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Wirtschaftsrecht
30.08.2012
Wirtschaftsrecht
BGH: Unwirksamkeit von Klausel in Lebens- und Rentenversicherungsverträgen

BGH, Urteil vom 25.7.2012 - IV ZR 201/10


Leitsätze


1. Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapitallebens-versicherung und die aufgeschobene Rentenversicherung, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des so genannten Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, stellen eine unange-messene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar und sind daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Entsprechendes gilt für eine in-haltlich vergleichbare Regelung in der fondsgebundenen Rentenversicherung.


2. Klauseln, die nicht hinreichend deutlich zwischen dem Rückkaufswert gemäß § 176 Abs. 3 VVG a.F. und dem so genannten Stornoabzug in § 176 Abs. 4 VVG a.F. differenzieren, sind wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.


3. Eine Regelung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapitallebens-versicherung, die aufgeschobene Rentenversicherung und die fondsgebundene Rentenversicherung, die vorsieht, dass nach allen Abzügen verbleibende Beträge unter 10 € nicht erstattet werden, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers unwirksam.


BGB § 307 Bk, Cj, Cl; VVG a.F. §§ 174, 176


Sachverhalt


Der Kläger ist ein in der Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG geführter gemeinnütziger Verbraucherschutzverein. Die Be-klagte ist eine deutsche Versicherungsgesellschaft. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit bestimmter Klauseln in den von der Beklagten je-denfalls zeitweise im Zeitraum 2001 bis 2006 verwendeten "Allgemeinen Bedingungen für die Kapital-Lebensversicherung" (AVB-KLV), "Allgemei-nen Bedingungen für die aufgeschobene Rentenversicherung" (AVB-PRV) und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die fondsge-bundene Rentenversicherung (AVB-F-PRV).


In diesen Bedingungen finden sich unter anderem die im Tenor wiedergegebenen Klauseln zur Kündigung und Umwandlung des Vertra-ges in eine prämienfreie Versicherung, zur Berechnung des Rückkaufs-wertes, zum sogenannten Stornoabzug und zur Abschlusskostenver-rechnung. Den Versicherungsscheinen für die Kapital-Lebensversiche-rung und die aufgeschobene Rentenversicherung liegen Garantiewertta-bellen an, in denen für jedes Versicherungsjahr ein "garantierter Rück-kaufswert" und eine "garantierte beitragsfreie Versicherungssumme" bzw. "garantierte beitragsfreie monatliche Altersrente" aufgeführt sind. Die Werte geben den endgültigen Auszahlungsbetrag an den Versiche-rungsnehmer nach Vornahme des Stornoabzugs wieder. In Ziff. 8.1.2 Abs. 5 Satz 4, Ziff. 13 Abs. 4 Satz 2 AVB-F-PRV verweist die Beklagte wegen näherer Informationen zum Rückkaufswert und zur Deckungs-rückstellung für eine prämienfreie Weiterführung auf eine den Versiche-rungsscheinen beigefügte unverbindliche Modellrechnung.


Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung der angegriffenen Klauseln sowohl beim Abschluss neuer Versiche-rungsverträge als auch bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträ-ge in Anspruch. Er hält sie unter Bezugnahme auf die Senatsurteile vom 9. Mai 2001 (IV ZR 121/00 und IV ZR 138/99) und 12. Oktober 2005 (IV ZR 162/03 und IV ZR 177/03) sowie den Beschluss des Bundesver-fassungsgerichts vom 15. Februar 2006 (1 BvR 1317/96) sowohl wegen fehlender Transparenz als auch wegen inhaltlicher Unangemessenheit für unwirksam. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. September 2007 ver-langte er von der Beklagten wegen eines Teils der streitbefangenen Bestimmungen erfolglos die Abgabe einer strafbewehrten Unterlas-sungsverpflichtung sowie die Erstattung der ihm entstandenen Rechts-anwaltskosten.


Das Landgericht hat der Klage bezüglich der angegriffenen Klau-seln für Kapital-Lebensversicherungen in vollem Umfang, für aufgescho-bene Rentenversicherungen überwiegend sowie für fondsgebundene Rentenversicherungen teilweise stattgegeben und das weitere Unterlas-sungsbegehren des Klägers, das gegen Allgemeine Bedingungen für fondsgebundene Lebensversicherungen gerichtet war und mit seinen Rechtsmitteln nicht weiter verfolgt wird, für unbegründet erachtet. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht weitere Bedingungen der fondsgebundenen Rentenversicherung für unwirksam erklärt und die Be-klagte zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten verurteilt. Unter Zurück-weisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten hat es die Klage hinsichtlich der Untersagung der Klauselverwendung bei Neuab-schlüssen ab 1. Januar 2008 abgewiesen. Die Parteien verfolgen mit ihren Revisionen die von ihnen zuletzt im Berufungsverfahren gestellten Anträge im Wesentlichen weiter.


Aus den Gründen


5          Die Revision des Klägers hat Erfolg, diejenige der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. Soweit die Revisionen Erfolg haben ist das Berufungsurteil aufzuheben und das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern.


6          I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann sich die Beklagte bei der Abwicklung bestehender Versicherungsverträge im Wesentlichen nicht auf die vom Kläger angegriffenen Klauseln berufen, da diese wegen Intransparenz i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam seien. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer werde bei der Kapitallebens-versicherung die Berechnung des korrekten Rückkaufswerts bzw. der prämienfreien Versicherungssumme vorenthalten. Weder die Bedingun-gen noch die Garantiewerttabellen differenzierten zwischen dem nach den anerkannten versicherungsmathematischen Methoden zu ermitteln-den Zeitwert und dem sich nach Vornahme eines Stornoabzugs erge-benden Auszahlungsbetrag. Der Versicherungsnehmer könne sich von der Höhe des Stornoabzugs kein Bild machen und entgegen § 309 Nr. 12a BGB nicht erkennen, dass die Beklagte zunächst die Angemes-senheit des vorgesehenen Abzugs darzulegen habe. Die undifferenzierte Warnung vor mit einer Vertragsbeendigung bzw. -umwandlung verbun-denen Nachteilen vermittle ihm nicht, dass eine frühzeitige Kündigung wirtschaftlich sinnvoll sein könne. Die Regelungen zu den Abschlusskos-ten zeigten die Dauer der aus der Verrechnung resultierenden Nachteile und die Zusammensetzung der Kosten nicht in nachvollziehbarer Weise auf. Der Vorbehalt der Beklagten, Rückkaufswerte von weniger als 10 € nicht auszuzahlen, benachteilige den Versicherungsnehmer unangemes-sen. Die entsprechenden Regelungen für die Rentenversicherung und die fondsgebundene Rentenversicherung seien ebenfalls unwirksam.


7          Hinsichtlich des Abschlusses von Neuverträgen nach dem 1. Janu-ar 2008 sei die Berufung der Beklagten dagegen begründet, da die für das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs notwendige Wiederho-lungsgefahr nicht vorliege. Das zu diesem Tag in Kraft getretene neue Versicherungsvertragsgesetz enthalte strikte Regelungen zum Stornoab-zug sowie zu den Abschluss- und Vertriebskosten, die zum Teil deutlich von den angegriffenen Bedingungen der Beklagten abwichen und selbst eine "kerngleiche" Weiterverwendung ausschlössen. Es liege auf der Hand, dass sich rational verhaltende Versicherungsunternehmen ihre Bedingungen der neuen gesetzlichen Regelung anpassten.


8          II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Umfang der erfolgten Verurteilung der Beklagten im Wesentlichen stand, so dass die Revision der Beklagten weitgehend erfolglos bleibt. Lediglich bezüglich Ziff. 11 Abs. 1 Satz 1 AVB-KLV, Ziff. 10 Abs. 1 Satz 1 AVB-PRV, Ziff. 13 Abs. 1 Satz 1 AVB-F-PRV und Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 AVB-F-PRV besteht die von dem Berufungsgericht angenommene Unterlassungs-pflicht nicht. Die Revision des Klägers hat dagegen Erfolg. Die Beklagte darf die beanstandeten Klauseln auch beim Neuabschluss von Verträgen nicht verwenden.


9          1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage ungeach-tet der vereinzelten Modifikationen des Klauselwortlauts im Klageantrag zulässig i.S. der §§ 8 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG, 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zuläs-siger Streitgegenstand einer Verbandsklage nach §§ 1, 3 UKlaG ist jede inhaltlich selbständige Klausel bzw. jeder inhaltlich selbständige Klausel-teil in der vom Anspruchsgegner konkret verwendeten Fassung zusam-men mit dem dazugehörigen Lebenssachverhalt (vgl. BGH, Urteile vom 10. März 1993 - VIII ZR 85/92, NJW 1993, 2052 f.; vom 15. Februar 1995 VIII ZR 93/94, NJW 1995, 1488, 1489; Lindacher in Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht 5. Aufl. § 1 UKlaG Rn. 5). Der Wortlaut der bean-standeten Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG im Klageantrag angegeben werden, ande-renfalls ist die Klage unzulässig (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG 30. Aufl. § 8 UKlaG Rn. 1; Witt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht 11. Aufl. § 8 UKlaG Rn. 3).


10        a) Der Zulässigkeit steht hier nicht entgegen, dass Teile des Wort-lauts von Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2, Ziff. 8.1.5 Abs. 1 Satz 2 AVB-KLV so-wie Ziff. 7.1.2 Abs. 1 Satz 2, Ziff. 7.1.8 Abs. 1 Satz 2 AVB-PRV im Kla-geantrag durch den Platzhalter "..." ersetzt wurden. Der Kläger gibt den Text der jeweiligen Gesamtbestimmung sprachlich verkürzt wieder, ohne ihren Sinngehalt zu verändern. Die ersetzten Abschnitte können von den verbleibenden Bedingungen sprachlich und inhaltlich getrennt werden. Letztere sind weiterhin einzeln aus sich heraus verständlich. Hierin un-terscheidet sich der Sachverhalt von dem des Urteils des Bundesge-richtshofs vom 15. Februar 1995 (aaO). Auch hat der Kläger, entgegen der Auffassung der Beklagten, ausreichend deutlich gemacht, allein die nicht ersetzten Klauselteile zur gerichtlichen Überprüfung stellen zu wol-len. Kleine Unrichtigkeiten bei der Wiedergabe des Klauselwortlauts können im Übrigen im Urteilstenor i.S. des § 9 Nr. 1 UKlaG korrigiert werden; für § 8 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG sind sie unerheblich.


11        b) Dies gilt entsprechend für die vom Ursprungstext abweichende Einklammerung einzelner Gliederungsziffern, Überschriften und Sätze, insbesondere in Ziff. 8.1.2 Abs. 1 AVB-KLV, Ziff. 7.1.2 Abs. 1, Ziff. 7.3.1 Abs. 1 AVB-PRV, Ziff. 8.1.2 Abs. 1, Ziff. 8.2.1 Abs. 1 AVB-F-PRV. Hier-durch unterbreitet der Kläger dem Gericht keine von der Beklagten nicht verwendete Fassung ihrer Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Er will lediglich verdeutlichen, in welchem Umfang er die fraglichen Best-immungen mit der Klage angreift, und mit der Aufnahme weitergehender Textteile Lesbarkeit und Verständlichkeit des Antrags erleichtern.


12        c) Die Beschränkung der Klage auf einige Absätze, Sätze und Teilsätze der Bedingungen grenzt den Streitgegenstand in zulässiger Weise ein. Darauf, ob die nicht angegriffenen Bestimmungen und durch Platzhalter ersetzten Passagen ohne die beanstandeten Regelungen Be-stand haben können oder aber mit den angegriffenen Klauselteilen un-trennbar verknüpft sind bzw. hierauf aufbauen, kommt es allenfalls für die Begründetheit der Klage an (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1981 VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178, 179). Ebenso verhält es sich bezüglich der in den Risikobereich des Verwenders fallenden Frage, ob im Falle der Teilunwirksamkeit einer Klausel der verbleibende, für sich alleine ge-sehen rechtlich zulässige Rest einen vom Verwender ersichtlich gewoll-ten Regelungsgehalt aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1984 - III ZR 63/83, NJW 1984, 2816, 2817 m.w.N.).


13        2. Mit Ausnahme der die Verwendung der Klauseln in Ziff. 11 Abs. 1 Satz 1 AVB-KLV, Ziff. 10 Abs. 1 Satz 1 AVB-PRV, Ziff. 13 Abs. 1 Satz 1 AVB-F-PRV und Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 AVB-F-PRV betreffenden Verurteilung hat das Berufungsgericht die Beklagte im Ergebnis zu Recht gemäß § 1 UKlaG verurteilt, die Verwendung der streit-befangenen Klauseln ihrer Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu unterlassen.


14        Hierbei kann die von den Vorinstanzen erörterte Frage, ob und in-wieweit die angegriffenen Bestimmungen gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen, weitestgehend dahinstehen. Die Regelungen zur Kostenverrechnung mittels der so genannten "Zillme-rung" in Ziff. 11 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-KLV, Ziff. 10 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-PRV und Ziff. 13 Abs. 2, Abs. 3 AVB-F-PRV sind bereits wegen unange-messener Benachteiligung des Versicherungsnehmers gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1 BGB materiell unwirksam (unter 3.; vgl. Rö-mer in Römer/Langheid, VVG 3. Aufl. § 169 Rn. 59; Seiffert, r+s 2010, 177, 180 f.; ders. Neuere Entscheidungen des IV. Zivilsenats des Bun-desgerichtshofs zur Lebensversicherung und Anmerkungen zu "Nichtent-scheidungen" in: Homburger Tage 2009, 27, 38 f.; Fiederling, Das Ver-fahren der Zillmerung in der Kapitallebensversicherung (Diss.) 2010 S. 200-202 zu § 308 Nr. 7.b) BGB; Gatschke, VuR 2007, 447, 448; Schünemann, VersR 2009, 442, 446; Schwintowski, Informationspflichten in der Lebensversicherung, VersWissStud Bd. 2 1995, 11, 33; anders dagegen in NVersZ 2001, 337, 339; wohl ebenso Brömmelmeyer in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 42 Rn. 154; entsprechend zu § 10 Nr. 7 AGBG: Staudinger/Coester-Waltjen, 13. Bearb. 1998 § 10 Nr. 7 AGBG Rn. 14; Horn in Wolf/Horn/ Lindacher, AGBG 1984 § 23 Rn. 505; Hansen, VersR 1988, 1110, 1117; a.A. Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. Vorbem. I Rn. 94 zu § 308 Nr. 7.b) BGB; Bauer, BB 1978, 476, 479; Jacob, VersR 2011, 325, 326 f.; anders dagegen in zfs 2009, 483, 486; Anm. Präve, VersR 2001, 846, 848; zur Übertragbarkeit der Senatsurteile vom 12. Oktober 2005 und des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 2006 (NJW 2006, 1783 ff.) auf Verträge mit transparenten Allgemeinen Versi-cherungsbedingungen und auf Allgemeine Versicherungsbedingungen aus der Zeit nach 1994: Krause in Looschelders/Pohlmann, VVG 2010 § 169 Rn. 40 f.; PK-Ortmann, 2. Aufl. § 169 Rn. 35, 43; Reiff in Prölss/ Martin, VVG 28. Aufl. § 169 Rn. 51 ff.; Anm. Grote, VersR 2006, 957, 958-960; Herrmann, VersR 2009, 7, 9). Ihre Unwirksamkeit erstreckt sich auf weitere Teile der angegriffenen Klauselwerke (unter 4.). Die Rege-lungen zur Ermittlung von Rückkaufswerten und prämienfreien Versiche-rungssummen sowie zum Stornoabzug sind darüber hinaus in mehrfa-cher Hinsicht intransparent gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (unter 5.). Wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 12.a) BGB ist die Verwendung der Klausel über den Nachweis eines nicht oder nur in geringerer Höhe vor-zunehmenden Stornoabzugs zu untersagen (unter 6.). Die Regelungen, mit denen sich die Beklagte den Einbehalt von Kleinbeträgen von weni-ger als 10 € vorbehält (10 €-Klausel), sind unwirksam gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 BGB (unter 7.). Rechtlich nicht zu beanstan-den sind demgegenüber die jeweils keinen kontrollfähigen Regelungsge-halt aufweisenden Ziff. 11 Abs. 1 Satz 1 AVB-KLV, Ziff. 10 Abs. 1 Satz 1 AVB-PRV, Ziff. 13 Abs. 1 Satz 1 AVB-F-PRV sowie Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 AVB-F-PRV (unter 8.). Die grundsätzlich zu vermuten-de Wiederholungsgefahr liegt vor (unter 9.).


15        3. Die Kostenverrechnungsklauseln der Ziff. 11 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-KLV, Ziff. 10 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-PRV, Ziff. 13 Abs. 2, Abs. 3 AVB-F-PRV sind gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1 BGB unwirk-sam.


16        a) Sie beinhalten kontrollfähige (Prämien-)Nebenabreden außer-halb des Anwendungsbereichs des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16; vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 25 f.). Die Bedin-gungen unterliegen daher der AGB-Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB (vgl. Terno, r+s 2004, 45, 46; ders., Gerichtliche Kontrolle Allgemeiner Versi-cherungsbedingungen in: Homburger Tage 2002, 43, 45; Benkel/Hirsch-berg, ALB- und BUZ-Kommentar 2. Aufl. 2011 Einl. F Rn. 2; Fiederling, Das Verfahren der Zillmerung in der Kapitallebensversicherung (Diss.) 2010 S. 152; Gärtner, Der Prämienzahlungsverzug 2. Aufl. S. 33).


17        Entgegen der Auffassung der Beklagten steht die Gesetzgebungs-geschichte des § 169 VVG n.F. einer umfassenden Kontrolle der Klau-seln auf ihre materiell-rechtliche Wirksamkeit nicht entgegen. Art. 4 Abs. 2 EGVVG unterbindet eine solche umfassende gerichtliche Kontrol-le nicht (a.A. Jacob, VersR 2011, 325, 326 f.). Zwar hat der Gesetzgeber eine rückwirkende Anwendung des § 169 VVG n.F. auf Altverträge ent-gegen der ursprünglichen Entwurfsfassung nicht vorgenommen und zur Begründung ausgeführt, es solle für Altverträge bei der Anwendung des bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechts in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung bleiben (BT-Drucks. 16/5862 S. 100 f.; zur Gesetzgebungsgeschichte Jacob aaO; Seiffert, r+s 2010, 177, 180 f.). Diese fehlende ausdrückliche Anordnung der Rückwirkung des neuen Rechts hat aber keinen Einfluss auf die von der Rechtsprechung vorzu-nehmende Kontrolle der materiell-rechtlichen Wirksamkeit Allgemeiner Versicherungsbedingungen. Insbesondere kann sie weder verfassungs-rechtlich begründete Bedenken gegen die nachteilige Beeinflussung der Rückkaufswerte und prämienfreien Versicherungssummen durch die Abschlusskostenverrechnung ausschließen noch diese Auswirkungen legi-timieren. Bei Klauseln, die zunächst geraume Zeit unbeanstandet geblie-ben sind, trägt der Versicherer, nicht der Versicherungsnehmer, das Ri-siko einer von Anfang an bestehenden Unwirksamkeit (Benkel/Hirsch-berg aaO Einl. F Rn. 29 m.w.N.).


18        b) Die in Ziff. 11 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-KLV geregelte Abschluss-kostenverrechnung führt zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Versicherungsnehmers mit den Abschlusskosten gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (zu Ziff. 10 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-PRV, Ziff. 13 Abs. 2, Abs. 3 AVB-F-PRV unter 3. d)). Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen im Zweifel wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, wenn sie wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränken, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfasst nicht jede Leistungsbegrenzung. Unzulässig ist die Begrenzung erst dann, wenn sie den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (Senatsurteile vom 19. Mai 2004 - IV ZR 29/03, VersR 2004, 1035, 1036; vom 21. Juli 2011 IV ZR 42/10, r+s 2011, 467 Rn. 26; Senatsbeschluss vom 11. Februar 2009 - IV ZR 28/08, VersR 2009, 533 Rn. 21).


19        aa) In Ziff. 11 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-KLV vereinbart die Beklagte die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem sogenannten Zillmerver-fahren (Zillmerung). Zur Kostentilgung werden die ersten Prämien des Versicherungsnehmers herangezogen, soweit sie nicht für Leistungen im Versicherungsfall und für Kosten des Versicherungsbetriebs in der jewei-ligen Versicherungsperiode bestimmt sind. Über dem gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 DeckRV maximalen Zillmersatz von 4% der Gesamtbeitragssumme liegende Abschlusskostenanteile werden kontinuierlich über die Ver-tragslaufzeit verteilt (MünchKomm-VVG/Mönnich, § 169 VVG Rn. 31; Benkel/Hirschberg aaO § 10 ALB 2006 Rn. 17; Schwintowski, NVersZ 2001, 337, 338).


20        Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Berufungsgericht dessen Auslegung der über seinen Bezirk hinaus bundesweit Verwen-dung findenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unter-liegt (vgl. BGH, Urteile vom 23. Juni 2004 - VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586 m.w.N.; vom 22. September 2004 - VIII ZR 360/03, NJW 2004, 3775) zutreffend davon ausgegangen, dass diese Abrede nicht allein bilanziellen Zwecken dient, sondern die Zillmerung sich unmittelbar nachteilig auf die dem Versicherungsnehmer im Fall vorzeitiger Ver-tragsbeendigung bzw. -umwandlung zustehenden Rückkaufswerte und prämienfreien Versicherungssummen auswirkt (vgl. Senatsurteile vom 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 362-365; IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 378-380; vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315 f., 318; IV ZR 177/03, veröffentlicht in juris Rn. 44 f., 52; BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2006 1 BvR 1317/96, zitiert nach juris Rn. 42, insoweit in NJW 2006, 1783 ff. nicht veröffentlicht, Rn. 64 f.; Benkel/Hirschberg, aaO § 10 ALB 2006 Rn. 11, 26; Schünemann, VersR 2005, 323; ders. VuR 2002, 85, 86; vgl. ferner BK/Schwintowski, § 176 VVG Rn. 16 f.; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 176 Rn. 8; Brömmelmeyer, VuR 1999, 320, 322; Fiederling, Das Verfahren der Zill-merung in der Kapitallebensversicherung (Diss.) 2010 S. 117 f., 129; Löbbert, VersR 2001, 583, 585, 586 f.; Schwintowski, Informationspflich-ten in der Lebensversicherung, VersWissStud Bd. 2 1995 11, 33; a.A. MünchKomm-VVG/Mönnich aaO Rn. 30 f.; Bergmann, VersR 2004, 549, 551, 554, 557; Engeländer, NVersZ 2002, 436, 441, 445 f.; ders., Anm. VersR 2003, 1159 ff.; ders. VersR 2005, 1031, 1032, 1034; Fai-gle/Engeländer, VW 2001, 1570, 1571; Löbbert, VersR 2001, 583, 585, 586 f.).


21        Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung des Senats nach dem Verständnis eines durchschnittli-chen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. 22         Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (Senatsurteile vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.; vom 19. Mai 2004 IV ZR 29/03 aaO 1035 f.; vom 21. Juli 2011 IV ZR 42/10 aaO Rn. 12, je-weils m.w.N.; vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2009 aaO Rn. 9; vom 24. Juni 2009 - IV ZR 110/07, VersR 2009, 1617 Rn. 7). Die Allge-meinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretie-ren (Senatsurteil vom 15. Dezember 2010 - IV ZR 24/10, VersR 2011, 202 Rn. 10 m.w.N.; Brömmelmeyer in HK-VVG, 2. Aufl. Einleitung Rn. 68). In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen. Der mit ihr verfolgte Zweck und der erkennbare Sinnzusammenhang sind zusätz-lich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkenn-bar sind (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2011 - IV ZR 137/10, VersR 2011, 518 Rn. 16 f.; Beckmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, Ver-sicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. 2009 § 10 Rn. 168 f.; Brömmelmeyer aaO Rn. 66 m.w.N.).


Nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsneh-mers, die notwendige Transparenz der AVB-KLV insoweit unterstellt, warnt die Beklagte in der der Zillmerabrede unmittelbar nachfolgenden Ziff. 11 Abs. 3 AVB-KLV ausdrücklich vor deren "wirtschaftlicher Folge" und verweist für die Rückkaufswerte und prämienfreien Versicherungs-summen auf die Garantiewerttabelle. Deren für die Anfangsjahre ausge-wiesene Nullwerte spiegeln aus der Sicht des Versicherungsnehmers diese "wirtschaftliche Folge" wider. Entsprechend verhält es sich bezüg-lich der Hinweise in Ziff. 8.1.5, 8.2.3 AVB-KLV. Der Wortlaut der Klauseln bietet daher jeweils keine Grundlage für die Behauptung der Beklagten, die Zillmerung betreffe ausschließlich die nach den Vorschriften des Handelsrechts erfolgende und keiner vertraglichen Vereinbarung bedür-fende Bilanzierung. Darüber hinaus hat die Beklagte in ihrer Klageerwi-derung zunächst selbst unstreitig gestellt, dass die Zillmerung in den ers-ten Versicherungsjahren zu sich auf Null belaufenden Rückkaufswerten bzw. beitragsfreien Versicherungssummen führe, worauf der Versiche-rungsnehmer in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ebenso hingewiesen werde wie darauf, dass die Werte in den Folgejahren nur langsam anstiegen. Sie bietet keine Erklärung, auf welche andere Weise sie die ihrer Auffassung nach zwischen den Parteien abschließend ver-einbarten Beträge der Garantiewerttabellen berechnet haben will, wenn nicht unter Anwendung eines die Abschlusskosten negativ berücksichti-genden Verrechnungsverfahrens.


23        bb) Durch die mit der Zillmerung verbundenen Nachteile wird das Recht des Versicherungsnehmers auf die Versicherungssumme unzuläs-sig beeinträchtigt. Die Kapital-Lebensversicherung dient nicht lediglich der Absicherung des Todesfallrisikos, sondern mindestens gleichran-gig der Kapitalanlage und Vermögensbildung (vgl. Senatsurteile vom 9. Mai 2001 IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 362; IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 378; vom 12. Oktober 2005 IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 322; BVerfG NJW 2006, 1783 Rn. 65). Für die zahlenmäßig große Grup-pe von Versicherungsnehmern, die von der beabsichtigten langfristigen Vertragsfortführung vorzeitig absehen müssen, wird dieser Vertrags-zweck aufgrund der ihnen auferlegten Abschlusskosten je nach Beendi-gungszeitpunkt unverhältnismäßig belastet oder vereitelt. Die Ansprüche aus § 176 Abs. 1 VVG a.F. auf Auszahlung des Rückkaufswerts und aus § 174 Abs. 1 VVG a.F. auf Fortführung des Vertrages als prämienfreie Versicherung bzw., bei Nichterreichen eines vereinbarten Mindestbe-trags, ebenfalls auf Auszahlung eines Rückkaufswerts sind gemäß § 178 Abs. 2 VVG a.F. einseitig unabdingbar. Das Recht auf den Rückkaufs-wert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versiche-rungssumme (Senatsurteile vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99, VersR 2000, 709, 710 m.w.N.; vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02, VersR 2003, 1021, 1022; vom 8. Juni 2005 IV ZR 30/04, VersR 2005, 1134, 1135).


24        (1) Der Senat hat Vereinbarungen des Zillmerverfahrens in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers bislang nicht als materiell unzulässig beanstandet, sondern nur wegen Verstoßes ge-gen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, für unwirksam er-klärt, weil nicht in der erforderlichen Weise auf die wirtschaftlichen Fol-gen einer Kündigung in den ersten Vertragsjahren hingewiesen worden war (Senatsurteile vom 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 361 ff.; IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 377 ff.; vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315 f.; IV ZR 177/03, veröffentlicht in juris Rn. 44 f.). Bei einem bis zum vorgesehenen Ende durchgeführten Ren-tenversicherungsvertrag hat er die durchgeführte Zillmerung nicht bean-standet (vgl. Senatsurteil vom 24. Oktober 2007 IV ZR 209/03, VersR 2008, 244 Rn. 7 f.).


25        (2) Dies konnte dahin verstanden werden, dass entsprechende Regelungen, die die mit der Verrechnung einhergehenden Nachteile in hinreichend klarer und verständlicher Form unter Hinzuziehung erläu-ternder Tabellen und Hinweise herausstellen, materiell nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1 BGB zu beanstanden sein würden. Demge-genüber folgt aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 2006 (1 BvR 1317/96, NJW 2006, 1783 ff.), dass es auch materiell nicht hinzunehmen ist, dass wegen der Verrechnung von Ab-schlusskosten mit der Prämie in den ersten Jahren ein Rückkaufswert nicht vorhanden oder nur sehr niedrig ist. Zusammengefasst gilt Folgen-des:


26        Die Bildung von Vermögenswerten - Ablaufleistung, Rückkaufswert und prämienfreie Versicherungssumme - gehört vom Zeitpunkt des Ab-schlusses einer kapitalbildenden Lebensversicherung an zu den Zielen des Vertrages. Der vertragsrechtlich begründete Anspruch des Versiche-rungsnehmers auf spätere Teilhabe hieran untersteht dem zeitgleich be-ginnenden verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG. Das Vertragsziel der Vermögensbildung darf auch im Falle vorzeitiger Ver-tragsbeendigung nicht vereitelt werden. Eine Vereitelung ist anzuneh-men, wenn aufgrund einer - verfassungsrechtlich an sich unbedenkli-chen - Verrechnung der Prämien des Versicherungsnehmers mit den Ab-schlusskosten des Versicherers in den ersten Jahren der Rückkaufswert unverhältnismäßig niedrig ist oder sogar Null beträgt. Eine zulässige Ab-schlusskostenverrechnung setzt einen gerechten Ausgleich der Interes-sen aller Beteiligten voraus. Hierbei dürfen die Abschlusskosten Neuver-sicherungsnehmern nicht überproportional aufgebürdet werden und müs-sen die vom Versicherungsnehmer zu tragenden Kosten im Falle der Zill-merung zu den vom Versicherer erbrachten Leistungen auch mit Blick auf eine mögliche vorzeitige Beendigung des Vertrages und damit die Verkürzung seiner Laufzeit in einem angemessenen Verhältnis stehen (BVerfG aaO Rn. 59, 61 f., 65). Aus Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG resultie-ren objektiv-rechtliche Schutzpflichten des Gesetzgebers. Sie erfordern Vorkehrungen dafür, dass die Versicherungsnehmer einer kapitalbilden-den Lebensversicherung erkennen können, in welcher Höhe Abschluss-kosten mit der Prämie verrechnet werden dürfen, und dass sie bei einer vorzeitigen Beendigung des Lebensversicherungsverhältnisses eine Rückvergütung erhalten, deren Wert auch unter Berücksichtigung in Rechnung gestellter Abschlusskosten sowie des Risiko- und Verwal-tungskostenanteils in einem angemessenen Verhältnis zu den bis zu die-sem Zeitpunkt gezahlten Versicherungsprämien steht. Das nach bisheri-gem Recht bestehende Schutzdefizit wurde durch die in den Senatsurtei-len vom 12. Oktober 2005 entwickelte Lösung zum Mindestrückkaufswert (IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 318 ff.; IV ZR 177/03, veröffentlicht in ju-ris Rn. 52 ff.) in verfassungskonformer Weise bis zu einer dem Gesetz-geber obliegenden neuen Regelung behoben; damit hat der Senat Gren-zen der Verrechnung der Abschlusskosten bei vorzeitiger Vertragsauflö-sung festgelegt und die vertragsrechtliche Lage zugunsten der vermö-gensrechtlichen Ansprüche von Versicherungsnehmern maßgeblich ver-ändert (BVerfG aaO Rn. 58, 71, 75).


27        (3) Die insbesondere mit dem Schutzauftrag des Gesetzgebers aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG begründete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt keinen Zweifel daran, dass eine Me-thode der Abschlusskostenverrechnung, die dazu führt, dass dem Versi-cherungsnehmer kein oder nur ein unverhältnismäßig niedriger Rück-kaufswert zusteht, unwirksam ist, ohne dass es entscheidend darauf an-kommt, ob die maßgeblichen Bedingungen transparent sind oder nicht (vgl. BVerfG aaO Rn. 62, 65, 69; Römer in Römer/Langheid, VVG 3. Aufl. § 169 Rn. 59; Seiffert, r+s 2010, 177, 180 f.; ders., Neuere Entscheidun-gen des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Lebensversicherung und Anmerkungen zu "Nichtentscheidungen" in: Homburger Tage 2009, 27, 38 f.). Das Bundesverfassungsgericht hat sich im einzelnen mit den wirtschaftlichen Folgen der Zillmerung für den Versicherungsnehmer auseinandergesetzt und eine durch sie verursachte andauernde Beein-trächtigung seiner Rechte festgestellt. Diese ist unabhängig von einem möglichen Transparenzdefizit zu beurteilen (aaO Rn. 65-69; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 Rn. 27). Auch der Gesetzgeber hat die Entscheidung des Bundesverfas-sungsgerichts im Sinne einer Notwendigkeit materiellen Schutzes der mit dem Vertrag beabsichtigten Vermögensbildung verstanden. Er schreibt deshalb in § 169 Abs. 3 Satz 1 VVG n.F. vor, dass bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses der Rückkaufswert mindestens der Be-trag des Deckungskapitals ist, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Ver-tragsjahre ergibt.


28        Das grundsätzlich durch die Garantie der Berufsausübungsfreiheit i.S. des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte, mit den Grundrechten der übrigen Beteiligten aus Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG in Einklang zu brin-gende Interesse der Versicherer an einer zeitnahen Kostentilgung hat das Bundesverfassungsgericht hierbei ebenso berücksichtigt wie die als gewichtig gewerteten Belange der keine vorzeitige Vertragsbeendigung erwägenden Versicherungsnehmer an einer möglichst hohen Ablaufleis-tung (aaO Rn. 62, 64-66, 68, 73, 76). Die Beklagte ist in dieser Hinsicht nicht notwendig auf die Zillmerung angewiesen. Dass andere Verrech-nungsmethoden ihre Belange nicht adäquat befriedigten, die Wertbildung des Vertrages ähnlich nachteilig beeinflussten oder die Versichertenge-meinschaft, insbesondere die den Vertrag bis zum vereinbarten Ablauf-zeitpunkt fortführenden Versicherungsnehmer, durch zusätzliche Kos-tenanteile oder Prämienerhöhungen unangemessen benachteiligten, ist weder ersichtlich noch konkret dargetan.


29        (4) Aus den vorgenannten Gründen gelten die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht allein für Versicherungsbedingungen aus der Zeit vor 1994 bzw. 2001 oder für in anderer Hinsicht wegen teil-weiser Unwirksamkeit ergänzungsbedürftige Klauselwerke (vgl. Reiff in Prölss/Martin, 28. Aufl. § 169 Rn. 53; Römer in Römer/Langheid, 3. Aufl. § 169 Rn. 59; Brömmelmeyer in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versi-cherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 42 Rn. 154; Gatschke, VuR 2007, 447, 448; Jacob, zfs 2009, 483, 486; Seiffert, r+s 2010, 177, 180 f.; Schünemann, VersR 2009, 442, 446; a.A. Krause in Looschelders/Pohl-mann, VVG 2010 § 169 Rn. 40 f.; PK-Ortmann, 2. Aufl. § 169 Rn. 35, 43; Anm. Grote, VersR 2006, 957, 958-960; Jacob, VersR 2011, 325, 326 f.).


30        Die Beklagte kann sich ferner nicht auf die § 173 VVG in seiner bis zum 28. Juli 1994 geltenden Fassung zugrunde liegende Annahme stüt-zen, die Prämienzahlungen sollten während eines anfänglichen Zeit-raums von drei Jahren neben den Kosten für den laufenden Versiche-rungsschutz zunächst die Abschlusskosten des Versicherers decken (Motive zum VVG S. 233; siehe BR-Drucks. 23/94 S. 304 f.; BT-Drucks. 12/6959 S. 102 li. Sp.), weshalb der Versicherungsnehmer nach dieser Norm vor Ablauf der drei Jahre keinen Rückkaufswert bzw. keine prä-mienfreie Versicherungssumme beanspruchen konnte. Die Vorschrift wurde aufgehoben, da wegen des Wegfalls der Tarifgenehmigung zum 28. Juli 1994 "für eine gesetzliche Regelung pauschaler Mindestlaufzeiten kein Raum mehr" war (BR-Drucks. aaO S. 305; BT-Drucks. aaO). Ob sie ihrerseits einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung standgehalten hätte, ist hier nicht zu entscheiden.


31        c) Ziff. 11 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-KLV verstößt ferner gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung liegt hiernach vor, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung miss-bräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durch-zusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinrei-chend zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - VII ZR 111/11, NJW-RR 2012, 626 Rn. 14 m.w.N.; Präve, Versicherungsbe-dingungen und AGB-Gesetz 1998 Rn. 407; Römer, NVersZ 1999, 97, 102 m.w.N.). Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen wer-den.


32        d) Die Erwägungen unter II. 3. b), c) gelten entsprechend für die Abschlusskostenregelung in Ziff. 10 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-PRV, die der-jenigen der AVB-KLV inhaltlich ebenso entspricht wie die "Warnhinweise" und Bezugnahmen auf die Garantiewerttabellen in Ziff. 7.1.8 Abs. 1, 2, Ziff. 7.3.6 Abs. 1, 2, Ziff. 10 Abs. 4 AVB-PRV. Die §§ 174, 176 VVG a.F. gelten im Falle vertraglicher Vereinbarung, wie hier über Ziff. 7.1.2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Ziff. 7.3.1 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 AVB-PRV, auch für Rentenversicherungen (vgl. Senatsurteil vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 209/03, VersR 2008, 244 Rn. 7 f.; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. vor § 159 Rn. 10, § 176 Rn. 2; BK/Schwintowski, § 176 VVG Rn. 7).


33        Ebenso verhält es sich bezüglich Ziff. 13 Abs. 2, Abs. 3 AVB-F-PRV. Unabhängig von dem Fehlen der für die Auslegung nicht maßgeblichen Bezeichnung als "Zillmerverfahren" entnimmt der durch-schnittliche Versicherungsnehmer der Klausel, die gebotene Transpa-renz unterstellt, dass er einen bestimmten Anteil der Abschlusskosten mittels Verrechnung mit den Versicherungsprämien der ersten Zeit tilgen soll. Die Beklagte teilt dem Versicherungsnehmer mit, dass 4% der ge-samten Prämien "als zu tilgende Abschlusskosten heranzuziehen" seien und dass in den ersten zwei Vertragsjahren bei einer ursprünglich ver-einbarten Beitragszahlungsdauer von weniger als zwölf Jahren im ersten Versicherungsjahr eine Verrechnung der Abschlusskosten erfolgt. In dem nicht streitbefangenen Absatz 4 Satz 1 wird der Versicherungsneh-mer auf mit den AVB-KLV und AVB-PRV vergleichbare Weise auf die wirtschaftlichen Folgen dieser Verrechnung hingewiesen. Die Warnungen der Ziff. 8.1.2 Abs. 5 Satz 1-3, Ziff. 8.2.1 Abs. 4 Satz 1-3 AVB-F-PRV und die Verweise auf die dem Versicherungsschein anliegende unver-bindliche Modellrechnung in Ziff. 8.1.2 Abs. 5 Satz 4, Ziff. 13 Abs. 4 Satz 2 AVB-F-PRV entsprechen denen der AVB-KLV und AVB-PRV.


34        4. Die Unwirksamkeit der Kostenverrechnungsklauseln erstreckt sich auf weitere streitbefangene Bedingungen. Ob die Ausführungen der Vorinstanzen zu ihrer Unwirksamkeit wegen Intransparenz zutreffen, be-darf daher überwiegend keiner Entscheidung (s. unter 5.).


35        a) Eine Erstreckungswirkung ist anzunehmen, wenn aus der maß-geblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers zwischen einzelnen Klauseln ein innerer Zusammenhang besteht, der eine Auf-rechterhaltung der anderweitigen - für sich genommen gegebenenfalls wirksamen - Bestimmung ausschließt. Beide Regelungen müssen inhalt-lich miteinander verknüpft sein, eine isolierte Aufrechterhaltung des an-deren Teils darf nicht möglich sein (vgl. BGH, Urteile vom 22. September 2004 - VIII ZR 360/03, NJW 2004, 3775, 3776; vom 20. Mai 2010 - Xa ZR 68/09, BGHZ 185, 359 Rn. 37). Anders verhält es sich, wenn der un-wirksame Klauselteil sich von den anderen Bedingungen inhaltlich und sprachlich trennen lässt, nicht von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden müsste, und die anderen Rege-lungen eine sprachlich und inhaltlich selbständige und sinnvolle Fassung behalten (BGH, Urteile vom 28. Mai 1984 III ZR 63/83, NJW 1984, 2816, 2817; vom 15. Mai 1991 VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750, 1752/1753; vom 25. Juni 2003 - VIII ZR 344/02, NJW 2003, 2899 f.). Hingegen ist nicht entscheidend, ob der verbleibende Klauselrest einen vom Verwender ersichtlich gewollten Regelungsgehalt aufweist.


36        b) Mit der Vereinbarung der Zillmerung in Ziff. 11 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-KLV ist der Hinweis auf die pauschale Berücksichtigung der Ab-schlusskosten bei der Tarifkalkulation in Ziff. 11 Abs. 1 Satz 2 AVB-KLV in diesem Sinne inhaltlich untrennbar verknüpft (so wohl auch - zugleich bezüglich der nachfolgend erörterten Ziff. 8.1.5 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-KLV - Benkel/Hirschberg, ALB- und BUZ-Kommentar 2. Aufl. 2011 § 176 VVG 1908/2007 Rn. 14 f.).


37        Aufgrund der sich aus dem Wegfall der Zillmerabrede ergebenden Unklarheit, auf welche Weise die Beklagte den gesetzlichen Rahmen des § 176 Abs. 3 VVG a.F. zukünftig ausfüllen wird und wegen der inneren Abhängigkeit der "mindestens" zu zahlenden Garantiewerte von den Ver-tragswerten i.S. des § 176 Abs. 1 VVG a.F. kann die Zusage von Garan-tiewerten in Ziff. 8.1.5 Abs. 2 Satz 1 AVB-KLV gleichfalls nicht isoliert bestehen bleiben.


38        Die Hinweise auf Garantiewerttabellen in Ziff. 8.1.5 Abs. 2 Satz 2, Ziff. 11 Abs. 3 Satz 2 AVB-KLV sollen die Transparenzanforderungen umsetzen, die der Senat im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen der Zillmerung in seinen Urteilen vom 9. Mai 2001 aufgestellt hat (IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 361 ff.; IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 377 ff. unter 5). Ohne die Zillmerabrede können sie keinen Bestand haben. Aus demselben Grund verlieren die Warnungen vor angeblichen Nachteilen einer Kündigung und geringen bzw. entfallenden Rückkaufswerten in Ziff. 8.1.5 Abs. 1 Satz 1, 2 AVB-KLV ihren Bezugspunkt.


39        Ziff. 8.1.5 Abs. 1 Satz 1 AVB-KLV ist zugleich wegen Irreführung unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Aussage, eine Kündi-gung sei "immer" mit Nachteilen verbunden, ist unzutreffend und dazu geeignet, den Versicherungsnehmer von der Geltendmachung seines Kündigungsrechts abzuhalten. Die gegebenenfalls auf Null reduzier-ten Rückkaufswerte, die sich dem durchschnittlichen Versicherungsneh-mer als "Nachteile" darstellen, sind keine Folge der Kündigung, sondern der Zillmerung. Kann der Versicherungsnehmer absehen, dass er den Vertrag nicht zur Vermeidung eines Verlustgeschäfts so lange wird fort-führen können, bis der Rückkaufswert zumindest die Summe der gezahl-ten Prämien erreicht, kann eine frühzeitige Kündigung für ihn vorteilhaft sein.


40        c) Bezüglich der inneren Verknüpfung der Zillmerabrede mit den Klauseln zum Rückkaufswert in Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 AVB-KLV und zum Stornoabzug in Ziff. 8.1.2 Abs. 2 AVB-KLV wird auf die nachfolgen-den Erörterungen unter 5. c) verwiesen.


41        d) Hingegen liegt in Ziff. 11 Abs. 1 Satz 1 AVB-KLV ein auch bei isolierter Betrachtung sprachlich sowie inhaltlich selbständiger Hinweis der Beklagten an den Versicherungsnehmer, der vom Ob und Wie einer weiteren Berücksichtigung der Abschlusskosten unabhängig ist. Auch Ziff. 8.1.4 AVB-KLV (10 €-Klausel) wird von der Unwirksamkeit der Zill-merabrede nicht berührt. Zwischen der Regelung über einen Mindest-auszahlungsbetrag von 10 € und der Berücksichtigung der Abschluss-kosten im Verhältnis zum Versicherungsnehmer besteht kein innerer Zu-sammenhang. Insoweit wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter 7. und 8. Bezug genommen.


42        e) Vorstehende Erwägungen gelten entsprechend für die mit der Klage angegriffenen Parallelbestimmungen zur prämienfreien Fortfüh-rung des Versicherungsvertrages in Ziff. 8.2.3 AVB-KLV und für die je-weils inhaltsgleichen streitbefangenen Regelungen der AVB-PRV (Ziff. 10 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 2, Ziff. 7.1.8 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, Ziff. 7.3.6. Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 und 2; zu Ziff. 10 Abs. 1 Satz 1, Ziff. 7.1.7 unter 7., 8.) und AVB-F-PRV (Ziff. 13 Abs. 1 Satz 2, Ziff. 8.1.2 Abs. 5 Satz 1 und 2, Ziff. 8.2.1 Abs. 4 Satz 1 und 2; zu Ziff. 13 Abs. 1 Satz 1, Ziff. 8.1.4 siehe unter 7., 8.).


43        5. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen das Verbot, die Regelungen zu Rückkaufswert und Stornoabzug in Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 5 AVB-KLV weiter zu verwenden.


44        a) Sie genügen jedenfalls nicht dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.


45        aa) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners mög-lichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur da-rauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastun-gen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteile vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401 f.; vom 24. März 1999 - IV ZR 90/98, BGHZ 141, 137, 143; vom 9. Mai 2001 IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 361 f., 364 und IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 377 f., 380; vom 11. Mai 2005 IV ZR 25/04, VersR 2005, 976, 977). Zieht der Verwender ergänzende Unterlagen heran, z.B. eine Garantiewerttabelle, muss er an der betreffenden Stelle im Klauselwerk zumindest in den Grundzügen auf die Nachteile hinwei-sen und auf die zusätzlichen Informationen Bezug nehmen (Senatsurteile vom 9. Mai 2001 jeweils aaO S. 364 bzw. S. 380).


46        bb) Hier differenziert die Beklagte unzulässig weder in Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AVB-KLV noch in der Garantiewerttabelle zwischen dem anhand der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik ge-mäß § 176 Abs. 3 VVG a.F. zu ermittelnden Rückkaufswert einerseits und dem einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung bedürfenden Stornoabzug nach § 176 Abs. 4 VVG a.F. andererseits.


47        (1) Beide Werte stehen gesondert nebeneinander, wie schon die Aufteilung auf getrennte Absätze in § 176 VVG a.F. zeigt. Bereits der Gesetzgeber des VVG 1908 ging davon aus, dass dem Versicherungs-nehmer zunächst "die volle Prämienreserve ohne jeden Abzug" zusteht und erst auf dieser Grundlage eine "Kürzung" vorgenommen werden kann (Motive zum VVG S. 232, 235, 236 f., 238). Ungeachtet des späte-ren Ersatzes der Prämienreserve durch den Zeitwert bzw. das De-ckungskapital des Versicherungsvertrages ist für eine Aufgabe dieses Grundprinzips nichts ersichtlich. Die Regelung des § 174 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. zur Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung enthält kei-ne Definition des Begriffes "Rückkaufswert" in dem Sinne, dass er sich im Falle der Vereinbarung eines Stornoabzugs aus den Absätzen 3 und 4 des § 176 VVG a.F. zusammensetzt und sich bei Fehlen einer solchen Abrede auf die Berechnung nach versicherungsmathematischen Grund-sätzen i.S. des § 176 Abs. 3 VVG a.F. beschränkt. Die Kombination des Begriffs "Rückkaufswert" mit einem Verweis auch auf Absatz 4 des § 176 VVG a.F. soll gewährleisten, dass von dem an die Stelle des unterschrit-tenen Mindestversicherungswerts tretenden Rückkaufswert ein Storno-abzug nur vorgenommen wird, wenn letzterer für den Rückkaufswert ge-sondert gemäß § 176 Abs. 4 VVG a.F. vereinbart wurde.


48        Auch in § 169 VVG n.F. steht einem versicherungsmathematisch errechneten Rückkaufswert in Abs. 3 unverändert ein "angemessener" Abzug in Abs. 5 gegenüber (vgl. BT-Drucks. 16/3945, S. 103 f.).


49        (2) Im Widerspruch hierzu erweckt die Beklagte irreführend den Eindruck, der Stornoabzug fließe in die Bestimmung des Rückkaufswerts i.S. des § 176 Abs. 3 VVG a.F. ein. Ziff. 8.1.2 Abs. 2 AVB-KLV enthält die unzutreffende Information, ein solcher Abzug werde "bei" der Be-rechnung des Rückkaufswerts vorgenommen. Aus Sicht des durch-schnittlichen Versicherungsnehmers lässt dies den Stornoabzug fälsch-lich als Bestandteil der Rückkaufswertermittlung erscheinen. In diesem Verständnis wird der Versicherungsnehmer bestärkt durch den Verweis auf § 176 VVG a.F. in Kombination mit der Formulierung, dass ein Abzug vorgenommen "wird". Der bestimmt wirkende Begriff "wird" ruft durch das Anfügen einer Norm den Eindruck einer vermeintlichen gesetzgeberi-schen Vorgabe hervor. Dieser "amtliche Anstrich" wird durch die Verbin-dung der Formulierung "als angemessen angesehener Abzug" mit der die Abzugshöhe vermeintlich gleichfalls auf diese Vorschrift zurückfüh-renden Mitteilung der abstrakten Berechnungsmethode im unmittelba-ren Folgeabsatz noch intensiviert (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1984 VII ZR 11/84, VersR 1985, 166, 168). Die irreführende Vorspiegelung zwingender gesetzlicher Vorgaben zum Ansatz des Stornoabzugs "bei" der Berechnung des Rückkaufswerts und zu seiner Höhe droht den Ver-sicherungsnehmer zugleich von der Ausübung seines Rechts zum "Ge-genbeweis" i.S. von Ziff. 8.1.2 Abs. 5 AVB-KLV abzuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1984 aaO; siehe nachfolgend unter 6. b)).


50        (3) Mangels Trennung zwischen Rückkaufswert und Stornoabzug kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer Ausmaß und Dauer der wirtschaftlichen Einbußen nicht hinreichend erkennen. Die in Ziff. 8.1.5 Abs. 2 Satz 2 AVB-KLV in Bezug genommene Garantiewerttabelle weist, ohne ihm dies zu verdeutlichen, unter der Rubrik "garantierter Rück-kaufswert" bzw. "garantierte beitragsfreie Versicherungssumme" nur die bereits um den Stornoabzug geminderten Auszahlungsbeträge aus. Die Rückkaufswerte vor Stornoabzug werden dem Versicherungsnehmer an keiner Stelle mitgeteilt. Zu ihrer Berechnung ist er selbst nicht in der La-ge, da ihm die für die versicherungsmathematische Berechnung relevan-ten Faktoren und der im Rahmen des § 4 DeckRV maximal zillmerungs-fähige Kostenanteil unbekannt sind. Von der Höhe der aus der Kosten-verrechnung und dem Stornoabzug resultierenden Wertminderungen kann er sich aus diesem Grund kein Bild machen. Dies wiegt umso schwerer, als er ohnehin nicht einzuschätzen vermag, in welchem Ver-hältnis die in der Tabelle aufgelisteten Garantiewerte zu den gesetzli-chen Zeitwerten stehen und inwieweit die gezillmerten Zeitwerte hinter ungezillmerten Werten zurückbleiben.


51        (4) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Senat habe in seinen Urteilen vom 9. Mai 2001 die den dortigen Allgemeinen Versiche-rungsbedingungen beigefügte Tabelle als "nicht in vollem Umfang" aus-reichend angesehen und erhebliche Defizite festgestellt, die fehlende Differenzierung zwischen Rückkaufswert und Stornoabzug jedoch nicht gerügt (IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 363 f. und IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 379 f.). Den Anforderungen an das Transparenzgebot hat das dort streitbefangene Klauselwerk nebst Tabellen bereits wegen des nicht erfolgten Ausweises eines fehlenden oder nur sehr geringen Rückkaufs-werts in den ersten Jahren nicht genügt, weshalb sich der Senat mit der Berechnung der (zu) wenigen ausgewiesenen Werte nicht im Einzelnen zu befassen brauchte.


52        Entgegen ihrer Behauptung bestand keine aufsichtsrechtliche Pflicht der Beklagten, in der Garantiewerttabelle einzig den um einen Stornoabzug geminderten Auszahlungsbetrag auszuweisen. Eine solche Pflicht folgte weder aus § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG i.V.m. Anlage D Ab-schnitt I Ziff. 2.b) in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung noch aus den Hinweisen der ehemaligen Bundesaufsicht für das Versi-cherungswesen (BAV, nunmehr Bundesanstalt für Finanzdienstleis-tungsaufsicht - BaFin) zum VVG a.F., den Versicherungsnehmern "unter Hinweis auf die Höhe der Stornoabschläge ... die im Rückkaufsfall nach allen Abzügen verbleibenden, mindestens fällig werdenden Werte" zu nennen (VerBAV 1995, 283, 285; vgl. Prölss/Schmidt, VAG 11. Aufl. § 10a Rn. 31a zu Abschnitt II 2.b) der Anlage D). Die Beklagte hätte Rückkaufswerte, Stornoabzüge und Auszahlungsbeträge in gesonderten Spalten auflisten können, ohne dass die Tabelle notwendig unübersicht-lich geworden wäre.


53        b) Daneben wird Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 AVB-KLV von der Un-wirksamkeit der Zillmerabrede in Ziff. 11 Abs. 2 Satz 1, 2 AVB-KLV und der unter II 4 genannten Bedingungen erfasst, ohne die sie nicht beste-hen bleiben kann. Für die Bestimmung des Rückkaufswerts gibt § 176 Abs. 3 VVG a.F. nur einen gesetzlichen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die Berechnung halten muss. Er lässt Spielräume für geschäftspoli-tische, die Höhe der Rückkaufswerte beeinflussende Entscheidungen des jeweiligen Versicherers. Die gesetzliche Regelung bedarf daher ei-ner Ergänzung im Versicherungsvertrag (Senatsurteile vom 9. Mai 2001 jeweils aaO 359, 362 bzw. 376 f., 378; vgl. Beckmann in Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz 9. Aufl. Einf. C Rn. 206). Letztere ist auf-grund der Unwirksamkeit der Zillmerabrede zusammen mit den für die Zillmerung unentbehrlichen Hinweisen auf die unerwartet geringen bzw. nicht vorhandenen Rückkaufswerte entfallen. Die verbleibenden Bedin-gungen geben dem Versicherungsnehmer über Bestand und Höhe der Rückkaufswerte keinen Aufschluss; ihnen fehlt die erforderliche Klarheit (Beckmann in Bruck/Möller aaO Rn. 233, 239; Fuchs in Ulmer/Brand-ner/Hensen, AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 36, 343). Das Informations-defizit wird durch die fehlerhaften Garantiewerttabellen nicht ausgegli-chen (vgl. Senatsurteile vom 9. Mai 2001 jeweils aaO 362 ff. bzw. 377 ff.).


54        Die Unwirksamkeit erstreckt sich auch auf Ziff. 8.1.2 Abs. 2 AVB-KLV. Kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer den jeweiligen Zeitwert seines Vertrages nicht nachvollziehen, vermag er auch die Stor-noabzugsklausel nicht zu verstehen (Senatsurteil vom 9. Mai 2001 IV ZR 138/99, BGHZ aaO 380). Allein mit Hilfe der abstrakten Berech-nungsweise kann er sich kein Bild davon machen, von welcher Bezugs-größe ein Abzug vorgenommen werden soll und was dies für ihn bedeu-tet.


55        c) Mit Ziff. 8.1.2 Abs. 2 AVB-KLV entfällt zugleich die mit ihr un-trennbar verknüpfte Regelung der Ziff. 8.1.2 Abs. 5 AVB-KLV. Die Un-wirksamkeit der Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AVB-KLV erstreckt sich ferner auf Ziff. 8.1.5 Abs. 2 Satz 1, 2, Ziff. 11 Abs. 3 Satz 2 AVB-KLV, die durch den Verweis auf die fehlerhaften Garantiewerttabellen der Be-klagten die unzulässige fehlende Differenzierung zwischen Rückkaufs-wert und Stornoabzug aufgreifen.


56        d) Vorstehende Erwägungen gelten auch für die streitbefangenen entsprechenden Bestimmungen der Ziff. 8.2.1 AVB-KLV sowie derjenigen in den AVB-PRV und der AVB-F-PRV (vgl. Senatsurteile vom 26. Sep-tember 2007 IV ZR 20/04, NJW-RR 2008, 188 Rn. 7 f.; IV ZR 321/05, VersR 2007, 1547 Rn. 13 ff.; vom 24. Oktober 2007 - IV ZR 209/03, VersR 2008, 244 Rn. 7 f.; Senatsbeschluss vom 21. November 2007 - IV ZR 321/05, VersR 2008, 381 Rn. 5).


57        aa) Die vereinzelten sprachlichen Abweichungen in den weitestge-hend gleichlautenden AVB-PRV (vgl. Ziff. 7.1.2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Ziff. 7.1.5 Satz 4, Ziff. 7.3.1 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, Ziff. 7.3.3 Satz 4) ge-bieten keine abweichende Beurteilung. Dass Ziff. 7.1.5 Satz 4, Ziff. 7.3.3 Satz 4 AVB-PRV auf "die dem Abzug zugrundeliegenden Annahmen" ab-stellen, erhöht eher noch die Intransparenz.


58        bb) Für die AVB-F-PRV (Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2, Ziff. 8.2.1 Abs. 1 Satz 2, Ziff. 13 Abs. 2) gilt ergänzend folgendes:


59        (1) Die Unwirksamkeit von Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 AVB-F-PRV beschränkt sich auf die Teilsätze 2 und 3. Der erste Teilsatz ("Dieser entspricht nicht der Summe der von Ihnen eingezahlten Beiträge, ...") ist sprachlich und inhaltlich selbständig und sinnvoll. Eine untrennbare inne-re Verknüpfung mit dem Rest des Satzes ist nicht gegeben.


60        (2) Die Klauseln zum Stornoabzug in Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 Teil-satz 3, Ziff. 8.2.1 Abs. 1 Satz 2 AVB-F-PRV sind zusätzlich unwirksam wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 5.b) BGB. Der notwendige Hinweis an den Versicherungsnehmer, ihm werde der Nachweis gestattet, der Be-klagten sei ein Schaden überhaupt nicht oder nur in geringerer Höhe entstanden, fehlt (vgl. auch nachfolgend zu 6. a)).


61        (3) Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, das Berufungsgericht ha-be seiner Entscheidung zu Ziff. 8.1.2 Abs. 1 AVB-F-PRV einen falschen Regelungsgehalt zugrunde gelegt sowie gegen § 308 ZPO verstoßen. Das Berufungsgericht hat missverständlich formuliert, dennoch inhalt-lich zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass auch Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 AVB-F-PRV den Stornoabzug fälschlich als Bestandteil der Be-rechnung des Rückkaufswerts darstellt, und seine Ausführungen zur Stornoabzugsklausel durch die hier keiner Entscheidung bedürfende Überlegung ergänzt, ob eine eventuelle Unangemessenheit der nicht streitbefangenen Höhe des Stornoabzugs auf die Vereinbarung dem Grunde nach ausstrahlen würde.


62        (4) In der Regelung der Ziff. 13 Abs. 2 AVB-F-PRV, nach § 4 DeckRV sei der Versicherer berechtigt, 4% der vom Versicherungsneh-mer während der Beitragszahlungsdauer zu zahlenden Beiträge "als zu tilgende Abschlusskosten heranzuziehen", liegt ferner ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese Aussage ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer zumindest im Zusammenhang mit Ziff. 13 Abs. 3 AVB-F-PRV verwirrend, wonach die Abschlusskosten in gleichen Raten mit den Beiträgen der ersten zwei Versicherungsjahre bzw. des ersten Versicherungsjahres verrechnet werden.


63        6. Die Beweislastregel in Ziff. 8.1.2 Abs. 5 AVB-KLV hält § 309 Nr. 12.a) BGB jedenfalls in der Zusammenschau mit Ziff. 8.1.2 Abs. 2 AVB-KLV nicht stand.


64        a) Ziff. 8.1.2 Abs. 5 AVB-KLV enthält den von § 309 Nr. 5.b) BGB geforderten Hinweis auf das Nachweisrecht des Versicherungsnehmers, der Stornoabzug sei in geringerer Höhe als vorgesehen anzusetzen bzw. habe vollständig zu entfallen. Ob die Regelung über den Stornoabzug ei-nen pauschalierten Schadensersatzanspruch i.S. des § 309 Nr. 5 BGB darstellt oder Teil einer Abwicklungsregelung i.S. des § 308 Nr. 7 BGB ist, bedarf keiner Entscheidung. Wegen der vergleichbaren Interessenla-ge ist § 309 Nr. 5.b) BGB für eine solche Abwicklungsregelung zumin-dest entsprechend anzuwenden (BGH, Urteile vom 25. Oktober 1984 VII ZR 11/84, VersR 1985, 166, 167; vom 8. November 1984 VII ZR 256/83, NJW 1985, 632 jeweils m.w.N.; vom 10. Oktober 1996 VII ZR 250/94, NJW 1997, 259, 260; vom 5. Mai 2011 VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 Rn. 12 f.).


65        b) Die Regelung droht den Versicherungsnehmer gleichwohl in die Irre zu führen und von der Ausübung seines Rechts abzuhalten, weil ihm durch das Zusammenspiel der Absätze 2 und 5 fälschlich der Eindruck vermittelt wird, er sei insgesamt beweispflichtig für eine unangemessene Höhe des Stornoabzugs. Tatsächlich besteht ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, nach dem zunächst die Beklagte als Verwenderin darlegungs- und beweispflichtig für die generelle Angemessenheit der Höhe des Stornoabzugs ist und den Versicherungsnehmer erst in einem zweiten Schritt die Beweislast dafür trifft, dass in seinem konkreten Einzelfall ein Abzug überhaupt nicht oder nur in geringerer Höhe angemessen ist (vgl. Staudinger/Coester-Waltjen, Stand 2006 § 309 Nr. 5 Rn. 18, 20). Diese an die Systematik des § 309 Nr. 5 BGB angelehnte Differenzierung kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Zusammenspiel der Klauseln Ziff. 8.1.2 Abs. 2 und 5 AVB-KLV nicht entnehmen. Er geht vielmehr gerade auch in Anbetracht der Formulierung in Ziff. 8.1.2 Abs. 2 "wird ein als angemessen angesehener Abzug vorgenommen (§ 176 VVG)" davon aus, die Beweislast liege allein bei ihm. Das tatsächlich zutreffende Regel-Ausnahme-Verhältnis der Beweislast hätte die Beklag-te deutlich und verständlich klarstellen können und müssen.


66        c) Vorstehende Ausführungen gelten entsprechend für Ziff. 8.2.1 Abs. 2 und 5 AVB-KLV zur Vertragsumwandlung in eine beitragsfreie Versicherung sowie Ziff. 7.1.2 Abs. 2, Ziff. 7.1.5 Satz 4, Ziff. 7.3.1 Abs. 2, Ziff. 7.3.3 Satz 4 AVB-PRV.


67        7. Der Vorbehalt in Ziff. 8.1.4 AVB-KLV, nach allen Abzügen ver-bleibende Beträge unter 10 € nicht zu erstatten (10 €-Klausel), ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Wortlaut der Klausel ist eindeutig und kann, anders als die Beklagte meint, nicht als Vereinbarung eines Mindestbetrags für den Rückkaufs-wert verstanden werden. Eine solche Abrede wäre ohnehin nicht zuläs-sig. Im Gegensatz zu § 174 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. lässt § 176 VVG a.F. sie nicht zu und hat der Gesetzgeber sie, anders als bei den Erörterun-gen zu § 174 VVG a.F., für den Rückkaufswert nicht in Erwägung gezo-gen (BR-Drucks. 23/94, S. 305, 306 f.; BT-Drucks. 12/6959, S. 102 f.).


68        Die von der Beklagten ferner vertretene Ansicht, der Vorbehalt sol-le nur gelten, wenn auch keine anderweitigen Zahlungen an den Versi-cherungsnehmer zu leisten seien, findet im Wortlaut keine Grundlage. Das Recht auf den Rückkaufswert ist vielmehr eine andere Erschei-nungsform des Rechts auf die Versicherungssumme, das dem Versiche-rungsnehmer im Rahmen der Ziff. 8.1.4 AVB-KLV unzulässig vorenthal-ten wird. Der Anspruch des Versicherungsnehmers aus § 176 Abs. 3 VVG a.F. erlischt gemäß § 362 Abs. 1 BGB mit Erbringung der geschul-deten Leistung. Für deren teilweisen Einbehalt besteht weder eine ge-setzliche noch eine vertragliche Grundlage. Der Einwand der Beklagten, Ziff. 8.1.4 AVB-KLV diene der Vermeidung überproportionaler Personal- und Sachkosten und damit der Tarif- und Überschussgemeinschaft, überzeugt nicht. Die Beklagte zählt lediglich einige kostenauslösende Positionen auf, ohne konkret vorzutragen, welche Kostenanteile durch-schnittlich pro Überweisungsvorgang anfallen, wie hoch der Anteil von Kleinbeträgen unter 10 € am Gesamtvolumen der Auszahlungsvorgänge ist und in welchem Verhältnis sich die internen Gesamtkosten bei voll-ständigen Auszahlungen erhöhen würden. Der hauptsächliche Aufwand entfällt ohnehin eher auf die abschließende interne Abrechnung und nicht auf die Vornahme der einzelnen Überweisungsanordnungen.


69        Nicht durchzudringen vermag die Beklagte schließlich mit ihrer Auffassung, der Betrag von 10 € sei ein konkret bezifferbarer und immer gleich hoher Teil des Stornoabzugs, der in die abstrakte Berechnungs-formel der Ziff. 8.1.2 Abs. 3 AVB-KLV nicht einfließen könne. Eine derar-tige Verknüpfung der 10 €-Klausel mit dem Stornoabzug lässt sich dem Bedingungswerk an keiner Stelle entnehmen.


70        Die inhaltsgleichen Bedingungen in Ziff. 7.1.7 AVB-PRV und Ziff. 8.1.4 AVB-F-PRV sind aus denselben Gründen unwirksam.


71        8. Erfolg hat die Revision der Beklagten dagegen, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung der Verwendung der Klausel Ziff. 11 Abs. 1 Satz 1 AVB-KLV wendet. Diese Bestimmung hat bei iso-lierter Betrachtung keinen kontrollfähigen Inhalt gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Es handelt sich um einen rein deklaratorischen Hinweis da-rauf, dass durch den Abschluss von Versicherungsverträgen Kosten ent-stehen. Entsprechendes gilt für Ziff. 10 Abs. 1 Satz 1 AVB-PRV und Ziff. 13 Abs. 1 Satz 1 AVB-F-PRV sowie für Ziff. 8.1.2 Abs. 1 Satz 2 Teil-satz 1 AVB-F-PRV. Insoweit ist die Klage teilweise abzuweisen.


72        9. Die für einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG erforderli-che Wiederholungsgefahr liegt vor. Aus der vertraglichen Einbeziehung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in der Vergangenheit resul-tiert die tatsächliche Vermutung ihrer zukünftigen Verwendung und ihrer Anwendung bei der Vertragsdurchführung (vgl. BGH, Urteile vom 10. De-zember 1991 - XI ZR 119/91, NJW 1992, 1108, 1109; vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 487; vom 18. April 2002 - III ZR 199/01, NJW 2002, 2386). An die Widerlegung dieser Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1987 - I ZR 79/85, NJW 1987, 3251, 3252 Wiederholte Unterwerfung II). Diese sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte verweigert die für eine Widerlegung regelmäßig erforderliche Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungser-klärung, gegebenenfalls unter Hervorhebung ihrer an sich gegenteiligen Rechtsauffassung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2000 aaO), und vertei-digt durchgehend die angebliche Rechtmäßigkeit ihrer Allgemeinen Ver-sicherungsbedingungen (BGH, Urteile vom 12. Juli 2000 aaO; vom 18. April 2002 aaO).


73        10. Bezüglich der Pflicht der Beklagten, dem Kläger die durch die außergerichtliche Abmahnung vom 28. September 2007 entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.641,96 € zuzüglich Zinsen zu erstat-ten, hat die Revision der Beklagten insoweit Erfolg, als der Kläger ledig-lich Zahlung von 1.477,76 € verlangen kann.


74        a) Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klä-gers aus §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 1 Satz 2 UWG auf Ersatz der für die Ab-mahnung erforderlichen Aufwendungen angenommen. Erforderlich sind die Abmahnkosten, die tatsächlich entstanden sind und nach Lage des Falles aus der Perspektive des Abmahnenden objektiv notwendig waren. Kosten für die Einschaltung eines Anwalts umfassen sie nur ausnahms-weise bei besonderer rechtlicher Schwierigkeit, aufgrund derer der Ver-band mit seiner Ausstattung und Erfahrung nicht in der Lage war, das Geschehen korrekt zu bewerten (Lindacher in Wolf/Lindacher/Pfeiffer aaO § 5 UKlaG Rn. 36; MünchKomm-ZPO/Micklitz, 3. Aufl. § 5 UKlaG Rn. 12).


75        Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 UKlaG muss eine qualifizierte Einrich-tung i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG für ihre Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 UKlaG unter anderem auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit die Gewähr für eine sachgerechte Auf-gabenerfüllung bieten. Diese ist nur bei hinreichender personeller und sächlicher Ausstattung des Verbands zu erwarten (Lindacher in Wolf/Lindacher/Pfeiffer aaO § 4 UKlaG Rn. 10). Danach muss sich der Kläger zur Erfüllung seines Verbandszwecks grundsätzlich selbst mit den hierfür notwendigen Mitteln versehen und zumindest so ausgestattet sein, dass er typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende ver-braucherfeindliche Praktiken selbst erkennen und abmahnen kann (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 1984 - I ZR 45/82, NJW 1984, 2525 Anwalts-abmahnung). Zutreffend hat das Berufungsgericht aber eine hiervon nicht erfasste Fallgestaltung angenommen. Die insgesamt umfassende und rechtlich anspruchsvolle Prüfung erfordert versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, die für die über das Versicherungsvertragsrecht hin-ausgehende tägliche Beratungspraxis des Klägers nicht vorauszusetzen sind und die Inanspruchnahme externer anwaltlicher Beratung rechtferti-gen.


76        b) Die auf Bedingungen der AVB-KLV beschränkte Abmahnung deckte sich nicht vollständig mit den im Prozess streitbefangenen Rege-lungen dieser Allgemeinen Versicherungsbedingungen und war im Er-gebnis nicht in vollem Umfang berechtigt. Insoweit ist der Ersatzan-spruch um einen dem Verhältnis des Gegenstandswerts des berechtigten Teils zum Gegenstandswert der gesamten Abmahnung entsprechenden Abschlag zu mindern (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 149/07, GRUR 2010, 744 Rn. 52 Sondernewsletter), den der Senat mit 10% (entspricht 164,20 €) bemisst.


77        11. Die Revision des Klägers hat in vollem Umfang Erfolg.


78        a) Die Revision ist zulässig. Ungeachtet der Formulierung der in der schriftlichen Revisionsbegründung zunächst angekündigten Revi-sionsanträge, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ZPO, ergibt jedenfalls die zulässige Auslegung der Begründungsschrift und der dortige Hinweis auf Seite 2 unten/Seite 3 oben mit hinreichender Klarheit, dass der Klä-ger weiterhin eine Verurteilung der Beklagten erstrebt, die Verwendung der streitbefangenen Klauseln in der Kapitallebensversicherung, der auf-geschobenen Rentenversicherung und der fondsgebundenen Rentenver-sicherung auch beim Abschluss von Neuverträgen zu unterlassen (vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 1953 - V ZR 6/51, BGHZ 12, 52, 67 f.; vom 4. Juni 1962 - III ZR 207/60, NJW 1962, 1441, 1442; Beschlüsse vom 26. Mai 1970 - III ZR 155/68, NJW 1970, 1462; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl. § 551 Rn. 18, § 559 Rn. 20). Auf Seite 3 der Revi-sionsbegründung hat der Kläger zugleich klargestellt, dass er die Klage-abweisung zu Ziff. 7.1.4 AVB-PRV, Ziff. 8.1.2 Abs. 4 AVB-F-PRV akzep-tiert hat.


79        b) Der Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 1 UKlaG umfasst die Verwendung der streitbefangenen Klauseln beim Abschluss neuer Verträge ab dem 1. Januar 2008. Die Auffassung des Berufungsgerichts, insoweit habe die Beklagte die Vermutung einer Wiederholungsgefahr widerlegt, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Prüfung, ob diese Vermutung ausnahmsweise widerlegt wurde, ist eine Tatfrage auf Grundlage der besonderen Umstände des Einzelfalles, die revisions-rechtlich nur eingeschränkt darauf überprüft werden kann, ob das ange-fochtene Urteil von unrichtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegan-gen ist (BGH, Urteile vom 6. Juli 1954 I ZR 38/53, BGHZ 14, 163, 167; vom 30. Oktober 1998 - V ZR 64/98, BGHZ 140, 1, 10 f.). Derartige Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht unterlaufen. Es hat wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt.


80        aa) Die Vermutung der Wiederholungsgefahr kann nur unter stren-gen Voraussetzungen und ausnahmsweise als widerlegt angesehen wer-den, wenn Umstände vorliegen, aufgrund derer nach allgemeiner Erfah-rung mit einer Wiederverwendung nicht gerechnet werden kann. Regel-mäßig genügen die Änderung der beanstandeten Klausel oder die bloße Absichtserklärung des Verwenders, sie nicht weiterzuverwenden, selbst dann nicht, wenn er neuen Verträgen die angegriffene Regelung unstrei-tig nicht länger zugrunde legt (BGH, Urteile vom 7. Juni 1982 VIII ZR 139/81, NJW 1982, 2311, 2312; vom 16. Mai 1990 VIII ZR 245/89, zi-tiert nach juris Rn. 12, insoweit in MDR 1991, 44 f. nicht veröffentlicht; vom 15. Oktober 1991 - XI ZR 192/90, BGHZ 116, 1, 6; vom 10. Dezem-ber 1991 - XI ZR 119/91, NJW 1992, 1108, 1109; vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 487 m.w.N.; vom 18. April 2002 - III ZR 199/01, NJW 2002, 2386; MünchKomm-ZPO/Micklitz, 5. Aufl. § 1 UKlaG Rn. 27; Witt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht 11. Aufl. § 1 UKlaG Rn. 38; Lindacher in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht 5. Aufl. § 1 UKlaG Rn. 33-35). Die Beklagte verteidigt die Wirksamkeit der streitigen Bestimmungen durchgehend. Ihre schlichte Behauptung, sie setze nach maßgeblicher Überarbeitung nur noch die - angeblich - neuen Allgemei-nen Versicherungsbedingungen ein, ist eine ungenügende Absichtserklä-rung ohne jegliche Gewähr gegen eine erneute Verwendung. Soweit die Beklagte davon abgesehen hat, zumindest hinsichtlich des Abschlusses von Neuverträgen eine inhaltlich beschränkte, gegebenenfalls ihre ge-gensätzliche Rechtsauffassung zum Ausdruck bringende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2000 aaO), kann sie sich nicht darauf berufen, dass der Kläger dies unter Um-ständen zu eigenen Gunsten in der Presse publik gemacht hätte.


81        bb) Soweit das Berufungsgericht demgegenüber angenommen hat, nach allgemeiner Erfahrung sei davon auszugehen, dass ein sich rational verhaltender Versicherer seine Allgemeinen Versicherungsbedingungen der neuen Rechtslage anpassen und keine Neuverträge mehr mit dem al-ten Regelwerk abschließen werde, hat es nicht berücksichtigt, dass nicht aus generellen Überlegungen, sondern nur aus den tatsächlichen Um-ständen des jeweiligen Einzelfalles und gegebenenfalls hierauf gestütz-ten Erfahrungssätzen auf die Widerlegung der Vermutung geschlossen werden kann. Das Berufungsgericht hat insoweit rechtsfehlerhaft dem al-leinigen Umstand des Inkrafttretens des VVG n.F. zum 1. Januar 2008 entscheidendes Gewicht beigemessen. Hierbei hat es übersehen, dass nicht alle zur Unwirksamkeit der im Tenor genannten Bestimmungen füh-renden Gründe durch das VVG n.F. eine erstmalige oder geänderte gesetzliche Regelung erfahren haben, aufgrund derer ihre zumindest kerngleiche Weiterverwendung ausgeschlossen erschiene. Dies betrifft etwa die 10 €-Klausel, vor allem aber die Transparenzdefizite der Klau-selwerke. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass und aus wel-chen Gründen die Beklagte diese Mängel, insbesondere die fehlende Trennung zwischen Rückkaufswerten bzw. prämienfreien Versicherungs-summen und Stornoabzügen, im Zuge der angeblichen Neugestaltung ih-rer Allgemeinen Versicherungsbedingungen behoben hat. In dieser Hin-sicht war die Beklagte von der Ordnungsgemäßheit ihres Vorgehens überzeugt und gerade nicht bereit, sich den erhobenen Beanstandungen zu beugen (anders insoweit OLG Braunschweig, VersR 2003, 1111 ff.; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2003, 778, 779).

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