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Wirtschaftsrecht
15.05.2025
Wirtschaftsrecht
EuGH: Vergleichende Werbung und Mitbewerber-Eigenschaft eines Online-Vergleichsdienstes für Versicherungsangebote (HUK-COBURG/CHECK24)

EuGH, Urteil vom 8.5.2025 – C-697/23, HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg gegen Check24 Vergleichsportal GmbH u. a.

ECLI:EU:C:2025:338

Volltext: BB-Online BBL2025-1153-1

unter www.betriebs-berater.de

Tenor

Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung ist dahin auszulegen, dass ein Online-Vergleichsdienst für Waren oder Dienstleistungen, der von einem Unternehmen bereitgestellt wird, das kein „Mitbewerber“ im Sinne dieser Bestimmung ist, d. h. die von ihm verglichenen Waren oder Dienstleistungen nicht selbst anbietet und folglich auf einem Markt für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen tätig ist, nicht unter den Begriff „vergleichende Werbung“ im Sinne dieser Bestimmung fällt. Das Gleiche gilt, wenn dieses Unternehmen als Vermittler auftritt und, ohne selbst auf dem Markt für diese Waren oder Dienstleistungen tätig zu sein, es Verbrauchern ermöglicht, Verträge mit Unternehmen abzuschließen, die die betreffenden Waren oder Dienstleistungen anbieten.

 

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. 2006, L 376, S. 21).

 

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg (im Folgenden: HUK-Coburg) und der Check24 Vergleichsportal GmbH u. a. (im Folgenden: Check24) über einen Antrag auf Unterlassung eines Online-Vergleichssystems mittels Tarifnoten auf der von Check24 betriebenen Internetseite.

 

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3          Art. 1 der Richtlinie 2006/114 lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist der Schutz von Gewerbetreibenden vor irreführender Werbung und deren unlauteren Auswirkungen sowie die Festlegung der Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung.“

 

4          Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet

c)      ‚vergleichende Werbung‘ jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von einem Mitbewerber angeboten werden, erkennbar macht“.

 

5          Art. 4 der Richtlinie 2006/114 sieht vor:

„Vergleichende Werbung gilt, was den Vergleich anbelangt, als zulässig, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:

b)      sie vergleicht Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung;

c)      sie vergleicht objektiv eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen, zu denen auch der Preis gehören kann;

d)      durch sie werden weder die Marken, die Handelsnamen oder andere Unterscheidungszeichen noch die Waren, die Dienstleistungen, die Tätigkeiten oder die Verhältnisse eines Mitbewerbers herabgesetzt oder verunglimpft;

h)      sie begründet keine Verwechslungsgefahr bei den Gewerbetreibenden, zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den Warenzeichen, Warennamen, sonstigen Kennzeichen, Waren oder Dienstleistungen des Werbenden und denen eines Mitbewerbers.“

 

6          Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/114 lautet:

„Die Mitgliedstaaten stellen im Interesse der Gewerbetreibenden und ihrer Mitbewerber sicher, dass geeignete und wirksame Mittel zur Bekämpfung der irreführenden Werbung vorhanden sind, und gewährleisten die Einhaltung der Bestimmungen über vergleichende Werbung.“

 

Deutsches Recht

7          § 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. 2004 I S. 1414) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: UWG) bestimmt:

„(1)      Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

(2)      Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

2.      nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist,

…“

 

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

8          HUK-Coburg ist die Muttergesellschaft einer großen deutschen Versicherungsgruppe, deren Konzerntöchter in verschiedenen Bereichen Versicherungen anbieten, u. a. im Bereich der Kfz-Versicherungen.

 

9          Check24 ist eine Unternehmensgruppe nach deutschem Recht, die ein Online-Vergleichsportal betreibt, das seinen Nutzern die kostenlose Möglichkeit bietet, verschiedene Produkte, u. a. auch Versicherungsangebote, zu vergleichen. Ein solcher Vergleich erfolgt anhand einer Reihe von Kriterien – u. a. dem Preis – mittels Tarifnoten für die verschiedenen Versicherungsangebote (im Folgenden: Tarifnoten). Die Internetseite bietet auch die Möglichkeit, gegebenenfalls Verträge mit den Anbietern dieser Produkte abzuschließen.

 

10        Der Tarifvergleich ist in den verschiedenen betroffenen Versicherungssparten im Grunde gleichlaufend konzipiert. Nach Eingabe bestimmter, zum Teil notwendiger und zum Teil fakultativer Eckdaten zum Versicherungsnehmer und zum gewünschten Produkt wird eine Ergebnisseite generiert. Diese Ergebnisseite beinhaltet eine Liste von Versicherungstarifen verschiedener Versicherer sowie eine überblicksartige Darstellung von als wesentlich erachteten Informationen zu diesen Versicherungsangeboten, etwa dem Namen des Versicherers, dem Preis des betreffenden Angebots, aber auch schlagwortartig den Tarifdetails dieses Angebots. Zudem wird in einem rechteckigen, blau umrandeten Feld unter dem Namen des verglichenen Versicherers eine als solche ausdrücklich bezeichnete „Tarifnote“ angezeigt. Diese Tarifnote weist einen Zahlenwert von 1,0 bis 4,0 aus und ist durch die jedem Versicherer jeweils zugewiesene Notenstufe „sehr gut“, „gut“, „befriedigend“ oder „ausreichend“ unterlegt. Angeführt wird die Liste der Tarife von einem ersten Angebot, das überwiegend als „Preis-Leistungs-Empfehlung“ bezeichnet wird, gefolgt von einem zweiten Angebot mit der Bezeichnung „Leistungsempfehlung“.

 

11        Die nachfolgenden Angebote werden grundsätzlich nach ihrem Preis in aufsteigender Reihenfolge aufgelistet. Der Kunde hat jedoch auch die Möglichkeit, durch Anklicken entsprechender Buttons eine andere Reihenfolge zu erhalten, etwa nach den Namen der betreffenden Versicherer in alphabetischer Reihenfolge, den Tarifnoten in absteigender Reihenfolge oder den Kundenbewertungen in der Reihenfolge von der besten zur schlechtesten. Wenn der Nutzer mit dem Cursor die Computermaus über das Feld mit der Tarifnote bewegt, öffnet sich außerdem ein Pop-up-Fenster mit Basisinformationen zu dieser Tarifnote.

 

12        Die Tarifnote beruht auf einem Punktesystem, das sich auf verschiedene „Benotungsparameter“ stützt und aus bis zu einer gewissen Höchstpunktzahl vergebenen Punkten besteht, die addiert eine Gesamtpunktzahl ergeben. Die Benotungsparameter und die Gesamtpunktzahl unterscheiden sich je nach Versicherungssparte. Die in Rede stehenden Benotungsparameter werden je nach Versicherungssparte in Untergruppen bzw. Kategorien zusammengefasst und mit einem grünen oder gelben Häkchen oder einem roten Kreuz versehen. Am Fuße des Pop-up-Fensters wird darauf hingewiesen, dass diese Symbole für „sehr gut“, „durchschnittlich“ und „unterdurchschnittlich/nicht versichert“ stehen.

 

13        In diesem Kontext leitete HUK-Coburg im Jahr 2020 beim Landgericht Köln (Deutschland) gegen Check24 ein Verfahren ein und machte u. a. geltend, dass, was die Kfz-Versicherungen anbelange, die auf der in Rede stehenden Internetseite angebotenen Vergleiche mittels Tarifnoten gegen § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG verstießen. Das Landgericht Köln folgte dieser Argumentation in einem Urteil vom 22. April 2020, in dessen Folge Check24 diese Internetseite für die Versicherungssparte Kfz-Versicherung überarbeitete und den betroffenen Verbrauchern weitere Informationen zu den Tarifnoten bereitstellte. In der Folgezeit nahm Check24 auch in Bezug auf andere Versicherungsprodukte entsprechende Überarbeitungen vor.

 

14        Am 26. November 2020 erhob HUK-Coburg beim Landgericht Köln Klage gegen Check24 Vergleichsportal, die für die Bereitstellung dieser Internetseite für Verbraucher zuständige Gesellschaft. Auf Antrag von HUK-Coburg verwies dieses Gericht die Rechtssache mit Beschluss vom 22. März 2021 an das Landgericht München I (Deutschland), das vorlegende Gericht. HUK-Coburg machte ein Unterlassungs- und Schadensersatzbegehren geltend, das auf konkrete Verletzungsformen gerichtet war, u. a. die Tarifnotendarstellung auf den Ergebnisseiten als solche, aber auch in Verbindung mit den dazugehörigen Informationen mittels Pop-up-Fenstern. Solche Tarifnoten stellten eine nach nationalem Recht unzulässige vergleichende Werbung dar, da sie als Werturteile anzusehen seien, die kein Gegenstand vergleichender Werbung sein dürften, weil diese Noten eine falsche Objektivität vorspiegelten und für den Verbraucher ein hohes Täuschungspotential haben könnten.

 

15        Am 20. September 2021 erweiterte HUK-Coburg diese Klage auf Check24. Insbesondere forderte HUK-Coburg die CHECK24 Vergleichsportal für Sachversicherungen GmbH dazu auf, es zu unterlassen, die Angebote bei der Hausrat- und Rechtsschutzversicherung klassifiziert nach Preis und Kundenbewertung darzustellen.

 

16        Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die Frage, ob § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG einen Vergleich mittels Tarifnoten, wie er in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit in Rede stehe, generell verbiete, von der Auslegung von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 abhänge.

 

17        Zunächst sei eine Note eine Zahl, die per se dem Verbraucher keine für die Erwerbsentscheidung erheblichen Informationen über das verglichene Produkt liefere, so dass eine solche Note keine Eigenschaft eines Produkts im Sinne von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 sei.

 

18        Sodann sei eine Bepunktung bzw. Benotung ein subjektiver Akt, während diese Bestimmung ausdrücklich einen objektiven Vergleich erfordere. Eine solche Objektivität werde neben der Nachprüfbarkeit verlangt und müsse daher eine davon unabhängige eigenständige Bedeutung haben.

 

19        Im Übrigen betrachte die Richtlinie 2006/114 vergleichende Werbung im Grundsatz wettbewerbs- und verbraucherpolitisch positiv und wolle Verbraucher und Mitbewerber lediglich vor möglichen Nachteilen dieser Werbung schützen. Unter diesen Umständen seien die in Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 vorgesehenen Bedingungen weit auszulegen.

 

20        Schließlich ermögliche ein Bepunktungs- bzw. Benotungssystem einen zusammenfassenden Vergleich einer Vielzahl von Kriterien, weshalb es eine Hilfestellung für den Verbraucher bei komplexen Erwerbsgeschäften darstellen könne.

 

21        Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht München I beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 dahin gehend auszulegen, dass die Bedingungen an eine zulässige vergleichende Werbung nach dieser Vorschrift auch erfüllt sein können, wenn der Vergleich mittels eines Benotungs- bzw. Bepunktungssystems durchgeführt wird?

 

Zur Vorlagefrage

22        Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat er die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Es ist nämlich Aufgabe des Gerichtshofs, alle Bestimmungen des Unionsrechts auszulegen, die die nationalen Gerichte benötigen, um die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, auch wenn diese Bestimmungen in den ihm von diesen Gerichten vorgelegten Fragen nicht ausdrücklich genannt sind (Urteil vom 7. November 2019, K.H.K. [Vorläufige Kontenpfändung], C‑555/18, EU:C:2019:937, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

23        Obgleich es in der Vorlagefrage formal um die Auslegung von Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 geht, insbesondere darum, ob die Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung auch erfüllt sein können, wenn ein Vergleich mittels eines Benotungs- bzw. Bepunktungssystems vorgenommen wird, ist der Gerichtshof folglich nicht gehindert, alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu erteilen, die für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens von Nutzen sein können. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten vom nationalen Gericht vorgelegten Material, insbesondere aus der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Ausgangsrechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. entsprechend Urteil vom 7. November 2019, K.H.K. [Vorläufige Kontenpfändung], C‑555/18, EU:C:2019:937, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

24        Im vorliegenden Fall ist in Anbetracht der Angaben im Vorabentscheidungsersuchen zu prüfen, ob ein von einem Unternehmen bereitgestellter Online-Vergleichsdienst für Versicherungsprodukte als „vergleichende Werbung“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 angesehen werden kann und ob eine solche Form der Werbung gegebenenfalls die in dieser Richtlinie festgelegten Zulässigkeitsbedingungen erfüllt.

 

25        Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 definiert den Begriff „vergleichende Werbung“ als „jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von einem Mitbewerber angeboten werden, erkennbar macht“.

 

26        Insoweit ist der Begriff der vergleichenden Werbung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dadurch gekennzeichnet, dass ein „Mitbewerber“ oder die von ihm angebotenen Waren und Dienstleistungen erkennbar gemacht werden (Urteile vom 19. April 2007, De Landtsheer Emmanuel, C‑381/05, EU:C:2007:230, Rn. 27, und vom 18. November 2010, Lidl, C‑159/09, EU:C:2010:696, Rn. 30).

 

27        Folglich kommt es, wie die Europäische Kommission zu Recht hervorgehoben hat, im vorliegenden Fall entscheidend darauf an, ob eine Unternehmensgruppe, die Online-Vergleichsdienste für Versicherungsprodukte anbietet, im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 als „Mitbewerber“ einer Versicherungsgruppe eingestuft werden kann.

 

28        Der Werbende, d. h. Check24, muss daher ein Mitbewerber von HUK-Coburg sein, damit die beanstandete Praxis als vergleichende Werbung im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 angesehen wird und sie mithin in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen kann; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

 

29        Insoweit ist festzustellen, dass weder Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 noch eine andere Bestimmung dieser Richtlinie eine Definition des Begriffs „Mitbewerber“ enthält.

 

30        Zum Begriff „Mitbewerber“ ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits klargestellt hat, dass die Eigenschaft von zueinander in Wettbewerb stehenden Unternehmen, auf die der Begriff der vergleichenden Werbung abstellt, definitionsgemäß auf der Substituierbarkeit der Waren oder Dienstleistungen beruht, die sie auf dem Markt anbieten (Urteile vom 19. April 2007, De Landtsheer Emmanuel, C‑381/05, EU:C:2007:230, Rn. 28, und vom 18. November 2010, Lidl, C‑159/09, EU:C:2010:696, Rn. 30).

 

31        Aus diesem Grund macht Art. 4 Buchst. b der Richtlinie 2006/114 die Zulässigkeit vergleichender Werbung von der Bedingung abhängig, dass Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung verglichen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2007, De Landtsheer Emmanuel, C‑381/05, EU:C:2007:230, Rn. 29).

 

32        Des Weiteren kann, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, bei Waren, die in gewissem Maße gleichen Bedürfnissen dienen können, davon ausgegangen werden, dass sie einander in einem gewissen Grad substituieren können (Urteile vom 19. April 2007, De Landtsheer Emmanuel, C‑381/05, EU:C:2007:230, Rn. 30, und vom 18. November 2010, Lidl, C‑159/09, EU:C:2010:696, Rn. 32).

 

33        Die konkrete Beurteilung dieses Substitutionsgrads, die Sache der nationalen Gerichte ist und die im Licht der Ziele der Richtlinie 2006/114 und der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs herausgearbeiteten Grundsätze vorzunehmen ist, verlangt schließlich die Prüfung von Kriterien, die den Schluss zulassen, dass zumindest zwischen einem Teil der von den betreffenden Unternehmen angebotenen Produktpalette ein Wettbewerbsverhältnis besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2007, De Landtsheer Emmanuel, C‑381/05, EU:C:2007:230, Rn. 33).

 

34        Im vorliegenden Fall wird sich in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen die vom vorlegenden Gericht vorzunehmende Prüfung, ob zwischen Check24 und HUK-Coburg ein Wettbewerbsverhältnis besteht, auf eine Analyse dessen stützen müssen, ob die von den Parteien des Ausgangsverfahrens jeweils angebotenen Dienstleistungen eventuell substituierbar sind, um zu entscheiden, ob die Unternehmen auf demselben Markt tätig sind.

 

35        Insoweit geht aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte hervor, dass HUK-Coburg ihren Kunden Versicherungsdienstleistungen in verschiedenen Bereichen erbringt, während Check24 nicht selbst solche Dienstleistungen anbietet, sondern sich darauf beschränkt, im Internet mittels eines Benotungs- bzw. Bepunktungssystems verschiedene Versicherungsdienstleistungen, die von Versicherungsunternehmen angeboten werden, zu vergleichen und gegebenenfalls als Vermittler die Möglichkeit zum Abschluss von Verträgen mit den Versicherungsunternehmen, die die verglichenen Dienstleistungen erbringen, zu eröffnen.

 

36        Da aus dieser Akte hervorgeht, dass Check24 ein Online-Vergleichsportal für Versicherungsdienstleistungen betreibt und selbst kein Versicherungsunternehmen ist, kann dieses Unternehmen solche Dienstleistungen auch dann weder erbringen noch über sie verfügen, wenn es als bloßer Vermittler den Abschluss von Verträgen zwischen Kunden und Anbietern von Versicherungsprodukten ermöglicht.

 

37        Vorbehaltlich einer näheren Prüfung durch das vorlegende Gericht ist daher davon auszugehen, dass eine Versicherungsgruppe wie HUK-Coburg und eine Unternehmensgruppe wie Check24, die Online-Vergleichsdienstleistungen für Versicherungsprodukte bereitstellt, Dienstleistungen anbieten, die nicht substituierbar sind und sie demnach auf unterschiedlichen Dienstleistungsmärkten tätig sind.

 

38        Daraus folgt, dass von einem Unternehmen erbrachte Online-Vergleichsdienste für Versicherungsprodukte, die weder einen Mitbewerber dieses Unternehmens noch die von einem solchen Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar machen, nicht unter den Begriff „vergleichende Werbung“ im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 fallen.

 

39        Nach alledem ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 dahin auszulegen ist, dass ein Online-Vergleichsdienst für Waren oder Dienstleistungen, der von einem Unternehmen bereitgestellt wird, das kein „Mitbewerber“ im Sinne dieser Bestimmung ist, d. h. die von ihm verglichenen Waren oder Dienstleistungen nicht selbst anbietet und folglich auf einem Markt für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen tätig ist, nicht unter den Begriff „vergleichende Werbung“ im Sinne dieser Bestimmung fällt. Das Gleiche gilt, wenn dieses Unternehmen als Vermittler auftritt und, ohne selbst auf dem Markt für diese Waren oder Dienstleistungen tätig zu sein, es Verbrauchern ermöglicht, Verträge mit Unternehmen abzuschließen, die die betreffenden Waren oder Dienstleistungen anbieten.

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