R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
29.03.2012
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Verstoß gegen das Gebot der Preisklarheit bei kauf eines Handys und gleichzeitigem Abschluss eines Mobilfunkvertrags








KG, Urteil  vom 26.01.2012  Aktenzeichen 23 W  2/12


Amtliche Leitsätze:
Kann ein Endpreis nicht gebildet werden, weil der Preis der
angebotenen Leistungen von Umständen abhängt, die variabel sind, muss für die
einzelnen Preisbestandteile dem auch insoweit geltenden Gebot der Preisklarheit
folgend - soweit möglich - jeweils ein Betrag ausgewiesen werden.
Es stellt einen Verstoß gegen § 1
Abs. 6
Satz 1 PAngV
dar, wenn der Preis für ein nur bei gleichzeitigem Abschluss eines
Mobilfunkvertrages zu erwerbendes Mobiltelefon in eine Anzahlung und monatliche
Handyraten aufgespalten wird, ohne den auf das Mobiltelefon entfallenden Preis
in einem Betrag anzugeben.
Unerheblich ist, ob der Verbraucher den auf das
Mobiltelefon entfallenden Preis unschwer selbst ermitteln
kann.

Redaktionelle Normenkette: PAngV
§ 1
Abs. 6
S. 1; UWG
§ 5;
UWG
§ 5a
Abs. 3
Nr. 3;
UWG
§ 8,
; UKlaG
§ 2;
UKlaG
§ 4;









Gründe:
 






I. Der Verfügungskläger macht gegenüber der
Verfügungsbeklagten Unterlassungsansprüche im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes auf der Grundlage des § 2
UklaG und § 8
UWG
geltend. Er rügt einen Verstoß gegen § 1
Abs. 1
PAngV
bzw. §§ 5,
5a
Abs. 3
Nr. 3
UWG.
 






Der Verfügungskläger ist in der vom Bundesamt für Justiz
geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UklaG
eingetragen.
 






Die Verfügungsbeklagte wirbt im Internet (Anlage Ast 1) für
den Verkauf von Mobiltelefonen, indem sie beispielsweise für das Modell
############# angibt:
 






"# € mtl. Rate, Anzahlung einmalig ### €*"
 






Bei dem angegebenen Sternchen wird für den Abschluss eines
Mobilfunkvertrags darauf hingewiesen, dass die Mindestvertragslaufzeit 24 Monate
beträgt sowie:
 






"bei Handykauf ############## : zusätzliche monatliche
Handypauschale von ### EUR für die Dauer der Mindestvertragslaufzeit, ggf.
zuzüglich einmaligen Gerätepreis abhängig von der Auswahl des Endgerätes;
(...)"
 






Der für das Mobiltelefon insgesamt zu zahlende Preis - hier
### EUR - wird nicht genannt.
 






Der Verfügungskläger mahnte die Verfügungsbeklagte vergeblich
ab.
 






Das Landgericht Berlin hat den Antrag auf Erlass der
einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und dies damit begründet, dass das
Angebot zum Kauf des Mobiltelefons nur zusammen mit dem Abschluss des
Mobilfunkvertrags angenommen werden könne. Die Verpflichtung zur Angabe eines
Endpreises beziehe sich nur auf alle vom Leistungspaket umfassten Leistungen,
nicht aber auf einzelne Teilleistungen. Sei wegen laufzeit- und
verbrauchabhängiger Faktoren die Bildung eines Gesamtpreises nicht möglich,
seien die Kosten anderweitig hinreichend deutlich zu machen. Dass die
Verfügungsbeklagte dem nicht nachgekommen sei, werde nicht geltend gemacht. Der
Antrag des Verfügungsklägers ziele vielmehr auf eine Verpflichtung zur Bildung
eines Teilgesamtpreises, die aber nicht bestehe. Zudem sei der Verbraucher
unschwer in der Lage, das auf den Erwerb des Mobiltelefons entfallende Entgelt
zu berechnen.
 






Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers hat das
Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss seine Ansicht bekräftigt und weiter
ausgeführt, dass die beiden Teile eines einheitlichen Vertragsgefüges nicht
derart zu trennen seien, dass die Vorschriften der PAngV
auf beide Vertragsteile für sich anzuwenden seien.
 






Der Verfügungskläger beantragt,
 






wie erkannt.
 






Die Verfügungsbeklagte beantragt,
 






die Beschwerde zurückzuweisen.
 






Die Verfügungsbeklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss
als zutreffend und verweist auf Wettbewerber, die ihre Produkte in gleicher
Weise anbieten.
 






Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die
zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
 






II. Zur Entscheidung ist das Kollegium des Senats berufen, da
die Voraussetzungen des § 568
Satz 1 ZPO
nicht vorliegen.
 






Über das Rechtsmittel ist, nachdem der Senat mündlich
verhandelt hat, durch Endurteil zu entscheiden (Zöller/Vollkommer, ZPO,
29. Aufl., § 922,
Rdnr. 14).
 






Die gemäß § 567
Abs. 1
Nr. 2
ZPO
statthafte sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form-
und fristgerecht eingelegt, § 569
ZPO.
 






Das Rechtsmittel ist begründet.
 






Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist
zulässig. Der Umstand, dass der Verfügungskläger sein Begehren sowohl auf
Vorschriften des Gesetzes über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und
anderen Verstößen (
UKlaG
) als auch auf solche des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (
UWG
) stützt, stellt keine alternative Klagehäufung im Sinne der Entscheidung
des Bundesgerichtshofs - I ZR 150/09 - vom 09.11.2011 dar mit der Folge zweier
Streitgegenstände und damit der Notwendigkeit der Vorgabe einer Reihenfolge,
anderenfalls der Antrag unzulässig wäre. Vielmehr wird ein und das selbe
Begehren auf zwei von einander unabhängige Rechtsgrundlagen, nicht aber auf
verschiedene prozessuale Ansprüche gestützt.
 






Die Verfügungsbeklagte hat die beanstandete Preisangabe zu
unterlassen, § 2
Abs. 1
UKlaG
i.V.m. § 1
Abs. 2
und 6 PAngV.
 






Der Verfügungskläger ist gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UklaG
aktivlegitimiert.
 






Im Ausgangspunkt geht das Landgericht zutreffend davon aus,
dass die Verfügungsbeklagte mit dem Mobiltelefon und dem Mobilfunkvertrag ein
einheitliches Leistungsangebot unterbreitet (vgl. BGH GRUR 2010, 744,
juris Rdnr. 30). Denn das Mobiltelefon kann nicht allein erworben werden,
vielmehr ist zugleich ein Mobilfunkvertrag zu schließen. Darauf, dass die
Verfügungsbeklagte den Mobilfunkvertrag auch isoliert anbietet, kommt es nicht
an. Denn hier steht die Preisangabe für das Mobiltelefon in Rede.
 






Grundsätzlich ist ein Endpreis zu bilden, § 1
Abs. 1
Satz 1 PAngV.
Der Verbraucher soll zum Zwecke der leichteren Vergleichbarkeit mit
Konkurrenzprodukten den Preis nicht selbst ermitteln müssen (Köhler in:
Köhler/Bornkamm, UWG,
29. Aufl., § 1
PAngV
Rn. 1). Kann ein umfassender Endpreis ausnahmsweise wegen der Zeit- und
Verbrauchsabhängigkeit einzelner Preiskomponenten nicht gebildet werden, besteht
keine Verpflichtung, aus den Preisbestandteilen, die bereits bei Vertragsschluss
feststehen (hier Mobiltelefon, Anschlussgebühr, monatliche Grundgebühren während
der Mindestlaufzeit), einen gemeinsamen Endpreis zu bilden (BGH GRUR 1999, 261,
juris Rdnr. 24; 1999, 264, juris Rdnr. 26). Eine solche Verpflichtung wäre auch
nicht sinnvoll; denn ein auf diese Weise gebildeter Teilgesamtpreis wäre wenig
aussagekräftig und diente nicht der Vergleichbarkeit der Preise, weil hohe
Grundgebühren mit niedrigen verbrauchsabhängigen Gebühren einhergehen können und
umgekehrt.
 






Einen solchen Fall macht der Verfügungskläger indes nicht
geltend. Vielmehr beanstandet er, dass die Kosten für das Mobiltelefon als einem
Preisbestandteil nicht in einem Betrag angegeben, sondern in eine Anzahlung und
in mehrere Raten aufgesplittet werden. Da die Kosten für das Mobiltelefon nicht
in die des Mobilfunkvertrages eingepreist sind - isoliert angeboten weist der
Mobilfunkvertrag dieselben Kosten aus - beträgt der Preis für das Mobiltelefon
somit insgesamt ### EUR. Dass in anderen Kombinationsangeboten die Kosten für
das Mobiltelefon in die des Mobilfunkvertrags eingepreist sind und dann nicht
gesondert ausgewiesen zu werden brauchen, worauf das Landgericht in seinem
Nichtabhilfebeschluss u. a. abstellt, ist vorliegend nicht entscheidend, da ein
solches Angebot hier gerade nicht vorliegt, sondern die Verfügungsbeklagte die
in der Werbung genannten Mobiltelefone zum Kauf anbietet.
 






Kann ein Endpreis nicht gebildet werden, so besteht die
Verpflichtung, die Kosten auf andere Weise hinreichend deutlich kenntlich zu
machen (BGH GRUR 2010, 744,
juris Rdnr. 33; 1999, 261, juris Rdnr. 40); es müssen im Hinblick auf § 1
Abs. 2
und 6 PAngV
die einzelnen Preisbestandteile angegeben werden (BGH GRUR 2009, 73,
juris Rdnr. 18).
 






Das Landgericht ist zu Unrecht unter Berufung auf die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Meinung, ein solcher Preis müsse -
ausnahmsweise - nicht gebildet werden, da eine Verpflichtung zur Bildung eines
Teilgesamtpreises nicht bestehe.
 






Der Bundesgerichtshof (GRUR 1999, 261,
juris Rdnr. 24; 1999, 264, juris Rdnr. 26) hat sich (lediglich) dagegen
ausgesprochen, zu den Kosten des einen Teils (Mobiltelefon) des Leistungspakets
die Kosten von Teilen (Anschlussgebühr u.a., s.o.) des anderen Teils
(Mobilfunkvertrag) des Pakets zu addieren, und insoweit auf die Sinnlosigkeit
einer etwaigen Verpflichtung zur Angabe solcher Teilgesamtpreise hingewiesen.
Darum geht es vorliegend aber nicht. Der Umstand, dass - anerkannt - eine
Verpflichtung fehlt, aus mehreren bei Vertragsschluss bereits feststehenden
Preisbestandteilen einen Teilgesamtpreis zu bilden, lässt nicht das Gebot
entfallen, für die einzelnen Preisbestandteile - soweit möglich - jeweils einen
Betrag auszuweisen.
 






Da es sich bei der Aufgliederung von Preisen durch Nennung von
Einzelpreisen oder Preisbestandteilen ebenfalls um Angaben im Sinne der PAngV
handelt, muss auch eine (neben dem Endpreis angegebene) Preisaufgliederung den
Anforderungen von Preisklarheit und Preiswahrheit genügen (Völker,
Preisangabenrecht, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 104; OLG Köln NJWE-WettbR 1997, 9;
BGH GRUR 2010, 744,
juris Rdnr. 34). Das steht einer Aufsplittung des Preises für das Mobiltelefon
in eine Anzahlung und in monatliche Raten ohne gleichzeitige Angabe der Summe
entgegen. Denn mit dem Gebot der Preisklarheit, § 1
Abs. 6
Satz 1 PAngV,
ist es nicht zu vereinbaren, dass der Kunde den Preis - mehr oder weniger
aufwendig - erst ermitteln muss (auch Umkehrschluss aus § 1
Abs. 2
Satz 3 PAngV).
Das Erfordernis eines gedanklichen und rechnerischen Zwischenschritts verstellt
dem Verbraucher einen schnellen und unmittelbaren Preisvergleich. Gerade dies
ist jedoch Sinn und Zweck der dem Verbraucherschutz dienenden Vorschriften über
Preisangaben (OLG Köln, aaO.).
 






Die Verfügungsbeklagte kann nicht einwenden, dass letztlich
ihr die Kalkulation der zu zahlenden Preise obliege. Denn der Preis für das
Mobiltelefon liegt fest; er muss nicht - wie bei der Einbeziehung in die
Grundgebühren - kalkuliert werden. Die Verfügungsbeklagte versucht vielmehr, mit
der Aufteilung in eine Anzahlung und in Monatsraten von bloß # EUR eine nicht
vorhandene Preiswürdigkeit zu suggerieren. Es entspricht allgemeiner
Lebenserfahrung, dass Leser durch eine niedrig wirkende Preisangabe dazu
veranlasst werden, sich mit einem Angebot näher und vorzugsweise zu befassen,
wohingegen andere Inserate mit scheinbar höheren Preisen vernachlässigt werden
(OLG Köln, aaO.). Hinzu kommt, dass, würde das Mobiltelefon einzeln angeboten,
bei der Einräumung von Ratenzahlung ebenfalls der Gesamtpreis genannt werden
müsste. Die Kosten für das Mobiltelefon sind auch nicht von verbrauchsabhängigen
Positionen beeinflusst, vielmehr sind die Raten fest bestimmt. Die
Verfügungsbeklagte kann ferner nicht damit gehört werden, dass sonst auch die -
feststehenden - Grundgebühren über die Mindestlaufzeit addiert angegeben werden
müssten. Denn eine Verpflichtung, bei Vertragsschluss bereits feststehende
Preisbestandteile zu einem Teilgesamtpreis zu addieren, besteht nach dem zuvor
Ausgeführten gerade nicht.
 






Darauf, ob der Gesamtkaufpreis für das Mobiltelefon unschwer
zu errechnen ist, wie das Landgericht meint, kommt es nicht an, da solche
Berechnungen dem Verbraucher nach der PAngV
gerade nicht zugemutet werden sollen (Köhler in: Köhler/Bornkamm, aaO.; OLG Köln
aaO.).
 






Die aufgrund der erfolgten Rechtsverletzung zu vermutende
Wiederholungsgefahr ist mangels Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung (BGH NJW 2002, 2386
zu § 1
UKlaG)
nicht ausgeräumt.
 






Die Dringlichkeit wird nach § 5
UKlaG
i.V.m. § 12
Abs. 2
UWG
vermutet.
 






Nach alledem kommt es darauf, ob der Verfügungsbeklagten auch
ein Verstoß gegen §§ 5,
5a
Abs. 3
Nr. 3
UWG
anzulasten ist und ob letzterer Vorschrift neben denen der PAngV
eine eigenständige, weiterführende Bedeutung beizumessen ist, nicht
an.
 

stats