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Wirtschaftsrecht
28.04.2022
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt: Unwirksame Geschäftsbedingungen eines gewerblichen Vermieters von Kraftfahrzeugen

OLG Frankfurt, Urteil vom 30.12.2021 – 2 U 28/21

ECLI:DE:OLGHE:2021:1230.2U28.21.00

Volltext BB-Online BBL2022-974-1

 

Leitsatz

1. Die verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel der Mietsache gemäß § 536a Abs. 1 S. 1 BGB kann auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden.

2. Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BGB liegt aber dann vor, wenn der Haftungsausschluss auch im Falle der Verletzung sogenannter Kardinalpflichten gelten soll, die als den typischen Verwendungszweck prägende Pflichten im Gegenseitigskeitsverhältnis mit der Mietzinspflicht stehen. Bei einem Kfz-Mietvertrag handelt es sich um solche Pflichten, wenn sie den grundlegenden, für den Vertragszweck des sicheren Fahrens unabdingbaren technischen Zustand des Mietfahrzeugs betreffen, insbesondere die Funktionsfähigkeit von Lenkung und Bremsen.

Sachverhalt

I. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schmerzensgeld, eine Schmerzensgeldrente und die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von materiellem Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls am 11.10.20XX, der sich mit einem von ihr von der Beklagten angemieteten Kraftfahrzeug (nachfolgend auch: „Mietfahrzeug“ oder „Fahrzeug“) ereignet hat.

Die am XX.XX.1964 geborene Klägerin war seit 1998 als gewerbliche Mieterin Stammkundin der Beklagten, die seinerzeit eine gewerbliche Autovermietung betrieb.

Die Streithelferin zu 3) der Beklagten stellte das Mietfahrzeug, Modell1 Typ1, aufgrund einer Bestellung der Beklagten bei der Streithelferin zu 2) vom 23.01.2009 her. Das Fahrzeug wurde am 25.05.2009 als Neufahrzeug geliefert und am Liefertag als Selbstfahrvermietfahrzeug erstmals und auf die Beklagte zugelassen. Nach der Zulassungsbescheinigung Teil I beträgt die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs 148 km/h. Eigentümerin des Fahrzeugs war die Rechtsvorgängerin der Streithelferin zu 1), die mit der Beklagten am 26.05.2009 einen Leasingvertrag zur Finanzierung des Mietfahrzeugs schloss.

An dem Mietfahrzeug wurden mehrere kleinere Reparaturen (Erneuerung Muffe, Kabelband, Isolierband / Ersatz Blinker und Spiegelglas links / Erneuerung Türgriff Schiebetür) durchgeführt. Bei einer am 08.06.20XX durchgeführten Inspektion des Mietfahrzeugs wurden neben einem Motorölwechsel ein Austausch der Motorölfilterpatrone und des Dichtrings vorgenommen.

Bei einer Hauptuntersuchung des Mietfahrzeugs nach § 29 StVZO am 09.06.20XX wurde kein Mangel festgestellt (Anlage B13, Bl. 219 d.A.).

Das Mietfahrzeug wurde vielfach an Dritte vermietet, zuletzt am 02.10.20XX (Bl. 841 ff., 923 ff., 1091 ff. d.A.). Nach der Anmietung kam es an diesem Tag zu einem Unfall mit dem Mietfahrzeug. Nach der Unfallmeldung (Bl. 1094 d.A.) wurde der rechte Außenspiegel beschädigt. Das Mietfahrzeug wurde am 04.10.20XX an die Beklagte zurückgegeben (Bl. 1088 f. d.A.). In dem Rückgabeprotokoll sind als Schäden am Mietfahrzeug „Außenspiegel“ und „Bremslicht“ festgehalten (Bl. 1093 d.A.). Während der Mietzeit vom 02.10. bis 04.10.20XX wurde mit dem Mietfahrzeug eine Strecke von 36 km zurückgelegt.

Die Klägerin, die seinerzeit als Restauratorin tätig war und eine Kunstgalerie betrieb, schloss als Mieterin mit der Beklagten als Vermieterin am 05.10.20XX einen Mietvertrag über das Fahrzeug für den Zeitraum 05. bis 12.10.20XX. Der unterzeichnete Mietvertrag enthielt einen Abschnitt, welcher mit dem Begriff „Mietvertragsbedingungen“ überschrieben war. Dort wurde unter Ziffer 8 die Haftung der Vermieterin wie folgt geregelt:

 „8. Haftung der Vermieterin

Die Vermieterin und ihre Mitarbeiter haften nur für grobes Verschulden, also Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Eine Haftung für Folgeschäden, die durch den Ausfall eines Fahrzeugs entstehen, ist auf jeden Fall ausgeschlossen. Der Haftungsausschluss gilt nicht für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, in diesen Fällen haftet die Vermieterin auch für fahrlässige Pflichtverletzungen.“

Ergänzend wird auf den Mietvertrag (Anlage K1, Anlagenband bzw. AG1, Bl. 40 f. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin übernahm das Mietfahrzeug am 05.10.20XX in Stadt3 mit einem Kilometerstand von 73.652 km.

Sie fuhr mit dem Fahrzeug nach Stadt4 zu einer Kunstmesse.

Während der Mietzeit rief die Klägerin bei der Beklagten an und schilderte einem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn B, sie habe Probleme, in den zweiten Gang zu schalten.

Die Rückfahrt trat sie am 11.10.20XX an. Die zu diesem Zeitpunkt insbesondere aus Bildern und Messeausstattung bestehende Ladung nebst Sicherung hatte ein Gewicht von 685 kg. Das Gesamtgewicht des Mietfahrzeugs einschließlich Ladung betrug 2,84 t.

Die Klägerin befuhr an diesem Tag gegen 13:10 Uhr auf der Bundesautobahn … während eines Überholvorgangs die linke von drei Fahrspuren bei einer Geschwindigkeit von mehr als 110 km/h, nämlich mit 130 bis 140 km/h. Das Fahrzeug wies zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 74.390 km auf.

Die Klägerin wollte zu diesem Zeitpunkt die vollständig geöffnete Seitenscheibe auf der Fahrerseite des Mietfahrzeugs hochkurbeln, wobei sie hierzu die linke Hand vom Steuer nahm, sich vorbeugte sowie die Blickrichtung kurzzeitig nach links zur Fensterkurbel wandte. Das Mietfahrzeug geriet plötzlich ins Schleudern und verlor seine Geradeausbewegung. Es gelangte dabei an das äußere linke Ende der Fahrbahnbefestigung. Diese Bewegung versuchte die Klägerin durch Gegenlenken zu korrigieren. Das Mietfahrzeug kollidierte dabei mit einem auf der Mittelspur befindlichen Kraftfahrzeug, die Klägerin lenkte erneut nach links. Das Mietfahrzeug schleuderte weiter, schaukelte sich auf, kippte nach links um und rutsche auf der linken Seite nach rechts über den Fahrbahnrand hinaus auf die Grünfläche in seine Endlage. Beim Umkippen des Mietfahrzeugs geriet der linke Arm der Klägerin durch das Fenster und wurde abgetrennt.

Die Klägerin erlitt bei dem Unfall schwerste Verletzungen. Ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichts vom 25.12.20XX der Abteilung für Orthopädie der D-Klinik für Rheumatologie, Orthopädie und Psychosomatik in Stadt5 vom 25.12.20XX folgte nach einer notärztlichen Stabilisierung eine stationäre Behandlung in der Klinik für plastische und Handchirurgie der berufsgenossenschaftlichen Klinik Stadt6 vom 11.10.20XX bis zum 22.10.20XX, um die Verletzungen der Klägerin zu behandeln. Eine Replantation des abgetrennten Arms war nicht möglich. Es verblieb ein Oberarmstumpf von ca. 10 cm. Die Behandlung erfolgte zunächst mit einer Kompressionsbehandlung des Stumpfes und eine Schmerzbehandlung bei bestehendem Phantomschmerz. Nach Entlassung der Klägerin aus der berufsgenossenschaftlichen Klinik in Stadt6 wurde die Klägerin ambulant ergotherapeutisch und krankengymnastisch in der E-Klinik in Stadt3 behandelt. Es schloss sich ab 14.11.20XX eine stationäre Anschlussheilbehandlung zur weiteren Stumpfkonditionierung und Prothesenversorgung an. Nach dem Entlassungsbericht wurden bei der Klägerin eine traumatische Oberarmamputation links mit Humerusschaft-Spiralfraktur bei Rechtshändigkeit, der Verdacht auf postoperative Phantomschmerzen sowie rezidivierende depressive Störung im Rahmen der Zuweisungsdiagnostik festgestellt. Im Übrigen wird auf den ärztlichen Entlassungsbericht (Anlage K4, Anlagenband) Bezug genommen.

Am 12.10.20XX rief die Klägerin Herrn Polizeikommissar G an, um sich nach dem Verbleib des Fahrzeugs zu erkundigen. Im Rahmen des Telefonats gab sie an, die Kontrolle über das Fahrzeug verloren zu haben. Polizeikommissar G fertigte einen Aktenvermerk über das Telefonat, auf den Bezug genommen wird (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stadt7, Az. …, Bl. 24 d.A.).

Am 13.10.20XX rief Polizeioberkommissar F bei der Klägerin an, die nach dem von diesem gefertigten Aktenvermerk im Verlauf des Telefonats äußerte, sie habe die Kontrolle über das Fahrzeug verloren, als sie sich zum Zwecke des Schließens der Seitenscheibe auf der Fahrerseite hinuntergebeugt habe. Auf den Aktenvermerk (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stadt7, Az. …, Bl. 33 d.A.) wird Bezug genommen. Ihre Angabe wiederholte die Klägerin bei ihrer Vernehmung als Beschuldigte durch Polizeioberkommissar F am 13.10.20XX (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stadt7, Az. …, Bl. 88 d.A.).

Die Staatsanwaltschaft Stadt7 holte wegen des Unfallhergangs ein Gutachten der H1 GmbH ein, das vom Sachverständigen I gefertigt wurde. Wegen des Berichts zur sachverständigen Unfallaufnahme und Spurensicherung wird auf den Inhalt des Sonderhefts I und wegen des H-Gutachtens vom 23.12.20XX auf den Inhalt des Sonderhefts II der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stadt7 (Az. …) bzw. die Anlage K 3 (Anlagenband) Bezug genommen.

Nach dem Unfall erwarb die Beklagte von der Rechtsvorgängerin der Streithelferin zu 1), der Leasinggeberin, das Fahrzeug unter vollständiger Kaufpreiszahlung und veräußerte es weiter an die J, Stadt8/Polen.

Die Klägerin ist bis in die Gegenwart als Folge des Unfalles noch in ärztlicher und psychiatrischer Behandlung. Durch die Phantomschmerzen, die mit Projektion auf Finger- und Ellenbogengelenk auftreten, bedingt besteht eine schwere psychische Belastung. Sie leidet weiterhin an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer rezidivierend auftretenden depressiven Symptomatik, welche allesamt die psychische Belastung der Klägerin bedingen. Hinzu treten Zervikozephalgien und Brachialgien im HWS-Bereich sowie Symptome eines diskreten Karpaltunnel-Syndroms rechts.

Als Folge des Unfalls ist die Klägerin in ihrer Berufsausübung und in ihrer Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Die Klägerin meidet seither den Kontakt mit anderen Menschen. Aufgrund der fehlenden Funktion des linken Arms / der linken Hand ist die Klägerin deutlich eingeschränkt bei Tätigkeiten, die einen Gebrauch beider Arme erfordern, z.B. dem Tragen von Lasten oder bei alltäglichen Aktivitäten wie der Körperpflege oder dem Ankleiden.

Die Klägerin hat behauptet, sie sei nach der Übernahme des Mietfahrzeugs bei der Beklagten in Stadt3 zu einer Kunstmesse nach Stadt4 gefahren und habe am 11.10.20XX die Rückfahrt nach Stadt3 angetreten. Das Telefonat mit dem Mitarbeiter der Beklagten wegen der defekten Gangschaltung habe sie bereits am 10.10.20XX geführt. Die Lenkung des angemieteten Lkws sei bereits vor Fahrtantritt defekt und das Fahrzeug verkehrsunsicher gewesen. Es sei naheliegend, dass das Fahrzeug bereits mit herausgedrücktem Kreuzgelenk an sie übergeben worden sei. Aufgrund des Mangels der Lenkung habe sie das Fahrzeug nicht mehr abfangen können als sie beim Schließen der Seitenscheibe ins Schleudern geraten sei. Der Schleudervorgang könne nicht auf eine nicht ordnungsgemäß gesicherte Ladung zurückgeführt werden. Die Ladung sei ausreichend gesichert gewesen. Die geladenen Bilder hätten sich nicht hin- und herbewegt, da der Lkw komplett befüllt gewesen und die Bilder mittels Gurten, Kanthölzern und Klebeband ordnungsgemäß bzw. - soweit Freiräume bestanden hätten - durch Holzkreuze gesichert gewesen seien.

Infolge des Unfalls sei sie allein mit dem rechten Arm nicht mehr in der Lage, ihrem Beruf als Kunstrestauratorin auszuüben, ihren Galeriebetrieb habe sie 2016 endgültig aufgeben müssen, lebe von staatlicher Fürsorge und sei aufgrund des Unfalls hoch verschuldet.

Vor dem Unfall habe ihr jährlicher Gewinn bei mehr als 20.000,00 Euro gelegen. Mit dem überlasteten rechten Arm sei sie kaum in der Lage, eine Socke anzuziehen, und benötige darum mehr Strümpfe, ferner insbesondere Schmerzmittel, woraus sie vermehrte Bedürfnisse (abgezinst) in Höhe von ca. 62.000,00 EUR errechnet; die Klägerin hat behauptet, ihr Haushaltsführungsschaden als alleinstehende Hausfrau belaufe sich auf ca. 170.000,00 EUR.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte träfen als gewerbliche Kraftfahrzeugvermieterin erhöhte Sorgfaltspflichten und die Beklagte habe hinsichtlich des Lenkungsmangels, der zu einem verkehrsunsicheren Zustand des Mietfahrzeugs geführt habe, zumindest grob fahrlässig gehandelt.

Die Klägerin hat weiter behauptet, die Beklagte habe bei Beachtung der ihr obliegenden Sorgfaltspflichten den Lenkungsdefekt erkennen können und müssen. Sie habe ihr das Mietfahrzeug nicht übergeben dürfen. Auch wegen der defekten Gangschaltung habe das Mietfahrzeug nicht an sie herausgegeben werden dürfen.

Eine verschuldensunabhängige Haftung nach § 536a BGB sei nicht wirksam durch die Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen, welche nicht als Ausschluss der verschuldensunabhängigen Haftung auslegbar und zudem intransparent sei, ausgeschlossen.

Die Klägerin hat zunächst die Ansicht vertreten, dass wegen eines möglichen eigenen Verschuldens wegen des Schließens des Fensters ein Mitverschulden beim Schmerzensgeld in Höhe von 20 % als Abschlag in Ansatz zu bringen und daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 80.000,00 Euro und eine monatliche Rente von 320,00 Euro angemessen seien. Nach der Einholung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens durch das Landgericht hat die Klägerin die Ansicht vertreten, dass die Beklagte mit einer Haftungsquote von 100 % hafte und daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000,00 Euro angemessen sei. Die beiden anderen Anträge wurde nicht modifiziert.

Die Klage wurde der Beklagten am 15.04.2015 zugestellt. Auf die Streitverkündungen der Beklagten sind die drei Streithelferinnen auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit [15.04.2015] zu zahlen;

2) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 320,00 € ab Rechtshängigkeit [15.04.2015] vierteljährig im Voraus jeweils zum 01.02., 01.05., 01.08. und 01.11. eines jeden Jahres zu zahlen;

3) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 11.10.20XX auf der BAB … Kilometer … in Fahrtrichtung Stadt1, Stadt2, Ortsteil1, Kreis C, zu 80 % zu zahlen, soweit dies die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Die Beklagte und ihre Streithelferinnen haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, Unfallursache sei die fehlerhafte Beladung des Mietfahrzeugs durch die Klägerin gewesen. Die Ladung sei nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen. Die Klägerin sei mit zu hoher Geschwindigkeit gefahren, habe dabei ihren Oberkörper zum Schließen des Fensters nach links unten verdreht, so dass sie zunächst fast nach links von der Fahrbahn abgekommen sei und deshalb habe gegenlenken müssen, was das Schleudern ausgelöst habe. Selbst ein mangelfreies Mietfahrzeug wäre aufgrund der gefahrenen Geschwindigkeit sowie der beweglichen Masse der Ladung und der dadurch auftretenden physikalischen Kräfte von keinem Fahrer in dieser Situation mehr beherrschbar gewesen. Die Lagerschale des Kreuzgelenks sei erst durch das Unfallereignis, bei dem erhebliche Kräfte auf die Vorderräder und die Vorderachse gewirkt hätten, aus ihrer Aufnahme in der Lenksäule herausgedrückt und das Kreuzgelenk sei verkantet worden.

Bei Übergabe an die Klägerin habe ein die Fahrtauglichkeit oder Fahrsicherheit des Mietfahrzeugs in irgendeiner Weise einschränkender Mangel oder Defekt, insbesondere ein Lenkungsspiel, nicht vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel am Kreuzgelenk für die Beklagte und ihre für den Fahrzeugpark zuständigen Mitarbeiter nicht erkennbar gewesen, da der Defekt erst bei dem Aufschneiden der Gummimanschette durch den Sachverständigen habe festgestellt werden können.

Einer ihrer Mitarbeiter, Herr B, habe das Fahrzeug unmittelbar vor der Vermietung an die Klägerin untersucht und einen Mangel - insbesondere einen Defekt an der Lenkung - nicht festgestellt. Auch von den Vormietern sei das Fahrzeug einwandfrei, ohne Unregelmäßigkeiten und ohne ein Spiel des Lenkrades gefahren worden. Ein bereits bei der Übergabe vorhandener Mangel hätte sich bereits auf der Hinfahrt bemerkbar machen und von der Klägerin bemerkt werden müssen. Ein Lenkungsspiel in beide Richtungen von +/-2 cm falle jedem Fahrer auf. Bei dem Anruf der Klägerin vor dem Unfall habe sie jedoch nur erklärt, dass der zweite Gang hake und schwer einzulegen sei, während die anderen Gänge keine Probleme gemacht hätten. Der Mitarbeiter der Beklagten habe die Klägerin nochmals ermahnt, sofort die nächste Parkmöglichkeit oder Markenwerkstatt aufzusuchen und umgehend mitzuteilen, falls während der Weiterfahrt größere technische Probleme auftreten sollten. Hierauf habe die Klägerin ihre Fahrt unverändert fortgesetzt und sei sehr zügig gefahren.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass das Fensterschließen bei hoher Geschwindigkeit und eine fehlende Sicherung der Ladung grob fahrlässig gewesen seien und die Klägerin zumindest ein erhebliches Mitverschulden am Unfall treffe. Ihre eigene Haftung scheide aus, insbesondere, weil ihre Haftung nach Ziffer 8 der einbezogenen Mietbedingungen wirksam beschränkt worden sei. Aufgrund des Hinweises ihres Mitarbeiters, Herrn B, an die Klägerin, diese sei für alle Schäden, die aus einer Weiterfahrt resultierten, verantwortlich, habe die Klägerin die alleinige Haftung für das Unfallereignis übernommen. Der Mitarbeiter habe der Klägerin aufgrund der Getriebeprobleme die Weiterfahrt untersagt.

Die Streithelferin zu 1) der Beklagten hat behauptet, die Klägerin habe den Schaden ausschließlich selbst verursacht, da die Ladung unzureichend gesichert gewesen sei und die Klägerin bei einer Geschwindigkeit von über 110 km/h auf der linken Fahrspur beim Überholen anderer Verkehrsteilnehmer das Fenster habe schließen wollen, wobei sie offensichtlich das Lenkrad nicht unter Kontrolle gehabt habe. Für die Beklagte sei der Defekt weder sichtbar gewesen, noch hätte sie sonst Erkenntnismöglichkeiten hierüber gehabt.

Die Streithelferinnen zu 2) und 3) der Beklagten haben behauptet, dass das Herausdrücken eines Lagerkopfes nicht unfallursächlich gewesen sein könne, sondern hierfür auch das Herausdrücken des zweiten Lagerkopfes für die Lösung des Kreuzgelenks aus der Gabel erforderlich sei, ein Herausdrücken des zweiten Lagerkopfes aber nur wegen unzureichend gesicherter Ladung in Verbindung mit Schwierigkeiten beim Durchfahren von Kurven erfolgt sei. Eine Erkennbarkeit des höchstens für den Unfall mitursächlichen Defekts vor Übergabe und Vermietung sei technisch und tatsächlich ausgeschlossen. Es lägen drei selbstständige Unfallursachen, nämlich der Defekt, das Herunterbeugen der Klägerin und die wechselseitigen Kräfte aufgrund der ungesicherten Ladung bei Durchfahren von Kurven vor.

Das Landgericht hat die Klage, nach Vernehmung des H-Gutachters, Herrn I, als sachverständigen Zeugen sowie nach Einholung von schriftlichen Sachverständigen- und Ergänzungsgutachten des Sachverständigen K und nach mündlicher Gutachtenerläuterung durch diesen, mit am 22.01.2021 verkündeten Urteil abgewiesen.

Die Klägerin habe keine Ansprüche gegen die Beklagte wegen eines Mangels der Mietsache. Es habe ein anfänglicher Mangel vorgelegen, der den Unfall verursacht habe. Im Kardangelenk der unteren Lenksäule sei ein Lager bereits bei Fertigung nicht richtig verbaut worden, sodass sich das Lager im Laufe des Fahrzeugbetriebes in der Lageraufnahme verdreht und Stück für Stück nach außen gearbeitet habe, bis es dann schlagartig bei der Fahrt am 11.10.20XX gegen 13.10 Uhr aus der Aufnahme gedrückt worden sei, wodurch sich plötzlich ein zu großes Lenkungsspiel des Fahrzeugs eingestellt habe, so dass die Klägerin das Fahrzeug nicht mehr in der Spur habe halten können und ins Schleudern geraten sei. Allerdings sei die verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten hierfür durch die Mietvertragsbedingungen beschränkt worden, die wirksam gegenüber einer Unternehmerin einbezogen worden seien. Die Beklagte habe nur verschuldensabhängig haften wollen, und zwar grundsätzlich nur für grobes Verschulden, bei Verletzung von Körper, Gesundheit und Leben auch für fahrlässiges Verhalten. Dies sei nicht überraschend und verstoße nicht gegen die Vorgaben des § 307 BGB, denn gegen die auch bei Unternehmern zu beachtende Klausel des § 309 Nr. 7a) BGB sei nicht verstoßen worden. Die Klägerin sei mit dieser Regelung in den Mietvertragsbedingungen nicht unangemessen benachteiligt worden. Die verschuldensunabhängige Vermieterhaftung für anfängliche Mängel könne abbedungen werden. Die Regelung sei transparent und nicht mehrdeutig. Die Beklagte habe nicht pflichtwidrig gehandelt. Sie habe sich entlastet. Der Mangel in Form eines Defekts an der Lenksäule sei im Rahmen der vorzunehmenden Überprüfungen nicht feststellbar gewesen, denn das Lager habe sich erst kurz vor dem Unfall herausgedrückt, so dass es bei einer Probefahrt oder der Hauptuntersuchung nicht zu erkennen gewesen sei. Der Mangel sei auch bei Überprüfungen, zu denen die Beklagte als gewerbliche Kfz-Vermieterin verpflichtet gewesen sei, nicht feststellbar gewesen, da er nur durch das Aufschneiden einer Manschette feststellbar gewesen wäre. Die Manschette sei jedoch ohne Anlass nicht aufzuschneiden gewesen, und ein solcher habe nicht bestanden. Hierfür sprächen auch das Ergebnis der Hauptuntersuchung, bei der keine Mängel festgestellt worden seien, die Feststellungen des H-Gutachters, dass keine typischen Gebrauchs- und Verschleißerscheinungen vorhanden gewesen seien, die Protokolle der Fahrzeugübergaben der beiden vorhergehenden Mietverträge sowie des Mietvertrags mit der Klägerin, in denen keine solchen Feststellungen enthalten gewesen seien. Auch habe die Klägerin selbst vor dem Unfall keine Probleme mit der Lenkung festgestellt.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 27.01.2021 zugestellte Urteil am 16.02.2021 Berufung eingelegt und diese am 24.03.2021 begründet.

Die Klägerin rügt in ihrem Berufungsvorbringen, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die verschuldensunabhängige Haftung sei durch die Mietvertragsbedingungen der Beklagten abbedungen worden.

Die Beklagte habe zudem schuldhaft gehandelt. Das Landgericht habe verkannt, dass die Verkehrsuntüchtigkeit des Fahrzeugs schon bereits erhebliche Zeit vor dem Unfall bestanden habe und für die Beklagte als gewerbliche Vermieterin erkennbar gewesen sei, was ausgeführt wird.

Die Klägerin vertritt weiter die Ansicht, dass die verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten nicht in deren Mietvertragsbedingungen ausgeschlossen worden sei, da lediglich verschuldensabhängige Schadensersatzpflichten geregelt seien, nicht hingegen verschuldensunabhängige. Hierfür spreche das Wort „auch“ in Satz 3 der Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen. Eine verschuldensunabhängige Haftung sei an keiner Stelle geregelt.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen sei anderenfalls unwirksam, denn es werde versucht, für den Fall des „Ausfalls eines Fahrzeugs“ selbst bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit einschließlich der Verletzung von Leib, Leben und Gesundheit die Haftung vollumfänglich auszuschließen. Es sei unklar, was mit Ausfall eines Fahrzeugs und was mit Folgeschaden gemeint sei. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot. Aus Ziffer 8 S. 2 der Mietvertragsbedingungen der Beklagten ergebe sich, dass im Falle des Ausfalls eines Fahrzeugs für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit keine Haftung eintreten solle, während der sich anschließende S. 3 der Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen der Beklagten regele, dass der Haftungsausschluss - wobei unklar sei, welcher Haftungsausschluss gemeint sei - nicht gelte für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers und/oder der Gesundheit. Diese Formulierungen ständen zueinander in Widerspruch und seien insgesamt unverständlich. Zudem kläre die Klausel die Vertragspartner der Beklagten nicht hinreichend darüber auf, was auf sie zukomme. Die Folgen einer Erklärung müssten dem Vertragspartner jedoch deutlich vor Augen geführt werden, was nicht geschehen sei. Durch die Nichterwähnung der verschuldensunabhängigen Haftung werde dem Vertragspartner nicht klar, was in Bezug auf diese gelte.

Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen der Beklagten sei darüber hinaus unwirksam, weil sie die Haftung für die Verletzung von Kardinalpflichten nicht von der Freizeichnung ausnehme. Der Verwender könne sich von der Haftung für eine schuldhafte Verletzung von Kardinalpflichten nicht freizeichnen und müsse dies bei der Verwendung einer Haftungsfreizeichnungsklausel beachten. Die Mangelfreiheit der Mietsache sei eine Kardinalpflicht des Vermieters. Die Klausel nehme die Haftung für die schuldhafte Verletzung von Kardinalpflichten nicht vom Haftungsausschluss aus, was schon aus S. 1 der Regelung folge, denn die Überlassung des Fahrzeugs sei eine Hauptleistungspflicht, für deren Verletzung die Beklagte jedoch nicht haften wolle.

Die Klägerin ist der Auffassung, das exakte Maß des Lenkungsspiels am Lenkrad sei durch eine weitere Beweisaufnahme zu klären.

Die Klägerin, die im Vergleich zu ihren erstinstanzlichen Klageanträgen die vorgestellte Höhe des Schmerzensgelds nunmehr mit 120.000 EUR angibt und beim Feststellungsantrag einen Mitverschuldensanteil nicht mehr berücksichtigt haben will, beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit [15.04.2015] zu zahlen;

2) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 320,00 € ab Rechtshängigkeit [15.04.2015] vierteljährig im Voraus jeweils zum 01.02., 01.05., 01.08. und 01.11. eines jeden Jahres zu zahlen;

3) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 11.10.20XX auf der BAB … Kilometer … in Fahrtrichtung Stadt1, Stadt2, Ortsteil1, Kreis C, zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin vollumfänglich zurückzuweisen,

sowie,

der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen sie durch Sicherheitsleistung auch in Form einer selbstschuldnerischen, unwiderruflichen und unbefristeten Bürgschaft eines inländischen als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Die Beklagte und ihre Streithelferinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts.

Sie hält den vertraglichen Haftungsausschluss für wirksam. Die Klägerin habe mit einem Ausschluss für die verschuldensunabhängige Haftung, der zulässig sei, rechnen müssen. Auf von der Klägerin angeführte Mietbedingungen anderer Autovermieter, zumal im Jahr 2021, komme es nicht an. Die Klägerin habe schon aufgrund der vorhergehenden Mietverträge mit der Beklagten gewusst, dass die verschuldensunabhängige Haftung ausgeschlossen sei. Die Feststellungen des Landgerichts zur Wahrung des Transparenzgebots seien nicht zu beanstanden. Sie habe verständlich zum Ausdruck gebracht, ohne ein ihr zurechenbares Verschulden nicht haften zu wollen.

Es sei nicht notwendig gewesen, das exakte Maß des Lenkungsspiels am Lenkrad durch eine weitere Beweisaufnahme zu klären. Entsprechende Beweisanträge der Klägerin seien unzulässig.

Es sei unzutreffend, wenn die Klägerin neu behaupte, die Beklagte habe das betroffene Fahrzeug nicht regelmäßig durch erfahrene Fahrzeugführer prüfen lassen. Dies sei regelmäßig bei Überführungen (Anlieferung und/oder Abholung des Fahrzeugs beim Kunden), bei Fahrten zum Betanken, Fahrten zur großflächigen Reinigung des Fahrzeugs oder Fahrten zum Parken auf einem vom Unternehmenssitz räumlich getrennten Parkplatz durch versierte und erfahrene Mitarbeiter der Beklagten geschehen, da diese das Fahrzeug jeweils auch auf ein Vorliegen von optischen oder technischen Mängeln oder sonstigen Beschädigungen überprüft hätten. Im Übrigen habe kein Mieter entsprechende Probleme an oder mit der Lenkung moniert.

Die Streithelferin zu 1) der Beklagten meint, es sei unklar, ob die Berufung unbedingt oder bedingt für den Fall der Gewährung von Prozesskostenhilfe eingelegt worden sei. Das Vorliegen eines anfänglichen Mangels der Mietsache bleibe bestritten. Die Klausel über den Ausschluss der verschuldensunabhängigen Haftung sei wirksam. S. 1 der Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen stelle klar, dass nur für grobes Verschulden gehaftet werde, mithin nicht für einfache Fahrlässigkeit und verschuldensunabhängig. S. 3 der Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen stelle hierzu für die einfache Fahrlässigkeit klar, dass die Haftung bei Verletzung des Körpers, des Lebens und der Gesundheit unberührt bleibe. Im Zweifel sei nur S. 2 der Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen unwirksam, nicht aber der Haftungsausschluss nach S. 1 der Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen. Eine mögliche Intransparenz betreffe nur S. 2 der Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen. Der Haftungsausschluss erfasse auch die Garantiehaftung. Die Beklagte habe nicht schuldhaft gehandelt.

Die Beklagte hat innerhalb verlängerter, nachgelassener Frist zu etwaigem tatsächlichen neuen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17.09.2021 mit Schriftsatz vom 26.10.2021, auf den Bezug genommen wird, Stellung genommen.

Das Gericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2021 informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung nebst Anlagen Bezug genommen (Bl. 1485 - 1495 d.A.).

Aus den Gründen

II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). Die Berufung ist unbedingt und nicht abhängig von der Gewährung von Prozesskostenhilfe eingelegt worden. Dass die Klägerin in der Begründung ihres Prozesskostenhilfeantrags für das Berufungsverfahren von der hinreichenden Aussicht der beabsichtigten Berufung spricht, ändert daran nichts. Die Klägerin orientiert sich dabei eindeutig an den in § 114 Abs. 1 ZPO genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Die Berufung hat in der Sache zum großen Teil Erfolg. Die landgerichtliche Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif. Soweit ein Schriftsatznachlass in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2021 gewährt wurde und die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.10.2021 weiter vorgetragen hat, ist das Vorbringen, wie sich nachfolgend ergibt, nicht entscheidungserheblich.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf angemessenes Schmerzensgeld und eine Schmerzensgeldrente nach §§ 253 Abs. 2, 535 Abs. 1, 536 Abs. 1 S. 1, 536a Abs. 1 BGB; ferner war die materielle Schadensersatzpflicht der Beklagten im begehrten Umfang gemäß §§ 536a Abs. 1 Alt. 1, 536, 253 Abs. 2 BGB, 256 ZPO festzustellen. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

A. Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach Anspruch auf Schmerzensgeld und eine Schmerzensgeldrente nach §§ 253 Abs. 2, 535 Abs. 1, 536 Abs. 1 S. 1, 536a Abs. 1 BGB (Klageanträge 1) und 2)).

1. Der Klageantrag zu 1) ist, obwohl er keine bezifferte Angabe eines Schmerzensgeldes enthält, zulässig.

Der unbezifferte Schmerzensgeldantrag genügt den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es reicht aus, dass die Klägerin unter Darlegung des anspruchsbegründenden Sachverhalts die tatsächlichen Grundlagen für die Ermessensausübung des Gerichts nach § 287 ZPO vorträgt und auch die Größenordnung des geltend gemachten Schmerzensgelds so genau wie möglich angibt (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 10. Oktober 2002 - III ZR 205/01 -, Rn. 12, juris; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage 2021, § 253 Rn. 24).

Hier hat die Klägerin in der Klageschrift eine entsprechende Bezifferung in Höhe von 80.000,00 EUR vorgenommen, wobei sich dieser Betrag unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 20% ergeben hat. Im weiteren Prozessverlauf und in der Berufungsbegründung hat die Klägerin unter Verneinung eines eigenen Mitverschuldens die vorgestellte Größenordnung des Schmerzensgeldbetrages auf 100.000,00 EUR beziffert und schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die vorgestellte Größenordnung mit 120.000,00 EUR angegeben.

Der Zulässigkeit des Schmerzensgeldantrags steht nicht entgegen, dass die vorgestellte Größenordnung in der Berufungsinstanz erhöht worden sind. Auch wenn es sich bei diesem Begehren nach § 264 Abs. 2 ZPO um keine Klageänderung im Rechtssinne handelt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 14. Juli 2005 - 14 U 17/05 -, Rn. 31, juris), wäre sie, wenn sie denn eine Klageänderung darstellte, nach Ansicht des Senats sachdienlich im Sinne von § 533 ZPO. Sie wird auf dieselben Tatsachen gestützt wie die bisherigen Klageanträge.

2. Die Anträge zu 1) und 2) sind dem Grunde nach gerechtfertigt gemäß §§ 536a Abs. 1, 535 Abs. 1, 536 Abs. 1 S. 1, 253 Abs. 2 BGB.

a) Nach § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen, wenn ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden ist.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Parteien waren durch den am 05.10.20XX geschlossenen Mietvertrag über ein Kraftfahrzeug miteinander verbunden und die Beklagte war nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, der Klägerin das Mietfahrzeug in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und es während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.

Der Mietvertrag war nicht beendet. Bei dem Telefonat zwischen der Klägerin und dem Mitarbeiter der Beklagten anlässlich der Probleme mit der Gangschaltung - sei es auf der Hinfahrt nach Stadt4, wie die Klägerin bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt hat und die Beklagte im nachgelassenen Schriftsatz unstreitig gestellt hat, sei es auf der Rückfahrt, wie die Beklagte zunächst vorgetragen hat und was mit dem Vermerk des Mitarbeiters der Beklagten, Herrn B, über ein Telefonat mit der Klägerin am 11.10.2021 korrespondiert, - wurde der Mietvertrag nicht gekündigt, wie die Beklagte meint, selbst wenn der Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin auf ihre Mitteilung von einem möglichen Defekt des Fahrzeuggetriebes aufgefordert haben sollte, mit dem Fahrzeug nicht weiter zu fahren. In diesem Fall wäre die Beklagte allenfalls verpflichtet gewesen, der Klägerin ein alternatives, mangelfreies Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Zur Kündigung des Vertrags war sie jedenfalls nicht berechtigt. Es fehlt bereits an einem wichtigen Grund für eine Kündigung. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden konnte (§ 543 Abs. 1 S. 2 BGB). Zunächst lag schon kein vertragswidriger Gebrauch vor (§ 543 Abs. 2 S. 2 BGB), die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass durch das Verhalten der Klägerin in Form der Weiterbenutzung des Mietfahrzeugs die Substanz der Mietsache konkret gefährdet worden wäre. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, welche mietvertraglichen Pflichten, insbesondere Sorgfaltspflichten, die Klägerin verletzt haben soll. Aber auch im Übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, weshalb für die das Festhalten am Mietvertrag unzumutbar gewesen sein sollte.

Das an die Klägerin als Mietsache übergebene Mietfahrzeug wies einen Mangel bei Vertragsabschluss auf, der die Tauglichkeit des Mietfahrzeugs zum vertragsgemäßen Gebrauch (§ 536 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) aufhob. Das Fahrzeug war mangelhaft. Im Kardangelenk der unteren Lenksäule war ein Lager bereits bei Fertigung nicht richtig verbaut worden. Das Lager verdrehte sich im Laufe des Fahrzeugbetriebes in der Lageraufnahme und arbeitete sich Stück für Stück nach außen, bis es dann plötzlich bei der Fahrt am 11.10.20XX gegen 13.10 Uhr aus der Aufnahme gedrückt wurde, wodurch sich schlagartig ein zu großes Lenkungsspiel des Fahrzeugs einstellte (vgl. Ergänzungsgutachten des Sachverständigen K vom 12.06.2019 Bl. 719 d.A.). Das Zurücklegen einer Fahrtstrecke von 740 km durch die Klägerin wäre nicht möglich gewesen, wenn das Kreuzgelenk bereits bei Übergabe des Fahrzeugs herausgedrückt gewesen wäre, wie der gerichtliche Sachverständige bei der Erläuterung seines Gutachtens ausgeführt hat (Bl. 951 ff. d.A.).

Das Nagellager am unteren Kreuzgelenk der unteren Lenksäule war vor Vertragsschluss und Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin am 05.10.20XX beschädigt gewesen. Damit war das Fahrzeug nicht zum vertraglich vorgesehenen Gebrauch geeignet, sondern, wie der Sachverständige bei seiner Anhörung erläutert hat, „prinzipiell nicht verkehrssicher“ (vgl. Protokoll, Bl. 951 ff d. A.). Soweit allein die Streithelferin zu 1) der Beklagten abweichend von der Beklagten und deren Streithelferinnen zu 2) und 3) in der Berufung weiterhin der Ansicht ist, dass ein anfänglicher Mangel nicht vorgelegen habe, legt sie nicht dar, dass das Urteil des Landgerichts insoweit auf einer Rechtsverletzung beruht oder die zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Das Kreuzgelenk war im Bereich der Lenksäule nicht durch den Unfall aus seiner Lagerung gedrückt worden, was aufgrund des Spurenbildes, in dem Riefen, Verkokungen, Materialabschabungen und Einkerbungen festgestellt wurden, feststeht, die der gerichtliche Sachverständige bei der mikroskopischen Untersuchung festgestellt hat. Es hat sich während der gesamten Laufleistung aus der Lageraufnahme herausgearbeitet, da keine Instandsetzung/Reparaturen an der Lenkspindel vorgenommen worden sind (Protokoll Bl. 951 ff d. A.; Ergänzungsgutachten 13.03.2018, Bl. 432 d. A.). Die Lagerbuchse bewegt sich bei nicht korrekter Verbauung des Wellenlagers im Kardangelenk mit der Folge einer fehlenden dauerhaften kraftschlüssigen Verbindung bei Belastung, dabei verkantet (kippt) sich das Lager durch die Abstützkräfte in der Buchse minimal. Dies führt mit der Zeit zu Verpressungen und Verkokungen des Lagerfetts und Riefen in der Lagerbuchse (vgl. Ergänzungsgutachten 13.03.2018, Seite 5, Bl. 432; Protokoll Bl. 951 ff d.A.). Das Vorhandensein der Riefen und Verkokungen am streitgegenständlichen Lagersitz schließt wiederum aus, dass sich die Lagerwanderung nur während der Nutzungsdauer des Mietfahrzeugs durch die Klägerin ereignet hat bzw. dass das Lager schlagartig durch den Unfall zerstört worden ist (Ergänzungsgutachten vom 13.03.2018, Seite 6 und 8, Bl. 433 und 435 d. A.).

Dementsprechend kam es auch nicht zu einem Herausdrücken beider Lager des Gelenks unmittelbar vor oder bei dem Unfall, wie die Streithelferinnen der Beklagten zu 2) und 3) meinen. Denn bei zwei herausgedrückten Lagern wäre der Bolzen im Kardangelenk ohne Gegenlager innerhalb kürzester Zeit aus dem verbliebenen Lager gerutscht und das Fahrzeug nicht mehr lenkbar gewesen wäre (Gutachten vom 09.08.2016, Seite 12). Der H-Gutachter, Herr I, hätte mit dem Mietfahrzeug nach dem Unfall keine Probefahrt mehr durchführen können, wenn zu diesem Zeitpunkt die Welle des Kardangelenks auch aus dem zweiten Lager gelöst gewesen wäre. Dann wäre das Fahrzeug überhaupt nicht mehr lenkfähig gewesen (Ergänzungsgutachten vom 12.06.2019, Seite 5, Bl. 718 d.A.). Vielmehr spricht die Durchführbarkeit der Probefahrt durch den H-Gutachter, bei der dieser zwar ein Lenkungsspiel feststellte, aber das Mietfahrzeug gleichwohl noch zu lenken vermochte, gegen das Herausdrücken beider Lager und für das vom gerichtlichen Sachverständigen angeführte Herausdrücken nur eines Lagers.

Im Übrigen wird auf die sehr ausführlichen und zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils, insbesondere S. 10 - 14, nach § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Durch die Beschädigung des Nagellagers am unteren Kreuzgelenk wurde die Tauglichkeit des Fahrzeugs zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben, da zum vertragsgemäßen Gebrauch eines gewerblichen Mietfahrzeugs dessen Verkehrssicherheit gehört, um es im Straßenverkehr zu nutzen, wenn nicht - hier nicht ersichtliche - Sonderfälle vorliegen, wie z.B. die Anmietung eines Oldtimers für Ausstellungs- und nicht für Fahrzwecke. An der Bewertung eines schon bei Vertragsschluss vorhandenen Mangels ändert sich nichts dadurch, dass das Lager sich erst während des Betriebs des Mietfahrzeugs in der Lageraufnahme verdreht und dann Stück für Stück herausgearbeitet hat, dann plötzlich während der Fahrt am 11.10.20XX herausgesprungen ist, wodurch sich ein großes Lenkungsspiel ergab, so dass es nicht möglich war, das Fahrzeug in der Spur zu halten. Denn es ist nicht erforderlich, dass der Mangel bei Vertragsschluss bereits hervorgetreten war und seine schädigende Wirkung gezeigt hat (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Auflage 2021, § 536a BGB Rn. 9). Ausreichend ist, wenn bei Vertragsschluss die Gefahrenquelle vorhanden war oder die Schadensursache vorlag, die sich sodann realisiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2010 - XII ZR 189/08 -, Rn. 14 f., juris).

Die Beklagte trifft kein Verschulden. Der Mangel war für die Beklagte auch unter der Berücksichtigung einer gesteigerten Sorgfaltspflicht für gewerbliche Autovermieter vor dem Heraustreten bei der Fahrt am 11.10.20XX nicht erkennbar, weder im Rahmen von Probefahrten noch durch äußere Untersuchungen. Letzteres folgt daraus, dass das grundsätzlich wartungsfreie Kardangelenk der Lenkspindel durch die Staubmanschette, die aus flexiblem Kunststoff besteht und Verschmutzungen im Gelenkbereich verhindern soll, vollständig abgedichtet ist. Mithin ist das Gelenk mit Lager nicht sichtbar. Die Lenkspindel ist wartungsfrei, und ein Prüfer darf ohne einen konkreten Anhaltspunkt bei einer Prüfung Bauteile nicht zerstören, wie der Sachverständige K in seiner Anhörung vor dem Landgericht (Bl. 950 d.A.) ausgeführt hat. Dass die Manschette Öl oder Fett verloren hätte oder porös gewesen wäre, was Anlass zum Aufschneiden der Manschette gegeben hätte, hat der gerichtliche Sachverständige, dem die nach dem Unfall durch den H-Gutachter gefertigten Lichtbilder 8 und 9 vorlagen, welche die nach dem Unfall aufgeschnittene Manschette zeigen, nicht dargelegt. Denn nach dem Erscheinungsbild, das keine Verschmutzung oder Verölung aufzeigt, bestand kein Anlass, die Manschette aufzuschneiden (Bl. 952 f. d.A.). Dementsprechend wurde der Mangel auch nicht bei der Hauptuntersuchung des Mietfahrzeugs durch die H am 09.06.20XX festgestellt.

Der Mangel war auch im Rahmen von Probefahren nicht erkennbar. Er war erst nach dem Herausdrücken des Lagers aus dem Gelenk erkennbar, wie der Sachverständige K überzeugend ausgeführt hat (Bl. 952 d.A.). Der Senat schießt sich den insgesamt zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an und macht sie sich zu eigen. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung die Einholung eines Obergutachtens beantragt hat, war kein Beweis zu erheben. Das eingeholte Gutachten des Sachverständigen K, an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen, hat sich mit dem H-Gutachten auseinandergesetzt. Es enthält keine Widersprüche und geht von den zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus. Der gerichtliche Sachverständige hat seine Auffassung zum Lenkungsspiel mit einleuchtender und logisch nachvollziehbarer Begründung dargelegt.

b) Der Mangel des Mietfahrzeugs hat den Unfall verursacht, durch welchen die Klägerin einen ganz erheblichen Gesundheits- und Körperschaden mit Dauerfolgen erlitten hat.

Das Herausdrücken des Lagers aus dem Gelenk war Ursache für den Schaden der Klägerin. Es ist plötzlich während der Fahrt am 11.10.20XX herausgesprungen, wodurch sich ein großes Lenkungsspiel ergab, so dass es nicht möglich war, das Fahrzeug in der Spur zu halten. Beim Fehlen eines Lagersitzes ergab sich eine instabile Verbindung, die sich in einem unzulässig großen Spiel äußerte und eine sichere Lenkung des Mietfahrzeugs nicht mehr möglich machte, da die Räder kaum bzw. nur zeitverzögert und schwammig auf die Lenkbewegung reagierten (Ergänzungsgutachten vom 12.06.2019, Seite 4, Bl. 717 d. A.). Die zeitverzögerte und dann plötzlich einsetzende Lenkbewegung führte zwangsläufig zu einer Gegenlenkbewegung, die wiederum zeitverzögert und plötzlich einsetzte und wiederum eine Gegenlenkung zur Folge hatte, wodurch sich das Mietfahrzeug aufschaukelte und letztlich umkippte (Ergänzungsgutachten vom 12.06.2019, Seite 4, Bl. 717 d. A.). Dies steht im Einklang mit Unfallschilderung durch die Klägerin. Die Annahme eines unzulässig großen Lenkungsspiels deckt sich dabei mit den schriftlichen Ausführungen des H-Gutachters sowie seinen Angaben in der mündlichen Anhörung, wonach er bei der Probefahrt ein auffälliges Lenkungsspiel festgestellt habe.

Andere Unfallursachen sind ausgeschlossen. Das Fehlen von Blockierspuren der Reifen der Räder der Hinterachse auf der trockenen Fahrbahnoberfläche belegt, dass es nicht zu einem Getriebeschaden gekommen ist (vgl. Seite 6 des H Gutachtens, Sonderheft I). Fahrwerk und Bremsanlage wiesen keine Beschädigungen auf und scheiden damit als Unfallursache aus. Eine unzureichende Sicherung der Ladung war ebenfalls nicht Unfallursache. Das Kippen der Ladung kann nur Folge des Lagerschadens gewesen sein, da das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt auf nahezu gerader Strecke unterwegs war und eine kippende Ladung wegen der zum Fahrzeuggewicht relativ geringen Masse einen derartig instabilen Fahrzustand nicht hätte auslösen können (Ergänzungsgutachten vom 12.06.2019, Seite 4, Bl. 717). Dies gilt auch in Bezug auf ein etwaiges leichtes Bewegen des Lenkrades wegen der Betätigung des Fahrertürfensters. Eine solche Bewegung hat keinen derartigen Einfluss auf die gesicherte Ladung, dass ein starker Schleudervorgang hätte ausgelöst werden können, da hierfür ein starkes Verreißen des Lenkrads erforderlich gewesen wäre (Ergänzungsgutachten vom 13.03.2018, Seite 9, Bl. 436 d. A.), wofür es keine Anhaltspunkte gibt. Auch unter Berücksichtigung des Leergewichts, des Gesamtgewichts und der daraus resultierenden Radaufstandskräfte konnte im vorliegenden Fall eine - zugunsten der Beklagten angenommen - unzureichend gesicherte Ladung mit einem Gewicht von 685 kg als Ursache für die gegenständliche Schleuderbewegung ausgeschlossen werden (vgl. Ergänzungsgutachten vom 13.03.2018, Seite 10, Bl. 437 d. A.). Die Angaben der Klägerin kurz nach dem Unfall gegenüber der Polizei belegen nichts anderes, sondern geben lediglich ihren persönlichen Eindruck in Unkenntnis von der wahren Schadensursache wieder.

Die Klägerin hat durch den auf den Mangel des Mietfahrzeugs beruhenden Unfall ihren linken Arm verloren. Dieser Gesundheits- und Körperschaden wurde durch die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs verursacht, indem das Herausspringen des Lagers bei einer Fahrt von zumindest mehr als 100 km/h zu einer Unsteuerbarkeit des Fahrzeugs, seinem Hin- und Herschleudern und Umkippen führte und der linke Arm der Klägerin beim Umkippen durch das Mietfahrzeug so abgetrennt wurde, dass er auch nicht mehr angenäht werden konnte.

Nach einer notärztlichen Stabilisierung folgte eine stationäre Behandlung in der Klinik für plastische und Handchirurgie der berufsgenossenschaftlichen Klinik Stadt6 vom 11.10.20XX bis zum 22.10.20XX, um die Verletzungen der Klägerin zu behandeln. Es verblieb ein Oberarmstumpf von ca. 10 cm. Die Behandlung erfolgte zunächst mit einer Kompressionsbehandlung des Stumpfes und eine Schmerzbehandlung bei bestehendem Phantomschmerz. Nach Entlassung der Klägerin aus der berufsgenossenschaftlichen Klinik in Stadt6 wurde die Klägerin ambulant ergotherapeutisch und krankengymnastisch in der E-Klinik in Stadt3 behandelt. Es schloss sich ab 14.11.20XX eine stationäre Anschlussheilbehandlung zur weiteren Stumpfkonditionierung und Prothesenversorgung an. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 25.12.20XX der Abteilung für Orthopädie der D- Klinik für Rheumatologie, Orthopädie und Psychosomatik in Stadt5 wurden bei der Klägerin eine traumatische Oberarmamputation links mit Humerusschaft-Spiralfraktur bei Rechtshändigkeit, der Verdacht auf postoperative Phantomschmerzen sowie rezidivierende depressive Störung im Rahmen der Zuweisungsdiagnostik festgestellt.

c) Die gesetzliche verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten nach § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB ist nicht wirksam durch die Regelung in Ziffer 8 S. 3 der Mietvertragsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen worden.

Allerdings regelt diese Vertragsklausel auch den Ausschluss der verschuldensunabhängigen Garantiehaftung des § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB. Zwar erwähnt die Klausel diese Norm nicht. Sie begrenzt nach ihrem Inhalt in Satz 1 aber grundsätzlich jede Haftung der Beklagten und ihrer Mitarbeiter auf grobes Verschulden und soll damit auch eine verschuldensabhängige Garantiehaftung für anfängliche Mängel gemäß § 536a Abs. 1 BGB ausschließen. Eine Ausnahme gilt nach Satz 3 lediglich für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, insoweit hafte die Beklagte auch für leichte Fahrlässigkeit; dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben in § 309 Nr. 7 S. 1 a) und b) BGB. Satz 2 der Vertragsklausel regelt hingegen allein dem Umfang der Haftung, welche Folgeschäden, die durch den Ausfall eines Fahrzeugs entstehen, nicht umfassen soll.

Die in Ziffer 8 getroffene Haftungsregelung ist unwirksam, was dazu führt, dass sich nach

    § 306 Abs. 2 BGB der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften richtet.

aa) § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB ist dispositiv, so dass individualvertraglich abweichende Abreden in den Grenzen von Arglist, Sittenwidrigkeit sowie Treu und Glauben (§§ 536d BGB, 138, 242 BGB) grundsätzlich zulässig sind. Die verschuldensunabhängige Garantiehaftung des § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB bei anfänglich vorliegenden Mängeln kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch durch Formularverträge wirksam abbedungen werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2010 - XII ZR 189/08 -, Rn. 22 m.w.N., juris).

bb) Die Mietvertragsbedingungen sind von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 BGB. Sie sind durch die Aufnahme in die Vertragsurkunde wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Die Vertragsbestimmungen unterliegen der gesetzlichen Kontrolle, weil es sich nicht um eine reine Beschreibung der tatsächlichen Zustände oder des individual Vereinbarten handelt (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB), sondern um Klauseln, die das Leistungsversprechen einschränken, ausgestalten oder modifizieren (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - XI ZR 138/00 -, BGHZ 146, 138-144, Rn. 12, juris).

cc) Die Regelung in Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen ist auch Vertragsinhalt geworden; sie verstößt allerdings nicht gegen § 305 c Abs. 1 BGB. Danach werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Weder ist die Klausel wegen ihrer Anordnung im Vertrag ungewöhnlich, denn der Abschnitt ist mit „8. Haftung der Vermieterin“ überschrieben und befindet sich auch sonst nicht an einem ungewöhnlichen Ort im Gesamtwerk, noch ist die Änderung des gesetzlichen mietrechtlichen Haftungsregimes, insbesondere die Modifikation der verschuldensunabhängigen Haftung für anfängliche Mängel der Mietsache, ungewöhnlich, sondern durchaus gebräuchlich, da Vermieter eines Kraftfahrzeugs ein Interesse an einer solchen Haftungsbeschränkung haben, so dass ein Mieter bei Abschluss des Vertrags auch grundsätzlich mit einer solchen Klausel rechnen muss (vgl. zu Geschäftsräumen BGH, Urteil vom 21. Juli 2010 - XII ZR 189/08 -, juris, Rn. 27).

dd) Ziffer 8 der Mietvertragsbedingungen ist jedoch unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, da sie die Klägerin als Vertragspartnerin der die Bedingungen verwendenden Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Die unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB folgt daraus, dass die Beklagte einen umfassenden Ausschluss der gesetzlichen Garantiehaftung für anfängliche Mängel der Mietfahrzeuge bestimmt hat und hiervon auch bei Verletzungen des Lebens, des Körpers und der Gesundheit eine Haftung wegen sogenannter Kardinalpflichten nicht ausgenommen hat. Denn hiermit hat sie [aus § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen und damit die Klausel unwirksam, wenn eine Bestimmung] wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so eingeschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Leitender Maßstab dafür ist die Frage, ob der Haftungsausschluss zu einer Aushöhlung derjenigen vertraglichen Pflichten (sog. Kardinalpflichten) führt, die die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags erst ermöglichen und auf deren Erfüllung der Vertragspartner des Verwenders deshalb vertraut und vertrauen darf (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2001 - VIII ARZ 1/01 -, Rn. 19, juris m.w.N.).

Die sich aus § 536 BGB ergebende Pflicht des Vermieters, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, ist eine wesentliche Vertragspflicht des Mietvertrags im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Diese Pflicht ist, jedenfalls soweit sie den grundlegenden, für den Vertragszweck des sicheren Fahrens unabdingbaren technischen Zustand des Mietfahrzeugs betrifft und insofern die Gebrauchsgewährungspflicht der Beklagten als Vermieterin ergänzt, eine im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der Mietzinspflicht des Mieters stehende Hauptpflicht. Nach der Zielrichtung der Vorschrift des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, eine Aushöhlung der den typischen Vertragszweck prägenden Pflichten zu verhindern, sind jedenfalls die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptpflichten eines Vertrages als wesentliche Vertragspflichten im Sinne dieser Vorschrift anzusehen (vgl. zu einem Wohnraummietverhältnis BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2001 - VIII ARZ 1/01, Rn. 21, juris). Ein Transporter als Mietfahrzeug ist nach dem Zweck des gewerblichen Mietverhältnisses auch dazu bestimmt, weite Strecken in hoher Geschwindigkeit zurückzulegen. Die Kontrolle des Fahrzeugs durch den Fahrzeugführer setzt dabei unabdingbar voraus, dass jedenfalls die zentralen technischen Einrichtungen des Fahrzeugs, nämlich seine Lenkung ebenso wie seine Bremsen vollständig funktionsfähig sind. Bei der Frage der Wesentlichkeit der Vertragspflichten ist besonders zu berücksichtigen, dass das Fahren im Straßenverkehr mit hoher Geschwindigkeit stets eine latente erhebliche Gefahr für Leib und Leben der Insassen des Fahrzeugs sowie die Ladung ebenso wie für andere Verkehrsteilnehmer begründet, die für den Fahrer beherrschbar sein müssen. Ein Fahrzeug, dessen Fahrtrichtung oder Geschwindigkeit durch den Fahrer nicht beherrscht werden kann, begründet typischerweise ganz erhebliche Gefahren für Leib und Leben der Insassen. Ein Mieter eines Kraftfahrzeugs verlässt sich hingegen grundsätzlich darauf, dass das ihm anvertraute Fahrzeug verkehrstüchtig und frei von Mängeln, insbesondere von solchen Mängeln ist, die für ihn, den Mieter, eine erhebliche Gefahr begründen könnten. Dies entspricht einem allgemeinen Erfahrungssatz (vgl. BGH, Urteil vom 09. November 1966 - VIII ZR 114/65 -, Rn. 9, juris).

Der Ausschluss der Garantiehaftung der Beklagten als Vermieterin auch für Schäden durch von ihr nicht verschuldete anfängliche Mängel des Mietfahrzeugs schränkt die Instandhaltungspflicht der Beklagten zum Nachteil der Mieter nicht unerheblich ein. Gleiches gilt für den Ausschluss der Haftung für die einfach fahrlässige Verletzung von Kardinalpflichten hinsichtlich aller Schäden, bei denen es sich nicht um Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit handelt in Ziffer 8 Satz 1 der Mietbedingungen. Zwar bleibt die Instandhaltungspflicht der Vermieterin als solche von den Freizeichnungsklauseln unberührt. Eine vertragliche Pflicht wird aber auch dann eingeschränkt im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn ihre Verletzung sanktionslos bleibt. Im Hinblick auf das Maß der Gefährdung der Insassen eines Fahrzeugs bei Versagen zentraler technischer Einrichtungen während der Fahrt, aber auch sonstiger Rechtsgüter, vermag das verbleibende Recht zur Minderung der Miete oder gar einer Verzugshaftung den Wegfall auch der verschuldensunabhängigen Garantiehaftung nicht zu kompensieren. Das Minderungsrecht des Mieters gleicht nur die zeitweise geschmälerte Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aus. Ein Mangel der Mietsache kann zunächst unerkannt bleiben und mit Eintritt seiner Wirkungen einen ganz erheblichen Schaden verursachen, wie dies gerade bei der Klägerin der Fall war, während die Gebrauchsminderung des Fahrzeugs demgegenüber nahezu nicht ins Gewicht fällt (vgl. zum ganzen BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2001 - VIII ARZ 1/01 -, Rn. 19 ff., juris; Urteil vom 11. November 1992 - VIII ZR 238/91 -, Rn. 14 ff., juris; Urteil vom 20. Juni 1984 - VIII ZR 137/83 -, Rn. 24 ff., juris, jeweils m.w.N.). Dabei wirkt zwar das Zubilligen eines verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruchs gegen den Vermieter nicht gerade einer schuldhaften Verletzung seiner Pflichten entgegen. Sie hält aber den Vermieter dazu an, allgemein die Mangelfreiheit der Mietsache bei Übergabe an den Mieter in höherem Maße sicherzustellen, als wenn nur ein insoweit fahrlässiges Verhalten des Vermieters eine Schadenersatzhaftung zur Folge hat.

Der Mieter kann derartige durch die Verletzung von Kardinalpflichten des Vermieters entstehende Schäden auch nicht in zumutbarer Weise durch eigene Vorsichtsmaßnahmen abwenden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2001 - VIII ARZ 1/01 -, Rn. 19 ff., juris). Wie oben dargelegt darf ein Mieter grundsätzlich darauf vertrauen, dass das ihm zur Verfügung gestellte Fahrzeug frei von für die Verkehrssicherheit relevanten Mängeln ist. Selbst eine etwaige Versicherungsmöglichkeit für den Mieter würde dessen Risiken, insbesondere für Leib und Leben, demgegenüber regelmäßig nicht in ausreichendem Umfang abdecken.

Eine Formulierung der Vertragsbedingungen, welche die Haftung der Beklagten für eine Verletzung von Kardinalpflichten bestehen lässt, wäre ohne weiteres möglich, indem beispielsweise eine Haftung der Beklagten für einen Verstoß gegen wesentliche Vertragspflichten von einer Haftungsbeschränkung ausgenommen wird, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Erfüllung der Mieter vertraut und vertrauen darf.

Danach kann dahinstehen, ob die Vertragsklausel Ziffer 8 S. 3 auch aus dem Grunde unwirksam ist, weil sie nicht hinreichend klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Hierfür spricht allerdings, dass dem Vertragspartner der Beklagten durch die gewählte Formulierung das Ausmaß der für ihn bestehenden Risiken, nämlich dass die Beklagte auch im Falle eines bei Vertragsschluss bestehenden unerkannten und nicht erkennbaren Mangels an dem Mietfahrzeug selbst bei hierdurch bedingten Unfallfolgen in Gestalt von schweren und schwersten Verletzungen oder im Todesfall nicht haftet, nicht hinreichend erkennbar ist.

d) Die Klägerin muss sich wegen einer Weiterbenutzung des Fahrzeugs trotz Schwierigkeiten mit der Gangschaltung vor dem Unfall, wegen der gefahrenen Geschwindigkeit, des Hochkurbelns des Fensters, eines vermeintlichen Verreißens des Lenkrads oder einer vermeintlich unzureichend gesicherten Ladung während des Unfalls ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB, der auch im Fall einer Garantiehaftung des Vermieters anzuwenden ist (vgl. BGH, Urteil vom 05. Dezember 1990 - VIII ZR 331/89 -, Rn. 16, juris), nicht anrechnen lassen. Nach dieser Vorschrift hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt hat. Ein mitwirkendes Verschulden der Klägerin liegt jedoch nicht vor.

Ein Mitverschulden der Klägerin liegt nicht darin, dass sie das Mietfahrzeug trotz Funktionsstörungen beim Betrieb des Fahrzeugs im ersten und zweiten Gang der Fünf-Gangschaltung des Mietfahrzeugs, die in Form eines Herausspringens des Gangs in den Leerlauf bei der Gaswegnahme auftraten, weiterhin fuhr. Die technischen Einschränkungen an der Gangschaltung waren für die mangelhafte Lenkung schon nicht von Relevanz. Denn zu einer Blockierung des Getriebes mit der Folge, dass auch die Räder blockieren, was zu einem Unfall führen kann, ist es - wie schon ausgeführt und unstreitig - nicht gekommen. Bei einer Getriebeblockierung wären unter Berücksichtigung der damals vorherrschenden trockenen Straßenverhältnisse zwingend Blockierspuren der Reifen der Räder der Hinterachse auf der Fahrbahnoberfläche zu erwarten gewesen. Solche Spuren wurden bei der Spurensicherung und Dokumentation an der Unfallstelle jedoch nicht festgestellt (vgl. Seite 6 des H Gutachtens, Sonderheft I).

Auch wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass ihr Mitarbeiter, Herr B, -entgegen dem von ihm erstellten Gedächtnisprotokoll (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stadt7, Az. …, Bl. 26 d. A.), nach dem er der Klägerin gesagt haben will, dass, wenn sich während der Weiterfahrt ein größeres technisches Problem darstellen sollte, die Klägerin die nächste Parkmöglichkeit aufsuchen und die Beklagte umgehend informieren sollte, - die Klägerin angewiesen haben sollte, die Weiterfahrt nicht fortzusetzen, liegt in der Weiterfahrt kein Mitverschulden der Klägerin an dem Unfall. Denn die Funktionsfähigkeit des Getriebes hatte gerade keinen Einfluss auf die Lenkung, und eine solche Weisung hätte - wie oben ausgeführt - nicht eine Kündigung des Mietvertrags zur Folge gehabt, so dass die Klägerin weiter zum Gebrauch der Mietsache berechtigt war.

Ein Mitverschulden der Klägerin folgt nicht aus der gefahrenen Geschwindigkeit. Es bestand angesichts der trockenen Witterungsverhältnisse oder aus anderen Gründen keine Veranlassung, mit geringerer Geschwindigkeit zu fahren.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Klägerin selbst angegeben habe, dass sie die Kontrolle über das Fahrzeug verloren habe (Vermerke Polizeikommissar G vom 12.10.20XX, Bl. 44 d.A. und Polizeioberkommissar F vom 13.10.20XX, Bl. 45 d.A. sowie Vernehmungsprotokoll vom 13.10.20XX, Bl. 46 d.A.), folgt hieraus nicht das Einräumen eines Mitverschuldens, denn der Kontrollverlust erfolgte aufgrund des schlagartig hervortretenden Mangels. Das Lenkrad wird, wenn es bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h oder mehr auf einer Autobahn betätigt wird, ohne dass eine Lenkwirkung auftritt, so weit bewegt, bis dann schlagartig die Lenkwirkung einsetzt. Die schlagartig einsetzende Lenkwirkung hat aufgrund ihres Ausmaßes wiederum eine Gegenlenkung zur Folge, so dass das Lenkrad in die Gegenrichtung gedreht wird, bis wiederum schlagartig die Gegenlenkung einsetzt. Dadurch schaukelt sich das Fahrzeug auf und kippt bei dieser Geschwindigkeit zwangsläufig um, wie der Sachverständige K in seiner Anhörung vor dem Landgericht (Bl. 950 d.A.) ausgeführt hat. Solche Lenkbewegungen können durchaus umgangssprachlich mit „verreißen“ beschrieben werden, was der seinerzeitigen subjektiven Wahrnehmung der Klägerin entsprochen hat, wenn sie gegenüber den Polizisten G und F angegeben hat, die Kontrolle über das Fahrzeug verloren zu haben. Allerdings befand sich die Klägerin bei dieser Angabe im Irrtum über die Ursache des Kontrollverlustes.

Auch der Umstand, dass die Klägerin die Fensterscheibe hochkurbelte und dabei den Oberkörper leicht verdrehte, vermag ein Mitverschulden nicht zu begründen. Ein leichtes Bewegen des Lenkrads bei der Betätigung des Fahrertürfensters und bei einer Bewegung des Oberkörpers reicht nicht aus, um einen instabilen Fahrzustand zu erreichen, denn das Fahrzeug bewegte sich mit mehr als 100 km/h längsparallel zur Fahrbahn und wies allein dadurch eine große Fahrstabilität auf. Um einen instabilen Fahrzustand des Mietfahrzeugs herzustellen hätte das Lenkrad stark verrissen werden müssen, damit die erforderliche Schrägstellung für die Instabilität hätte erreicht werden können, wie der Sachverständige K ausgeführt hat (Bl. 436 d.A.). Für ein solches Verreißen durch eine aktive Handlung der Klägerin fehlt jedoch ein Anhaltspunkt. Vielmehr hat sich das Fahrzeug zwangsläufig aufgeschaukelt und ist umgekippt, weil es plötzlich nur noch mit erheblichem Lenkradspiel gesteuert werden konnte.

Eine vermeintlich unzureichende Sicherung der Ladung bei der streitgegenständlichen Fahrt bedingt kein Mitverschulden der Klägerin. Denn in Anbetracht von Leergewicht des Mietfahrzeugs von 2.155 kg, dem Gesamtgewicht von 2.840 kg und den daraus resultierenden Radaufstandskräften kann, wie bereits ausgeführt, eine schlecht gesicherte Ladung als Ursache für die gegenständliche Schleuderbewegung ausgeschlossen werden. Allenfalls bei einer sehr starken Lenkbewegung hätte die Ladung hin und her kippen können, was ein Wanken des Fahrzeugaufbaus zur Folge gehabt hätte, das allerdings allein noch keinen instabilen Fahrzustand zur Folge hätte haben können, wie der Sachverständige K ausgeführt hat (Bl. 437 d.A.). Hinzu tritt, dass eine mangelhafte Ladungssicherung während einer Kurvenfahrt Auswirkungen haben kann, nicht aber, wie hier, während einer Fahrt auf einer vollkommen geraden Strecke. Vor diesem Hintergrund bedurfte es einer Beweisaufnahme über die tatsächliche Sicherung der Ladung nicht.

Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die im Fahrzeug befindliche Ladung (Bilderrahmen mit Bildern und Messemöbel) nur mit Absperrfolienband fixiert und nicht mit Spanngurten gesichert war bzw. diese nicht hinreichend gespannt oder eingehakt waren, und der von der Staatsanwaltschaft Stadt7 beauftragte Gutachter in seinem Gutachten die Annahme geäußert hat, dass das aufgrund der Beschädigung des Kreuzgelenks vorhandene Spiel in der Fahrzeuglenkung im Zusammenhang mit der unzureichend gesicherten Fahrzeugladung bei einem Schleudern des Fahrzeugs oder bei einer Kurvenfahrt dazu führt, dass die Ladung bei der Probefahrt hin- und herschlägt, kann dies dahinstehen, denn der Unfall ereignete sich nicht bei einer Kurvenfahrt, sondern auf fast gerader Strecke (Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stadt7, Az. …, Lichtbilder 1 bis 3, Bl. 7 f. d.A.).

B. Der Anspruch auf Schmerzensgeld und Schmerzensgeldrente ist auch der Höhe nach überwiegend gerechtfertigt.

Die Klägerin hat Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 90.000 EUR, statt vorgestellter 120.000 EUR, und eine Schmerzensgeldrente in Höhe von 160 EUR statt beantragter 320 EUR monatlich, weshalb die Klage teilweise unbegründet ist.

1. Der Maßstab für die billige Entschädigung i.S. von § 253 Abs. 2 BGB muss unter Berücksichtigung ihrer Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion für jeden einzelnen Fall durch Würdigung und Wägung aller ihn prägenden Umstände neu gewonnen werden, wobei auch dem Spannungsverhältnis zwischen den Interessen des Geschädigten und dem - auch nach allgemeinen volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten - für den Schädiger wirtschaftlich Zumutbaren Rechnung zu tragen ist. Damit sind für die Ermittlung des Schmerzensgeldes - nach Höhe und Art - alle für die Höhe des Schmerzensgeldes maßgebenden Umstände vollständig zu berücksichtigen und die Entschädigung ist zu Art und Dauer der erlittenen Schäden in eine angemessene Beziehung zu setzen (vgl. BGH, Urteil vom 08. Juni 1976 - VI ZR 216/74 -, Rn. 12 f., juris).

Der Klägerin steht ein Schmerzensgeld zu, dass der Senat mit 90.000,00 EUR bemisst (§ 287 Abs. 1 ZPO). Sie ist Rechtshänderin und hat im Alter von 46 Jahren ihren linken Arm verloren. Sie leidet an Phantomschmerzen und einer schweren psychischen Belastung, die durch die dauerhafte Schädigung hervorgerufen werden. Die Klägerin war zunächst elf Tage, vom 11.10.20XX bis zum 22.10.20XX, in stationärer Behandlung in der berufsgenossenschaftlichen Klinik in Stadt6, wobei sie bereits am 12.10.20XX bei Bewusstsein und in der Lage war, die Abtrennung des Arms zu realisieren, wie auch, dass eine Replantation des abgetrennten Arms nicht möglich war und ein Oberarmstumpf von ca. 10 cm verblieb. Sie erlebte die Behandlung mit einer Kompressionsbehandlung des Stumpfes und eine Schmerzbehandlung bei bestehendem Phantomschmerz. Nach Entlassung der Klägerin aus der Klinik in Stadt6 wurde sie ambulant ergotherapeutisch und krankengymnastisch in der E-Klinik in Stadt3 behandelt. Es schloss sich ab 14.11.20XX eine fast sechs Wochen dauernde stationäre Anschlussheilbehandlung zur weiteren Stumpfkonditionierung und Prothesenversorgung an. Nach dem Entlassungsbericht wurden bei der Klägerin eine traumatische Oberarmamputation links mit Humerusschaft-Spiralfraktur bei Rechtshändigkeit, der Verdacht auf postoperative Phantomschmerzen sowie rezidivierende depressive Störung festgestellt. Die Klägerin leidet weiterhin an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer rezidivierend auftretenden depressiven Symptomatik, welche allesamt die psychische Belastung bedingen und fortdauern. Durch das Fehlen des linken Arms kommt es zu einer schmerzhaften Überlastung des rechten Arms (Bl. 279 d.A.). Bei der körperlichen Hygiene ist die Klägerin nicht in der Lage, sich überall zu waschen oder abzutrocknen, die Maniküre/Pediküre durchzuführen bzw. hat Schwierigkeiten, sich anzuziehen, insbesondere beim Anziehen von Socken (Bl. 279 d.A.). Hinzu kommen weitere Einschränkungen bei einer Verletzung des rechten Arms oder der rechten Hand, die die Klägerin dann nicht versorgen kann und bei deren Verletzung die körperliche Hygiene oder das An-/Ausziehen weiter erschwert werden. Soweit die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin an Phantomschmerzen leidet (Bl. 608 d.A.) ist dieses Bestreiten unbeachtlich. Die Klägerin hat auf der Grundlage des Entlassungsberichts der D-Klinik konkrete Umstände vorgetragen, die die Annahme rechtfertigten, dass sie an Phantomschmerzen leidet. Die Beklagte hat diesen Vortrag der Klägerin nur pauschal (Bl. 1528 d.A.) bestritten und nicht dargelegt, warum die Angaben im Entlassungsbericht unzutreffend sein sollten. Soweit die Beklagte im Übrigen erstmals in der Berufungsinstanz das Auftreten von Depressionen bestreitet, ist dieses Vorbringen nach § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht zuzulassen, da nicht ersichtlich ist, warum es nicht in erster Instanz vorgetragen wurde, nachdem bereits ausweislich des Entlassungsberichts der D-Klinik depressive Störungen bei der Klägerin diagnostiziert wurden, diese mithin nicht mit dem Absetzen von Medikamenten drei Jahre später entstanden sein können. Im Übrigen hat die Beklagte auch insofern den Vortrag der Klägerin nur pauschal bestritten und nicht dargelegt, warum die Angaben im Entlassungsbericht unzutreffend sein sollten, so dass ihr Bestreiten auch insofern unbeachtlich ist.

Die Klägerin ist in der Freizeitgestaltung (Fahrradfahren oder Skifahren) eingeschränkt, wobei es die freie Entscheidung der Klägerin ist, bei sommerlichen Temperaturen, ihren Armstumpf nicht zeigen zu wollen, selbst wenn andere Menschen dies tun, wie die Beklagte vorträgt. Die Klägerin vermeidet den Kontakt mit anderen Menschen, während sie zuvor in die Stadt3er Gesellschaft integriert war (Bl. 279 d.A.).

Durch das Fehlen des linken Arms ist die Klägerin in ihrer beruflichen Tätigkeit zwangsläufig ganz erheblich eingeschränkt. Denn hierdurch bestehen jedenfalls erhebliche Einschränkungen, wenn eine Tätigkeit als Beruf1, die den Lebensinhalt der Klägerin darstellte (Bl. 449 d.A.), ohne Hilfskräfte mit nur einem Arm ausgeführt werden soll. Denn auch wenn ein Pinsel bei der Restauration eines Gemäldes mit einer Hand geführt werden kann, bestehen schon Einschränkungen beim Mischen der Farben für die zu restaurierenden Gemälde, Schwierigkeiten bei der vorhergehenden Reinigung eines Gemäldes oder bei der Beseitigung von Rissen in einer Leinwand. Hinzu tritt, dass dieser Beruf auch handwerkliches Können unter Einsatz beider Arme erfordert, wenn beispielsweise mit Skulpturen und anderen Kunstgegenständen gearbeitet wird und diese bewegt werden müssen oder Rahmungen oder Vermessungen durchgeführt werden sollen. Dass ein Geschäftsmodell, bei dem neben Kunstrestaurationsangeboten auch Galerieangebote erfolgen, sich nicht mehr unverändert aufrechterhalten lässt, wenn die Kunstrestauration eingestellt wird, erschließt sich von selbst.

Dabei können solche erheblichen Einschränkungen auch dazu führen, dass die Klägerin ihre bisherigen beruflichen Tätigkeiten letztlich vollständig einschränkte.

Dem Schmerzensgeldanspruch der Klägerin kommt allerdings keine Genugtuungsfunktion zu, da die Beklagte - wie oben dargelegt - kein Verschulden trifft, so dass allein die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes einzubeziehen ist. Für die Höhe des Schmerzensgeldes war auch die Prozessdauer nicht einzubeziehen, da die Beklagte diese nicht zu vertreten hat, sondern diese ganz überwiegend auf Dezernentenwechsel in der ersten Instanz zurückzuführen ist. Auch das Regulierungsverhalten der Beklagten ist nicht zu berücksichtigen, da erst zweitinstanzlich ihre Haftung bejaht wurde.

Angesichts der insgesamt ganz erheblichen, ihre gesamte Lebensgestaltung ganz wesentlich beeinträchtigenden Belastungen einschließlich der zwangsläufig eintretenden Überlastung des anderen Arms sowie der erlittenen Schmerzen und massiven psychischen Belastungen erachtet der Senat das zuerkannte Schmerzensgeld als angemessen, das ihre Belastungen, wie beantragt, bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit am 15.04.2015 berücksichtigt.

Für die nachfolgende Zeit steht der Klägerin neben dem bestimmten Schmerzensgeldbetrag zusätzlich eine Schmerzensgeldrente in Höhe von 160,00 EUR monatlich zu. Schmerzensgeldbetrag und Schmerzensgeldrente können nebeneinander beansprucht werden, wobei allerdings beide Beträge in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen müssen, was sich sowohl auf Art und Ausmaß als auch auf das zeitliche Auftreten der auszugleichenden Nachteile beziehen muss (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 03. Mai 1990 - 1 U 65/89 -, VersR 1992, 329; Urteil vom 23. September 1993 - 1 U 226/89 -, Rn. 17, juris; OLG Jena, Urteil vom 12. August 1999 - 1 U 1622/98 -, ZfS 1999, 419; KG Berlin, Urteil vom 02. September 2002 - 12 U 1969/00 -, NJW-RR 1987, 409, 410; MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 253 Rn. 59, 63). Die Klägerin ist aufgrund ihrer erheblichen Verletzung fortdauernd ganz erheblichen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen ausgesetzt. Damit liegen außergewöhnliche Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 1956 - VI ZR 286/55 -, NJW 1957, 383) vor, die sich in dem irreversiblen Dauerschaden manifestiert haben, der durch den Verlust des Arms eingetreten ist und der zu einer permanenten Lebensbeeinträchtigung der Klägerin führt, die sie immer wieder neu als schmerzhaft empfindet, einhergehend mit Einschränkungen der Lebensfreude aufgrund des Fehlens eines wichtigen Gliedes, so dass die Gewährung einer Rente gerechtfertigt ist.

Der Nominalwert der zuerkannten Schmerzensgeldrente in Höhe von monatlich 160,00 EUR, mithin jährlich 1.920,00 EUR, beträgt ca. 30.000,00 EUR. Es handelt sich um eine lebenslängliche Rente, da auch eine lebenslängliche Beeinträchtigung besteht; die Klägerin (Jahrgang 1964) war zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit im Jahr 2015 51 Jahre alt, so dass eine Lebenserwartung von durchschnittlich ca. 33,43 Jahren bestand (berechnet nach den Angaben des statistischen Bundesamtes https://www-genesis.destatis.de; Sterbetafel Deutschland insgesamt, durchschnittliche Lebenserwartung, Zeit 2014/2016, weiblich, 51 Jahre). Der Barwert dieser Rente, dessen Berechnung eine Abzinsung erfordert, beträgt unter Berücksichtigung eines Kapitalisierungszinssatzes von 5% (vgl. Jaeger/Luckey, in: Himmelreich/Halm/Staab, Handbuch der Kfz-Schadensregulierung, Kapitel 19, Rn. 537) ca. 30.000,00 EUR. Zusammen mit dem zuerkannten Schmerzensgeldbetrag ergibt sich ein Gesamtschmerzensgeldbetrag von 120.000,00 EUR.

In dieser Höhe bemisst der Senat die immateriellen Schäden der Klägerin. Dabei stehen Kapital und Rente in einem ausgewogenen Verhältnis von 3 zu 1.

Da es für die Schmerzensgeldbemessung einerseits darauf ankommt, welche Annehmlichkeiten sich der Geschädigte von dem Geldbetrag verschaffen kann und verschaffen können muss, kommt der Kapitalabfindung in Fällen schwerer Schädigungen die größere Bedeutung zu. Mit dem Kapitalbetrag wird berücksichtigt, dass nicht nur die Zeit nach dem Unfall mit Klinikaufenthalten und stationärer Behandlung für die Klägerin sehr belastend war. Der genannte Zeitraum umfasst auch die erste psychische Auseinandersetzung mit dem unwiederbringlichen Verlust und dem Einfinden in die neue Lebenssituation. Die Kapitalabfindung ist für den Geschädigten wirtschaftlich wertvoller als die ratenweise erbrachte und zu erwartende Rentenzahlung. Der Geschädigte ist in der Lage, den Kapitalbetrag seinen Wünschen und Interessen gemäß sofort zu verwenden. Andererseits besteht, auch mit Blick auf die Entwicklung der Inflation, bei einer Rente die Möglichkeit einer Anpassung, so dass der Senat die vorgenommene Aufteilung für angemessen ansieht.

Zwar können die von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen bisher gewährten Beträge unter- aber auch überschritten werden, wenn dies nach Lage des Falles - vor allem in Anbetracht der wirtschaftlichen Entwicklung oder veränderter allgemeiner Wertvorstellungen - geboten erscheint; jedoch gibt es - soweit ersichtlich - keine gleichartigen Fälle für eine verschuldensunabhängige Haftung. Insofern kann auch eine deutliche Abweichung von den bisherigen Sätzen nicht erfolgen. Orientiert an den Schmerzensgeldbeträgen für den Verlust eines Arms im Falle einer verschuldensabhängigen Haftung liegt die Gesamthöhe des Schmerzensgeldes in dem aus der bisherigen Rechtsprechung ersichtlichen Rahmen. So hat das OLG Celle (Urteil vom 07. Oktober 2004 - 14 U 27/04 -, juris) im Fall eines 17-jährigen, bei dem nach dem Annähen eines Arms ein erheblicher Dauerschaden verblieb, und weitere Einschränkungen bestanden, insgesamt einen immateriellen Schadensersatz von ca. 115.000,00 EUR bejaht. Soweit das OLG Hamm (Urteil vom 24. April 2002 - 3 U 8/01 -, juris) bei einem Geburtsschaden mit einer Läsion des oberen und unteren Armplexus links ein Schmerzensgeld von 125.000,00 DM für angemessen gehalten hat, wurde hier kein Arm abgetrennt. Eine Übertragung der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung, die für den Verlust eines Beines ergangen ist und bei der die von der Klägerin angeführten Beträge für angemessen angesehen wurden, hält der Senat nicht für geboten, da die hierdurch entstehenden Einschränkungen andere sind als beim Verlust eines Armes. Hingegen würde ein Gesamtschmerzensgeld in Höhe von 180.000,00 EUR, sich ergebend aus einem vorgestellten Schmerzensgeldbetrag von 120.000,00 EUR und dem Barwert von ca. 60.000,00 EUR bei einer Rente von 320,00 EUR monatlich, deutlich aus dem Rahmen der Rechtsprechung zur verschuldensabhängigen Haftung fallen.

C. Der Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht der materiellen Schäden ist zulässig und begründet.

    1. Der Antrag ist zulässig.

Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Es besteht zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis iSd § 256 Abs. 1 ZPO. Denn hierzu reicht ein Schuldverhältnis aus, nach dem die eine Partei der anderen zum Schadensersatz verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 245/90 -, juris Rn. 8). Es besteht auch ein Feststellungsinteresse. Die Beklagte bestreitet ihre Einstandspflicht. Damit ist die Voraussetzung für das Feststellungsinteresse, dass dem subjektiven Recht der Klägerin - hier dem Anspruch auf Schadensersatz - eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die Beklagte es ernstlich bestreitet, und wenn das erstrebte Urteil in Folge seiner Rechtskraft geeignet ist, dieser Gefahr zu begegnen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1977 - VIII ZR 5/76 -, BGHZ 69, 144, Rn. 11, juris; BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08 -, Rn. 12, juris).

Die Leistungsklage ist nicht vorrangig. Die Klägerin kann auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt, da nach ihrem Vorbringen die Schadensentwicklung im Bereich vermehrter Bedarf und Haushaltsführungsschaden noch nicht abgeschlossen ist, keine umfassende Leistungsklage erheben, sondern wäre auf eine Teilklage angewiesen. Ein Kläger ist bei einer nicht abgeschlossenen Schadensersatzentwicklung nicht verpflichtet, alle bereits feststehenden Einzelansprüche mit der Leistungsklage geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1986 - VII ZR 318/84 -, Rn. 19, juris). Dies gilt erst recht für den maßgebenden Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit.

Die mit der Berufung vorgenommene Klageerweiterung im Umfang der Feststellung der Ersatzpflicht von weiteren 20% ist zulässig. Die mit dem Antrag begehrte Erhöhung der Ersatzquote ist nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Änderung der Klage anzusehen. Es liegt daher kein Fall des § 263 ZPO vor. Nur auf diese Vorschrift bezieht sich § 533 ZPO, der die Zulässigkeit einer Klageänderung in der Berufungsinstanz einschränkt. Die unbeschränkte Zulässigkeit einer Modifizierung des Klageantrags gem. § 264 Nrn. 2 oder 3 ZPO auch in der Berufungsinstanz entspricht dem Zweck der Vorschrift, der die prozessökonomische und endgültige Erledigung des Rechtsstreits zwischen den Parteien fördern will (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 160/09 -, Rn. 6, juris).

2. Der auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klageantrag ist auch begründet. Der Klägerin sind aufgrund ihrer schwerwiegenden Verletzung materielle Schäden entstanden und werden auch künftig entstehen. Die Klägerin ist unstreitig in ihren alltäglichen Aktivitäten, Körperpflege und Ankleiden ganz erheblich beeinträchtigt, sie hat Vortrag im Rahmen von Vergleichsverhandlungen Ausführungen zum entgangenen Gewinn und ihrem Haushaltsführungsschaden gemacht, deren Bestehen wahrscheinlich ist. Sie hat aufgrund dieser Beeinträchtigungen höhere Aufwendungen hat, die nicht vollständig von Dritten getragen werden.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nrn. 1 und 2, 101 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldantrags zu 1) folgt die Kostenentscheidung aus § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die teilweise Klageabweisung wegen der Schmerzensgeldrente rechtfertigt angesichts des Gesamtstreitwerts die Anwendung der Regelung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Streithelferinnen der Beklagten tragen dementsprechend ihre eigenen Kosten jeweils selbst.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Art der Sicherheitsleistung ergibt sich aus § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 383.440,00 EUR gemäß §§ 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1 S. 1 und 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 3, 9 ZPO als Summe des Antrags zu 1) in Höhe von 120.000,00 EUR, des Antrags zu 2) in Höhe von 13.440,00 EUR und des Antrags zu 3) in Höhe von 250.000,00 EUR.

Der Streitwert des Antrags zu 1) beträgt 120.000,00 EUR. In dieser Höhe hat die Klägerin ihre Schmerzensgeldvorstellungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beziffert.

Der Streitwert des Antrags zu 2) auf Zahlung einer Geldrente bemisst sich nach § 9 ZPO mit 13.440,00 EUR. Er entspricht dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges der Rente (§ 9 S. 1 ZPO), mithin 12 x 320,00 EUR x 3,5 = 13.440,00 EUR.

Der Betrag des Feststellungsantrags zu 3) entspricht dem zu erwartenden Schaden. Die Klägerin hat den Wert des Feststellungsantrags zu 3) in der Klageschrift zwar lediglich mit 10.000,00 EUR angegeben, jedoch bei ihrem Vergleichsvorschlag (Bl. 584 f. d.A.) ihren entgangenen Gewinn mit 327.029,00 EUR beziffert, vermehrte Bedürfnisse mit 62.326,00 EUR und einen Haushaltsführungsschaden mit 170.152,00 EUR angegeben, so dass sich der materielle Schaden hiernach auf 497.181,00 EUR belaufen würde. Diese Summe hält der Senat allerdings für übersetzt und schätzt den Schaden unter Berücksichtigung eines Abschlags für den Feststellungsantrag (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1965 - II ZR 234/63 -, Rn. 3 juris) sowie des Umstands, dass die Klägerin im Berufungsverfahren materiellen Schadensersatz in Höhe von 100% statt 80% der entstandenen Schäden begehrt, auf 250.000,00 EUR.

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