurückzuweisen und das Versäumnisurteil des Senats vom 16.05.2013 aufrechtzuerhalten.


Die Kläger verteidigen die angefochtene Entscheidung.



Der Senat hat die Parteien darauf hingewiesen, dass für die Frage des anwendbaren Rechts hinsichtlich der nach dem 01.07.2005 erworbenen Inhaberteilschuldverschreibungen entscheidungserheblich sein könne, ob Verkaufsprospekte sowie Nachträge nach den Vorschriften des Verkaufsprospektgesetzes a.F. in der dort vorgeschriebenen gesetzlichen Form veröffentlicht worden sind. Ferner hat der Senat darauf hingewiesen, dass sich die Frage stellt, worin der "Erwerbspreis" im Sinne des § 13 VerkProspG und § 13a VerkProspG liegt, wenn Inhaberteilschuldverschreibungen durch Umtausch erworben werden. Zudem hat der Senat darauf hingewiesen, dass bei der Inhaberteilschuldverschreibung der Tranche IHS 22 die Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 4 Wertpapierprospektgesetz (WpPG) einschlägig sein und deshalb keine Prospektpflicht bestanden haben könnte.



Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des ergänzenden Sachvortrags der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze, die Hinweise des Senats in den Beschlüssen vom 16.05.2013 und 12.07.2013, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 18.04.2013 und 29.08.2013 sowie auf das Teilversäumnisurteil vom 16.05.2013 Bezug genommen.


Aus den Gründen


II.


Die  - zulässigen - Berufungen der Beklagten sowie der zulässige Einspruch des Beklagten zu 3) gegen das Teilversäumnisurteil haben in der Sache keinen Erfolg:


A.


Die Beklagten haften der Klägerin zu 1) aus § 13 VerkProspG in der vor dem 01.07.2005 geltenden Fassung (im Folgenden: VerkProspG a.F.) i.V.m. § 44 BörsG a.F. gesamtschuldnerisch auf Zahlung von 10.000,00 € Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den vier im Tenor unter Ziffer V. näher bezeichneten Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 19, die die Klägerin mit Zeichnung vom 17.03.2005 gegen Zahlung von 10.000,00 € von der W. erworben hat.


1.


Zu Recht legt das Landgericht zugrunde, dass für diesen Erwerbsvorgang aufgrund von § 18 Abs. 2 Satz 3 und 4 VerkProspG das Verkaufsprospektgesetz a.F. anzuwenden ist. Nach dieser Vorschrift sind auf Verkaufsprospekte, die vor dem 01.07.2005 veröffentlicht worden sind, § 13 VerkProspG und die Vorschriften der §§ 45 ff. BörsG (richtig: §§ 44 ff. BörsG) weiterhin anzuwenden; befristet bis zum 30.06.2006 gilt dies zudem auch für die weiteren Vorschriften des VerkProspG a.F. Die Wertpapiere wurden bei diesem Erwerbsvorgang vor dem 01.07.2005 aufgrund des Verkaufsprospektes zur IHS 19 erworben, der nach unstreitiger Billigung durch die BaFin ausweislich der Internetseite der BaFin am 22.02.2005 in einem Börsenpflichtblatt und damit entsprechend den Vorschriften des VerkProspG a.F. (vgl. § 8a Abs. 1 und  § 9 Abs. 3 S. 1 VerkProspG a.F.) veröffentlicht worden ist.


2.


Wie der Bundesgerichtshof bereits zu dem Prospekt zur IHS 19 "Ausgewogene Konditionen." entschieden hat (BGH, Urt. v. 18.09.2012, XI ZR 344/11), ist der Prospekt aus der Sicht der von ihm angesprochenen Anleger unvollständig:


2.1


Ein Verkaufsprospekt hat nicht nur nach den Maßstäben der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, sondern auch im Rahmen des hier anzuwendenden § 13 VerkProspG a.F. alle für die Beurteilung der Wertpapiere wichtigen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse möglichst zeitnah darzustellen und durch seine Aussagen von den Verhältnissen und der Liquiditätslage des Unternehmens, dessen Wertpapiere zum Verkauf angeboten werden, dem interessierten Publikum ein zutreffendes Gesamtbild zu vermitteln. Hierbei sind solche Angaben als wesentlich anzusehen, die ein Anleger "eher als nicht" bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Dabei ist auf dem Empfängerhorizont abzustellen. Wenn sich der Emittent  - wie hier - ausdrücklich auch an das unkundige und börsenunerfahrene Publikum  wendet, kann er dabei von dem durchschnittlich angesprochenen Kleinanleger auch nicht erwarten, dass er eine Bilanz lesen kann.


2.2


Nach diesen Grundsätzen ist das Landgericht  - im Einklang mit der nach der Entscheidung des Landgerichts ergangenen o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum gleichen Prospekt - im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Heranziehung der § 2 und § 5 Nr. 6 VerkProspVO in der bis zum 30.06.2005 geltenden Fassung zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Prospekt "Ausgewogene Konditionen." in Bezug auf den zwischen der W. und dem Beklagten zu 3) bestehenden Beherrschungsvertrag unvollständig ist. Zu den tatsächlichen rechtlichen Verhältnissen, die für die Beurteilung der angebotenen Wertpapiere notwendig und daher richtig und vollständig darzustellen sind, gehört auch die Möglichkeit einer Erteilung der nachteiliger Weisungen durch den Beklagten zu 3) an die W. und die damit verbundene erhöhte Gefahr für die Rückzahlung der Anlagegelder (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 29). Mit der bloßen Erwähnung des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages wird die Einflussmöglichkeit des beherrschenden Beklagten zu 3) auf die W. und insbesondere deren vollständig verschwiegener Umfang verheimlicht, so dass der durchschnittliche Kleinanleger auch bei sorgfältiger und eingehender Lektüre des Prospektes nicht erkennen konnte, dass der Beklagte zu 3) aufgrund seines Weisungsrechts der W. unabhängig von deren Ertragslage zu seinem Vorteil und deren Nachteil Kapital entziehen und so die Einlagen der Anleger zweckentfremden konnte. Insoweit wird auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat voll inhaltlich anschließt, Bezug genommen.


2.3


Es kommt daher nicht darauf an, ob zumindest ein weiterer Prospektfehler darin liegt, dass auch die problematische Liquiditätslage der W. den Kleinanlegern in dem Prospekt "Ausgewogene Konditionen" verschwiegen wird.


3.


Die Beklagten sind verantwortliche Prospektveranlasser i.S.d. § 13 Abs. 1 VerkProspG a.F., § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG a.F.



3.1


Der Beklagte zu 3) ist Prospektverantwortlicher (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 35 ff.). Der Beklagte zu 3) ist als einzelkaufmännischer Unternehmer Konzernmutter der W. und damit nach der Gesetzesbegründung des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes (BT-Drs. 13/8933, S. 78) unmittelbarer Adressat der Veranlasserhaftung. Der Beklagte zu 3) verfügt über 74 % des Stammkapitals der W. und beherrschte diese über einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichtes sind die Prospekte mit seiner Kenntnis in den Verkehr gebracht worden. Dieser Feststellung des Landgerichtes, die im Einklang mit den Angaben in polizeilichen Protokollen von Mitarbeitern der W. (Frau L. - Anlage K22, Frau R. - Anlage K 23, Frau K. - Anlage K 24) und Mitgliedern des Aufsichtsrates der W. (Herr Dr. B. - Anlagen K 26 und K 32; Herr L. - Anlage K 30) steht  und an deren Richtigkeit der Senat auch unter Berücksichtigung der Schriftsätze der anderen Beklagten keinen Zweifel hat, ist der Beklagte zu 3) im Berufungsverfahren auch nicht entgegengetreten.



3.2


Der Beklagte zu 1) ist Prospektverantwortlicher i.S.d. § 44 Abs. 1 BörsG i.V.m. § 13 VerkProsG a.F. Er gehört als Vorstand zum Management der W., welche den Prospekt erstellte (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 07.12.2009, II ZR 15/08, Rn. 21 m.w.N.). Weder der Umstand, dass die W. bereits vor der Bestellung des Beklagten zu 1) zum Vorstand eine Inhaberteilschuldverschreibung herausgegeben hatte, noch der Umstand, dass die W. ein beherrschtes Unternehmen war, lassen seine Stellung als Prospektverantwortlicher, der in die Gestaltung des Prospekts - er unterzeichnete den Prospekt - und den Vertrieb - die Annahme des Kaufantrags mit Schreiben der W. vom 29.04.2005 erfolgte in seinem Auftrag - eingebunden war, entfallen.



4.


Die Feststellungen des Landgerichts dazu, dass die Klägerin zu 1) die streitgegenständlichen IHS erworben hat, werden von den Beklagten im Berufungsverfahren nicht mehr angegriffen. Der Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.



Der Prospektfehler war für den Erwerb der IHS 19 durch die Klägerin zu 1) mitursächlich. Die insoweit darlegungspflichtigen Beklagten (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG a.F.; BGH, Urteil vom 18.09.2012, XI ZR l344/11, RN. 42) haben bereits keinen Beweis dafür angeboten, dass die Klägerin zu 1) die IHS ohne Kenntnis des Prospektes und unabhängig von dem Prospektfehler erworben hätte. Unabhängig davon hat der Senat aber auch keine Zweifel an der Feststellung des Landgerichts, dass den Klägern die jeweiligen Prospekte bei Zeichnung vorgelegen haben.



5.


Die Klägerin zu 1) hat die an dieser Stelle behandelten Wertpapiere auch innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG a.F. erworben: Das erste öffentliche Angebot zur IHS 19 stammt vom 24.02.2005; der Erwerbsvorgang  war - nachdem die Klägerin den Kaufantrag am 17.03.2005 unterzeichnet hatte - spätestens mit der Annahmeerklärung der W. mit Schreiben vom 29.04.2005 (Anlage K 1) abgeschlossen.



6.


Zu Recht hat das Landgericht ferner festgestellt, dass sich weder der Beklagte zu 1) noch der Beklagte zu 3) auf einen Haftungsausschluss gemäß § 45 Abs. 1 BörsG a.F. berufen können, da sie - wenn nicht vorsätzlich - zumindest in grob fahrlässiger Unkenntnis gehandelt haben. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass den Beklagten die verkürzte Darstellung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages bewusst gewesen ist oder sie - wenn sie tatsächlich nicht bewusst gewesen wäre - zumindest naheliegende Überlegungen hierzu nicht angestellt und dadurch grob fahrlässig gehandelt haben. Dies hat das Landgericht zutreffend aus der verschleiernden Gestaltung des Prospektes abgeleitet, in dem u.a. angegeben ist, dass der "Nettoerlös der Anleihe im Rahmen des Geschäftszwecks der Anleiheschuldnerin" verwendet werde. Auch hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagten zu 1) und zu 3) nicht dargelegt haben, welche eigenen Überlegungen sie zum Prospektinhalt angestellt hat. Ebenfalls zu Recht hat es den  erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten zu 1) dazu, er habe  sich von Rechtsanwalt Prof. B. beraten lassen und dieser habe ihm erklärt, ein Hinweis auf das Totalverlustrisiko reiche aus, weitere Risikohinweise seien als solche nicht erforderlich, für ungeeignet erachtet, sich zu exkulpieren. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass für den Beklagten zu 1) als Vorstand einer Aktiengesellschaft bekannt gewesen sein muss, dass eine derartige Auskunft mit der Rechtslage nicht ansatzweise im Einklang stand. Auf einen solchen Rat durfte er sich nicht verlassen, ohne völlig blauäugig und fahrlässig zu handeln.



Soweit der Beklagte zu 1) in zweiter Instanz weiteren ergänzenden Tatsachenvortrag zu Beratungsleistungen von Rechtsanwälten gehalten hat, ist sein neuer Sachvortrag nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte zu 1) hat keine Umstände dargelegt, wonach dieser Sachvortrag, der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten worden ist, nicht nur aus Nachlässigkeit in erster Instanz nicht gehalten worden ist. Soweit der Beklagte zu 1) auf einen Rechtsstreit vor dem Landgericht Leipzig und ein dort in diesem Zusammenhang erstelltes Gutachten von Prof. S. abstellt, ist zudem dieser Sachvortrag nicht geeignet, ihn zu exkulpieren. Das Gutachten befasst sich - auch für juristische Laien und erst recht für einen gelernten Notargehilfen wie den Beklagten zu 1) ersichtlich - ausschließlich mit Vorwürfen, die im einstweiligen Verfügungsverfahren erhoben worden sind. Dabei handelte es sich ausschließlich um das Fehlen eines Hinweises auf ein mögliches Insolvenzrisiko in Flyern, so dass das Gutachten auch lediglich die Schlussfolgerung enthält, dass es nicht notwendig sei, in einem Werbeflyer einen ausdrücklichen Hinweis auf ein Insolvenzrisiko aufzunehmen, sofern ein Hinweis auf das Insolvenzrisiko im Verkaufsprospekt abgedruckt sei. Selbst für juristische Laien ist ohne weiteres ersichtlich, dass damit kein Gutachten zur vollständigen Richtigkeit des Verkaufsprospektes vorlag; mit dieser Frage hat sich auch die Kammer für Handelssachen des Landgerichtes nicht befasst.



7.


Der Anspruch ist nicht verjährt. Das Landgericht hat rechtlich zutreffend ausgeführt, dass die kenntnisabhängige einjährige Verjährung nach § 46 BörsG a.F. bei Klagezustellung an die Beklagten am 25.08.2007 bzw. 27.08.2007 nur dann eingetreten wäre, wenn die Klägerin zu 1) bereits im August 2006 Kenntnis von den Prospektfehlern gehabt hätte; soweit in der angefochtenen Entscheidung das Jahr der Zustellungen mit 2008 bezeichnet ist, handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Derartiges ist von den Beklagten nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich. Auch die kenntnisunabhängige dreijährige Verjährung nach § 46 BörsG a.F. war - das Wertpapier wurde im Jahr 2005 erworben - bei Rechtshängigkeit der Klage im Jahr 2007 nicht abgelaufen.



8.


Gemäß § 13 VerkProspG a.F. i.V.m. § 44 BörsG a.F. haben die Beklagten als Gesamtschuldner den Klägern den Erwerbspreis - dies sind die gezahlten 10.000,00 € - Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche im Insolvenzverfahren zu erstatten.



9.


Diese Entscheidung beruht im Wesentlichen auf Fragestellungen, die der Bundesgerichtshof zu dem hier streitgegenständlichen Verkaufsprospekt bereits entschieden hat. Anlass, die Revision hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 10.000,00 € wegen dieses Erwerbsvorgangs zuzulassen, besteht nicht.




B.


Die Beklagten haften der Klägerin zu 1) aus § 13  VerkProspG a.F. i.V.m. § 44 BörsG a.F. gesamtschuldnerisch auf Zahlung von weiteren 10.000,00 € Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 19 mit den Coupon-Nummern 14138 bis 14141, die die Klägerin mit Zeichnung vom 01.04.2005 im Umtausch gegen andere Inhaberteilschuldverschreibungen von der W. erworben hat.



1.


Hinsichtlich der Frage des anzuwendenden Rechts sowie der Haftungsvoraussetzungen nach § 13 VerkProspG a.F. i.V.m. § 44 BörsG a.F. wird auf die Ausführungen unter A.1 bis A.7 Bezug genommen. Der Sachverhalt, der den gleichen Prospekt betrifft und bei dem der Erwerb nur 2 Wochen nach dem unter Ziffer A. behandelten Erwerb erfolgt ist, ist identisch, auch hier erfolgte der Erwerb bei Annahme des Tauschantrags der Klägerin mit Schreiben der W. vom 27.04.2005 innerhalb der Sechs-Monatsfrist des § 44 Abs. 1 BörsG.



2.


Allerdings hat hier die Klägerin zu 1) die Wertpapiere nicht gegen Zahlung von Geld erworben, sondern durch Umtausch bereits früher erworbener Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 15, die zum 15.06.2005 zur Rückzahlung fällig waren (vgl. Anlage K2 i.V.m. Seite 34 des Verkaufsprospekts "Der richtige Weg!" sowie Seite 11 der Anlage K 34: Die eingetauschte IHS 15 = ISIN-Nr. xxx war eine IHS mit einer Laufzeit knapp unter einem Jahr und wurde am 21.06.2004 herausgegeben).



§ 13  Abs. 1 VerkProsG a.F. i.V.m. § 44 Abs. 1 BörsG a.F. gewährt der Klägerin einen Anspruch auf Erstattung des Erwerbspreises - soweit dieser nicht über dem ersten Ausgabepreis liegt - gegen Übernahme  der Wertpapiere.



Die Regelung ist anspruchsspezifisch ausgestaltet und weicht von den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB ab (Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VerkProspG, 2. Aufl., § 13 Rn. Rn. 99; Unzicker, VerkProspG, § 13 Rn. 82 f). Sie schließt eine einzelfallbezogene Berechnung des Anlegerschadens zugunsten einer standardisierten Schadensermittlung aus und soll die Haftungsdrohung ihrem Umfang nach für alle Beteiligten berechenbarer machen (Assmann, a.a.O. § 13 VerkProspG  Rn. 99 f.). War der Anleger - wie hier die Klägerin beim Erwerb der IHS 19 im April 2005 - Ersterwerber der Wertpapiere, zielt der Schadensersatzanspruch auf die Rückabwicklung des Investitionsgeschäfts ab (Unzicker, a.a.O., § 13 Rn. 83). Maßgeblich ist dabei stets der tatsächlich entrichtete   Erwerbspreis    (BT-Drucks.13/8933, S. 78 zu § 45 BörsG; Assmann, a.a.O. § 13 VerkProspG Rn. 103).



Die Klägerin hat bei Erwerb der hier in Rede stehenden IHS 19 im April 2005 allerdings kein Geld geleistet, sondern stattdessen ihre zuvor erworbenen Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 15 "eingetauscht". Dies führt jedoch bei wertender Betrachtung nicht dazu, dass der der Klägerin zu erstattende Schadensersatzanspruch auf die Rückgabe der Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche 15 gerichtet ist oder sich auf den tatsächlichen Wert des damaligen Rückzahlungsanspruchs der umgetauschten Inhaberteilschuldverschreibungen beschränkt.



Maßgeblich für die Frage des Erwerbspreises im vorliegenden Falle sind die nach außen hin hervorgetretenen Preisvorstellungen der Parteien. Ausgangspunkt für die Ermittlung der Erwerbspreises ist zunächst der Ausgabepreis. Bei ihm handelt es sich in der Sache um den bei der Emission von Wertpapieren regelmäßig nach den Prospektangaben bei Zuteilung der Wertpapiere zu zahlenden Preis (vgl. BT-Drucks. 13/8933 zu § 45 BörsG). Ausgabepreis der streitgegenständlichen Inhaberschuldverschreibungen mit den Nummern 14138 bis 14141 war ausweislich der im Prospekt genannten Anlagebedingungen der Nennwert von 2.500,00 € pro Zertifikat. Das Angebot war an sämtliche Anleger gerichtet; eine Differenzierung des Ausgabepreises in Bezug auf Alt- und Neuanleger ist dem Prospekt nicht zu entnehmen noch wird sie sonst vorgetragen. Aus dem Schreiben der W. vom 27.04.2005, mit dem sie den Erwerb der Wertpapiere durch die Klägerin zu 1) bestätigte, ergibt sich lediglich, dass im Zusammenhang mit dem "Umtausch" der Klägerin zu 1) ein Bonus gewährt wurde, zu dessen Höhe die Parteien allerdings nichts vorgetragen haben. Dieses Angebot auf Ersterwerb zum von der W. geforderten Ausgabepreis von 2.500,00 € für jede Inhaberteilschuldverschreibung hat die Klägerin zu 1) mit ihrer Erklärung vom 01.04.2005 angenommen. Dass die Erfüllung  nicht durch Zahlung eines Geldbetrages, sondern mittels Umtausches erfolgte, ändert am Erwerbspreis nicht. Letztlich stellt sich aus Sicht der Handelnden der Umtausch als Verrechnung der "Kaufpreisforderung" der W. mit dem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung ihrer in den zuvor erworbenen Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 15 verbrieften Forderungen gegenüber der W. in gleicher Höhe dar. Anhaltspunkte dafür, dass nach den übereinstimmenden Vorstellungen der damaligen Vertragsparteien der Rückzahlungsanspruch "weniger wert" war als der Ausgabepreis sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Ein Abstellen auf die tatsächliche Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs der Klägerin zu 1) zum damaligen Zeitpunkt würde zudem dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, eine standardisierte für alle Parteien vorhersehbare Schadensberechnung zu ermöglichen, widersprechen. Schließlich hat die W. auch objektiv einen Wert in Höhe von 2.500,00 € je IHS erhalten, da sie genau in diesem Umfang von ihren Zahlungspflichten aus der "eingetauschten" IHS 15 befreit worden ist.



Es kann deshalb dahinstehen, ob die übereinstimmenden Behauptungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung, dass die Ansprüche aus den eingetauschten Inhaberschuldverschreibungen bedient worden wären, wenn die Klägerin zu 1) sie nicht umgetauscht hätte, den Senat wegen der Parteimaxime dahin binden würden, von einer objektiven Werthaltigkeit der Forderungen zum Umtauschzeitpunkt auszugehen, obwohl nach dem Sachvortrag der Klägerin zur Liquiditätslage der W. und dem Betrieb eines Schneeballsystems bei objektiver Betrachtung die Uneinbringlichkeit der eingetauschten Forderungen möglich erscheint.



Im Wege des Vorteilsausgleichs abzuziehen wäre allerdings ein Umtauschbonus, sofern die Klägerin zu 1) - wie im Schreiben der W. vom 27.04.2005 angekündigt - einen solchen erhalten haben sollte. Die insoweit darlegungsbelasteten Beklagten haben hierzu jedoch nichts vorgetragen, obwohl ihnen dies aufgrund ihrer Stellung als Vorstand bzw. beherrschender Mehrheitsaktionär möglich gewesen wäre.



3.


Die Revision wird zugelassen, weil die Frage, wie der Erwerbspreis im Sinne des § 44 BörsG a.F. dann zu bestimmen ist, wenn Inhaberteilschuldverschreibungen vom Emittenten in der Weise veräußert werden, dass sie gegen fällige oder demnächst fällige ältere Inhaberteilschuldverschreibungen "eingetauscht" werden, höchstrichterlich nicht geklärt ist. Diese rechtliche Fragestellung hat für eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten grundsätzliche Bedeutung; allein von der W. sind auf diese Weise Inhaberteilschuldverschreibungen im Nennwert von vielen Millionen € "umgetauscht" worden. 



C.


Der Klägerin zu 1) steht gegen die Beklagten aus § 13a VerkProspG in der ab dem 01.07.2005 geltenden Fassung ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 5.000 € Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 21 mit den Coupon-Nummern 14928 bis 14932, hinsichtlich des Erwerbs  mit Zeichnung vom 15.09.2005 zu.



1.


Entgegen der Ansicht des Landgerichts führt hinsichtlich des Erwerbs der Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 21 mit Zeichnung vom 15.09.2005 und Annahme des Tauschantrags vom 10.10.2005 (Anlage K 3)  § 18 Abs. 2 VerkProsG nicht zur Anwendung des vor dem 01.07.2005 geltenden Rechts.



1.1.


Nach § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG in der Fassung vom 22.06.2005 finden auf Verkaufsprospekte von Nichtkreditinstituten, die vor dem 01. Juli 2005 im Inland veröffentlicht wurden, die Vorschriften des Verkaufsprospektgesetzes in der vor dem 01.07.2005 geltenden Fassung (also derjenigen vom 21.06.2002) und die Vorschriften der §§ 45 bis 47 einschließlich des § 44 BörsG in der Fassung vom 21.06.2002 weiterhin Anwendung; für den Inhalt der Prospekte gilt die bis zum 30.06.2004 geltende VerkProspVO in der jeweils zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospektes geltenden Fassung. (Daneben gibt es für Kreditinstitute und Unternehmen aus Drittstaaten eine weitere - hier nicht einschlägige - Übergangsregelung in § 31 WpPG). Auf Verkaufsprospekte, die nicht unter die Übergangsregelungen fallen, ist ab dem 01.07.2005 zu differenzieren, ob sie unter das Wertpapierprospektgesetz fallen und sich ihr Inhalt nach diesem Gesetz und der EU-ProspektVO richtet, oder ob sie unter das VerkProspG neuer Fassung fallen und sich ihr Inhalt nach diesem Gesetz und der Neufassung der VermVerkProspV zu richten hat, oder ob eine der Ausnahmevorschriften dazu führt, dass nach keinem der beiden Gesetze eine Prospektpflicht besteht. Bei Bestehen einer Prospektpflicht und Veröffentlichung eines Prospekts richtet sich die Haftung der Prospektverantwortlichen immer nach § 13 VerkProspG i. V. m. den Vorschriften des BörsG in der jeweils geltenden Fassung. Nur in den Fällen, in denen das neue Recht anwendbar ist, kommt eine Haftung wegen fehlender Veröffentlichung des Prospekts nach § 13a VerkProspG (neu) in Betracht. In der Rechtsprechung ist noch nicht abschließend geklärt, inwieweit neben diesen Vorschriften in den Fällen der Anwendbarkeit neuen Rechts noch die sogenannte bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung greift.



Nach Auffassung des Senates - die Gesetzesmaterialien zu den Bt.-Drs. 15/4999 und 15/5373 sind insoweit unergiebig - ist § 18 Abs. 2 Satz 3 und 4 VerkProspG als Übergangsvorschrift so zu verstehen, dass dem berechtigten Vertrauen der Emittenten derjenigen Prospekte Rechnung getragen wird, die vor dem 01.07.2005 unter Einhaltung der Vorschriften des VerkProspG (2002) veröffentlicht worden sind, damit diese auch zumindest für einen Übergangszeitraum (weiter-)verwendet werden können. Danach war der Verkaufsprospekt gem. § 8 VerkProspG a.F. zunächst an die BaFin zu übersenden; er durfte gemäß § 8a VerkProspG a.F. erst veröffentlicht werden, wenn diese ihn gestattet hatte oder seit der Übersendung 10 Werktage verstrichen waren, ohne dass die BaFin die Veröffentlichung untersagt hatte. Wenn wie hier die Zulassung zum amtlichen Markt oder zum geregelten Markt nicht beantragt wird, war der Verkaufsprospekt gem. § 9 Abs. 3 VerkProspG a.F. anschließend in der Form zu veröffentlichen, dass er entweder in einem überregionalen Börsenpflichtblatt bekanntgemacht oder bei den im Verkaufsprospekt benannten Zahlstellen zur kostenlosen Ausgabe bereitgehalten wird; im letzteren Fall war in einem überregionalen Börsenpflichtblatt bekanntzumachen, dass der Verkaufsprospekt bei den Zahlstellen bereitgehalten wird. Bei einem Angebot von Wertpapieren über ein elektronisches Informationssystem war der Verkaufsprospekt auch in diesem zu veröffentlichen und in dem Angebot auf die Fundstelle in dem elektronischen Informationssystem hinzuweisen. Der Anbieter hatte der Bundesanstalt Datum und Ort der Veröffentlichung unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Ergänzende Angaben waren gemäß § 11 VerkProspG (Juli 2002) in einem Nachtrag zu veröffentlichen, auf dessen Veröffentlichung § 9 Abs. 3 VerkProspG (nicht aber § 8a VerkProspG) anzuwenden ist.



Weder der Wortlaut - der auf die Veröffentlichung abstellt - noch der Zweck des Gesetzes - Vermeidung von Verwaltungsaufwand und Rechtssicherheit für die Dauer von einem Jahr bis zum 30.06.2006 für diejenigen, die vor Inkrafttreten der Neuregelung das bisher geltende Verfahren durchlaufen haben - geben Anlass, auch diejenigen in den Genuss der Anwendung alten Rechts kommen zu lassen, die einen vor dem 01.07.2005 erstellten Prospekt nicht nach den Vorschriften des VerkProspG a.F. veröffentlicht haben.



1.2.


Dann aber gibt der Umstand, dass die W. zu der IHS 21 unmittelbar vor dem 01.07.2005 am 22.06.2005 einen Prospekt erstellt hat, wenn dieser der BaFin nicht zur Gestattung vorgelegt, nicht in einem Börsenpflichtblatt veröffentlicht und nicht bei der BaFin hinterlegt wurde, keinen Anlass, § 18 Abs. 2 S. 3 VerkProspG anzuwenden. Denn diese Vorschrift schützt nur das Vertrauen des Emittenten dahin, einen Prospekt, den er vor dem 30.06.2005 dem Veröffentlichungsverfahren nach dem VerkProspG alter Fassung unterworfen hat, auch noch für eine Übergangszeit nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung verwenden zu können, ohne sich einem Prüfungs- und (erneuten) Veröffentlichungsverfahren zu unterziehen (vgl. Seitz, Das neue Wertpapierprospektrecht, AG 2005, 678, 682).



Der Senat hat seiner Entscheidung ferner zu Grunde zu legen, dass der Prospekt zur Inhaberteilschuldverschreibung IHS 21 vor dem 01.07.2005 nicht veröffentlicht worden ist:



a) Zum einen bestand für die unterjährige Inhaberteilschuldverschreibung derTranche 21 vor dem 01.07.2005 keine Prospektpflicht (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 8 VerkProspG). Es bestand daher vor dem 01.07.2005 keine gesetzliche Pflicht zur Veröffentlichung des Prospekts.



b) Hiervon abweichenden Vortrag hat der Beklagte zu 1) nicht gehalten. Er hat zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Rechnungen des Handelsblattes vorgelegt und hierzu angedeutet, dass sich im Hinblick auf den Wortlaut der Rechnung vom 27.06.2005 und die dortige Nennung von ISIN-Nummern diese auf Veröffentlichungen von Nachträgen der IHS 16 und der IHS 19 beziehen könnten. Er hat ferner eine weitere Rechnung vom 30.06.2005 vorgelegt, die allerdings aus sich heraus keinen Aufschluss darüber zulässt, was Gegenstand der Veröffentlichung war. Die ISIN-Nummer der IHS 21 ist dort - anders als in der anderen Rechnung die ISIN-Nummern der IHS 16 und 19 - nicht genannt. Auch die Angabe in der Rechnung, dass es hier um eine Pflichtanzeige eines Dauer-Emittenten handelt, spricht gegen die Annahme, dass sich die Rechnung auf die Erstveröffentlichung des Prospekt der IHS 21 beziehen könnte. Auf Vorhalt des Senats, dass sich aus den übergebenen Rechnungen nicht ergibt, dass die IHS 21 vor dem 01.07.2005 veröffentlicht worden ist, haben sich weder der Beklagte zu 1) noch sein Prozessbevollmächtigter ausdrücklich dazu erklärt, ob die IHS 21 tatsächlich vor dem 01.07.2005 im Handelsblatt oder einem anderen Börsenpflichtblatt veröffentlicht worden ist. Dabei war ihnen die Erheblichkeit dieser Frage auf Grund der Hinweisbeschlüsse des Senats längst bekannt.



2.


Da mangels Veröffentlichung des Verkaufsprospektes vor dem 01.07.2005 § 18 Abs. 2 Satz 3 VerkProspG nicht zur Anwendung kommt und deshalb das ab dem 01.07.2005 geltende Recht anzuwenden ist, unterlag der Vertrieb der Inhaber-Teilschuldverschreibungen der IHS 21 ab diesem Zeitpunkt der Prospektpflicht nach dem WpPG:



Bei den fungiblen und deshalb kapitalmarktfähigen Inhaberteilschuldverschreibungen der W. handelt es sich um öffentlich angebotene Wertpapiere im Sinne des § 2 Nr. 1 b WpPG (vgl. hierzu Seitz, a.a.O., S. 680). Eine Nachfolgenorm für die Ausnahmeregelung für unterjährige Anleihen in dem bis zum 01.07.2005 geltenden § 4 Abs. 1 Nr. 8 VerkProspG wurde in das WpPG nicht aufgenommen. Soweit § 2 Nr. 1 letzter Halbsatz WpPG eine Ausnahmeregelung  für unterjährige Geldmarktinstrumente enthält, bezieht sich dies nicht auf an Kleinanleger ausgegebene Inhaberteilschuldverschreibungen. Die Einführung des WpPG diente der Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 04.11.2003. Diese sieht in Art. 4 keine Ausnahme von der Prospektpflicht  für unterjährige Anleihen vor, sie enthält aber in Art. 2 Abs. 1a eine Öffnungsklausel für Regelungen zu Geldmarktinstrumenten von weniger als einem Jahr Laufzeit. Mit dem Begriff Geldmarktinstrumente sind vor dem Hintergrund der Anlegerschutzziele der Richtlinie (vgl. beispielsweise Erwägungsgründe 10, 12, 16) nicht an Kleinanleger ausgegebene Inhaberschuldverschreibungen gemeint, auch wenn sie eine unterjährige Laufzeit ausweisen (ebenso: von Kopp-Colomb/Knobloch in Assmann/Schlitt/ von Kopp-Colomb, 2. Aufl., Rn. 19 zu § 2 WpPG m.w.N.; Ritz-Zeising in Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, Rn. 71 zu § 2; auch Heidelbach in: Schwark/Zimmer, 4. Aufl., Rn. 6, stellt auf nicht schutzbedürftige Erwerberkreisen ab).



3.


Der Prospektpflicht konnte nur durch Billigung des Prospektes durch die BaFin gemäß § 13 WpPG sowie durch Hinterlegung und Veröffentlichung nach § 14 WpPG nachgekommen werden. Keine der Parteien hat vorgetragen, dass der Prospekt von der BaFin gebilligt worden wäre. Mangels Vortrags ist auch nicht von einer Veröffentlichung nach § 14 Abs. 2 WpPG auszugehen.



4.


Dann aber erfolgte der Vertrieb der Inhaber-Teilschuldverschreibungen  der Tranche IHS 21 ab dem 01.07.2005 ohne veröffentlichten Prospekt, was zu einer Haftung nach § 13a VerkProspG führt. Ab dem 01.07.2005 wird nach überwiegender Ansicht auf ein formelles Verständnis bei der Abgrenzung von § 13 VerkProspG und § 13a VerkProspG abgestellt. Danach findet § 13 VerkProspG dann Anwendung, wenn ein Prospekt nach den Vorschriften des WpPG (Billigung nach § 13 WpPG, Veröffentlichung nach § 14 WpPG) veröffentlicht worden ist; wenn dies nicht der Fall ist, führt dies zur Anwendung von § 13a VerkProspG (vgl. hierzu Übersicht bei Klöhn, Grund und Grenzen der Haftung wegen unterlassener Prospektveröffentlichung gem. § 24 WpPG, 21 VermAnlG, DB 2012, 1854 mit Überblick über den Diskussionsstand in Fußnoten 4 und 5 und 1858; siehe auch Schnorbus, Die prospektfreie Platzierung von Wertpapieren nach dem WpPG, AG 2008, 389, 400, der offenbar § 13a VerkProspG nur bei gänzlich fehlenden Prospekt bejaht).



Die Klägerin hat die Inhaber-Teilschuldverschreibungen innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG nach dem ersten öffentlichen Angebot erworben, da diese Inhaber-Teilschuldverschreibungen jedenfalls nicht vor Juni 2005 angeboten worden sind und der Erwerb spätestens im Oktober 2005 abgeschlossen war.



5.


Die Ansprüche sind auch nicht nach § 13a Abs. 5 VerkProspG verjährt, da die absolute Verjährungsfrist (3 Jahre ab Kauf) bei Erhebung der Klage noch nicht abgelaufen war. Auch ist nicht ersichtlich, dass die einjährige Verjährungsfrist abgelaufen wäre, da die Klägerin ersichtlich erst durch den Hinweis des Senats davon Kenntnis erlangt hat, dass die IHS 21 prospektpflichtig war und ein Prospekt dennoch nicht veröffentlicht worden ist.



6.


Der Beklagte zu 1) haftet vor dem Hintergrund der Legaldefinition der Begriffe Anbieter und Emittent in § 2 Nr. 9 und 10 WpPG als Vorstand der W. nach § 13a VerkProspG (siehe auch OLG München, Urteil vom 02.11.2011, 20 U 2289/11, Rn. 30 ff.; Oulds in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 15.238; siehe ferner die Gleichsetzung der Haftenden nach § 13 und § 13a VerkProspG bei Heidelbach, a.a.O., Rn. 6 zu § 13a). Der Beklagte zu 1) ist den Anlegern als Anbieter i.S.d. § 2 Nr. 10 WpPG entgegengetreten, da er nach außen als derjenige, von dem die Wertpapiere zu erlangen sind, in Erscheinung getreten ist und damit Wertpapiere öffentlich angeboten hat (vgl. § 2 Nr. 4 WpPG) und er als Unterzeichner des Prospektes für diesen die Verantwortung übernommen hat (vgl. hierzu auch Benecke, Haftung für Inanspruchnahme von Vertrauen, BB 2006, 2597, 2599). Auch teilt der Senat die Auffassung von Assmann (Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl.,  Rn. 274 zu § 6), dass jeden, den die Pflicht trifft, einen Prospekt zu erstellen, die Haftung nach § 13a VerkProspG treffe. Den Beklagten zu 1) traf aber als Vorstand der W. die Pflicht, prospektpflichtige Anleihen der W. nicht ohne Prospekt zu vertreiben.



Der Senat ist ferner der Ansicht, dass auch der Beklagte zu 3) als Emittent nach § 13a VerkProspG haftet. Zwar ist im Hinblick auf den von § 44 BörsG abweichenden Wortlaut der Vorschrift fraglich, ob auch Hintermänner und Initatoren der Haftung nach § 13a VerkProspG unterliegen (bejahend, ohne die Frage zu problematisieren: OLG München, Urt. v. 02.11.2011, 20 U 2289/11, Rn. 30ff; weites Verständnis wohl auch Oulds, a.a.O.,  Rn. 15.238; bejahend für Initiatoren Benecke, a.a.O. S. 2599; bejahend ist wohl auch die Gleichsetzung der Haftenden bei Heidelbach, a.a.O., Rn. 6 zu §13a mit den Haftenden nach § 13 zu verstehen; ablehnend OLG Düsseldorf, Urt. v. 04.03.2010,  6 U 49/09, Rn . 49, ablehnend für den Gründungsgesellschafter: OLG Hamm, Urt. v. 07.11.2011,  8 U 51/11, Ziffer III.1 am Ende, zitiert nach beck-online; vgl. zum unscharfen Begriff des Anbieters auch Pankoke in Just/Voß/Ritz/Zeising, Rn, 8 zu § 13a VerkProspG und Ritz/Zeising, a.a.O., Rn.199 ff. zu § 2 WpPG). Der Beklagte zu 3) war jedoch derjenige, der die Herausgabe der Inhaberschuldverschreibungen initiiert und deren regelmäßige Neuherausgabe sowie die Grundlagen des Vertriebs gesteuert hat, so dass ihm die Herausgabe der IHS 21 zuzurechnen ist.



7.


Es spricht viel dafür, dass die Haftung nach § 13a VerkProspG verschuldensunabhängig und eine Entlastung nicht möglich ist (OLG München, a.a.O., Löwisch/Feldmann in Staudinger, § 311 BGB (2013), Rn. 186; Klöhn, Grund und Grenzen der Haftung wegen unterlassener Prospektveröffentlichung gemäß § 24 Abs. 4 WpPG, § 21 VermAnlG, BB 2012, 1854, 1859; Benecke, a.a.O., S. 2600).



Soweit teilweise eine andere Auffassung vertreten wird (vgl. Bongertz, Verschuldensunabhängige Haftung bei fehlendem Prospekt trotz Abstimmung mit der BaFin, BB 2012, 470 ff.), kommt es hierauf nicht an, weil die Beklagten auch schuldhaft handelten. Die Rechtsänderungen zum 01.07.2005 waren allgemein bekannt. Die W. wurde nach Vortrag der Beklagten anwaltlich beraten. Den Beklagten musste bekannt sein, dass ab dem 01.07.2005 der Vertrieb auch unterjähriger Inhaber-Teilschuldverschreibungen prospektpflichtig war und es einer Prospektveröffentlichung bedurft hätte. Sie behaupten auch selbst nicht, hiervon keine Kenntnis gehabt zu haben; selbst wenn sie keine Kenntnis gehabt hätten, wäre dies (grob) fahrlässig gewesen.



8.


Die Klägerin hat die Wertpapiere durch Umtausch noch vor dem Jahresende 2005 erworben. Auch hier kann dahinstehen, ob der Senat  auf Grund des übereinstimmenden Parteivortrags gebunden ist und zu Grunde zu legen hat, dass die eingetauschte Inhaberteilschuldverschreibungen zum Zeitpunkt des Umtauschs noch im Nennwert werthaltig waren, da nach Ansicht des Senats die nach außen hin hervorgetretenen Preisvorstellungen der Parteien maßgeblich sind. Die Parteien haben den Preis mit insgesamt 5.000 € bestimmt; in dieser Höhe ist die W. von Rückzahlungsansprüchen aus den eingetauschten IHS frei geworden. Insoweit wird auf die Ausführungen unter B. 2. Bezug genommen, die für die Bestimmung des Begriffs des Erwerbspreises in  § 13a Abs. 1 und 2 VerkProspG gleichermaßen gelten.



Zur Höhe des Umtauschbonus ist - die Beklagten wären insoweit darlegungsbelastet - nichts vorgetragen.



9.


Da sich die Haftung der Beklagten aus § 13a VerkProspG ergibt, kann dahinstehen, ob der Vertrieb eines prospektpflichtigen Wertpapiers nach dem 01.07.2005 mit Hilfe eines nicht nach den Vorschriften des WpPG oder des VerkprospG genehmigten und veröffentlichten Prospektes neben der Haftung nach § 13a ProspG auch eine Haftung nach § 13 VerkProspG oder den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auslösen kann (vgl. hierzu auch Klöhn, Ausweitung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, WM 2012, 97, 106; ders. DB 2012, 1854, 1859; Nobbe, Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds. WM 2013, 193, 202; Suchomel, Konkurrenz von § 20 VermAnlG und bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung bei fehlerhaften Prospekt, NJW 2013, S. 1126 ff.).



Soweit vertreten wird, dass in den Fällen, in denen im Anwendungsbereich des ab dem 01.07.2005 geltenden Prospekthaftungsrechts die Veräußerung auf Grundlage eines Vermarktungsdokuments erfolgt, ohne dass ein genehmigter Prospekt veröffentlicht worden ist, nicht § 13a VerkProspG anzuwenden ist, sondern sich die Haftung (nur) nach § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG richtet (Schnorbus, a.a.O., S. 400; vgl auch die Nennungen in  Fußnote 5 bei Klöhn, Grund und Grenzen der Haftung wegen unterlassener Prospektveröffentlichung gem. § 24 WpPG, 21 VermAnlG),  so würde sich auch auf dieser Grundlage eine Haftung der Beklagten zu 1) und 3) im tenorierten Umfang ergeben: Auch das von den Beklagten als  Prospekt verwandte Vermarktungsdokument "Der richtige Weg!" ist in gleicher Weise wie der Prospekt zur IHS 19 "Ausgewogene Konditionen." in Bezug auf den zwischen der W. und dem Beklagten zu 3) bestehenden Beherrschungsvertrag unvollständig, weil es dem angesprochenen Kleinanleger die Möglichkeit der Erteilung nachteiliger Weisungen durch den Beklagten zu 3) aufgrund des Beherrschungsvertrages verheimlicht. Im Hinblick auf die weiteren Haftungsvoraussetzungen wird auf die Ausführungen unter A.2 bis A.8 Bezug genommen.



10.


Die Revision ist zuzulassen, da die Frage des haftenden Personenkreises nach § 13a VerkProspG höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde; insbesondere ist umstritten, inwieweit auch Hintermänner und Initiatoren von der Haftung nach dieser Vorschrift erfasst sind (vgl. C. 6.). Zudem stellt sich auch hier die Frage, wie der Erwerbspreis bei Erwerb durch Umtausch zu bestimmen ist.




D.



Die Beklagten haften dem Kläger zu 2) aus § 13  VerkProspG a.F. i.V.m. § 44 BörsG a.F. gesamtschuldnerisch auf Zahlung von 5.000,00 € Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 19 mit den Coupon-Nummern 11583 bis 11587, die der Kläger zu 2) mit Zeichnung vom 15.09.2005 im Umtausch gegen andere Inhaberteilschuldverschreibungen von der W. erworben hat.



1.


Auf diesen Erwerbsvorgang ist gemäß § 18 Abs. 2 S. 2 und 3 VerkProspG das bis zum 30.06.2005 geltende gesetzliche Prospekthaftungsrecht anzuwenden.



Der Prospekt zur IHS 19 wurde vor dem 01.07.2005 in der Form des § 9 Abs. 3 VerkProspG nach vorheriger Gestattung durch die BaFin nach § 8a Abs. 2 VerkProspG veröffentlicht. Der Senat hat in diesem Verfahren ferner zu Grunde zu legen, dass auch der  Nachtrag vom 22.06.2005 gemäß §§ 11, 9 Abs. 3 VerkProspG a.F., mit dem die Zeichnungsfrist über den 30.06.2005 hinaus bis zum 31.12.2005 verlängert wurde, in der gesetzlich vorgeschriebenen Form veröffentlicht wurde; eine Gestattung der BaFin war hinsichtlich des Nachtrags nicht erforderlich, vgl. § 11 VerkProspG n.F. Zwar haben die Beklagten keine Ausgabe oder Kopie des Handelsblattes zum Nachweis vorgelegt. Sie haben jedoch durch Vorlage einer Rechnungsabschrift des Handelsblattes in der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2005 aufgezeigt, dass zu dem Wertpapier mit der ISIN-Nummer der IHS 19 mit Erscheinungsdatum vom 24.06.2005 eine Veröffentlichung erfolgt ist. In Zusammenschau mit dem Umstand, dass die Veröffentlichungspflicht im Nachtrag selbst benannt und daher den Verantwortlichen der W. bewusst war, und auch mangels substantiierten Bestreitens der Kläger hält der Senat es in diesem Verfahren für erwiesen, dass der Nachtrag entsprechend den gesetzlichen Anforderungen veröffentlicht worden ist. Dann aber ist auf den Erwerb des Wertpapiers durch den Kläger zu 2) mit Zeichnung vom 15.09.2005 und Annahmeerklärung der W. vom 07.10.2005  gemäß § 18 Abs. 2 S. 2 und 3 VerkProspG § 13 VerkProspG in der vor dem 01.07.2005 geltenden Fassung anzuwenden.



2.


Hinsichtlich der Haftungsvoraussetzungen gelten zunächst im Hinblick auf die enthaltenden Prospektfehler sowie die Haftung der Beklagten als Prospektverantwortliche und der nicht eingetretenen Verjährung die Ausführungen unter Ziffer A. 2 bis A.4 und A.6 bis A.8: Der Anspruch betrifft den gleichen Prospekt, der ursächlich für den Erwerb durch den Kläger zu 2) war; auch hier haften die nicht exkulpierten Beklagten als Prospektverantwortliche und wurde die Verjährung durch die Rechtshängigkeit der Klage rechtzeitig unterbrochen.



3.


Der Senat ist ferner der Ansicht, dass auch die Sechs-Monats-Ausschlussfrist des § 44 Abs. 1 BörsG dem Anspruch des Klägers zu 2) nicht entgegensteht:



Nach § 13 VerkPropG a.F. i.V.m. § 44 Abs. 1 BörsG a.F. ist  zwar der Rückabwicklungsanspruch ausgeschlossen, sofern der Erwerb nicht innerhalb von sechs Monaten nach "erstmaliger Einführung" des Wertpapiers erfolgt ist. Bei einem ersten öffentlichen Angebot am 24.02.2005 wäre bei Annahme des Umtauschantrags des Klägers zu 2) durch die W. mit Schreiben vom 07.10.2005 (bei der Berechnung der Frist des § 44 BörsG ist auf das Datum des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes abzustellen, vgl. BT-Drs.  13/8933, Seite 77), wenn der Nachtrag unberücksichtigt bliebe, die Sechs-Monats-Frist bei Abschluss des Erwerbs bereits abgelaufen.



3.1.


Es kann offen bleiben, ob - wie das Landgericht annimmt - bei der Berechnung der Sechs-Monats-Frist auf den Zeitpunkt des ersten öffentlichen Angebots des Nachtrags abzustellen ist.



Zwar spricht der Wortlaut des § 44 BörsG a.F. dafür, spätere Nachträge unbeachtet zu lassen (vgl. z.B. Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, 2. Aufl., Rn. 8 zu § 13a VerkProspG; Pankoke, a.a.O., Rn. 6 zu §§ 44, 13 VerkProspG und Friedl/Ritz in Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, Rn. 34f zu § 9 ).



Für die Auffassung des Landgerichts dürften allerdings die Unterschiede sprechen, die der außerbörsliche Vertrieb von Inhaberschuldverschreibungen gegenüber der Herausgabe von börsengehandelten Wertpapieren, auf die die Vorschrift des § 44 BörsG vom Gesetzgeber zugeschnitten war, ausweisen: Der Gesetzgeber ist - in Bezug auf börsengehandelte Aktien sicher völlig zu Recht - bei Schaffung der Sechs-Monats-Frist in § 44 BörsG davon ausgegangen, dass der Börsenzulassungsprospekt in der Praxis nur innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne als Grundlage für den Erwerb von Wertpapieren herangezogen wird (BT-Drs. 13/8933, S. 76f.). Im Regelfall erfolgt nach einigem zeitlichen Abstand von der Börseneinführung der Erwerb der Papiere durch Anlager über die Börse nur noch in sehr seltenen Fällen auf Grund der Angaben des früheren Prospektes.



Bei dem Vertrieb der Inhaberschuldverschreibungen durch die W. liegt der Sachverhalt völlig anders. Eine Börsenzulassung ist nicht erfolgt. Der Vertrieb erfolgte - soweit bekannt - ausschließlich durch Übersendung von Prospekten (in die Kaufanträge und ggf. erstellte Nachträge eingefügt waren) zum einen an Interessenten, die sich auf Zeitungen beigelegten Flyern hin bei der W. meldeten, sowie zum anderen an Erwerber früherer Tranchen. Anders als bei einem Erwerb von an der Börse gehandelten Papieren ist es daher der Regelfall, dass den Erwerbern der Prospekt vorgelegen hat, auch wenn schon geraume Zeit seit dem erstmaligen öffentlichen Angebot verstrichen war.



Hinzu kommt, dass Gegenstand des Nachtrags nicht nur die Beifügung wichtiger zusätzlicher Information (Bilanz für das Geschäftsjahr 2004) war, sondern nur der Nachtrag es der W. überhaupt ermöglichte, die IHS 19 über den 30.06.2005 hinaus zu vertreiben. Denn an diesem Tag endete die im Prospekt ausgewiesene Zeichnungsfrist (vgl. Anlage 16, Seite 21). Nur durch Erstellung und Veröffentlcihung des Nachtrags mit der Erweiterung der Zeichnungsfrist bis zum  31.12.2005 (vgl. Nachtrag, Anlage A5) war es der W. überhaupt möglich, die Inhaberschuldverschreibung an den Kläger zu veräußern; ohne den Nachtrag hätte sich ein weiterer Vertrieb der IHS 19 ab dem 01.07.2013 als ein (nach dann geltendem Recht) Vertrieb ohne Prospekt mit den Haftungsfolgen des § 13a VerkProspG dargestellt.



3.2.


Jedenfalls sind in Fällen wie dem Vorliegenden, in dem die Haftung nach § 13 VerkProspG a.F. i.V.m. § 44 BörsG a.F. und die Haftung nach § 13a VerkProspG durch die Prospektverantwortlichen durch Veröffentlichung von Nachträgen gezielt umgangen wird und die Zeichnungsfrist nach den im ursprünglichen Prospekt wiedergegebenen Angaben ohne den Nachtrag bei Erwerb bereits abgelaufen wäre, die Prospektverantwortlichen in einem Zeitraum ab sechs Monaten nach Veröffentlichung des Nachtrags so zu behandeln, als wäre der Vertrieb innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 44 BörsG a.F. erfolgt (so im Ergebnis auch Heidelbach, a.a.O., Rn. 22 zu § 13 VerkProspG, der bei Umgehungsfällen die Verlängerung des Haftungszeitraums annimmt, und wohl auch OLG Hamm, Urt. v. 07.11.2011,  8 U 51/11, Ziffer I.1 zitiert nach beck-online).



Bei einem anderen Verständnis wäre der Zweck der Vorschrift, die tatsächlichen Veranlasser eines fehlerhaften Prospektes in die Verantwortung zu nehmen (vgl. BT-Drs. 13/8933, S. 78) oder bei pflichtwidrigem Nichterstellen eines Prospektes im Interesse eines Anlegerschutzes einer Haftung zu unterwerfen (vgl. BT.-Drs. 15/3174, S. 44), allzu leicht zu unterlaufen: Denn dann könnten Hintermänner und Management eines Unternehmens jahrelang durch stete Verlängerung der Zeichnungsfrist durch Nachträge mit fehlerhaften Prospekten ein Wertpapier vertreiben, ohne eine persönliche Haftung nach den gesetzlichen Prospekthaftungsvorschriften befürchten zu müssen. In diesem Fall wäre es nach Ansicht des Senates nahe liegend, jedenfalls in Verfahren, auf die das bis zum 30.06.2005 geltende gesetzliche Prospekthaftungsrecht Anwendung findet, ergänzend auch die Grundsätze der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinn zur Anwendung zu bringen; und zwar ohne analoge Anwendung der Sechs-Monats-Frist des § 44 BörsG (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 21.02.2013, III ZR 139/12, Rn. 13 m.w. Nennungen zum Diskussionstand).



Hier stellte sich die Situation für die W. im Juni 2005 wie folgt dar: Ausweislich der Bilanz konnten zum Bilanzstichtag 31.12.2004 nur ein geringer Teil der kurzfristigen Verbindlichkeiten aus Barvermögen oder kurzfristig fälligen Forderungen bedient werden. Dies erfordete die Aufnahme neuer Kredite, die sich die W. bis dahin durch die Herausgabe von 20 Tranchen von Inhaberschuldverschreibungen verschafft hatte. Dabei hatte die W.G in erheblichem Umfang die Möglichkeit genutzt, für die Begebung von Inhaberschuldverschreibungen keine Gestattungen von der BaFin gemäß § 8a VerkProspG a.F. einholen zu müssen, indem sie die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 Nr. 8 VerkProspG a.F. ausnutzte, nach der Inhaberschuldverschreibungen mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr nicht prospekt- und damit auch nicht gestattungspflichtig waren, und 12 Inhaberschuldverschreibungen mit Laufzeiten von unter einem Jahr in einem Gesamtzeichnungsvolumen von ca. 268 Mio € (IHS 3, 5, 6, 8, 9, 11, 13, 14, 15, 17, 18 und 20, vgl. hierzu auch Seite 11 der Anlage K34) emittiert hatte. Allgemein bekannt waren jedoch die bereits verabschiedeten Änderungen zum VerkProspG und zum Inkrafttreten des WpPG zum 01.07.2005, die durch Abschaffung dieser Ausnahmereglung diesen wesentlichen Baustein der Finanzierung der W. ohne Beteiligung der BaFin unmöglich machen würde, da erstens unterjährige Inhaberschuldverschreibungen prospektpflichtig wurden, zweitens die Prüfungsintensität durch die Neuregelung des Prüfungsverfahren zunehmen würde und zudem die Anforderungen an die Informationspflichten im Prospekt mit Inkrafttreten des WpPG und der EU-ProspektVO erheblich verschärft wurden. Die W. - der die BaFin nach dem 01.07.2005 auch tatsächlich keinen Prospekt mehr genehmigte - begegnete dieser ihre Liquiditätsprobleme weiter verschärfenden Rechtslage dadurch, dass sie unmittelbar vor Inkrafttreten des WpPG



 das Volumen der bereits durch den ersten Nachtrag verdoppelten IHS 16 nochmals durch einen zweiten Nachtrag auf nunmehr 80 Mio. € verdoppelte und die Zeichnungsfrist bis zum 31.12.2005 verlängerte,


 die am 30.06.2005 endende Zeichnungsfrist der IHS 19 bis zum 31.12.2005 durch einen Nachtrag verlängerte und


 eine weitere unterjährige IHS (IHS 21, siehe oben C.) ohne Gestattung durch die BaFin in den Vertrieb brachte.



Das Verhalten der Verantwortlichen der W., zu denen insbesondere die Beklagten zu 1) und zu 3) gehörten, diente mithin ersichtlich dazu, der Genehmigungspflicht nach dem 01.07.2005 durch die BaFin auszuweichen und die strengeren Anforderungen an Prospekte nach der EU-ProspektVO nicht erfüllen zu müssen. Zugleich vermieden sie, durch die Verlängerung der Zeichnungsfrist für die mehrjährige IHS 19, eine erneute Gestattung der BaFin für eine weitere mehrjährige Inhaberschuldverschreibung noch nach altem Recht einzuholen; dieses Verhalten diente zugleich - wenn man die Sechs-Monats-Frist allein auf das erste öffentliche Angebot und nicht auf die Veröffentlichung der Nachträge bezieht - der Beschränkung der eigenen Haftung aus Prospektrecht. Dies stellt sich jedoch als rechtsmissbräuchlich dar, so dass ihre Haftung durch diese Frist nicht beschränkt ist.



4.


Hinsichtlich des Umstandes, dass der Kläger zu 2) von den Beklagten - Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der erworbenen IHS 19 - die Zahlung von 5.000 € verlangen kann, wird auf die Ausführungen unter Ziffer B.2. Bezug genommen.



5.


Die Revision wird hinsichtlich dieses Erwerbsvorgangs zugelassen, da höchstrichterlich nicht entschieden ist, ob die Sechs-Monats-Frist des § 13 VerkProspG a.F. i.V.m. § 44 BörsG einer Haftung von Prospektverantwortlichen entgegensteht, die durch Nachtragsveröffentlichungen aktiv mit Prospekten über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten für den Erwerb nicht an der Börse gehandelter Inhaberschuldverschreibungen geworben haben oder - hilfsweise - ob in diesem  Rahmen die Grundsätze der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinn Anwendung finden.



Zudem stelllt sich auch hier die oben unter B.2. und B.3 geschilderte Problemlage.



E.



Die Beklagten haften dem Kläger zu 2) aus § 13  VerkProspG a.F. i.V.m. § 44 BörsG a.F. gesamtschuldnerisch auf Zahlung von weiteren 10.000,00 € Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Inhaberteilschuldverschreibungen der Tranche IHS 16 mit den Coupon-Nummern 31151 bis 31154, die der Kläger zu 2) mit Wirkung zum 25.04.2005 im Umtausch gegen andere Inhaberteilschuldverschreibungen  von der W. erworben hat.



1.


Zu Recht legt das Landgericht zugrunde, dass für diesen Erwerbsvorgang aufgrund von § 18 Abs. 2 Satz 3 und 4 VerkProspG das Verkaufsprospektgesetz a.F. anzuwenden ist. Nach dieser Vorschrift ist auf Verkaufsprospekte, die vor dem 01.07.2005 veröffentlicht worden sind, § 13 VerkProspG und die Vorschriften der §§ 45 ff. BörsG (richtig: §§ 44 ff. BörsG) weiterhin anzuwenden; befristet bis zum 30.06.2006 gilt dies zudem auch für die weiteren Vorschriften des VerkProspG a.F. Der Verkaufsprospekt zur IHS 16 ist nach unstreitiger Gestattung durch die BaFin ausweislich der Internetseite der BaFin am 01.10.2004 in einem Börsenpflichtblatt und damit entsprechend den Vorschriften des VerkProspG a.F. (vgl. § 8a Abs. 1 und § 9 Abs. 3 S. 1 VerkProspG a.F.) veröffentlicht worden.  Der schuldrechtliche Erwerb wurde bei diesem Erwerbsvorgang vor dem 01.07.2005 mit der Annahme des Angebots des Klägers zu 2) durch Schreiben der W. vom 25.04.2005 abgeschlossen. Selbst wenn man auf den dinglichen Erwerb der Wertpapiere im Dezember 2005 abstellen würde, wäre das bisherige Recht anzuwenden, da nach dem zu Grunde zu legenden Sachverhalt beide Nachträge zur IHS 16 noch vor dem 01.07.2005 §§ 11, 9 Abs. 3 VerkProspG veröffentlicht worden sind; auch hier erachtet der Senat den Nachweis der Veröffentlichung als ausreichend.



2.


Wie der Bundesgerichtshof bereits zu dem Prospekt zur IHS 16 "Erlesene Rendite." entschieden hat (BGH, Urt. v. 14.05.2013, XI ZR 335/11), ist der Prospekt aus der Sicht der von ihm angesprochenen Anleger unvollständig:


2.1


Ein Verkaufsprospekt hat nicht nur nach den Maßstäben der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, sondern auch im Rahmen des hier anzuwendenden § 13 VerkProspG a.F. alle für die Beurteilung der Wertpapiere wichtigen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse möglichst zeitnah darzustellen und durch seine Aussagen von den Verhältnissen und der Liquiditätslage des Unternehmens, dessen Wertpapiere zum Verkauf angeboten werden, dem interessierten Publikum ein zutreffendes Gesamtbild vermitteln. Hierbei sind solche Angaben als wesentlich anzusehen, die ein Anleger "eher als nicht" bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Dabei ist auf dem Empfängerhorizont abzustellen. Wenn sich der Emittent  - wie hier - ausdrücklich auch an das unkundige und börsenunerfahrene Publikum  wendet, kann er dabei von dem durchschnittlich angesprochenen (Klein-)Anleger auch nicht erwarten, dass er eine Bilanz lesen kann.


2.2


Nach diesen Grundsätzen ist das Landgericht  - im Einklang mit der nach der Entscheidung des Landgerichts ergangenen o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum gleichen Prospekt - im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Heranziehung der § 2 und § 5 Nr. 6 VerkProspVO in der bis zum 30.06.2005 geltenden Fassung zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Prospekt "Erlesene Rendite" unvollständig ist, weil aus ihm nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte zu 3) als Begünstigter des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages dem Vorstand der WBL nachteilige Weisungen erteilen konnte, die nur dem Beklagten zu 3) oder anderen Konzerngesellschaften dienten (§ 308 Abs. 1 Satz 2 AktG), und weil er die Abhängigkeit der Rückzahlung des Anlagebetrages von der nicht offen gelegten Vermögenslage und dem Geschäftsmodell des Beklagten zu 3) verschweigt. Insoweit wird auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat voll inhaltlich anschließt, Bezug genommen.



2.3


Es kommt daher nicht darauf an, ob zumindest ein weiterer Prospektfehler darin liegt, dass auch die problematische Liquiditätslage der W. den Kleinanlegern in dem Prospekt "Ausgewogene Konditionen" verschwiegen wird.



3.


Im Hinblick darauf, dass die Beklagten prospektverantwortlich und nicht exkulipert sind sowie im Hinblick auf die Ursächlichkeit des Prospektfehlers für den Erwerb durch den Kläger zu 2) wird auf die Ausführungen unter A.3, A.4 und A.6 bis A.7 Bezug genommen, die entsprechend auch hier greifen. Hinsichtlich des Umstandes, dass einer Haftung der Beklagten aufgrund der Umgehung der Prospektpflichten nicht entgegensteht, dass der schuldrechtliche Erwerb erst nach Ablauf der mit dem unstreitig (allerdings abweichend von der gesetzlichen Vorgabe des § 9 Abs 1 VerkProspG a.F.)  am Tag der Prospektveröffentlichung erfolgten ersten öffentlichen Angebot am 01.10.2004 beginnenden Sechs-Monats-Frist erfolgt ist, wird auf die Ausführungen unter D.3. Bezug genommen. Bei der IHS 16 wird das Bemühen der Verantwortlichen der W., es zu vermeiden für mehrjährige Inhaberschuldverschreibungen das Prüfungsverfahren der BaFin zu durchlaufen auch dadurch besonders deutlich, dass durch die Nachträge nicht nur die Zeichnungsfrist auf deutlich mehr als 1 Jahr ausgedehnt wurde, sondern auch das Volumen der Anleihe von 20 Mio. € zunächst um weitere 20 Mio €, dann um weitere 40 Mio € auf schließlich 80 Mio. € erhöht, d.h. zweimal verdoppelt, wurde. Hinsichtlich des Umstandes, dass der Kläger zu 2) im Rahmen der  Rückabwicklung 10.000 € verlangen kann, auch wenn er die IHS durch Umtausch der IHS 2/1 erworben hat, wird auf die Ausführungen unter B.2 Bezug genommen.



4.


Die Gründe für die Revisionszulassung entsprechen denjenigen unter D.5.



F.



Die Beklagten haften der Klägerin zu 1) aus § 826 BGB gesamtschuldnerisch auf Zahlung von weiteren 50.000,00 € Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der Inhaberteilschuldverschreibung der Tranche IHS 22 mit der Coupon-Nr. 16, die die Klägerin zu 1) mit Zeichnungsdatum vom 06.12.2005 durch Zahlung von 50.000,00 € von der W. erworben hat.



1.


Der Klägerin zu 1) steht allerdings gegen die Beklagten kein Anspruch aus § 13a VerkProspG aus dem Erwerb dieser Inhaberteilschuldverschreibung der Tranche IHS 22 zu. Auf den Erwerb ist das ab dem 01.07.2005 geltende gesetzliche Prospektrecht anzuwenden, da sowohl das erste öffentliche Angebot dieser Inhaberteilschuldverschreibung erst nach dem Stichtag 01.07.2005 erfolgt ist und dementsprechend auch durch die Klägerin zu 1) erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt ist.



Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1) führt der Umstand, dass es sich bei der IHS 22 um eine unterjährige Anleihe gehandelt hat, nicht dazu, dass für sie keine Prospektpflicht bestanden hätte. Eine derartige Ausnahmebestimmung sieht das ab dem 01.07.2005 für Inhaberteilschuldverschreibungen geltenden WpPG nicht vor; der in § 2 Nr. 1 letzer Halbsatz WpPG genannte Begriff der unterjährigen Geldmarktinstrumente betrifft nicht die hier vertretenen Inhaberteilschuldverschreibungen (vgl. von Kopp-Colomb/Knobloch, a.a.O., Rn. 19 zu § 2 WpPG; Ritz-Zeising, a.a.O., Rn 71 zu § 2).



Allerdings ergibt sich eine Befreiung von der Prospektpflicht aus § 3 Abs. 2 Nr. 4 WpPG. Danach bedürfen Angebote zum Ankauf von Wertpapieren, die sich an Anleger richten, dann keines veröffentlichen Verkaufsprospektes, wenn die Wertpapiere nur ab einem Mindestbetrag von 50.000,00 € pro Anleger erworben werden können. Dem entspricht das Angebot der W. im Rahmen der IHS 22; Anleger mussten mindestens einen Betrag von 50.000,00  € zeichnen. Daher ergibt sich keine Haftung der Beklagten aus § 13a VerkProspG, weil sie die Inhaberteilschuldverschreibungen ohne vorherige Genehmigung der BaFin vertrieben und den Prospekt nicht nach den gesetzlichen Vorschriften veröffentlicht haben; die W. war hierzu aufgrund der Ausnahmevorschrift nicht verpflichtet.



2.


Es kann aufgrund der nachstehend beschrieben Haftung der Beklagten nach § 826 BGB dahinstehen, ob die Beklagten aus § 13 VerkProspG - Haftung für einen fehlerhaften Prospekt - für Fehler in einem Prospekt einstehen müssen, der nach der äußeren Gestaltung die Anforderungen der Rechtsprechung an einen Verkaufsprospekt im Sinne des bis zum 30.06.2005 geltenden Rechts erfüllt, nicht aber die formalen Schritte des WpPG - Genehmigung durch die BaFin, Veröffentlichung - durchlaufen hat (so wohl Schnorbus, Die prospektfreie Platzierung von Wertpapieren nach dem WpPG, AG 2008, 389, 400)  oder ob auf Werbedokumente für Vermögensanlagen, für die wegen des § 8f VerkProspG oder § 4 WpPG keine Prospektpflicht besteht, die Grundsätze der bürgerlich-rechtlichen Propekthaftung im engeren Sinn weiterhin anwendbar sind (vgl. hierzu Nobbe, Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds, WM 2013, 193, 201 und Suchomel, a.a.O., S. 1131). Ebenso kann offenbleiben, an welchen Kriterien im Falle der Verwendung eines solchen Prospektes die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB zu messen ist und ob die Beklagten zu 1) und 3) auch wegen eines Kapitalanlagebetruges haften, weil sie in dem als Werbematerial genutzten - nicht von der BaFin genehmigten - Verkaufsprospekt "Maßgeschneidert!" den Abfluss von mehr als 86 Mio. € von der W. an den Beklagten zu 3) verschwiegen haben.



3.


Die Beklagten haben die Klägerin zu 1) nämlich vorsätzlich in sittenwidriger Weise geschädigt, so dass sich ihre Haftung aus § 826 BGB ergibt. Zur Überzeugung des Senats wussten die Beklagten bei Annahme des Angebots der Klägerin zu 1) Anfang Januar 2006, dass ihr Geschäftsmodell des Vertriebs von Inhaberteilschuldverschreibungen an Kleinanleger gescheitert war und dass allenfalls noch marginale Chancen für die Klägerin zu 1) bestanden,  das der W. überwiesene Geld zurückzuerlangen.



3.1.


Ein Verhalten ist dann als sittenwidrig zu qualifizieren, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkender verstößt, wobei in die rechtliche Beurteilung einzubeziehen ist, ob das Verhalten nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten zu vereinbaren ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.11.2012, VI ZR 268/11). Auch den Vorsatz hat der Anspruchsteller vorzutragen und zu beweisen; dieser enthält ein Wissens- und Wollenselement. Der Handelnde muss die Umstände, auf die sich der Vorsatz beziehen muss, also die Schädigung des Anspruchstellers, gekannt oder vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Im Fall des bedingten Vorsatzes muss der Handelnde die relevanten Umstände, jedenfalls die Möglichkeit, billigend in Kauf genommen haben, wobei es nicht genügt, wenn die relevanten Tatumstände objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte erkennen können oder erkennen müssen, da dies lediglich einen Fahrlässigkeitsvorwurf rechtfertigt (BGH, Urt. v. 20.12.2011, VI ZR 309/10). Für den subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die die Sittenwidrigkeit begründen, eine Bewertung als sittenwidrig ist nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 13.09.2004, II ZR 276/02, Rn. 36 m.w.N.). Hinsichtlich der Beweisführung kann sich im Rahmen des § 826 BGB aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns, insbesondere dem Grad der Leichtfertigkeit des Schädigers die Schlussfolgerung ergeben, dass er mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat. Auch kann es im Einzelfall beweisrechtlich naheliegen, dass der Schädiger einen pflichtwidrigen Erfolg gebilligt hat, wenn er sein Vorhaben trotz starker Gefährdung des betroffenen Rechtsguts durchführt, ohne auf einen glücklichen Ausgang vertrauen zu können, und es dem Zufall überlässt, ob die sich von ihm erkannte Gefahr verwirklicht oder nicht. Allerdings kann der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht allein das Kriterium für die Frage sein, ob der Handelnde mit dem Erfolg auch einverstanden war. Vielmehr ist immer eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls erforderlich (BGH, Urt. v. 20.12.2011, VI ZR 309/10).



3.2.


Wie oben unter D. 3. dargelegt, gründete das Geschäftsmodell der Beklagten ab der Ausgabe der IHS 3 im letzten Quartal 2001 bis zum ersten Halbjahr 2005 im erheblichen Umfang darauf, die W. nicht nur durch mehrjährige Inhaberteilschuldverschreibungen (IHS 1, 2, 4, 7, 10, 12, 16 und 19) - deren Prospekte die Abhängigkeit und die Unterwerfung der W. unter den Beklagten zu 3) nur marginal und unzureichend beschrieben, aber von der BaFin gebilligt und nach den Vorschriften des VerkProspG veröffentlicht waren - zu finanzieren, sondern auch in großen Umfang unterjährige Inhaberschuldverschreibungen zu veräußern, die für ihren Vertrieb  an Kleinanleger keiner Genehmigung der BaFin benötigten (IHS 3, 5, 6, 8, 9, 11, 13, 14, 15, 17, 18 und 20, vgl. hierzu auch Seite 11 der Anlage K34). Das Zeichnungsvolumen betrug insoweit unter Berücksichtigung der Inhaberschuldverschreibungen bis zur IHS 21 mehr als 300 Mio. €, wobei dieser Betrag nicht mit einem entsprechenden Liquiditätszufluss gleichzusetzen ist, da die Anleger oft auf Anfrage der W. auslaufende unterjährige Anleihen in neue Anleihen "umtauschten".



Wie oben dargelegt, konnte dieses die W. von 2002 bis 2005 finanzierende Geschäftsmodell aufgrund der Umsetzung der EU-Prospektrichtlinie vom 04.11.2003 mit den Änderungen des VerkProspG und dem Inkrafttreten des WpPG nach dem 01.07.2005 in der bisherigen Form  nicht mehr fortgesetzt werden, weil die Prospektfreiheit für unterjährige Anleihen entfiel. Zugleich erlaubten die strengeren Vorschriften der EU-ProspektVO, die die Angabe der konkreten Verwendung eingeworbener Kreditmittel verlangt, es nicht mehr, die Angabe des zum Verwendungszweck in von der BaFin zu genehmigenden Prospekten mit dem "Geschäftszweck" des emittierednden Unternehmens nur näherungsweise zu umschreiben, wie dies noch in den Prospekten zu den IHS 16, 19 und 21 der Fall war. Ein Prospekt, der sich auf diese gerinfügigen Angaben beschränkt hätte, wäre nach dem WpPG und der EU-ProspektVO - für die anwaltlich beratenen Beklagten leicht erkennbar - von der BaFin nicht genehmigt worden.



Die W. zögerte die Folgen dieser rechtlichen Neuregelung für ihr Finanzierungsmodell dadurch hinaus, dass sie unmittelbar vor dem Stichtag (01.07.2005) Nachträge zu den mehrjährigen Inhaberschuldverschreibungen IHS 16 und IHS 19 erstellte und mit dem Vertrieb der unterjährigen IHS 21 begann. Deshalb kam es erst im Dezember 2005 zu solchen Liquiditätsproblemen, dass nicht mehr sämtliche Zahlungen pünktlich geleistet werden konnten: Die durch Nachträge verlängerten Zeichnungsfristen zur IHS 16 und IHS 19 liefen aus und die Fälligkeit der IHS 18 zum 10.01.2006, die mit 18 Mio € gezeichnet worden war, stand kurz bevor. In dieser Situation begann die W. im November 2005, Anlegern, insbesondere auch bisherigen Zeichnern der Inhaberteilschuldverschreibungen, unter Ausnutzung der Ausnahmevorschrift des § 2 Nr. 4 WpPG erstmals Inhaberschuldverschreibungen im Mindestvolumen von 50.000 € in einer einjährigen (IHS 22) und einer mehrjährigen Variante (IHS 23) anzubieten. Soweit die W. angekündigt hatte, neue Geldmittel durch den Vertieb von geschlossenen Immobilienfonds zu erzielen (vgl. Seite 35 des Werbeprospekts zur IHS 22 "Maßgeschneidert!", Anlage K 17), hat sie dies nicht verwirklicht.



Dieser Sachverhalt lässt zur Überzeugung des Senates allein den Schluss zu, dass beiden Beklagten bereits im Vorfeld des Inkrafttretens der Neuregelungen zum Prospektrecht zum 01.07.2005 bewusst geworden ist, dass sich ihr bisheriges, in erheblichem Umfang auf dem Vertrieb von unterjährigen Inhaberschuldverschreibungen an Kleinanleger basierendes Finanzzierungssystem nicht mehr würde auf Dauer fortsetzen lassen. Zur Überzeugung des Senates diente die Herausgabe der IHS 22 Ende 2005 dem Zweck, Inhaberteilschuldverschreibungen mit Werbematerial ohne Genehmigung der BaFin und ohne einer Haftung nach § 13a VerkProspG ausgesetzt zu sein, vertreiben zu können. Dabei unterließen die Beklagten zur Überzeugung des Senates bewusst in dem Prospekt jede Andeutung der hier geschilderten Ursachen dafür, weshalb sie in Abweichung von den bisherigen Emissionen der W. nunmehr ein Mindestvolumen von 50.000,00 € pro Zeichnung verlangten; sie klärten die potentiellen Anleger bewusst nicht darüber auf, dass ihr bisheriges Geschäftsmodell der Refinanzierung durch unterjährige Anleihen mit geringen Nennbeträgen an Kleinanleger aufgrund der Gesetzesänderungen nicht fortgesetzt werden konnte. In Zusammenschau mit den bereits zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung der Klägerin aufgetretenen Zahlungsproblemen (vgl. hierzu auch Verwalterbericht des Insolvenzverwalters F. vom 22.11.2006, Anlage K12, Seite 17) hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Beklagten allenfalls noch eine vage, durch keine belastbaren Tatsachen begründete Hoffnung "ins Blaue" hinein dahin haben konten, die W. könne die Rückzahlungsverpflichtungen aus der einjährigen  IHS 22 noch erfüllen. Selbst wenn man der Beteuerung des Beklagten zu 1) Glauben schenken würde, er habe stets darauf vertraut, dass der Beklagte zu 3) der W. ausreichende Mittel zur Verfügung stellen würde, um ihre Verbindlichkeiten  zu begleichen, so beruhte diese Hoffnung auf keinerlei gesicherten Erkenntnissen. Vielmehr hat der Beklagte zu 1) in dem von ihm unterzeichneten Prospekt in verantwortungsloser Weise die Information an die Anleger unterlassen, dass nach seiner Ansicht die Rückzahlung von Inhaberteilschuldverschreibungen von der Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit des Beklagten zu 3) abhängt und damit die Anleger - darunter die Klägerin zu 1) - vorsätzlich in sittenwidriger Weise geschädigt.



3.3.


Dies ist auch ursächlich für die Zahlung von 50.000 € durch die Klägerin zu 1) an die W. geworden, wodurch ihr ein entsprechender Schaden entstanden ist; insoweit wird auf oben A.4 Bezug genommen. Im  Wege des Vorteilsausgleichs hat die Klägerin zu 1) Zug um Zug ihre Rechte im Insolvenzverfahren aus der erworbenen Inhaberteilschuldverschreibung abzutreten.



4.


Die Revision wird hinsichtlich dieses Erwerbs nicht zugelassen. Zwar sind nach Kenntnisstand des Senats noch sehr viele Verfahren gegen die Beklagten an den Landgerichten Frankfurt/Main und Leipzig anhängig, von denen einige sicherlich auch den Erwerb von Inhaberschuldverschreibungen der W. aus der Tranche IHS 22 betreffen. Es besteht jedoch kein rechtlicher Zweifel daran, dass arglistig täuschende falsche Angaben in Prospekten eine Haftung nach § 826 BGB begründen können; die Frage, ob die Beklagten mit Schädigungsvorsatz handelten, ist eine reine Tatsachenbeurteilung.



III.



Die Entscheidung über die Zinsforderung ergibt sich aus § 291 BGB. 




IV.



Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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