R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
04.01.2024
Wirtschaftsrecht
BGH: Stimmrechtsausschluss eines herrschenden Unternehmens im faktischen Konzern

BGH, Urteil vom 28.11.2023 – II ZR 214/21

ECLI:DE:BGH:2023:281123UIIZR214.21.0

Volltext: BB-Online BBL2024-2-3

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

a) Ein herrschendes Unternehmen ist im faktischen Konzern in der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft wegen eines Interessenkonflikts vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder der abhängigen Gesellschaft Beschluss gefasst wird und die vorgeworfene Pflichtverletzung auf Veranlassung und zugunsten des herrschenden Unternehmens begangen worden sein soll.

b) Ein Geltendmachungsbeschluss nach § 147 Abs. 1 AktG ist dann hinreichend bestimmt, wenn er im Einzelnen umreißt, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag der Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats bestehen soll, gegen die Ersatzansprüche der Gesellschaft geltend gemacht werden sollen. Es kommt nicht darauf an, ob die Anspruchsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat.

AktG § 136 Abs. 1 Satz 1 Fall 3, § 147 Abs. 1

 

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft, deren Gegenstand unter anderem der Betrieb von Hotels und gastronomischen Betrieben im In- und Ausland ist. Mehrheitsaktionärin der Beklagten mit einem Aktienanteil von 52,16 % war die L.             S.A., die der in der Hotellerie und Touristikbranche tätigen L.       -Gruppe angehörte. Zweitgrößte Aktionärin war mit einem Aktienanteil von 33,80 % die Klägerin. Die restlichen Aktien befanden sich in Streubesitz.

Die Beklagte erwarb im Jahr 2015 von der L.     -Gruppe durch Tochtergesellschaften 100 % der Gesellschaftsanteile an der C.                 S.A. zum Kaufpreis von 34 Mio. €. Die Klägerin bezweifelt die Angemessenheit des Kaufpreises und ist der Auffassung, der Mehrheitsaktionärin der Beklagten sei verdeckt Vermögen der Beklagten zugewendet worden.

In der Hauptversammlung der Beklagten am 17. Juli 2015 wurde auf Antrag der Klägerin beschlossen, u.a. gegen die Mehrheitsaktionärin Ersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb der C.                S.A. geltend zu machen. Zugleich wurde ein besonderer Vertreter zur Geltendmachung der Ersatzansprüche bestellt. In der Hauptversammlung der Beklagten vom 21. Juli 2016 wurde unter TOP 10 darüber abgestimmt, ob Ersatzansprüche der Beklagten aus diesem Erwerb ergänzend auch gegen Mitglieder ihres Aufsichtsrats und ihres Vorstands als Gesamtschuldner geltend gemacht werden sollen und hierzu ein besonderer Vertreter bestellt werden soll.

Der Beschlussantrag lautete auszugsweise:

[…] Veranlasst durch die herrschende Mehrheitsaktionärin hat die Gesellschaft durch Tochtergesellschaften (vgl. Geschäftsbericht 2015, Seite 25) 100% der Anteile an der C.                 S.A. zum Kaufpreis von € 34 Mio. erworben. […] Dadurch wurde der herrschenden Mehrheitsaktionärin auf deren Veranlassung verdeckt Vermögen der Gesellschaft zugewendet. Der Kaufpreis war deutlich überhöht. […]

Mit den als gültig gezählten Stimmen der Mehrheitsaktionärin wurde der Beschlussantrag abgelehnt.

Die Klägerin begehrt die Nichtigerklärung der zu TOP 10 gefassten Beschlussablehnung und im Wege der positiven Beschlussfeststellungsklage die Feststellung, dass der Beschluss zu TOP 10 gefasst worden ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den zu TOP 10 gefassten ablehnenden Beschluss für nichtig erklärt und der Beschlussfeststellungsklage stattgegeben. Mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Zurückweisung der Berufung der Klägerin.

Aus den Gründen

7          Die Revision hat keinen Erfolg.

 

8          I. Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, AG 2022, 203) hat seine Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:

 

9          Der Beschluss zu TOP 10 der Hauptversammlung der Beklagten vom 21. Juli 2016 sei wegen eines Verstoßes gegen § 136 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 AktG anfechtbar. Die Mehrheitsaktionärin habe wegen ihrer mittelbaren Betroffenheit bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten einem Stimmverbot unterlegen. Potentielle Pflichtverletzungen von Mitgliedern dieser Organe der Beklagten bei dem Erwerb der Anteile an der C.                S.A. von der L.     -Gruppe entsprächen im Hinblick auf das Haftungskonzept der §§ 311 ff. AktG und der in § 318 AktG angeordneten Gesamtschuld wesensmäßig einer Pflichtverletzung der Mehrheitsaktionärin und leiteten sich aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt ab. Bei dem Zusammenspiel der §§ 309 ff., 317 f. AktG in Konzernsachverhalten könne nur durch ein Stimmverbot des Mehrheitsaktionärs nach § 136 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 AktG sichergestellt werden, dass im Interesse der Gesellschaft, der Gläubiger und der Minderheitsaktionäre trotz bestehender Abhängigkeiten und Verbundenheit auch Ersatzansprüche gemäß §§ 318, 93, 116 AktG durchgesetzt werden können. Das entspreche Sinn und Zweck des § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG.

 

10        Aus der Begründetheit der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage folge bei richtiger Zählung der abgegebenen Stimmen die Begründetheit der positiven Beschlussfeststellungsklage zu TOP 10.

 

11        II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.

 

12        1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die L.             S.A. als Mehrheitsaktionärin bei der Abstimmung zu TOP 10 auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 21. Juli 2016 über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder der Beklagten und über die Bestellung eines besonderen Vertreters vom Stimmrecht ausgeschlossen war. Ein herrschendes Unternehmen ist im faktischen Konzern in der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft wegen eines Interessenkonflikts vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder der abhängigen Gesellschaft Beschluss gefasst wird und die vorgeworfene Pflichtverletzung auf Veranlassung und zugunsten des herrschenden Unternehmens begangen worden sein soll.

 

13        a) Gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 AktG kann niemand für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll. Ausdrücklich erfasst das Gesetz damit nur das Stimmrecht des Aktionärs, gegen den die Geltendmachung von Ansprüchen beschlossen werden soll. Das schließt aber nicht aus, § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG in vergleichbaren Fällen sinngemäß anzuwenden, wenn nämlich das Ausmaß des Interessenkonflikts für den Aktionär identisch ist, so dass eine auf das mitgliedschaftliche Interesse ausgerichtete Stimmabgabe nicht erwartet werden kann (MünchKommAktG/Arnold, 5. Aufl., § 136 Rn. 23; Dürr in Wachter, AktG, 4. Aufl., § 136 Rn. 14; Grigoleit/Herrler, AktG, 2. Aufl., § 136 Rn. 12; Grundmann in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 136 Rn. 39; Koch, AktG, 17. Aufl., § 136 Rn. 18; Krebs in Hölter/Weber, AktG, 4. Aufl., § 147 Rn. 8; Bürgers/Körber/Lieder, AktG, 5. Aufl., § 136 Rn. 10; BeckOGK AktG/Rieckers, Stand 1.7.2023, § 136 Rn. 17; Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 136 Rn. 29; MünchHdbGesR IV/Hoffmann-Becking, 5. Aufl., § 39 Rn. 44;Spindler, Festschrift Vetter, 2019, S. 763, 767; Wahlers/Heerstraßen, Festschrift Loschelder, 2010, S. 425, 428; für § 47 Abs. 4 GmbHG: BGH, Urteil vom 20. Januar 1986 - II ZR 73/85, BGHZ 98, 28, 33). Entsprechendes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei der Einzelentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft. Dort trifft das Stimmverbot nur dasjenige Organmitglied, über dessen Entlastung abgestimmt wird, es sei denn, ein anderes Organmitglied ist in gleicher Weise betroffen, weil es an einem Vorgang beteiligt war, der dem Organmitglied, um dessen Entlastung es geht, als Pflichtverletzung vorzuwerfen ist (BGH, Urteil vom 12. Juni 1989 - II ZR 246/88, BGHZ 108, 21, 25 f.; Urteil vom 21. September 2009 - II ZR 174/08, BGHZ 182, 272 Rn. 15).

 

14        In diesem Zusammenhang kommt der weitere im § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG ebenfalls zum Ausdruck kommende Grundgedanke des Stimmverbots zum Tragen, dass nämlich ein Gesellschafter nicht Richter in eigener Sache sein darf (BGH, Urteil vom 17. Januar 2023 - II ZR 76/21, ZIP 2023, 467). Ein (Mehrheits-)Aktionär, um dessen unmittelbare Inanspruchnahme es geht, kann den dem Ersatzanspruch zugrundeliegenden Sachverhalt nicht unbefangen beurteilen. Das gilt ebenso im faktischen Konzern bei der Beschlussfassung über Ersatzansprüche gegen Organe der abhängigen Gesellschaft, wenn Beschlussgegenstand (auch) das Zusammenwirken des Mehrheitsaktionärs mit den Organen der abhängigen Gesellschaft zum Nachteil der Gesellschaft und die Veranlassung zum Abschluss eines für die Gesellschaft nachteiligen Rechtsgeschäfts zu seinen Gunsten ist. Der Mehrheitsaktionär, dem vorgeworfen wird, ein für die Gesellschaft nachteiliges Geschäft zum eigenen Vorteil veranlasst zu haben, urteilt bei der Beschlussfassung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen aufgrund dieses Sachverhalts gegen die Organe der abhängigen Gesellschaft auch immer über eine "eigene Sache" und billigt oder missbilligt damit zugleich ein eigenes (Fehl-)Verhalten. Dieses Richten in eigener Sache ist dem Mehrheitsaktionär versagt. Es liegt insofern ein typisierter Interessenkonflikt zwischen dem Sonderinteresse des Mehrheitsaktionärs und dem Gesellschaftsinteresse an der Durchsetzung von Ersatzansprüchen auch gegen ihre Organe nach den §§ 318, 93, 116 AktG vor (so auch Grigoleit/Herrler, AktG, 2. Aufl., § 147 Rn. 9; BeckOGK AktG/Mock, Stand 1.7.2023, § 147 Rn. 67.5; Schmolke, AG 2022, 192, 196). Dabei kommt es für die Frage, ob ein einheitlicher, das Stimmrecht ausschließender Beschlussgegenstand vorliegt, allein auf den sachlichen Zusammenhang der dem Aktionär einerseits und den Organen andererseits vorgeworfenen Verfehlungen und nicht darauf an, ob gegen die Beteiligten in einer bestimmten Reihenfolge, in einem Akt oder gegen jeden getrennt abgestimmt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1986 - II ZR 73/85, BGHZ 98, 28, 33).

 

15        Der Stimmrechtsausschluss gilt in gleicher Weise, wenn es darum geht, das Organ zu bestellen, das die Gesellschaft bei der Anspruchsverfolgung vertreten soll, weil von einem betroffenen Gesellschafter nicht erwartet werden kann, dass er einen Prozessvertreter auswählt und bestellt, der gegen ihn selbst die Interessen der Gesellschaft am entschiedensten vertritt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1986 - II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 33 f.; Urteil vom 8. August 2023 - II ZR 13/22, ZIP 2023, 1986 Rn. 16 mwN).

 

16        b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Berufungsgericht mit Recht ein Stimmverbot der Mehrheitsaktionärin angenommen, da Beschlussgegenstand von TOP 10 auch durch sie veranlasste pflichtwidrige Handlungen der Organe der Beklagten beim Kauf der Anteile an der C.                 S.A. sind und der ihr erwachsende finanzielle Vorteil spiegelbildlich dem der beklagten Gesellschaft als Erwerberin erwachsenden Schaden entsprechen soll. Das in diesem Sachverhalt verkörperte persönliche Interesse der Mehrheitsaktionärin schließt ihre unbefangene Stimmabgabe bei der Abstimmung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die Verwaltungsmitglieder der Beklagten aus, da der Interessenkonflikt identisch ist.

 

17        Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Abschluss des Anteilserwerbs an der C.              S.A. ohne ein Zusammenwirken der Organe der Beklagten als abhängige Gesellschaft und der Mehrheitsaktionärin als herrschendes Unternehmen undenkbar. Zu dem Zusammenwirken wird im Beschlussantrag zu TOP 10 ausgeführt, die Organmitglieder der Beklagten seien "an der Vorbereitung und Umsetzung des Geschäfts als handelnde Vorstandsmitglieder bzw. bei deren unzureichender Überwachung als Aufsichtsratsmitglieder" beteiligt gewesen und es seien von ihnen für die Bewertung des Kaufobjektes bei der Due-Diligence-Prüfung "ganz zentrale Aspekte" "ausgespart worden". So heißt es auch im gegen die Mehrheitsaktionärin gerichteten Geltendmachungsbeschluss der Hauptversammlung am 17. Juli 2015, "Vorstand und Aufsichtsrat haben offensichtlich, veranlasst durch den herrschenden Mehrheitsaktionär der auf den 16./17. Juli 2015 einberufenen Hauptversammlung, den Erwerb der C.        S.A. zum Kaufpreis von 34 Mio € vorgeschlagen. Der Kaufpreis ist deutlich überhöht. Dadurch soll dem herrschenden Mehrheitsaktionär auf dessen Veranlassung verdeckt Vermögen der Gesellschaft zugewendet werden. […] Die [sich] aus der Vorbereitung und Umsetzung des Hauptversammlungsbeschlusses ergebenen [gemeint: ergebenden] Ersatzansprüche der Gesellschaft insb. wegen des Über-Wert-Erwerbes sind geltend zu machen" (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2020 - II ZR 8/19, BGHZ 226, 182 Rn. 3).

 

18        2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auf die positive Beschlussfeststellungsklage festgestellt, dass in der Hauptversammlung der Beklagten am 21. Juli 2016 die unter TOP 10 zur Abstimmung gestellten Beschlüsse gefasst worden sind.

 

19        a) Der Beschluss zu TOP 10 ist hinreichend bestimmt. Ein Geltendmachungsbeschluss nach § 147 Abs. 1 AktG ist dann hinreichend bestimmt, wenn er im Einzelnen umreißt, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag der Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats bestehen soll, gegen die Ersatzansprüche der Gesellschaft geltend gemacht werden sollen. Es kommt nicht darauf an, ob die Anspruchsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat.

 

20        Der Lebenssachverhalt, auf den der geltend zu machende Ersatzanspruch gestützt wird, muss in einem Geltendmachungsbeschluss gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG ausreichend klar und konkret beschrieben sein, damit Vorstand und Aufsichtsrat bzw. der besondere Vertreter den Umfang ihres Mandats erkennen können und die Gerichte - im Falle der Bestellung eines besonderen Vertreters - dessen Vertretungsmacht zu prüfen in der Lage sind (BGH, Urteil vom 30. Juni 2020 - II ZR 8/19, BGHZ 226, 182 Rn. 24 mwN). Geht es um die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Gesellschafter oder Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, so reicht es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich aus, dass der die Abstimmung beantragende Gesellschafter im Einzelnen umreißt, worin die Pflichtverletzung und der Tatbeitrag der einzelnen Mitgesellschafter besteht. Es kommt nicht darauf an, ob die Anspruchsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat (BGH, Urteil vom 20. Januar 1986 - II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 36; Urteil vom 30. Juni 2020 - II ZR 8/19, BGHZ 226, 182 Rn. 29; Urteil vom 8. August 2023 - II ZR 13/22, ZIP 2023, 1986 Rn. 19). Es würde die Durchsetzung der Ersatzansprüche unzumutbar erschweren, wenn schon im Anfechtungsprozess und mangels Rechtskrafterstreckung im nachfolgenden Prozess nochmals gerichtlich geklärt werden müsste, ob der Haftungsgrund besteht (BGH, Urteil vom 20. Januar 1986 - II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 36; Urteil vom 8. August 2023 - II ZR 13/22, ZIP 2023, 1986 Rn. 19).

 

21        Diese zu § 46 Nr. 8 GmbHG entwickelten Anforderungen an die Tatsachengrundlage eines Geltendmachungsbeschlusses sind auf § 147 Abs. 1 Satz 1 AktG zu übertragen (noch offengelassen in BGH, Urteil vom 30. Juni 2020 - II ZR 8/19, BGHZ 226, 182 Rn. 29). Auch in der Aktiengesellschaft würde die Durchsetzung von Ersatzansprüchen sonst unzumutbar erschwert. Ein sachlicher Grund für eine davon abweichende Behandlung ist nicht ersichtlich.

 

22        b) Pflichtverletzung und Tatbeitrag der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sind wie auch der dadurch verursachte Schaden im Einzelnen umrissen. Danach hat die Beklagte durch Tochtergesellschaften 100% der Anteile an der C.            S.A. zum Kaufpreis von € 34 Mio. von der L.    Gruppe erworben. Dadurch sei der herrschenden Mehrheitsaktionärin auf deren Veranlassung verdeckt Vermögen der Gesellschaft zugewendet worden, weil der Kaufpreis deutlich überhöht gewesen sei. Im Beschlussantrag zu TOP 10 wird weiter ausgeführt, die Organmitglieder der Beklagten seien "an der Vorbereitung und Umsetzung des Geschäfts als handelnde Vorstandsmitglieder bzw. bei deren unzureichender Überwachung als Aufsichtsratsmitglieder" beteiligt gewesen und es seien von ihnen für die Bewertung des Kaufobjektes bei der Due-Diligence-Prüfung "ganz zentrale Aspekte" "ausgespart worden".

 

23        Die von der Revision gegen die Feststellung des Beschlusses zu TOP 10 erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO). Ebenso wenig liegt ein Verstoß der Klägerin gegen ihre gesellschafterliche Treuepflicht wegen der Person des bestellten besonderen Vertreters vor.

stats