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Wirtschaftsrecht
01.01.1970
Wirtschaftsrecht
: Verstoß gegen Wettbewerbsverbot berechtigt zur fristlosen Kündigung des Vertriebsvertrags

Verstoß gegen Wettbewerbsverbot berechtigt zur fristlosen Kündigung des Vertriebsvertrags

OLG München, Beschluss vom 24.3.2009 7 U 5575/08

Volltext des Beschlusses: BBL2009-2002-1 unter www.betriebs-berater.de

Orientierungssatz

Hält sich ein Handelsvertreter nicht an eine im Vertriebsvertrag getroffene Vereinbarung, wonach er nur mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung für Konkurrenzunternehmen tätig werden darf, so ist der Unternehmer gemäß § 89a Abs. 1 HGB zur außerordentlichen fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung berechtigt.

Zusammenfassung

Die Klägerin, eine Handelsvertreterin der Beklagten, wehrte sich gegen eine außerordentliche Kündigung. Die Beklagte hatte das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt, nachdem die Klägerin für einen direkten Konkurrenten tätig geworden war. Der Vertriebsvertrag zwischen den Parteien enthielt eine Bestimmung, wonach die Klägerin vor Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit die ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Beklagten einzuholen hatte. Die Klägerin berief sich nun insbesondere darauf, dass sie der Beklagten ihre Absicht zur Zusammenarbeit mit dem Wettbewerber schriftlich mitgeteilt habe und von der Zustimmung der Beklagten ausgegangen sei, da die Beklagte das Schreiben unbeantwortet gelassen habe. Das OLG folgte dem nicht und erkannte die Kündigung als wirksam an. In der Tätigkeit für einen Konkurrenten ohne ausdrückliche Zustimmung liegt laut Gericht ein schwerwiegender Vertragsverstoß, der eine Fortsetzung des Vertrages unzumutbar macht.

Praxisfolgen

Die Entscheidung macht deutlich, wie stark Handelsvertreter den Interessen des Unternehmers verpflichtet sind. Nicht genehmigte Wettbewerbshandlungen von Handelsvertretern greifen unzumutbar in das Interesse des Prinzipals ein, der im Handelsvertreter seinen Interessenwahrer erwarten darf (vgl. § 86 Abs. 1 S. 2 HGB). Wird zudem vereinbart, dass der Handelsvertreter für Konkurrenten des Unternehmers nur nach ausdrücklicher, schriftlicher Einwilligung tätig werden darf, kann das nicht durch "Erklärungsfallen" umgangen werden:

Eine Mitteilung der Anbahnung von Tätigkeiten für einen Wettbewerber bei Hinweis auf die unterstellte Zustimmung, begründet keine Erklärungspflicht des Unternehmers. Er muss nicht mitteilen, dass die Annahme des Handelsvertreters fehl geht. Das OLG begreift dies Vorgehen des Vertreters eher als Zumutung und gibt dem Unternehmer - auch ohne ausdrückliche Sanktionsandrohung im Vertrag - das Recht zur außerordentlichen Kündigung. Dabei nimmt das OLG richtig an, dass eine Abmahnung entbehrlich ist. Denn eine Abmahnung muss bei offensichtlicher Zwecklosigkeit nicht ausgesprochen werden. Ist die Vertrauensgrundlage irreparabel zerstört, hilft auch eine nachträgliche Änderung des Verhaltens nicht mehr (vgl. MüKo-Gaier, § 314 BGB Rn. 17). Insofern kommt es nicht darauf an, ob der Handelsvertreter willens und in der Lage gewesen wäre, die Geschäftsbeziehung zum Wettbewerber wieder abzubrechen.

Die Folgen einer außerordentlichen Kündigung nach § 89a Abs. 1 HGB treffen Handelsvertreter besonders hart: Neben Provisionsverlust wegen der Beendigung des Vertrages und möglichen Schadensersatzpflichten entfällt der oftmals sehr werthaltige nachvertragliche Ausgleichsanspruch.

Übrigens: Was mit dem Ausgleichsanspruch geschieht, wenn der Unternehmer erst nach ordentlicher Beendigung des Vertrags von einer Pflichtverletzung des Handelsvertreters erfährt, mag demnächst der EuGH entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 29.4.2009 - VIII ZR 226/07).

Thomas Salomon, LL.M. (Illinois), RA, Lovells LLP, Hamburg

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