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Wirtschaftsrecht
03.01.2020
Wirtschaftsrecht
EuGH: Verarbeitung personenbezogener Daten mittels Videoüberwachungssystem

EuGH, Urteil vom 11.12.2019C-708/18, TK gegen Asociaţia de Proprietari bloc M5A-ScaraA

ECLI:EU:C:2019:1064

Volltext: BB-Online BBL2020-1-2

Tenor

Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sind im Licht der Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie nationalen Vorschriften nicht entgegenstehen, wonach es zulässig ist, ohne Einwilligung der betroffenen Personen ein Videoüberwachungssystem wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in den Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes installierte einzurichten, um berechtigte Interessen wahrzunehmen, die darin bestehen, den Schutz und die Sicherheit von Personen und Eigentum zu gewährleisten, wenn die mittels dieses Videoüberwachungssystems erfolgende Verarbeitung personenbezogener Daten den Voraussetzungen des Art. 7 Buchst. f entspricht, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. e und Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 1995, L 281, S. 31, berichtigt in ABl. 2017, L 40, S. 78) sowie der Art. 8 und 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen TK und der Asociaţia de Proprietari bloc M5A-ScaraA (Eigentümergemeinschaft des Gebäudes M5A-EingangA, Rumänien, im Folgenden: Eigentümergemeinschaft) über die Klage von TK auf Verpflichtung der Eigentümergemeinschaft, das Videoüberwachungssystem dieses Gebäudes außer Betrieb zu setzen und die in den Gemeinschaftsbereichen des Gebäudes installierten Kameras zu entfernen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3          Die Richtlinie 95/46 wurde mit Wirkung zum 25. Mai 2018 aufgehoben und durch die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 2016, L 119, S. 1) ersetzt. In Anbetracht des entscheidungserheblichen Zeitraums gelten für den Ausgangsrechtsstreit jedoch weiterhin die Bestimmungen dieser Richtlinie.

4          Gegenstand der Richtlinie 95/46 war nach ihrem Art. 1 der Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere der Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die Beseitigung der Hemmnisse für den freien Verkehr dieser Daten.

5          Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie sah vor:

„Diese Richtlinie gilt für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.“

6          Kapitel II dieser Richtlinie enthielt einen Abschnitt I („Grundsätze in Bezug auf die Qualität der Daten“), der aus folgendem Art. 6 bestand:

„(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass personenbezogene Daten

a) nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden;

b) für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zweckbestimmungen nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. Die Weiterverarbeitung von Daten zu historischen, statistischen oder wissenschaftlichen Zwecken ist im Allgemeinen nicht als unvereinbar mit den Zwecken der vorausgegangenen Datenerhebung anzusehen, sofern die Mitgliedstaaten geeignete Garantien vorsehen;

c) den Zwecken entsprechen, für die sie erhoben und/oder weiterverarbeitet werden, dafür erheblich sind und nicht darüber hinausgehen;

d) sachlich richtig und, wenn nötig, auf den neuesten Stand gebracht sind; es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit im Hinblick auf die Zwecke, für die sie erhoben oder weiterverarbeitet werden, nichtzutreffende oder unvollständige Daten gelöscht oder berichtigt werden;

e) nicht länger, als es für die Realisierung der Zwecke, für die sie erhoben oder weiterverarbeitet werden, erforderlich ist, in einer Form aufbewahrt werden, die die Identifizierung der betroffenen Personen ermöglicht. Die Mitgliedstaaten sehen geeignete Garantien für personenbezogene Daten vor, die über die vorgenannte Dauer hinaus für historische, statistische oder wissenschaftliche Zwecke aufbewahrt werden.

(2) Der für die Verarbeitung Verantwortliche hat für die Einhaltung des Absatzes 1 zu sorgen.“

7          Art. 7 in Abschnitt II („Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung von Daten“) des Kapitels II der Richtlinie 95/46 lautete wie folgt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten lediglich erfolgen darf, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

a) Die betroffene Person hat ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben;

b) die Verarbeitung ist erforderlich für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder für die Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen, die auf Antrag der betroffenen Person erfolgen;

c) die Verarbeitung ist für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt;

d) die Verarbeitung ist erforderlich für die Wahrung lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person;

e) die Verarbeitung ist erforderlich für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, dem die Daten übermittelt werden, übertragen wurde;

f) die Verarbeitung ist erforderlich zur Verwirklichung des berechtigten Interesses, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die gemäß Artikel 1 Absatz 1 geschützt sind, überwiegen.“

Rumänisches Recht

8          Die Legea nr. 677/2001 pentru protecția persoanelor cu privire la prelucrarea datelor cu caracter personal și libera circulație a acestor date (Gesetz Nr. 677/2001 zum Schutz natürlicher Personen hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr dieser Daten) (Monitorul Oficial, Teil I, Nr. 790, vom 12. Dezember 2001), geändert durch das Gesetz Nr. 102/2005 sowie durch die Dringlichkeitsverordnung der Regierung Nr. 36/2007, die in zeitlicher Hinsicht auf den Ausgangsrechtsstreit Anwendung findet, wurde zur Umsetzung der Richtlinie 95/46 in rumänisches Recht erlassen.

9          Art. 5 dieses Gesetzes bestimmte:

„(1) Eine Verarbeitung personenbezogener Daten, es sei denn, sie betrifft Daten der in Art. 7 Abs. 1 und in den Art. 8 und 10 genannten Kategorien, darf nur erfolgen, wenn die betroffene Person ihre ausdrückliche und eindeutige Einwilligung in diese Verarbeitung erteilt hat.

(2) Die Einwilligung der betroffenen Person ist in folgenden Fällen nicht erforderlich:

a) wenn die Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrags oder eines Vorvertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder für Maßnahmen erforderlich ist, die auf Antrag der betroffenen Person vor Abschluss eines Vertrags oder Vorvertrags ergriffen werden;

b) wenn die Verarbeitung zum Schutz des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit der betroffenen Person oder einer anderen gefährdeten Person erforderlich ist;

c) wenn die Verarbeitung für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des für die Verarbeitung Verantwortlichen erforderlich ist;

d) wenn die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden oder die Ausübung hoheitlicher Befugnisse betreffenden Aufgabe erforderlich ist, die dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, an den die Daten weitergegeben werden, übertragen wurde;

e) wenn die Verarbeitung zur Verwirklichung eines berechtigten Interesses erforderlich ist, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem Dritten wahrgenommen wird, an den die Daten weitergegeben werden, sofern nicht dieses Interesse das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person beeinträchtigt;

f) wenn die Verarbeitung Daten aus nach dem Gesetz öffentlich zugänglichen Dokumenten betrifft;

g) wenn die Verarbeitung ausschließlich zu statistischen Zwecken oder Zwecken der historischen oder wissenschaftlichen Forschung erfolgt und die Daten während der gesamten Verarbeitung anonym bleiben.

(3) Absatz 2 gilt unbeschadet der gesetzlichen Vorschriften über die Verpflichtung öffentlicher Stellen zur Wahrung und zum Schutz der Intimsphäre sowie des Familien- und Privatlebens.“

10        Die Entscheidung Nr. 52/2012 der Autoritate Națională de Supraveghere a Prelucrării Datelor cu Caracter Personal (Nationale Behörde zur Überwachung der Verarbeitung personenbezogener Daten, Rumänien, im Folgenden: ANSPDCP) betreffend die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der Nutzung von Mitteln zur Videoüberwachung sah in Art. 1 ihrer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung vor:

„Die Erhebung, Erfassung, Speicherung, Verwendung, Übermittlung, Weitergabe und jeder andere Vorgang der Bildverarbeitung durch Videoüberwachung, anhand derer natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar identifiziert werden können, stellen Vorgänge der Verarbeitung personenbezogener Daten dar, die in den Anwendungsbereich des [Gesetzes Nr. 677/2001] fallen.“

11        Art. 4 dieser Entscheidung bestimmte:

„Die Videoüberwachung darf in erster Linie zu folgenden Zwecken erfolgen:

a) Verhinderung von Straftaten und deren Bekämpfung;

b) Überwachung des Straßenverkehrs und Feststellung von Verstößen gegen Straßenverkehrsvorschriften;

c) Gewährleistung von Schutz und Sicherheit von Personen, Gütern und Wertgegenständen, Immobilien und gemeinnützigen Einrichtungen sowie deren Einfriedungen;

d) Durchführung von Maßnahmen im öffentlichen Interesse oder Ausübung hoheitlicher Befugnisse;

e) Verwirklichung berechtigter Interessen, sofern die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen nicht beeinträchtigt werden.“

12        Art. 5 Abs. 1 bis 3 dieser Entscheidung lautet:

„(1) Die Videoüberwachung darf an Orten und in Räumen, die öffentlich zugänglich oder für die Öffentlichkeit bestimmt sind, einschließlich öffentlicher Zufahrtswege im öffentlichen oder privaten Bereich, nach Maßgabe des Gesetzes erfolgen.

(2) Die Überwachungskameras werden sichtbar installiert.

(3) Außer in gesetzlich vorgesehenen Fällen ist die Verwendung versteckter Videoüberwachungsmittel verboten.“

13        Art. 6 dieser Entscheidung sah vor:

„Die Verarbeitung personenbezogener Daten mittels Videoüberwachungssystemen erfolgt mit ausdrücklicher und eindeutiger Zustimmung der betroffenen Person oder in den in Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 677/2001 … genannten Fällen.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

14        TK wohnt in seiner Eigentumswohnung in dem Gebäude M5A. Auf Antrag einiger Miteigentümer dieses Gebäudes fasste die Eigentümergemeinschaft auf einer am 7. April 2016 abgehaltenen Eigentümerversammlung den Beschluss, die Installierung von Videoüberwachungskameras in dem Gebäude zu genehmigen.

15        In Durchführung dieses Beschlusses wurden drei Videoüberwachungskameras in den Gemeinschaftsbereichen des Gebäudes M5A angebracht. Die erste Kamera war auf die Fassade des Gebäudes gerichtet, während die zweite und die dritte Kamera im Foyer des Erdgeschosses und im Aufzug des Gebäudes installiert wurden.

16        TK sprach sich gegen die Einrichtung dieses Videoüberwachungssystems aus, weil sie eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens darstelle.

17        Nachdem TK festgestellt hatte, dass das installierte Videoüberwachungssystem trotz seiner zahlreichen Schritte und des schriftlichen Eingeständnisses der Eigentümergemeinschaft, dass es rechtswidrig sei, weiterhin in Betrieb war, rief er das vorlegende Gericht an, um die Eigentümergemeinschaft zu verpflichten, die drei Kameras bei Meidung eines Ordnungsgelds zu entfernen und endgültig außer Betrieb zu setzen.

18        Vor dem vorlegenden Gericht machte TK geltend, dass das fragliche Videoüberwachungssystem gegen primäres und sekundäres Unionsrecht, insbesondere gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens, sowie gegen die nationalen Vorschriften über das Recht auf Achtung des Privatlebens verstoße. Er wies außerdem darauf hin, dass die Eigentümergemeinschaft die Funktion eines für die Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortlichen übernommen habe, ohne das hierfür gesetzlich vorgesehene Registrierungsverfahren eingehalten zu haben.

19        Die Eigentümergemeinschaft trug vor, dass der Beschluss, ein Videoüberwachungssystem einzurichten, gefasst worden sei, um möglichst effizient zu kontrollieren, wer im Gebäude aus- und eingehe, da der Aufzug mehrmals verwüstet worden sei und mehrere Wohnungen sowie die Gemeinschaftsbereiche Ziel von Einbrüchen und Diebstählen geworden seien.

20        Sie erläuterte weiter, dass andere Maßnahmen, die sie zuvor ergriffen habe, nämlich die Einrichtung eines Zutrittssystems zum Gebäude mit Gegensprechanlage und Magnetkarte, die wiederholte Begehung derartiger Straftaten nicht verhindert hätten.

21        Die Eigentümergemeinschaft leitete TK zudem das Protokoll weiter, das sie mit dem Unternehmen erstellt hatte, das die Videoüberwachungskameras installiert hatte. Darin hieß es, dass am 21. Oktober 2016 die Festplatte des Systems gelöscht und vom System getrennt worden sei, dieses System außer Betrieb gesetzt worden sei und die Aufzeichnungen gelöscht worden seien.

22        Sie übermittelte ihm ebenfalls ein Protokoll vom 18. Mai 2017, aus dem hervorgeht, dass die drei Videoüberwachungskameras deinstalliert worden waren. Dieses Protokoll hielt fest, dass die Eigentümergemeinschaft inzwischen das Verfahren abgeschlossen habe, mit dem ihr die Registrierung als für die Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortlicher ermöglicht worden sei.

23        TK wies jedoch vor dem vorlegenden Gericht darauf hin, dass die drei Videokameras noch immer vorhanden seien.

24        Das vorlegende Gericht führt aus, dass Art. 5 des Gesetzes Nr. 677/2001 im Allgemeinen vorsehe, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten wie die Bildaufzeichnung durch ein Videoüberwachungssystem nur erfolgen dürfe, wenn die betroffene Person ausdrücklich und eindeutig ihre Einwilligung erteilt habe. Art. 5 Abs. 2 enthalte jedoch eine Reihe von Ausnahmen von dieser Regel, darunter auch jene, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Schutz des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit der betroffenen Person oder einer anderen gefährdeten Person erforderlich sei. Die Entscheidung Nr. 52/2012 der ANSPDCP sehe eine gleichartige Ausnahme vor.

25        Das vorlegende Gericht nimmt sodann insbesondere auf Art. 52 Abs. 1 der Charta Bezug, wo der Grundsatz verankert sei, dass die verwendeten Mittel im Hinblick auf das mit dem Eingriff in Rechte und Freiheiten der Bürger verfolgte Ziel verhältnismäßig sein müssten.

26        Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts scheint das fragliche Videoüberwachungssystem jedoch nicht in einer Weise oder zu einem Zweck verwendet worden zu sein, die bzw. der dem von der Eigentümergemeinschaft erklärten Ziel, nämlich dem Schutz des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit der betroffenen Personen, d. h. der Miteigentümer des Gebäudes, in dem dieses System installiert worden sei, nicht entsprochen hätte.

27        Vor diesem Hintergrund hat das Tribunalul Bucureşti (Landgericht Bukarest, Rumänien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Sind die Art. 8 und 52 der Charta sowie Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, d. h. Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 677/2001 und Art. 6 der Entscheidung Nr. 52/2012 der ANSPDCP, entgegenstehen, die die Möglichkeit der Videoüberwachung zur Gewährleistung von Schutz und Sicherheit von Personen, Gütern sowie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen ohne Einwilligung der betroffenen Person vorsehen?

2. Sind die Art. 8 und 52 der Charta dahin auszulegen, dass die Beschränkung von Rechten und Freiheiten durch die Videoüberwachung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie dem Erfordernis genügt, dass die Überwachung „notwendig“ sein und „dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer“ entsprechen muss, wenn dem für die Datenverarbeitung Verantwortlichen andere Maßnahmen zum Schutz des entsprechenden berechtigten Interesses zur Verfügung stehen?

3. Ist Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 dahin auszulegen, dass das „berechtigte Interesse“ des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen nachzuweisen ist und zum Zeitpunkt der Verarbeitung entstanden und vorhanden sein muss?

4. Ist Art. 6 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 95/46 dahin auszulegen, dass eine Verarbeitung (Videoüberwachung) übermäßig bzw. nicht angemessen ist, wenn dem für die Datenverarbeitung Verantwortlichen andere Maßnahmen zum Schutz des entsprechenden berechtigten Interesses zur Verfügung stehen? “

Zu den Vorlagefragen

28        Vorab ist erstens festzustellen, dass das vorlegende Gericht zwar in seiner vierten Frage auf Art. 6 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 95/46 Bezug nimmt, aber keine Erklärung liefert, warum diese Vorschrift für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erheblich sei.

29        Diese Bestimmung betrifft nämlich nur die Anforderungen, denen die Aufbewahrung personenbezogener Daten genügen muss. In der dem Gerichtshof vorliegenden Akte gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Ausgangsrechtsstreit auf diesen Aspekt bezieht.

30        Soweit das vorlegende Gericht hingegen mit dieser Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob die Einrichtung eines Videoüberwachungssystems wie des hier in Rede stehenden zu den verfolgten Zielen im Verhältnis steht, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Frage, ob die in diesem System gesammelten personenbezogenen Daten dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen, auf die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 95/46 bezieht.

31        Die letztgenannte Vorschrift ist jedoch bei der Prüfung der zweiten Anwendungsvoraussetzung des Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 zu berücksichtigen, wonach die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des wahrgenommenen berechtigten Interesses „erforderlich“ sein muss.

32        Zweitens bezieht sich das vorlegende Gericht mit seiner ersten und seiner zweiten Frage auf die Art. 8 und 52 der Charta, die isoliert oder in Verbindung mit Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 betrachtet werden. Der Gerichtshof hat jedoch bereits klargestellt, dass die Beurteilung der in dieser Bestimmung enthaltenen Voraussetzung hinsichtlich des Vorliegens von Grundrechten und Grundfreiheiten der vom Datenschutz betroffenen Person, die das berechtigte Interesse überwiegen, das von dem für die Verarbeitung der Daten Verantwortlichen oder dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen anhand der konkreten Umstände des betreffenden Einzelfalls erfordert, in deren Rahmen die Bedeutung der Rechte der betroffenen Person, die sich aus den Art. 7 und 8 der Charta ergeben, zu berücksichtigen sind (Urteil vom 24. November 2011, Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito, C468/10 und C469/10, EU:C:2011:777, Rn. 40). Daraus folgt, dass die Art. 8 und 52 der Charta im vorliegenden Fall nicht isoliert anzuwenden sind.

33        Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, wissen möchte, ob Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 im Licht der Art. 7 und 8 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Vorschriften entgegenstehen, wonach es zulässig ist, ohne Einwilligung der betroffenen Personen ein Videoüberwachungssystem wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in den Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes installierte einzurichten, um berechtigte Interessen wahrzunehmen, die darin bestehen, den Schutz und die Sicherheit von Personen und Eigentum zu gewährleisten.

34        Eine Überwachung mittels einer Videoaufzeichnung von Personen auf einer kontinuierlichen Speichervorrichtung, der Festplatte, stellt eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 95/46 dar (Urteil vom 11. Dezember 2014, Ryneš, C212/13, EU:C:2014:2428, Rn. 25).

35        Somit ist ein kamerabasiertes Videoüberwachungssystem als automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne dieser Bestimmung einzustufen, wenn sich durch die installierte Vorrichtung personenbezogene Daten wie etwa Bilder, anhand derer natürliche Personen identifiziert werden können, aufzeichnen und speichern lassen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob das im Ausgangsverfahren in Rede stehende System diese Merkmale aufweist.

36        Außerdem muss jede Verarbeitung personenbezogener Daten zum einen den in Art. 6 der Richtlinie 95/46 aufgestellten Grundsätzen in Bezug auf die Qualität der Daten und zum anderen einem der in Art. 7 der Richtlinie aufgeführten Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung von Daten genügen (Urteil vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C131/12, EU:C:2014:317, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37        Art. 7 der Richtlinie 95/46 enthält eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann. Die Mitgliedstaaten dürfen weder neue Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten neben diesem Artikel einführen noch zusätzliche Bedingungen stellen, die die Tragweite eines der sechs darin vorgesehenen Grundsätze verändern würden (Urteil vom 19. Oktober 2016, Breyer, C582/14, EU:C:2016:779, Rn. 57).

38        Daher muss eine Verarbeitung personenbezogener Daten unter einen der in Art. 7 der Richtlinie 95/46 vorgesehenen Fälle subsumierbar sein, um als rechtmäßig angesehen werden zu können.

39        Die Fragen des vorlegenden Gerichts betreffen insbesondere den Grundsatz der Zulässigkeit der Datenverarbeitung, der in Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 genannt ist. Die Umsetzung dieser Bestimmung in rumänisches Recht erfolgte durch Art. 5 Abs. 2 Buchst. e des Gesetzes Nr. 677/2001, auf den auch Art. 6 der Entscheidung Nr. 52/2012 der ANSPDCP speziell für die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der Nutzung von Mitteln zur Videoüberwachung verweist.

40        Nach Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 ist die Verarbeitung personenbezogener Daten unter drei kumulativen Voraussetzungen zulässig: 1. Wahrnehmung eines berechtigten Interesses durch den für die Verarbeitung Verantwortlichen oder den bzw. die Dritten, denen die Daten übermittelt werden, 2. Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses und 3. kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der vom Datenschutz betroffenen Person über das wahrgenommene berechtigte Interesse (Urteil vom 4. Mai 2017, Rīgas satiksme, C13/16, EU:C:2017:336, Rn. 28).

41        Es ist darauf hinzuweisen, dass Art.7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 die Einwilligung der betroffenen Person nicht voraussetzt. Eine solche Einwilligung als Voraussetzung für die Verarbeitung personenbezogener Daten sieht nur Art. 7 Buchst. a der Richtlinie vor.

42        Im vorliegenden Fall kann das Ziel, das der für die Datenverarbeitung Verantwortliche mit der Einrichtung eines Videoüberwachungssystems wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden im Wesentlichen verfolgt, nämlich der Schutz des Eigentums, der Gesundheit und des Lebens der Miteigentümer eines Gebäudes, als „berechtigtes Interesse“ im Sinne von Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 eingestuft werden. Die erste Voraussetzung dieser Bestimmung ist demnach offenbar grundsätzlich erfüllt (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Dezember 2014, Ryneš, C212/13, EU:C:2014:2428, Rn. 34).

43        Das vorlegende Gericht stellt sich jedoch die Frage, ob die erste Voraussetzung des Art. 7 Buchst. f dahin zu verstehen ist, dass das von dem jeweiligen Verantwortlichen wahrgenommene Interesse zum einen „nachzuweisen“ ist und zum anderen „zum Zeitpunkt der Verarbeitung entstanden und vorhanden sein muss“.

44        Hierzu ist mit der rumänischen und der tschechischen Regierung, Irland, der österreichischen und der portugiesischen Regierung sowie der Kommission festzustellen, dass, wenn gemäß Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 der für die Verarbeitung personenbezogener Daten Verantwortliche oder der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse wahrnehmen muss, das diese Verarbeitung rechtfertigt, dieses Interesse zum Zeitpunkt der Verarbeitung entstanden und vorhanden sein muss und zu diesem Zeitpunkt nicht hypothetisch sein darf. Es kann jedoch bei der Beurteilung aller Umstände des jeweiligen Falles nicht zwingend verlangt werden, dass die Sicherheit des Eigentums und der Personen zuvor beeinträchtigt wurde.

45        In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens scheint die Voraussetzung des Vorliegens eines entstandenen und vorhandenen Interesses jedenfalls erfüllt zu sein, da das vorlegende Gericht darauf hinweist, dass vor der Anbringung des Videoüberwachungssystems Diebstähle, Einbrüche und Vandalismus vorgekommen seien, obwohl am Gebäudeeingang ein Sicherungssystem mit Gegensprechanlage und Magnetkarte installiert gewesen sei.

46        Zur zweiten Voraussetzung des Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46, der Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten für die Verwirklichung des wahrgenommenen berechtigten Interesses, hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen (Urteil vom 4. Mai 2017, Rīgas satiksme, C13/16, EU:C:2017:336, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47        Diese Voraussetzung verpflichtet das vorlegende Gericht, zu prüfen, ob das berechtigte Interesse, das mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Videoüberwachung wahrgenommen wird und im Wesentlichen darin besteht, die Sicherheit von Eigentum und Personen zu gewährleisten und die Begehung von Straftaten zu verhindern, nicht mit anderen Mitteln, die weniger stark in die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen, insbesondere die in den Art. 7 und 8 der Charta verbürgten Rechte auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten, eingreifen, vernünftigerweise ebenso wirksam erreicht werden kann.

48        Zudem ist, wie die Kommission vorgetragen hat, die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung gemeinsam mit dem sogenannten Grundsatz der „Datenminimierung“ zu prüfen, der in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 95/46 verankert ist und verlangt, dass die personenbezogenen Daten „den Zwecken entsprechen, für die sie erhoben und/oder weiterverarbeitet werden, dafür erheblich sind und nicht darüber hinausgehen“.

49        Der Akte, die dem Gerichtshof vorliegt, ist zu entnehmen, dass den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Datenverarbeitung offenbar entsprochen wurde. Es steht nämlich fest, dass alternative Maßnahmen in Form eines am Gebäudeeingang installierten Sicherungssystems mit Gegensprechanlage und Magnetkarte ursprünglich ergriffen wurden, sich aber als unzureichend erwiesen. Außerdem beschränkt sich die fragliche Videoüberwachungsvorrichtung auf die Gemeinschaftsbereiche des im Miteigentum stehenden Gebäudes und auf die Zugangswege zu ihm.

50        Die Verhältnismäßigkeit der Datenverarbeitung mittels einer Videoüberwachungsvorrichtung ist jedoch unter Berücksichtigung der konkreten Modalitäten der Installierung und des Betriebs dieser Vorrichtung zu beurteilen, die die Auswirkungen auf die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen beschränken und gleichzeitig die Wirksamkeit des betreffenden Videoüberwachungssystems gewährleisten müssen.

51        So impliziert die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung, wie die Kommission vorgebracht hat, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche z. B. prüfen muss, ob es ausreicht, wenn die Videoüberwachung nur in der Nacht oder außerhalb der normalen Arbeitszeit in Betrieb ist, und Bilder, die in Bereichen aufgezeichnet wurden, in denen die Überwachung nicht erforderlich ist, blockieren oder unscharf einstellen muss.

52        Schließlich ist zur dritten Voraussetzung des Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46, dem Vorliegen von Grundrechten und Grundfreiheiten der vom Datenschutz betroffenen Person, die das berechtigte Interesse überwiegen, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem oder den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, darauf hinzuweisen (siehe auch oben, Rn. 32), dass die Beurteilung dieser Voraussetzung eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen anhand der konkreten Umstände des betreffenden Einzelfalls erfordert, in deren Rahmen die Bedeutung der Rechte der betroffenen Person, die sich aus den Art. 7 und 8 der Charta ergeben, zu berücksichtigen ist.

53        In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 einen Mitgliedstaat daran hindert, kategorisch und ganz allgemein die Verarbeitung bestimmter Kategorien personenbezogener Daten auszuschließen, ohne Raum für eine Abwägung der im konkreten Einzelfall einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen zu lassen. Ein Mitgliedstaat kann daher für diese Kategorien das Ergebnis der Abwägung der einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen nicht abschließend vorschreiben, ohne Raum für ein Ergebnis zu lassen, das aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls anders ausfällt (Urteil vom 19. Oktober 2016, Breyer, C582/14, EU:C:2016:779, Rn. 62).

54        Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich ferner, dass für diese Abwägung die unterschiedlich schwere Beeinträchtigung der Grundrechte der betroffenen Person durch die Datenverarbeitung je nachdem, ob die in Rede stehenden Daten öffentlich zugänglich sind oder nicht, berücksichtigt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2017, Rīgas satiksme, C13/16, EU:C:2017:336, Rn. 32).

55        Im Unterschied zur Verarbeitung von Daten, die aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen, impliziert die Verarbeitung von Daten aus nicht öffentlich zugänglichen Quellen, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche und gegebenenfalls der bzw. die Dritten, denen die Daten übermittelt werden, von Informationen über die Privatsphäre der betroffenen Person Kenntnis erlangen. Diese schwerere Beeinträchtigung der in den Art. 7 und 8 der Charta verbürgten Rechte der betroffenen Person ist zu berücksichtigen und gegen das berechtigte Interesse abzuwägen, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2011, Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito, C468/10 und C469/10, EU:C:2011:777‚ Rn. 45).

56        Das Kriterium der Schwere der Beeinträchtigung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Person stellt einen wesentlichen Gesichtspunkt der von Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 verlangten Gewichtung bzw. Abwägung im Einzelfall dar.

57        Dabei ist insbesondere der Art der in Rede stehenden personenbezogenen Daten Rechnung zu tragen, insbesondere der möglicherweise sensiblen Natur dieser Daten sowie deren Art und den konkreten Modalitäten ihrer Verarbeitung, insbesondere der Zahl der Personen, die Zugang zu diesen Daten haben, und den Zugangsmodalitäten.

58        Für diese Abwägung ebenfalls relevant sind die berechtigten Erwartungen der betroffenen Person, dass ihre personenbezogenen Daten nicht verarbeitet werden, wenn diese Person unter den konkreten Umständen vernünftigerweise nicht mit einer Weiterverarbeitung der Daten rechnen kann.

59        Schließlich müssen diese Gesichtspunkte gegen die Bedeutung abgewogen werden, die das hier mit dem fraglichen Videoüberwachungssystem wahrgenommene berechtigte Interesse für alle Miteigentümer des betroffenen Gebäudes hat, da dieses im Wesentlichen den Schutz des Eigentums, der Gesundheit und des Lebens dieser Miteigentümer gewährleisten soll.

60        Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 im Licht der Art. 7 und 8 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Vorschriften nicht entgegenstehen, wonach es zulässig ist, ohne Einwilligung der betroffenen Personen ein Videoüberwachungssystem wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in den Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes installierte einzurichten, um berechtigte Interessen wahrzunehmen, die darin bestehen, den Schutz und die Sicherheit von Personen und Eigentum zu gewährleisten, wenn die mittels dieses Videoüberwachungssystems erfolgende Verarbeitung personenbezogener Daten den Voraussetzungen des Art. 7 Buchst. f entspricht, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

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