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Wirtschaftsrecht
12.03.2025
Wirtschaftsrecht
BGH: Unwirksamkeit von Klauseln zu Verwahrentgelten ("Negativzinsen") in Verträgen über Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten und von Klauseln zu Entgelten für eine Ersatz-BankCard und eine Ersatz-PIN

BGH, Urteil vom 4.2.2025 – XI ZR 183/23

ECLI:DE:BGH:2025:040225UXIZR183.23.0

Volltext: BB-Online BBL2025-642-4

unter www.betriebs-berater.de

Amtlicher Leitsatz

Die von einer Bank für eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen über Spareinlagen vorformulierten Klauseln

"Verwahrung von Einlagen oberhalb des Freibetrags für alle Einlagen- & Girokonten

Verwahrentgelt 0,5 % p.a.",

"Verwahrentgelt für die Verwahrung von Einlagen auf allen Einlagen- & Girokonten

- für ab dem 01.07.2020 bis einschließlich 30.09.2020 neu eingerichtete Kundennummern oberhalb Freibetrag von 250.000,00 €

0,5 % p.a.

- für ab dem 01.10.2020 bis einschließlich 09.05.2021 neu eingerichtete Kundennummern oberhalb Freibetrag von 100.000,00 €

0,5 % p.a.

- für ab dem 10.05.2021 neu eingerichtete Kundennummern oberhalb Freibetrag von 50.000,00 €

0,5 % p.a."

und

"1. Die [C-Bank] erhebt ab dem […] für die auf Euro lautenden Einlagen (inklusive Spareinlagen) auf den Konten des Kunden, die unter seiner Kundennummer […] gegenwärtig und zukünftig geführt werden (im folgenden „Kundenkonten“) ein monatliches Guthabenentgelt. […]

3. […] Dieser Kostensatz entspricht dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Einlagenfazilität im jeweiligen Berechnungsmonat festgelegten Zinssatz (aktuell 0,50 % p.a.)."

sind im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bl Cb

Sachverhalt

Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahr und ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte Bank bietet Verbrauchern verschiedene Verträge über Spareinlagen an.

In den Jahren 2020 bis 2022 berechnete die Beklagte ihren Neukunden ein "Verwahrentgelt" und ab Anfang des Jahres 2021 ihren Bestandskunden ein "Guthabenentgelt" auf Spareinlagen.

Im Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten (Anlage K3) hieß es im Kapitel über den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern unter den Überschriften "Sichteinlagen" und "Spareinlagen" jeweils wie folgt:

"Verwahrung von Einlagen oberhalb des Freibetrags für alle Einlagen- & Girokonten

Verwahrentgelt 0,5 % p.a."

In einer Fußnote wurde auf das Kapitel über die Verwahrung von Einlagen für alle Kunden verwiesen, in dem für verschiedene Zeiträume Freibeträge in Höhe von 50.000 €, 100.000 € und 250.000 € genannt waren.

In dem Preisaushang der Beklagten (Anlage K2), der die Konditionen für Sparkonten, Tagesgelder und Girokonten enthält, hieß es u.a. wie folgt:

"Verwahrentgelt für die Verwahrung von Einlagen auf allen Einlagen- & Girokonten

- für ab dem 01.07.2020 bis einschließlich 30.09.2020 neu eingerichtete Kundennummern oberhalb Freibetrag von 250.000,00 €

0,5 % p.a.

- für ab dem 01.10.2020 bis einschließlich 09.05.2021 neu eingerichtete Kundennummern oberhalb Freibetrag von 100.000,00 €

0,5 % p.a.

- für ab dem 10.05.2021 neu eingerichtete Kundennummern oberhalb Freibetrag von 50.000,00 €

0,5 % p.a."

Am 1. Juli 2022 ergänzte die Beklagte ihren Preisaushang dahin, dass ein Entgelt für die Verwahrung von Einlagen vorerst nicht erhoben werde.

Mit Bestandskunden vereinbarte die Beklagte ab Anfang des Jahres 2021 die Zahlung eines "Guthabenentgelts" für auf Euro lautende Einlagen (künftig: Vereinbarung bzw. Vereinbarungen). In diesen Vereinbarungen heißt es u.a. wie folgt:

"1. Die C­Bank erhebt ab dem […] für die auf Euro lautenden Einlagen (inklusive Spareinlagen) auf den Konten des Kunden, die unter seiner Kundennummer […] gegenwärtig und zukünftig geführt werden (im folgenden „Kundenkonten“) ein monatliches Guthabenentgelt.

2. Zur Berechnung des Guthabenentgelts ermittelt die C­Bank den monatlichen Durchschnittsbetrag der auf den Kundenkonten unterhaltenen auf Euro lautenden Einlagen. Dabei wird von dem errechneten monatlichen Durchschnittsbetrag ein Freibetrag in Höhe von […] abgezogen.

3. […] Dieser Kostensatz entspricht dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Einlagenfazilität im jeweiligen Berechnungsmonat festgelegten Zinssatz (aktuell 0,50 % p.a.)."

Im Rahmen von Verhandlungen der Beklagten mit ihren Kunden über den konkreten Inhalt der Vereinbarung kam es teilweise zu Änderungen des in der Vereinbarung unter Ziffer 1 genannten Zeitpunkts, der unter Ziffer 2 genannten Höhe des Freibetrags und des unter Ziffer 3 genannten Kostensatzes.

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen das in Sparverträgen der Beklagten bestimmte Verwahr- und Guthabenentgelt. Er ist der Ansicht, die Klauseln würden einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalten. Mit seiner Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG nimmt er die Beklagte in Anspruch, es zu unterlassen, in Verträgen über Spareinlagen mit Verbrauchern die streitgegenständlichen oder inhaltsgleiche Bestimmungen über Entgelte für die Verwahrung von Einlagen in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis (Anlage K3) (Antrag zu 1), in ihrem Preisaushang (Anlage K2) (Antrag zu 2) und in den Ziffern 1 und 3 ihrer Vereinbarung (Anlage K6) (Antrag zu 3) zu verwenden, und/oder sich in Verträgen über Spareinlagen mit Verbrauchern darauf zu berufen. Darüber hinaus begehrt er Auskunft über die von den in der Vereinbarung (Anlage K6) enthaltenen Klauseln betroffenen Verbraucher (Antrag zu 4) sowie die Versendung eines von ihm formulierten Berichtigungsschreibens durch die Beklagte an die von der "Vereinbarung" (Anlage K6) betroffenen Verbraucher (Antrag zu 5) sowie Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 267,50 € nebst Prozesszinsen (Antrag zu 6).

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten, der sich der Kläger mit seiner Anschlussberufung angeschlossen hat, hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge vollumfänglich weiter.

Aus den Gründen

11        Die Revision des Klägers hat Erfolg.      A.

 

12        Die Revision ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht auf die AGB-rechtliche Überprüfung der von der Beklagten gegenüber Neukunden verwendeten Klauseln beschränkt. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keinen Zusatz, der die zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.). Aus diesen muss dann aber mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines - tatsächlich und rechtlich selbständigen - abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (Senatsurteil vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 8, insoweit in BGHZ 191, 119 nicht abgedruckt; BGH, Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt, und vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06, WM 2008, 748 Rn. 8, jeweils mwN). Eine solche Beschränkung ist nicht anzunehmen, wenn das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat, ohne weiter erkennbar zu machen, dass es die Zulassung der Revision auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen (BGH, Urteile vom 29. Januar 2003, aaO S. 361 und vom 3. März 2005 - IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716). So liegen die Dinge hier.

 

13        In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils heißt es, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen sei. Einen Hinweis auf eine Beschränkung der Revisionszulassung lässt sich den Entscheidungsgründen nicht entnehmen. Soweit das Berufungsgericht ausführt, "die Rechtsfrage" könne in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten, da die streitgegenständlichen Vereinbarungen - die Rahmenvereinbarung mit Neukunden nebst AGB - mit zahlreichen Kunden der Beklagten abgeschlossen worden seien, teilt es lediglich den Anlass der Revisionszulassung mit. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Überprüfung der gegenüber Neukunden verwendeten Klauseln ist damit nicht verbunden. Das Berufungsgericht hebt im Rahmen seiner Ausführungen lediglich die "Rahmenvereinbarung mit Neukunden nebst AGB" in einer Parenthese hervor, spricht anschließend allerdings umfassend von "Kunden" und damit im Ergebnis auch von "Bestandskunden".

 

14        Da die Revision danach unbeschränkt zugelassen ist, ist die vom Kläger vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegenstandslos (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2016 - XI ZR 434/15, BGHZ 213, 52 Rn. 6).        B.         I.

 

15        Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in WM 2024, 166 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

 

16        Dem Kläger stünden gegen die Beklagte keine Ansprüche gemäß §§ 1, 2 UKlaG zu, da die streitgegenständlichen Entgeltklauseln wirksam seien. Die Klauseln unterlägen keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Bei der Vereinbarung über das von Neukunden auf Spareinlagen zu entrichtende Verwahrentgelt handele es sich um eine die Hauptleistung betreffende Preishauptabrede. Die Verträge über Sparverträge unterlägen den Regelungen der unregelmäßigen Verwahrung nach § 700 BGB. Es bestehe keine Verpflichtung des Sparers zur Einlage des Geldes, sondern einseitig nur die Verpflichtung der Bank zur Verwahrung und zur Herausgabe des gleichen Geldbetrags an den Sparer. Daraus folge, dass die Erbringung der Spareinlage durch den Sparer keine Hauptleistung des Sparvertrags sein könne. Dem Sparer komme es regelmäßig nicht nur auf das Erzielen einer Rendite an, sondern auch auf die sichere Aufbewahrung seiner Gelder. Die Verwahrung und Rückgewähr des gleichen Geldbetrags sei die einseitige vertragliche Hauptleistungspflicht der Bank aus dem Sparvertrag. Das Verwahrentgelt sei der Preis für diese vertragliche Hauptleistung, das einer Inhaltskontrolle entzogen sei. Durch die Vertragsgestaltung sei für den durchschnittlichen Verbraucher erkennbar und transparent, dass die sichere Aufbewahrung und Verwahrung der Einlagen und nicht die zinsbringende Geldanlage Hauptpflicht aus dem Sparvertrag sei.

 

17        Mit Bestandskunden habe die Beklagte gesonderte Vereinbarungen über ein Guthabenentgelt getroffen. Die Regelungen über das Verwahrentgelt im Preis- und Leistungsverzeichnis sowie im Preisaushang hätten nur für Neukunden, nicht hingegen für Bestandskunden gegolten. Dies folge aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Regelungen, wonach nur bei frühestens ab dem 1. Juli 2020 "neu eingerichteten Kundennummern" ein Verwahrentgelt zu zahlen gewesen sei. Die Vereinbarung des Guthabenentgelts mit Bestandskunden unterliege aus denselben Gründen wie die Vereinbarung eines Verwahrentgelts mit Neukunden als Preishauptabrede nicht der Inhaltskontrolle. Auch das Guthabenentgelt stelle ein Entgelt für die einseitige Verpflichtung der Bank dar, das Sparguthaben sicher zu verwahren und dem Sparer den gleichen Betrag zurückzugewähren. Anlass für die Vereinbarung des Guthabenentgelts seien zwar die von der Beklagten aufgrund einer eigenen Verpflichtung an die Deutsche Bundesbank im Rahmen der Einlagenfazilität zu zahlenden Zinsen. Die Beklagte wälze diesen Aufwand aber nicht auf die Bestandskunden ab. Denn der Grund für die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Zinsen im Rahmen der Einlagenfazilität sei letztlich die Hereinnahme der Spareinlagen von Kunden, die die Beklagte bei der Deutschen Bundesbank "parken" müsse.

 

18        Selbst wenn man vom Vorliegen kontrollfähiger Klauseln ausginge, seien diese nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie die Verbraucher nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würden. Die gesetzliche Regelung der unregelmäßigen Verwahrung nach §§ 700, 488 BGB sehe für Sparverträge weder eine Pflicht des Sparers vor, der Bank einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung zu stellen noch eine Pflicht der Bank, die Zurverfügungstellung des Geldes durch den Sparer zu vergüten. Es bestehe auch keine Gefährdung des Vertragszwecks. Die vereinbarte Vergütung stelle insbesondere keine wesentliche Einschränkung der Hauptleistungspflicht aus dem Sparvertrag dar, wonach die Bank dem Kunden den gleichen Geldbetrag zurückzugewähren habe. Die Entgeltregelung führe zwar dazu, dass die Bank dem Verbraucher lediglich den um das Verwahrentgelt verringerten Geldbetrag zurückgewähre. Dies sei jedoch bloße Folge des Rechts der Bank, ohne Aufrechnungserklärung gegenseitige Forderungen in laufender Rechnung gemäß § 355 HGB zu saldieren. Im Übrigen sei diese faktische Einschränkung nicht so wesentlich, dass sie zur Aushöhlung des Vertrags führe. Eine Leistungsbegrenzung bedeute für sich genommen noch keine Vertragszweckgefährdung. Diese liege erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhle und zwecklos mache. Eine solche Einschränkung sei hier nicht gegeben, da der Abzug in Höhe des Entgelts erst für Beträge oberhalb eines bestimmten Freibetrags (zunächst 250.000 € und zuletzt 50.000 €) und nur in Höhe von 0,5% p.a. zu zahlen gewesen sei.

 

19        Eine Gefährdung des Vertragszwecks könne zwar dadurch entstehen, dass die negative Verzinsung im Einlagengeschäft eine Änderung des Vertragscharakters bewirken könne, soweit bis zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Guthabenentgelts mit Bestandskunden Sparzinsen vereinbart gewesen seien. Die Beklagte habe das Guthabenentgelt gegenüber Bestandskunden aber nicht einseitig durch eine Änderung des in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug genommenen Preisaushangs eingeführt, sondern mit Bestandskunden vielmehr separate Vereinbarungen getroffen. Darin werde der Bestandskunde deutlich darauf hingewiesen, dass für auf Euro lautende Einlagen (einschließlich Spareinlagen) ein Guthabenentgelt erhoben werde. Im Preisaushang habe die Beklagte den Sparzins nicht durch ein Verwahrentgelt ersetzt, sondern das Verwahrentgelt im Preisaushang zusätzlich zu und unabhängig von den Zinsen auf Spareinlagen aufgeführt und ausdrücklich auf Verträge mit Neukunden begrenzt.

 

20        Da die Klauseln wirksam seien, habe der Kläger auch keine Ansprüche auf Auskunft und Folgenbeseitigung sowie auf Ersatz der Abmahnkosten. II.

 

21        Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

 

22        1. Die Revision ist zulässig.

 

23        Die Revisionserwiderung meint zu Unrecht, die Revision sei im Hinblick auf die AGB-rechtliche Überprüfung der Vereinbarung (Klageantrag zu 3) nicht ordnungsgemäß in der gesetzlichen Form des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO begründet. Die Revision beanstandet in ihrer Begründung, die von der Beklagten verwendeten "Verwahr- und Guthabenentgelte" könnten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nur so interpretiert werden, dass die Beklagte mit ihren Kunden "pauschalierte Regressansprüche" habe vereinbaren wollen. Solche Vereinbarungen seien nach Auffassung der Revision kontrollfähig und würden die Kunden unangemessen benachteiligen. Diese Argumentation genügt für eine ordnungsgemäße Begründung der Revision. Dass die Revision die Ausführungen des Berufungsgerichts bezüglich der Wirksamkeit der Klauseln über das Verwahrentgelt und das Guthabenentgelt in wesentlichen Teilen mit derselben Begründung angreift, ist nicht zu beanstanden.

 

24        2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche aus §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG auf Unterlassung der weiteren Verwendung der Klauseln über das Verwahrentgelt (Anträge zu 1 und zu 2) und über das Guthabenentgelt (Antrag zu 3) in Sparverträgen mit Verbrauchern verneint. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegen die Entgeltklauseln der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle und halten dieser nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

 

25        a) aa) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den gegenüber Neukunden verwendeten Entgeltklauseln in dem Preis- und Leistungsverzeichnis (Antrag zu 1) und in dem Preisaushang (Antrag zu 2) jeweils um vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt.

 

26        bb) Bei den mit Bestandskunden in der Vereinbarung getroffenen Regelungen (Antrag zu 3) handelt es sich ebenfalls um vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.

 

27        Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Diese Voraussetzungen liegen bei den in der Vereinbarung enthaltenen Bestimmungen vor.

 

28        (1) Die Bestimmungen in der Vereinbarung sind nach der Feststellung des Berufungsgerichts von der Beklagten vorformuliert worden. Nach dem Vortrag der Beklagten wurde die Vereinbarung auf ihre Initiative auch mit mehreren Kunden abgeschlossen. Ob es sich dabei, wie die Beklagte weiter vorgetragen hat, nur um einen "Bruchteil" ihrer Kunden handelte, ist unerheblich.

 

29        (2) Auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten steht weiter fest, dass die Bestimmungen in der Vereinbarung von der Beklagten gestellt wurden.

 

30        Vertragsbedingungen sind von einer Partei gestellt, wenn diese die vorformulierten Bedingungen in die Verhandlung einbringt und deren Verwendung zum Vertragsschluss verlangt (BGH, Urteile vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 11 und vom 1. März 2013 - V ZR 31/12, NJW-RR 2013, 1028 Rn. 17 mwN; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 84. Aufl., § 305 Rn. 10). Der (einseitige) Wunsch einer Partei, bestimmte von ihr bezeichnete vorformulierte Vertragsbedingungen zu verwenden, ist grundsätzlich ausreichend (BGH, Urteile vom 17. Februar 2010, aaO Rn. 12 und vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 26/15, WM 2016, 668 Rn. 24). Bei Verbraucherverträgen - wie hier - ist gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB widerleglich zu vermuten, dass eine Vertragsbedingung gestellt ist, sofern sie nicht durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurde.

 

31        Zur Widerlegung dieser Vermutung beruft sich die Beklagte ohne Erfolg darauf, sie habe einzelne Parameter der Vereinbarung, namentlich die Höhe des Freibetrags, den Entgeltsatz und den zeitlichen Beginn der Entgeltpflicht, gegenüber ihren Bestandskunden zur Verhandlung gestellt. Um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt es sich zwar dann nicht, wenn die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). Von einem Aushandeln in diesem Sinne kann aber nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären. Das Merkmal des Stellens von Vertragsbedingungen entfällt erst dann, wenn der Verbraucher Gelegenheit dazu erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlung einzubringen (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 25; BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 26/15, WM 2016, 668 Rn. 25; Schild von Spannenberg, WM 2017, 1443, 1445). In der Regel schlägt sich das Aushandeln daher in Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Die allgemein geäußerte Bereitschaft, belastende Klauseln abzuändern, genügt nicht (Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 23, vom 4. Juli 2017 - XI ZR 233/16, WM 2017, 1652 Rn. 23 und vom 5. Juni 2018 - XI ZR 790/16, BGHZ 219, 35 Rn. 33 f., jeweils mwN; Senatsbeschluss vom 19. März 2019 - XI ZR 9/18, NJW 2019, 2080 Rn. 14; vgl. auch BGH, Urteil vom 27. März 1991 - IV ZR 90/90, WM 1991, 1177 f.). Da sich das Aushandeln nach dem Gesetzeswortlaut jeweils auf bestimmte Vertragsbedingungen beziehen muss ("im Einzelnen"), führt dieses nur in diesem Umfang ("soweit") zur Nichtanwendung der §§ 305 ff. BGB (vgl. Senatsbeschluss vom 19. März 2019, aaO Rn. 15; BGH, Urteile vom 5. Dezember 1995 - X ZR 14/93, WM 1996, 967, 973 und vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 322 f.; BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - VIII ZR 137/12, NJW 2013, 1668 Rn. 7 ff.).

 

32        Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sie die Bestimmungen der von ihr vorformulierten Vereinbarung in dem vorgenannten Sinne mit ihren Kunden ausgehandelt hat. Der Text der beanstandeten Klauseln in der Vereinbarung wurde von der Beklagten nicht zur Disposition gestellt. Soweit die Beklagte im Einzelfall die Höhe des Freibetrags, den Entgeltsatz und den Zeitraum des Beginns der Erhebung des Guthabenentgelts gegenüber ihren Bestandskunden zur Verhandlung stellte, liegt darin kein Aushandeln der Bestimmungen zur Erhebung des Guthabenentgelts als solches, die vom Kläger vorliegend angegriffen werden.

 

33        b) Die Klauseln unterliegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

 

34        aa) Die Wirksamkeit eines formularmäßig vereinbarten Entgelts für die Verwahrung von Spareinlagen wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.

 

35        Eine Meinung hält solche Klauseln für unwirksam, weil sie der Inhaltskontrolle unterlägen und den Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten (vgl. OGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - 5 Ob 138/09v, abrufbar unter www.ris.bka.gv.at; OLG Stuttgart, WM 2019, 1110, 1116 (für Altersvorsorgeverträge); Staudinger/Rodi, BGB, Neubearb. 2022, Anh zu §§ 305-310 Rn. F 91a; Bode, VuR 2022, 20, 25; Dehne-Niemann, jurisPR-BKR 5/2022 Anm. 1; Feldhusen, VuR 2023, 323, 328; Müller-Christmann, WuB 2024, 113, 116 f.; Omlor, ZBB 2020, 355, 361; Radke, WM 2023, 960, 964; ders., Negative Nominalzinsen im Zins- und Vertragsrecht, 2019, S. 93). Nach der Gegenauffassung sind solche Klauseln wirksam (vgl. Langner in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 45 Rn. 90 ff.; Wollgarten in Langner, Verwahrentgelt und Negativzinsen in der Bankpraxis, 2023, § 1 Rn. 148 ff.; Zahrte in Bunte/Zahrte, AGB-Banken, AGB-Sparkassen, Sonderbedingungen, 6. Aufl., 4. Teil, III. Rn. 72; Suendorf-Bischof, BKR 2019, 279, 285 f.; Vogel, BKR 2018, 45, 55; Waßmuth, RdF 2023, 151).

 

36        bb) Zutreffend ist die zuerst genannte Auffassung.

 

37        (1) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen allerdings abweichend vom Gesetz oder von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind inhaltlich zu kontrollieren (Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, BGHZ 212, 329 Rn. 21). Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind ebenfalls der Inhaltskontrolle unterworfen (st. Rspr., Senatsurteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16, vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 24, vom 16. Februar 2016 - XI ZR 454/14, BGHZ 209, 71 Rn. 23, vom 10. September 2019 - XI ZR 7/19, BGHZ 223, 130 Rn. 16 und vom 18. Januar 2022 - XI ZR 505/21, BGHZ 232, 227 Rn. 11, jeweils mwN).

 

38        Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie Preisabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln, die der Senat selbst vornehmen kann (st. Rspr., Senatsurteile vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15, vom 10. September 2019 - XI ZR 7/19, BGHZ 223, 130 Rn. 17 und vom 18. Januar 2022 - XI ZR 505/21, BGHZ 232, 227 Rn. 12). Diese hat sich nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 25 und vom 18. Januar 2022, aaO, jeweils mwN). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht zu bleiben haben Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind (Senatsurteile vom 13. Mai 2014, aaO und vom 4. Juli 2017 - XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172 Rn. 25). Da Allgemeine Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen zu behandeln sind, ist ihre Auslegung - nicht anders als die Überprüfung ihrer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht - Rechtsfrage, die ohne Bindung an das Parteivorbringen zu erfolgen hat (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 2017 - XI ZR 72/16, WM 2017, 1599 Rn. 28 und vom 18. Juni 2019 - XI ZR 768/17, BGHZ 222, 240 Rn. 39, jeweils mwN).

 

39        (2) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht noch zutreffend angenommen, dass die Klauseln, die Gegenstand der ersten drei Klageanträge sind, eine Hauptleistung aus dem Sparvertrag bepreisen.

 

40        (a) Die angegriffenen Klauseln über das Verwahrentgelt im Preis- und Leistungsverzeichnis und im Preisaushang der Beklagten sind bei der gebotenen objektiven, nicht am Willen der Vertragsparteien zu orientierenden Auslegung, für die in erster Linie ihr Wortlaut maßgebend ist (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 2023 - XI ZR 544/21, BGHZ 237, 71 Rn. 18), dahin auszulegen, dass mit ihnen u.a. Einlagen auf den Sparkonten oberhalb eines im Einzelnen genannten Freibetrags (50.000 €, 100.000 € oder 250.000 €) mit 0,5% p.a. bepreist werden sollen. Entsprechendes gilt für die beanstandeten Klauseln in den Ziffern 1 und 3 der "Vereinbarung" (Anlage K6). Dass die Beklagte das Entgelt in der Vereinbarung als "Guthabenentgelt" bezeichnet, ändert an dessen Regelungsgehalt, nämlich der laufzeitabhängigen prozentualen Bepreisung der Spareinlagen von Kunden oberhalb eines Freibetrags, nichts.

 

41        (b) Hauptleistungspflichten sind nach allgemeinen Grundsätzen nur die für die Eigenart des jeweiligen Schuldverhältnisses prägenden Bestimmungen, die für die Einordnung in die verschiedenen Typen der Schuldverhältnisse entscheidend sind (Senatsurteil vom 18. Juni 2019 - XI ZR 768/17, BGHZ 222, 240 Rn. 25). Bestimmungen, die diese Hauptleistungspflicht verändern, ausgestalten oder modifizieren, gehören dagegen nicht zur eigentlichen Leistungsbeschreibung. Hiermit verbundene Tätigkeiten stellen vielmehr auf die Hauptleistungspflicht bezogene bloße Nebenleistungspflichten dar, die der Vorbereitung, der ordnungsgemäßen Durchführung und der Sicherung der Hauptleistung dienen und diese ergänzen (Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 23 mwN).

 

42        (c) Die vorliegenden Sparverträge unterliegen nicht dem Darlehensrecht der §§ 488 ff. BGB, sondern dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 BGB), weil die Sparer - anders als Darlehensgeber - nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts berechtigt, aber nicht verpflichtet sind, Spareinlagen an die Bank zu zahlen (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74 Rn. 23 ff. mwN).

 

43        Aus Sicht der Bank dienen die Spareinlagen zur Refinanzierung ihres Aktivgeschäfts (vgl. BeckOGK/Vogel, BGB, Stand: 1.10.2024, § 808 Rn. 58; Peterek in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bankrecht und Kapitalmarkrecht, 7. Aufl., Rn. 9.51; MünchKommHGB/Fest, 5. Aufl., Band 6, N. Einlagengeschäft Rn. 209). Für den Bankkunden steht bei Spareinlagen angesichts der mäßigen Erträge die sichere Verwahrung seiner Gelder im Vordergrund (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1995 - III ZR 55/94, BGHZ 129, 90, 95; Staudinger/Bieder, BGB, Neubearb. 2020, § 700 Rn. 6; MünchKommBGB/Henssler, 9. Aufl., § 700 Rn. 15; Wollgarten in Langner, Verwahrentgelt und Negativzinsen in der Bankpraxis, 2023, § 1 Rn. 167; aA MünchKommHGB/Fest, aaO; Hopt/Mülbert, Kreditrecht, 1989, Vorbem. zu §§ 607 ff. BGB Rn. 31). Die Verwahrung der Spareinlagen durch die Bank stellt daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - eine den Sparvertrag prägende Leistung und damit eine Hauptleistung der Bank aus dem Sparvertrag dar.

 

44        Die Klauseln unterliegen, wie das Berufungsgericht noch richtig erkannt hat, folglich nicht deswegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die vorbezeichnete Hauptleistung abweichend vom Gesetz (§ 700 Abs. 1 i.V.m. §§ 488 ff. BGB) bepreisen, indem sie in Abhängigkeit von der Höhe der Spareinlage ein Entgelt für die Verwahrung bestimmen. Wie der Senat mit heute verkündetem Urteil in der Sache XI ZR 65/23 (Rn. 31) entschieden und eingehend begründet hat, wird der Hauptleistungsverpflichtung der Bank aus § 700 Abs. 1 BGB durch die Entgeltklausel keine gesetzlich nicht vorgesehene Gegenleistung des Kunden gegenübergestellt.

 

45        (3) Die in Sparverträgen verwendeten Klauseln unterliegen vielmehr deswegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die vorbezeichnete Hauptleistung abweichend von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, BGHZ 212, 329 Rn. 21).

 

46        Bei Spareinlagen steht aus Sicht der Kunden zwar die sichere Verwahrung der Gelder im Vordergrund. Sie dienen darüber hinaus aber auch Sparzwecken. Dieser Zweck ergibt sich nicht nur aus der Bezeichnung der Einlagen als "Spareinlagen", sondern auch aus der kreditwesenrechtlichen Historie des Begriffs der Spareinlage. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 KWG in der bis zum 30. Juni 1993 geltenden Fassung durften als Spareinlagen nur Geldbeträge angenommen werden, die der Ansammlung oder Anlage von Vermögen dienten und nicht für die Verwendung im Geschäftsbetrieb und den Zahlungsverkehr bestimmt waren. Die Bestimmungen über den Sparverkehr sollten den besonderen Charakter der Spareinlagen als längerfristig verfügbare Gelder hervorheben. Das Kontensparen entwickelte sich als die Sparform der natürlichen Personen, die auf Sparkonten Gelder für die Wechselfälle des Lebens ansammelten. Um die Sparfreudigkeit der natürlichen Personen zu erhalten und anzuregen, sollte der Zins für Spareinlagen möglichst stabil und auf einer attraktiven Höhe gehalten werden (BT­Drucks. 3/1114, S. 24 f.).

 

47        Dieser vom historischen Gesetzgeber vorgegebene Zweck von Spareinlagen, das Vermögen von natürlichen Personen mittel- bis langfristig aufzubauen, ist nach wie vor prägend für Sparverträge (vgl. Feldhusen, BKR 2021, 69, 74; Omlor, ZBB 2020, 355, 361; Schebesta, BKR 2002, 564, 565; siehe auch BT­Drucks. 12/4876, S. 7: "Spareinlagen dienen der Ansammlung oder Anlage von Vermögen."). Im Unterschied zu Kapitalanlagen mit vergleichsweise höheren Renditen und Risiken, bieten Spareinlagen eine sichere Möglichkeit, Gelder bei kurzfristiger Verfügbarkeit anzusparen und durch Zinsen vor Inflation zu schützen (vgl. MünchKommHGB/Fest, 5. Aufl., Band 6, N. Einlagengeschäft Rn. 209; Feldhusen, aaO). Dementsprechend sehen die von der Beklagten verwendeten "Bedingungen für den Sparverkehr" in Ziffer 2 ausdrücklich vor, dass Sparkonten der Geldanlage dienen und nicht für Zwecke des Zahlungsverkehrs verwendet werden dürfen.

 

48        Dieser Charakter des Sparvertrags wird durch die Erhebung eines Verwahr- oder eines Guthabenentgelts entgegen den Geboten von Treu und Glauben verändert, da das laufzeitabhängige Verwahr- oder Guthabenentgelt mit dem den Sparvertrag kennzeichnenden Kapitalerhalt nicht zu vereinbaren ist (vgl. Staudinger/Rodi, BGB, Neubearb. 2022, Anh zu §§ 305-310 Rn. F 91a; Hopt/Mülbert, Kreditrecht, 1989, Vorbem. zu §§ 607 ff. BGB Rn. 31; Dehne-Niemann, jurisPR-BKR 5/2022 Anm. 1; Feldhusen, BKR 2021, 69, 74; dies., VuR 2023, 323, 328; Omlor, Bankrechtstag 2017, S. 41, 65; ders., ZBB 2020, 355, 361; Radke, WM 2023, 960, 964; ders., Negative Nominalzinsen im Zins- und Bankvertragsrecht, 2019, S. 93). Denn das streitgegenständliche Verwahr- bzw. Guthabenentgelt führt vorliegend dazu, dass die Höhe der Spareinlage fortlaufend bis zu dem vereinbarten Freibetrag sinkt.

 

49        Diesem Befund lässt sich nicht entgegenhalten, dass die Bank die vollständige Spareinlage bei Fälligkeit an den Kunden zurückzahlt und mit dem Abzug des von ihr erhobenen Verwahr- bzw. Guthabenentgelts nur von ihrem Recht als Kaufmann, ohne Aufrechnungserklärung gegenseitige Forderungen in laufender Rechnung gemäß § 355 HGB zu saldieren, Gebrauch macht. Mit der Erhebung eines fortlaufenden, prozentual von der Höhe der Spareinlage abhängigen Entgelts ist eine Reduzierung der Spareinlage verbunden, die mit der Zielsetzung des Sparvertrags, Kapital zu erhalten und zu mehren, nicht im Einklang steht. Der Senat hat bereits im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirksamkeit von Zinsanpassungsklauseln entschieden, dass Sparverträgen eine Zinsuntergrenze von 0% immanent ist (Senatsurteile vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, BGHZ 185, 166 Rn. 27, vom 24. Januar 2023 - XI ZR 257/21, WM 2023, 326 Rn. 27 und vom 25. Juli 2023 - XI ZR 221/22, BGHZ 238, 47 Rn. 33).

 

50        c) Der danach eröffneten Inhaltskontrolle halten die streitgegenständlichen Entgeltklauseln nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

 

51        aa) Die Erhebung des Verwahrentgelts reduziert die auf die Sparverträge eingezahlten Spareinlagen, was von dem immanenten Vertragszweck "Kapitalerhalt und Sparen" abweicht, nach dem das eingezahlte Kapital mindestens zu erhalten ist.

 

52        bb) Die unangemessene Benachteiligung der Verbraucher wird durch diese Abweichung indiziert (Senatsurteile vom 18. Mai 1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 390, vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 21, vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 69 und vom 19. Januar 2016 - XI ZR 388/14, BGHZ 208, 290 Rn. 30). Diese Vermutung ist zwar als widerlegt anzusehen, wenn die Klausel auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung den Kunden gleichwohl nicht unangemessen benachteiligt (Senatsurteile vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 Rn. 45 und vom 13. Mai 2014, aaO). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sachlich gerechtfertigt und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist (Senatsurteile vom 14. Januar 2014, aaO und vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, BGHZ 212, 329 Rn. 32, jeweils mwN). Solche Umstände liegen hier nicht vor.

 

53        (1) Kreditinstitute im Euroraum waren zwar im Zeitraum vom 11. Juni 2014 bis zum 26. Juli 2022 gemäß Art. 23 Abs. 3 Satz 2 bzw. Art. 54 Abs. 2 der Leitlinie (EU) 2015/510 der Europäischen Zentralbank vom 19. Dezember 2014 über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems (EZB/2014/60) verpflichtet, auf bestimmte Einlagen, die sie bei ihrer nationalen Zentralbank unterhielten, "negative Zinsen" zu zahlen (vgl. MünchKommHGB/Fest, 5. Aufl., Band 6, N. Einlagengeschäft Rn. 438). Außerdem konnten Kreditinstitute seinerzeit aufgrund des vorherrschenden Marktzinsniveaus die durch die Einlagen ihrer Kunden im Passivgeschäft zur Verfügung gestellte Liquidität nicht im Rahmen eines hinreichend renditeträchtigen Aktivgeschäfts verwenden (vgl. MünchKommHGB/Fest, aaO; Tröger, NJW 2015, 657). Diese mit dem damaligen Marktzinsniveau verbundenen Umstände rechtfertigen es aber nicht, vertraglich berechtigte Erwartungen von Verbrauchern, ihr in Spareinlagen gehaltenes Kapital mindestens zu erhalten, durch die Einführung eines Verwahr- oder Guthabenentgelts, das bis zu einem Freibetrag fortlaufend zu einer Reduktion der Spareinlage führt, zu enttäuschen.

 

54        (2) Auch die eingeräumten Freibeträge sind nicht geeignet, eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher zu verneinen.

 

55        Die Freibeträge führen zwar dazu, dass das ab dem Freibetrag anfallende Verwahr- bzw. Guthabenentgelt bezogen auf die gesamte Spareinlage zu einem unter 0,5% p.a. liegenden Entgelt führt. Die vergleichsweise geringe Höhe eines Entgelts ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber grundsätzlich kein geeignetes Kriterium, um eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher zu rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, BGHZ 212, 329 Rn. 40; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1956 - II ZR 79/55, BGHZ 22, 90, 98, vom 29. September 1960 - II ZR 25/59, BGHZ 33, 216, 219 und vom 12. Mai 1980 - VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126, 131).

 

56        d) Eine Wiederholungsgefahr ist auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts zu bejahen, da die Beklagte die Wirksamkeit der Entgeltklauseln jeweils verteidigt und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. April 2002 - III ZR 199/01, WM 2002, 1355 f. und vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 80; Senatsurteil vom 20. März 2018 - XI ZR 309/16, BGHZ 218, 132 Rn. 23).

 

57        3. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - bislang nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des mit dem Klageantrag zu 5 geltend gemachten Beseitigungsanspruchs und des auf diesen Anspruch bezogenen Auskunftsanspruchs gemäß § 242 BGB (Klageantrag zu 4) vorliegen. Es wird dies im Rahmen des wiedereröffneten Berufungsverfahrens nachzuholen haben.

 

58        4. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten findet seine Rechtsgrundlage in § 5 UKlaG i.V.m. § 13 Abs. 1 und 3 UWG und steht der Höhe nach außer Streit. Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus § 291 BGB.         III.

 

59        1. Das Berufungsurteil ist danach auf die Revision aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Hinsichtlich der Klageanträge zu 1, zu 2, zu 3 und zu 6 hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO), da die Aufhebung des Urteils insoweit nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, sondern die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist.

 

60        2. Hinsichtlich der Klageanträge zu 4 und zu 5 ist die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da sich die Entscheidung nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) erweist und nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - einen Anspruch auf Auskunft und Versendung von vorformulierten Berichtigungsschreiben an die von den beanstandeten Klauseln der "Vereinbarung" (Anlage K6) betroffenen Verbraucher verneint, ohne Feststellungen zu den Voraussetzungen dieser Ansprüche getroffen zu haben.

 

61        Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren die Grundsätze des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezember 2017 (I ZR 184/15, WM 2018, 436 Rn. 41 ff., 70 f.) zu beachten haben. Danach kann ein Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG grundsätzlich auf eine gemäß § 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unzulässige Handlung gestützt werden (BGH, Urteile vom 14. Dezember 2017, aaO Rn. 41 und vom 11. September 2024 - I ZR 168/23, WM 2024, 1822 Rn. 23). Der Kläger ist als qualifizierter Verbraucherverband in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen (§ 4 UKlaG) und damit grundsätzlich zur Geltendmachung eines Beseitigungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG berechtigt (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2024, aaO Rn. 24). Da der vom Kläger geltend gemachte Beseitigungsanspruch vorliegend nicht auf Rückzahlung rechtsgrundlos vereinnahmter Entgelte an die betroffenen Verbraucher gerichtet ist, sondern auf die Versendung von individualisierten Berichtigungsschreiben, wird er in dem vorliegenden Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz nicht nach Maßgabe des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 11. September 2024 (I ZR 168/23, aaO Rn. 33 ff.) unter dem Gesichtspunkt der Spezialität von der Bestimmung des § 1 UKlaG und dessen eingeschränkter Rechtsfolgenregelung verdrängt (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2017, aaO Rn. 43 ff.).

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