R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
13.09.2012
Wirtschaftsrecht
BGH: Verdeckte Sachlagen in Form des Hin- und Herzahlens

BGH, Beschluss vom 10.7.2012 - II ZR 212/10

Leitsätze

1. Tritt im Laufe eines Rechtsstreits eine Gesetzesänderung in Kraft, die sofor-tige Wirksamkeit entfaltet, gebieten es die Grundsätze des fairen Verfahrens und die Fürsorgepflicht des Gerichts, dass es der erstinstanzlich erfolgrei-chen Partei rechtzeitig einen Hinweis darauf erteilt, dass es die Rechtslage anders beurteilt als das erstinstanzliche Gericht. Dies gilt auch dann, wenn der Prozessgegner der anwaltlich vertretenen Partei auf Schlüssigkeitsbe-denken hingewiesen hat, für das Gericht aber offen zu Tage tritt, dass der Hinweis nicht richtig verstanden wurde.

2. Zahlt der Gesellschafter den Einlagebetrag (hier: aus einer Kapitalerhöhung) nach Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ein zweites Mal an die Ge-sellschaft verbunden mit der Anweisung, die Zahlung an ihn zur Tilgung sei-ner Bereicherungsforderung aus einem ersten, fehlgeschlagenen Erfüllungs-versuch zurück zu überweisen, liegt darin eine verdeckte Sacheinlage in Form des Hin- und Herzahlens.

Sachverhalt

I.

Die Beklagten zu 1 bis 4 sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR), die ihrerseits ab August 2000 Alleingesellschafterin der Insolvenzschuldnerin, einer GmbH, war. Mit Gesellschafterbeschluss vom 11. Oktober 2000 wurde das Stammkapital der Insolvenzschuldnerin um 969.322,49 € erhöht und die GbR zur Übernahme des Erhöhungsbetrages zugelas-sen. Die Kapitalerhöhung wurde am 6. November 2000 beim Registergericht ange-meldet, die Eintragung erfolgte am 4. Dezember 2000. Am 25. und 26. September 2000 waren auf Konten der Insolvenzschuldnerin 2 Mio. DM eingegangen mit dem Vermerk „T. Gruppe - Stammkapitalerhöhung". Die von den Beklagten be-herrschte T. KG hatte der GbR insoweit ein Darlehen gewährt. Im Zeitpunkt der Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses waren die überwiesenen 2 Mio. DM bis auf einen Betrag von 83.359,64 DM für das operative Geschäft der Insolvenzschuld-nerin verbraucht. Am 26. Oktober 2000 gewährte die S. Bank eG der GbR ein Dar-lehen in Höhe von 2 Mio. DM für den Verwendungszweck „Finanzierung Gesellschaf-tereinlagen". Am 4. November 2000 mit Wertstellung am 15. November 2000 über-wies die GbR die ihr von der Bank gewährte Darlehenssumme von 2 Mio. DM an die Insolvenzschuldnerin unter Angabe des Verwendungszwecks „Stammeinlage". Am selben Tag überwies die Insolvenzschuldnerin diesen Betrag weiter an die T. KG, um deren Darlehensforderung gegen die GbR zu tilgen.

Mit Beschluss vom 1. Februar 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser hat mit der Behauptung, die aus der Kapitalerhöhung geschuldete Einlage sei in Höhe von 926.701,38 € nicht erbracht worden, es liege insoweit keine schuldtilgende Voreinzahlung vor, im August 2007 Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 4 erhoben. Am 25. April 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Landge-richt statt. Das erstinstanzliche Teilurteil gegen die Beklagten zu 1, 2 und 4 wurde nach im Mai 2009 erfolgtem Übergang ins schriftliche Verfahren am 21. Juli 2009 verkündet. Im Hinblick auf das im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens am 1. November 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, es liege eine verdeckte Sacheinlage nach § 19 Abs. 4 GmbHG nF vor, wegen des gleichwertigen und vollständigen Bereicherungsan-spruchs der Beklagten aus der fehlgeschlagenen Voreinzahlung, der mit dem An-spruch der Insolvenzschuldnerin aus der Kapitalerhöhung konnex gewesen sei, sei die Klage aus § 19 Abs. 4 GmbHG unbegründet. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage stattgegeben. Hiergegen richten sich die Nichtzulas-sungsbeschwerden der Beklagten zu 1 und 2 und des Nebenintervenienten der Be-klagten.

Aus den Gründen

3          II. Die Nichtzulassungsbeschwerden der Beklagten zu 1 und 2 (künftig: Beklagte) und des Nebenintervenienten der Beklagten sind begründet und führen zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Beru-fungsgericht (§ 544 Abs. 7 ZPO). Das Berufungsgericht hat mit seiner Entscheidung, der Vortrag der Beklagten zur Werthaltigkeit der Bereicherungsforderung aus der fehlgeschlagenen Voreinzahlung sei unsubstantiiert, darüber hinaus verspätet und biete keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, den An-spruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungs-erheblicher Weise verletzt.

4          1. Die nicht näher begründete Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Beklagten in den Schriftsätzen vom 28. September 2010 und vom 7. Oktober 2010 zu der fehlenden insolvenzrechtlichen Überschuldung der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung sei unsubstantiiert, verletzt die Be-klagten in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Es entspricht ständiger Rechtspre-chung, dass Vortrag einer Partei dann hinreichend substantiiert ist, wenn sie Tatsa-chen anführt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstel-lung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Be-hauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (BVerfG, WM 2012, 492 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Rn. 4; Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Rn. 8; Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848 m.w.N.). Überspannt das Gericht die Anforde-rungen an die Substantiierung und erhebt deshalb nicht die von der Partei angebote-nen Beweise, verletzt es den Anspruch auf rechtliches Gehör (BVerfG, WM 2012, 492 Rn. 20 f.; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Rn. 4). So liegt der Fall hier. Die Beklagten haben ausführlich unter Vorlage von zahl-reichen Unterlagen und unter Beweisantritt vorgetragen, dass zwar eine bilanzielle, nicht jedoch eine insolvenzrechtliche Überschuldung der Insolvenzschuldnerin vorge-legen habe.

5          2. Dieser Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist ent-scheidungserheblich, weil auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts, der Vortrag der Beklagten sei verspätet (§ 531 Abs. 2 ZPO) und - auch - deshalb unbe-achtlich, auf einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG beruht.

6          a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine - wie hier die Beklagten - in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen, vom Berufungsge-richt rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 ZPO zu erhalten, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will, insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (st.Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - XII ZR 86/10, NJW-RR 2011, 1109 Rn. 12; Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937 Rn. 4; Urteil vom 27. April 1994 - XII ZR 16/93, WM 1994, 1823, 1824; BAG, NJW 2006, 2716 Rn. 10 ff.). Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überra-schungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtli-ches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f.). Rechtliche Hinweise müssen danach den Par-teien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es diesen auch tatsächlich

möglich ist, vor einer Entscheidung zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfah-ren und sein Ergebnis nehmen zu können, sie also nicht gehindert werden, rechtzei-tig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 189; 86, 133, 144).

7          Ein rechtlicher Hinweis ist zwar regelmäßig nicht geboten, wenn eine Partei in erster Instanz obsiegt hat, die dem ihr günstigen Urteil zugrundeliegende Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts als zentraler Streitpunkt zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt wird und das Berufungsgericht sich sodann der Auffassung des Berufungsklägers anschließt. In diesem Fall muss die in erster Instanz erfolgrei-che Partei von vornherein damit rechnen, dass das Berufungsgericht anderer Auffas-sung ist; seine dementsprechende Entscheidung kann im Grundsatz nicht überra-schend sein. Das Berufungsgericht hat regelmäßig keinen Anlass zu der Annahme, trotz der in der Berufung zentral geführten Auseinandersetzung über den Streitpunkt bestehe noch Aufklärungsbedarf und müsse der Partei Gelegenheit zu weiterem Vor-trag und Beweisantritt gegeben werden (siehe nur BGH, Urteil vom 19. August 2010 - VII ZR 113/09, NJW 2010, 3089 Rn. 18 m.w.N.).

8          Andererseits befreit der Umstand, dass der Prozessgegner Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Vortrags der anderen Partei geltend gemacht hat, das Gericht dann nicht von seiner Pflicht zu einem Hinweis, wenn es für das Gericht offenkundig ist, dass der Prozessbevollmächtigte der Partei die Bedenken des Prozessgegners nicht zutreffend aufgenommen hat (siehe nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - VII ZR 25/03, NJW-RR 2004, 1247, 1248; Urteil vom 7. Dezember 2000 - I ZR 179/98, NJW 2001, 2548, 2549 jew. m.w.N.).

9          b) Gemessen an diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen nicht als verspätet zurück-weisen und die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht ablehnen.

10        Der Hinweis des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung, dass es die Frage der Vollwertigkeit der Bereicherungsforderung anders beurteile als das Landgericht und dementsprechend weiteren Vortrag der Beklagten und Beweisantrit-te für erforderlich halte, war gemessen an § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO ohnehin recht spät; angesichts dessen hätte das Berufungsgericht, nachdem es bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage erstmalig diesen Hinweis erteilt hatte, dem Antrag der Be-klagten auf Gewährung einer Schriftsatzfrist stattgeben müssen (§ 139 Abs. 5 ZPO). Jedenfalls aber musste es den substantiierten, beweisbewehrten Vortrag der Beklag-ten in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen zum Anlass nehmen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Dadurch, dass es dies unterlassen und den Vortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen hat, hat es gegen Art. 103 Abs. 1 GG ver-stoßen (siehe hierzu BGH, Beschluss vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, WM 2006, 2328 Rn. 4 ff.; Beschluss vom 15. Oktober 2009 - VII ZR 2/09, BauR 2010, 246 Rn. 3 f. jew. m.w.N.).

11        Zwar trifft es zu, dass der Berufungskläger darauf hingewiesen hatte, dass das Landgericht die Frage der Vollwertigkeit des Bereicherungsanspruchs nicht richtig beurteilt habe und die Beklagten bislang dazu den erforderlichen Vortrag nicht gehal-ten hätten. Darin lag jedoch nicht "der" zentrale Streitpunkt zwischen den Parteien. Vielmehr ging es vorrangig um die Frage, ob ein Fall des Hin- und Herzahlens oder ein Fall einer verdeckten Sacheinlage vorlag.

12        Zudem hatten die Parteien in der ersten Instanz nur über die Frage der Zuläs-sigkeit der Voreinzahlung auf die Kapitalerhöhung gestritten. Erst nachdem während des Verfahrens in der ersten Instanz das MoMiG in Kraft getreten war, bestand für die Beklagten erstmals Anlass, sich mit der Frage der Vollwertigkeit der Bereiche-rungsforderung zu befassen, da die Vollwertigkeit der Verteidigung der Beklagten zuvor nicht hätte zum Erfolg verhelfen können (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Juli 2003- II ZR 235/01, BGHZ 155, 329, 337 ff.). Vortrag zu der neuen Rechtslage findet sich dementsprechend in der ersten Instanz nur in ganz geringem Umfang - geschweige denn sind diese Fragen in einer mündlichen Verhandlung erörtert worden -, und auch die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung bot den Beklagten keinen Anlass zu der Annahme, sie müssten zur Frage der Vollwertigkeit weiteren Vortrag halten. Jedenfalls musste für das Berufungsgericht aber erkennbar sein, dass die anwaltli-chen Vertreter der Beklagten die Frage der Vollwertigkeit offensichtlich fehlerhaft al-lein auf die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft bezogen und den Hinweis in der Beru-fungsbegründung des Klägers nicht richtig verstanden hatten. Tritt, wie hier, im Laufe des Verfahrens eine Gesetzesänderung ein und besteht auch wegen Fehlens einer (höchstrichterlichen) Rechtsprechung bei den anwaltlichen Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Anwendbarkeit und der Voraussetzungen der neuen Vorschriften ei-ne verständliche Unsicherheit, erfordern es die Grundsätze eines fairen Verfahrens und die Fürsorgepflicht des Gerichts in besonderem Maße, dass das Gericht recht-zeitig Hinweise erteilt und sich nicht darauf zurückzieht, die betroffene Partei sei schon durch Vorbringen des Gegners auf die Fragen, die nach der vom Gericht erst in der mündlichen Verhandlung dargelegten Rechtsauffassung von Bedeutung sind, hingewiesen worden.

13        3. Der Erfolg der Rechtsverteidigung der Beklagten hängt von der Frage ab, ob bzw. in welcher Höhe die Bereicherungsforderung aus der fehlgeschlagenen Vor-einzahlung gegen die Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapital-erhöhung werthaltig war (§ 19 Abs. 4 Satz 3, Satz 5, § 56 Abs. 2 GmbHG). Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht diese Frage anders beurteilt hätte, wenn es den Vortrag der Beklagten zur Kenntnis genommen hätte.

14        a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorein-zahlung der GbR auf die Kapitalerhöhung nicht zum Erlöschen der Einlageforderung

geführt hat (st.Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 26. Juni 2006 - II ZR 43/05, BGHZ 168, 201 ff.).

15        b) Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht - im Anschluss an die wegen der aus § 19 Abs. 5 Satz 1 GmbHG folgenden Subsidiarität rechtsfehlerhaften Prü-fung des Eingreifens von § 19 Abs. 5 GmbHG - weiter erkannt, dass hier ein Fall der verdeckten Sacheinlage nach § 19 Abs. 4 GmbHG in der Form des Hin- und Herzah-lens vorliegt. Die GbR hat mit der zweiten, an sie zurückgeflossenen Einzahlung auf ihre Einlageverpflichtung aus der beschlossenen Kapitalerhöhung zu verdecken ver-sucht, dass sie ihre Bereicherungsforderung gegen die Insolvenzschuldnerin aus der fehlgeschlagenen Voreinzahlung als Sacheinlage auf die Kapitalerhöhung einge-bracht hat.

16        c) Hat der Gesellschafter auf eine geplante Kapitalerhöhung gezahlt, ist aber eine Tilgung seiner Einlageschuld dadurch nicht eingetreten, kann er seinen daraus resultierenden Bereicherungsanspruch als (offene) Sacheinlage einbringen. Ge-schieht das nicht, liegt eine verdeckte Sacheinlage im Sinne des § 19 Abs. 4 Satz 1 GmbHG vor. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung wird die Einlage nicht durch Geld-leistung, sondern durch Einbringung der Bereicherungsforderung des Gesellschaf-ters erfüllt (siehe hierzu Goette, Festschrift Priester, 2007, S. 95, 98). Eine entspre-chende Abrede wird zwar - so auch hier - förmlich in der Regel nicht getroffen wer-den. Das ist aber auch nicht erforderlich, da sie bei einem - wie hier gegebenen - en-gen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang vermutet wird (st.Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 12/08, BGHZ 185, 44 Rn. 14 m.w.N. - ADCOCOM).

17        Die (nochmalige) Zahlung des Einlagebetrages hat die Einlageforderung der Insolvenzschuldnerin ebenfalls nicht zum Erlöschen gebracht. Dieser Betrag ist auf

18        Anweisung der Inferentin am selben Tag an sie zurückgeflossen, um ihren Bereiche-rungsanspruch gegen die Insolvenzschuldnerin zu erfüllen. An der Rückzahlung an die GbR ändert der Umstand nichts, dass die Gesellschaft den Betrag nicht unmittel-bar an die GbR, sondern auf deren Anweisung an die von den Beklagten beherrschte T. KG gezahlt hat, um die Darlehensverbindlichkeit der GbR gegenüber der T. KG zu erfüllen (§ 267 Abs. 1 Satz 1, § 362 Abs. 2 BGB).

19        Diese Art der gegenläufigen Überweisungen stellt keinen Fall des Hin- und Herzahlens nach § 19 Abs. 5 GmbHG, sondern eine verdeckte Sacheinlage in der Form des Hin- und Herzahlens nach § 19 Abs. 4 GmbHG dar (so zutreffend Priester, DStR 2010, 454, 500). Die Bestimmung des § 19 Abs. 5 GmbHG betrifft nicht alle Fälle gegenläufiger Zahlungen, sondern nur solche, bei denen die Gesellschaft mit der Rücküberweisung einen - dazu noch vollwertigen und liquiden - Anspruch gegen den Gesellschafter erwirbt (siehe hierzu BGH, Urteil vom 20. Juli 2009 - II ZR 273/07, BGHZ 182, 103 Rn. 11, 26 ff. - Cash-Pool II). Genau das war hier aber nicht der Fall: Die Insolvenzschuldnerin tilgte durch die Zahlung an die T. KG eine bereits be-stehende „Altverbindlichkeit" gegenüber der Inferentin (deren Bereicherungsan-spruch) und erwarb gerade keine neue Forderung gegen die Gesellschafterin. Die GbR wollte ihrerseits mit der (erneuten) Zahlung keine neue Verbindlichkeit gegen-über der Insolvenzschuldnerin eingehen; sie wollte vielmehr von ihrer Einlagever-pflichtung frei werden.

20        Die Erfüllung der fortbestehenden Geldeinlagepflicht des Inferenten kann bei der vorliegenden „verdeckten verdeckten Sacheinlage" nur nach Maßgabe von § 19 Abs. 4 Satz 3, Satz 5, § 56 Abs. 2 GmbHG gelingen, d.h. wenn der Inferent nach-weist, dass seine Bereicherungsforderung gegen die Gesellschaft im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung vollwertig, nämlich durch entsprechendes Vermö-gen der Gesellschaft vollständig abgedeckt war (siehe nur BGH, Urteil vom

21        21. Februar 1994 - II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 145 f. m.w.N.). Daran fehlt es, so-weit eine Überschuldung der Gesellschaft vorgelegen hat. Eine Unterbilanz schadet dagegen im Grundsatz nicht. Bei der Ermittlung des Vermögensstands dürfen stille Reserven berücksichtigt werden, denn es geht nicht um eine Ausschüttungsbegren-zung wie im Falle des § 30 GmbHG, sondern allein um eine hinreichende Vermö-gensdeckung. Die Erfüllung eines Anspruchs kann eine Unterbilanz oder Überschul-dung weder herbeiführen noch vertiefen, weil der Verminderung der Aktivseite eine entsprechende Verringerung der Verbindlichkeiten gegenübersteht, die Erfüllung also bilanzneutral ist (siehe nur MünchKommGmbHG/Ekkenga, § 30 Rn. 227).

22        4. In der wiedereröffneten Berufungsverhandlung wird das Berufungsgericht dem beweisbewehrten Vortrag der Beklagten zur Vollwertigkeit des Bereicherungs-anspruchs im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung (siehe hierzu BGH, Ur-teil vom 22. März 2010 - II ZR 12/08, BGHZ 185, 44 Rn. 19 - ADCOCOM) nachzuge-hen haben.

stats