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Wirtschaftsrecht
13.08.2008
Wirtschaftsrecht
LG München I: Teilnahme eines besonderen Vertreters an späterer Hauptversammlung

LG München I, Beschluss vom 28.7.2008 - 5HK 0 12504/08

Sachverhalt

Die Parteien streiten im Verfahren der einstweiligen Verfügung um die Rechte des Antragstellers in Bezug auf die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) am 29./30.7.2008.

1.            Die Antragsgegnerin zu 1) schloss am 12.9.2006 mit U S.p.A. einen Kaufvertrag unter anderem über den Verkauf der zu diesem Zeitpunkt von der Antragsgegnerin zu 1) gehaltenen Aktien an der B AG zu einem Kaufpreis von rund € 12,5 Milliarden. Der Antragsteller - zugleich Aktionär der Antragsgegnerin zu 1) - wurde mit Beschluss der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) vom 26./27.6.2007 gern. § 147 Abs. 2 AktG zum besonderen Vertreter bestellt. Dabei umfasste der Beschluss folgende Sachverhaltskomplexe:

a) Vermögensschäden der Gesellschaft durch die Veräußerung der Anteile an der B AG (B) vor dem Hintergrund der bisherigen und äußerst erfolgreichen Osteuropastrategie des HW-Konzerns;

b) Vermögensschäden der Gesellschaft durch eine nicht adäquate Ermittlung des Verkaufspreises für die Anteile der H an der B in Höhe von EUR 109,81 je Aktie angesichts des kurze Zeit später eingeleiteten Squeeze-out-Verfahrens zu einem Preis von EUR 129,40 je Aktie;

c) Vermögensschäden der Gesellschaft durch die Nicht-Durchführung eines Auktionsverfahrens bei der Veräußerung der B-Beteiligung, welches in der aktuellen M&A-Situation erhebliche Aufschläge auf den erzielten Verkaufspreis versprochen hätte und wegen

d) Vermögensschäden der Gesellschaft und der Minderheitsaktionäre durch das von der Gesellschaft am 12. Juni 2005 mit der U abgeschlossene Business Combination Agreement, das nicht in seiner Vollständigkeit den Aktionären vorgelegt wurde - insbesondere im Hinblick auf die der U durch jener Vertrag eingeräumten Berechtigungen.

Die gegen den Beschluss über die Bestellung des besonderen Vertreters gerichtete Klage des Hauptaktionärs U S.p.A. wies das Landgericht München I mit Endurteil vom 4.10.2007, Az. 5 HK O 12615/07 ab. In dem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München ist eine Entscheidung noch nicht ergangen.

Die Antragsgegnerin zu 1) lud für den 29./30.7.2008 zu ihrer ordentlichen Hauptversammlung, wobei die Tagesordnung (Anlage ASt 7) unter anderem eine Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands sowie des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007, Wahlen zum Aufsichtsrat sowie die Bestätigung des zum einzigen Tagesordnungspunkt der außerordentlichen Hauptversammlung vom 25.10.2006 über die Zustimmung des Anteilskaufvertrages vom 12.9.2006 über Aktien der B AG, W zwischen der Antragsgegnerin zu 1 ) als Verkäuferin und U S.p.A. als Käufer sowie auf Antrag der E AG die Zustimmung zum Business Combination Agreement (BCA) vorsah.

Der Antragsgegner zu 2) wird als Mitglied des Aufsichtsrats die Hauptversammlung leiten.

Mit Schreiben vom 22.7.2008 (Anlage AG 2) teilte der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin zu 1) dem Antragsteller Folgendes mit:

„Sehr geehrter Herr Kollege Dr. H,

der Versammlungsleiter hat ihr Teilnahmerecht offen gelassen, da Sie als Aktionär ohnehin schon Zugang zur Hauptversammlung haben. Sollten Sie sich nicht als Aktionär anmelden, wäre der Versammlungsleiter bereit, Ihnen die Teilnahme zu gestatten.

Was ihre Frage nach dem stenographischen Protokoll anbelangt, so kann ich ihnen mitteilen, dass gegen die Anfertigung eines stenographischen Protokolls aus der Sicht des Versammlungsleiters keine rechtlichen Bedenken bestehen."

Der Antragsteller meldete sich als Aktionär zu Teilnahme an der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) ordnungsgemäß an.

2.            Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt der Antragsteller, den Antragsgegnern aufzuerlegen, ihn in seiner Funktion als besonderer Vertreter der Antragsgegnerin zu 1) zur Teilnahme an der am 29./30.7.2008 stattfindenden Hauptversammlung zuzulassen (Ziffer l. des Antrags vom 22.7.2008) , ihm zu gestatten, der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 6, 8,1 und 9 einen Bericht zu erstatten im Hinblick auf seine bisherige Tätigkeit und Erkenntnisse als besonderer Vertreter (Ziffer II. 1. des Antrags vom 22.7.2008) und jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft im Zusammen-

hang mit der Tätigkeit und den Erkenntnissen als besonderer Vertreter zu geben (Ziffer II. 2. des Antrags vom 22.7.2008). Hilfsweise beantragt der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25.7.2008, den Antragsgegnern aufzuerlegen, ihm in seiner Funktion als besonderer Vertreter der Antragsgegnerin zu 1) bei der am 29./30.7.2008 stattfindenden Hauptversammlung das Rederecht im Rahmen ordnungsgemäßer Versammlungsleitung zu gewähren.

Ihm stehe dieses Recht zu, weil ein Bericht zu seiner Tätigkeit sowie die Beantwortung von Fragen aus dem Kreis der Aktionäre zur sachgemäßen Beurteilung der genannten Gegenstände der Tagesordnung erforderlich seien. Hilfsweise beantragt der Antragsteller, den Antragsgegnern aufzuerlegen, ihm in seiner Funktion als besonderer Vertreter der Antragsgegnerin zu 1) bei dem am 29./30.7.2008 stattfindenden Hauptversammlung das Rederecht im Rahmen ordnungsgemäßer Versammlungsleitung zu gewähren. Vor allem die Tagesordnungspunkte 8.1 und 9 seien auf eine Vereitelung der durch den besonderen Vertreter geltend zu machenden Ersatzansprüche gerichtet. Aus einem 1 I Annex zu seinen Pflichten aus § 147 AktG habe der besondere Vertreter das Recht, der Hauptversammlung Rede und Antwort zu stehen, wenn Tagesordnungspunkte wie die von ihm genannten auf der Tagesordnung einer Hauptversammlung seien. Jedenfalls aber resultiere sein Teilnahme- und Rederecht aus der Vergleichbarkeit seiner Organstellung mit derjenigen der Mitglieder des Aufsichtsrats, denen über die Pflicht des § 118 Abs. 2 AktG hinausgehend auch ein ungeschriebenes Recht auf Teilnahme an einer Hauptversammlung zustehe.

3.            Die Antragsgegner beantragt die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einschließlich des Hilfsantrags. Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, es fehle bereits am Verfügungsanspruch. Allein aus dem Bezug zur Tagesordnung folge noch kein Rede-, Berichts- oder Auskunftsrecht. Es gebe für die Tätigkeit des besonderen Vertreters keine Parallele zu § 131 AktG, weil es angesichts des bereits gefassten Beschlusses gem. § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG keiner Auskünfte des besonderen Vertreters gegenüber den Aktionären bedürfe; auch bedürfe es keiner weiteren Beschlüsse.

Die Informationserteilung an Aktionäre gehöre nicht zu den Aufgaben des besonderen Vertreters, weshalb es auch keine Annexkompetenz geben könne. Da auch der Sonderprüfer kein Teilnahmerecht an der Hauptversammlung habe, könne für den besonderen Vertreter nichts anderes gelten. Zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gehöre nicht, dass der besondere Vertreter der Hauptversammlung Rechenschaft ablege. Der Antragsgegner zu 2) macht ergänzend geltend, ihm gegenüber könne in keinem Fall ein Verfügungsanspruch bestehen, weil anerkannt sei, dass gegenüber Nichtaktionären der Versammlungsleiter die Rechte der Hauptversammlung ausübe und insofern die Hauptversammlung und die Gesellschaft Vertreter. Angesichts dieser Stellung könne nur die Gesellschaft richtiger Antragsgegner sein und nicht der Versammlungsleiter selbst.

4.            Zur Ergänzung des wechselseitigen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die wechseIseitigen Schriftsätze samt It Anlagen. 'Eine I I lul lidlila le Verfiai dlung hat nicht stattgefunden.

Aus den Gründen

1.         Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, jedoch nicht begründet und war daher zurückzuweisen.

a.         Der Antrag ist zulässig, wobei von einem Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers auszugehen ist, selbst wenn er als Aktionär ohne jeden Zweifel an der Hauptversammlung teilnehmen und auch Fragen stellen kann. Das Aktiengesetz stattet den besonderen Vertreter mit im Einzelnen zwar nicht näher geregelten, aber dennoch bestehenden Kompetenzen aus. Wenn es darum geht, die nach Einschätzung des Antragstellers bestehenden Kompetenzen wahrnehmen zu können, so wird er nicht auf seine Stellung zugleich als Aktionär verwiesen werden können, zumal es nicht zwingende

Voraussetzung für den Bestellungsbeschluss ist, dass der besondere Vertreter zugleich Aktionär der Gesellschaft ist. Der Zulässigkeit steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin zu 1) in diesem Verfahren nur durch den Vorstand und nicht auch durch den Aufsichtsrat vertreten wird, nachdem es vorliegend nicht um eine Anfechtungsklage geht und hier die Vorschrift des § 246 Abs. 2 Satz 2 AktG mangels planwidriger Regelungslücke nicht analog anzuwenden ist; dies zeigt sich vor allem daran, dass der Versammlungsleiter diese Funktion nicht originär aus dem Aktienrecht ableitet, sondern sie ihm von der Satzung der Antragsgegnerin zu 1) zugeschrieben ist (vgl. LG München I WM 2007, 1276, 1278). Allerdings ist es für einen zulässigen Antrag ohne Bedeutung, wenn bei der Vertretung einer Gesellschaft neben dem Vertretungsorgan auch ein weiteres Organ genannt wird.

b.         Dem Antragsteiler steht für die konkrete Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) angesichts der dort zu behandelnden Tagesordnungspunkte kein auf diese Funktion zu stützendes Teilnahme-, Rede- und Fragerecht zu. Somit fehlt es bereits an einem Verfügungsanspruch.

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, welche Rechte dem besonderen Vertreter zugesprochen werden können, muss der von der Hauptversammlung gern. § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG bestimmte Aufgabenbereich einerseits und der Inhalt der bekanntgemachten Tagesordnung andererseits sein, während der der besondere Vertreter Rechte in Anspruch nehmen möchte.

(1) Der Aufgabenbereich des besonderen Vertreters umfasst aufgrund des Beschlusses der Hauptversammlung vom 26./27.6.2007 die Geltendmachung bestimmter Ersatzansprüche gegen den Hauptaktionär sowie gegen näher bezeichnete Organmitglieder der Antragsgegnerin zu 1) wegen bestimmter Geschäftsvorfälle. Dem besonderen Vertreter können nur die mit der Durchsetzung dieser Ersatzansprüche verbundenen Kompetenzen zugebilligt werden, weil anderenfalls in das Kompetenzgefüge einer Aktiengesellschaft unzulässig eingegriffen würde. Der besondere Vertreter ist bestellt, um die Gesellschaft zur prozessualen oder außerprozessualen Durchsetzung der Ersatzansprüche zu vertreten (vgl. OLG München ZIP 2008, 73, 78). Dieser Ausgangspunkt ist entscheidend dafür, welche Kompetenzen und Rechte ihm auf einer später stattfindenden Hauptversammlung eingeräumt werden können. Andererseits ist es Ziel einer Hauptversammlung, im Rahmen ihrer Zuständigkeit über die zur Tagesordnung angekündigten Gesellschaftsangelegenheiten durch Beschluss zu entscheiden. Darauf ist die Durchführung der Hauptversammlung, insbesondere das Verhalten der Aktionäre bei Ausübung ihres Rede- und Fragerechts, aber auch die Sitzungsleitung auszurichten. Es ist dagegen gerade nicht Sinn der Hauptversammlung, als Forum für die Diskussion von Fragen zu dienen, die außerhalb der HauptversammIungszuständigkeit liegen (vgl. nur Hüffer, AktG, 8. Aufl., Rdn. 2 zu § 118). Daher wird der Aufgabenkreis der konkreten Hauptversammlung beschränkt durch die Tagesordnung. Diese hatte die Problematik der Geltendmachung der Ersatzansprüche der Antragsgegnerin zu 1) auf der Basis des Beschlusses der Hauptversammlung vom 26./27.6.2008 nicht zum Inhalt. Allein der Umstand, dass diese Fragestellung mittelbar eine Rolle spielen kann führt nicht dazu, dass die Geltendmachung der Ersatzansprüche durch den besonderen Vertreter zum Gegenstand der Tagesordnung gehören würde. Dann aber kann dem Antragsteller bereits aus diesem Grund kein Teilnahme-, Rede- und Fragerecht in seiner Eigenschaft als besonderer Vertreter eingeräumt werden.

Dem kann auch nicht der Vergleich mit der Befugnis von Mitgliedern des Aufsichtsrats entgegengehalten werden. Zum einen ist bereits bei diesen zu berücksichtigen, dass auch sie den Beschränkungen unterworfen sind, die für die Aktionäre gelten (vgl. Hoffmann in: Spindler/Stilz, AktG, 2007, Rdn. 20 zu § 118; Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, 2008, Rdn. 37 zu § 118). Angesichts dessen kann auch den Mitgliedern des Aufsichtsrats kein thematisch unbeschränktes Rederecht zugewiesen werden, obwohl sie in ihrer Kontrollfunktion nicht den Einschränkungen in ihrer Zuständigkeit unterliegen wie der Antragsteller in seiner Eigenschaft als besondere Vertreter. Zum anderen kommt dem besonderen Vertreter nach § 147 Abs. 2 AktG nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München keine dem Vorstand ähnliche Organstellung zu (vgl. OLG München ZIP 2008, 73, 79). Die Kammer muss nicht entscheiden, ob dieser in der Literatur angegriffenen Ansicht (vgl. Verhoeven ZIP 2008, 245, 247 f.; Mock BB 2008, 393, 395; ders. in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 25 zu § 147; Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 21 zu § 147; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 7 zu § 147), die auch im Gegensatz zur Auffassung der Kammer als Vorinstanz zur Einordnung der Stellung als Organ steht, zu folgen ist. Denn selbst wenn der Antragsteller Organ wäre, so würde er die ansonsten Zur Vertretung berechtigten Organe nur im Rahmen der Geltendmachung von Ersatzansprüchen verdrängen. Insoweit ist aber ein entsprechender Punkt nicht Gegenstand der Tagesordnung.

Die vom Antragsteller zitierte Auffassung in der Literatur (vgl. Böbel, Die Rechtsstellung der besonderen Vertreter gem. § 147 AktG, S. 126) führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Annahme einer Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung, ohne dass die Geltendmachung der Ersatzansprüche Gegenstand der Tagesordnung ist, steht im Widerspruch zu der soeben dargestellten Kompetenzordnung innerhalb der Aktiengesellschaft.

(2)            Hinsichtlich des Rechts, Fragen der Aktionäre zu beantworten, resultiert das Fehlen eines Verfügungsanspruchs auf folgender weiterer Überlegung. Das Fragerecht der Aktionäre hat seine Grundlage in der Vorschrift des § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG. Danach ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft zu geben über Angelegenheiten der Gesellschaft, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung der Tagesordnung erheblich ist. Dem Wortlaut und der Wertung dieser Norm wird allgemein entnommen, dass der Vorstand auch dann auskunftspflichtiges Organ ist, wenn es beispielsweise um Angelegenheiten des Aufsichtsrats geht und damit nicht um Bereiche, die originär in die Zuständigkeit des Vorstandes fallen (vgl. nur BVerfG NJW 2000, 349, 351; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 20 zu § 131; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 6 zu § 131; Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 16 zu § 131). Dann aber würde es der Wertung dieser Vorschrift widersprechen, wenn der Antragsteller entsprechende Fragen beantworten würde, die einen Bezug zu seiner Tätigkeit haben. Die Auskunftserteilung über die bisherige Entwicklung der Geltendmachung der Ersatzansprüche obliegt somit dem Vorstand im Rahmen des § 131 Abs. 1 AktG (wie hier Mock in: Spindler/Stilz, a.a.O., Rdn. 29 zu § 131). Ob etwas anderes dann gilt, wenn die Geltendmachung der Ersatzansprüche unmittelbar Gegenstand der Tagesordnung wären, muss nicht entscheiden werden, weil genau dies hier nicht der Fall ist.

Angesichts dessen konnte der Hauptantrag in den Ziffern I. und II. 2. keinen Erfolg haben, ohne dass es auf die Frage des Bestehens eines Verfügungsgrundes noch entscheidungserheblich ankäme. Ebenso wenig muss die Kammer eine abschließende Entscheidung treffen, inwieweit der Antragsgegner zu 2) überhaupt passivlegitimiert sein kann, nachdem der Antragsteller keinen Verfügungsanspruch hat. Indes werden insoweit erhebliche Bedenken bestehen, ob ein solcher Antrag tatsächlich auch gegen den Versammlungsleiter gerichtet werden könnte.

b.         Der Antrag II. 1. aus dem Schriftsatz vom 22.7.2008 ist unbegründet, weil dem besonderen Vertreter auf dieser Hauptversammlung im Rahmen der bekannt gemachten Tagesordnung kein Berichtsrecht zusteht und daher ein Verfügungsanspruch fehlt.

(1) Dies ergibt sich - neben den bereits oben vorgetragenen unter II. 1. dargestellten Argumenten - aus der weiteren Überlegung heraus, dass das Aktiengesetz für eine derartige Berichtspflicht keinerlei Rechtsgrundlage bietet. Zwar ,sieht es in einer Reihe von Vorschriften Berichtspflichten der Gesellschaft vor. Zu nennen sind hier in erster Linie die schriftlichen Berichte von Vorstand und Aufsichtsrat hinsichtlich des Jahresabschlusses in §§ 172, 175 AktG, die Berichtspflicht nach § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG oder die Berichtspflichten bei der Zustimmung zu Strukturmaßnahmen wie dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages, einem Squeeze out oder Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz. Der BGH lehnt es indes ab, aus diesen Vorschriften eine Gesamtanalogie herzuleiten, dass nicht von den gesetzlichen Vorgaben umfasste Verträge stets der Hauptversammlung vorzulegen seien und ein entsprechender Bericht stets erstellt werden müsse (vgl. BGH AG 2001, 261, 262 f.; ebenso Hüffer , AktG, a.a. O., Rdn. 19 zu § 19 m.w.N. auch zur GegenäuffäSsung). Im vorliegenden Fall kommt jedoch hinzu, dass - anders als bei den in diesen genannten Vorschriften - stets ein Beschluss der Hauptversammlung zu einem ganz konkreten berichtspflichtigen Vorfall zu fassen ist. Genau diese Situation ist vorliegend angesichts der Tagesordnung zur Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) nicht gegeben. Daher steht auch dieser Gedanke einer analogen Anwendung der Vorschriften über Berichtspflichten von vornherein entgegen.

(2)        Eine Berichts- oder auch Auskunftspflicht lässt sich ebenso wenig aus § 666 BGB analog ableiten, wie dies zum Teil in der Literatur vertreten wird (vgl. Böbel, Die Rechtsstellung der besonderen Vertreter gem. § 147 AktG, S. 123). Es fehlt nämlich insoweit an der Vergleichbarkeit zwischen dem Beauftragten und dem besonderen Vertreter; dies steht einer Analogie entgegen. Der besondere Vertreter unterliegt nämlich gerade keiner Weisungsgebundenheit gegenüber der Hauptversammlung, was die Basis jedweder Analogie zum Auftragsrecht sein müsste, nachdem das Auftragsrecht in § 665 BGB vom Grundsatz der Weisungsgebundenheit ausgeht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 67. Aufl., Rdn. 1 und 3 zu § 665). Die Hauptversammlung kann zwar durch den verpflichtenden Beschluss nach § 147 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 AktG Vorgaben für die Geltendmachung der Ersatzansprüche machen; daraus lässt sich aber eine weitere Weisungsgebundenheit nicht ableiten, weil auch der Vorstand und der Aufsichtsrat gegenüber der Hauptversammlung grundsätzlich weisungsunabhängig sind (vgl. Mock in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 29 zu § 137; Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 23 zu § 147). Dann aber kann für den besonderen Vertreter nichts anderes gelten; dies gilt umso mehr, wenn er - wovon das Oberlandesgericht München in bestrittener Rechtsansicht ausgeht - selbst im Rahmen der ihm zugewiesenen Kompetenzen nicht Organ der Antragsgegnerin zu 1) ist.

c.         Aus diesen Gründen eines fehlenden Teilnahme- und Rederechts kann auch der Hilfsantrag keinen Erfolg haben.

2.         Die Entscheidung über die Kosten hat ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; als Unterlegener hat der Antragsteller die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 3 ZPO.

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