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Wirtschaftsrecht
25.03.2009
Wirtschaftsrecht
: Universalversammlung - wirksame Beschlussfassung bei einer GmbH

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.01.2009
Aktenzeichen: II ZR 98/08
Rechtsgebiete: GmbHG
Vorschriften:

      GmbHG § 51 Abs. 3

Zu den Voraussetzungen einer Universalversammlung im Sinne von § 51 Abs. 3 GmbHG, bei deren Einberufung die Ladungsvorschriften nicht beachtet worden sind, gehört nicht nur, dass alle Gesellschafter anwesend sind, sondern dass sie mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung einverstanden sind; das Einverständnis kann auch konkludent erteilt werden.


Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat

am 19. Januar 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und

die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

gemäß § 544 Abs. 7 ZPO

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 10. März 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 50.000,00 EUR

Gründe:

Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die - grundsätzlich zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führenden - Mängel der Einberufung der Gesellschafterversammlung vom 29. August 2006 seien nicht geheilt worden, weil keine Vollversammlung "zur Beschlussfassung" mit Einverständnis des Klägers stattgefunden habe, den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

1.

Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die hier unstreitig vorliegenden, an sich zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse führenden Einberufungsmängel gemäß § 51 Abs. 3 GmbHG durch eine Vollversammlung (Universalversammlung) geheilt werden können, wobei Voraussetzung einer solchen Vollversammlung ist, dass nicht nur sämtliche Gesellschafter anwesend sind, sondern auch das Einvernehmen aller Anwesenden mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung besteht (BGHZ 100, 264, 269 f. ; Sen. Urt. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 216/97, DStR 1998, 348; v. 11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 Tz. 18; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 18. Aufl. § 51 Rdn. 31 m.w.Nachw.; Scholz/K. Schmidt/Seibt, GmbHG 10. Aufl. § 51 Rdn. 32 f. m.w.Nachw.).

2.

Das Berufungsgericht hat jedoch bei seiner Beurteilung, das Gesamtverhalten des Klägers in der Gesellschafterversammlung vom 29. August 2006 lasse die Annahme nicht zu, der Kläger sei mit der Abhaltung der Versammlung zur Beschlussfassung einverstanden gewesen, den Vortrag der Beklagten nur unvollständig zur Kenntnis genommen und die für die Richtigkeit dieser Darstellung angetretenen Beweise durch Vernehmung der Zeugen nicht erhoben. Dieser Verstoß gegen den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist entscheidungserheblich, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht nach der gebotenen Befragung der Zeugen zur Annahme des Einverständnisses des Klägers mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung gelangt wäre.

a)

Das Berufungsgericht hat lediglich darauf abgestellt, dass die übrigen Gesellschafter aus der Tatsache, dass der Kläger sich an den Verhandlungstisch gesetzt und ihnen gegenüber eine "einladende Handbewegung" gemacht habe, nicht auf ein Einverständnis des Klägers - auch - mit der Beschlussfassung hätten schließen dürfen.

b)

Die Beklagte hat jedoch darüber hinaus mehrfach vorgetragen und durch Zeugen unter Beweis gestellt, dass dem Kläger zunächst vor Beginn der Versammlung die Tagesordnungspunkte bekannt gegeben worden seien. Auf die "ausdrückliche" Frage, ob er mit den Tagesordnungspunkten und der Durchführung der Gesellschafterversammlung hierzu unter Verzicht auf jedwede Formen und Fristen einverstanden sei, habe er seine Zustimmung erteilt. Er habe sich erst nach Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte an den Verhandlungstisch gesetzt und eine Handbewegung gemacht, dass sich die übrigen Gesellschafter ebenfalls setzen sollten, was diese - erst - daraufhin getan hätten. Der Kläger habe sodann an den Abstimmungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten durch Stimmenthaltung mitgewirkt und sich lediglich geweigert, das über die Gesellschafterversammlung gefertigte Protokoll zu unterzeichnen.

c)

Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass die Tatsache allein, dass ein Gesellschafter bei einer Vollversammlung anwesend ist und sich an der Abstimmung beteiligt, nicht zwingend bedeuten muss, dass von einer die Einladungsmängeln heilenden Vollversammlung auszugehen ist (siehe nur Sen. Urt. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 216/97 aaO). Es ist daher für die Feststellung, ob der Kläger durch seine Anwesenheit und Mitwirkung an der Gesellschafterversammlung deren Abhaltung einschließlich der Beschlussfassung konkludent zugestimmt hat, von entscheidender Bedeutung, wie er sich nach Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte, während des Verlaufs der Versammlung und bei den Abstimmungen verhalten hat.

3.

Die danach erforderliche tatrichterliche Klärung wird das Berufungsgericht in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren durch Würdigung des gesamten Sachvortrags der Beklagten und durch Befragung der von der Beklagten benannten Zeugen herbeizuführen haben.

Sollte die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger, wie er behauptet, nur wie paralysiert am Tisch gesessen, geschwiegen und sich nicht etwa ausdrücklich der Stimme enthalten, sondern auch insoweit nur geschwiegen habe, spräche dies eher gegen eine konkludente Zustimmung. Sollte er hingegen, wie die Beklagten behaupten, in Kenntnis der Tagesordnungspunkte und auch auf Nachfrage ausdrücklich mit der Abhaltung einer Gesellschafterversammlung zu den Tagesordnungspunkten einverstanden gewesen sein, sich zu diesen in irgendeiner Form geäußert und z.B. auf die entsprechende Frage des Versammlungsleiters ausdrücklich erklärt haben, dass er sich der Stimme zu den jeweiligen Beschlüssen enthalte, würde ein solches Verhalten auf eine konkludente Zustimmung - auch - zur Beschlussfassung hindeuten.


BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Verfahrensgang: OLG Jena, 6 U 530/07 vom 10.03.2008
LG Mühlhausen, 1 HKO 101/06 vom 16.05.2007

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