EuGH: Tankstellenvertrag mit Laufzeit von mehr als fünf Jahren kann nicht unter Gruppenfreistellung fallen
EuGH, Urteil vom 2. April 2009 - Rs. C-260/07 - Pedro IV Servicios SL gegen Total España SA
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 81 EG, der Art. 11 und 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1984/83 der Kommission vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen (ABl. L 173, S. 5) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1582/97 der Kommission vom 30. Juli 1997 (ABl. L 214, S. 27) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1984/83) und der Art. 4 Buchst. a und 5 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 336, S. 21).
2 Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Pedro IV Servicios SL (im Folgenden: Pedro IV) und der Total España SA (im Folgenden: Total) über den Antrag von Pedro IV, das zwischen den beiden Gesellschaften bestehende komplexe Vertragsverhältnis für nichtig zu erklären, weil es wettbewerbsbeschränkende Klauseln enthalte.
Gemeinschaftsrechtlicher Rahmen
Die Verordnung Nr. 1984/83
3 Die Verordnung Nr. 1984/83 nahm bestimmte Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, für die die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG regelmäßig als erfüllt angesehen werden konnten, vom Anwendungsbereich des Art. 81 Abs. 1 EG aus, weil diese Vereinbarungen und Verhaltensweisen im Allgemeinen eine Verbesserung der Verteilung der Erzeugnisse zur Folge hatten.
4 Die Erwägungsgründe 8 und 13 der Verordnung Nr. 1984/83 lauteten:
„(8) Die Verordnung muss die wettbewerbsbeschränkenden Verpflichtungen bestimmen, die in einer Alleinbezugsvereinbarung enthalten sein dürfen. Die in dieser Verordnung neben der ausschließlichen Bezugspflicht zugelassenen Wettbewerbsbeschränkungen führen zu einer klaren Aufgabenverteilung zwischen den Vertragspartnern und zwingen den Wiederverkäufer, seine Verkaufsbemühungen auf die Vertragswaren zu konzentrieren. Sie sind, falls sie nur für die Laufzeit des Vertrages vereinbart werden, regelmäßig erforderlich, um die mit dem Alleinbezug angestrebte Verbesserung der Warenverteilung zu erreichen. Weitere wettbewerbsbeschränkende Verpflichtungen, insbesondere solche, die den Wiederverkäufer in der Freiheit der Gestaltung von Preisen und Geschäftsbedingungen oder der Wahl seiner Kunden beschränken, können nach dieser Verordnung dagegen nicht freigestellt werden.
...
(13) [Die Tankstellenverträge] sind im Allgemeinen dadurch gekennzeichnet, dass einerseits der Lieferant dem Wiederverkäufer besondere wirtschaftliche oder finanzielle Vorteile einräumt, indem er ihm verlorene Zuschüsse zahlt, ein Darlehen zu günstigen Bedingungen gewährt oder vermittelt, ein Grundstück oder Räumlichkeiten für den Betrieb der ... Tankstelle überlässt, technische Anlagen oder andere Einrichtungsgegenstände zur Verfügung stellt oder sonstige dem Wiederverkäufer zugute kommende Investitionen vornimmt, und dass andererseits der Wiederverkäufer gegenüber dem Lieferanten eine langfristige Verpflichtung zum Alleinbezug eingeht, die meistens mit einem Wettbewerbsverbot verbunden ist."
5 Die besonderen Vorschriften für die Tankstellenverträge waren in den Art. 10 bis 13 der Verordnung Nr. 1984/83 enthalten.
6 Art. 10 dieser Verordnung lautete:
„Artikel [81] Absatz 1 des Vertrages wird gemäß Artikel [81] Absatz 3 unter den in den Artikeln 11 bis 13 dieser Verordnung genannten Voraussetzungen für nicht anwendbar erklärt auf Vereinbarungen, an denen nur zwei Unternehmen beteiligt sind und in denen ein Vertragspartner, der Wiederverkäufer, sich gegenüber dem anderen Vertragspartner, dem Lieferanten, gegen Gewährung besonderer wirtschaftlicher oder finanzieller Vorteile verpflichtet, bestimmte Kraftstoffe für Motorfahrzeuge aus Mineralöl oder bestimmte Kraftstoffe für Motorfahrzeuge und bestimmte Brennstoffe aus Mineralöl, die in der Vereinbarung genannt werden, zum Zwecke des Weiterverkaufs in einer durch die Vereinbarung bezeichneten Abfüllstation nur von ihm, von einem mit ihm verbundenen Unternehmen oder von einem sonstigen Unternehmen zu beziehen, das er mit dem Vertrieb seiner Erzeugnisse betraut hat."
7 Art. 11 der Verordnung Nr. 1984/83 bestimmte:
„Dem Wiederverkäufer dürfen außer der in Artikel 10 genannten Verpflichtung keine anderen Wettbewerbsbeschränkungen auferlegt werden als
a) die Verpflichtung, Kraftstoffe für Motorfahrzeuge und Brennstoffe, die von dritten Unternehmen angeboten werden, in der durch die Vereinbarung bezeichneten Abfüllstation nicht zu vertreiben;
b) die Verpflichtung, von dritten Unternehmen angebotene Schmierstoffe und verwandte Mineralölerzeugnisse in der durch die Vereinbarung bezeichneten Abfüllstation nicht zu benutzen, falls der Lieferant oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen eine Anlage zur Vornahme des Ölwechsels oder sonstige Einrichtungen zum Abschmieren von Motorfahrzeugen dem Wiederverkäufer zur Verfügung gestellt oder finanziert hat;
c) die Verpflichtung, für von dritten Unternehmen gelieferte Waren innerhalb und außerhalb der durch die Vereinbarung bezeichneten Abfüllstation nur in einem Umfang zu werben, welcher dem Anteil dieser Waren am Gesamtumsatz der Abfüllstation entspricht;
d) die Verpflichtung, im Eigentum des Lieferanten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens stehende oder von dem Lieferanten oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen finanzierte Anlagen für die Lagerung oder Abfüllung von Mineralölerzeugnissen nur durch den Lieferanten oder ein von ihm bezeichnetes Unternehmen warten zu lassen."
8 Art. 12 der Verordnung Nr. 1984/83 bestimmte:
„(1) Artikel 10 ist nicht anwendbar, wenn
...
c) die Vereinbarung für einen unbestimmten Zeitraum oder für einen solchen von mehr als zehn Jahren geschlossen wird;
...
(2) Bezieht sich die Vereinbarung auf eine Abfüllstation, die der Lieferant dem Wiederverkäufer aufgrund eines Pachtvertrags oder im Rahmen eines sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Benutzungsverhältnisses überlassen hat, so dürfen abweichend von Absatz 1 Buchstabe c) dem Wiederverkäufer die in diesem Titel bezeichneten ausschließlichen Bezugspflichten und Wettbewerbsverbote für den gesamten Zeitraum auferlegt werden, in welchem er die Abfüllstation tatsächlich betreibt."
9 Die Verordnung Nr. 1984/83 galt bis zum 31. Dezember 1999. Am 1. Januar 2000 trat die Verordnung Nr. 2790/1999 in Kraft, durch die die Anwendung u. a. der in der Verordnung Nr. 1984/83 vorgesehenen Freistellungen bis zum 31. Mai 2000 verlängert wurde.
Die Verordnung Nr. 2790/1999
10 Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 bestimmt:
„Artikel 81 Absatz 1 des Vertrages wird gemäß Artikel 81 Absatz 3 unter den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen für unanwendbar erklärt auf Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen zwei oder mehr Unternehmen, von denen jedes zwecks Durchführung der Vereinbarung auf einer unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufe tätig ist, und welche die Bedingungen betreffen, zu denen die Parteien bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können (im Folgenden ‚vertikale Vereinbarungen‘ genannt).
Die Freistellung gilt, soweit diese Vereinbarungen Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, die unter Artikel 81 Absatz 1 fallen (im Folgenden ‚vertikale Beschränkungen‘ genannt)."
11 Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2790/1999 lautet:
„Unbeschadet des Absatzes 2 dieses Artikels gilt die Freistellung nach Artikel 2 nur, wenn der Anteil des Lieferanten an dem relevanten Markt, auf dem er die Vertragswaren oder -dienstleistungen verkauft, 30 % nicht überschreitet."
12 Art. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 sieht vor, dass die Freistellung vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG nicht für vertikale Vereinbarungen gilt, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen unter der Kontrolle der Vertragsparteien Folgendes bezwecken:
„die Beschränkung der Möglichkeiten des Käufers, seinen Verkaufspreis selbst festzusetzen; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit des Lieferanten, Höchstverkaufspreise festzusetzen oder Preisempfehlungen auszusprechen, sofern sich diese nicht infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen durch eine der Vertragsparteien tatsächlich wie Fest‑ oder Mindestverkaufspreise auswirken".
13 Art. 5 der Verordnung Nr. 2790/1999 bestimmt:
„Die Freistellung nach Artikel 2 gilt nicht für die folgenden, in vertikalen Vereinbarungen enthaltenen Verpflichtungen:
a) alle unmittelbaren oder mittelbaren Wettbewerbsverbote, welche für eine unbestimmte Dauer oder für eine Dauer von mehr als fünf Jahren vereinbart werden; Wettbewerbsverbote, deren Dauer sich über den Zeitraum von fünf Jahren hinaus stillschweigend verlängert, gelten als für eine unbestimmte Dauer vereinbart; die Begrenzung auf fünf Jahre gilt nicht, wenn die Vertragswaren oder -dienstleistungen vom Käufer in Räumlichkeiten und auf Grundstücken verkauft werden, die Eigentum des Lieferanten oder durch diesen von dritten, nicht mit dem Käufer verbundenen Unternehmen gemietet oder gepachtet worden sind und das Wettbewerbsverbot nicht über den Zeitraum hinausreicht, in welchem der Käufer diese Räumlichkeiten und Grundstücke nutzt,
..."
14 Nach Art. 12 der Verordnung Nr. 2790/1999 galt u. a. die in der Verordnung Nr. 1984/83 vorgesehene Freistellung, wie bereits in Randnr. 9 dieses Urteils erwähnt, bis zum 31. Mai 2000 weiter. Das in Art. 81 Abs. 1 EG geregelte Verbot galt vom 1. Juni 2000 bis 31. Dezember 2001 nicht für Vereinbarungen, die am 31. Mai 2000 bereits in Kraft waren und die die Voraussetzungen für eine Freistellung zwar nicht nach der Verordnung Nr. 2790/1999, wohl aber nach der Verordnung Nr. 1984/83 erfüllten.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
15 Pedro IV betreibt eine Tankstelle in Spanien. Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass sie am 26. Oktober 1989 mit Total, einem Lieferanten von Mineralölerzeugnissen, vier Verträge schloss.
16 Gemäß dem ersten dieser Verträge war Total an einem Grundstück von Pedro IV für eine Zeit von 20 Jahren ein Erbbaurecht einzuräumen. Danach durfte Total auf diesem Grundstück binnen zweieinhalb Jahren eine Tankstelle bauen, die gegen Zahlung einer Vergütung an Pedro IV in ihr Eigentum übergehen sollte. Die Höhe dieser Vergütung wurde auf 20 Jahre lang monatlich zu zahlende 250 000 ESP (etwa 1 500 Euro) festgelegt. Nach Ablauf dieser Frist sollte die von Total gebaute Tankstelle in das Eigentum der Pedro IV übergehen. Die genannte Frist von 20 Jahren sollte ab Inbetriebnahme der Tankstelle laufen. Es wurde vereinbart, dass das Erbbaurecht an dem Grundstück nicht ohne die Zustimmung des Grundstückseigentümers übertragbar sein sollte.
17 Der zweite dieser Verträge betraf die Verpachtung der noch zu bauenden Tankstelle. Er sieht vor, dass Total das Nutzungs‑ und Nießbrauchsrecht an der Tankstelle für ein Jahr an Pedro IV abtritt. Die Verlängerung dieser Dauer von Monat zu Monat ist jedoch möglich und der Verpächterin während der Geltungsdauer des Alleinbezugsvertrags, den Total sich ebenfalls verpflichtete, mit Pedro IV abzuschließen, auch vertraglich vorgeschrieben. Jedenfalls soll der Pachtvertrag zum selben Zeitpunkt wie das Total eingeräumte Erbbaurecht enden. Der von Pedro IV zu entrichtende monatliche Erbbauzins beträgt 600 000 ESP (etwa 3 600 Euro).
18 Der dritte, ebenfalls für eine Zeit von 20 Jahren geschlossene Vertrag ist eine Alleinbezugsvereinbarung für Kraftstoffe. Dieser Vertrag sieht vor, dass Pedro IV die Tankstelle nach deren Übergabe an sie im Rahmen einer Alleinbezugsverpflichtung gegenüber Total betreibt und dabei deren Image, Farben, Marke und Firmenschild verwendet. Nach diesem Vertrag erfolgt die Belieferung mittels Festverkaufsverträgen, wonach der Vertriebspartner das Eigentum an dem Kraftstoff erwirbt, sobald der Lieferant ihm diesen an der Tankstelle zur Verfügung stellt, wobei der Käufer sich verpflichtet, den Kraftstoff auf eigene Rechnung und Gefahr weiterzuverkaufen. Im Gegenzug erhält Pedro IV von Total monatlich 350 000 ESP (etwa 2 100 Euro).
19 Außerdem verpflichtete sich Total in diesem Vertrag, Pedro IV die für die Abgabe an den Endverbraucher empfohlenen Verkaufspreise mitzuteilen und deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den von den Konkurrenten in der Umgebung in redlicher Weise angebotenen Preisen sicherzustellen. Zudem verpflichtete sich Total, den Preis für den Kraftstoff, den sie dem Wiederverkäufer liefert, unter den günstigsten Bedingungen festzulegen, die sie mit anderen Tankstellen, die sich in Barcelona niederlassen könnten, vereinbart, wobei der Preis auf keinen Fall über dem Durchschnittspreis anderer in Barcelona tätiger und für den Markt relevanter Anbieter liegen darf.
20 Die Vertragsparteien vereinbarten auch, dass die Beträge, die sie einander gemäß den drei genannten Verträgen schulden, gegeneinander aufgerechnet werden sollen. Daraus folgt, dass keine der beiden Parteien vertraglich verpflichtet ist, der anderen etwas zu zahlen, da sich die Beträge, die zu zahlen die beiden Parteien sich verpflichtet haben, gegeneinander aufheben.
21 Mit dem vierten Vertrag schließlich gewährte Total Pedro IV ein Hypothekendarlehen in Höhe von 30 Mio. ESP (rund 180 300 Euro), das durch eine Totals Grundstück belastende Hypothek gesichert wird und eine Laufzeit von 20 Jahren ab dem Zeitpunkt der Errichtung der Tankstelle hat.
22 Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass die Tankstelle nach Abschluss dieser vier Verträge tatsächlich auf dem Pedro IV gehörenden Grundstück gebaut und in den zwölf darauffolgenden Jahren ausschließlich von Total beliefert wurde.
23 Am 6. Dezember 2004 erhob Pedro IV beim Juzgado de lo Mercantil No. 3 de Barcelona Klage auf Nichtigerklärung der rechtlichen Beziehung, die auf den oben beschriebenen vier Verträgen beruht. Sie begründete ihre Klage zum einen damit, dass die Verträge Bestimmungen enthielten, die den Wettbewerb erheblich einschränkten; insbesondere übersteige die Vertragsdauer die nach dem Gemeinschaftsrecht für Alleinbezugsvereinbarungen zulässige Höchstdauer. Zum anderen lege der dritte Vertrag die Wiederverkaufspreise mittelbar fest, obwohl eine solche Praxis nach Art. 81 EG verboten sei. Außerdem begehrte Pedro IV die Rückzahlung der von den Parteien gegenseitig geleisteten Zahlungen nach Abzug der bereits abgeschriebenen Beträge.
24 Nachdem diese Klage insgesamt durch Urteil vom 7. Dezember 2005 abgewiesen worden war, legte Pedro IV beim vorlegenden Gericht Rechtsmittel ein.
25 Unter diesen Umständen hat die Audiencia Provincial de Barcelona das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Wenn Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83 bestimmt, dass, wenn „sich die Vereinbarung auf eine Abfüllstation [bezieht], die der Lieferant dem Wiederverkäufer aufgrund eines Pachtvertrags oder im Rahmen eines sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Benutzungsverhältnisses überlassen hat, ... abweichend von Absatz 1 Buchstabe c) dem Wiederverkäufer die in diesem Titel bezeichneten ausschließlichen Bezugspflichten und Wettbewerbsverbote für den gesamten Zeitraum auferlegt werden [dürfen], in welchem er die Abfüllstation tatsächlich betreibt", ist er dann dahin auszulegen, dass sich die Bestimmung auf einen Fall bezieht, in dem der Lieferant ursprünglich Eigentümer des Grundstücks und der Anlagen war und diese verpachtet, oder erfasst vielmehr die Bezugnahme auf die Verpachtung der Tankstelle alle Rechte, die rechtlich das strikt auf die Tankstelle bezogene „dominio" (Nutzungs- und Verfügungsgewalt) ausmachen, so dass der Lieferant die Tankstelle an den Grundstückseigentümer selbst verpachten kann, ohne sich an die zeitlichen Vorgaben halten zu müssen, die die Vorschrift für Alleinbezugsvereinbarungen vorsieht?
2. Falls im vorliegenden Fall die Verordnung Nr. 2790/1999 anwendbar ist, nach deren Art. 5 die Freistellung nicht gilt, wenn die Laufzeit der Alleinbezugsvereinbarung mehr als fünf Jahre beträgt, obwohl „die [zuvor genannte] Begrenzung ... nicht [gilt], wenn die Vertragswaren oder ‑dienstleistungen vom Käufer in Räumlichkeiten und auf Grundstücken verkauft werden, die Eigentum des Lieferanten oder durch diesen von dritten, nicht mit dem Käufer verbundenen Unternehmen gemietet oder gepachtet worden sind und das Wettbewerbsverbot nicht über den Zeitraum hinausreicht, in welchem der Käufer diese Räumlichkeiten und Grundstücke nutzt", ist sie dann dahin auszulegen, dass sich die Bestimmung, wo sie von Verpachtung spricht, auf einen Fall bezieht, in dem der verpachtende Lieferant auch ursprünglich Eigentümer des Grundstücks und der Anlagen ist, oder erfasst vielmehr die Bezugnahme auf die Verpachtung der Tankstelle alle Rechte, die rechtlich das strikt auf die Tankstelle bezogene „dominio" des Lieferanten ausmachen, so dass dieser die Tankstelle an den Grundstückseigentümer selbst verpachten kann, ohne sich an die zeitlichen Vorgaben halten zu müssen, die die Vorschrift für Alleinbezugsvereinbarungen vorsieht?
3. Wenn Art. 81 Abs. 1 Buchst. a EG vom Verbot der mittelbaren Festsetzung der An‑ oder Verkaufspreise spricht und die Verordnung Nr. 1984/83 in ihrem achten Erwägungsgrund darauf hinweist, dass „[w]eitere wettbewerbsbeschränkende Verpflichtungen, insbesondere solche, die den Wiederverkäufer in der Freiheit der Gestaltung von Preisen und Geschäftsbedingungen oder der Wahl seiner Kunden beschränken, ... nach dieser Verordnung ... nicht freigestellt werden [können]", wobei die Festsetzung des Weiterverkaufspreises nicht zu den nach Art. 11 dieser Verordnung zulässigen anderen Wettbewerbsbeschränkungen gehört, sind sie dann dahin auszulegen, dass sie jede Form der Beschränkung der Freiheit des Wiederverkäufers bei der Festsetzung des Weiterverkaufspreises für den Endverbraucher einschließen, wie eine vorliegen kann bei der Festlegung der Handelsspanne des Tankstellenbetreibers seitens des Lieferanten durch die Festsetzung des Preises für den Kraftstoff, den er dem Wiederverkäufer zu den günstigsten Bedingungen liefert, die er mit anderen Tankstellen, die sich in Barcelona niederlassen könnten, vereinbart hat, der auf keinen Fall über dem durchschnittlichen Preis liegen darf, den andere für den Markt relevante Lieferanten festgesetzt haben und zu dem die als angemessen angesehene Mindestspanne zu addieren ist, um so den Preis für den Verkauf an den Endverbraucher zu erhalten, dessen Anwendung der Lieferant zwar nicht ausdrücklich vorschreibt, aber empfiehlt?
4. Wenn Art. 81 Abs. 1 Buchst. a EG vom Verbot der mittelbaren Festsetzung der An‑ oder Verkaufspreise spricht und Art. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 die Aufrechterhaltung von Weiterverkaufspreisen als besonders schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkung aufführt, sind sie dann dahin auszulegen, dass sie jede Form der Beschränkung der Freiheit des Wiederverkäufers bei der Festsetzung des Weiterverkaufspreises für den Endverbraucher einschließen, wie eine vorliegen kann bei der Festlegung der Handelsspanne des Tankstellenbetreibers seitens des Lieferanten durch die Festsetzung des Preises für den Kraftstoff, den er dem Wiederverkäufer zu den günstigsten Bedingungen liefert, die er mit anderen Tankstellen, die sich in Barcelona niederlassen könnten, vereinbart hat, der auf keinen Fall über dem durchschnittlichen Preis liegen darf, den andere für den Markt relevante Lieferanten festgesetzt haben und zu dem die als angemessen angesehene Mindestspanne zu addieren ist, um so den Preis für den Verkauf an den Endverbraucher zu erhalten, dessen Anwendung der Lieferant zwar nicht ausdrücklich vorschreibt, aber empfiehlt?
Vorlagefragen
Zur Zulässigkeit
26 Total fordert den Gerichtshof auf, das Vorabentscheidungsersuchen aus mehreren Gründen für unzulässig zu erklären. Erstens habe das vorlegende Gericht dem Gerichtshof wichtige Informationen über den Ausgangsrechtsstreit vorenthalten, so dass es dem Gerichtshof nicht möglich sei, sich vom tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund des Rechtsstreits, in dessen Rahmen er eine Entscheidung treffen solle, einen genauen und zutreffenden Eindruck zu machen. Zweitens sei das Vorabentscheidungsersuchen nicht gerechtfertigt, weil sich die Antworten auf die Vorlagefragen eindeutig sowohl aus der Gemeinschaftsrechtsprechung als auch aus der spanischen Rechtsprechung ergäben. Im Übrigen seien die Vorlagefragen für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits unerheblich.
27 Auch die spanische Regierung hat Zweifel, ob das Vorabentscheidungsersuchen nicht teilweise unzulässig ist, da die Verordnungen Nrn. 1984/83 und 2790/1999 nicht gleichzeitig zur Anwendung kommen könnten. Deshalb seien die Fragen, die sich auf die Auslegung der Verordnung Nr. 1984/83 bezögen, d. h. die erste und die dritte Vorlagefrage, von rein hypothetischer Natur und müssten für unzulässig erklärt werden.
28 Insoweit ist daran zu erinnern, dass es im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten nach Art. 234 EG allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts ist, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der bei ihm anhängigen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Januar 2003, BIAO, C‑306/99, Slg. 2003, I‑1, Randnr. 88, und vom 14. Dezember 2006, Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio, C‑217/05, Slg. 2006, I‑11987, Randnr. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung, im Folgenden: Urteil CEEES)
29 Nach der ständigen Rechtsprechung macht es die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht sachdienlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gelangen, erforderlich, dass dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen (Urteile des Gerichtshofs vom 9. September 2004, Carbonati Apuani, C‑72/03, Slg. 2004, I‑8027, Randnr. 10, und vom 17. Februar 2005, Viacom Outdoor, C‑134/03, Slg. 2005, I‑1167, Randnr. 22, sowie Urteil CEEES, Randnr. 26).
30 In der Vorlageentscheidung fehlen zwar bestimmte Angaben, die für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens erheblich sind, aber gleichwohl bietet sie die Möglichkeit, die Tragweite der Vorlagefragen und den Zusammenhang zu bestimmen, in dem diese Fragen gestellt werden. Trotz dieser Lücken verfügt der Gerichtshof daher über genügend Anhaltspunkte, um die fraglichen Gemeinschaftsvorschriften auszulegen und auf die Fragen zweckdienliche Antworten zu geben. Im Übrigen bestätigt der Inhalt der Erklärungen, die beim Gerichtshof im Rahmen dieser Rechtssache eingereicht worden sind, auf jeden Fall, dass die Angaben zum tatsächlichen und rechtlichen Rahmen es den Parteien des Ausgangsverfahrens und den anderen Betroffenen hinreichend ermöglicht haben, sich zu den Vorlagefragen zweckdienlich zu äußern.
31 Das Vorabentscheidungsersuchen kann auch nicht aus dem Grund für unzulässig erklärt werden, dass sich die Antworten auf die Vorlagefragen, wie Total geltend macht, aus einer ständigen Rechtsprechung sowohl der gemeinschaftlichen als auch der nationalen Gerichte ergäben. Selbst wenn die Vorlagefragen nämlich inhaltlich mit denen übereinstimmten, die bereits in einer entsprechenden Rechtssache Gegenstand einer Vorabentscheidung waren, stünde dies keineswegs dem entgegen, dass ein nationales Gericht dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorlegt, und hätte nicht zur Folge, dass der Gerichtshof für die Beantwortung dieser Fragen unzuständig wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 1982, Cilfit u. a., 283/81, Slg. 1982, 3415, Randnrn. 13 und 15). Der Gerichtshof kann jedoch in einem solchen Fall gemäß Art. 104 § 3 der Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist und gegebenenfalls auf das frühere Urteil oder auf die betreffende Rechtsprechung verweist.
32 Außerdem soll der durch Art. 234 EG geschaffene Mechanismus der Vorabentscheidungsvorlage insbesondere die ordnungsgemäße Anwendung und die einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten sicherstellen und verhindern, dass sich in einem Mitgliedstaat eine nationale Rechtsprechung herausbildet, die mit den Normen des Gemeinschaftsrechts nicht im Einklang steht (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 15. September 2005, Intermodal Transports, C‑495/03, Slg. 2005, I‑8151, Randnr. 38, und vom 12. Juni 2008, Gourmet Classic, C‑458/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 32).
33 Sofern die von den nationalen Gerichten vorgelegten Fragen die Auslegung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts betreffen, ist der Gerichtshof somit grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden, es sei denn, er soll offensichtlich in Wirklichkeit dazu veranlasst werden, über einen konstruierten Rechtsstreit zu entscheiden oder Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben, die begehrte Auslegung des Gemeinschaftsrechts steht in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Rechtsstreits oder der Gerichtshof verfügt nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil CEEES, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Das ist jedoch hier nicht der Fall. Es genügt nämlich die Feststellung, dass sich aus der Vorlageentscheidung eindeutig ergibt, dass das vorlegende Gericht die Antworten auf seine Fragen benötigt, um zu entscheiden, ob die im Ausgangsverfahren streitige Vertragsbeziehung unter die durch die Verordnungen Nrn. 1984/83 und 2790/1999 eingeführte Gruppenfreistellung fallen kann.
35 In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen von Total zurückzuweisen, dass die Vorlagefragen für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits unerheblich seien, weil für die Beurteilung, ob eine Vereinbarung gegen die Wettbewerbsregeln verstoße, der Nachweis, dass die in ihr enthaltenen Klauseln mit einer Gruppenfreistellung unvereinbar seien, nicht ausreiche, da auch nachgewiesen werden müsse, dass diese Klauseln tatsächlich gegen Art. 81 EG verstießen.
36 Zwar kommen Freistellungsverordnungen zur Anwendung, wenn Vereinbarungen Wettbewerbseinschränkungen enthalten, die unter Art. 81 Abs. 1 EG fallen, aber oftmals ist es praktischer, zunächst zu prüfen, ob diese Verordnungen auf eine bestimmte Vereinbarung anwendbar sind, um bejahendenfalls eine komplexe wirtschaftliche und rechtliche Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG erfüllt sind, entbehrlich zu machen. Auf jeden Fall ergibt sich aus der mit dem Urteil Cilfit u. a. beginnenden Rechtsprechung, dass ein vorlegendes Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können und das in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift anzuwenden hat, diese Vorschrift dem Gerichtshof nicht zur Auslegung vorzulegen braucht, wenn der Gerichtshof die betreffende Rechtsfrage in einer gesicherten Rechtsprechung gelöst hat, gleich in welcher Art von Verfahren sich diese Rechtsprechung gebildet hat, und selbst dann, wenn die strittigen Fragen nicht vollkommen identisch sind.
37 Die Ansicht der spanischen Regierung schließlich, dass das Vorabentscheidungsersuchen teilweise unzulässig sei, weil die beiden sich auf die Auslegung der Verordnung Nr. 1984/83 beziehenden Fragen hypothetischer Art seien, ist ebenfalls zurückzuweisen.
38 Es steht zwar fest, dass diese Verordnung nur bis zum 31. Dezember 1999, die in ihr vorgesehene Freistellung gemäß der Verordnung Nr. 2790/1999 aber gleichwohl bis zum 31. Mai 2000 weiter anwendbar war. Außerdem wurde mit der letztgenannten Verordnung eine am 31. Dezember 2001 endende Übergangszeit eingeführt, während der das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG nicht für Vereinbarungen galt, die am 31. Mai 2000 bereits in Kraft waren und die die Voraussetzungen für eine Freistellung zwar nicht nach dieser Verordnung, wohl aber nach der Verordnung Nr. 1984/83 erfüllten. Da die streitigen Verträge 1989 geschlossen wurden und bis zur Klageerhebung durch Pedro IV im Laufe des Jahres 2004 durchgeführt wurden, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Freistellung sowohl nach der Verordnung Nr. 1984/83 als auch nach der Verordnung Nr. 2790/1999 galten, damit das nationale Gericht gegebenenfalls entscheiden kann, ob diese Verträge während ihrer gesamten Durchführung mit dem Wettbewerbsrecht im Einklang standen oder von einem bestimmten Zeitpunkt an nichtig waren.
39 Daraus folgt, dass das Vorabentscheidungsersuchen zulässig ist.
Zur ersten und zur zweiten Frage betreffend die Dauer der Ausschließlichkeit
40 Mit seinen ersten beiden Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83 und Art. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 dahin auszulegen sind, dass sie im Rahmen der Anwendung der Freistellungsregelung ein Überschreiten der in diesen Verordnungen vorgesehenen zeitlichen Grenzen durch eine Ausschließlichkeitsvereinbarung nur dann zulassen, wenn der Lieferant ursprünglich sowohl Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Tankstelle steht, als auch der Tankstelle selbst war, oder ob es ausreicht, wenn sich das Eigentumsrecht des Lieferanten allein auf die Tankstelle bezieht, die er an den Eigentümer des Grundstücks verpachtet.
41 Da der Wortlaut der beiden fraglichen Vorschriften nicht übereinstimmt, sind diese beiden Verordnungen getrennt zu untersuchen.
Zur Auslegung der Verordnung Nr. 1984/83
42 Die Verordnung Nr. 1984/83 sah die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG auf bestimmte Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen vor, die zwischen zwei Unternehmen zum Zweck des Weiterverkaufs von Mineralölerzeugnissen in Tankstellen geschlossen wurden und unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG fallen konnten.
43 Neben den in den Art. 10 und 11 der Verordnung Nr. 1984/83 genannten Voraussetzungen für die Gewährung der Freistellung bestimmte Art. 12 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1984/83, dass diese nicht für Tankstellenverträge gilt, wenn die Vereinbarung für einen unbestimmten Zeitraum oder für einen solchen von mehr als zehn Jahren geschlossen wird. In Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung hieß es jedoch: „Bezieht sich die Vereinbarung auf eine Abfüllstation, die der Lieferant dem Wiederverkäufer aufgrund eines Pachtvertrags oder im Rahmen eines sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Benutzungsverhältnisses überlassen hat, so dürfen abweichend von Absatz 1 Buchstabe c) dem Wiederverkäufer die in diesem Titel bezeichneten ausschließlichen Bezugspflichten und Wettbewerbsverbote für den gesamten Zeitraum auferlegt werden, in welchem er die Abfüllstation tatsächlich betreibt."
44 Demnach ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83, dass die Anwendung dieser Verordnung, wenn es um einen Tankstellenvertrag mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren geht, in Betracht kommt, sofern der Lieferant dem Wiederverkäufer die Tankstelle aufgrund eines Pachtvertrags oder im Rahmen eines sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Benutzungsverhältnisses überlassen hat.
45 Pedro IV und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften sind jedoch der Ansicht, dass die Gewährung der in der genannten Vorschrift vorgesehenen Ausnahmeregelung von der zweifachen Voraussetzung abhänge, dass der Lieferant sowohl Eigentümer der Tankstelle als auch des Grundstücks sei, auf dem diese errichtet worden sei.
46 Pedro IV erläutert ihre Ansicht unter Hinweis zum einen auf die Rechtsprechung, wonach Gruppenfreistellungen eng ausgelegt werden müssten, damit sich ihre Wirkungen nicht auf Vereinbarungen oder Sachverhalte erstreckten, die sie nicht erfassen sollten (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 24. Oktober 1995, Bayerische Motorenwerke, C‑70/93, Slg. 1995, I‑3439, Randnr. 28, und vom 28. April 1998, Javico, C‑306/96, Slg. 1998, I‑1983, Randnr. 32).
47 Darüber hinaus entsprächen die Vorteile, die Total ihr gewährt habe, d. h. das Zur-Verfügung-Stellen der Tankstelle und die Gewährung eines Darlehens zu günstigen Bedingungen, den in den Art. 10 und 12 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1984/83 vorgesehenen Fällen, so dass die Alleinbezugsvereinbarung und die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots nur eine Höchstdauer von zehn Jahren haben dürften. Der Abschluss verschiedener miteinander verknüpfter Verträge zwischen Lieferant und Wiederverkäufer, die eine Marktabschottung bewirkten, ziele darauf ab, die Anwendung von Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83 künstlich auf Fälle auszudehnen, die mit den in dieser Vorschrift vorgesehenen Fällen nicht gleichzusetzen seien.
48 Die Kommission hält die unbefristete Alleinbezugspflicht, die dem Wiederverkäufer im Rahmen von Vereinbarungen eines Wettbewerbsverbots oder von Alleinbezugsvereinbarungen obliege, angesichts der Gegenleistungen des Lieferanten für gerechtfertigt. Diese seien nicht nur „besonders bedeutend", sondern auch „absolut", d. h., der Wiederverkäufer nehme eine Tätigkeit auf, ohne auch nur die geringste eigene Investition oder Zahlung zu leisten. Ein Fall, in dem entweder die Grundstücke oder die Räumlichkeiten dem Wiederverkäufer gehörten, stünde kaum im Einklang mit der nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83 vorgesehenen Sonderregelung.
49 Hinzu komme, dass die Verordnungen Nrn. 1984/83 und 2790/1999 angesichts der zwischen ihnen bestehenden Kontinuität gleich ausgelegt werden müssten, auch wenn sie unterschiedlich formuliert seien und obwohl die letztgenannte Verordnung klarstelle, dass die in ihr vorgesehene Freistellung nur unter der Voraussetzung gelte, dass der Lieferant Eigentümer sowohl des Grundstücks als auch der Räumlichkeiten sei, von denen aus der Wiederverkäufer die Vertragswaren oder ‑dienstleistungen anbiete.
50 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
51 Ausnahmevorschriften für eine Gruppenfreistellung dürfen zwar nicht weit ausgelegt werden, aber die fraglichen Vorschriften sind klar und unmissverständlich formuliert.
52 Die sich nach Ansicht von Pedro IV und der Kommission aus der Verordnung Nr. 1984/83 ergebende zweifache Voraussetzung, dass der Lieferant sowohl Eigentümer der Tankstelle als auch des Grundstücks sein müsse, auf dem diese errichtet worden sei, steht nämlich weder im verfügenden Teil noch in den Erwägungsgründen dieser Verordnung.
53 Im 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1984/83 wird unter den wirtschaftlichen und finanziellen Vorteilen, die der Lieferant dem Wiederverkäufer gewährt, die Überlassung eines Grundstücks oder von Räumlichkeiten für den Betrieb einer Tankstelle, nicht jedoch die Überlassung beider genannt. Da Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83 jedenfalls nur den Fall erwähnte, dass der Lieferant die Tankstelle dem Wiederverkäufer aufgrund eines Pachtvertrags oder im Rahmen eines sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Benutzungsverhältnisses überlassen hat, darf der Gerichtshof die Tragweite dieser Vorschrift nicht durch Hinzufügen einer in der Verordnung nicht enthaltenen weiteren Voraussetzung einschränken.
54 Was die in Art. 10 der Verordnung Nr. 1984/83 erwähnten besonderen wirtschaftlichen oder finanziellen Vorteile angeht, ergibt sich aus dem Urteil vom 11. September 2008, CEPSA (C‑279/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 54), dass diese nicht nur bedeutend sein müssen, um einen Alleinbezug über die Dauer von zehn Jahren zu rechtfertigen, sondern dass sie auch so geartet sein müssen, dass sie zu einer Verbesserung des Vertriebs führen, die Errichtung oder Modernisierung der Tankstelle erleichtern und die Vertriebskosten senken.
55 Es ist festzustellen, dass der in Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83 vorgesehene Vorteil insofern besonders bedeutend ist, weil er dem Wiederverkäufer den Zugang zum Vertriebsnetz erheblich erleichtert, indem er dessen Kosten für Einrichtung und Vertrieb minimiert. Entgegen dem Vorbringen der Kommission lassen jedoch weder der Wortlaut dieser Verordnung noch ihr Zweck oder ihre Systematik die Annahme zu, dass die Anwendung von Art. 12 Abs. 2 der Verordnung von einer zusätzlichen Voraussetzung abhängt, wonach der Wiederverkäufer als Betreiber der Tankstelle keinerlei Zahlung oder Investition im Hinblick auf seine Geschäftstätigkeit zu leisten braucht.
56 Das Vorbringen der Kommission, dass die in Art. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 ausdrücklich vorgesehene zweifache Voraussetzung bereits zuvor sinngemäß in Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83 enthalten gewesen sei, ist ebenfalls zurückzuweisen.
57 Die Verordnung Nr. 1984/83 hatte nämlich einen selbständigen, engeren Anwendungsbereich als die Verordnung Nr. 2790/1999, da sie besondere Vorschriften für Tankstellenverträge enthielt. Die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG auf diese Art von Vereinbarungen nach der Verordnung Nr. 1984/83 unterschieden sich also von denen der Verordnung Nr. 2790/1999, sowohl in Bezug auf die Höchstdauer der Alleinbezugsvereinbarung als auch hinsichtlich der Marktmacht der betroffenen Unternehmen.
58 Außerdem geht auch aus der Antwort der Kommission auf die vom Gerichtshof schriftlich gestellte Frage hervor, dass die sich aus der Verordnung Nr. 2790/1999 ergebende Änderung der Ausnahme von der Höchstdauer der Alleinbezugsvereinbarung nach der öffentlichen Anhörung vom 24. September 1999 beschlossen wurde und dass die ursprüngliche Fassung des Entwurfs dieser Verordnung keine zweifache Voraussetzung vorgesehen hatte.
59 Unter diesen Umständen ist die von der Kommission vorgeschlagene Anwendung einer zweifachen Voraussetzung keineswegs gerechtfertigt.
60 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1984/83 dahin auszulegen ist, dass die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahmeregelung nicht voraussetzte, dass der Lieferant Eigentümer des Grundstücks war, auf dem er die Tankstelle gebaut hatte, die er an den Wiederverkäufer verpachtete.
Zur Auslegung der Verordnung Nr. 2790/1999
61 Die Verordnung Nr. 2790/1999 regelt, unter welchen Voraussetzungen Art. 81 Abs. 3 EG auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen anwendbar ist, und enthält keine besonderen Vorschriften für Tankstellenverträge. Gemäß Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung gilt die in ihr vorgesehene Freistellung nur, wenn der Anteil des Lieferanten an dem relevanten Markt, auf dem er die Vertragswaren oder ‑dienstleistungen verkauft, 30 % nicht überschreitet.
62 Dazu ist zu bemerken, dass das vorlegende Gericht, bevor es weitere in dieser Verordnung vorgesehene Voraussetzungen prüft, untersuchen muss, ob der Marktanteil von Total seit Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2790/1999 nicht über 30 % des relevanten Marktes hinausgegangen ist, wobei - wie Pedro IV und die Kommission vor dem Gerichtshof geltend machen - die etwaige Beteiligung des Unternehmens am Grundkapital anderer Lieferanten von Mineralölerzeugnissen auf demselben Markt zu berücksichtigen ist.
63 Art. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 bestimmt, dass die Begrenzung des Wettbewerbsverbots auf fünf Jahre nicht gilt, wenn die Vertragswaren oder ‑dienstleistungen vom Käufer in Räumlichkeiten und auf Grundstücken verkauft werden, die Eigentum des Lieferanten sind oder durch diesen von dritten, nicht mit dem Käufer verbundenen Unternehmen gemietet oder gepachtet worden sind und das Wettbewerbsverbot nicht über den Zeitraum hinausreicht, in welchem der Käufer diese Räumlichkeiten und Grundstücke nutzt.
64 Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift kommt die Anwendung der in ihr vorgesehenen Ausnahmeregelung bei Tankstellenverträgen in zwei Fällen in Betracht, und zwar zum einen, wenn sowohl die Tankstelle, die der Lieferant dem Wiederverkäufer verpachtet, als auch das Grundstück, auf dem die Tankstelle steht, dem Lieferanten gehören, und zum anderen, wenn der Lieferant das Grundstück und die Tankstelle von nicht mit dem Wiederverkäufer verbundenen Dritten gemietet oder gepachtet hat, um beides anschließend an den Wiederverkäufer unterzuvermieten oder unterzuverpachten.
65 Diese Änderung der Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmeregelung wurde, wie bereits in Randnr. 58 dieses Urteils erwähnt, erlassen, nachdem sich die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer zu dem zur öffentlichen Anhörung vorgelegten Entwurf der Gruppenfreistellungsverordnung geäußert hatten. Der Grund für die Änderung war der Kommission zufolge die Bekämpfung von Missbräuchen und insbesondere das Bestreben, zu verhindern, dass die in der Verordnung für Ausschließlichkeitsklauseln festgelegte Höchstdauer umgangen wird.
66 In einem Fall wie dem Ausgangsverfahren sind die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 nicht erfüllt. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, das Vorbringen von Total zu beurteilen, wonach das Erbbaurecht für sie nicht nur Eigentum an der Tankstelle, sondern auch an dem Grundstück begründe, auf dem diese errichtet worden sei. Da der Begriff „Erbbaurecht" zur Eigentumsordnung des nationalen Rechts gehört, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, den Umfang dieses Begriffs zu bestimmen.
67 Sollte das nationale Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass die von den Parteien des Ausgangsverfahrens getroffenen Vereinbarungen die nach der Verordnung Nr. 1984/83, nicht jedoch die nach der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehenen Voraussetzungen für eine Freistellung erfüllen, so würden diese Vereinbarungen gemäß der nach Art. 12 der Verordnung Nr. 2790/1999 vorgesehenen Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2001 nicht in den Anwendungsbereich des Art. 81 Abs. 1 EG fallen.
68 Eine Vereinbarung, die nicht alle Voraussetzungen erfüllt, die in einer Freistellungsverordnung vorgesehen sind, fällt jedoch nur dann unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG, wenn sie eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt und geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Im letzteren Fall wäre die Vereinbarung mangels einer individuellen Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG gemäß Art. 81 Abs. 2 nichtig (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 30. April 1998, Cabour, C‑230/96, Slg. 1998, I‑2055, Randnr. 48, und CEPSA, Randnr. 72).
69 Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 dahin auszulegen ist, dass die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahmeregelung voraussetzt, dass der Lieferant Eigentümer sowohl der Tankstelle, die er dem Wiederverkäufer vermietet oder verpachtet, als auch des Grundstücks ist, auf dem die Tankstelle steht, oder dass er die Tankstelle und das Grundstück, wenn er nicht deren Eigentümer ist, von nicht mit dem Wiederverkäufer verbundenen Dritten gemietet oder gepachtet hat.
Zur dritten und zur vierten Frage betreffend die Festsetzung des Endverkaufspreises
70 Das vorlegende Gericht möchte mit seiner dritten und seiner vierten Frage, die zusammen zu prüfen sind, wissen, ob den Endverkaufspreis betreffende Vertragsklauseln wie die im Ausgangsverfahren nach Art. 81 Abs. 1 Buchst. a EG verboten sind und nicht unter die Gruppenfreistellung fallen können, insbesondere - je nach dem zeitlichen Geltungsbereich dieser Verordnungen - aufgrund des achten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1984/83 oder des Art. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999.
71 Nach Art. 81 Abs. 1 Buchst. a EG sind u. a. verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise.
72 Gemäß dem achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1984/83 können wettbewerbsbeschränkende Verpflichtungen, insbesondere solche, die den Wiederverkäufer in der Freiheit der Gestaltung von Preisen beschränken, nach dieser Verordnung nicht freigestellt werden.
73 Der Gerichtshof hat zu dieser Verordnung bereits festgestellt, dass in deren Art. 11 abschließend die Verpflichtungen aufgezählt wurden, die dem Wiederverkäufer neben der Ausschließlichkeitsklausel auferlegt werden durften und zu denen nicht die Festsetzung des Endverkaufspreises gehörte. Eine solche Verpflichtung wäre daher von der Freistellung des Art. 10 der Verordnung Nr. 1984/83 nicht erfasst (vgl. Urteile CEEES, Randnr. 64, und CEPSA, Randnr. 65).
74 Was die Verordnung Nr. 2790/1999 angeht, so bestimmt diese in ihrem Art. 4 Buchst. a, dass die Gruppenfreistellung nicht für vertikale Vereinbarungen gilt, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen unter der Kontrolle der Vertragsparteien Folgendes bezwecken: „die Beschränkung der Möglichkeiten des Käufers, seinen Verkaufspreis selbst festzusetzen; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit des Lieferanten, Höchstverkaufspreise festzusetzen oder Preisempfehlungen auszusprechen, sofern sich diese nicht infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen durch eine der Vertragsparteien tatsächlich wie Fest‑ oder Mindestverkaufspreise auswirken".
75 Daraus folgt, dass Vereinbarungen, mit denen der Lieferant den Endverkaufspreis festlegt oder einen Mindestverkaufspreis vorschreibt, nicht unter die durch die Verordnungen Nrn. 1984/83 und 2790/1999 eingeführte Gruppenfreistellung fallen können. Es steht dem Lieferanten dagegen gemäß Art. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 2790/1999 frei, dem Wiederverkäufer einen Verkaufspreis zu empfehlen oder einen Höchstverkaufspreis vorzuschreiben.
76 Die Alleinbezugsvereinbarung über Kraftstoffe sieht gemäß dem vorlegenden Gericht vor, dass Total zum einen den Preis für den Kraftstoff, den sie Pedro IV liefert, unter den günstigsten Bedingungen festlegt, die sie mit anderen Tankstellen, die sich in Barcelona niederlassen könnten, vereinbart und zum anderen gewährleistet, dass dieser Preis auf keinen Fall über dem Durchschnittspreis anderer für den Markt relevanter Anbieter liegt. Total gelangt also zu dem Endverkaufspreis, den sie Pedro IV empfiehlt, indem sie auf den genannten Preis eine Handelsspanne für den Tankstellenbetreiber aufschlägt, die sie für angemessen hält.
77 Die erste Klausel dieses Vertrags betrifft den Preis, den Pedro IV für die Belieferung mit Kraftstoff zu zahlen hat. Die Festlegung dieses Preises ist Sache der Vertragsparteien und beeinträchtigt nicht den Wettbewerb.
78 Was den Endverkaufspreis angeht, so ergibt sich schon aus dem Wortlaut der zweiten Vertragsklausel, dass dieser Preis vom Lieferanten nicht vorgeschrieben, sondern empfohlen wird, ohne dass auch nur ein Höchstpreis festgelegt wird. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, wie dieser empfohlene Verkaufspreis berechnet wird, da dem Wiederverkäufer ein Spielraum belassen wird, der es ihm ermöglicht, den Verkaufspreis tatsächlich festzulegen. Dieser Spielraum wäre jedoch nicht gegeben, wenn der Lieferant dem Wiederverkäufer eine feste Handelsspanne vorschriebe, von der dieser nicht abweichen kann.
79 Angesichts der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof ist es im Rahmen der in Art. 234 EG vorgesehenen Zusammenarbeit Sache des vorlegenden Gerichts, das den ihm vorliegenden Rechtsstreit als einziges unmittelbar kennt, die Modalitäten der Festsetzung des Endverkaufspreises im Ausgangsverfahren zu würdigen. Es muss insbesondere unter Berücksichtigung sämtlicher Klauseln in ihrem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang und des Verhaltens der Vertragsparteien prüfen, ob der vom Lieferanten empfohlene Endverkaufspreis nicht in Wirklichkeit auf einen Festpreis oder einen Mindestpreis hinausläuft (vgl. in diesem Sinne Urteil CEPSA, Randnrn. 67 und 70).
80 Es ist außerdem Aufgabe des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung der konkreten Wirkung aller Klauseln des im Ausgangsverfahren fraglichen Vertrags in ihrem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang zu prüfen, ob der Wiederverkäufer diesen empfohlenen Verkaufspreis wirklich herabsetzen kann. Vor allem muss es prüfen, ob ein solcher Endverkaufspreis nicht in Wirklichkeit mittelbar oder verschleiert vorgegeben ist, z. B. durch die Festlegung des Spielraums des Wiederverkäufers oder durch die Obergrenze der Preisnachlässe, die dieser auf den empfohlenen Verkaufspreis gewähren kann, sowie durch Drohungen, Einschüchterungen, Warnungen, Sanktionen oder Anreize (vgl. in diesem Sinne Urteil CEPSA, Randnr. 71).
81 Sollte das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass Pedro IV in Wirklichkeit verpflichtet war, einen von Total vorgeschriebenen Fest‑ oder Mindestpreis einzuhalten, könnte die Alleinbezugsvereinbarung über Kraftstoffe nicht unter die Gruppenfreistellung fallen, und zwar weder unter die nach der Verordnung Nr. 1984/83 noch unter die nach der Verordnung Nr. 2790/1999.
82 Allerdings stellt die Festsetzung des Endverkaufspreises zwar eine Wettbewerbsbeschränkung dar, die ausdrücklich von Art. 81 Abs. 1 Buchst. a EG erfasst wird, aber diese Vereinbarung fällt, wie in Randnr. 68 dieses Urteils dargelegt, nur dann unter das in dieser Bestimmung aufgestellte Verbot, wenn alle anderen darin aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, nämlich, dass die Vereinbarung eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt und dass sie geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile Cabour, Randnr. 48 und CEPSA, Randnr. 42).
83 Außerdem ist insbesondere bei Alleinbezugsvereinbarungen zu berücksichtigen, dass - auch wenn solche Vereinbarungen keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 81 EG bezwecken - doch zu prüfen ist, ob sie nicht eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bewirken. Bei der Beurteilung der Wirkungen einer Alleinbezugsvereinbarung ist der wirtschaftliche und rechtliche Zusammenhang zu betrachten, in dem die Vereinbarung steht und zusammen mit anderen zu einer kumulativen Auswirkung auf den Wettbewerb führen kann. Somit ist zu prüfen, wie sich ein solcher Vertrag in Verbindung mit anderen gleichartigen Verträgen auf die Möglichkeiten der Mitbewerber aus dem Inland oder aus anderen Mitgliedstaaten, auf dem relevanten Markt Fuß zu fassen oder ihren Anteil an diesem Markt zu vergrößern, auswirkt (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 28. Februar 1991, Delimitis, C‑234/89, Slg. 1991, I‑935, Randnrn. 13 bis 15, vom 7. Dezember 2000, Neste, C‑214/99, Slg. 2000, I‑11121, Randnr. 25, und CEPSA, Randnr. 43).
84 Nach alledem ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass den Endverkaufspreis betreffende Vertragsklauseln wie die im Ausgangsverfahren unter die gemäß den Verordnungen Nrn. 1984/83 und 2790/1999 gewährte Gruppenfreistellung fallen können, wenn der Lieferant lediglich einen Höchstverkaufspreis festsetzt oder einen Verkaufspreis empfiehlt und der Wiederverkäufer daher tatsächlich die Möglichkeit hat, den Endverkaufspreis festzulegen. Dagegen können solche Klauseln dann nicht unter die genannten Freistellungen fallen, wenn sie unmittelbar oder auf mittelbare oder verschleierte Art und Weise auf die Festlegung des Endverkaufspreises oder auf die Vorgabe eines Mindestpreises durch den Lieferanten hinauslaufen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung sämtlicher Klauseln in ihrem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang und des Verhaltens der Vertragsparteien zu prüfen, ob der Wiederverkäufer derartigen Zwängen unterliegt.
Kosten
85 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1984/83 der Kommission vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Artikel [81] Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1582/97 der Kommission vom 30. Juli 1997 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahmeregelung nicht voraussetzte, dass der Lieferant Eigentümer des Grundstücks war, auf dem er die Tankstelle gebaut hatte, die er an den Wiederverkäufer verpachtete.
2. Art. 5 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen ist dahin auszulegen, dass die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Ausnahmeregelung voraussetzt, dass der Lieferant Eigentümer sowohl der Tankstelle, die er dem Wiederverkäufer vermietet oder verpachtet, als auch des Grundstücks ist, auf dem die Tankstelle steht, oder dass er die Tankstelle und das Grundstück, wenn er nicht der Eigentümer ist, von nicht mit dem Wiederverkäufer verbundenen Dritten gemietet oder gepachtet hat.
3. Den Endverkaufspreis betreffende Vertragsklauseln wie die im Ausgangsverfahren können unter die Gruppenfreistellung nach der Verordnung Nr. 1984/83 in der durch die Verordnung Nr. 1582/97 geänderten Fassung und nach der Verordnung Nr. 2790/1999 fallen, wenn der Lieferant lediglich einen Höchstverkaufspreis festsetzt oder einen Verkaufspreis empfiehlt und der Wiederverkäufer daher tatsächlich die Möglichkeit hat, den Endverkaufspreis festzulegen. Dagegen können solche Klauseln dann nicht unter die genannten Freistellungen fallen, wenn sie unmittelbar oder auf mittelbare oder verschleierte Art und Weise auf die Festlegung des Endverkaufspreises oder auf die Vorgabe eines Mindestpreises durch den Lieferanten hinauslaufen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung sämtlicher Klauseln in ihrem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang und des Verhaltens der Vertragsparteien zu prüfen, ob der Wiederverkäufer derartigen Zwängen unterliegt.