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Wirtschaftsrecht
20.03.2025
Wirtschaftsrecht
BGH: Unwirksamkeit von Klauseln zu Verwahrentgelten ("Negativzinsen") und Änderungsvertrag-Erfordernis

BGH, Urteil vom 4.2.2025 – XI ZR 65/23

ECLI:DE:BGH:2025:040225UXIZR65.23.0

Volltext: BB-Online BBL2025-705-3

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

a) Die von einer Bank für eine Vielzahl von Giroverträgen in dem vorformulierten Preis- und Leistungsverzeichnis enthaltene Klausel zu einem "Verwahrentgelt"

"Privatkonten […]
Entgelt für die Verwahrung von Einlagen über 10.000 EUR
pro Jahr 0,50 % p.a.
Freibetrag¹⁴
¹⁴ Vom Kunden zu zahlendes Verwahrentgelt bei Neuanlage/Neuvereinbarung ab 01.04.2020 für Einlagen über 10.000 EUR Freibetrag auf das auf dem Konto verwahrte Guthaben, das den aktuellen Freibetrag übersteigt."

unterliegt keiner richterlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Sie verstößt aber gegen das Transparenzgebot und ist im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 S. 1 und 2 BGB unwirksam.

b) Die Einführung eines Verwahrentgelts für Guthaben auf Girokonten, die im Rahmen bestehender Giroverträge geführt werden, erfordert einen den Erfordernissen der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügenden Änderungsvertrag (Anschluss an Senatsurteil vom 27. April 2021 - XI ZR 26/20, BGHZ 229, 344 Rn. 38).

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 Bl Cb

Sachverhalt

Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahr und ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte Volksbank bietet u.a. unter der Bezeichnung "V.               " den Abschluss von Giroverträgen an. Bei diesem Vertragsmodell berechnet die Beklagte den Kunden einen monatlichen Grundpreis von 10,90 €. In dem zugehörigen Preis- und Leistungsverzeichnis heißt es unter anderem:

"Privatkonten

Rechnungsabschluss: vierteljährlich              Gebührenabrechnung: monatlich

V.         

Entgelt für die Verwahrung von

Einlagen über 10.000 EUR                            pro Jahr 0,50 % p.a.

Freibetrag14

14 Vom Kunden zu zahlendes Verwahrentgelt bei Neuanlage/Neuvereinbarung ab 01.04.2020 für Einlagen über 10.000 EUR Freibetrag auf das auf dem Konto verwahrte Guthaben, das den aktuellen Freibetrag übersteigt."

Der Kläger wendet sich gegen das in dieser Klausel festgesetzte Verwahrentgelt. Er ist der Ansicht, die Klausel halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand, da sie eine unzulässige Preisnebenabrede darstelle. Mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG nimmt er die Beklagte darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträgen über Zahlungsdienste mit Verbrauchern einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen (Antrag zu 1). Darüber hinaus begehrt er als Folgenbeseitigung von der Beklagten Rückzahlung der von dieser auf der Grundlage der vorbezeichneten Klausel vereinnahmten Verwahrentgelte an die betroffenen Verbraucher (Antrag zu 2.a)) und Auskunft über deren Vor- und Zunamen und deren Anschriften (Antrag zu 2.b)) sowie Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 210 € nebst Prozesszinsen (Antrag zu 3).

Das Landgericht hat der Klage - mit Ausnahme des Antrags zu 2.a) - stattgegeben. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Aus den Gründen

4          Die Revision des Klägers hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

 

5          I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner u.a. in WM 2023, 1266 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

 

6          Dem Kläger stünden der Unterlassungsanspruch (Antrag zu 1) und die geltend gemachten Annexansprüche (Anträge zu 2 und 3) nicht zu. Bei der angegriffenen Klausel über das Verwahrentgelt handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB, die inhaltlich nicht zu beanstanden sei.

 

7          Das Verwahrentgelt stelle ein Entgelt für eine Hauptleistung der Beklagten aus dem Girovertrag dar und unterliege damit keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Die Regelungen über den Zahlungsdienste(rahmen)vertrag in §§ 675f ff. BGB deckten den Gegenstand eines Girovertrags nicht vollständig ab. Ihr Regelungsgegenstand betreffe lediglich Zahlungsdienste, welche nicht in jedem Fall ein Konto erforderten. Es sei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass das Giroverhältnis noch weitere Leistungen der Bank umfasse, die dem Zahlungsdiensterecht nicht notwendig unterlägen. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf Darlehens- (§§ 488 ff. BGB) und unregelmäßige Verwahrungsverhältnisse (§ 700 BGB), die auf Grundlage des Giroverhältnisses durch Ein- und Auszahlungen auf bzw. vom Girokonto begründet oder erfüllt würden. Die Darlehens- und Verwahrungsfunktion sei für den Girovertrag auch nach Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts nach wie vor charakteristisch.

 

8          Das Verwahrentgelt sei ein Entgelt für eine Hauptleistung und keine Preisnebenabrede. Dem stehe die vereinbarte Kontoführungsgebühr in Höhe von monatlich 10,90 € nicht entgegen. Infolge der Preisbildungsfreiheit stehe es der Beklagten frei, vorbehaltlich des § 675f Abs. 5 Satz 2 BGB und anderer Vorschriften ihr Entgelt durch mehrere Komponenten zu berechnen. Aus der Bezeichnung in der Klausel gehe hervor, dass mit dem Entgelt die Verwahrung und keine Nebenleistung im Sinne des § 675f Abs. 5 Satz 2 BGB berechnet werde.

 

9          Allgemeine Geschäftsbedingungen über Preise für Hauptleistungen seien zwar Gegenstand einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, wenn der Gesetzgeber Regelungen für diese Preise getroffen habe und die Klausel davon abweiche. Dies sei hier jedoch zu verneinen. § 675f Abs. 5 BGB sei nicht einschlägig, weil es sich bei der Verwahrung im Rahmen eines Girovertrags nicht um einen Zahlungsdienst im Sinne des § 675f BGB handele. § 700 BGB lasse sich kein Grundsatz entnehmen, dass die unregelmäßige Verwahrung ohne Entgelt zu erbringen sei. § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB verweise für die Verwahrung von Geld zwar auf die Vorschriften über den Darlehensvertrag, wobei § 488 BGB eine Pflicht zur Zahlung eines Entgelts durch den Darlehensgeber nicht kenne. Gleichwohl sei das Verwahrentgelt zulässig. Bei der Verweisung auf einen anderen Vertragstyp in § 700 BGB seien die Besonderheiten des Rechtsgeschäfts "unregelmäßige Verwahrung" zu beachten. Ein "Darlehen" sei jederzeit auf Abruf des "Darlehensgebers" rückzahlbar, was bedinge, dass der "Darlehensnehmer" das hierfür erforderliche Kapital jederzeit vorhalten müsse. Insoweit würden ähnliche Erwägungen gelten wie bei der Bereitstellungsprovision. Der Gesetzgeber habe den Unterschied zwischen unregelmäßiger Verwahrung und Darlehen erkannt. Die Gewährung eines Zinses durch den Verwahrer habe er nämlich nicht als Ersatz für die entzogene Kapitalnutzung und Risikoprämie eingestuft, sondern nur als Beteiligung des Hinterlegers an dem Vorteil, den der Verwahrer durch die Nutzung des Kapitals ziehe.

 

10        Die Klausel sei nicht intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB. Dem Verbraucher sei vor dem Hintergrund der Gepflogenheiten beim Abschluss von Giroverträgen klar, was mit der Formulierung "Neuanlage/Neuvereinbarung" zu verstehen sei. Die Klausel betreffe danach den erstmaligen Abschluss eines Girovertrags und solche Änderungsverträge, die einen förmlichen Abschluss eines weiteren Vertrags üblich machten. Der Verbraucher könne der Klausel entnehmen, dass das Verwahrentgelt nicht bei Fortsetzung eines bestehenden Girovertrags ohne förmliche Änderung gelten solle, selbst wenn der Guthabenbetrag erstmals 10.000 € übersteige.

 

11        Die mit den weiteren Klageanträgen geltend gemachten Rückzahlungs- und Auskunftsansprüche (Antrag zu 2.a) und b)) sowie der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten bestünden nicht, weil die Klausel wirksam sei.

 

12        II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision des Klägers hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Anträge zu 1 und zu 3 richtet. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

 

13        1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den vom Kläger geltend gemachten Anspruch aus §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG auf Unterlassung der weiteren Verwendung der angegriffenen oder inhaltsgleichen Klausel verneint. Die Entgeltklausel unterliegt zwar, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Sie verstößt aber gegen das Transparenzgebot im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB.

 

14        a) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der beanstandeten Klausel um eine vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB) handelt.

 

15        b) Die Klausel unterliegt keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

 

16        aa) Die Wirksamkeit eines formularmäßig vereinbarten Entgelts für die Verwahrung von Einlagen auf Girokonten wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.

 

17        (1) Eine Meinung nimmt an, dass solche Vereinbarungen der Inhaltskontrolle unterliegen und den Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (LG Tübingen, ZBB 2018, 332; LG Berlin, WM 2021, 2336; MünchKommHGB/Fest, 5. Aufl., Bd. 6, N. Einlagengeschäft, Rn. 448 ff.; Dehne-Niemann, jurisPR-BKR 5/2022 Anm. 1; Feldhusen, VuR 2023, 323, 330 f.; Görner/Korff, VuR 2018, 337, 338; Knops, BKR 2021, 499, 504; Korff, jurisPR-BKR 2/2018 Anm. 4; Niebling, MDR 2018, 712, 713; Bode, VuR 2022, 20, 24; Sorge, jurisPR-BKR 11/2023 Anm. 1; wohl auch Guggenberger/Guggenberger, WM 2022, 1469, 1470 f.; Wagner, BKR 2017, 315, 318).

 

18        (2) Die Gegenauffassung hält solche Vereinbarungen im Rahmen neu abgeschlossener Giroverträge mit unterschiedlicher Begründung für wirksam (OLG Dresden, WM 2023, 1262; KG, ZIP 2024, 286; LG Leipzig, BKR 2021, 499; LG München I, ZIP 2024, 226; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 84. Aufl., § 307 Rn. 69; BeckOGK BGB/C. Weber, Stand: 1.10.2024, § 488 Rn. 226.2; MünchKommBGB/Fornasier, 9. Aufl., § 307 Rn. 234; MünchKommBGB/Berger, 9. Aufl., vor § 488 Rn. 69; Staudinger/Rodi, BGB, Neubearb. 2022, Anh zu §§ 305-310 Rn. F 95; PWW/Fehrenbacher, BGB, 18. Aufl., § 700 Rn. 4; Langner in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 45 Rn. 84 ff.; Servatius in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., Kap. 35, Rn. 25e; Peterek in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bankrecht und Kapitalmarktrecht, 7. Aufl., Rn. 9.120; Schwintowski, Bankrecht, 6. Aufl., Kap. 8 C., Rn. 46; Beyer, WuB 2022, 357 ff.; Binder/Ettensberger, WM 2015, 2069, 2072; Binder, ZBB 2023, 217, 222; Edelmann, WuB 2018, 248, 252; Freitag, JZ 2022, 132, 135 ff.; ders., ZBB 2018, 269, 277; Homberger, EWiR 2022, 163, 164; Kapoor, RdZ 2023, 202 f.; Langner/Brocker, WM 2017, 1917, 1922; Langner/Müller, WM 2015, 1979, 1984 f.; Manhardt, BKR 2023, 622, 625 f.; Mülbert/Kopke, WM 2024, 1595, 1598 ff.; Omlor, EWiR 2021, 547, 548; Placzek, RdZ 2022, 26, 31; Radke, BKR 2019, 178, 181; ders., Negative Nominalzinsen im Zins- und Bankvertragsrecht, 2019, S. 103; Strobel, NJW 2021, 881 Rn. 35; ders., BKR 2022, 96, 100; Suendorf-Bischof, BKR 2019, 279, 283 ff.; Thume, EWiR 2022, 67, 68; Vogel, BKR 2018, 45, 52 ff.; Wollgarten/Bohne, BKR 2022, 109, 113 ff.; wohl auch Erman/Graf v. Westphalen, BGB, 17. Aufl., § 675f Rn. 48).

 

19        bb) Zutreffend ist die zuletzt genannte Auffassung.

 

20        (1) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen allerdings abweichend vom Gesetz oder von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind inhaltlich zu kontrollieren (Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, BGHZ 212, 329 Rn. 21). Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind ebenfalls der Inhaltskontrolle unterworfen (st. Rspr., Senatsurteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16, vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 24, vom 16. Februar 2016 - XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 23, vom 10. September 2019 - XI ZR 7/19, BGHZ 223, 130 Rn. 16 und vom 18. Januar 2022 - XI ZR 505/21, BGHZ 232, 227 Rn. 11).

 

21        Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie Preisabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln, die der Senat selbst vornehmen kann (st. Rspr., Senatsurteile vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15, vom 10. September 2019 - XI ZR 7/19, BGHZ 223, 130 Rn. 17 und vom 18. Januar 2022 - XI ZR 505/21, BGHZ 232, 227 Rn. 12). Diese hat sich nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 25 und vom 18. Januar 2022, aaO, jeweils mwN). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht zu bleiben haben Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 25 und vom 4. Juli 2017 - XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172 Rn. 25). Da Allgemeine Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen zu behandeln sind, ist ihre Auslegung - nicht anders als die Überprüfung ihrer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht - Rechtsfrage, die ohne Bindung an das Parteivorbringen zu erfolgen hat (vgl. Senatsurteil vom 20. Juni 2017 - XI ZR 72/16, WM 2017, 1599 Rn. 28 und vom 18. Juni 2019 - XI ZR 768/17, BGHZ 222, 240 Rn. 39).

 

22        (2) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die beanstandete Klausel eine Hauptleistung aus dem Girovertrag bepreist.

 

23        (a) Die Klausel ist bei der gebotenen objektiven, nicht am Willen der Vertragsparteien zu orientierenden Auslegung, für die in erster Linie ihr Wortlaut maßgebend ist (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 2023 - XI ZR 544/21, BGHZ 237, 71 Rn. 18), dahin auszulegen, dass mit ihr Einlagen auf Girokonten mit der Bezeichnung "V.           " in Höhe von mehr als 10.000 € mit 0,5% p.a. bepreist werden sollen.

 

24        (b) Hauptleistungspflichten sind nach allgemeinen Grundsätzen nur die für die Eigenart des jeweiligen Schuldverhältnisses prägenden Bestimmungen, die für die Einordnung in die verschiedenen Typen der Schuldverhältnisse entscheidend sind (Senatsurteil vom 18. Juni 2019 - XI ZR 768/17, BGHZ 222, 240 Rn. 25). Bestimmungen, die diese Hauptleistungspflicht verändern, ausgestalten oder modifizieren, gehören dagegen nicht zur eigentlichen Leistungsbeschreibung. Hiermit verbundene Tätigkeiten stellen vielmehr auf die Hauptleistungspflicht bezogene bloße Nebenleistungspflichten dar, die der Vorbereitung, der ordnungsgemäßen Durchführung und der Sicherung der Hauptleistung dienen und diese ergänzen (BGH, Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 23 mwN).

 

25        (c) Der Girovertrag ist ein Zahlungsdiensterahmenvertrag nach § 675f Abs. 2 BGB, soweit die Bank aus ihm verpflichtet ist, für den Kunden ein Zahlungskonto (§ 675c Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 17 ZAG) zu führen und Zahlungsaufträge auszuführen (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 2019 - XI ZR 768/17, BGHZ 222, 240 Rn. 25 mwN). Wie der Senat bereits klargestellt hat (aaO Rn. 26), umfasst das Giroverhältnis regelmäßig noch weitere Leistungen der Bank (vgl. § 675f Abs. 2 Satz 2 BGB), die dem Zahlungsdiensterecht nicht notwendig unterliegen (vgl. auch Schmieder in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 26 Rn. 1b). Letzteres gilt insbesondere im Hinblick auf die Darlehens- (§§ 488 ff. BGB) und unregelmäßigen Verwahrungsverhältnisse (§ 700 BGB), die auf Grundlage des Giroverhältnisses durch Ein- und Auszahlungen auf bzw. vom Girokonto begründet oder erfüllt werden. Soweit das Girokonto überzogen ist, liegt neben dem Zahlungsdiensterahmenvertrag ein Darlehensvertrag nach §§ 488 ff. BGB in der Form des Überziehungskredits (vgl. für Verbraucherdarlehen §§ 504, 505 BGB) vor. Ist demgegenüber auf dem Girokonto ein Guthaben vorhanden, liegt neben dem Zahlungsdiensterahmenvertrag eine unregelmäßige Verwahrung nach § 700 i.V.m. §§ 488 ff. BGB vor (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 33 und vom 18. Juni 2019 aaO, Rn. 26; KG, ZIP 2024, 286, 289; Schmieder, aaO). Die Darlehens- und Verwahrungsfunktion des Girokontos ist für den Girovertrag charakteristisch (Senatsurteil vom 18. Juni 2019, aaO Rn. 26).

 

26        Der Girovertrag ist danach ein typengemischter Vertrag (zutreffend OLG Dresden, WM 2023, 1262, 1263 f.), bei dem die von der Bank erbrachten Leistungen Elemente des Zahlungsdiensterechts, des Darlehnsrechts und der unregelmäßigen Verwahrung aufweisen können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildet ein typengemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden (BGH, Urteile vom 2. Oktober 2019 - XII ZR 8/19, BGHZ 223, 225 Rn. 12 mwN und vom 26. Februar 2021 - V ZR 290/19, juris Rn. 9). Der Eigenart des Vertrags wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt. Eine solche rechtliche Einordnung schließt es allerdings nicht aus, auch Bestimmungen des Vertragsrechts heranzuziehen, bei dem der Schwerpunkt des Vertrags nicht liegt, wenn allein hierdurch die Eigenart des Vertrags richtig gewürdigt werden kann (vgl. BGH, aaO). So liegt es hier. Weder die Kreditgewährung durch Überziehung des Girokontos noch die Verwahrung der dem Girokonto gutgeschriebenen Beträge lassen sich in Ermangelung entsprechender Regelungen mit Hilfe des Zahlungsdiensterechts (§§ 675c ff. BGB) rechtlich würdigen. Anzuwenden sind insoweit bei Überziehungen des Girokontos die Regelungen des Darlehnsrechts (§§ 488 ff. BGB) und bei auf dem Girokonto verbuchten Guthaben die Regelungen der unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 Abs. 1 i.V.m. §§ 488 ff. BGB).

 

27        (d) Die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten stellt neben der Erbringung von Zahlungsdiensten eine den Girovertrag prägende Leistung und damit eine Hauptleistung aus dem Girovertrag dar (vgl. OLG Dresden, WM 2023, 1262, 1263 f.; KG, ZIP 2024, 286, 289; LG München I, ZIP 2024, 226, 228; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2020, § 675f Rn. 15; BeckOK BGB/Schmalenbach, 72. Ed. Stand: 01.11.2024, § 675f Rn. 10b; aA LG Berlin, WM 2021, 2336, 2337; MünchKommHGB/Herresthal, 5. Aufl., Bd. 6, Teil 1, A. Das Giroverhältnis, Rn. 207; Mülbert/Kopke, WM 2024, 1595, 1598 f.). Wie bereits die in der Vergangenheit nicht unübliche Vertragspraxis der Banken, auf Girokonten bestehende Guthaben geringfügig zu verzinsen (vgl. hierzu Freitag, JZ 2022, 132, 133), belegt, dient das Guthaben auf Girokonten nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien erkennbar nicht ausschließlich der Teilnahme am Zahlungsverkehr (aA MünchKommHGB/Herresthal, aaO). Die Kreditwirtschaft kann mit dem sogenannten "Bodensatz" der Guthaben wirtschaften, die sie für die Kunden auf Girokonten verwahrt. 10% dieser Guthaben werden aufsichtsrechtlich anerkannt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Liquiditätsverordnung) und können von der Bankwirtschaft für die Unterlegung von Risiken im Aktivgeschäft verwendet werden. Die Kunden haben - unabhängig von der Höhe der jeweils aktuellen Marktzinsen - ein Interesse an der Nutzung der Girokonten als "Verwahrstelle" für ihr Geld. Sie können ihr Bargeld mithilfe des Girokontos - nach vorheriger Umwandlung in Giralgeld - sicher aufbewahren (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 33 und vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74 Rn. 26) und Guthaben auf Girokonten belassen, ohne sich um dessen Weiterverwendung zu kümmern (vgl. Staudinger/Rodi, BGB, Neubearb. 2022, Anh zu §§ 305-310 Rn. F 92a; Beyer, WuB 2022, 357, 360; Freitag, aaO S. 134; Langner/Brocker, WM 2017, 1917, 1922). Darüber hinaus sind Guthaben auf Girokonten als Sichteinlagen durch die gesetzlichen Einlagensicherungssysteme geschützt und für Kunden jederzeit verfügbar (vgl. Edelmann, BB 2018, 394, 398; Radke, Negative Nominalzinsen im Zins- und Bankvertragsrecht, 2019, S. 38; Tröger, NJW 2015, 657 f.; Freitag, aaO S. 135; Vogel, BKR 2018, 45, 47 f.). Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es bei einer Gesamtschau, die Verwahrung der Guthaben auf Girokonten als von der Bank im Rahmen des Girovertrags erbrachte Hauptleistung anzusehen.

 

28        (e) Entgegen der Meinung der Revision ergibt sich aus der nach § 675c Abs. 1 i.V.m. § 669 BGB bestehenden Vorschusspflicht des Zahlungsdienstnutzers nichts Anderes (zutreffend KG, ZIP 2024, 286, 289). Ein Vorschuss nach diesen Vorschriften ist nur auf Verlangen des Auftragnehmers und nur in Höhe des objektiv Erforderlichen zu leisten (BeckOK BGB/Schmalenbach, 72. Ed. Stand: 01.11.2024, § 675f Rn. 127a; Staudinger/Rodi, BGB, Neubearb. 2022, Anh zu §§ 305-310 Rn. F 92a). Die Aufbewahrung von für die Ausführung von Zahlungsvorgängen nicht benötigten Guthaben geht über die Vorschusspflicht hinaus und erfolgt nicht auf Verlangen der Bank (Beyer, WuB 2022, 357, 358). Zudem fehlt einem Vorschuss, der im Rahmen der Geschäftsbesorgung zu einem bestimmten Zweck zu verwenden ist, das für eine Verwahrung charakteristische Merkmal der Rückzahlbarkeit (siehe hierzu Grüneberg/Retzlaff, BGB, 84. Aufl., § 700 Rn. 3).

 

29        (f) Auch das weitere Argument der Revision verfängt nicht, wonach das Bestehen eines Guthabens auf einem Girokonto zwingende Voraussetzung für die Ausführung von Zahlungsvorgängen sei. Zahlungsvorgänge werden von Zahlungsinstituten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZAG auf Zahlungskonten nach Weisung des Zahlers oder Zahlungsempfängers vielmehr ausgeführt, ohne dass der Zahlungsdienstleister rückzahlbare Einlagen entgegennimmt (vgl. BT­Drucks. 16/11613, S. 36). Soweit Zahlungsinstitute über keine Erlaubnis zum Betreiben des Einlagengeschäfts (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG) verfügen, dürfen sie gemäß § 3 Abs. 1 ZAG keine Gelder als Sichteinlagen auf Konten entgegennehmen. Nach den gesetzlichen Regelungen können Zahlungsvorgänge damit auch ohne die gleichzeitige Verwahrung von (Sicht-)Einlagen abgewickelt werden (Beyer, WuB 2022, 357, 359; Pape, BKR 2023, 400, 401; aA Dehne-Niemann, jurisPR-BKR 1/2023 Anm. 1). Darüber hinaus werden Zahlungsvorgänge ohne Weiteres von Girokonten ausgeführt, die sich im Debet befinden, wenn eine entsprechende Kreditlinie vereinbart ist. Ein Guthaben ist folglich auch in diesem Fall nicht zwingend erforderlich.

 

30        (3) Die angegriffene Entgeltklausel unterliegt auch nicht etwa deswegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die vorbezeichnete Hauptleistung abweichend vom Gesetz (§ 700 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 488 ff. BGB) oder von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung ausgestaltet oder modifiziert, indem sie in Abhängigkeit von der Höhe des Kontoguthabens ein Entgelt für die Verwahrung bestimmt (aA Müller-Christmann, WuB 2024, 113, 116; Maier, EWiR 2023, 739, 740; Knops, BKR 2021, 503, 504).

 

31        Die unregelmäßige Verwahrung nach § 700 Abs. 1 BGB ist zwar im Grundsatz insoweit einseitig verpflichtend, als sie den Verwahrer verpflichtet, vertretbare Sachen in der Art zu hinterlegen, dass das Eigentum auf ihn übergeht, und er Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren hat, während der Hinterleger keine Verpflichtung zur Hinterlegung eingeht (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74 Rn. 26). Wie der Senat (aaO Rn. 25) bereits klargestellt hat, kann die unregelmäßige Verwahrung allerdings wie das Darlehen nach der gesetzlichen Regelung sowohl entgeltlich (§ 700 Abs. 1 Satz 1, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB) als auch unentgeltlich (§ 700 Abs. 1 Satz 1, § 488 Abs. 3 BGB) ausgestaltet sein (zutreffend KG, ZIP 2024, 286, 288). Den Gesetzesmaterialen (Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Band II, S. 2375) ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber von einer Vergütung der Bank für die Verwahrung von Geld ausgegangen ist: "Auch wenn der Verwahrer, z.B. die Bank, dem Hinterleger einen - stets niedrigeren - Zins gewähre, so diene dieser nicht wie die Darlehenszinsen als Ersatz für die entzogene Kapitalsnutzung und etwa als Risikoprämie, sondern nur als Betheiligung des Hinterlegers an dem Vorteile, welchen der Verwahrer durch die Nutzung des Kapitals ziehe". Daraus kann entgegen teilweise vertretener Ansicht (LG Leipzig, ZIP 2021, 1533, 1536; Staudinger/Rodi, BGB, Neubearb. 2022, Anh zu §§ 305-310 Rn. F 93) nicht abgeleitet werden, dass der Verwahrer auf die Nutzung des von ihm verwahrten Kapitals beschränkt sein soll und vom Hinterleger keine Vergütung für die Verwahrung verlangen darf. Das Entgelt des Verwahrers, wie es der Gesetzgeber vor Augen hatte, besteht vielmehr darin, dass er nicht die gesamten mit dem verwahrten Kapital erwirtschafteten Erträge an den Hinterleger auskehrt, sondern hiervon einen Teil - das Entgelt - für seine Tätigkeit in Abzug bringt und die mit dem verwahrten Kapital gezogenen Nutzungen nur in einem um das Entgelt verringerten Umfang an den Hinterleger herausgibt (vgl. KG, ZIP 2024, 286, 288). Aus den Regelungen der § 700 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt sich, dass ein Verwahrentgelt keine gesetzlich nicht vorgesehene Gegenleistung des Kunden darstellt (aA Müller-Christmann, WuB 2024, 113, 116).

 

32        (4) Die Regelung des § 675f Abs. 5 Satz 2 BGB, wonach der Zahlungsdienstleister für die Erfüllung von Nebenpflichten aus dem Zahlungsdienstevertrag nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt hat, sofern dies zugelassen und zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer vereinbart worden ist, ändert nichts an der Kontrollfreiheit der angegriffenen Entgeltklausel. Denn die Verwahrung der auf Girokonten verbuchten Guthaben ist nicht als Erfüllung einer Nebenpflicht der im Rahmen des Girovertrags erbrachten Zahlungsdienste anzusehen, sondern, wie ausgeführt, als separate weitere Hauptleistung der im Rahmen des Girovertrags erfolgten unregelmäßigen Verwahrung nach § 700 Abs. 1 BGB (siehe oben, (2)).

 

33        (5) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Aufspaltung des Entgelts für den Girovertrag in eine Kontoführungsgebühr in Höhe von monatlich 10,90 € und in das streitgegenständliche Verwahrentgelt der Kontrollfreiheit der angegriffenen Entgeltklausel nicht entgegensteht.

 

34        Der Klauselverwender ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges grundsätzlich frei und kann seine Leistung entweder zu einem Pauschalpreis anbieten oder den Preis in mehrere Preisbestandteile oder Teilentgelte aufteilen (Senatsurteile vom 14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 30, vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 31, vom 7. Juni 2011 - XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 Rn. 24 f. und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 42; BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - III ZR 278/97, WM 1998, 2432, 2434). Danach unterliegt die Preisvereinbarung auch dann, wenn das für die verschiedenen Hauptleistungen des Girovertrags erhobene Entgelt, wie hier, in zwei Preisbestandteile aufgeteilt ist, weder der Inhaltskontrolle, soweit sie Art und Umfang der Vergütung unmittelbar regelt, noch einer gerichtlichen Angemessenheitsprüfung. Dies folgt daraus, dass die Festlegung der Preise zum Kernbereich der Ausübung privatautonomer Handlungsfreiheiten gehört und daher primär einer Kontrolle durch den Wettbewerb unterliegt. Auch wenn Preisbestimmungen nicht individuell ausgehandelt werden, sondern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sind, kommt eine Preiskontrolle durch die Gerichte nach dem Willen des Gesetzgebers in der Regel nicht in Betracht (vgl. BT-Drucks. 7/3919, S. 22). Die Vertragsparteien sind vielmehr nach dem Grundsatz der Privatautonomie berechtigt, Leistung und Gegenleistung frei zu bestimmen (Senatsurteil vom 9. Mai 2023 - XI ZR 544/21, BGHZ 237, 71 Rn. 43).

 

35        c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt die beanstandete Klausel allerdings gegen das sich gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auch auf das Hauptleistungsversprechen erstreckende (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2022 - IV ZR 185/20, BGHZ 234, 352 Rn. 23) Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

 

36        aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Treu und Glauben, den Regelungsgehalt einer Klausel möglichst klar und überschaubar darzustellen (Senatsurteil vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 Rn. 23). Es dient insbesondere auch dem Schutz vor Klauseln, denen aufgrund ihrer unklaren Formulierung ein Element der Täuschung oder Eignung zur Irreführung des Kunden über seine Rechte oder Pflichten innewohnt. Unrichtige oder irreführende Klauselinhalte sind daher unangemessen, wenn sie den Kunden über die wirkliche Rechtslage zu täuschen vermögen und ihn bei der Wahrnehmung seiner Rechte behindern oder ihm unberechtigte Pflichten abverlangt werden können. Eine Täuschungsabsicht ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 43, vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 Rn. 44 und vom 8. Oktober 2015 - I ZR 136/14, GRUR 2016, 606 Rn. 19; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 84. Aufl., § 307 Rn. 27; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, 13. Aufl., § 307 Rn. 342; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB­Recht, 7. Aufl., § 307 Rn. 267).

 

37        bb) Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht - wie die Revision zutreffend rügt - die in der Klausel enthaltene Formulierung "Vom Kunden zu zahlendes Verwahrentgelt bei Neuanlage/Neuvereinbarung" zu Unrecht als transparent angesehen.

 

38        (1) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Klausel dahin ausgelegt, diese bestimme ein Verwahrentgelt ausschließlich bei neuen Vertragsabschlüssen.

 

39        (a) Nach dem für die objektive Auslegung in erster Linie maßgebenden Wortlaut (Senatsurteil vom 9. Mai 2023 - XI ZR 544/21, BGHZ 237, 71 Rn. 18) unterscheidet die Klausel ausdrücklich zwischen "Neuanlage" und "Neuvereinbarung". Von der Formulierung "Neuvereinbarung" sind nach ihrem objektiven Inhalt neu abgeschlossene Verträge in der Form eines neu abgeschlossenen Girovertrags oder in der Form eines Änderungsvertrags umfasst, durch den das in der Klausel genannte Kontomodell "V.               " neu vereinbart wird. Aus dem Nebeneinanderstellen der Begriffe "Neuanlage" und "Neuvereinbarung" ergibt sich aus der Sicht eines durchschnittlichen, rechtlich nicht gebildeten, verständigen Kunden (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 27), dass einer "Neuanlage" ein anderes Verständnis als einer "Neuvereinbarung" beizumessen ist. Da Neu- und Änderungsverträge als Neuvereinbarungen im Sinne der Klausel anzusehen sind, ist der Begriff "Neuanlage" im vorliegenden Kontext entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung objektiv dahin zu verstehen, dass mit ihm die Einzahlung eines Geldbetrags auf ein bereits bestehendes Girokonto gemeint ist, wodurch der in der Klausel genannte Freibetrag von 10.000 € erstmals überschritten wird. Aus Sicht des maßgebenden durchschnittlichen Kunden fällt das Verwahrentgelt nach der Klausel damit unabhängig davon an, ob der Kunde einen neuen Girovertrag abschließt, er im Wege eines Änderungsvertrags zum Kontomodell "V.             " wechselt oder ob auf seinem bereits bestehenden Girokonto "V.             " ein Guthaben verbucht wird, und das Guthaben jeweils die Freigrenze von 10.000 € überschreitet.

 

40        (b) Die Klausel ist intransparent, weil sie keine Klarstellung dahin enthält, dass für "Neuanlagen", mithin für Guthaben oberhalb von 10.000 € auf bereits bestehenden Girokonten ein Verwahrentgelt nur nach Abschluss einer ausdrücklichen beiderseitigen Vereinbarung erhoben werden darf.

 

41        Weitreichende, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffende Änderungen erfordern nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 27. April 2021 - XI ZR 26/20, BGHZ 229, 344 Rn. 38) einen den Erfordernissen der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügenden Änderungsvertrag. Eine solche weitreichende Änderung liegt mit der Einführung eines Verwahrentgelts für Guthaben auf Girokonten vor, die im Rahmen bestehender Giroverträge geführt werden. Denn soweit bei Abschluss des Girovertrags ein Verwahrentgelt nicht vereinbart und ein solches von der Bank auch nicht ausdrücklich vorbehalten worden ist, würde die Bank zu Lasten des Bankkunden nachträglich eine Vergütung für eine Hauptleistung einführen, was über den Parteiwillen hinausginge, der bei Vertragsschluss vorlag (vgl. Peterek in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bankrecht und Kapitalmarktrecht, 7. Aufl., Rn. 9.123 ff.;MünchKommBGB/Fornasier, 9. Aufl., § 307 Rn. 235; Zahrte in Bunte/Zahrte, AGB-Banken, AGB-Sparkassen, Sonderbedingungen, 6. Aufl., SB Spar III. Rn. 72; Freitag, JZ 2022, 132, 136; ders., ZBB 2018, 269, 277; Omlor, BKR 2018, 109, 110 f.; Tröger, NJW 2015, 657, 659 f.; Radke, Negative Nominalzinsen im Zins- und Bankvertragsrecht, 2019, S. 95 ff.; ders., BKR 2019, 178, 181 f.; Behr, Vertragliche Zulässigkeit negativer Verzinsung im Einlagenbereich, S. 215; aA wohl Suendorf-Bischof, BKR 2019, 279, 282 ff.; Niermann, jM 2018, 230, 232).

 

42        Danach wird dem Kunden durch die in der Klausel enthaltene Formulierung "Neuanlage/Neuvereinbarung" vorgespiegelt, dass die Beklagte auch im Rahmen bestehender Giroverträge ohne ausdrückliche beiderseitige Vereinbarung berechtigt sei, bei Überschreiten des Freibetrags von 10.000 € das in der Klausel genannte Verwahrentgelt zu erheben. Ob die Beklagte mit einzelnen Bestandskunden tatsächlich eine entsprechende Individualvereinbarung getroffen hat, ist im Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz unerheblich.

 

43        (2) Darüber hinaus ist die Entgeltklausel auch deswegen intransparent, weil sie nicht hinreichend genau darüber informiert, auf welches Guthaben sich das Verwahrentgelt von 0,5% p.a. der Höhe nach bezieht.

 

44        (a) Nach dem aus dem Transparenzgebot abgeleiteten Bestimmtheitsgebot muss die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Der Verwender muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Dabei ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (Senatsurteil vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 Rn. 23 mwN; Senatsbeschluss vom 24. April 2018 - XI ZR 335/17, juris).

 

45        (b) (aa) Weder die Formulierung "für die Verwahrung von Einlagen über 10.000 EUR Freibetrag" noch die in der Fußnote 14 enthaltene Formulierung "das auf dem Konto verwahrte Guthaben, das den aktuellen Freibetrag übersteigt" lässt hinreichend erkennen, auf welches Guthaben das Verwahrentgelt von 0,5% p.a. berechnet werden soll. Die auf Girokonten bestehenden Guthaben können sich infolge der Verbuchung von Gutschriften und Belastungen innerhalb eines Tages ändern. Die in der Klausel verwendete Formulierung lässt offen, welcher konkrete Guthabenstand auf den Girokonten für die Berechnung des Verwahrentgelts von 0,5% p.a. maßgebend sein soll. Unklar ist insbesondere, ob die Berechnung des Verwahrentgelts taggenau erfolgen soll und bis zu welchem Zeitpunkt Tagesumsätze auf den Girokonten bei der Berechnung des maßgebenden Guthabensaldos berücksichtigt werden sollen. Ohne eine entsprechende Klarstellung in der Klausel sind für Kunden die mit dem Verwahrentgelt verbundenen finanziellen Belastungen der Höhe nach weder vorhersehbar noch überprüfbar.

 

46        (bb) Die in der "Zusatzvereinbarung zu sämtlichen bei der Volksbank                 eG geführten Kontokorrentkonten und Einlagenkonten" (Anlage B2) enthaltenen Informationen zur Ermittlung des Guthabenbetrags können bei der Auslegung der Entgeltklausel nicht herangezogen werden.

 

47        Bei der Auslegung einer Klausel muss zwar auch der Inhalt anderer, mit der beanstandeten Klausel zu einer Einheit verbundenen Formularbedingungen und ihr Zusammenwirken berücksichtigt werden (Senatsurteile vom 15. Oktober 1991 - XI ZR 192/90, BGHZ 116, 1, 4 f. und vom 5. November 1991 - XI ZR 246/90, WM 1991, 2055). Bestimmungen, die in gesonderten Urkunden niedergelegt sind und auf die die beanstandete Formularklausel nicht Bezug nimmt, sind aber grundsätzlich nicht zur Auslegung dieser Klausel heranzuziehen (BGH, Urteil vom 10. Juni 2020 - VIII ZR 289/19, WM 2020, 1840 Rn. 36). So liegen die Dinge hier. Die Entgeltklausel enthält keinerlei Hinweis auf die vorgenannte von der Beklagten als Anlage B2 vorgelegte Zusatzvereinbarung. Der Kunde ist nicht gehalten, verschiedene Klauselwerke der Beklagten zu durchforsten, um in Erfahrung zu bringen, wie das mit der Klausel geltend gemachte Verwahrentgelt der Höhe nach im Einzelnen berechnet werden soll.

 

48        d) Ein Verwenden der Klausel im Sinne des § 1 Abs. 1 UKlaG und die erforderliche Wiederholungsgefahr haben die Vorinstanzen mit Bindungswirkung (§ 314 ZPO) festgestellt. Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.

 

49        2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag zu 2.a) zurückgewiesen, der auf Rückzahlung geleisteter Verwahrentgelte an "alle Kunden, die Verbraucher sind", gerichtet ist. Die Klage ist insoweit unzulässig, weil es an der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit des Klageantrags fehlt. Der Kläger individualisiert mit seinem Antrag die Kunden der Beklagten nicht, an die die Rückzahlung erfolgen soll. Außerdem wird in dem Antrag nicht der Betrag beziffert, der von der Beklagten an die Kunden jeweils zurückgezahlt werden soll. Wie der Bundesgerichtshof zu einem vergleichbaren Klageantrag entschieden und eingehend begründet hat, ist ein solcher Klageantrag nicht hinreichend bestimmt (BGH, Urteil vom 11. September 2024 - I ZR 168/23, WM 2024, 1822 Rn. 12 ff.).

 

50        3. Keinen Erfolg hat die Revision auch insoweit, als sie den Klageantrag zu 2.b) weiterverfolgt, mit dem der Kläger Auskunft über die Kunden der Beklagten begehrt, die Verbraucher sind und denen gegenüber die Beklagte ein Verwahrentgelt aufgrund der unwirksamen Entgeltklausel erhoben hat. Dem Kläger steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu.

 

51        Zwar ist zur Vorbereitung und Durchsetzung eines Beseitigungsanspruchs ein Anspruch auf Auskunftserteilung über den Umfang der Verletzungshandlungen zuzubilligen, wenn andernfalls die zu einer Beseitigung der fortwirkenden Störung erforderlichen Maßnahmen praktisch nicht verwirklicht werden können. Voraussetzung für das Bestehen eines (unselbständigen) Auskunftsanspruchs aus § 242 BGB ist aber, dass der Hauptanspruch, der mit der Auskunftserteilung vorbereitet und durchgesetzt werden soll, grundsätzlich besteht (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2024 - I ZR 168/23, WM 2024, 1822 Rn. 20 mwN; vgl. auch BGH, Urteile vom 18. Februar 1972 - I ZR 82/70, BB 1972, 376, 377, vom 24. März 1994 - I ZR 42/93, BGHZ 125, 322, 330 und vom 6. März 2001 - KZR 32/98, GRUR 2001, 849, 851). Das ist hier nicht der Fall.

 

52        Der mit dem Klageantrag zu 2.b) geltend gemachte Auskunftsanspruch dient nach dem Vorbringen des Klägers der Überwachung der Erfüllung der mit dem Klageantrag zu 2.a) geltend gemachten Rückzahlungsansprüche. Er ist insoweit als Hilfsanspruch anzusehen und setzt somit das Bestehen der Rückzahlungsansprüche als Hauptansprüche voraus. Wie der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 11. September 2024 - I ZR 168/23, WM 2024, 1822 Rn. 22 ff.) für eine unwirksame klauselmäßig erhobene "Payout Fee" bereits entschieden und eingehend begründet hat, steht einem klagenden qualifizierten Verbraucherverband im Rahmen eines Klageverfahrens nach dem Unterlassungsklagengesetz allerdings kein Beseitigungsanspruch auf Rückzahlung rechtsgrundlos vereinnahmter Entgelte an die betroffenen Verbraucher gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB zu. Das gilt auch für die vorliegend rechtsgrundlos von der Beklagten vereinnahmten Verwahrentgelte. Ein solcher Anspruch steht mit der Systematik des kollektiven Rechtsschutzes nach dem geltenden Recht nicht im Einklang (BGH, aaO Rn. 33 ff.).

 

53        4. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten findet seine Rechtsgrundlage in § 5 UKlaG i.V.m. § 13 Abs. 1 und 3 UWG und steht der Höhe nach außer Streit. Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus § 291 BGB.         III.

 

54        Das Berufungsurteil ist mithin auf die Revision des Klägers teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Insoweit erweist es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, sondern die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

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