EuGH: Verbrauchervertrag – Angebot einer Kundendienstkurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif
EuGH, Urteil vom 13.9.2018 – C-332/17, Starman AS gegen Tarbijakaitseamet
ECLI:EU:C:2018:721
Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2018-2260-1
Tenor
Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass er es nicht gestattet, dass, wenn ein Unternehmer sämtlichen seiner Kunden eine oder mehrere Kurzwahlnummern zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif zur Verfügung stellt, die Verbraucher, die bereits einen Vertrag mit diesem Unternehmer geschlossen haben, mehr als den Grundtarif bezahlen, wenn sie mit dem Unternehmer im Zusammenhang mit diesem Vertrag telefonisch Kontakt aufnehmen.
Verbraucherrechte-RL Art. 21
Aus den Gründen
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 21 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Tarbijakaitseamet (Verbraucherschutzamt, Estland) und der Starman AS, einem Anbieter von Telekommunikations- und Internetdienstleistungen, wegen einer Anordnung, mit der das Verbraucherschutzamt diesem Unternehmen aufgegeben hat, es zu unterlassen, Verbrauchern, die bereits einen Vertrag mit ihm geschlossen haben, eine Kundendienstkurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif anzubieten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 In den Erwägungsgründen 4, 5 und 7 der Richtlinie 2011/83 heißt es:
„(4) … Die Harmonisierung bestimmter Aspekte von im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarkt für Verbraucher gefördert werden soll, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet ist.
(5) … Deshalb dürfte die vollständige Harmonisierung der Verbraucherinformation und des Widerrufsrechts in Verträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und zum besseren Funktionieren des Binnenmarkts für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern beitragen.
…
(7) Die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Aspekte der einschlägigen Regelungen sollte die Rechtssicherheit für Verbraucher wie Unternehmer erheblich erhöhen. Sowohl die Verbraucher als auch die Unternehmer sollten sich auf einen einheitlichen Rechtsrahmen stützen können, der auf eindeutig definierten Rechtskonzepten basiert und bestimmte Aspekte von Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern unionsweit regelt. Durch eine solche Harmonisierung sollte es zur Beseitigung der sich aus der Rechtszersplitterung ergebenden Hindernisse und zur Vollendung des Binnenmarkts auf diesem Gebiet kommen. Die betreffenden Hindernisse lassen sich nur durch die Einführung einheitlicher Rechtsvorschriften auf Unionsebene abbauen. Darüber hinaus sollten die Verbraucher in den Genuss eines hohen, einheitlichen Verbraucherschutzniveaus in der gesamten Union kommen.“
4 Art. 1 der Richtlinie 2011/83 legt deren Gegenstand wie folgt fest:
„Zweck dieser Richtlinie ist es, durch Angleichung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen und damit zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen.“
5 Art. 4 („Grad der Harmonisierung“) der Richtlinie bestimmt:
„Sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt, erhalten die Mitgliedstaaten weder von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrecht noch führen sie solche ein; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.“
6 Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2011/83 lautet:
„Der Unternehmer hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem er gemäß Artikel 11 über den Entschluss des Verbrauchers informiert wird, den Vertrag zu widerrufen.“
7 Art. 19 („Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel“) der Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten verbieten Unternehmern, von Verbrauchern für die Nutzung von Zahlungsmitteln Entgelte zu verlangen, die über die Kosten hinausgehen, die dem Unternehmer für die Nutzung solcher Zahlungsmittel entstehen.“
8 Art. 21 („Telefonische Kommunikation“) der Richtlinie 2011/83 lautet:
„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Verbraucher nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen.
Das Recht von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Entgelte für solche Anrufe zu berechnen, bleibt von Unterabsatz 1 unberührt.“
9 Art. 25 („Unabdingbarkeit der Richtlinie“) der Richtlinie sieht vor:
„Ist auf den Vertrag das Recht eines Mitgliedstaats anwendbar, so können Verbraucher auf die Rechte, die ihnen mit den einzelstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie eingeräumt werden, nicht verzichten.
Vertragsklauseln, die einen Verzicht auf die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Rechte oder deren Einschränkung unmittelbar oder mittelbar bewirken, sind für den Verbraucher nicht bindend.“
Estnisches Recht
10 § 281 („Beschränkungen hinsichtlich Verträgen mit Verbrauchern“) des Võlaõigusseadus (Schuldrechtsgesetz) vom 26. September 2001 (RT I 2001, 81,487, im Folgenden: VÕS) sieht in seinen Abs. 3 und 4 vor:
„(3) Räumt der Unternehmer dem Verbraucher die Möglichkeit ein, durch Anruf auf eine vom Unternehmer angegebene Telefonnummer zwecks Übermittlung von Informationen oder Willenserklärungen im Zusammenhang mit dem Vertrag oder in Bezug auf andere Umstände im Zusammenhang mit der Erfüllung des Vertrags Kontakt mit ihm aufzunehmen, darf der Unternehmer vom Verbraucher hierfür kein zusätzliches Entgelt verlangen.
(4) Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von dem im vorliegenden Paragrafen Geregelten abweicht, ist nichtig.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
11 Starman ist ein Anbieter von Telekommunikations- und Internetdienstleistungen. Das Unternehmen stellt Verbrauchern, die bereits einen Vertrag mit ihm geschlossen haben, für Fragen im Zusammenhang mit diesem Vertrag zum einen eine Festnetznummer zum Grundtarif und zum anderen eine Kurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif bei Anrufen von einem Mobiltelefon zur Verfügung. Alle Verbraucher werden auf diese Kurzwahlnummer hingewiesen, u. a. auf der Startseite der Website der AS Starman, in den Grundverträgen und in den allgemeinen Bedingungen dieser Verträge.
12 Das Verbraucherschutzamt richtete am 15. Juni 2015 eine Anordnung an Starman, die auf die Feststellung gestützt war, dass die Bereitstellung einer Kurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif für Verbraucher, die bereits einen Vertrag mit Starman geschlossen hatten, gegen § 281 Abs. 3 des VÕS und Art. 21 der Richtlinie 2011/83 verstoße, auf den sich diese nationale Rechtsvorschrift stütze.
13 Das Amt gab Starman auf, es zu unterlassen, den Verbrauchern eine solche Kurzwahlnummer anzubieten, und nur eine Festnetz- oder Mobilfunknummer zum Grundtarif anzubieten. Gemäß dieser Anordnung könnte eine Kurzwahlnummer nur verwendet werden, wenn die mit dieser Nummer verbundenen zusätzlichen Kosten vom Unternehmer getragen würden.
14 Starman erhob beim Tallinna Halduskohus (Verwaltungsgericht Tallinn, Estland) Klage auf Nichtigerklärung dieser Anordnung. Das Unternehmen hielt der Anordnung entgegen, dass § 281 Abs. 3 des VÕS und Art. 21 der Richtlinie 2011/83 es nicht verböten, Verbrauchern, die bereits einen Vertrag abgeschlossen hätten, auch eine Kurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif anzubieten, wenn der Unternehmer daraus keine Einnahmen erziele und sofern den Verbrauchern daneben in verständlicher und leicht zugänglicher Weise eine Festnetznummer zum Grundtarif angeboten werde. Unter diesen Umständen könne der Verbraucher zwischen den angebotenen Rufnummern diejenige, die er verwenden wolle, frei wählen. Die Anordnung weite die Wirkungen dieser Richtlinie aus, da sie im Wesentlichen die Verwendung von Kurzwahlnummern verbiete, und so über die durch diese Richtlinie auferlegten Verpflichtungen und das von ihr verfolgte Ziel des Verbraucherschutzes hinausgehe.
15 Da die Nichtigkeitsklage von Starman sowohl vom Tallinna Halduskohus (Verwaltungsgericht Tallinn) als auch vom Tallinna Ringkonnakohus (Bezirksgericht Tallinn, Estland) abgewiesen wurde, legte Starman beim Riigikohus (Staatsgerichtshof, Estland) Kassationsbeschwerde ein.
16 Das vorlegende Gericht führt aus, dass es für die Lösung des Ausgangsrechtsstreits erforderlich sei, die Wendung „der Verbraucher nicht verpflichtet ist, … zu zahlen“ in Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 auszulegen. Diese Wendung könne dahin ausgelegt werden, dass einem Verbraucher, der bereits einen Vertrag abgeschlossen habe, für die Kontaktaufnahme nicht als einzige vernünftige Option die Verwendung einer Nummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif zur Verfügung stehen dürfe. Diese Auslegung schließe nicht die Möglichkeit aus, dass der Verbraucher zusätzliche Kosten trage, wenn er aus freiem Willen eine Nummer zu einem solchen höheren Tarif verwende.
17 Das vorlegende Gericht fragt sich insoweit, ob es möglich ist, dem Verbraucher, der bereits einen Vertrag geschlossen hat, zusätzliche Kosten für die Verwendung einer Kurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif aufzubürden, wenn er dieses Kommunikationsmittel gewählt hat, obwohl ihm daneben die Möglichkeit eingeräumt worden ist, eine Nummer zum Grundtarif zu verwenden. Würden diese zusätzlichen Kosten dem Unternehmer auferlegt, könnte dies nämlich nach Ansicht des vorlegenden Gerichts zur Folge haben, dass die Unternehmer aufhörten, Kurzwahlnummern für alle Verbraucher anzubieten, was über die von Art. 21 der Richtlinie 2011/83 festgelegten Pflichten und das von dieser verfolgte Ziel hinausginge. Zudem sei die Frage nicht entschieden, inwiefern der Unternehmer den Verbraucher über das Bestehen einer Nummer zum Grundtarif und die Preisunterschiede zwischen den Anrufen informieren müsse, wenn der Verbraucher für nichtvertragsbezogene Fragen eine Kurzwahlnummer zu einem höheren Tarif verwende.
18 Das vorlegende Gericht verweist auf das Urteil vom 2. März 2017, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main (C-568/15, EU:C:2017:154), in dem sich der Gerichtshof zum Begriff „Grundtarif“ im Sinne von Art. 21 der Richtlinie 2011/83 geäußert habe. Da sich die Sachverhalte des Ausgangsverfahrens und der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, unterschieden, würden in diesem Urteil nicht alle seine Fragen beantwortet. Insbesondere hätten in der letztgenannten Rechtssache die Verbraucher im Gegensatz zum Ausgangsverfahren nicht die Wahl zwischen mehreren Rufnummern gehabt.
19 Unter diesen Umständen hat der Riigikohus (Staatsgerichtshof) entschieden, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist Art. 21 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen, dass ein Anbieter eine Rufnummer zur Verfügung stellen kann, für die ein höherer Tarif als der Normaltarif gilt, wenn der Anbieter den Verbrauchern für die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag neben der Rufnummer zum höheren Tarif in verständlicher und leicht zugänglicher Weise auch eine Festnetzrufnummer zum Normaltarif anbietet?
2. Falls die erste Frage bejaht wird: Schließt Art. 21 der Richtlinie 2011/83 aus, dass ein Verbraucher, der nach seinem freien Willen eine Rufnummer zu einem erhöhten Tarif verwendet, um im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag Kontakt aufzunehmen, obwohl der Anbieter in verständlicher und leicht zugänglicher Weise eine Rufnummer zum Normaltarif bereitgestellt hat, verpflichtet ist, für die Kontaktaufnahme mit dem Anbieter den erhöhten Tarif zu bezahlen?
3. Falls die erste Frage bejaht wird: Verpflichtet die Beschränkung in Art. 21 der Richtlinie 2011/83 den Anbieter, zusammen mit einer Kurzwahlnummer überall auch auf eine Festnetzrufnummer zum Normaltarif und auf Informationen zu den Preisunterschieden hinzuweisen?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten und zur zweiten Frage
20 Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass er es nicht gestattet, dass, wenn ein Unternehmer sämtlichen seiner Kunden eine oder mehrere Kurzwahlnummern zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif zur Verfügung stellt, die Verbraucher, die bereits einen Vertrag mit diesem Unternehmer geschlossen haben, mehr als den Grundtarif bezahlen, wenn sie mit dem Unternehmer im Zusammenhang mit diesem Vertrag telefonisch Kontakt aufnehmen.
21 Nach Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass der Verbraucher, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um im Zusammenhang mit dem mit dem Verbraucher geschlossenen Vertrag telefonisch kontaktiert zu werden, bei einer Kontaktaufnahme über diese Telefonleitung nicht verpflichtet ist, mehr als den Grundtarif zu zahlen.
22 Allerdings kann allein anhand des Wortlauts dieser Bestimmung nicht ermittelt werden, ob, wenn der Unternehmer mehrere, darunter auch mittels Kurzwahlnummern zugängliche Telefonleitungen betreibt, für alle diese Leitungen ein Tarif gelten muss, der den Grundtarif nicht übersteigt.
23 Daher sind bei der Auslegung von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 nicht nur der Wortlaut dieser Bestimmung, sondern auch der Zusammenhang, in den sie sich einfügt, und die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgten Ziele zu berücksichtigen (vgl. entsprechend Urteil vom 2. März 2017, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main, C-568/15, EU:C:2017:154, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
24 Was erstens den Zusammenhang betrifft, in den sich diese Bestimmung einfügt, hat der Gerichtshof aus den Art. 13 und 19 der Richtlinie 2011/83 geschlossen, dass der Verbraucher grundsätzlich keine weiteren Kosten zu tragen hat als die gewöhnlichen Kosten, wenn er seine in dieser Richtlinie verankerten Rechte wahrnimmt, und dass mögliche zusätzliche Kosten infolgedessen zulasten des Unternehmers gehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. März 2017, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main, C-568/15, EU:C:2017:154, Rn. 24 bis 26).
25 Aus dem Kontext, in den sich Art. 21 der Richtlinie 2011/83 einfügt, ergibt sich daher, dass der Unternehmer dem Verbraucher, der die ihm durch diese Richtlinie eingeräumten Rechte mittels Telefonanrufen ausübt, nur die Kosten aufbürden darf, die nicht über die Kosten des Grundtarifs hinausgehen.
26 Was zweitens das von der Richtlinie 2011/83 verfolgte Ziel betrifft, geht aus Art. 1 dieser Richtlinie hervor, dass mit ihr ein hohes Verbraucherschutzniveau erreicht werden soll.
27 Um dieses Ziel zu erreichen, nimmt die Richtlinie, wie aus ihren Erwägungsgründen 4, 5 und 7 hervorgeht, eine vollständige Harmonisierung bestimmter wesentlicher Aspekte der Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern vor. Durch eine solche Harmonisierung sollte es zur Beseitigung der sich aus der Rechtszersplitterung ergebenden Hindernisse kommen, um den Verbrauchern zu ermöglichen, in den Genuss eines hohen, einheitlichen Verbraucherschutzniveaus in der gesamten Union zu kommen.
28 Zudem geht aus Art. 4 der Richtlinie 2011/83 hervor, dass das Verbraucherschutzniveau, das durch die nationalen Vorschriften der Mitgliedstaaten sichergestellt wird, nicht von dem durch diese Richtlinie festgelegten Niveau abweichen darf, sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt. Es ist jedoch festzustellen, dass Art. 21 der Richtlinie 2011/83 keine Ausnahme zu der den Mitgliedstaaten so auferlegten Verpflichtung darstellt, nicht von dem durch diese Richtlinie festgelegten Schutzniveau abzuweichen.
29 Folglich würde das von der Richtlinie 2011/83 verfolgte Ziel eines hohen, einheitlichen Verbraucherschutzniveaus in der gesamten Union beeinträchtigt, wenn der Verbraucher mehr als den Grundtarif bezahlen müsste, wenn er die Kurzwahlnummer des Unternehmers anruft, mit dem er einen Vertrag geschlossen hat, insbesondere wenn der Verbraucher mit diesem Unternehmer Kontakt aufnimmt, um Fragen bezüglich der Erfüllung dieses Vertrags zu klären oder garantierte Rechte geltend zu machen.
30 Nach alledem ist Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen, dass er es einem Unternehmer verwehrt, einem Verbraucher, der mit ihm einen Vertrag geschlossen hat, einen höheren als den Grundtarif in Rechnung zu stellen, wenn dieser mit ihm im Zusammenhang mit diesem Vertrag telefonisch Kontakt aufnimmt, gleich um welches Format der vom Unternehmer angebotenen Rufnummern es sich handelt.
31 Diese Auslegung wird keineswegs durch den Umstand in Frage gestellt, dass der Unternehmer den Verbraucher in verständlicher und leicht zugänglicher Weise über das Bestehen einer Rufnummer zum Grundtarif informiert hat. Diese Information kann den Unternehmer nicht von seiner Pflicht entbinden, dem Verbraucher, der bereits einen Vertrag mit ihm abgeschlossen hat, nicht mehr als den Grundtarif in Rechnung zu stellen, wenn dieser im Zusammenhang mit diesem Vertrag telefonisch Kontakt mit ihm aufnimmt.
32 Ebenso hat der Umstand, dass der Verbraucher aus freiem Willen entschieden hat, für die Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer die Kurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif zu verwenden, keine Auswirkung auf diese Auslegung. Aus Art. 21 in Verbindung mit Art. 25 der Richtlinie 2011/83 geht nämlich hervor, dass der Verbraucher nicht freiwillig auf die Rechte, die ihm von dieser Richtlinie eingeräumt werden, verzichten und mehr als den Grundtarif bezahlen kann, wenn er mit einem Unternehmer telefonisch Kontakt aufnimmt.
33 Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass er es nicht gestattet, dass, wenn ein Unternehmer sämtlichen seiner Kunden eine oder mehrere Kurzwahlnummern zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif zur Verfügung stellt, die Verbraucher, die bereits einen Vertrag mit diesem Unternehmer geschlossen haben, mehr als den Grundtarif bezahlen, wenn sie mit dem Unternehmer im Zusammenhang mit diesem Vertrag telefonisch Kontakt aufnehmen.
Zur dritten Frage
34 In Anbetracht der Antwort auf die erste und die zweite Frage ist die dritte Frage nicht zu beantworten.
Kosten
35 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.