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Wirtschaftsrecht
20.02.2025
Wirtschaftsrecht
EuGH: Verbraucherkreditverträge – Verlust des Zinsanspruchs bei einer gegen ihre Informationspflicht verstoßenden Bank

EuGH, Urteil vom 13.2.2025 – C-472/23, Lexitor sp. z o.o. gegen A. B. S.A.

ECLI:EU:C:2025:89

Volltext: BB-Online BBL2025-449-3

unter www.betriebs-berater.de

Tenor

1. Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist wie folgt auszulegen: Die Informationspflicht gemäß dieser Bestimmung wird nicht bereits dadurch verletzt, dass in einem Kreditvertrag ein effektiver Jahreszins angegeben ist, der sich als zu hoch erweist, weil in der Folge festgestellt wird, dass bestimmte Klauseln des Vertrags missbräuchlich im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und deshalb für den Verbraucher unverbindlich sind.

2. Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48 ist wie folgt auszulegen: Sind in einem Kreditvertrag eine Reihe von Bedingungen angeführt, bei deren Eintritt die im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags anfallenden Entgelte erhöht werden können, ohne dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher in der Lage wäre, zu überprüfen, ob die Bedingungen eintreten und wie sie sich auf die Entgelte auswirken, wird die Informationspflicht gemäß dieser Bestimmung verletzt, sofern durch die betreffende Angabe die Möglichkeit des Verbrauchers, den Umfang seiner Verpflichtungen zu bestimmen, beeinträchtigt sein kann.

3. Art. 23 der Richtlinie 2008/48 ist in Verbindung mit deren 47. Erwägungsgrund wie folgt auszulegen: Er steht einer nationalen Regelung, die für eine Verletzung der Informationspflicht, die Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie dem Kreditgeber auferlegt, als einheitliche Sanktion vorsieht, dass der Kreditgeber seinen Anspruch auf die Zinsen und Kosten unabhängig von der konkreten Schwere des Verstoßes verliert, nicht entgegen, sofern der Verstoß die Möglichkeit des Verbrauchers, den Umfang seiner Verpflichtungen zu bestimmen, beeinträchtigen kann.

 

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10 Abs. 2 Buchst. g und k und Art. 23 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66).

 

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Lexitor sp. z o.o., an die die Rechte eines Verbrauchers abgetreten wurden, und der A. B. S.A. (im Folgenden: Bank) wegen der Erstattung der Zinsen und Kosten, die der Verbraucher im Rahmen eines mit der Bank geschlossenen Verbraucherkreditvertrags gezahlt hat.

 

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2008/48

3          In den Erwägungsgründen 6, 8, 9, 19, 31, 32 und 47 der Richtlinie 2008/48 heißt es:

„(6) Gemäß dem Vertrag umfasst der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen sowie die Niederlassungsfreiheit gewährleistet sind. Die Entwicklung eines transparenteren und effizienteren Kreditmarkts innerhalb dieses Raums ohne Binnengrenzen ist für die Förderung grenzüberschreitender Geschäftstätigkeiten von entscheidender Bedeutung.

(8) Zur Sicherung des Vertrauens der Verbraucher ist es wichtig, dass der Markt ein ausreichendes Verbraucherschutzniveau bietet. Auf diese Weise sollte der freie Verkehr von Kreditangeboten unter den bestmöglichen Bedingungen für Kreditanbieter wie auch für Kreditnehmer unter gebührender Berücksichtigung der Besonderheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten stattfinden können.

(9) Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Gemeinschaft ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Den Mitgliedstaaten sollte es deshalb nicht erlaubt sein, von dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen. Diese Einschränkung sollte jedoch nur in den Fällen gelten, in denen Vorschriften durch diese Richtlinie harmonisiert werden. Soweit es keine solchen harmonisierten Vorschriften gibt, sollte es den Mitgliedstaaten freigestellt bleiben, innerstaatliche Rechtsvorschriften beizubehalten oder einzuführen. …

(19) Damit der Verbraucher in voller Sachkenntnis entscheiden kann, sollten ihm vor dem Abschluss des Kreditvertrags ausreichende Informationen über die Bedingungen und Kosten des Kredits sowie über die Verpflichtungen, die er mit dem Vertrag eingeht, gegeben werden, die er mitnehmen und prüfen kann. Im Interesse einer größtmöglichen Transparenz und Vergleichbarkeit der Angebote sollten diese Informationen sich insbesondere auf den effektiven Jahreszins beziehen, der innerhalb der gesamten Gemeinschaft auf die gleiche Art zu berechnen ist. …

(31) Alle notwendigen Informationen über die Rechte und Pflichten, die sich für den Verbraucher aus dem Kreditvertrag ergeben, sollten in klarer, prägnanter Form im Kreditvertrag enthalten sein, damit der Verbraucher diese zur Kenntnis nehmen kann.

(32) Damit die Transparenz umfassend gewährleistet ist, sollte der Verbraucher sowohl im vorvertraglichen Stadium als auch beim Abschluss des Kreditvertrags Informationen über den Sollzinssatz erhalten. Während des Vertragsverhältnisses sollte der Verbraucher über Änderungen des variablen Sollzinssatzes und die sich daraus für die Zahlungen ergebenden Änderungen informiert werden. …

(47) Die Mitgliedstaaten sollten Regelungen über die Sanktionen festlegen, die bei Verstößen gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften zu verhängen sind, und für deren Anwendung sorgen. Die Wahl der Sanktionen bleibt zwar den Mitgliedstaaten überlassen, doch sollten die vorgesehenen Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“

 

4          Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2008/48 bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

g) ‚Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher‘ sämtliche Kosten, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern und Kosten jeder Art – ausgenommen Notargebühren –, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind; Kosten für Nebenleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag, insbesondere Versicherungsprämien, sind ebenfalls enthalten, wenn der Abschluss des Vertrags über diese Nebenleistung eine zusätzliche zwingende Voraussetzung dafür ist, dass der Kredit überhaupt oder nach den vorgesehenen Vertragsbedingungen gewährt wird;

i) ‚effektiver Jahreszins‘ die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, die als jährlicher Prozentsatz des Gesamtkreditbetrags ausgedrückt sind, soweit zutreffend einschließlich der Kosten gemäß Artikel 19 Absatz 2;

…“

 

5          Art. 10 („Zwingende Angaben in Kreditverträgen“) der Richtlinie 2008/48 bestimmt in Abs. 2:

„Im Kreditvertrag ist in klarer, prägnanter Form Folgendes anzugeben:

g) der effektive Jahreszins und der vom Verbraucher zu zahlende Gesamtbetrag, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages; anzugeben sind alle in die Berechnung dieses Zinses einfließenden Annahmen.

k) gegebenenfalls die Entgelte für die Führung eines oder mehrerer Konten für die Buchung der Zahlungsvorgänge und der in Anspruch genommenen Kreditbeträge, es sei denn, die Eröffnung eines Kontos ist fakultativ, zusammen mit den Entgelten für die Verwendung eines Zahlungsmittels, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sonstige Entgelte aufgrund des Kreditvertrags und die Bedingungen, unter denen diese Entgelte geändert werden können;

…“

 

6          Art. 19 („Berechnung des effektiven Jahreszinses“) der Richtlinie bestimmt in den Abs. 1 bis 3:

„(1) Der effektive Jahreszins, der auf Jahresbasis die Gleichheit zwischen den Gegenwartswerten der gesamten gegenwärtigen oder künftigen Verpflichtungen (in Anspruch genommene Kreditbeträge, Tilgungszahlungen und Entgelte) des Kreditgebers und des Verbrauchers herstellt, wird anhand der mathematischen Formel in Teil I des Anhangs I berechnet.

(2) Für die Berechnung des effektiven Jahreszinses sind die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher maßgebend, mit Ausnahme der Kosten, die er bei Nichterfüllung einer seiner Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag zu tragen hat, sowie der Kosten mit Ausnahme des Kaufpreises, die er beim Erwerb von Waren oder Dienstleistungen unabhängig davon zu tragen hat, ob es sich um ein Bar- oder ein Kreditgeschäft handelt.

Die Kosten für die Führung eines Kontos, auf dem sowohl Zahlungen als auch in Anspruch genommene Kreditbeträge verbucht werden, die Kosten für die Verwendung eines Zahlungsmittels, mit dem sowohl Zahlungen getätigt als auch Kreditbeträge in Anspruch genommen werden können, sowie sonstige Kosten für Zahlungsgeschäfte werden als Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher berücksichtigt, es sei denn, die Eröffnung des Kontos ist fakultativ und die mit dem Konto verbundenen Kosten sind im Kreditvertrag oder in einem anderen mit dem Verbraucher geschlossenen Vertrag klar und getrennt ausgewiesen.

(3) Bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses wird von der Annahme ausgegangen, dass der Kreditvertrag für den vereinbarten Zeitraum gilt und dass Kreditgeber und Verbraucher ihren Verpflichtungen unter den im Kreditvertrag niedergelegten Bedingungen und zu den dort niedergelegten Terminen nachkommen.“

 

7          Art. 23 („Sanktionen“) der Richtlinie 2008/48 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“

 

Richtlinie 93/13/EWG

8          Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

 

Polnisches Recht

Verbraucherkreditgesetz

9          Mit der Ustawa o kredycie konsumenckim (Verbraucherkreditgesetz) vom 12. Mai 2011 (Dz. U. 2011, Nr. 126, Pos. 715) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Verbraucherkreditgesetz) wurde die Richtlinie 2008/48 in das polnische Recht umgesetzt.

 

10        Art. 30 Abs. 1 des Verbraucherkreditgesetzes bestimmt:

„Ein Verbraucherkreditvertrag muss, vorbehaltlich der Art. 31 bis 33, folgende Angaben enthalten:

7) den effektiven Jahreszins und die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verbraucherkreditvertrags, samt Angabe aller in ihre Berechnung einfließenden Annahmen;

10) Informationen über sonstige Kosten, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Verbraucherkreditvertrag zu tragen hat, insbesondere über Entgelte, darunter die Entgelte für die Führung eines oder mehrerer Konten für die Buchung der Zahlungsvorgänge und der in Anspruch genommenen Kreditbeträge, zusammen mit den Entgelten für die Verwendung eines Zahlungsmittels, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, Provisionen, Margen sowie Kosten für Nebenleistungen, insbesondere für Versicherungen, sofern sie dem Kreditgeber bekannt sind, sowie die Bedingungen, unter denen diese Kosten geändert werden können;

…“

 

11        Art. 45 des Verbraucherkreditgesetzes bestimmt in Abs. 1:

„Verstößt der Kreditgeber gegen Art. 29 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1 Nrn. 1 bis 8, 10, 11, 14 bis 17, Art. 31 bis 33, 33a und 36a bis 36c, zahlt der Verbraucher nach schriftlicher Erklärung gegenüber dem Kreditgeber den Kredit zinsfrei und ohne sonstige dem Kreditgeber gebührenden Kreditkosten zu dem im Vertrag vereinbarten Zeitpunkt und in der im Vertrag vereinbarten Weise zurück.“

 

Gesetz über das Zivilgesetzbuch

12        Art. 3851 der Ustawa – Kodeks cywilny (Gesetz über das Zivilgesetzbuch) vom 23. April 1964 (Dz. U. Nr. 16, Pos. 93) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung bestimmt in den §§ 1 und 2:

„§ 1. Die Bestimmungen eines mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrags, die nicht individuell vereinbart worden sind, sind für ihn unverbindlich, wenn sie seine Rechte und Pflichten in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise gestalten und seine Interessen grob verletzen (unzulässige Vertragsbestimmungen). Dies gilt nicht für Bestimmungen, die die Hauptleistungen der Parteien festlegen, darunter den Preis oder die Vergütung, wenn sie eindeutig formuliert worden sind.

§ 2. Ist eine Vertragsbestimmung nach § 1 für den Verbraucher unverbindlich, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.“

 

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

13        Lexitor ist ein Inkassounternehmen, an das die Rechte eines Verbrauchers abgetreten wurden, der mit der Bank einen Kreditvertrag über 40 000 Zloty (PLN) (etwa 9 050 Euro) (im Folgenden: in Rede stehender Vertrag) geschlossen hatte. Der Verbraucher war nicht nur verpflichtet, den Nettodarlehensbetrag an die Bank zurückzuzahlen. Er hatte darüber hinaus die vereinbarten Zinsen (19 985,07 PLN, etwa 4 520 Euro) und eine Provision (4 893,38 PLN, etwa 1 100 Euro) zu zahlen. In dem Vertrag war ein effektiver Jahreszins von 11,18 % angegeben.

 

14        Nach dem in Rede stehenden Vertrag konnte die Bank wegen Vorgängen im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Darlehens und der Änderung der Vertragsbedingungen gemäß den Bestimmungen des Vertrags und einem Dokument mit dem Titel „Entgelte und Provisionen der [Bank] für Privatkunden“ (im Folgenden: Entgeltinformationen), das Bestandteil des Vertrags war, Entgelte und Provisionen erheben. So konnten zum einen die Entgelte und Provisionen nach dem in Rede stehenden Vertrag erhöht werden, wenn mindestens eine der in dem Vertrag genannten Bedingungen eintrat, etwa die Änderung des Mindestlohns, die Änderung der vom Główny Urząd Statystyczny (Statistisches Hauptamt, Polen) veröffentlichten Indikatoren betreffend insbesondere die Inflation, die monatlichen Durchschnittslöhne- und ‑gehälter im Unternehmenssektor oder die Entwicklung der Preise für Energie, Telekommunikationsdienstleistungen, Postdienstleistungen und Interbankzahlungen, die Änderung der von der Narodowy Bank Polski (polnische Nationalbank) festgelegten Zinssätze, die Änderung der Preise für Dienstleistungen und Operationen, auf die die Bank bei der Ausübung verschiedener Bank- und Nichtbankgeschäfte zurückgriff, die Änderung des Umfangs oder der Form der von der Bank erbrachten Dienstleistungen (einschließlich Änderungen oder Hinzufügung einer neuen Funktion bei der Verwaltung eines bestimmten Produkts), die Änderung der Steuervorschriften und/oder der von der Bank angewandten Rechnungslegungsgrundsätze, die Änderung oder der Erlass von neuen Gerichtsentscheidungen, Entscheidungen von Verwaltungsbehörden oder Empfehlungen oder Richtlinien der zuständigen Behörden, einschließlich der Komisja Nadzoru Finansowego (Finanzaufsichtsbehörde, Polen), soweit sie sich auf die der Bank im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung entstehenden Kosten auswirken würden.

 

15        Zum anderen war in den Entgeltinformationen eine Tabelle mit den Entgelten für Verwaltungsvorgänge wie die Ausstellung eines Bankgutachtens, einer Bescheinigung oder eines Kontoauszugs (50 PLN, etwa 12 Euro) und für Schreiben (4,20 PLN/Brief, etwa 1 Euro/Brief) und Einschreiben mit Rückschein (6,20 PLN/Brief, etwa 1,50 Euro/Brief) an den Kunden, einschließlich Mahnungen und Aufforderungen, enthalten. In den Entgeltinformationen sind auch bestimmte Entgelte ausgewiesen, die einmalig im Zusammenhang mit der Auszahlung des Kredits anfielen und nicht erhoben wurden („0“), sowie Entgelte für den Abschluss von Zusatzvereinbarungen (bis zu 50 PLN, etwa 12 Euro) und für die Nichtabhebung eines in Zloty vorbestellten Barbetrags (0,3 % des nicht abgehobenen Betrags, mindestens 100 PLN, etwa 24 Euro).

 

16        Nach den Entgeltinformationen konnten die Entgelte und Provisionen höchstens viermal jährlich geändert werden, jedoch nicht um mehr als 200 % des Betrags des bisherigen Entgelts oder der bisherigen Provision erhöht werden, konnte eine Änderung der betreffenden Entgelte oder Provisionen nur bis zu sechs Monate nach Eintritt der sie ermöglichenden Bedingung erfolgen und waren die Entgelte und Provisionen für Vorgänge, für die die Bank bislang keine Entgelte und keine Provisionen erhoben hatte, und für neue Produkte oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung der erforderlichen Arbeitsaufwands und der der Bank entstehenden Kosten festzulegen.

 

17        Der Vorlageentscheidung zufolge legte die Bank im Rahmen der Durchführung des in Rede stehenden Vertrags bei der Berechnung der Zinsen nicht nur den Geldbetrag zugrunde, der dem Verbraucher tatsächlich als Darlehen zur Verfügung gestellt wurde, sondern auch die Geldbeträge, die auf die Kosten des Darlehens entfielen. Wie das vorlegende Gericht ausführt, wäre der effektive Jahreszins, wenn bei der Berechnung der Zinsen ausschließlich der Darlehensbetrag zugrunde gelegt worden wäre, geringer gewesen als der, der im Kreditvertrag angegeben war.

 

18        Lexitor verlangte von der Bank deshalb gemäß Art. 45 des Verbraucherkreditgesetzes die Zahlung von 12 905,80 PLN (etwa 2 900 Euro). Das sind die Zinsen und Kosten, die der Verbraucher auf den in Rede stehenden Vertrag gezahlt hatte, zuzüglich Zinsen. Da der Betrag nicht gezahlt wurde, erhob Lexitor beim Sąd Rejonowy dla m.st. Warszawy w Warszawie (Rayongericht Warschau Stadt, Polen), dem vorlegenden Gericht, Klage.

 

19        Lexitor macht geltend, dass die Bank beim Abschluss des in Rede stehenden Vertrags, da darin ein zu hoher effektiver Jahreszins angegeben gewesen sei, gegen die Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes betreffend die Verpflichtung zur Information des Verbrauchers, insbesondere Art. 30 Abs. 1 Nr. 7 des Verbraucherkreditgesetzes, mit dem Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 in das polnische Recht umgesetzt worden sei, verstoßen habe. Sie habe, da in dem in Rede stehenden Vertrag lediglich die Bedingungen, unter denen die im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags anfallenden Entgelte hätten erhöht werden können, und bestimmte Mechanismen für solche Erhöhungen angegeben gewesen seien, auch gegen Art. 30 Abs. 1 Nr. 10 des Verbraucherkreditgesetzes verstoßen, mit dem Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48 in das polnische Recht umgesetzt worden sei.

 

20        Das vorlegende Gericht fragt sich zweierlei. Zum einen möchte es mit den Fragen 1 und 2 im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 Abs. 2 Buchst. g und k der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass in dem Fall, um den es im Ausgangsverfahren geht, die Informationspflicht, die die Bank nach dieser Bestimmung traf, tatsächlich verletzt worden ist. Es ist nämlich der Auffassung, dass eine Klausel eines Verbraucherkreditvertrags, nach der der Kreditgeber nicht nur auf den Geldbetrag, der tatsächlich als Darlehen zur Verfügung gestellt werde, sondern auch auf die Kosten des Kredits, die der Verbraucher zu tragen habe, Zinsen erhalte, eine missbräuchliche Klausel im Sinne der Richtlinie 93/13 darstelle. Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und Art. 3851 des Gesetzes über das Zivilgesetzbuch in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung sei eine solche Klausel für den Verbraucher unverbindlich. Sie sei bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses deshalb nicht zu berücksichtigen. In dem Vertrag sei mithin ein zu hoher effektiver Jahreszins angegeben. Bei dessen Berechnung sei nämlich davon ausgegangen worden, dass Zinsen auch auf die vom Verbraucher zu tragenden Kosten des Kredits anfielen.

 

21        Zum anderen fragt sich das vorlegende Gericht im Hinblick auf Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48, ob es insoweit genügt, dass lediglich die Bedingungen, unter denen die im Zusammenhang mit der Durchführung des Kreditvertrags anfallenden Entgelte erhöht werden können, und bestimmte Mechanismen für solche Erhöhungen genannt werden, und, wenn nicht, ob eine ungenügende Information einer fehlenden, die Anwendung einer Sanktion gemäß Art. 23 der Richtlinie rechtfertigenden Information gleichgestellt werden kann.

 

22        Mit Frage 3 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine auf der Grundlage von Art. 23 der Richtlinie 2008/48 in das nationale Recht eingeführte Sanktion als verhältnismäßig angesehen werden kann, wenn sie unabhängig von der Art der Verletzung der Informationspflicht dazu führt, dass für den Kredit die in dem Kreditvertrag vorgesehenen Zinsen und Kosten nicht zu zahlen sind, und keine andere, weniger einschneidende und unter Umständen verhältnismäßigere Sanktion angewandt werden kann.

 

23        Der Sąd Rejonowy dla m.st. Warszawy w Warszawie (Rayongericht Warschau Stadt) hat deshalb beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 im Zusammenhang mit den Erwägungsgründen 6, 8 und 31 dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass dann, wenn ein Teil der Bestimmungen eines Verbraucherkreditvertrags für missbräuchlich befunden wird und der vom Kreditgeber bei Vertragsabschluss angegebene effektive Jahreszins vor diesem Hintergrund höher ist als der effektive Jahreszins unter der Annahme, dass die missbräuchliche Vertragsklausel als unverbindlich gilt, der Kreditgeber gegen seine Verpflichtung aus dieser Bestimmung verstoßen hat?

2. Ist Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48 im Zusammenhang mit den Erwägungsgründen 6, 8 und 31 dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass es ausreicht, den Verbraucher darüber zu informieren, wie oft, in welchen Situationen und um welchen maximalen Prozentsatz die Entgelte im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung erhöht werden können, auch wenn der Verbraucher den Eintritt der betreffenden Situation nicht überprüfen kann und das Entgelt folglich verdoppelt werden kann?

3. Ist Art. 23 der Richtlinie 2008/48 im Zusammenhang mit den Erwägungsgründen 6, 8, 9 und 47 dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die für einen Verstoß gegen die Informationspflicht des Kreditgebers, unabhängig vom Grad des Verstoßes gegen die Informationspflicht und dessen Auswirkung auf eine etwaige Entscheidung des Verbrauchers über den Abschluss eines Kreditvertrags, nur eine Sanktion vorsehen, die bewirkt, dass der Kredit zins- und entgeltfrei wird?

 

Zu den Vorlagefragen

Zu Frage 1

24        Mit Frage 1 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass die Informationspflicht gemäß dieser Bestimmung verletzt wird, wenn in einem Kreditvertrag ein effektiver Jahreszins angegeben ist, der sich als zu hoch erweist, weil in der Folge festgestellt wird, dass bestimmte Klauseln des Vertrags missbräuchlich im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und deshalb für den Verbraucher unverbindlich sind.

 

25        Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 enthält eine vollständige Harmonisierung der in einen Kreditvertrag zwingend aufzunehmenden Angaben (Urteil vom 21. März 2024, Profi Credit Bulgaria [Nebenleistungen zum Kreditvertrag], C‑714/22, EU:C:2024:263, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

26        Nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 sind im Kreditvertrag insbesondere der effektive Jahreszins und der vom Verbraucher zu zahlende Gesamtbetrag, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags, in klarer, prägnanter Form anzugeben.

 

27        Der effektive Jahreszins ist in Art. 3 Buchst. i der Richtlinie 2008/48 definiert als „die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, die als jährlicher Prozentsatz des Gesamtkreditbetrags ausgedrückt sind, soweit zutreffend einschließlich der Kosten gemäß Artikel 19 Absatz 2“. Nach Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie wird der effektive Jahreszins anhand der mathematischen Formel in Teil I des Anhangs I der Richtlinie berechnet.

 

28        Die Richtlinie 2008/48 wurde mit dem doppelten Ziel erlassen, allen Verbrauchern in der Union ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts bei Verbraucherkrediten zu erleichtern. Nach ihrem 19. Erwägungsgrund soll die Richtlinie insbesondere gewährleisten, dass der Verbraucher vor Abschluss des Kreditvertrags ausreichende Informationen u. a. über den effektiven Jahreszins in der gesamten Union erhält, die ihm einen Vergleich dieser Zinssätze ermöglichen (Urteil vom 19. Dezember 2019, Home Credit Slovakia, C‑290/19, EU:C:2019:1130, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

29        Der Gerichtshof hat Gelegenheit gehabt, die besondere Bedeutung hervorzuheben, die der effektive Jahreszins als Ausdruck der Gesamtkosten des Kredits in Form eines nach einer einheitlichen mathematischen Formel berechneten Zinssatzes für den Verbraucher hat. Der effektive Jahreszins ermöglicht es dem Verbraucher nämlich, den Umfang der mit dem Abschluss des Kreditvertrags einhergehenden Verpflichtung in wirtschaftlicher Hinsicht einzuschätzen (Urteil vom 19. Dezember 2019, Home Credit Slovakia, C‑290/19, EU:C:2019:1130, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

30        Der Gerichtshof hat insbesondere im Hinblick auf diese besondere Bedeutung, die der effektive Jahreszins für den Verbraucher hat, festgestellt, dass die Angabe eines effektiven Jahreszinses, der nicht alle in Art. 3 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 genannten Kosten getreu wiedergibt, dem Verbraucher in gleicher Weise die Möglichkeit nimmt, den Umfang seiner Verpflichtung zu bestimmen, wie die fehlende Angabe des effektiven Jahreszinses (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. März 2024, Profi Credit Bulgaria [Nebenleistungen zum Kreditvertrag], C‑714/22, EU:C:2024:263, Rn. 55).

 

31        Nach den vorstehenden Erwägungen (Rn. 26 bis 30) ist Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen, dass die Verpflichtung, in einem Kreditvertrag den effektiven Jahreszins in klarer, prägnanter Form anzugeben, nicht darauf reduziert werden kann, dass der effektive Jahreszins nur nicht zu niedrig angegeben werden darf. Eine fehlerhafte Angabe des effektiven Jahreszinses liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn dieser zu hoch angegeben wird.

 

32        Denn wäre es zulässig, in einem Kreditvertrag einen zu hohen effektiven Jahreszins anzugeben, bestünde die Gefahr, dass diese Angabe für den Verbraucher ihren praktischen Wert verliert, und würde die Verwirklichung des Ziels der Verpflichtung gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48, wie aus der oben in den Rn. 28 und 29 dargestellten Rechtsprechung hervorgeht, beeinträchtigt.

 

33        Im vorliegenden Fall ergibt sich allerdings aus dem Vorlagebeschluss, dass das vorlegende Gericht von der Annahme ausgeht, dass die Klauseln des Vertrags, um den es im Ausgangsverfahren geht, nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, weil missbräuchlich, teilweise unwirksam sind, so dass der unter Außerachtlassung der unwirksamen Klauseln berechnete effektive Jahreszins niedriger ist als der, der ursprünglich in dem Vertrag angegeben war. Es ersucht den Gerichtshof nicht darum, die Richtigkeit dieser Annahme zu bestätigen.

 

34        Nach Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie 2008/48 wird bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses von der Annahme ausgegangen, dass der Kreditvertrag für den vereinbarten Zeitraum gilt und dass Kreditgeber und Verbraucher ihren Verpflichtungen unter den im Kreditvertrag niedergelegten Bedingungen und zu den dort niedergelegten Terminen nachkommen.

 

35        Danach ist die Verpflichtung gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48, den effektiven Jahreszins anzugeben, erfüllt, wenn der in dem betreffenden Vertrag angegebene effektive Jahreszins dem entspricht, der anhand der mathematischen Formel in Teil I des Anhangs I auf der Grundlage der „Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher“ im Sinne von Art. 3 Buchst. g dieser Richtlinie, d. h. den Kosten, die der Verbraucher nach den Klauseln des Vertrags – auch solchen, bei denen sich in der Folge herausstellt, dass sie missbräuchlich und für den Verbraucher unverbindlich sind – zu zahlen hat, berechnet wird.

 

36        Somit ist auf Frage 1 zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass die Informationspflicht gemäß dieser Bestimmung nicht bereits dadurch verletzt wird, dass in einem Kreditvertrag ein effektiver Jahreszins angegeben ist, der sich als zu hoch erweist, weil in der Folge festgestellt wird, dass bestimmte Klauseln des Vertrags missbräuchlich im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und deshalb für den Verbraucher unverbindlich sind.

 

Zu Frage 2

37        Mit Frage 2 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass die Informationspflicht gemäß dieser Bestimmung verletzt wird, wenn in einem Kreditvertrag eine Reihe von Bedingungen angeführt sind, bei deren Eintritt die im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags anfallenden Entgelte erhöht werden können, ohne dass der Verbraucher in der Lage wäre, zu überprüfen, ob die Bedingungen eintreten und wie sie sich auf die Entgelte auswirken.

 

38        Nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48 sind im Kreditvertrag außer den Entgelten für die Führung eines oder mehrerer Konten für die Buchung der Zahlungsvorgänge und der in Anspruch genommenen Kreditbeträge und den Entgelten für die Verwendung eines Zahlungsmittels auch alle sonstigen Entgelte aufgrund des Kreditvertrags und die Bedingungen, unter denen diese Entgelte geändert werden können, in klarer, prägnanter Form anzugeben.

 

39        Wie sich aus Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie im Licht ihres 31. Erwägungsgrundes ergibt, ist das Gebot, in Kreditverträgen auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger die in dieser Vorschrift benannten Punkte in klarer, prägnanter Form anzugeben, erforderlich, damit der Verbraucher seine Rechte und Pflichten zur Kenntnis nehmen kann (Urteil vom 21. Dezember 2023, BMW Bank u. a., C‑38/21, C‑47/21 und C‑232/21, EU:C:2023:1014, Rn. 233 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

40        Für die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung und insbesondere für die Ausübung der Rechte des Verbrauchers ist es erforderlich, dass dieser die Punkte, die der Kreditvertrag nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 zwingend enthalten muss, kennt und gut versteht (Urteil vom 21. Dezember 2023, BMW Bank u. a., C‑38/21, C‑47/21 und C‑232/21, EU:C:2023:1014, Rn. 234 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

41        Um dies unter Beachtung des in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 aufgestellten Gebots der Klarheit zu ermöglichen, müssen die in einem Kreditvertrag enthaltenen Angaben daher frei von Widersprüchen sein, die objektiv geeignet wären, einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher über den Umfang seiner Rechte und Pflichten aus dem Vertrag irrezuführen (Urteil vom 21. Dezember 2023, BMW Bank u. a., C‑38/21, C‑47/21 und C‑232/21, EU:C:2023:1014, Rn. 235 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

42        Für die Einhaltung des Erfordernisses der klaren und verständlichen Abfassung der Vertragsklauseln ist es von wesentlicher Bedeutung, dass der Kreditvertrag die Bedingungen der Rückzahlung des Darlehens oder die Art und Weise, wie diese bestimmt werden können, so transparent darstellt, dass ein Verbraucher anhand , bestimmter und nachvollziehbarer Kriterien erkennen kann, welche wirtschaftlichen Folgen sich daraus für ihn ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2015, Bucura, C‑348/14, EU:C:2015:447, Rn. 54).

 

43        In dem Kreditvertrag müssen deshalb insbesondere der Grund für die Änderung der Entgelte für die zu erbringende Leistung und die Art und Weise der Änderung so transparent dargestellt werden, dass der Verbraucher etwaige Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2015, Bucura, C‑348/14, EU:C:2015:447, Rn. 60).

 

44        Demnach ist Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen, dass die Angaben zu den Bedingungen, unter denen die im Zusammenhang mit der Durchführung eines Kreditvertrags anfallenden Entgelte geändert werden können, klar und prägnant sein müssen. Sie müssen in Verbindung mit anderen Angaben insbesondere frei von Unbestimmtheiten sein, die objektiv geeignet wären, einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher hinsichtlich der Ereignisse, die die Änderung auslösen können, und des Zusammenhangs zwischen der Änderung der Entgelte und dem betreffenden Ereignis irrezuführen (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Dezember 2023, BMW Bank u. a., C‑38/21, C‑47/21 und C‑232/21, EU:C:2023:1014, Rn. 238).

 

45        Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht (siehe oben, Rn. 14), ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Bedingungen für die Änderung der im Zusammenhang mit der Durchführung des in Rede stehenden Vertrags anfallenden Entgelte anhand von Indikatoren festgelegt worden sind, die der Verbraucher nur schwerlich überprüfen kann, und zwar sowohl vor Abschluss als auch während der Durchführung des Vertrags. Es handelte sich dabei nämlich um variable Wirtschaftsindikatoren – unter anderem auch solche, die die Bank selbst kontrollierte – und bestimmte Indikatoren der rechtlichen Entwicklung im weiten Sinne, die mit recht vagen Begriffen beschrieben waren. Daran ändert auch nichts, dass die Erhöhungen der Entgelte, um die es im Ausgangsverfahren geht, insoweit quantitativ und zeitlich beschränkt waren, als sie höchstens 200 % betragen und höchstens viermal pro Jahr, und zwar spätestens sechs Monate nach Eintritt der Bedingungen, erfolgen durften.

 

46        Das vorlegende Gericht wird also unter Berücksichtigung der in den vorstehenden Randnummern enthaltenen Hinweise zu prüfen haben, inwieweit im Ausgangsverfahren ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher anhand des Wortlauts der Vertragsklauseln betreffend die Erhöhung der im Zusammenhang mit der Durchführung des in Rede stehenden Vertrags anfallenden Entgelte in der Lage war, eindeutig zu erkennen, wie sich der Umfang seiner Verpflichtungen während der Durchführung des Vertrags entwickeln würde.

 

47        Somit ist auf Frage 2 zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass, wenn in einem Kreditvertrag eine Reihe von Bedingungen angeführt sind, bei deren Eintritt die im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags anfallenden Entgelte erhöht werden können, ohne dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher in der Lage wäre, zu überprüfen, ob die Bedingungen eintreten und wie sie sich auf die Entgelte auswirken, die Informationspflicht gemäß dieser Bestimmung verletzt wird, sofern durch die betreffende Angabe die Möglichkeit des Verbrauchers, den Umfang seiner Verpflichtungen zu bestimmen, beeinträchtigt sein kann.

 

Zu Frage 3

48        Mit Frage 3 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 23 der Richtlinie 2008/48 in Verbindung mit deren 47. Erwägungsgrund dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die für die Verletzung der Informationspflicht, die Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie dem Kreditgeber auferlegt, als einheitliche Sanktion vorsieht, dass der Kreditgeber seinen Anspruch auf die Zinsen und Kosten unabhängig von der Schwere des Verstoßes und dessen Auswirkungen auf die Entscheidung des Verbrauchers, den Kreditvertrag zu schließen, verliert.

 

49        Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 23 der Richtlinie 2008/48 in Verbindung mit deren 47. Erwägungsgrund ergibt, müssen die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen die aufgrund der Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen festlegen und die zu deren Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Wahl der Sanktionen bleibt zwar den Mitgliedstaaten überlassen, doch sollten die vorgesehenen Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Dies impliziert, dass die Härte der Sanktionen der Schwere der mit ihnen geahndeten Verstöße entsprechen muss, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. März 2024, Profi Credit Bulgaria [Nebenleistungen zum Kreditvertrag], C‑714/22, EU:C:2024:263, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

50        Auch wenn dem vorlegenden Gericht, das allein für die Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts zuständig ist, die Prüfung obliegt, ob die Sanktionen, die sein nationales Recht vorsieht, angesichts der gesamten Umstände des Ausgangsverfahrens den oben in Rn. 49 dargestellten Anforderungen entsprechen, kann der Gerichtshof gleichwohl, wenn er im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens entscheidet, Klarstellungen vornehmen, um dem vorlegenden Gericht eine Richtschnur für seine Würdigung zu geben (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Januar 2024, Nárokuj, C‑755/22, EU:C:2024:10, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

51        Im vorliegenden Fall fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Sanktion, die das nationale Recht vorsieht, nämlich, dass der Kreditgeber den Anspruch auf die Zinsen und Kosten verliert, verhältnismäßig ist. Es meint, dass die Bedingungen, unter denen eine Erhöhung der im Zusammenhang mit der Durchführung des in Rede stehenden Kreditvertrags anfallenden Entgelte gerechtfertigt sei, für den Verbraucher beim Vertragsschluss nicht ausschlaggebend seien, da der ursprüngliche Betrag dieser Entgelte im Verhältnis zum Gesamtkreditbetrag relativ gering sei.

 

52        Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 39 bis 42), verlangt Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48, damit der Verbraucher umfassend über die Einzelheiten der Vertragserfüllung ins Bild gesetzt wird, dass ihm bei Vertragsschluss alle Angaben zur Verfügung stehen müssen, die Auswirkungen auf den Umfang seiner Verpflichtungen haben können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. November 2016, Home Credit Slovakia, C‑42/15, EU:C:2016:842, Rn. 66).

 

53        Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darf der Verstoß eines Kreditgebers gegen eine Verpflichtung, der im Zusammenhang mit der Richtlinie 2008/48 eine wesentliche Bedeutung zukommt, nach innerstaatlichem Recht mit dem Verlust seines Anspruchs auf Zinsen und Kosten sanktioniert werden (Urteil vom 9. November 2016, Home Credit Slovakia, C‑42/15, EU:C:2016:842, Rn. 69).

 

54        Eine solche Sanktion kann, auch wenn sie schwerwiegende Folgen für den Kreditgeber hat, nur dann als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn von den in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 genannten Angaben welche fehlen oder unzutreffend sind, die ihrer Art nach nicht geeignet sind, die Möglichkeit des Verbrauchers zu beeinträchtigen, den Umfang seiner Verpflichtung einzuschätzen (vgl. entsprechend Urteil vom 9. November 2016, Home Credit Slovakia, C‑42/15, EU:C:2016:842, Rn. 72).

 

55        Der Verpflichtung des Kreditgebers gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48, in einem Kreditvertrag die Bedingungen anzugeben, unter denen die im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags anfallenden Entgelte geändert werden können, kommt für den Verbraucher aber eine wesentliche Bedeutung zu. Um den Umfang seiner Verpflichtungen einschätzen zu können, muss er nämlich etwaige Änderungen dieser Entgelte und damit die wirtschaftlichen Folgen, die sich daraus für ihn ergeben, anhand klarer und verständlicher Kriterien vorhersehen können, und zwar auch dann, wenn der ursprüngliche Betrag der Entgelte im Verhältnis zum Betrag des betreffenden Kredits relativ gering sein mag (siehe oben, Rn. 41 und 42).

 

56        Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können die Folgen der Verletzung der Informationspflichten in Bezug auf einen Kreditvertrag je nach der Angabe, um die es konkret geht, erheblich variieren und hängt die Schwere des Verstoßes in der Praxis von der Zahl und der Bedeutung der Angaben ab, die in dem betreffenden Kreditvertrag fehlen. Solche Verstöße können es dem Verbraucher insbesondere erschweren, die sich aus dem Kreditvertrag ergebenden Rechte auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2024, Horyzont, C‑339/23, EU:C:2024:918, Rn. 34).

 

57        Demnach steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – vorbehaltlich der Überprüfungen, die das vorlegende Gericht vorzunehmen haben wird – nicht dem entgegen, dass sich ein Mitgliedstaat dafür entscheidet, für den Verstoß gegen verschiedene Informationspflichten gemäß Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48, auch wenn die konkrete Schwere der Verletzung der einzelnen Pflichten und die Folgen, die sich daraus für den Verbraucher ergeben, im Einzelfall unterschiedlich ausfallen können, als einheitliche Sanktion den Verlust des Anspruchs auf die Zinsen und Kosten vorzusehen.

 

58        Nach alledem ist auf Frage 3 zu antworten, dass Art. 23 der Richtlinie 2008/48 in Verbindung mit deren 47. Erwägungsgrund dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung, die für eine Verletzung der Informationspflicht, die Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie dem Kreditgeber auferlegt, als einheitliche Sanktion vorsieht, dass der Kreditgeber seinen Anspruch auf die Zinsen und Kosten unabhängig von der konkreten Schwere des Verstoßes verliert, nicht entgegensteht, sofern der Verstoß die Möglichkeit des Verbrauchers, den Umfang seiner Verpflichtungen zu bestimmen, beeinträchtigen kann.

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