LG München I: Unternehmerische Entscheidung eines AG-Vorstands als außerordentlicher Kündigungsgrund
LG München I, Urteil vom 15.10.2010 - 5 HK O 2122/09
Sachverhalt
Der Kläger macht im Urkundsprozess Zahlungsansprüche wegen Vergütung aus seinem Vorstandsdienstvertrag vor allem für die Monate Januar und Februar 2009 geltend.
I.
Die Beklagte - eine Strategie- und Finanz mit der zentralen Aufgabe der strategischen Steuerung der H...-Gruppe und der Sicherstellung des Zugangs zu den Finanzmärkten - entstand durch die am 29.9.2003 mit Eintragung in das Handelsregister wirksam gewordene Abspaltung von Teilen des gewerblichen Immobilienfinanzierungsgeschäfts der früheren H...V...-Gruppe, wobei das operative Bankgeschäft mehrere Tochtergesellschaften der Beklagten wahrnahmen - die H... Bank AG, die für das internationale Immobilienfinanzierungsgeschäft zuständige H... Bank International, die zum 1.1.2006 in die W... Bank AG eingebracht und anschließend in H... Bank International AG umbenannt wurde. Die H... Bank International (Dublin) wurde in H... Bank Dublin umgewandelt. Die Beklagte führte ihre Tochtergesellschaften, die jeweils Banken sind, durch eine Matrix-Organisation mit divisionaler Zuständigkeit.
Der Aufsichtsrat der Beklagten bestellte mit Beschluss vom 28.7.2003 für die Zeit ab der Eintragung der Abspaltung den Kläger bis zum 28.9.2008 zum Vorstandsmitglied und ernannte ihn zum Vorstandsvorsitzenden. Durch einen weiteren Beschluss des Aufsichtsrats vom 9.10.2007 wurde der Kläger als Vorstandsmitglied und Vorstandsvorsitzender für die Zeit vom 29.9.2008 bis 28.9.2013 wiederbestellt. Grundlage des Dienstvertrages war zunächst der Vorstandsdienstvertrag vom 10./18.11.2003, der sodann durch den Dienstvertrag vom 23./30.8.2005 (Anlage K 1 = B 20) ersetzt wurde. Durch einen 1. Nachtrag vom 21./22.6.2007 (Anlage K 2 = B 21) kam es zu einer Anpassung der Vergütung des Klägers; durch den 2. Nachtrag vom 9./11.10.2007 (Anlage K 3 = B 22) kam es zu einer Verlängerung des Vorstandsdienstvertrages bis zum 30.9.2013. Der Vertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten enthielt unter anderem folgende Vereinbarungen:
„§ 1 Dauer des Dienstverhältnisses
(1) Der Dienstvertrag wird für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2013 abgeschlossen und endet mit Ablauf des 30. September 2013, ohne dass es des Ausspruchs einer Kündigung bedarf.
...
(4) Von vorstehenden Regelungen unberührt bleibt das Recht beider Parteien zur außerordentlichen Kündigung dieses Dienstvertrages aus ‚wichtigem Grund' gemäß § 626 BGB. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
(5) Im Fall des Widerrufs der Bestellung von Herrn F... zum Vorstandsmitglied ist die Gesellschaft berechtigt, Herrn F... bis zum Ablauf der Vertragsdauer unter Fortzahlung der Bezüge von der Erbringung seiner Dienste freizustellen.
§ 2 Aufgaben
(1) Herr F... ist innerhalb des Vorstandes zum Vorsitzenden des Vorstands ernannt. Herr F... wird seine Aufgaben unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen sowie der Geschäftsordnung und der Geschäftsverteilung für den Vorstand in ihrer jeweiligen Fassung wahrnehmen.
(2) Der Aufgabenbereich von Herrn F... gemäß diesem Dienstvertrag umfasst bis 30. September 2005 des weiteren die Wahrnehmung der Funktion als Chief Executive Officer bei der H... Bank International mit Sitz in Dublin, Irland und kann im Anschluß daran neben der Tätigkeit im Vorstand der Gesellschaft auch die Übertragung weiterer Vorstands- und Aufsichtsratsmandate innerhalb der Gruppe umfassen.
§ 3 Vergütung
(1) Herr F... erhält von der Gesellschaft mit Wirkung ab 01. Januar 2007 folgende Jahresbezüge:
a) Festbezüge in Höhe von € 800.000 brutto/Jahr. Dieser Betrag wird in zwölf gleichen Monatsraten am Anfang eines jeden Monats gezahlt.
...
§ 4 Zusätzliche Leistungen
(1) Herr F... erhält die üblichen Arbeitgeberanteile zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung.
(2) Die Gesellschaft stellt Herrn F... einen Dienstwagen (Typ gehobene Luxusklasse), mit Auto- und Mobiltelefon zur privaten Nutzung zu Verfügung. Die Gesellschaft trägt sämtliche Unterhaltungs- und Betreibungskosten hierfür. Darüber hinaus kann Herr F... die Dienste eines persönlich zugeordneten Fahrers in Anspruch nehmen. Die Versteuerung des geldwerten Vorteils aus der Bereitstellung des Dienstwagens und des Fahrers übernimmt die Gesellschaft.
...."
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorstandsdienstvertrages wird in vollem Umfang auf die Anlagen K 1 = B 20, K 2 = B 21 und K 3 = B 22 Bezug genommen.
Am 23.7.2007 schloss die Beklagte mit der D... plc., Dublin (Irland) einen sogenannten Zusammenschlussvertrag; nach diesem Vertrag sollte die Beklagte alle Aktien der D... plc. im Wege eines sogenannten „Scheme of Arrangement" übernehmen. Den Altaktionären der D... plc. wurde als Abfindung eine Barzahlung von € 6,60 und die Zuteilung von 0,189 Aktien der Beklagten je D...-Aktie angeboten, woraus sich ein Transaktionsvolumen von insgesamt € 5,7 Mrd., bestehend aus einer Barkomponente von € 2,4 Mrd. und einer Aktienkomponente von € 3,3 Mrd., errechnete. Nach der Zustimmung der Altaktionäre der D... plc. am 24.9.2007 kam es am 2.10.2007 zum Vollzug des Zusammenschlussvertrages. Die Geschäftstätigkeit der von der D... plc. geführte D...-Gruppe bestand in der Staats- und Infrastrukturfinanzierung mit einem geographischen Schwerpunkt in Europa, insbesondere in Deutschland, Italien, Großbritannien und Spanien sowie den USA, wobei die Kunden vorwiegend die öffentliche Hand mit ihren langfristigen Finanzierungsbedürfnissen war. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der D...-Gruppe lag im Eingehen überwiegend langfristiger Kreditengagement bei gleichzeitiger Refinanzierung über eine Mischung aus kurzfristigen und langfristigen Verbindlichkeiten, wobei die kurzfristigen Verbindlichkeiten eine Fälligkeit von bis zu einem Jahr aufwiesen und das Verhältnis von lang- und kurzfristiger Refinanzierung im Zeitpunkt des Erwerbs in etwa 50 : 50 betrug. Zum 31.12.2006 belief sich die Bilanzsumme der D...-Gruppe auf ca. € 223 Mrd., während die konsolidierte Bilanzsumme der Beklagten zum selben Zeitpunkt rund € 162 Mrd. betrug.
Zur Vorbereitung dieses Vertrags mandatierte die Beklagte entsprechend einem Angebotsschreiben der K... AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden K...) vom 24.6.2007 (Anlage B 57), die dann die Financial und Tax Due Diligence bei der D...-Gruppe durchführen sollte. Zu dem elektronischen Datenraum erhielten die Mitarbeiter von K... ebenso wie die von der Beklagten zusätzlich beauftragten Anwaltskanzleien A... Cox und F... Zugang am 4.7.2007.
Am Freitag, den 20.7.2007, fand eine Vorstandssitzung bei der Beklagten statt, in der die Ergebnisse der Due Diligence mündlich präsentiert wurden. Der Aufsichtsrat der Beklagten genehmigte in einer Telefonkonferenz am Montag, den 23.7.2007 die Entscheidung des Vorstands zum Erwerb der D... plc., wobei der schriftliche Bericht über die Due Diligence dem Aufsichtsrat nicht vorlag.
Für die beiden deutschen Kreditinstitute H... Bank AG und H... International AG machte die H...-Gruppe von der Waiver-Regelung nach § 2 a KWG in Verbindung mit § 25 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KWG Gebrauch. Das im bankaufsichtsrechtlichen Sinn übergeordnete Kreditinstitut der als Tochtergesellschaften der Beklagten organisierten deutschen Banken war die H... Bank AG. Demgegenüber hatte die D...-Gruppe ihr eigenes Risikomanagement. Bei der D... plc. war zudem Frau ... O... - als Risikovorstand der Beklagten und Chief Risk Officer der H...-Gruppe für die gesamten Risikopositionen der H...-Gruppe zuständig - Mitglied im Board of Directors.
§ 2 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Vorstands der Beklagten enthielt in der bis zum September 2008 gültigen Fassung (Anlage B 99) folgende Regelung:
„Der Vorstand hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden, sowie eine zeitnahe und zutreffende Finanzberichterstattung sicher zu stellen."
Der Geschäftsbericht der H...-Gruppe für das Geschäftsjahr 2007 (Anlage B 95) enthielt auf Seite 71 folgende Aussagen:
„Organisation und Steuerung von Risikoaufgaben innerhalb des Unternehmens: Group-Vorstand, Gremien, Organigramm:
Der Group-Vorstand trägt die Verantwortung für alle strategischen und operativen Entscheidungen. Im Hinblick auf das Risikomanagement ist der Group-Vorstand verantwortlich für:
die Bereitstellung und Weiterentwicklung von Organisationsstrukturen für das Geschäft sowie das angemessene Management und die Überwachung aller wesentlichen Risiken
die Festlegung, wie Aktualisierung und die Kommunikation von Geschäfts- und Risikostrategien (basierend auf der Risikotragfähigkeit der Group), die die Grundlage für alle Einheiten in der H... Group sind
die strategische Entscheidung in Bezug auf das Markt- und Liquiditätsrisiko unter Einbezug der Ertragsentwicklungen bei Capital Markets, Treasury, im Asset Liability Management sowie bei der Refinanzierung. Der Group-Vorstand ist zusammen mit dem Group Asset and Liability Committee (ALCO) die Eskalationsinstanz."
Auf ihrer Ebene bildete die Beklagte demgemäß das Risk Management Committee (MRC), die Abteilung Risikocontrolling der H...-Gruppe sowie das Asset and Liability Committee der H...-Gruppe (ALCO), das für die Steuerung von Markt- und Liquiditätsrisiken sowie für die Bewertung der Performance-Entwicklung im Umfeld der Liquiditätssteuerung und das Kapitalmarktgeschäft zuständig war, während das MRC unter Vorsitz von Frau ... O... für das Management und die damit verbundene Entscheidungsvorbereitung für den Vorstand zuständig war. In die Aufgabe der Abteilung Risikocontrolling fiel die Messung und Überwachung von Liquiditätsrisiken. Für ihre Tochtergesellschaften legte die Beklagte in den Bereichen, Commercial Real Estate (CRE) und D... Prozesse und Regelungen für das konzernweite Management der Liquidität fest. Bei der H...-Gruppe und der D...-Gruppe gab es ein split-rating im Rahmen der Prozesse der Liquiditätssteuerung.
Die Liquidität wurde einzeln für die H... Bank AG und die D... entwickelt und dann - versehen mit einer zusammenfassenden Gruppenmitteilung - an die Deutsche Bundesbank sowie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht weitergeleitet. Die Beklagte legte ihren Liquiditätsablaufbetrachtungen jedenfalls deterministische Zahlungsströme zugrunde.
Seit dem Jahr 2006 führte die H...-Gruppe Stresstests zur Bestimmung ihres Liquiditätsrisikos auf Basis der „Liquidity Risk Policy" (Anlage B 126) durch, wobei diese vor allem folgende Grundsätze der Liquiditätspolitik der H...-Gruppe festlegte, die in deutscher Übersetzung wie folgt lauteten:
„...
Das vorrangige Ziel ist es sicher zu stellen, dass jede Bank innerhalb der H...-Gruppe solvent ist und jeder Zeit Zahlungsfristen einhalten kann (nicht nur, wenn die Marktbedingungen normal sind, sondern auch in Zeiten potentieller Liquiditätsrisiken)
Um einer potenziellen Liquiditätskrise entgegenzuwirken, werden sehr konservative Annahmen unterstellt: Verschlossenheit des Geldmarktes und konservative Abschläge für zentralbankfähige und repofähige Wertpapiere
Das Limit, das bei EUR Null gesetzt wird, betrifft die Liquiditätsposition für die folgenden 5 Bankarbeitstage
Basierend auf denselben konservativen Annahmen wie beim Fünf-Bankarbeitstage-Bericht wird die Liquiditätssituation darüber hinaus für einen Zeitraum von 90 Bankarbeitstagen beobachtet, aber nicht limitiert."
Unter Abschnitt 5.1. der Liquidity Risk Policy (Anlage B 126) heißt es in deutscher Übersetzung:
„a. Liquiditätsrisikomaßnahmen
Diese bestehen in täglichen Vergleich von künftig erwarteten Zahlungsmittelzu- und -abflüssen, einer Analyse liquider Vermögenswerte und einer Analyse außer bilanzieller Verpflichtungen.
b. Szenarioanalyse
Es gibt zwei Szenarien: Solche, die die bekannte Lücke zwischen Zu- und Abflüssen im gegenwärtigen Portfolio erhöhen und solche, die die Entwicklung der Bilanz in der näheren Zukunft beeinflussen und dabei das Liquiditätsrisiko erhöhen. Diese Szenarien werden von der Abteilung Market Risk entwickelt und auf aktuellem Stand gehalten; Unterstützung leistet die Abteilung Credit; sie basieren auf einer regelmäßigen Analyse der Bankbilanz. Die Abteilung Market Risk leitet eine Reihe von Auslösern einer Liquiditätskrise ab und berücksichtigt diese bei der Kontrolle der täglichen Berichte an das ALCO. Detaillierte Dokumentation zur Szenarioanalyse gibt die maßgebliche Bestimmung.
c. Stresstests
Stresstests unterstellen die oben erwähnten Szenarien und kalkulieren ihren Einfluss auf das Liquiditätsprofil der Bank. Stresstests werden mindestens einmal vierteljährlich durchgeführt. Detaillierte Dokumentation zu Stresstests gibt die maßgebliche Bestimmung."
Die Innenrevision der D... plc. stellte in einer Sitzung des Audit Committee, also des Bilanzprüfungsausschusses der D... plc. am 13.2.2008 den Audit Report 2007 - 44 vom 24.1.2008 (Anlage B 152) vor, der auch dem Vorstand der Beklagten zugeleitet wurde. In diesem Bericht hieß es unter anderem in deutscher Übersetzung:
„... Die Abteilung Market Risk integriert derzeit Stresstests in ihre täglichen Prozesskontrollen. Dennoch werden einige eher bürokratische Vorgaben nicht erfüllt. Zum Beispiel hat D... weder einen vierteljährlichen Stresstest für bankspezifische noch für industrieweite Szenarien aufgestellt. Außerdem haben wir es versäumt, Limite für die Stresstests zu setzen und Maßnahmen zu dokumentieren, die bei Überschreiten dieser Limits zu ergreifen sind."
In einer Sitzung des Vorstandes der Beklagten vom 13.2.2008, der auch der Kläger mittels Telefon zugeschaltet war, wurde darauf hingewiesen, dass das Liquiditätsmanagement der D... von der Innenrevision als nicht befriedigend bewertet worden sei. In einer weiteren Vorstandssitzung der Beklagten vom 14.3.2008 präsentierten Vertreter von K... dem Vorstand die Mängel, die im Rahmen der Abschlussprüfung für das Jahr 2007 festgestellt worden waren. Darunter befand sich die Empfehlung, die H...-Gruppe müsse neue und marktbezogene Liquiditätsstresstestszenarien entwickeln, wobei die Empfehlung mit dem Hinweis eines sofortigen Handlungsbedarfs versehen war, was graphisch durch eine rote Ampel bei der Präsentation hervorgehoben wurde.
Die Deutsche Bundesbank erstellte unter dem 24.6.2008 einen Bericht über die Prüfung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (Anlagen K 123 und B 188), in dem unter anderem Folgendes ausgeführt wurde:
„Darüber hinaus gehende Szenariobetrachtungen finden mit Ausnahme der Stresstests im Rahmen der Risikotragfähigkeitsberechnung (siehe Abschnitt 4.1.4) nicht statt. ...
639 Feststellung (F3):
Der tägliche Liquiditätsrisikoreport von GRC umfasst nicht alle relevanten Liquiditätszu- und -abflüsse, sondern nur die Contractual In- and Outflows. Zahlungen, bei denen Zeitpunkt und/oder Höhe noch nicht definitiv feststehen sowie widerrufliche Kreditzusagen, bleiben außen vor. Damit wird der Liquiditätsbedarf insbesondere im kurzfristigen Bereich systematisch unterschätzt. Die vollständige Erfassung und frühzeitige Erekennung aller wesentlichen Risiken gemäß BTR 3 Tz.2 MaRisk i. V. m. AT 4.3.2 Tz. 2 MaRIsk ist dadurch nicht sichergestellt."
Der Prüfungsbericht von K... für das Geschäftsjahr 2007 enthielt auf Seite 23 zum Risikomanagement und Risikofrüherkennungssystem folgende Ausführungen (Anlage B 158):
„Insgesamt halten wird die derzeit angewandten Methoden zur Messung und Limitierung von Liquiditätsrisiken für verbesserungswürdig.
Die fachliche und systemtechnische Umsetzung einer erweiterten Messung und Limitierung von Liquiditätsrisiken sollte mindestens umfassen:
Angemessene Überwachung der Liquiditätsrisiken aus unwiderruflichen Kreditzusagen, revolving credit facilities und Embadded Options aus Wertpapieren.
Implementierung von Maximum Cash out Konzepten
Getrennte Analyse und Auswertung von gedeckten und ungedeckten Cash Flow Strömen. Diese Analysen werden bisher im CRE Treasury durchgeführt.
Regelmäßige Analyse der Refinanzierungsreserven aus gedeckten Emissionen
Entwicklung und Implementierung von Liquiditätsstresstests.
..."
Einen gruppenweiten Liquiditätsnotfallplan für die H...-Gruppe gab es nicht, sondern separate Notfallpläne für den Bereich Commercial Real Estate einerseits und die D...-Gruppe andererseits.
Die interne Revision der D...-Gruppe erstellte unter dem 24.1.2008 den Audit Report No. 2007 - 44 (Anlage B 220), der sich mit dem Zeitraum vom 5. bis 23.11.2007 beschäftigte. Dieser Bericht kam zu dem Ergebnis, dass Vorgaben der irischen Finanzaufsicht, der die D... plc. unterlag, nicht eingehalten waren und dies als „matter of urgency" bezeichnete. Mit Datum vom 19.8.2008 erstellte die interne Revision einen weiteren Bericht (Anlage B221). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der beiden Berichte wird in vollem Umfang auf die Anlagen B 220 und B 221 Bezug genommen.
Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise, die im Laufe des Jahres 2007 von den Vereinigten Staaten von Amerika ausgehend begann und sich im Jahr 2008 - wenn auch nicht stetig - verschärfte, musste die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz anmelden, wodurch der für die Refinanzierung der Banken untereinander bestehende Interbankenmarkt weitgehend zum Erliegen kam. Bis zum 23.9.2008 refinanzierte die Beklagte einen Betrag von € 14,2 Mrd., am Freitag, den 26.9.2008 bis Mittag einen Betrag von € 2 Mrd.. Das Vorstandsmitglied der Beklagten, Herr ... H..., berichtete dem Aufsichtsrat am 22./23.9.2008 in Anwesenheit des Klägers, die Bedingungen auf dem Geldmarkt seien sehr schwierig geworden (Anlage B 206). Am 23.9.2009 kam es zu Treffen zwischen Vertretern der Beklagten unter Einschluss des Klägers und Vertretern der D... B... AG, um über die Stellung einer gesicherten Kreditlinie durch die D... B... AG an die Beklagte zu verhandeln. Ein weiteres Treffen mit Vertretern der D... B... AG fand am 24.9.2008 statt. Am Abend des 25.9.2008 erhielt der Vorstand der Beklagten durch den Präsidenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Herrn ... S..., und die Exekutivdirektorin für den Geschäftsbereich Bankenaufsicht, Frau ... L...-P..., die Mitteilung über die geplante Einschaltung der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. in der Folgezeit begab sich eine Delegation der Beklagten, der neben dem Kläger weitere Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter der Beklagten angehörten, nach Frankfurt am Main, wo am Wochenende 26./28.9.2008 ein Krisengipfel stattfand. Der Kläger und seine Vorstandskollegen nahmen an den Gesprächen vom 27./28.9.2009 weitestgehend nicht teil; erst am 28.9.2008 gegen 23.35 Uhr wurden sie wieder in die Verhandlungsrunde gerufen. Kurze Zeit nach Mitternacht einigten sich die Beteiligten auf ein - zu diesem Zeitpunkt als ausreichend angesehenes - Rettungspaket in einem Umfang von € 35 Mrd. an Liquiditätshilfen, nachdem die Gespräche zuvor mehrmals unterbrochen und die Vertreter der Beklagten gebeten wurden, einen Insolvenzantrag vorzubereiten. Am 29.9.2008 veröffentlichte die Beklagte folgende Ad hoc-Mitteilung (Anlage B 207):
„H... AG: Kreditfazilität
Eine Konsortialgruppe des deutschen Finanzsektors hat der H... AG gemeinsam mit seinen Tochterunternehmen, D... plc., H... Bank AG und H... Bank International AG eine kurz- und mittelfristige Kreditfazilität in ausreichender Höhe zur Verfügung gestellt. H... AG wird Abschreibungen auf den Beteiligungsbuchwert der D... plc. vornehmen müssen. Mit einer Dividende für das Geschäftsjahr 2008 ist nicht zu rechnen."
Am Montag, den 29.9.2008, sprach der Leiter der Pressestelle des Bundesministeriums der Finanzen von einer geordneten Abwicklung der H...-Gruppe. Am Nachmittag desselben Tages äußerte sich der damalige Bundesminister der Finanzen, Herr P... S... in derselben Art und Weise.
Auf Veranlassung des Konsortiums der privaten Kredit- und Versicherungswirtschaft, das der Beklagten den Betrag von € 35 Mrd. zur Verfügung stellen sollte, berechnete die Beklagte am 3.10.2008 nochmals den Liquiditätsbedarf der H...-Gruppe, der sich nunmehr auf € 50 Mrd. belief, worauf das Konsortium seine Finanzierungszusage zurückzog. Die Beklagte, die dadurch in akute Insolvenzgefahr geriet, veröffentlichte über den Rückzug des Bankenkonsortiums am 4.10.2008 eine entsprechende Ad hoc-Mitteilung (Anlage B 208). Bei einem zweiten Krisengipfel am 5.10.2008, an dem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und des Konsortiums der privaten Kredit- und Versicherungswirtschaft teilnahmen, nicht aber solche der Beklagten, wurde zugunsten der Beklagten eine Liquiditätshilfe in Höhe von € 50 Mrd. beschlossen, worüber die Beklagte am folgenden Tag eine Ad hoc-Mitteilung (Anlage B 210) veröffentlichte.
In der Folgezeit äußerten sich mehrere Politiker zu diesen Entwicklungen. Der damalige Bundesminister der Finanzen, Herr P... S..., äußerte sich ausweislich einer Meldung der Süddeutschen Zeitung in deren Internetauftritt (Anlagen B 211 und B 212) folgendermaßen:
„Ich halte es für undenkbar, dass mit dem jetzigen Management weiter zusammen gearbeitet wird."
Der finanzpolitische Sprecher der CDU-/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Herr O... B..., gab folgende Erklärung ab:
„Wer EUR 35 Mrd. sagt und dann sind es EUR 50 Mrd. - der ist kein kompetenter Gesprächspartner mehr. Es ist an der Zeit, die Konsequenzen zu ziehen."
Der Vorsitzende der CDU-/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Herr V... K..., äußerte sich sinngemäß (Anlage B 225), es werde „höchste Zeit, dass das Management der H... in die Wüste geschickt werde - und zwar möglichst ‚ohne goldenen Handschlag'."
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerten sich deren Fraktionsvorsitzender, Herr F... K..., und ihr Haushaltsexperte, Herr A... B..., wie folgt:
„Dem Vorstand der H... kann man nicht mehr trauen, er hat das wahre Ausmaß der Liquiditätsprobleme offenbar verschleiert."
Mit Schreiben vom 11.12.2008 (Anlage B 226) wandte sich der Vorsitzende des Konsortiums der deutschen Kredit- und Versicherungswirtschaft, Herr Dr. ... B... aus dem Vorstand der D... B... AG, an den Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten; dieses Schreiben enthielt im Wesentlichen folgende Ausführungen:
„Lieber Herr E...,
als Führer eines Konsortiums der Bank- und Versicherungswirtschaft, das der H...-Gruppe eine Finanzierung von EUR 30 Mrd. zur Verfügung gestellt hat, und aufgrund von verschiedenen informellen Gesprächen mit Beteiligten Instituten der Kredit- und Versicherungswirtschaft möchte ich darauf zurückkommen, dass die Finanzierungsbereitschaft des Konsortiums u.a. auch darauf gestützt war, dass es bei der H...-Gruppe zu einem umfassenden personellen Neuanfang in den Gremien kommt, insbesondere auch im Vorstand der .
Dazu sind bereits erste Schritte erfolgt. Aus unserer Sicht ist es aber für die Finanzierer wichtig, dabei nicht stehen zu bleiben, sondern jetzt einen deutlichen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen.
Dabei weisen wir auch darauf hin, dass nach den für die Finanzierung getroffenen vertraglichen Vereinbarungen die H...-Gruppe einen Restrukturierungsplan vorlegen muss. Wesentliches Element und Voraussetzung eines solchen Restrukturierungsplans ist nach unserer Überzeugung der umfassende personelle Neuanfang auch im Vorstand der H... AG, damit das Unternehmen für die besonderen Herausforderungen einer Sanierungssituation gewappnet ist. Wir würden es sehr bedauern, wenn die finanzierenden Institute im Frühjahr zum Schluss kommen müssten, dass die H...-Gruppe wegen einer unzureichenden Neubesetzung der Geschäftsleitung entgegen den vertraglichen Vereinbarungen keinen überzeugenden Restrukturierungsplan vorlegen konnte, da dies die dringend erforderliche Finanzierung über den 31.3.2009 hinaus gefährden könnte."
In einer Sitzung vom 6.10.2008 fasste der Aufsichtsrat der Beklagten den Beschluss, den Aufsichtsratsvorsitzenden zu ermächtigen, mit dem Kläger eine einvernehmliche Beendigung des Vorstandsamtes unter Aufrechterhaltung des Dienstvertrages zu vereinbaren. Gleichzeitig beschloss der Aufsichtsrat, mögliche Pflichtverletzungen des Klägers untersuchen zu lassen und beauftragte hiermit die Rechtsanwaltskanzlei M... LL.P. (im Folgenden: M...). Die daraufhin mit dem Kläger am 7.10.2008 getroffene Vereinbarung (Anlage B 228) enthielt unter anderem folgende Regelung:
„1. Herr F... legt hiermit mit sofortiger Wirkung sein Amt als Vorstand (Vorstandsvorsitzender) der Gesellschaft und sämtliche Ämter in der H... Gruppe nieder.
2. Sein Dienstvertrag vom 23./30. August 2005 (in der Fassung des 2. Nachtrags vom 9./11. Oktober 2007) bleibt davon unberührt. Die Gesellschaft behält sich allerdings vor, nach Klärung und Kenntnis der Umstände, die zur gegenwärtigen Krise der H... Gruppe geführt haben (zu diesem Zweck wurde vom Aufsichtsrat eine interne Untersuchung beschlossen), die außerordentliche Kündigung des Dienstvertrages zu erklären. Sollte kein wichtiger Grund zur Beendigung vorliegen, so werden sich die Parteien bemühen, eine einvernehmliche Aufhebung des Dienstvertrages zu verhandeln. Bis dahin ist Herr F... - vorbehaltlich der Regelungen in Ziffer 3 - freigestellt.
..."
In einer Sitzung vom 17.10.2008 beschloss der Aufsichtsrat der Beklagten im Wege der Unterbeauftragung durch M... die P... AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: P...) mit einer umfassenden Aufklärung des Sachverhalts zu beauftragen, wobei die Untersuchung den gesamten Vorstand der Beklagten umfassen sollte. Jeweils am 17.12.2008 legten M... und P... die von ihnen erlangten Erkenntnisse vor. Am 20.12.2008 fand eine Sitzung des Präsidialausschusses der Beklagten statt, in deren Verlauf der Beschluss (Anlage K8) gefasst wurde, den Dienstvertrag unter anderem mit dem Kläger aus wichtigem Grund zu kündigen und die Ruhegehaltszusagen aus wichtigem Grund zu widerrufen. Der Aufsichtsratsvorsitzende teilte dem Kläger den Beschluss des Präsidialausschusses mit Schreiben vom 23.12.2008 (Anlage K 7 = B 245) mit und sprach sowohl die Kündigung des Dienstvertrages mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund als auch den Widerruf der Ruhergehaltszusage aus wichtigem Grund gegenüber dem Kläger aus. Mitarbeiter der Beklagten stellten dem Kläger dieses Schreiben, dem das Original des Beschlusses des Präsidialausschusses beigefügt war, am 23.12.2008 zu. Nachdem der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers der außerordentlichen Kündigung des Dienstvertrages mit Schreiben vom 2.1.2009 (Anlage K 9 = B 246) widersprochen hatte, teilten die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten entsprechend der Aufforderung durch den Kläger diesem die Gründe für die außerordentliche Kündigung und den Widerruf mit Schreiben vom 16.1.2009 (Anlage K 10 = B 247) mit.
II.
Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, ihm stehe ein Zahlungsanspruch für die Monate Januar und Februar 2009 sowie eine Vergütung für den Dienstwagen zusätzlich für Teile des Monats Dezember 2008 aus dem Vorstandsdienstvertrag zu, den er auch im Urkundsprozess durchsetzen könne. Mangels wichtigen Grundes könne die außerordentliche Kündigung der Beklagten den Vorstandsdienstvertrag nicht beenden; er habe seine Pflichten als Vorstand der Beklagten nicht verletzt.
Der Erwerb der D... plc. beruhe nicht auf einer grob mangelhaften Vorbereitung; die damals durchgeführte Due Diligence erfülle die an sie zu stellenden Anforderungen an die Analysetiefe ebenso wie an die Zeitdauer, zumal der Vorstand und damit auch der Kläger weit mehr als üblich in die Due Diligence eingeschaltet gewesen sei und auch dem Aufsichtrat laufend und detailliert über die Due Diligence Informationen habe zukommen lassen. Der Umstand der Zugänglichkeit des Datenraums erst zu einem späteren Zeitpunkt sei unschädlich und durchaus üblich. Gerade der Kläger habe immer wieder Stellungnahmen und Berichte verlangt und diese auch hinterfragt; die Sitzung vom 20.7.2007 belege eindrucksvoll, wie weitgehend die Informationsermittlung bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt sei. Der in der Vorstandssitzung vom 20.7.2007 vorgelegte Bericht zu den Ergebnissen der Due Diligence bezüglich Mittelbeschaffung und Treasury beweise auch die Tiefe der erfolgten Informationsbeschaffung. Mängel im internen Kontrollsystem seien als beherrschbar eingestuft werden; nach Übernahme habe der Kläger mit dem Abstellen der erkannten Mängel der D...-Gruppe begonnen. Ebenso seien nach der erfolgten Übernahme die Bewertungsmethoden sukzessive an diejenigen der H...-Gruppe angepasst worden. Der Kläger habe an sehr ins Detail gehenden Gesprächen über die Vorevaluierung durch Rating-Agenturen teilgenommen; er habe im Akquisitionszeitraum davon ausgehen können, dass das Langfristrating von A+ über A auf A- herabgesetzt werden müsse, bevor das Kurzfristrating überhaupt in Gefahr gerate, um eine Stufe herabgesetzt zu werden; dabei habe der Kläger ohne Pflichtverletzung annehmen dürfen, dass dies nicht eintreten werde. Angesichts einer sich andeutenden Entspannung der Finanzlage im Zeitpunkt der Akquisition habe der Kläger nicht von einer besonderen Dringlichkeit der Umstellung der Refinanzierung auf längere Laufzeiten ausgehen müssen; dennoch habe es im Vorstand Diskussionen über die Problematik der Fristeninkongruenz gegeben. Ebenso wenig treffe es zu, es habe keine Confirmatory Due Diligence gegeben; diese sei vielmehr in Gestalt von Management Confirmations durchgeführt worden, deren hohe Intensität sich aus den Vorstandsprotokollen vom 14.8.2007 und bezüglich der Liquiditätssituation aus der Sitzung des Aufsichtsrats vom 19.9.2007 ergebe. Der Vortrag des Mitarbeiters ... Z... von M... S... als Berater der Beklagten in der Aufsichtsratsitzung vom 13.7.2007 verdeutliche die Vorteile eines Zusammenschlusses für die Diversifikation der Mittelbeschaffung und der Liquidität auch aus der Sicht nach dem Signing. Abgesehen davon habe der Aufsichtrat in vollem Umfang Kenntnis von den Ergebnissen der Due Diligence gehabt, weshalb bereits aufgrund von § 626 Abs. 2 BGB die Kündigung nicht auf diesen Vorgang gestützt werden könne.
Die Vorgehensweise des Klägers in Zusammenhang mit der Refinanzierungsstrategie rechtfertige keinesfalls die Annahme einer Pflichtverletzung, zumal die Beklagte das Geschäftsmodell der D...-Gruppe nicht generell unverändert fortgeführt habe. Staatsfinanzierungen seien nie fristenkongruent zu finanzieren; auch treffe es nicht zu, dass die ohnehin nicht im Sinne einer Existenzgefährdung kritische kurzfristige Finanzierungsquote sich auf 60 % erhöht habe. Die Jahre 2006 bis 2008 mit dem damals vorhandenen Refinanzierungsprofil dürfe man wegen Veränderungen im Konsolidierungskreis der D...-Gruppe ohnehin nicht heranziehen. Ein Zurückfahren der kurzfristigen Refinanzierung durch Geldaufnahme am Kapitalmarkt und stattdessen die Alternative einer längerfristigen Refinanzierung am Kapitalmarkt durch die Emission von Pfandbriefen bzw. Covered Bonds hätte das von der Beklagten beschriebene Problem nicht beseitigt, weshalb eine Pflichtverletzung nicht angenommen werden dürfe. Der Aufsichtsrat sei vor allem auch jederzeit über die Refinanzierungsstruktur und -lage informiert gewesen, weshalb auch hier die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB abgelaufen sei.
Im Bereich der Risikosteuerungs- und -controllingprozesse müsse besonders beachtet werden, dass der Pflichtenkatalog nicht retrospektiv aus der Kenntnis der Folgen des Zusammenbruchs von Lehman Brothers bewertet werden dürfe. Dann werde klar, dass der Kläger seine Pflichten nicht verletzt habe. Ebenso wie er Herrn ... C... aus dem Vorstand der D... plc. mit der Abarbeitung der von der internen Revision und den Wirtschaftsprüfern aufgezeigten Themen beauftragt habe, sei ein großer Teil der durch die Sonderprüfung der Deutschen Bundesbank nach § 44 KWG aufgezeigten Rügen durch ein Team unter der Leitung von Frau ... O... als Risikovorstand der Beklagten so abgearbeitet worden, dass es bereits bei Abschluss der Prüfung erledigt gewesen sei. Nachdem die Beklagte nicht dem Kreditwesengesetz unterliege, dürfe man aus diesem auch keinen Prüfungsmaßstab für den Kläger ableiten. Die täglichen Telefonkonferenzen zwischen Liquiditätssteuerung (Treasury) und Risikocontrolling seien der regelmäßige und systematische Vorgang, was sich schon an dem täglichen Versand der Protokolle an die Deutsche Bundesbank zeige. Die Trennung der Liquiditätssteuerung sei sinnvoll und gewünscht gewesen und mit den Rating-Agenturen so vereinbart.
Bezüglich der Liquiditätsstresstests ergebe sich gerade aus dem Bericht der Deutschen Bundesbank vom 24.6.2006 nichts Rügenswertes oder Pflichtwidriges am Verhalten des Vorstandes und damit auch des Klägers. Angesichts der Unvorhersehbarkeit der Lehman-Situation müsse diese in einem Stressszenario auch nicht vorgesehen werden. Die bei der Beklagten vom Vorstand implementierten Stressszenarien und t+5, ICAAP mit einem ersten Stressszenario, ICAAP mit einem zweiten Stressszenario, einer 90-Tage-Vorschau, weiteren Stressszenarien gemäß dem D... Liquidity Framework Policy und dem 20-Tages-Limit seinen sowohl von ihrer Existenz als auch in ihrer konkreten Ausgestaltung und Handhabung ausreichend gewesen. Die 5-Tages-Limitierung des Liquiditätsrisikos stelle sich angesichts des Geschäftsmodells der D... plc. als ausreichend und sinnvoll dar, was sich auch an der fehlenden Bemängelung im Bericht der Deutschen Bundesbank zeige. Die weiteren Limite bei der D...-Gruppe seien nicht zwingend erforderlich und daher von Frau ... O... an den Gruppenstandard der H...-Gruppe angepasst worden; eine Pflichtverletzung des Klägers liege darin nicht.
Von einem fehlenden systematischen Abgleich der Liquiditätsauswirkungen der Risikoüberwachungsabteilungen und der Liquiditätssteuerungsabteilungen könne nicht ausgegangen werden. Aus der Liquidity Risk Policy der D... ergebe sich die organisatorische Festlegung, wer sich um die Qualitätssicherung kümmere. Auch in diesem Bereich habe sich der Vorstand um eine Verbesserung der Abstimmung der beiden Einheiten bemüht und Herrn C... beauftragt, die Hinweise der internen Revision abzuarbeiten. Die organisatorische Struktur mit ihrer Zweispurigkeit sei vom Aufsichtsrat gebilligt worden und stelle sich zudem als sinnvoll dar. Eine Pflichtverletzung des Klägers lasse sich auch nicht aus dem Fehlen eines gruppenweiten Liquiditätsnotfallplanes ableiten, weil das Erfordernis eines einheitlichen gruppenweiten Notfallplanes für die H...-Gruppe nicht bejaht werden könne. Die vorhandenen separaten Notfallpläne seien ausreichend und Folge des unternehmerischen Konzepts der Trennung zwischen den Geschäftsbereichen der D... einerseits und dem Geschäftsbereich Commercial Real Estate andererseits. Der Prüfungsbericht von K... verweise auch auf die Erfüllung der rechtlichen Anforderung aus § 91 Abs. 2 AktG.
Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe im Zusammenhang mit den Krisensitzungen in Frankfurt am Main fehlerhaft einen Liquiditätsbedarf bis Ende des Jahres 2008 in Höhe von € 35 Mrd. genannt und diesen dann deshalb bereits nach wenigen Tagen korrigieren müssen, treffe nicht zu. Der Kläger habe nur € 15 Mrd. als vorsorgliche Fazilität nachgefragt und den benötigten Rest als durch die H...-Gruppe aufbringbar bezeichnet. Der Betrag von € 35 Mrd. entstamme dem Konsortium der Finanzindustrie. Die Gründe für die Korrektur dieses Betrages, der den ungesicherten Refinanzierungsbedarf unter der Annahme offen bleibender Repo-Märkte betreffe, seien in den Engagementabfragen und Indiskretionen aus Finanz- und Regierungskreisen sowie in der Abwicklungsäußerung des damaligen Bundesministers der Finanzen mit der Folge einer sofortigen Herabstufung des Ratings und des Verlusts jeglicher Refinanzierungsmöglichkeit zu sehen. Beim ersten Krisengipfel vom 26. bis 28.9.2008 sei gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank von der Beklagten über einen ungesicherten Bedarf von € 24 Mrd. in 2008 und € 9 Mrd. in 2009 bzw. von € 24 Mrd. und € 10 Mrd. gesprochen worden, wobei der Liquiditätsbedarf für die D... bis Jahresende 2008 in dem Betrag von € 24 Mrd. enthalten gewesen sei. Damit habe der Kläger auch keine falschen Angaben gegenüber dem Aufsichtrat gemacht; die Korrektur des ersten Rettungspaktes habe er nicht zu verantworten.
Die gerügten Mängel im Bericht der internen Revision vom 14.1.2008 bezüglich der Vorgaben des irischen Bankaufsichtsrechts seien sofort angegangen und abgearbeitet worden, die zudem im Bericht ohnehin nur als „dringlich" und nicht als „besonders dringlich" geschildert seien. Die Abarbeitung der Mängel zeige sich schon am Inhalt des Berichts der internen Revision Nr. 2008-38 vom 19.8.2008, der nur bezüglich des Stresstesting von nicht ganz erledigten Punkten ausgehe. Auch hier habe der Aufsichtsrat zudem alle Tatsachen gekannt, weshalb die Kündigung verfristet und schon deshalb unwirksam sei.
Eine sogenannte „Druckkündigung" scheide bei Vorstandsmitgliedern grundsätzlich aus; jedenfalls fehle es aber an Äußerungen dergestalt, dass potentielle Stützungsmaßnahmen des Bundes oder von anderer Seite, deren Ziel es angeblich sei, den Zusammenbruch der Beklagten und damit des gesamten deutschen Bankensystems zu verhindern, von einer fristlosen Kündigung des Vorstandsdienstvertrages mit dem Kläger abhängig gemacht worden sei. Auch das Schreiben des Vorsitzenden des Konsortiums enthalte kein Wort über die Kündigung von Dienstverträgen mit Vorstandsmitgliedern. Eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung komme nicht in Betracht; ebenso wenig könne eine Kündigung wegen faktischer Insolvenz in Erwägung gezogen werden.
Der Kläger beantragt daher:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 150.172,03 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1.1.2009 aus dem Betrag von € 77.505,37 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1.2.2009 aus dem Betrag von € 150.172,09 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte beantragt demgegenüber:
Klageabweisung.
Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, die Klage sei im Urkundsprozess bereits nicht statthaft; jedenfalls habe die außerordentliche Kündigung des Vorstandsdienstvertrages diesen wirksam beendet, weil der Kläger seine Pflichten erheblichem Umfang verletzt habe und folglich ein wichtiger Grund vorliege.
Die Pflichtverletzung liege zunächst in einer grob mangelhaften Vorbereitung des sich bereits angesichts der Größe des Transaktionsobjekts durch eine überragende wirtschaftliche und strategische Bedeutung auszeichnenden Erwerbs der D... plc. mit ihrem komplexen und schwer zu erfassenden Geschäftsmodell, das sich dadurch auszeichne, dass die Gesellschaft Liquiditätsrisiken eingehen müsse, um Erträge zu erwirtschaften. Entscheidend für die Mangelhaftigkeit der Due Diligence müsse auf die zu kurz bemessene Dauer der Öffnung des Datenraums und die dann nur schleppend zur Verfügung gestellten Dokumente abgestellt werden. Angesichts dessen könne die Due Diligence von K... nicht die angemessene Informationsgrundlage für die Akquisitionsentscheidung schaffen, zumal K... ausdrücklich auf das Erfordernis zusätzlicher Informationen bezüglich steuerlicher Risiken hingewiesen und sich die Arbeitsgruppe Structure/Tax nur mit den steuerlichen Konsequenzen aus der Eingliederung beschäftigt habe. Die fehlende Ableitung eines normalisierten Ergebnisses belege eine weitere Pflichtverletzung und lasse sich auch nicht durch die Analyse der „Financial Performance" ersetzen. Auch in der Zeit der Confirmatory Due Diligence zwischen Vertragsabschluss und Vollzug der Transaktion sei keine der Informations- und Analyselücken geschlossen worden. Ebenso hätten sich aus dem Geschäftsmodell der D... plc. ergebende Risiken quantifiziert werden müssen. Im Vertrag mit der D... plc. fehle auch die Möglichkeit einer nachträglichen Kaufpreisanpassung angesichts der Ausgestaltung der im Zusammenschlussvertrag enthaltenen Material Adverse Change-Klausel als Vollzugsbedingung. Mit Blick auf die Vorenthaltung von verbliebenen Informationslücken entsprechend dem Bericht von K... bei der entscheidenden Aufsichtsratsitzung vom 23.7.2007 durch den Kläger habe der Aufsichtsrat keine Kenntnis von den Pflichtverletzungen erlangt und bei dieser Sitzung ohnehin nur über ein auf den Wortlaut des Vorstandsbeschlusses über den D...-Erwerb beschränktes Exzerpt des Vorstandsprotokolls aus dessen Sitzung vom 20.7.2007 verfügt.
Im Zusammenhang mit der Refinanzierungsstrategie treffe den Kläger der Vorwurf, seine Pflichten zur genauen Prüfung und kritischen Hinterfragung des von der D...-Gruppe verfolgten Geschäftsmodells nicht erfüllt zu haben. Auch in der wellenförmig verlaufenden Finanzkrise habe es keine Phasen einer so dauerhaften und nachhaltigen Erholung gegeben, dass der Kläger auf eine genaue Analyse der Risiken aus der Refinanzierungsstrategie und den hierzu möglichen Alternativen habe verzichten dürfen, zumal jedenfalls ungesicherte Liquidität ständig teuerer geworden sei. Die fehlende Beanstandung des Geschäftsmodells durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht entlaste den Kläger nicht, weil er sich schon vor einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde mit der Risikosituation und der Refinanzierung hätte befassen müssen. Sein Hinweis auf die Befassung mit Refinanzierungsstrategien in Vorstandssitzungen gehe fehl, weil dort nur den Risiken und der Refinanzierung im Bereich Commercial Real Estate viel Raum gegeben worden sei, nicht aber den Risiken und der Refinanzierungssituation der Staats- und Infrastrukturfinanzierung der D...-Gruppe. Ein Strategiekonzept lasse sich ebenso wenig erkennen wie die Einräumung höchster Priorität für die Bereiche der Refinanzierung und des Liquiditätsmanagements. Der Kläger habe nicht geprüft, inwieweit eine befristete Einstellung des Neugeschäfts angesichts der Marktbedingungen eine sinnvolle Handlungsstrategie gewesen sei, zumal auch zentralbankfähiges Neugeschäft nicht vollkommen risikoneutral gewesen sei. Ebenso liege ein Versäumnis des Klägers in der nicht im gebotenen Umfang erfolgten Beschäftigung mit den Möglichkeiten für vermehrt langfristige Refinanzierungsgeschäfte wie der Emission von ungesicherten Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt, der Emission von Pfandbriefen und sonstigen Covered Bonds, was im gesamten Jahr 2007 und im ersten Halbjahr 2008 möglich gewesen wäre. Auch in Bezug auf diese Pflichtverletzungen habe der Aufsichtsrat erst nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung Kenntnis erlangt, weshalb die Frist von zwei Wochen eingehalten sei; abgesehen davon genüge ein bloßer Verdacht, den der Aufsichtrat ohnehin nicht geschöpft habe, nicht, um die Frist des § 626 Abs. 2 BGB in Lauf zu setzen.
Weiterhin habe es der Kläger grob pflichtwidrig versäumt, Mängel des Risikomanagement in der H...-Gruppe zu beseitigen. Die vorhandenen Mängel seien gerade nicht systematisch und schnellst möglich abgearbeitet worden, was sich per se als sorgfaltspflichtwidrig darstelle. Dies gelte aber umso mehr angesichts des Finanzierungsmodells der D...-Gruppe; in Zeiten der Finanzkrise komme dem Liquiditätsrisikomanagement eine ganz besondere Bedeutung zu. Das Fehlen eines integrierten Liquiditätsmanagements zwischen den deutschen Kreditinstituten und der D... plc. beinhalte einen Mangel in diesem Bereich. Nach dem Hinweis in der Vorstandssitzung vom 14.3.2008 habe es der Kläger auch unterlassen, Sorge für eine umgehende Beseitigung der von K... monierten Mängel zu tragen. Eine Validierung der den Liquidity Limit Reports zugrunde liegenden Auswertungen durch regelmäßige systematische Quervergleiche mit den in der Treasury-Abteilung erstellten und verwandten Auswertungen habe es nicht gegeben. Gerade wegen der heterogenen IT-Struktur und den daraus folgenden zwangsläufigen Schwierigkeiten bei der Vereinheitlichung des Liquiditätsrisikomanagementsystems hätte der Kläger sein besonderes Augenmerk auf das Liquiditätsrisikomanagement richten müssen, was indes unterblieben sei. Das Fehlen von weiteren gruppenweiten cashflow- basierten Liquiditätsstresstests außer t+5 bedeute ebenso eine erhebliche Pflichtverletzung wie das Fehlen konsolidierter gruppenweiter Liquiditätsbetrachtungen, was nicht durch das Abliefern von zwei separaten Berichten ersetzt werden könne; hieran ändere auch nicht das Stattfinden einer täglichen Telefonkonferenz zwischen den betroffenen Abteilungen etwas. Gerade aus den parallel erstellten Berichten über die Liquiditätssituation am 29.8.2008 (Anlagen B 180 und B 181) mit den unterschiedlichen Ergebnissen und Annahmen ergebe sich die Notwendigkeit einer Überleitung zu Validierungszwecken.
Außerdem hätte das den Stresstests unterlegte Liquiditätskrisenszenario eher auf nominalwertähnliche Werte statt auf den Kurswert der Liquiditätsreserven abstellen müssen, weshalb die angewandte Methode mängelbehaftet sei und die so ermittelte Zahl nicht den Genauigkeitsansprüchen eines mangelfreien Stresstests genüge. Der Betrachtungszeitraum von 90 Tagen und der Limitierungszeitraum von fünf Tagen seien jeweils unzureichend. Gravierende Pflichtverletzungen habe der Kläger auch im Zusammenhang mit der Limitierung des Liquiditätsrisikos begangen, die namentlich in den aufgetretenen Mängeln im Einzelnen und besonders auch in der fehlenden Beseitigung der Missstände zu sehen seien, was auch für mangelndes Risikobewusstsein des Klägers spreche. Trotz Verschärfung der Finanzkrise habe er die Schaffung eines gruppenweiten adäquaten Limite-Systems nicht in Angriff genommen, sondern statt dessen bestehende Limite abgeschafft, während die Schaffung neuer Limite notwendig gewesen wäre. Auch in den im Bericht der Deutschen Bundesbank gerügten Mängel habe der Kläger pflichtwidrig keinen Grund gesehen, der Beseitigung der festgestellten - teilweise als F 3 und damit gewichtig bezeichneten - Mängel die gebotene hohe Priorität beizumessen.
Das Fehlen eines gruppenweiten Notfallplanes widerspreche branchenüblichen Standards und rechtfertige daher die Annahme einer schweren Pflichtverletzung. Auch sei weder auf der Ebene der Beklagten noch bei den Einzelbanken die gruppenweite Koordinierung und Steuerung von Liquiditätsnotfallkonzepten vorgesehen gewesen; spontane Telefonkonferenzen - so eine solche denn am 16.9.2008 in Folge der Insolvenz von Lehman Brothers stattgefunden haben sollte - seien ungeeignet; dadurch werde nicht sichergestellt, dass die ausgetauschten Informationen unverzüglich an die richtigen Mitarbeiter weitergeleitet und von denen die richtigen Maßnahmen ergriffen würden.
Von den zahlreichen Mängeln im Bereich des Liquiditätsrisikomanagements habe der Aufsichtsrat erstmals durch die Vorlage der Berichte von P... und M... am 17.12.2008 Kenntnis erlangt. Etwas anderes ergebe sich weder aus dem Bundesbankbericht noch aus dem Prüfungsbericht von K... angesichts des Fehlens von Maßnahmen zur Abarbeitung der Mängel in diesen beiden Berichten.
In Bezug auf das irische Bankaufsichtsrecht müsse sich der Kläger vor allem vorwerfen lassen, unzureichend auf die Berichte der internen Revision reagiert zu haben. Von einer angemessenen Reaktion auf den ersten Bericht könne schon wegen des auch im Bericht vom 14.8.2008 erhaltenen vergleichbaren, nicht befriedigenden Ergebnisses nicht ausgegangen werden. Vor dem 17.12.2008 habe weder der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit noch einzelne seiner Mitglieder von diesen Pflichtverletzungen Kenntnis erlangt.
Die Fehleinschätzung des Klägers zum Liquiditätsbedarf nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, der vom Ausreichen einer kurzfristigen Liquiditätshilfe von € 15. Mrd. ausgegangen sei, zeige eine erhebliche Realitätsferne; vor allem während des Rettungswochenendes habe er alle Hinweise auf einen höheren Unterstützungsbedarf ignoriert. Der höhere Liquiditätsbedarf habe seine Ursache gerade auch nicht in Äußerungen des damaligen Bundesministers der Finanzen, der Bankenabfrage oder von Informationen der Öffentlichkeit gehabt; diese seien ohne relevante Auswirkungen geblieben.
Neben den zahlreichen Pflichtverletzungen rechtfertige sich die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vor allem auch aus den massiven Trennungsforderungen seitens der Bundesregierung und des Konsortiums der deutschen Kredit- und Versicherungswirtschaft gegenüber dem Aufsichtsrat. Die Beklagte habe die Trennungsforderungen der an ihrer Rettung Beteiligten ernst nehmen müssen, weil die Nichtverlängerung der Finanzierungszusage eine Existenzgefährdung der H...-Gruppe bedeutet hätte.
Angesichts der ganz erheblichen Restlaufzeit des Vorstandsdienstvertrages mit dem Kläger von mehr als 4,75 Jahren könne der Beklagten die Fortsetzung des Vorstanddienstvertrages nicht zugemutet werden, zumal es um verhaltensbedingte Pflichtverstöße gehe, bei denen eine Weiterbeschäftigung auch auf einer anderen Position von vornherein ausscheiden müsse.
Der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung stehe § 626 Abs. 2 BGB nicht entgegen, weil der Aufsichtsrat angesichts der Komplexität des Sachverhalts berechtigt gewesen sei, nach der Krise der H...-Gruppe Ende September/Anfang Oktober 2008 eine interne Prüfung über mögliche Pflichtverletzungen des Klägers durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sowie eine Rechtsanwaltskanzlei in Auftrag zu geben und erst nach Vorlegen der Untersuchungsergebnisse eine Entscheidung über den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung zu treffen. Zudem könne sich der Kläger angesichts der Vereinbarung über weitere Ermittlungen nicht auf die Versäumung der Zwei-Wochen-Frist berufen. Jedenfalls aber stehe der Beklagten in analoger Anwendung von § 313 BGB in Verbindung mit § 113 Satz 1 und Satz 2 InsO ein Recht zur ordentlichen Kündung zu, nachdem sich die Situation der Beklagten seit Ende September/Anfang Oktober 2008 mit faktischer Insolvenz beschreiben lasse.
IV.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6.5.2010 (Bl. 1053/1055 d.A.).
aus den gründen
Die Klage ist im Urkundsprozess zulässig und mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruches auch begründet.
I.
Die Klage ist zulässig, wobei insbesondere die Statthaftigkeit der Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung der Vergütung aus einem Vorstandsdienstvertrag im Urkundsprozess gem. § 592 Satz 1 ZPO zu bejahen ist.
1. Danach kann ein Anspruch, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hat, im Urkundsprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruches erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Umstand, dass der Kläger eine Bruttovergütung beantragt hat, steht der Statthaftigkeit dieser Verfahrensart nicht entgegen. Vorliegend hatte der Kläger den Vergütungsanspruch zulässigerweise als Bruttobetrag eingeklagt. Die Verpflichtung zur Zahlung eines Bruttoentgelts stellt in vollem Umfang eine Geldschuld des Dienstberechtigten gegenüber dem Dienstverpflichteten dar. Das Bruttoentgelt als vereinbarte Zahlung einer bestimmten Summe Geldes unterliegt zwar regelmäßig öffentlich-rechtlichen Abzügen. Die Vergütungspflicht beinhaltet indes nicht nur den Nettobetrag, sondern umfasst auch die Leistungen, die nicht in einer unmittelbaren Auszahlung an den Arbeitnehmer bzw. bei einem Vorstandsdienstvertrag an das Vorstandsmitglied bestehen. Dementsprechend kann die Zahlungsklage auf den Bruttobetrag gerichtet werden. Der Abzug und die Abführung von Vergütungsbestandteilen betreffen nur die Frage, wie die Beklagte als Dienstberechtigte ihre Zahlungspflicht gegenüber dem Kläger als Dienstverpflichtetem erfüllt. Die Beklagte nimmt insoweit die Aufgabe der Finanzbehörden und der Sozialversicherungsträger wahr. Auf diesem Wege ist sichergestellt, dass die entsprechenden Teile der Vergütung in der arbeits- und sozialversicherungsrechtlich vorgeschriebenen Art und Weise verwendet werden. Materiell handelt es sich um eine Leistung an den Dienstverpflichteten, die nur aus formellen Gründen des Steuerrechts sowie des Rechts der Sozialversicherung vom Dienstberechtigten unmittelbar an das Finanzamt bzw. den Sozialversicherungsträger erbracht wird (vgl. BAG NJW 2001, 3570, 3571 m.w.N. aus Rspr. und Lit.; auch LG München I, Urteil vom 3.2.2005, Az. 5HK O 17791/04, S. 13 f. und Urteil vom 22.7.2010, Az. 5HK O 6382/09, S. 15 ff. - jeweils n.v.). Dann aber liegt ein hinreichend bestimmter Antrag vor, der mittels Urkunden nachgewiesen ist und der daher auch mittels Urkundsklage geltend gemacht werden kann. Dem kann namentlich nicht entgegengehalten werden, die Zulassung des Urkundsprozesses würde das strenge aktienrechtliche Haftungsregime unterlaufen. Im vorliegenden Fall sieht das Gericht keinen Verstoß gegen den Zweck und die Grundlagen des Urkundsprozesses. Die hier gegebene Situation ist nicht vergleichbar mit dem Rückforderungsprozess nach Abruf einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, bei dem der BGH die Statthaftigkeit des Urkundsprozesses verneint hat (vgl. BGH NJW 2001, 3550, 3551). Hier dagegen liegt keine Situation vor, in der - wie bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern - ein erneutes Hin- und Herbewegen der Bürgschaftsvaluta stattfinden würde. Es fehlt gerade an der Situation, in der vor dem Rückforderungsanspruch ein vorangegangener Zahlungsanspruch wie bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern gegeben wäre. Wenn es um Gegenansprüche oder Einwendungen der Beklagten gegen den Vergütungsanspruch geht, so können diese von der Beklagten auch im Urkundsprozess geltend gemacht werden, sofern sie für den Fall des Bestreitens durch den Kläger ihren entsprechenden Tatsachenvortrag mit den in dieser Verfahrensart statthaften Beweismitteln beweisen kann. Die Möglichkeit des Vorbehalts der Rechte im Nachverfahren für die Beklagte und eines sich gegebenenfalls anschließenden Nachverfahrens beruht auf der Konzeption der Zivilprozessordnung über den Urkundsprozess in §§ 592 ff. ZPO. An diese Ausgangskonzeption ist das Gericht gebunden. Nur ausnahmsweise kann wegen der Besonderheiten der geltend gemachten Zahlungsansprüche hiervon abgewichen werden. Eine derartige Ausnahmesituation lässt sich hier indes nicht bejahen (vgl. LG München I, Urteil vom 7.9.2006, Az. 5HK O 22880/05, S. 12 ff. und Urteil vom 22.7.2010, Az. 5HK O 6382/09, S. 15 ff. - jeweils n.v.; KG NJW-RR 1997, 1059). Soweit hierzu teilweise eine gegenteilige Auffassung vertreten wird (vgl. OLG Düsseldorf GmbHR 2005, 991 f.), kann dieser nicht gefolgt werden.
2. Der Kläger hat alle Anspruchsvoraussetzungen für den Anspruch aus §§ 611, 615 BGB mittels Urkunden belegt. Abgesehen davon ist der entsprechende Sachvortrag ohnehin unstreitig. Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Dienstverpflichtete die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Berechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt. Somit setzt die Anspruchsgrundlage in Verbindung mit § 293 ff. BGB voraus, dass ein Dienstverhältnis vorliegt, der Verpflichtete seine Dienste angeboten und der Dienstberechtigte sie nicht angenommen hat.
Es ist unstreitig und zudem durch Vorlage des schriftlichen Anstellungsvertrages urkundlich belegt, dass dem Kläger für die Zeit bis zum Ende des Dienstvertrages am 30.9.2013 eine monatliche Vergütung in Höhe von € 66.666,66 brutto zuzüglich der geldwerten Leistung in Form der Gewährung eines Dienstwagens mit Fahrer zusteht. Den Umstand, dass die Beklagte geltend macht, der Dienstvertrag sei durch die außerordentliche Kündigung beendet worden, muss der Kläger nicht urkundlich nachweisen, weil es sich dabei um rechtsvernichtende Einwendungen handelt, für welche die Beklagte nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast darlegungs- und beweispflichtig ist.
Der Kläger hat durch die Vorlage der anwaltlichen Schreibens vom 2.1. und vom 26.1.2009 dargelegt und bewiesen, ein wörtliches Angebot im Sinne des § 295 BGB abgegeben zu haben. Die Beklagte hat die angebotenen Dienste nicht angenommen, was sich vor allem aus dem Schreiben ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 16.1.2009 (Anlage K 10) ergibt, weil sie dort ausführen, die vollständige Trennung der Gesellschaft vom Kläger sei notwendig und an der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung bestehe kein Zweifel.
II.
Die Klage ist ganz überwiegend begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Vergütung aus §§ 611, 615 BGB zu, nachdem sich die Beklagte entsprechend den obigen Ausführungen unter I. im Verzug mit der Annahme der Dienste befindet, weil ein Kündigungsgrund entweder nicht bejaht werden kann oder jedenfalls nicht mit Mitteln des Urkundsprozesses nachgewiesen kann, dass der Kläger seine Pflichten in einem Umfang verletzt hätte, der einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs.1 BGB darstellen würde. Nach dieser Vorschrift kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
a. Die Beklagte kann sich nicht auf die Grundsätze der sogenannten Druckkündigung berufen, wie sie im Arbeitsrecht für Arbeitnehmer entwickelt wurden.
(1) Das BAG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Druckkündigung, die vorliegt, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen, möglich sei, wobei indes an die Zulässigkeit gerade auch einer betriebsbedingten Kündigung strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BAG NJW 1991, 2307, 2308; NZA 1996, 581, 584). Der Arbeitgeber muss sich aufgrund seiner Fürsorgepflicht schützend vor seinen Arbeitnehmer stellen. Bei einem verhaltens- oder personenbedingten Kündigungsgrund stehe es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine derartige Kündigung ausspreche.
Diese Grundsätze können nicht ohne Weiteres auf die außerordentliche Kündigung des Vorstandsdienstvertrages mit einem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft übertragen werden. Es muss nämlich beachtet werden, dass das Vorstandsmitglied zu der Aktiengesellschaft in einer doppelten Beziehung steht - nämlich dem Verhältnis als die Gesellschaft nach außen repräsentierendes Vertretungsorgan und davon zu unterscheiden als Dienstverpflichteter. Damit kann dem Begehren, dass das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft nach außen für diese auftritt, bereits durch die Abberufung aus seiner Organstellung Rechnung getragen werden, was vorliegend durch die vom Kläger vorgenommene Niederlegung seines Amtes auch geschah. Demzufolge lassen sich die Grundsätze der Druckkündigung allenfalls auf das Recht der Aktiengesellschaft übertragen, soweit es um das nach außen wirkende Organverhältnis geht (vgl. BGH DStR 1999, 1537 m. Anm. Goette; OLG München NZG 2006, 313, 314; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., Rdn. 158 zu § 84; Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl., Rdn. 175 zu § 84).
(2) Eine derartige extreme Ausnahmesituation vermag die Kammer insbesondere auch angesichts der Personen, von denen der Druck auf die Beklagte ausgeübt wurde, nicht angenommen werden.
(a) Soweit es um das Schreiben des Vorsitzenden des Konsortiums der deutschen Kredit- und Versicherungswirtschaft vom 11.12. 2008 geht, ist dem entgegen zu halten, dass darin zum einen die Möglichkeit einer Nichtverlängerung der Garantieleistungen über den 31.3.2009 hinaus nur als Möglichkeit im Konjunktiv formuliert wurde. Daher kann dieses bereits nicht als Ultimatum im Sinne eines zwingenden Verlangens nach einer außerordentlichen Kündigung als Voraussetzung für das weitere Engagement der Kredit- und Versicherungswirtschaft vom Aufsichtsrat verstanden werden. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Notwendigkeit der Neubesetzung der Organe im letzten Absatz des Schreibens, auf den sich die Beklagte namentlich stützt, auf das Erfordernis des Vorlage eines überzeugenden Restrukturierungsplanes als Voraussetzung für die Gewährung der Finanzierungssage gestützt wird, dessen Fehlen die dringend erforderliche Finanzierung gefährden könnte. Zudem bezieht sich das Schreiben nicht ausdrücklich auf die Person des Klägers, der zum damaligen Zeitpunkt - anders als andere Vorstandsmitglieder - sein Amt als Vorstand bereits niedergelegt hatte. Weiterhin müssen ganz entscheidend die Folgen beachtet werden, die sich ergeben hätten, wenn es zu einem Entzug der Unterstützung für die Beklagte kommen sollte. Es kann auch zur Überzeugung der Kammer kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei der Beklagten um eine sogenannte systemrelevante Bank handelt, deren Zusammenbruch durch eine Insolvenz zu gravierenden negativen Auswirkungen des bundesdeutschen Wirtschaftssystems geführt hätte. Damit aber wären auch massive wirtschaftliche Probleme auf die an der Finanzierung beteiligten Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen zugekommen. Angesichts dieser Auswirkungen stellt es einen Widerspruch in sich dar, wenn einerseits wegen der Systemrelevanz unabhängig von handelnden Personen Finanzhilfen im Umfang von vielen Milliarden Euro als zwingend zur Stützung der Beklagten und damit des gesamten Wirtschaftssystems bereit gestellt werden, um dessen Kollaps zu vermeiden, andererseits aber die Weitergewährung der Finanzhilfen von der sofortigen Beendigung des Vorstandsdienstvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten abhängig gemacht würde.
(b) Soweit es um Äußerungen führender Politiker aus im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien geht, kann darauf - unabhängig vom Inhalt einzelner Äußerungen - eine Druckkündigung nicht gestützt werden. Die außerordentliche Kündigung eines Vorstandsdienstvertrages setzt - wie ausgeführt - das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus, der insbesondere in erheblichen Pflichtverletzungen eines Vorstandsmitgliedes liegen kann. Gerade im Zeitpunkt der Äußerungen im unmittelbaren Anschluss an den zweiten Krisengipfel in Frankfurt war auch für die Beklagte offen, inwieweit der Kläger seine Pflichten aus dem Vorstandsdienstvertrag verletzt hat. Deshalb mandatierte sie eine Rechtsanwaltskanzlei mit dem Ziel, Untersuchungen über Pflichtverletzungen des Klägers sowie weiterer Vorstandsmitglieder durchzuführen. Der Bundesminister der Finanzen als Mitglied der Exekutive ist ebenso wie die Mitglieder des Deutschen Bundestages, die sich zu der Zukunft des Klägers bei der Beklagten geäußert haben, aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben in Art.20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Dies bedeutet wiederum, dass die Beklagte sich nicht auf den Druck von Mitgliedern der Exekutive und der Legislative berufen kann, um den Vorstandsdienstvertrag außerordentlich fristlos zu kündigen, wenn tatsächlich eine Pflichtverletzung des Klägers nicht vorliegen sollte (so auch Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 122 zu § 84 für den Widerruf der Organstellung). Wenn der Kläger tatsächlich in erheblichem Umfang seine Pflichten als Vorstandsmitglied verletzt hat, so lässt sich daraus ein wichtiger Grund ableiten, ohne dass es Rückgriffs auf die Druckkündigung bedarf. An diesen rechtlichen Vorgaben aus § 626 Abs. 1 BGB müssen sich auch die Mitglieder der Legislative wie der Exekutive messen lassen.
b. Soweit es um den Vorwurf erheblicher Pflichtverletzungen bei der Tätigkeit des Klägers als Vorstand der Beklagten geht, kann diese den entsprechenden Tatsachenvortrag zu den Pflichtverletzungen nicht mit Mitteln des Urkundsbeweises nachweisen. Dies wäre indes notwendig gewesen, wie sich aus dem Zusammenspiel von §§ 598 und 595 Abs. 2 ZPO ergibt. Nach der Vorschrift des § 595 Abs. 2 ZPO kann der Urkundenbeweis nur durch Vorlegung der Urkunden angetreten werden. Einwendungen des Beklagten sind, wenn der ihm obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismittel angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt ist, als im Urkundenprozess aufgrund der Vorschrift des § 598 ZPO unstatthaft zurückzuweisen. Damit stellt diese Vorschrift klar, dass die Einwendungen, die wegen der Beweismittelbeschränkung aus § 595 Abs. 2 ZPO im Urkundenprozess unbeachtet bleiben, nicht endgültig verloren gehen; vielmehr können sie in Nachverfahren nach § 600 ZPO weiter verfolgt werden, auch wenn sie in den Gründen als unstatthaft zurückgewiesen werden (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., Rdn. 1 zu § 598). Die Beklagte ist mit den sich aus den Pflichtverletzungen ergebenden Einwendungen, wie sie dem Kläger im Zusammenhang mit der aus ihrer Sicht mangelhaften Vorbereitung des Erwerbs der D... plc, der unterbliebenen Änderung der Refinanzierungsstrategie, den nach Auffassung der Beklagten mit deutlichen Mängeln behafteten Risikosteuerungs- und -controllingprozessen, dem Vorwurf der Korrektur des Liquiditätsbedarfs zwischen den Ende September und Anfang Oktober 2008 in Frankfurt am Main stattgefundenen Krisengipfeln sowie dem Vorwurf von Verstößen gegen das irische Aufsichtsrecht vorgeworfen werden und die einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen können, als unstatthaft zurückzuweisen.
All diesen Vorwürfen ist gemeinsam, dass sie - sollten sie nachgewiesen werden können - entweder jeder für sich alleine oder doch in ihrer Gesamtheit einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB begründen können. Es ist allgemein anerkannt, dass schwere Pflichtverletzungen eines Vorstandsmitgliedes einen wichtigen Grund darstellen können (vgl. nur Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 155 zu § 84; Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 172 zu § 84).
(1) Ein erheblicher Pflichtenverstoß kann vorliegen, wenn der Kläger als Mitglied des Vorstandes die Entscheidung zum Erwerb der D... plc. nicht auf einer hinreichend sicheren Tatsachengrundlage getroffen hat.
(a) Bei dem Erwerb der Beteiligung an einer anderen Gesellschaft wie hier der D... plc. handelt es sich um eine sogenannte unternehmerische Entscheidung, die typischerweise Entscheidungen unter Unsicherheiten sind, denen größtenteils prognostische Elemente zugrunde liegen und die nicht der ex post eingreifenden gerichtlichen Kontrolle unterliegen sollen. Der Vorstand muss unter Umständen auch mit einem Risiko behaftete Geschäfte vornehmen können, ohne dass bereits in der Vornahme eines derartigen Geschäfts eine unternehmerische Pflichtwidrigkeit oder ein Verschulden zu sehen ist (vgl. Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 35 zu § 84). Grundlage einer unternehmerischen Entscheidung, die dann nicht gegen die auf der Basis der sogenannten Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nunmehr auch gesetzlich verankerten Grundsätze verstößt, ist die Schaffung einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Maßgebend ist daher, ob der in den Grenzen seiner Sorgfaltspflicht handelnde Vorstand die Informationsgrundlage als angemessen ansehen konnte (vgl. BGHZ 135, 244, 253 = NJW 1997, 1926 = ZIP 1997, 883, 885 = WM 1997, 970, 973 = DB 1997, 970, 973 = AG 1997, 377, 378 f. = BB 1997, 1169, 1171 = JZ 1997, 1071, 1073 - ARAG/Garmenbeck; Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 47 zu § 93; Koch/Dinkel NZG 2004, 441, 444; Fleischer ZIP 2004, 685, 691).
Angesichts des Transaktionsvolumens, das bei rund € 5,7 Mrd. lag, kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Vorstand der Beklagten sich die erforderlichen Informationen nur mit Hilfe einer Due Diligence beschaffen konnte, um die Angemessenheit des Kaufpreises aber auch und gerade die mit dem Erwerb der D... plc., die nicht über dasselbe Geschäftsmodell wie die Beklagte verfügte und sich vor allem auch anders refinanzierte, verbundenen Chancen und Risiken abschätzen zu können. Diesem Ansatzpunkt wurden der Vorstand und damit auch der Kläger selbst nach dem Vortrag der Beklagten gerecht, weil die Beklagte namentlich eine renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Durchführung der Due Diligence beauftragte. Zwischen den Parteien ist indes umstritten, ob sich der Vorstand und damit auch der Kläger als Vorstandsvorsitzender auf der Basis der von K... erstellten Due Diligence eine angemessene Informationsgrundlage schaffen konnte oder ob der Kläger gegebenenfalls weitere Informationen nach dem Hinweis auf die Unvollständigkeit durch K... hätte einholen müssen und ob er dies in einem Umfang getan hat, um auf einer hinreichenden Informationsgrundlage über den Erwerb entscheiden zu können. Der Vortrag der Parteien zum weiteren Umfang der Ermittlungen durch den Kläger und seine Vorstandskollegen ist ebenso umstritten wie die Frage, inwieweit die Erkenntnisse, die K... dem Vorstand vermittelt hatte, ausreichend waren. Dieser entscheidungserhebliche Vortrag lässt sich indes nicht mit den vorgelegten Urkunden dergestalt beweisen, dass eine Pflichtverletzung durch den Kläger zur Überzeugung des Gerichts feststünde. Aus dem Inhalt der Due Diligence, die K... durchführte und erstellte, ergibt sich nämlich gerade nicht, inwieweit der Kläger und seine Vorstandskollegen darüber hinaus selbst Informationen eingeholt haben, um die Informationsbasis für ihre Entscheidung zu verbessern. Auch vermag die Kammer ohne sachverständige Beratung trotz des wirtschaftlichen Sachverstandes gerade auch der beiden Handelsrichter nicht zu beurteilen, ob die weiteren Vorwürfe der unterbliebenen Ermittlung eines normalisierten Ergebnisses für das Geschäftsjahr 2006, das Fehlen eines Vergleichs der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, die Problematik der steuerlichen Due Diligence sowie wie nach dem umstrittenen Vortrag der Beklagten unterbliebenen Qualifizierung des Liquiditätsrisikos und der Kreditrisiken im Falle einer Beteiligung an der D... plc. wirklich so schwer wiegen, dass sie einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen, nachdem keine Due Diligence perfekt sein wird.
(b) Das Vorliegen einer Pflichtverletzung ist auch deshalb entscheidungserheblich, weil die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB nicht versäumt hat. Nach diesen Vorschriften kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
Bei einer Aktiengesellschaft, in der die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand aufgrund von § 112 AktG durch den Aufsichtsrat vertreten wird, ist für den Beginn der Frist auf die Kenntnis des Aufsichtsrats als Kollegialorgan, nicht auf die Kenntnis einzelner Mitglieder oder des Aufsichtsratsvorsitzenden abzustellen (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 139, 98, 92 für die vergleichbare Situation der GmbH; BGH NZG 2002, 46, 47 für den Aufsichtsrat einer GmbH; KG NZG 2004, 1165, 1167; ebenso Hüffer, AktG, 9. Aufl., Rdn. 42 zu § 84; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 159 zu § 84; Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 160 zu § 84). Dabei bedeutet Kenntnis umfassendes und sicheres Wissen um den Kündigungssachverhalt. Der Kündigungsberechtigte muss alles erfahren haben, was ihm nach verständigem Urteil für eine das Für und Wider abwägende Entscheidung über den Fortbestand oder die Beendigung des Dienstverhältnisses erforderlich erscheinen muss (vgl. BGH NJW 1996, 1403 f; DStR 1997, 1338, 1339; OLG Karlsruhe NZG 1999, 1012; Fleischer in: Spindler/Stilz AktG, a.a.O., Rdn. 161 zu § 84; Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 161 zu § 84). Demgemäß muss dem Aufsichtsrat als für die Gesellschaft kündigungsberechtigtes Organ auch gestattet sein, Ermittlungen anzustellen und gegebenenfalls auch den Betroffenen anzuhören, wenn der Kündigungsberechtigte Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, ohne dass die auf dem Verwirkungsgedanken beruhende Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB zu laufen beginnt; diese Frist ist während der Dauer der Ermittlungen gehemmt (vgl. nur BAG NZA 2006, 101, 103; 2007, 744, 746; NZA-RR 2008, 630, 631; Müller-Glöge in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, a.a.O., Rdn. 210 zu § 626 BGB). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann der Aufsichtsrat von der - vom Kläger bestrittenen - unzureichenden Due Diligence nicht bereits am 23.7.2007 Kenntnis erlangt haben. Der schriftliche Bericht über die Due Diligence, der dem Aufsichtsrat bzw. dem die Kündigung aussprechenden Präsidialausschuss Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des Klägers hätte geben können, lag dem Aufsichtsrat im Zeitpunkt seines Beschlusses über die Zustimmung zum Erwerb unstreitig nicht vor. Selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis ist nach dem klaren Wortlaut des § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht geeignet, den Lauf der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB in Gang zu setzen (vgl. nur BAG NZA-RR 2008, 630, 631 m.w.N. aus der umfangreichen Rechtsprechung des BAG). Angesichts dessen muss die Kammer nicht entscheiden, ob und wie weit der Aufsichtsrat der Beklagten gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstoßen hat, als er ohne Vorlage des schriftlichen Due Diligence-Berichts von K... seine Zustimmung zu dem Erwerb der D... plc. im Wege des „Scheme Arrangement" erteilte.
(2) In Bezug auf die Refinanzierungsstrategie hat der Kläger den Vortrag der Beklagten bestritten, eine Umstellung der Refinanzierungsstrategie wäre zwingend notwendig gewesen und der Kläger sei ebenso wie die übrigen Mitglieder des Vorstandes in diesem Zusammenhang untätig geblieben. Gerade die Möglichkeit der Änderung der vorgefundenen Refinanzierungsstruktur bei der D...-Gruppe unter den Bedingungen der Finanzkrise kann nur durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden und lässt sich nicht anhand der von der Beklagten vorgelegten Urkunden beweisen. Demgemäß hat die Beklagte für die Möglichkeit der Umstellung der Refinanzierungsstrategie vor dem Zeitpunkt der Beschlussfassung am 22.7.2008 und dem angesichts erkennbarer Frühwarnindikatoren viel zu späten Zeitpunkt der Umstellung als Beweisangebot die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterbreitet; dies ist indes nach der klaren Regelung in § 585 Abs. 2 ZPO kein taugliches Beweismittel im Urkundsprozess. Die Entscheidungserheblichkeit lässt sich nicht über eine Versäumung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB verneinen. Angesichts des unter Zeugenbeweises gestellten Vortrages der Beklagten, der Kläger habe bezüglich der Refinanzierung stets erklärt, die entsprechende Situation der D...-Gruppe sei komfortabel und unter Kontrolle, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Mitglieder des zuständigen Gesellschaftsorgans Kenntnis von der unterbliebenen Umstellung und deren Fehlerhaftigkeit gehabt hätten. Inwieweit sich der Aufsichtrat mit dieser Äußerung des Klägers begnügen durfte, ist nicht beachtlich, weil jedenfalls positive Kenntnis von Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Refinanzierungsstrategie daraus nicht abgeleitet werden kann.
(3) Hinsichtlich des Vorwurfs von Pflichtverletzungen im Rahmen von Risikosteuerungs- und -controllingprozessen ist eine Pflichtverletzung als Basis für das Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, wenn sich der Sachvortrag der Beklagten, der indes vom Kläger bestritten wurde, als zutreffend herausstellen sollte. Die unzureichende Einrichtung eines derartigen Frühwarnsystems kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Abs.1 BGB darstellen (vgl. LG Berlin AG 2002, 682, 683, wobei dies in der Berufungsentscheidung des KG keine Rolle spielte, nachdem das erstinstanzliche Urteil aus anderen Gründen aufgehoben wurde; Berg AG 2007, 271, 274; Fleischer AG 2003, 291, 298; Preußner/Zimmermann AG 2002, 657, 658).
(a) Der Kläger kann dem Vorwurf einer möglichen, wenn auch von ihm bestrittenen Pflichtverletzung nicht entgegenhalten, die aufsichtsrechtlichen Vorgaben aus § 25 a Abs. 1 KWG seien auf die Beklagte und damit auch für ihn als deren Vorstand für seinen Pflichtenmaßstab unanwendbar, nachdem die Beklagte nicht selbst den aufsichtsrechtlichen Vorgaben des Kreditwesengesetzes unterliegt. Hierfür sind folgende Erwägungen maßgeblich. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist gem. § 91 Abs. 2 AktG verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Diese Pflicht trifft den Vorstand in seiner Gesamtheit und damit auch den Kläger (vgl. nur Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 3 zu § 91), Aufgrund der Vorschrift in § 25 a Abs. 1 Satz 1 KWG muss ein Institut im Sinne dieses Gesetzes über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der vom Institut zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet. In § 25 a Abs. 1 Satz 3 KWG erfolgt sodann der Hinweis, dass eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation insbesondere ein angemessenes und wirksames Risikomanagement einschließt, wobei die Anforderungen daran dann in Nr. 1 bis 3 näher konkretisiert werden. Die dort enthaltenen Vorgaben waren auch vom Vorstand der Beklagten und damit vom Kläger zu beachten. Die Vorschriften der §§ 91 Abs. 2 AktG und 25 a Abs. 1 KWG entsprechen sich in ihrer rechtlichen Bedeutung (vgl. LG Berlin AG 2002, 682, 683; Braun in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., Rdn. 8 zu § 25 a; Spindler in: Münchener Kommentar zu Akt G, a.a.O., Rdn. 31 f zu § 91; Krieger/Sailer in: Schmidt/Lutter AktG, Rdn. 15 zu § 91; Hüffer, AktG, a.a.O:, Rdn. 8 zu § 91; Preußner/Zimmermann AG 2002, 657, 659 f.). Zudem ist auch die satzungsmäßige Aufgabe der Beklagten zu beachten. Danach handelt es sich bei ihr um eine Finanz- und Strategie, weshalb auch sie verpflichtet ist, auf die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben durch ihre unmittelbar vom Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes erfassten Tochtergesellschaften zu achten.
(b) Zwar muss davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Vorwürfe vom tatsächlichen Vortrag her unstreitig ist, was beispielsweise für die im Audit Report vom 24.1.2008 mit den dort beschriebenen Mängeln sowie auch der Hinweis der Wirtschaftsprüfer von K... in der Vorstandssitzung vom 14.3.2008 auf bestehende Mängel der Liquiditätsablaufbetrachtungen. Allerdings hat der Kläger vorgetragen, bezüglich der von der internen Revision festgestellten Mängel habe er Herrn C... mit der Beseitigung beauftragt und bezüglich der in die Ressortverantwortlichkeit von Frau ... O... fallenden Mängel des Berichts von K... habe er diese aktiv überwacht. Inwieweit dies zutreffend ist und insbesondere ob die Pflichtverletzungen angesichts des Umstandes der Notwendigkeit der Integration der D...-Gruppe in die Abläufe der Beklagten, die nicht innerhalb kürzester Zeit erfolgen kann, als so schwerwiegend einzustufen sind, dass sie eine einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB beinhaltende Pflichtverletzung darstellen, kann die Beklagte nicht beziehungsweise nicht alleine mit den von ihr vorgelegten Urkunden beweisen. Demgemäß unterbreitete sie gerade bezüglich der Beseitigung bzw. der nicht erfolgten Beseitigung der Mängel mit der Einvernahme von Herrn T... als Zeugen Beweismittel, die im Urkundsprozess wegen § 585 Abs. 2 ZPO nicht statthaft sind. Vor allem aber müsste zur Schwere der Pflichtverletzungen ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, inwieweit elementare Grundsätze der Risikoüberwachung verletzt worden sind, die auch in einer vergleichsweise frühen Phase des Integrationsprozesses hätten bereits zwingend beachtet und umgesetzt werden müssen seitens des Klägers als Mitglied des Vorstandes der Beklagten. Gerade der letztgenannte Gesichtspunkt des Erfordernisses der Einholung eines Sachverständigengutachtens gilt auch für die erhobenen Vorwürfe der Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Limitierung der Liquiditätsrisiken und der Geeignetheit der vorhandenen Stresstests, entsprechende Risiken zu erkennen und dies auch nicht hinreichend überwacht zu haben.
Die weitere zentrale Problematik, inwieweit die Notwendigkeit bestand, gruppenweit cashflow-basierte Liquiditätsnotfallpläne einheitlich für alle Gesellschaften zusammenzuführen oder ob es entsprechend dem Vortrag des Klägers hinreichend und sachgerecht war, entsprechend der Trennung der Geschäftsfelder der Immobilienfinanzierung einerseits und der von der D...-Gruppe betriebenen Staats- und Infrastrukturfinanzierung andererseits auch die Liquiditätsnotfallpläne und die Stresstests getrennt durchzuführen und ob gegebenenfalls die Abstimmung mittels gruppenweiter Telefonkonferenzen für eine Zusammenführung der gewonnenen Erkenntnisse genüge, kann ungeachtet der kaufmännischen Kenntnisse der Kammer mit den Handelsrichtern nur von einem gerichtlich zu bestellenden Sachverständigen beantwortet werden.
(c) Der Aufsichtsrat hatte keine hinreichende Kenntnis im Sinne des § 626 Abs.2 Satz 1 BGB von diesen Pflichtverletzungen. Zwar hat der Kläger geltend gemacht, in den Aufsichtsratssitzungen sei regelmäßig zum Risikomanagement einschließlich der Risikosteuerungs- und -controllingprozesse zu Strategien und zur Organisation berichtet worden. Demgegenüber hat die Beklagte schriftsätzlich vorgetragen, soweit in den Aufsichtsratssitzungen über das Risikomanagement gesprochen worden sei, habe dies nur Grundlagen der Organisation und der Strategie des Risikomanagements betroffen und niemals die unzureichende Abarbeitung von Mängeln durch den Vorstand einschließlich des Klägers. Die für die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat Beweis angeboten durch die Einvernahme der damaligen Mitglieder des Aufsichtsrates als Zeugen - diese Beweisangebote können im Urkundsprozess indes keine Berücksichtigung finden.
(4) In Bezug auf den Vorwurf, der Kläger habe Verstöße gegen das irische Bankaufsichtsrecht nicht in der gebotenen Form beendet, kann zwar der Ansatzpunkt für eine Pflichtverletzung gesehen werden, die eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen kann. Indes vermag die Kammer nach dem wechselseitigen Parteivortrag nicht mit den im Urkundsprozess statthaften Beweismitteln die Überzeugung gewinnen, inwieweit der Kläger hinreichende Maßnahmen ergriffen hat, um die im Audit Report vom 24.1.2008 festgestellten Verstöße gegen das irische Aufsichtsrecht abzustellen und insbesondere nicht, ob diese Mängel so gravierend waren, dass allein deren Existenz und/oder zumindest die unterlassene Beseitigung einen gravierenden Pflichtenverstoß darstellen. Daher wäre auch insoweit eine Beweisaufnahme unumgänglich, bei der hierzu ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsste.
Der entsprechende Vortrag ist wiederum entscheidungserheblich, weil von einer Versäumung der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht ausgegangen werden kann. Gerade bei dem ersten Bericht, der sich mit einem Zeitraum beschäftigt, der etwa einen Monat nach dem Wirksam werden des Zusammenschlusses befasst, wird nur darauf abgestellt werden können, inwieweit der Kläger alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet und überwacht hat, erkannte Mängel abzustellen. Hierzu hat die Beklagte durch die Einvernahme von mehreren Zeugen und ihren Vortrag unter Beweis gestellt, die Mitglieder des Aufsichtsrates hätten erst am 17.12.2008 von der unzulänglichen Beseitigung von Verstößen gegen das irische Bankaufsichtsrecht erfahren, nachdem in der Sitzung des Aufsichtsrates vom 22./23.9.2008 Verstöße gegen das irische Bankaufsichtsrecht und das Verhalten des Klägers in diesem Zusammenhang nicht mehr thematisiert worden seien und namentlich keine Information über die unzureichende Abarbeitung der diversen Verstöße durch den Kläger erfolgt sei.
(5) Hinsichtlich des Vorwurfs der unzutreffenden Ermittlung des Liquiditätsbedarfs der Beklagten aus Anlass der ersten Krisensitzung in Frankfurt am Main und den damit verbundenen Vorwurf der fehlerhaften Unterrichtung des Aufsichtsrates ist wiederum eine Pflichtverletzung des Klägers denkbar. Die unzutreffende Information des Überwachungsorgans Aufsichtsrat stellt eine erhebliche Pflichtverletzung eines Vorstandsmitgliedes dar, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann (vgl. BGH AG 1998, 519; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 155 zu § 84). Ebenso kann kein Zweifel daran bestehen, dass die vorwerfbar falsche Information der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und damit der Aufsichtsbehörde einen wichtigen Grund darstellen kann. Indes hat der Kläger schriftsätzlich vorgetragen, die von ihm mitgeteilten Zahlen seien zutreffend gewesen und der danach entstandene weitere Finanzbedarf der Beklagten beruhe auf Äußerungen Dritter, die er nicht habe beeinflussen können. Die Richtigkeit der Angabe von Zahlen und die Kausalität lassen sich ohne Zuhilfenahme eines Sachverständigen durch das Gericht nicht feststellen.
Bezüglich dieses Vorwurfs kann nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte habe die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB verstreichen lassen. Gerade in diesem Zusammenhang muss die Vereinbarung vom 7.10.2008 beachtet werden, die die Parteien geschlossen haben und in der geregelt wurde, dass die Beklagte das Recht behält, nach Klärung und Kenntnis der Umstände, die zur damaligen Krise der H...-Gruppe führten, die außerordentliche Kündigung zu erklären. Wenn die Parteien wie hier vereinbaren, dass zunächst Ermittlungen angestellt werden sollen mit dem Ziel der Prüfung des Sachverhaltes, dann ist es dem Kläger als Vorstandsmitglied verwehrt, sich auf die Versäumung der Frist zu berufen, wenn die Ermittlungen durchgeführt werden und im unmittelbaren Anschluss daran die ausgesprochene Kündigung ausgesprochen wird; andernfalls würde sich der Kläger widersprüchlich verhalten (vgl. LAG Düsseldorf NZA § 626 BGB n.F. Nr. 73 für parallel laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen; Henssler in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., Rdn. 283 zu § 626). Abgesehen davon muss auch hier die Überlegung gelten, dass der Gesellschaft die Zeit eingeräumt werden muss, in komplexen Geschehensabläufen den Sachverhalt aufzuklären, bevor die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wird.
Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Vorstandsdienstvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten durch die formell wirksam erklärte Kündigung beendet wurde. Inwieweit eine ordentliche Kündigung wegen faktischer Insolvenz tatsächlich möglich sein sollte, muss die Kammer nicht entscheiden, auch wenn hieran erhebliche Zweifel bestehen, nachdem selbst bei Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Vergütungsanspruch des Klägers aus Annahmeverzug für die Monate Januar und Februar 2009 sowie für den Monat Dezember 2008 in Bezug auf den Dienstwagen durch die ordentliche Kündigung nicht berührt würde.
c. Der Umfang des Anspruchs ergibt sich aus § 3 des Vorstandsdienstvertrags; er beläuft sich für die Monate Januar und Februar 2009 auf einen Betrag von jeweils € 66.666,66 brutto sowie den Abgeltungsbetrag für den Dienstwagen, der wiederum unstreitig mit € 6.000,-- brutto monatlich bewertet wurde. Für die Zeit vom 7.12.2008 bis zum 31.12.2008 ergibt sich demgemäß ein anteiliger Betrag von € 4.838,71, auf den der Kläger gemäß § 3 des Vorstandsdienstvertrages einen Anspruch gehabt hätte und der deshalb ebenfalls vom Anspruch aus Annahmeverzug umfasst ist.
2. Die Entscheidung über die Zinsen hat ihre Grundlage in §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.
a. Die Beklagte befindet sich mit der Zahlung der Vergütung für den Monat 2009 einschließlich der Leistung für den Dienstwagen und den Fahrer seit dem 2.1.2009 in einer Gesamthöhe von € 72.666,66 in Verzug, nachdem die Vergütung aufgrund von § 3 Abs. 1 lit. a des Vorstandsdienstvertrages jeweils am Anfang des Monats fällig ist und damit kalendermäßig bestimmt ist, weshalb gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine Mahnung entbehrlich war. Für den Begriff „Anfang des Monats" gibt es in § 192 BGB eine Legaldefinition, die mangels anderweitiger Anhaltspunkte auch für die Auslegung der entsprechenden Vertragsbestimmung aus § 3 Abs. 1 lit. a des Vorstandsdienstvertrages maßgebend ist. Die Fälligkeit der Vergütung für den Monat Januar 2009 trat folglich am 1.1.2009 ein, weshalb die Beklagte seit 2.1.2009 mit ihr in Verzug ist. Für die Vergütung des Monats Februar 2009 trat die Fälligkeit demgemäß am 1.2.2009 ein; nachdem an diesem Tag die Vergütung nicht gezahlt wurde, befand sich die Beklagte ab dem 2.2.2009 in Verzug. Für die anteilige Vergütung des Dienstwagens für den Monat Dezember 2008 in Höhe von € 4.838,71 sind unter Beachtung der Vorgaben aus § 308 Abs. 1 ZPO Verzugszinsen seit dem 1.1.2009 zu bezahlen.
Da in dem Antrag zudem die Beschränkung der Verzinsung des Betrages von € 77.505,37 auf den Zeitraum bis einschließlich 1.2.2009 fehlte, war die Klage im Übrigen durch Endurteil abzuweisen.
b. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.
II.
1. Die Entscheidung über die Kosten hat ihre Grundlage in § 92 Abs. 2 ZPO, nachdem sich das Unterliegen des Klägers nur auf einen Teil der Nebenforderung bezogen hat.
2. Aufgrund der Regelung in § 599 Abs. 1 ZPO war der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte vorzubehalten.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 4, 711 Satz 1 und Satz 2, 709 Satz 2 ZPO.
4. Der Streitwert entspricht der bezifferten Klageforderung.