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Wirtschaftsrecht
02.12.2011
Wirtschaftsrecht
OLG München: Testamentsvollstreckervermerk berechtigt zur Zurückweisung einer Gesellschafterliste

OLG München , Beschluss  vom 15.11.2011 - Aktenzeichen 31 Wx 274/11 (Vorinstanz: AG Memmingen vom 12.05.2011 - Aktenzeichen HRB 8069; )
Amtliche Leitsätze: Das Registergericht ist berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die einen Testamentsvollstreckervermerk enthält.
  Amtliche Normenkette: GmbHG § 40;
Gründe: 
I. Nachdem ein bisheriger Mitgesellschafter der GmbH verstorben war, reichte die Gesellschaft, vertreten durch ihren Geschäftsführer, eine vom Notar elektronisch beglaubigte neue Gesellschafterliste ein. Diese enthielt anstelle des bisherigen Gesellschafters dessen Erben in Erbengemeinschaft. Zudem enthielt die Gesellschafterliste im Anschluss an die Namen der Erben einen Vermerk folgenden Wortlauts: "Testamentsvollstreckung als Dauertestamentsvollstreckung ist angeordnet. Gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigte Testamentsvollstrecker sind ..." 
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12.5.2011 die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner zurückgewiesen. Das Amtsgericht macht dabei geltend, die Testamentsvollstreckung sei im GmbHG nicht genannt, es bestehe daher keine gesetzliche Pflicht, diese zu verlautbaren. Die Aufnahme der Testamentsvollstreckung stehe dem Grundsatz der Registerklarheit entgegen. Dieser Vermerk sei als Beschränkung der Verfügungsbefugnis nicht eintragungsfähig, auch wenn es einen Ermessensspielraum gebe, welche zusätzlichen Eintragungen im Handelsregister verlautbart werden. 
Die dagegen eingelegte Beschwerde vom 8.6.2011 bringt dagegen vor, die Testamentsvollstreckung sei zwar nicht eintragungspflichtig, aber doch eintragungsfähig. In der Rechtsprechung sei die Möglichkeit eines zusätzlichen Vermerks in der Gesellschafterliste bejaht worden. Die Verlautbarung der Verfügungsbefugnis durch das Register sei sinnvoll, da die Gesellschafterliste nach § 16 GmbHG Rechtscheinsträger sei. 
Dieser Beschwerde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 9.6.2011 nicht abgeholfen. 
II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Das Registergericht hat zu Recht die Aufnahme der Gesellschafterliste vom 2.5.2011 in das Handelsregister abgelehnt, weil diese neben den Erben als neue Gesellschafter auch einen Testamentsvollstreckervermerk enthielt, der nicht in die Gesellschafterliste aufgenommen werden kann. 
1. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass das Registergericht - obwohl es nur Verwahrstelle ist - zu prüfen hat, ob die für eine Gesellschafterliste geltenden formalen Voraussetzungen insbesondere des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG vorliegen (BGH vom 20.9.2011, II ZB 17/10 zitiert nach juris mit weiteren Nachweisen). So legt § 40 Abs. 1 GmbHG fest, dass aus der Liste der Gesellschafter deren Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort sowie die Nennbeträge und die laufenden Nummern der von einem jeden derselben übernommenen Geschäftsanteile zu entnehmen sein müssen. 
Eine Gesellschafterliste, die nicht den Anforderungen des § 40 Abs. 1, Abs. 2 GmbHG entspricht, hat das Registergericht zurückzuweisen (OLG München NZG 2009, 797). 
Zutreffend trägt die Beschwerde vor, dass auch die Eintragung nicht vom Gesetz als eintragungsfähig bestimmter oder zugelassener Tatsachen und Rechtsverhältnisse grundsätzlich in Betracht kommen kann. So ist, wenn das Gesetz keine zwingende Vorgabe macht, wie eine Veränderung in der Gesellschafterliste darzustellen ist, ein entsprechender Vermerk möglich. Deshalb wird beispielsweise die Umnummerierung abgetretener Geschäftsanteile unter Kennzeichnung ihrer Herkunft durch Durchstreichen der bisherigen laufenden Nummern und durch Veränderungsnachweise unter den neuen laufenden Nummern zugelassen, wenn dadurch eine hinreichend klare Zuordnung der Geschäftsanteile gewährleistet ist (BGH NZG 2011, 516, 517 sowie für ähnliche Fälle: OLG Thüringen GmbHR 2010, 598; OLG Jena NZG 2010, 591). 
Im übrigen ist jedoch mit Rücksicht auf die strenge Formalisierung des Registerrechts bei der Annahme gesetzlich nicht geregelter Eintragungen Zurückhaltung geboten (vgl. BGH GmbHR 1992, 253, 256). Daher steht es nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile zu ergänzen (BGH vom 20.9.2011, II ZB 17/10 zitiert nach juris). Bei der Frage, welche Vermerke in die Gesellschafterliste eingetragen werden können, ist nämlich auch der Grundsatz der Registerklarheit zu beachten (BGH vom 20.9.2011, II ZB 17/10 zitiert nach juris; OLG München, ZIP 2009, 1911, 1913). Das Registergericht ist daher berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die entgegen § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GmbHG nicht nur Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern auch Vermerke enthält, die nicht vom Gesetz vorgesehen sind und das Register unübersichtlich machen oder sonst unnötig belasten. 
2. Die Eintragungsfähigkeit eines Testamentsvollstreckervermerks in einer Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG ist in der Literatur ebenso umstritten, wie die -insofern vergleichbare - Aufnahme eines Testamentsvollstreckervermerks beim Anteil eines Kommanditisten im Handelsregister. 
a) In dem von der Beschwerde zitierten Aufsatz von Zinger und Urich-Erber (NZG 2011, 286 ff) wird darauf hingewiesen, dass es zwar keine gesetzliche Pflicht einer solchen Eintragung in der Gesellschafterliste gibt, da die Anordnung der Testamentsvollstreckung im GmbHG nicht genannt ist. Allerdings sei entweder in Analogie zum Grundbuchrecht (§ 52 GBO) oder unter Heranziehung der handelsrechtlichen Grundsätze eine solche Eintragung konsequent. 
Zumindest bestünde aber ein Bedürfnis dafür und daher ein Recht zur Eintragung, da andernfalls ein gutgläubiger Erwerb vom nichtberechtigten Erben möglich sei Im Gegensatz dazu hält Wachter (DB 2009, 159) die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks nicht für zulässig, da Belastungen in der Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht vermerkt werden. Auch Päfgen (in Ulmer/Habersack/Winter GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 40 Rn. 27) folgert dies aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG, der die Art der offenlegungspflichtigen und offenlegungsfähigen Veränderungen abschließend festlege. 
b) Auch im Fall der Anordnung einer Testamentsvollstreckung für Erben, die als Gesellschafter einer oHG oder KG nachrücken, ist die Zulässigkeit eines entsprechenden Eintrags in der Gesellschafterliste sehr umstritten. Relevant erscheint hier vor allem das Meinungsbild hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit eines Vermerks über die Testamentsvollstreckung am Anteil eines Kommanditisten, ob der ähnlichen beschränkten Haftung, wie beim Gesellschafter einer GmbH. 
Soweit ein solcher Vermerk für zulässig erachtet wird (zB. Ulmer NJW 1990, 81 ff; Muscheler, Die Haftung des Testamentsvollstreckers, 1994, S. 478; Schmidt in Schlegelberger, HGB, 5. Aufl. §139 Rn. 50), wird dies vor allem mit dem Interesse des Rechtsverkehrs an einer entsprechenden Publizität begründet. 
Dagegen lehnt die wohl herrschende Meinung die Eintragung eines solchen Vermerks beim Anteil des Kommanditisten ab (KG MittBayNot 1996, 53 mit weiteren Nachweisen). So sei zum einen mit Rücksicht auf die strenge Formalisierung des Registerrechts bei der Zulassung von gesetzlich nicht geregelten Eintragungen Zurückhaltung geboten. Zudem bestünde kein Bedürfnis für eine solche Eintragung, da das Handelsregister keine Aussage über etwaige Beschränkungen der Verfügungsbefugnis enthalte. Zum Schutz des Rechtsverkehrs sei der Vermerk daher nicht erforderlich. Auch sei ein solcher Vermerk nicht notwendig zur Vornahme oder Mitwirkung bei Entscheidungen in Angelegenheiten der KG, da ein Kommanditist keine Entscheidungsbefugnisse hat, die für das Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten Bedeutung haben könnte. 
3. Der Senat schließt sich der Ansicht an, dass eine Aufnahme des Testamentsvollstreckervermerks in der Gesellschafterliste nicht möglich ist, da zum einen keine ausreichende rechtliche Grundlage, zum anderen auch keine Notwendigkeit für einen solchen Vermerk besteht. 
a) Auch wenn das GmbHG die Testamentsvollstreckung nicht zu den eintragungspflichtigen Tatsachen erklärt, kann nicht auf § 52 GBO in analoger Anwendung zurückgegriffen werden. 
Schon eine planwidrige Regelungslücke kann nicht bejaht werden. Das GmbGH schließt nämlich -worauf die Beschwerde hinweist - die Möglichkeit nicht aus, nicht eintragungspflichtige Tatsachen in die Gesellschafterliste aufzunehmen, wenn sich dies erforderlich zeigt. Im übrigen wurde, worauf der BGH (BGH vom 20.9.2011, II ZB 17/10 zitiert nach juris) hinweist, eine § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechende Regelung, nach der eine Verfügungsbefugnis dem Erwerber gegenüber nur wirksam ist, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich ist, in § 16 Abs. 3 GmbHG gerade nicht übernommen. 
Im übrigen könnte eine Lücke, sollte sie bejaht werden, auch nicht mit der analogen Anwendung des § 52 GBO geschlossen werden, denn es bestehen wesentliche Unterschiede zwischen dem einer strengen, objektiven und vorgelagerten Richtigkeitskontrolle unterzogenen Inhalt des Grundbuchs und dem daran anknüpfenden guten Glauben und der privat geführten Gesellschafterliste; ein Gleichlauf scheidet daher aus (vgl. BT-Dr. 16/6140 zu Nr. 15). 
b) Soweit die Aufnahme des Testamentsvollstreckers in die Gesellschafterliste unter Berufung darauf gestützt wird, dass unter Umständen Vermerke über Tatsachen zumindest eintragungsfähig seien, und auf ein entsprechendes Erfordernis für den Rechtsverkehr verwiesen wird, überzeugen diese Argumente nicht. 
Die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist - worauf Zinger und Urich-Erber (NZG 2011, 286, 289) richtig hinweisen- eine bloße Verfügungsbeschränkung. Der Inhalt der Gesellschafterliste ermöglicht aber zwar den Erwerb eines Geschäftsanteils vom Nichtberechtigten, schützt jedoch gerade nicht den guten Glauben in Bezug auf die Existenz des Geschäftsanteils, seine Lastenfreiheit (BT-Drs. 16/6140 zu Nr. 15; Wicke § 16 Rn. 15, 16) und auch nicht auf die Verfügungsbefugnis des Gesellschafters und die freie Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen (BGH vom 20.9.2011, II ZB 17/10 zitiert nach juris; OLG München FGPrax 2011, 139, 140). 
Da ein Erwerber damit keinen guten Glauben an die Befugnis des Erben haben kann, seinen Geschäftsanteil zu übertragen, ist ein Vermerk, der diesen guten Glauben ausschließen soll, daher nicht erforderlich. 
c) Auch sonst sind keine Gründe ersichtlich, die bei der Abwägung des Bedürfnisses des Rechtsverkehrs an einem entsprechenden Vermerk einerseits und dem Grundsatz der Registerklarheit andererseits, für einen solchen Vermerk sprechen. 
So sieht der Senat auch kein Erfordernis aufgrund von angeblichen Kompetenzen des Testamentsvollstreckers gegenüber Dritten. Der Gesellschafter einer GmbH hat nämlich keine Entscheidungsbefugnisse, die für das Verhältnis der Gesellschaft gegenüber Dritten Bedeutung haben könnten. Gerade darauf käme es aber an, wenn die Publizitätsfunktion der Gesellschafterliste ein Erfordernis der Eintragung darstellen soll. 
d) Auch ist keine entsprechende Anwendung der handelsrechtlichen Vorschriften geboten, wie von Zinger und Urich-Erber (NZG 2011, 286 ff.) gefordert. Mit der Aufnahme in die Gesellschafterliste nach GmbHG ist die Eintragung des Kommanditisten im Handelsregister vergleichbar. Aber auch dort gebietet die Publizität gerade keine Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks, wie das KG (MittBayNot 1996, 53, 54) zutreffend ausführt. Die Gründe, die das KG dort anführt, entsprechen denen, die nach Auffassung des Senats auch gegen eine Eintragungsfähigkeit in der Gesellschafterliste sprechen. 
e) Da zu besorgen ist, dass die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks in der Gesellschafterliste zur Unübersichtlichkeit derselben führen kann, wogegen Vorteile für den Rechtsverkehr nicht evident sind, ist dem Grundsatz der Registerklarheit der Vorzug zu geben. 
Eine Eintragungsfähigkeit eines Testamentvollstreckervermerks in der Gesellschafterliste ist daher abzulehnen. 
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof, wie oben ausgeführt, zwischenzeitlich entschieden, dass die Gesellschafterliste keinen Vertrauenstatbestand dafür begründet, dass der Gesellschafter in seiner Verfügungsmacht über den Geschäftsanteil nicht beschränkt ist. 
 

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