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Wirtschaftsrecht
25.02.2016
Wirtschaftsrecht
OLG München: Vertretung der extern verwalteten Investment-KG durch ihre Komplementärin

OLG München, Endurteil vom 29.10.2015 – 23 U 2093/15

Leitsätze

1. Die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 28.04.2015, Az. 24 O 150/15, wird verworfen.

2. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 28.04.2015, Az. 24 O 150/15, aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger und die Firma M. GmbH tragen je zur Hälfte die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Kläger und die Beklagte zu 2) tragen je zur Hälfte die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hinsichtlich des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

§ 96 Abs. 4 InvG, § 149 Abs. 1 Satz 2 KAGB, §§ 149 ff KAGB, § 154 Abs. 1 Satz 2 KAGB

Sachverhalt

I.

Die Parteien streiten um die Freistellung des Klägers von Zahlungsverpflichtungen in eine Fondsgesellschaft, der Beklagten zu 2).

Der Kläger zeichnete am 08.08.2007 zwei Beteiligungen hinsichtlich der Beklagten zu 2) über 15.000,- € mit monatlicher Ratenzahlung in Höhe von 50,- € (Vertragsnummer ...183, Anlage K1) und über 9.000,- € mit monatlicher Ratenzahlung in Höhe von 30,- € (Vertragsnummer ...729, Anlage K3). Mit Schreiben vom 17.09.2014 an die Beklagte zu 1) und vom 22.09.2014 an die Beklagte zu 2) machte der Kläger eine pflichtwidrige Anlagefalschberatung geltend und widerrief die Verträge wegen Vorliegens einer Haustürsituation. Die damalige anwaltliche Vertreterin der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) wies die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 13.11.2014 zurück und teilte mit, es könne allenfalls eine vergleichsweise Beilegung angedacht werden. Auf Nachfrage des Klägers, wie diese aussehen könnte, übersandte die anwaltliche Vertreterin beider Beklagten mit Schreiben vom 25.11.2014 einen „Vergleichsvorschlag“ und teilte mit, einer Rückantwort werde bis zum 05.12.2014 entgegengesehen. Der beigefügte „Vergleichsvorschlag“ sah eine sofortige Beendigung der Beteiligungen des Klägers an der Beklagten zu 2) und eine Unterzeichnung durch den Kläger und die Beklagten vor, war jedoch weder von der Beklagten zu 1) noch von der Beklagten zu 2) unterzeichnet. Ergänzend wird auf die Anlage K11 Bezug genommen. Die anwaltliche Vertreterin des Klägers teilte mit Schreiben vom 03.12.2014 mit, dass der Kläger „den Vergleich abschließen wird“ und übersandte den unterzeichneten Vergleichsvordruck in zweifacher Ausfertigung mit der Bitte um Gegenzeichnung sowie Rückleitung eines gegengezeichneten Vergleichsvordruckes für die Unterlagen des Klägers. Ergänzend wird auf die Anlage K12 Bezug genommen. Der anwaltliche Vertreter der M. GmbH teilte mit Schreiben vom 05.01.2015 mit, die Beklagte zu 2) werde rechtsgeschäftlich ausschließlich durch die M. GmbH als externer Kaptitalverwaltungsgesellschaft vertreten und nehme das Vergleichsangebot nicht an.

Der Kläger ist der Ansicht, es sei ein wirksamer Vergleich abgeschlossen worden, da das Schreiben der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) vom 25.11.2014 ein Angebot auf Abschluss eines Vergleiches gewesen sei, das er angenommen habe. Hilfsweise begehrt er im Wege des Schadensersatzes die Freistellung von der Verpflichtung, weiter auf die Fondsbeteilgungen bezahlen zu müssen.

Der Kläger trägt vor, er habe die Beteiligungen auf Empfehlung der L. GmbH gezeichnet, die im Auftrag der Beklagten zu 1) beim Vertrieb der Fondsbeteiligungen tätig geworden sei. Die Beteiligungen seien ihm als absolut sicheres, kapitalgeschütztes Engagement angedient worden und es seien keine unternehmerischen Risiken dargetan worden. Er sei nicht über die unternehmerischen Risiken bis hin zum Totalverlust aufgeklärt worden. Ein Prospekt sei ihm weder vor noch nach der Zeichnung überlassen worden. Von den Risiken der Beteiligung habe er erst 2014 durch seinen damaligen Finanzberater erfahren. Er habe vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242, 84 € bezahlt.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

I.

Es wird festgestellt, dass die Beteiligungen des Klägers an der Beklagten zu 2) zu den Beteiligungs-Nr. ...183 und ...729 per außergerichtlichem Vergleich zwischen den Parteien vom 25.11.2014 /03.12.2014 mit sofortiger Wirkung beendet sind.

Hilfsweise:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Kläger aus den noch offenen Einzahlungsverpflichtungen bei der Beklagten zu 2) zu den Vertrags-Nr. ...183 und ...729 freizustellen, Zugum-Zug gegen die Übertragung der Treugeberpositionen des Klägers bei der Beklagten zu 2) zu den Vertrags-Nr. ...183 und ...729 an die Beklagte zu 1).

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme der ihr vom Kläger angebotenen Treugeberpositionen an der Beklagten zu 2) zu den Vertrags-Nr. ...183 und ...729 über eine Nominaleinlage von insgesamt EUR 24.000,00 in Verzug befindet.

II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.242,84 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.

Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) haben Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte zu 1) trägt vor, die angebliche Mitarbeiterin der L. GmbH sei nur für diese, nicht für die Beklagte zu 1) tätig gewesen. Der Kläger habe den Prospekt bereits vor der Zeichnung erhalten, was er am 01.08.2007 bestätigt habe. Er habe angegeben, an hohen Renditen interessiert zu sein. Der Kläger sei auf sämtliche Risiken aufmerksam gemacht worden, insbesondere auf das Risiko eines Totalverlustes, auf die Haftung, auf mangelnde Fungibilität sowie darauf, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handle.

Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, es liege kein wirksamer Abschluss eines Vergleiches vor. Die Beklagte zu 2) hafte nicht für Berater- oder Vermittlerverschulden. Die Beklagte zu 2) werde nicht mehr durch ihre Komplementärin, die Beklagte zu 1), sondern durch die M. GmbH vertreten. Die M. GmbH sei zwischenzeitlich von der Geschäftsführung des Investmentvermögens, d. h. der Beklagten zu 2), als externe Kapitalverwaltungsgesellschaft bestellt worden und handle damit als deren Vertreterin.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat mit Endurteil vom 28.04.2015 der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Der zwischen den Parteien abgeschlossene außergerichtliche Vergleich sei wirksam. In dem Rubrum des landgerichtlichen Urteils ist als Vertreterin der Beklagten zu 2) die Beklagte zu 1), diese vertreten durch die Geschäftsführerin Anke S., ... Landshut, aufgeführt.

Dagegen legte die Beklagte zu 1) und die G. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Göttingen mit Schriftsatz vom 16.06.2015 (Bl. 82 f d. A.) namens und in Vollmacht der Beklagten zu 2), vertreten durch die M. GmbH, ... Dresden, diese vertreten durch die Geschäftsführer Tilo B. und Cornelia J., Berufung ein. Zugleich beantragte sie, das Rubrum aus der Vorinstanz dahingehend zu berichtigen, dass die Beklagte zu 2) durch die M. GmbH vertreten werde. Mit Schriftsatz vom 20.07.2015 (Bl. 93 ff d. A.) erfolgte die Berufungsbegründung für die Beklagte zu 2), vertreten durch die M. GmbH. Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte zu 2) werde kraft Gesetzes (§§ 149 Abs. 1, 154 Abs. 1, 17 Abs. 3 KAGB) von der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft vertreten.

Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) beantragen,

das am 28.04.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Landshut, Az. 24 O 150/15, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil, er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2015 verwiesen.

Aus den Gründen

 

II. 1. Die Berufung der Beklagten zu 2) ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO unzulässig und damit zu verwerfen, da die Berufung nicht durch den gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu 2) eingelegt wurde. Da die Beklagte zu 2) in zweiter Instanz nicht ordnungsgemäß gesetzlich vertreten ist, ist sie nicht prozessfähig im Sinne von § 51 Abs. 1 ZPO.

 

Die Frage der ordnungsgemäßen gesetzlichen Vertretung der Parteien ist als Prozessvoraussetzung gemäß § 56 Abs. 1 ZPO sowie gemäß § 522 Abs. 1 ZPO von Amts wegen in allen Instanzen zu prüfen.

 

Vorliegend wurde die Beklagte zu 2) im Rahmen der Berufungseinlegung ausweislich des Schriftsatzes vom 16.06.2015 (Bl. 82 f d. A.) von der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft, der M. GmbH, vertreten. Die externe Kapitalverwaltungsgesellschaft ist jedoch nicht die gesetzliche Vertreterin der Beklagten zu 2).

 

1.1. Die Prozessfähigkeit sowie die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien bestimmen sich gemäß § 51 Abs. 1 ZPO nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Die Beklagte zu 2) als GmbH & Co. KG wird im Prozess von der Komplementär-GmbH, diese wiederum von ihrem Geschäftsführer, vertreten (§§ 161 Abs. 2, 170, 125 HGB, § 35 GmbHG).

 

1.2. Die Beauftragung der M. GmbH durch die Beklagte zu 2) führt zu keinem anderen Ergebnis, da nach § 149 Abs. 1 Satz 2 KAGB die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches anzuwenden sind, soweit sich aus den Vorschriften der §§ 149 ff KAGB nichts anderes ergibt. Eine organschaftliche Vertretungsmacht der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft folgt jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2) nicht aus den Vorschriften des KAGB, auch nicht unter der Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte und Gesetzesbegründungen sowie von Ausführungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin).

 

1.2.1. Zwar ist vorliegend der Anwendungsbereich des KAGB eröffnet, so dass dessen Vorschriften gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 KAGB vorrangig vor den Bestimmungen des HGB Anwendung finden. Die Beklagte zu 2) stellt als Kapitalanlagegesellschaft ein Investmentvermögen im Sinne von § 1 Abs. 1 KAGB in Form eines geschlossenen, alternativen Investmentfonds gemäß § 1 Abs. 3, Abs. 5 KAGB dar, da sie ausschließlich vermögensverwaltend tätig ist. Die M. GmbH ist nach Angaben der Beklagten zu 2) eine nach §§ 44, 2 Abs. 5 KAGB registrierte Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die M. GmbH wurde als externe Kapitalverwaltungsgesellschaft von der Geschäftsführung der Beklagten zu 2) gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 KAGB bestellt und ist aufgrund dieser Bestellung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 KAGB für die Verwaltung des Investmentvermögens, d. h. der Beklagten zu 2), verantwortlich. §§ 149 ff KAGB sind somit anzuwenden.

 

1.2.2. Das KAGB enthält jedoch keine explizite Abgrenzung der Kompetenzen der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft zu den Kompetenzen der Organe der Investmentkommanditgesellschaft, insbesondere findet sich keine Vorschrift, die der Kapitalverwaltungsgesellschaft die gesetzliche Vertretungsbefugnis für die Investmentgesellschaft einräumt.

 

1.2.2.1. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2) ergibt sich aus § 154 Abs. 1 Satz 2 KAGB nicht, dass die gesetzliche Vertretungsbefugnis aus §§ 125 Abs. 1, 170 HGB mit der Beauftragung der M. GmbH (im Folgenden: externe Kapitalverwaltungsgesellschaft) auf diese übergegangen ist. Gemäß § 154 Abs. 1 Satz 2 KAGB obliegt der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft insbesondere die Anlage und Verwaltung des Kommanditanlagevermögens. Aufgrund des Wortlautes („insbesondere“) zieht die Beklagte zu 2) den Schluss, dass die Verwaltungsbefugnis die Verfügungsbefugnis betreffend das Investmentvermögen umfasst und damit als denknotwendiger Annex auch die Vertretungsbefugnis allein der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft zusteht.

 

Dem steht jedoch der eindeutige Wortlaut von § 154 Abs. 1 Satz 2 KAGB entgegen, wonach sich die Aufgaben der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft auf die Anlage und Verwaltung beziehen, es ist jedoch weder von einer Verfügungs- noch von einer Vertretungsbefugnis die Rede. Daher geht auch die überwiegende Meinung in der Literatur davon aus, dass im Falle der Beauftragung einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft die grundsätzliche Organisationsstruktur der Investmentgesellschaft und die allgemeinen Rechte und Pflichten der Organe der Investmentgesellschaft unberührt bleiben. Insbesondere übernimmt die externe Kapitalverwaltungsgesellschaft keinerlei organschaftliche oder allgemeine Zuständigkeiten der Investment-KG, insbesondere auch nicht deren Vertretung (vgl. Baur/Tappen, InvG, 3. Aufl. 2015, § 154 Rz. 19 i. V. m. § 129 Rz. 41, ebenso WBA/Paul, KAGB, 1. Aufl. 2014, § 154 Rz. 9 i. V. m. § 129 Rz. 2 i. V. m. § 112 Rz. 4).

 

1.2.2.2. Soweit sich die Beklagte zu 2) zudem darauf stützt, dass die Beauftragung einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft in § 154 Abs. 1 Satz 1 KAGB als „Bestellung“ bezeichnet wird, und hierin einen organschaftlichen Akt in Abgrenzung zu der Beauftragung als schuldrechtlicher Regelung des Bestellungsverhältnisses im Sinne eines Dauerschuldverhältnisses im Sinne von § 314 BGB sieht, kann dem nicht gefolgt werden. Der Begriff der Bestellung ist nicht mit einer organschaftlichen Bestellung zu verwechseln, da die Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht als Organ der Investmentgesellschaft bestellt wird. Bestellt wird die Kapitalverwaltungsgesellschaft über den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages mit Geschäftsbesorgungscharakter, dem sog. Investment- oder Verwaltungsvertrag (WBA/Winterhalder, KAGB, a. a. O., § 17 Rz. 36).

 

1.2.2.3. Auch vermag § 154 Abs. 2 Nr. 1 KAGB, in dem von dem „Verfügungsrecht über das Gesellschaftsvermögen“ die Rede ist, keine gesetzliche Vertretungsbefugnis zu begründen. Eine Schlussfolgerung dahingehend, dass das Verfügungsrecht automatisch zu einer gesetzlichen Vertretungsbefugnis führt, lässt sich nicht ziehen. Es ist in diesem Zusammenhang klar zwischen den verschiedenen Rechten der Geschäftsführungsbefugnis, Vertretungsbefugnis und Verfügungsbefugnis zu unterscheiden (vgl. Böhme, BB 2014, 2380, 2381).

 

1.2.2.4. Ebenso wenig erlaubt die Gesetzgebungshistorie samt Gesetzesbegründung einen Schluss darauf, dass die externe Kapitalverwaltungsgesellschaft mit einer Organstellung inklusive einer gesetzlichen Vertretungsmacht ausgestattet werden sollte, im Gegenteil: Die Gesetzesbegründung zu § 154 Abs. 1 KAGB ist unergiebig (Böhme, BB 2014, 2380, 2381). Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte dieser Vorschrift ergibt sich keine Zuweisung der gesetzlichen Vertretungsbefugnis an die Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die Regelung des § 154 KAGB basiert auf der Vorschrift des § 96 Abs. 4 InvG, in deren Gesetzesbegründung ausgeführt ist, dass die Fremdverwaltung die Organisationsstruktur der Investmentgesellschaft, aber auch die allgemeinen Rechte und Pflichten der Organe der Gesellschaft unberührt lasse, insbesondere werde auch nicht deren Vertretung übernommen (BT-Drs. 16/5576, S. 85). Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2) ergibt sich auch aus der nachfolgenden Änderung des § 96 Abs. 4 InvG durch das OGAW-IVUmsetzungsgesetz vom 22.06.2011 (BGBl I 2011, S. 1126) keine Vertretungsbefugnis. Die genannte Änderung entspricht der Regelung des § 154 Abs. 2 KAGB, wonach im Falle der Abwicklung der Gesellschaft das Verfügungsrecht der Kapitalanlagegesellschaft nur unter bestimmten Umständen auf die Depotbank übergeht. In der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 17/4510, S. 80) wird lediglich ausgeführt, dass die Ergänzung nur der Klarstellung hinsichtlich der Anwendbarkeit der Vorschriften über die Abwicklung von Sondervermögen dienen solle. Woraus sich dieses Verfügungsrecht ergeben soll, wird jedoch weder geregelt noch erläutert. Vor dem Hintergrund, dass in der Gesetzesbegründung zu der ursprünglichen Regelung des § 96 Abs. 4 InvG explizit ausgeführt wurde, dass der Kapitalanlagegesellschaft (entspricht der Kapitalverwaltungsgesellschaft nach aktueller Diktion) keine Vertretungsbefugnis zukommt, führt die genannte Änderung von § 96 Abs. 4 InvG zu keinem anderen Ergebnis.

 

1.2.2.5. Soweit die Beklagte zu 2) auf die Verwaltungsauffassung der BaFin verweist, wonach rechtliche Dienstleistungen wie die Abwehr von Ansprüchen gegen das Investmentvermögen ausschließlich durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft erbracht werden (vgl. Homepage der BaFin, „Häufige Fragen zum Thema Auslagerung gemäß § 36 KAGB, Gz. WA 41-Wp 2137-2013/0036 vom 10.07.2013, zuletzt geändert am 12.05.2014“, Ziff. 1) stellt die BaFin unter Ziff. 2 „Tätigkeiten der extern verwalteten Investmentgesellschaft“ heraus, dass eine extern verwaltete Investmentgesellschaft keine Tätigkeiten - mit Ausnahme der per Gesetz vorgesehenen Aufgaben der Organe - mehr durchführt. Die gesetzliche Vertretungsbefugnis ist jedoch gerade eine durch Gesetz zugewiesene Aufgabe der Organe der Investmentgesellschaft.

 

1.2.2.6. Eine Vertretungsbefugnis der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft folgt auch nicht aus der Regelung des § 93 Abs. 1 KAGB, wonach für das Sondervermögen eine Verfügungsbefugnis kraft Gesetzes besteht. Ein derartige Regelung gibt es nicht für geschlossene Investmentgesellschaften, für die ausschließlich die Regelungen der §§ 149 ff KAGB anwendbar sind. Eine analoge Anwendung von § 93 Abs. 1 KAGB scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus, da § 149 Abs. 1 Satz 2 KAGB auf die allgemeinen Bestimmungen des HGB und damit auf §§ 161 Abs. 1, 124 HGB verweist, woraus sich das Recht der Investmentgesellschaft ergibt, Eigentum sowie Rechte jeder Art zu erwerben und folglich auch darüber zu verfügen (Paul/WBA, KAGB, a. a. O., § 154 Rz. 12). Ferner verweist § 149 Abs. 2 KAGB gerade nicht auf § 93 Abs. 1 bis Abs. 7 KAGB, sondern ausschließlich auf § 93 Abs. 8 KAGB, so dass gerade keine gesetzliche Berechtigung der Kapitalverwaltungsgesellschaft begründet wird, über fremde Gegenstände zu verfügen. Wie bereits ausgeführt, lässt sich auch kein Schluss vom Vorliegen einer Verfügungsbefugnis auf das Bestehen einer gesetzlichen Vertretungsmacht ziehen.

 

1.2.3. Daher wird vorliegend die Beklagte zu 2) auch als extern verwaltete geschlossene Investmentgesellschaft durch ihre Organe vertreten. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft ist nicht kraft Gesetzes zur Vertretung der Beklagten zu 2) als Investment-KG berechtigt (so auch Böhme, BB 2014, 2380, 2385). Eine ordnungsgemäße Vertretung der Beklagten zu 2) im Rahmen der Berufungseinlegung liegt damit nicht vor.

 

1.3. Dieser Vertretungsmangel wurde vorliegend nicht geheilt. Eine Heilung ist dadurch möglich, dass der gesetzliche Vertreter als solcher in den Prozess eintritt und die Prozessführung des vollmachtlosen Vertreters genehmigt (BGH, Urteil vom 19.07.2010, Az. II ZR 56/09, juris, Tz. 8 m.w.Nw.). Die gesetzliche Vertreterin der Beklagten zu 2), die Beklagte zu 1), ist - trotz richterlichen Hinweises auf den Vertretungsmangel in den Ladungen vom 30.07.2015 (Bl. 104 f d. A.) und vom 17.08.2015 (Bl. 109 f d. A.) - nicht in den Prozess eingetreten und hat die Prozessführung der externen Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht genehmigt.

 

2. Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) ist begründet.

 

2.1 Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beteiligungen des Klägers an der Beklagten zu 2) aufgrund des außergerichtlichen Vergleichs vom 25.11.2014 /03.12.2014 beendet sind.

 

2.1.1 Das Landgericht hat zutreffend ein Feststellungsinteresse des Klägers bejaht, da der Vergleich nicht nur mit der Beklagten zu 2) sondern auch mit der Beklagten zu 1) geschlossen werden sollte. Die Beklagte zu 1) hat sich im Berufungsverfahren ausdrücklich darauf berufen, dass der Vergleich nicht wirksam abgeschlossen worden sei.

 

2.1.2 Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) wurde kein wirksamer Vergleich abgeschlossen.

 

2.1.2.1 Ein Vertrag kommt gem. §§ 145, 147 BGB durch übereinstimmende Willenserklärungen, den Antrag und die Annahme zustande.

 

2.1.2.2 Nach Ansicht des Senats wird in dem Schreiben der anwaltlichen Vertreterin der Beklagten zu 1) vom 25.11.2014 kein Angebot i. S. d. § 145 BGB auf Abschluss eines Vergleiches gemacht. Gegen das Vorliegen eines Angebotes spricht, dass in dem Schreiben ausdrücklich davon die Rede ist, dass ein „Vergleichsvorschlag“ zugesandt wird, nicht ein Vergleichsangebot. Auch das Schreiben der anwaltlichen Vertreterin des Klägers vom 03.12.2014 spricht dafür, dass der Kläger das Schreiben vom 25.11.2014 nicht als Angebot auf Abschluss eines Vergleichs angesehen hat, da dort ausgeführt wird, dass der Kläger „den Vergleich abschließen wird“. Es ist nicht davon die Rede, dass der Kläger den Antrag annimmt oder den angebotenen Vergleich abschließt. Das Schreiben der anwaltlichen Vertreterin des Klägers vom 03.12.2014 stellt ein Angebot auf Abschluss eines Vergleichs dar, das die Beklagte zu 1) jedoch nicht angenommen hat.

 

2.1.2.3 Zudem ist gem. § 154 Abs. 2 BGB, der auch bei der Vereinbarung von Schriftform gilt (Palandt-Ellenberger, 74. Aufl., § 154 Rdnr. 4), im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen bis die für den beabsichtigten Vertrag verabredete Beurkundung erfolgt ist. Die Formabrede kann auch durch schlüssiges Verhalten getroffen werden, etwa durch den Austausch von schriftlichen Entwürfen (Palandt, a. a. O.). Vorliegend wurde nach Ansicht des Senats durch schlüssiges Verhalten eine Formabrede getroffen. Der übersandte Vergleichsvorschlag sah die Unterschriften der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) sowie des Klägers vor, eine Unterzeichnung durch die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) war nicht erfolgt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 03.12.2014 die von ihm unterzeichneten Vergleichsvordrucke in zweifacher Fertigung zurückgesandt und um Gegenzeichnung durch die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) gebeten. Damit liegt eine Verabredung der Schriftform vor. Konkrete Anhaltspunkte, dass die Schriftform nur Beweiszwecken dienen sollte, hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger (vgl. Palandt-Ellenberger, § 154 Rdnr. 6) nicht vorgetragen.

 

2.2 Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) kein Schadensersatzanspruch auf Freistellung von den noch offenen Einzahlungsverpflichtungen wegen der Verletzung ihrer Aufklärungspflichten zu.

 

2.2.1 Die Beklagte zu 1) hatte als Gründungsgesellschafterin die Pflicht, einem Beitrittsinteressenten für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihn über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären (st. Rspr. BGH, vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2012, II ZR 69/12, juris Tz. 10 [RdF-Entscheidungsreport Voigt, RdF 2012, 419]). Eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht kann der Kläger nicht nachweisen. Die Risiken der Beteiligung sind auf den Seiten 10 ff des Prospekts (Anlage K16) dargestellt. Auch das Anlagekonzept wird im Prospekt ausreichend dargestellt. Dass der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2006, III ZR 205/05) den Prospekt nicht rechtzeitig vor der Zeichnung erhalten hat, hat die Beklagte zu 1) bestritten. Der Kläger hat als Beweis lediglich seine Einvernahme als Partei angeboten. Die Beklagte zu 1) hat sich der Einvernahme des Klägers als Partei widersetzt, so dass die Voraussetzungen des § 447 ZPO nicht vorliegen. Auch die Voraussetzungen für eine Parteieinvernahme von Amts wegen gem. § 448 ZPO liegen nicht vor, da der Kläger nichts zum Vorliegen der hierfür erforderlichen Vier-Augen-Situation vorgetragen hat und auch keine gewisse Anfangswahrscheinlichkeit für die vom Kläger zu beweisende Tatsache, dass er den Prospekt nicht erhalten hat, besteht. Das Beweisangebot des Klägers im Schriftsatz vom 12.10.2015 gibt keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Der Kläger wurde mit der Ladung vom 07.08.2015 (Bl. 104/105 d. A.) darauf hingewiesen, dass für den Abschluss des Vergleichs eine Schriftformvereinbarung vorliegen könnte. Zudem wurde in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2015 eine Schriftsatzfrist weder beantragt noch gewährt. Vermittelt der Prospekt hinreichende Aufklärung, ist dies zwar kein Freibrief, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt für die Entscheidung des Anlegers entwertet oder mindert (BGH, Urteil vom 14.05.2012, II ZR 69/12, juris Tz. 12). Der Gründungsgesellschafter haftet auch, wenn er sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebs bedient und diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlässt, über § 278 BGB für deren unrichtige oder unzureichende Angaben (BGH, Urteil vom 14.05.2012, II ZR 69/12, juris Tz. 11 [RdF-Entscheidungsreport Voigt, RdF 2012, 419]). Auch insoweit hat der darlegungs- und beweispflichtige Kläger als Beweis nur seine Einvernahme als Partei angeboten. Diesem Beweisangebot war aus den genannten Gründen nicht nachzugehen.

 

2.2.2 Die Beklagte zu 1) haftet nicht für eine anlegergerechte Beratung. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass er mit der Beklagten zu 1) einen Anlageberatungsvertrag abgeschlossen hat. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, er habe mit der L. GmbH einen Beratervertrag abgeschlossen und ist der Ansicht, die Beklagte zu 1) müsse sich die Falschberatung gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Nähere Angaben zum Abschluss eines Beratungsvertrages mit der Beklagten zu 1), den diese bestritten hat, macht der Kläger nicht.

 

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind - soweit die Berufung für die Beklagte zu 2) eingelegt wurde - gemäß § 97 Abs. 1 ZPO der M. GmbH aufzuerlegen. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung zufolge sind demjenigen, der in vollmachtloser Stellvertretung oder als vermeintlicher gesetzlicher Vertreter eine Klage erhoben hat, die wegen Fehlens seiner Vertretungsmacht als unzulässig abgewiesen wird, zumindest dann, wenn die Klageerhebung nicht von der vertretenen Partei veranlasst worden war, die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weil er in diesem Falle hinsichtlich der Kostenpflicht als Partei zu behandeln ist. Das gilt auch bei einer Rechtsmitteleinlegung durch einen vollmachtlosen Vertreter für die Kosten der Rechtsmittelinstanz (BGH, Beschluss vom 04.12.1974, Az. VIII ZB 30/74, juris, Tz. 6 m. w. Nw.).

 

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

Soweit die Klage abgewiesen wurde, handelt es sich um einen Einzelfall ohne grundsätzliche Bedeutung. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen daher nicht vor.

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