OLG Schleswig-Holstein: Statutarisches Vorkaufsrecht beim Paketverkauf von GmbH-Geschäftsanteilen
OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2024 – 9 U 91/23
ECLI:DE:OLGSH:2024:0207.9U91.23.00
Volltext: BB-Online BBL2024-1108-1
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Leitsatz der Kommentatorin
Bei einem Paketverkauf von GmbH-Geschäftsanteilen durch mehrere Gesellschafter kann der Mitgesellschafter sein statutarisches Vorkaufsrecht grundsätzlich separat ausüben. Der Vorkaufsverpflichtete kann nicht gemäß § 467 S. 2 BGB analog die Erstreckung des Vorkaufs auf den gesamten Anteilskaufvertrag verlangen, da § 467 S. 2 BGB nicht den Eintritt eines weiteren Vertragspartners erfasst.
§ 464 Abs 2 BGB, § 467 S 2 BGB, § 935 ZPO, § 940 ZPO
Sachverhalt
I.
Die Verfügungsklägerin verlangt von dem Verfügungsbeklagten zu unterlassen, seine Geschäftsanteile Nr. 4 und Nr. 7 an der H. mbH an eine Dritte, die y GmbH, zu übertragen. Sie sieht hierin eine Gefährdung ihres gesellschaftsvertraglich eingeräumten und von ihr ausgeübten Vorkaufsrechts an den Geschäftsanteilen des Verfügungsbeklagten.
Die Verfügungsklägerin, der Verfügungsbeklagte und der Nebenintervenient sind Gesellschafter der H. mbH. Die Verfügungsklägerin hält 38,13%, der Verfügungsbeklagte 17,12% und der Nebenintervenient 44,75% der Geschäftsanteile. Zum Gesellschaftsvertrag der H. mbH in der zuletzt geltenden Fassung vom 21. Dezember 2022 wird auf die Anlage AS 3 verwiesen (erstinstanzliche E-Akte Anlagen AST, Bl. 6 ff.).
Der Verfügungsbeklagte und der Nebenintervenient sind zugleich auch Geschäftsführer der H. mbH.
Mit einheitlichem Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 10. August 2023 verkauften der Verfügungsbeklagte und der Nebenintervenient sämtliche von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile an die y GmbH (im Folgenden: yT) zu einem festen Gesamtkaufpreis von 7.558.675,00 €, wobei ein Betrag in Höhe von 2.091.485,37 € auf die Anteile des Verfügungsbeklagten und ein Betrag in Höhe von 5.457.189,63 € auf die Anteile des Nebenintervenienten entfallen sollten. Darüber hinaus war ein zusätzlicher variabler Kaufpreis vereinbart. Zum Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 10. August 2023 wird auf die Anlage AS 4 verwiesen (erstinstanzliche E-Akte Anlagen AST, Bl. 16 ff.).
Mit Schreiben vom 8. November 2023 erklärte die Verfügungsklägerin gegenüber dem Verfügungsbeklagten, dass sie ihr Vorkaufsrecht allein hinsichtlich der Geschäftsanteile des Verfügungsbeklagten an der H. mbH ausübe. Sie erklärte darüber hinaus Folgendes:
„Nur für den Fall, dass (i) entgegen unserer Auffassung im Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag des Notars M1 vom 10. August 2023 (UVZ-Nr. M x) bereits ein antizipiertes Erstreckungsverlangen enthalten sein sollte und (ii) zugleich entgegen unserer Auffassung ein berechtigtes Erstreckungsverlangen von Ihnen und/oder Herrn D1 und damit ein Nachteil nach § 467 Satz 2 BGB (analog) tatsächlich vorliegen sollte, erklären wir hiermit - unter Berufung auf das Wahlrecht, welches der & x1 GmbH & Co. KG infolge eines solchen (unterstellt) berechtigten Erstreckungsverlangens zusteht - bereits jetzt, in diesem Fall vom Kaufvertrag
mit Ihnen Abstand zu nehmen und auf die Ausübung des Vorkaufsrechts insgesamt zu verzichten.“
Zum Schreiben vom 8. November 2023 wird auf die Anlage AS 6 verwiesen (erstinstanzliche E-Akte Anlagen AST, Bl. 62 ff.).
Mit Schreiben vom 10. November 2023 erhoben der Verfügungsbeklagte und der Nebenintervenient gegenüber der Verfügungsklägerin die Einrede des § 467 Satz 2 BGB.
Zum weiteren Sachverhalt wird auf die tatbestandlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
Die Verfügungsklägerin hat am 13. November 2023 beantragt:
1. Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, bis zur Entscheidung in der Hauptsache über die Wirksamkeit die Erstreckungsverlangen des Antragsgegners und des Herrn D1 gemäß § 467 Satz 2 BGB (analog) den Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag des Notars M1, mit Amtssitz in Offenbach am Main, vom 10. August 2023 (UVZ-Nr. M x) hinsichtlich der verkauften Geschäftsanteile an der H. mbH mit der lfd. Nr. 4 im Nennwert von EUR 1.350,00 und der lfd. Nr. 7 im Nennwert von EUR 3.050,00 zu vollziehen und die Geschäftsanteile mit der lfd. Nr. 4 im Nennwert von EUR 1.350,00 und der lfd. Nr. 7 im Nennwert von EUR 3.050,00 an die y GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main unter der HRB z, zu übertragen.
hilfsweise:
Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, bis zur Entscheidung in der Hauptsache über die Wirksamkeit die Erstreckungsverlangen des Antragsgegners und des Herrn D1 gemäß § 467 Satz 2 BGB (analog) in Gesellschafterversammlungen der H. mbH, insbesondere in der Gesellschafterversammlung am 14. November 2023, der Übertragung der Geschäftsanteile an der H. mbH mit der lfd. Nr. 4 im Nennwert von EUR 1.350,00 und der lfd. Nr. 7 im Nennwert von EUR 3.050,00 an die y GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main unter der HRB z, zuzustimmen.
Mit Beschluss vom 13. November 2023 hat das Landgericht Itzehoe ohne Anhörung des Verfügungsbeklagten wegen Dringlichkeit dem Verfügungsantrag in der Hauptsache stattgegeben. Der Verfügungsbeklagte und der Nebenintervenient hatten zuvor am 10. November 2023 eine Schutzschrift im zentralen Schutzschriftenregister hinterlegt, die vom Landgericht jedoch zunächst nicht abgefragt wurde.
Auf den Widerspruch des Verfügungsbeklagten hat das Landgericht Itzehoe die erlassene einstweilige Verfügung vom 13. November 2023 aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 15. Dezember 2023 verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Verfügungsklägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Zur Begründung der Berufung wird auf die Schriftsätze vom 17. Dezember 2023, 22. Dezember 2023 und 24. Januar 2024 jeweils nebst Anlagen verwiesen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe vom 15. Dezember 2023, Az. 6 O 245/23, dem Verfügungsbeklagten
1. im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache über die Wirksamkeit des Erstreckungsverlangens des Verfügungsbeklagten und des Streithelfers gemäß § 467 Satz 2 BGB (analog) den Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag des Notars M1, mit Amtssitz in Offenbach am Main, vom 10. August 2023 (UVZ-Nr. M x) mit der y GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main unter der HRB z, hinsichtlich der verkauften Geschäftsanteile an der H. mbH mit der lfd. Nr. 4 im Nennwert von EUR 1.350,00 und der lfd. Nr. 7 im Nennwert von EUR 3.050,00 zu vollziehen und die Geschäftsanteile mit der lfd. Nr. 4 im Nennwert von EUR 1.350,00 und der lfd. Nr. 7 im Nennwert von EUR 3.050,00 an die y GmbH zu übertragen;
2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 1 enthaltene Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen.
Der Verfügungsbeklagte und der Nebenintervenient beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz vom 15. Januar 2024 nebst Anlagen verwiesen.
Am 19. Dezember 2023 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der H. mbH statt. Zu TOP 1 der Gesellschafterversammlung stellte der Versammlungsleiter als Beschluss der Gesellschafter die Zwangseinziehung sämtlicher Geschäftsanteile der Verfügungsklägerin fest. Unter TOP 3 der Gesellschafterversammlung stimmten die Gesellschafter mehrheitlich (mit den Stimmen des Verfügungsbeklagten und des Nebenintervenienten) gegen den Antrag der Verfügungsklägerin, der Verfügung über sämtliche Geschäftsanteile des Verfügungsbeklagten an die Verfügungsklägerin zuzustimmen.
Auf Antrag der Verfügungsklägerin untersagte das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 20. Dezember 2023 der H. mbH, eine korrigierte Gesellschafterliste aufgrund des Beschlusses vom 19. Dezember 2023 beim Handelsregister einzureichen.
Am 27. Dezember 2023 fand eine weitere außerordentliche Gesellschafterversammlung der H. mbH statt. Zu TOP 1 und TOP 3b der Gesellschafterversammlung stellte der Versammlungsleiter als Beschluss der Gesellschafter die Zustimmung zur Übertragung der Geschäftsanteile des Verfügungsbeklagten an die yT fest.
Auf Antrag der Verfügungsklägerin untersagte das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 28. Dezember 2023 der H. mbH, eine Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, in der der Verfügungsbeklagte nicht mehr als Gesellschafter, sondern stattdessen die yT als Gesellschafterin genannt ist. Für den Fall, dass bereits eine korrigierte Gesellschafterliste eingereicht wurde, gab das Landgericht Hamburg der Gesellschaft auf, eine erneute korrigierte Gesellschafterliste einzureichen, in der der Verfügungsbeklagte als Gesellschafter genannt ist.
Der Senat hat mit den Beteiligten am 24. Januar 2024 mündlich verhandelt.
Aus den Gründen
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Verfügungsklägerin hat in der Sache Erfolg.
Da das Landgericht die erstinstanzlich erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben hat, ist ihre Wirkung mit Verkündung des erstinstanzlichen Urteils entfallen. Bei Begründetheit der Berufung ist folglich eine einstweilige Verfügung neu vom Berufungsgericht zu erlassen (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 35. Aufl., § 925 Rn. 8, 11).
Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung liegen vor.
Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gerechtfertigt, wenn der Verfügungsklägerin gegen den Verfügungsbeklagten ein zu sichernder Anspruch auf Abtretung der Geschäftsanteile Nr. 4 und Nr. 7 an der H. mbH aufgrund des ausgeübten Vorkaufsrechts zusteht. Zudem muss zugunsten der Verfügungsklägerin ein Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO vorliegen. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind glaubhaft zu machen, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO. Die Behauptungs- und Beweislast sind grundsätzlich wie im Hauptsacheverfahren verteilt (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 35. Aufl., § 935 Rn. 8).
1. Verfügungsanspruch
Die Verfügungsklägerin hat gegen den Verfügungsbeklagten einen zu sichernden kaufvertraglichen Erfüllungsanspruch auf Abtretung der Geschäftsanteile Nr. 4 und Nr. 7 an der H. mbH, weil sie das in § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vereinbarte Vorkaufsrecht an den Geschäftsanteilen wirksam ausgeübt hat und hierdurch gemäß § 464 Abs. 2 BGB ein Kaufvertrag zwischen den Parteien über die beiden Geschäftsanteile zustande gekommen ist.
a) Die Verfügungsklägerin hat das Vorkaufsrecht an den beiden Geschäftsanteilen des Verfügungsbeklagten nach Eintritt des Vorkaufsfalls (§ 463 BGB) wirksam ausgeübt.
Nach § 464 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten. Die Erklärung bedarf nach § 464 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form, mithin nicht der in § 15 Abs. 3 GmbHG vorgesehenen notariellen Beurkundung für die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer GmbH.
Die Verfügungsklägerin hat mit schriftlicher Erklärung vom 8. November 2023 gegenüber dem Verfügungsbeklagten das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt. Nach § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags bezieht sich das Vorkaufsrecht auf den einzelnen Geschäftsanteil, wenn es dort heißt, dass für den Fall des Verkaufs eines Geschäftsanteils oder eines Teils eines Geschäftsanteils durch einen Gesellschafter die übrigen Gesellschafter vorkaufsberechtigt sind. In dem Schreiben vom 8. November 2023 hat die Verfügungsklägerin gegenüber dem Verfügungsbeklagten erklärt, ihr Vorkaufsrecht an den Geschäftsanteilen Nr. 4 und Nr. 7 auszuüben. Da nach dem Gesellschaftsvertrag das Vorkaufsrecht an einzelnen Geschäftsanteilen besteht, war die Verfügungsklägerin nicht verpflichtet, auch die Geschäftsanteile des Nebenintervenienten mit zu erwerben.
Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 12 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages i.V.m. § 469 Abs. 2 Satz 2 BGB ist eingehalten.
Entgegen der Auffassung des Verfügungsbeklagten und des Nebenintervenienten ist das Vorkaufsrecht nicht in unzulässiger Weise unter einer Bedingung ausgeübt worden. Die Verfügungsklägerin hat nach der ausdrücklichen Formulierung im Schreiben vom 8. November 2023 lediglich eine Erklärung zu ihrem Wahlrecht abgegeben, sofern das Erstreckungsverlangen des Verfügungsbeklagten und des Nebenintervenienten nach § 467 Satz 2 BGB greifen sollte.
Ein solches Wahlrecht des Vorkaufsberechtigten im Falle eines wirksamen Erstreckungsverlangens des Vorkaufsverpflichteten, von einer erklärten Ausübung des Vorkaufsrechts Abstand zu nehmen, wird in der Rechtsprechung seit der Entscheidung des Reichsgerichts vom 21. Mai 1931 (VI 584/30, RGZ 133, 76, 79ff.) angenommen. In der Literatur wird zudem im Anschluss an den Beitrag von Barbara Grunewald in der Festschrift für Gernhuber (FS Gernhuber 1993, 137, 144; siehe hierzu auch Assmann/Sethe. FS Zöllner 1998, S. 3, 16f.) darüber hinaus auch ein Wahlrecht diskutiert, den finanziellen Nachteil des Vorkaufsverpflichteten durch Zuzahlung auszugleichen und auf diese Weise die Vollstreckung auf das ganze Paket abzuwenden.
Auf dieses Wahlrecht hat sich die Verfügungsklägerin für den Fall eines wirksamen Erstreckungsverlangens in dem Schreiben vom 8. November 2023 ausdrücklich bezogen, wenn es in dem Schreiben heißt: „... erklären wir hiermit - unter Berufung auf das Wahlrecht, welches der & x1 GmbH & Co. KG infolge eines solchen (unterstellt) berechtigten Erstreckungsverlangens zusteht - bereits jetzt, in diesem Fall vom Kaufvertrag mit Ihnen Abstand zu nehmen und auf die Ausübung des Vorkaufsrechts insgesamt zu verzichten.“
b) Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts mit Schreiben vom 8. November 2023 ist ein schuldrechtlicher Kaufvertrag zwischen dem Verfügungskläger und dem Verfügungsbeklagten über die Geschäftsanteile Nr. 4 und Nr. 7 an der H. mbH zustande gekommen.
Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts wird ein neuer selbstständiger Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Vorkaufsverpflichteten begründet (BGH, Urteil vom 23. Februar 2022 - VIII ZR 305/20, juris Rn. 22; st. Rspr. so schon das Reichsgericht zu der Vorgängervorschrift des § 505 BGB a.F. unter Zitat der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. RG, Urteil vom 10. Mai 1928 - VI 387/27, RGZ 121, 137, 138f.) Der Ausübende tritt nicht in den Drittkauf ein, er hat jedoch alle Leistungen zu erbringen, die der Drittkäufer nach dem Kaufvertrag als Käuferpflicht, die im Gegenseitigkeitsverhältnis steht, zu erfüllen hätte, soweit sich nicht aus dem Gesetz oder aus dem Kaufvertrag etwas anderes ergibt (Weidenkaff in: Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 464 Rn. 5).
Der Umstand, dass der Verfügungsbeklagte und der Nebenintervenient zusammen ihre Geschäftsanteile zu einem Gesamtpreis an die Drittkäuferin yT verkauft haben, hindert nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts an den Geschäftsanteilen des Verfügungsbeklagten. Hierdurch wird der Verfügungskläger als Vorkaufsberechtigter an der Ausübung seines Rechts nicht gehindert (BGH, Urteil vom 23. Juni 2006 - V ZR 17/06, juris Rn. 22 unter Berufung auf die Motive zum Entwurf des BGB, Motive II, S. 349). Denn anderenfalls könnte allein durch die von dem Vorkaufsverpflichteten gewählte Vertragsgestaltung mit dem Drittkäufer das bestehende Vorkaufsrecht und dessen privatautonome Ausübung ausgehöhlt werden. Danach bestimmt das Vorkaufsrecht, und nicht der den Vorkaufsfall auslösende Kaufvertrag, welche Gegenstände der Berechtigte in der Ausübung seines Rechtes erwerben kann (BGH, a.a.O., Rn. 24).
Die Regelung des § 467 Satz 1 BGB sieht vielmehr dann in einer ähnlichen Konstellation vor, dass der Vorkaufsberechtigte einen verhältnismäßigen Teil des Gesamtpreises zu entrichten hat. § 467 Satz 1 BGB regelt unmittelbar den Fall des Verkaufs einer Sachgesamtheit, bei der nur einzelne Gegenstände von dem Vorkaufsrecht erfasst werden (BGH, a.a.O., Rn. 24). Er findet jedoch entsprechend Anwendung, wenn zwar an allen verkauften Gegenständen mehrere Vorkaufsrechte bestehen, der Berechtigte es aber nur bezüglich einzelner Gegenstände ausübt (BGH, a.a.O., Rn. 24; Schermaier in: Staudinger, BGB (2013), § 467 Rn. 3). Eine derartige Konstellation liegt vor, da die Verfügungsklägerin nach dem Gesellschaftsvertrag auch ein Vorkaufsrecht an den Geschäftsanteilen des Nebenintervenienten hatte.
c) Nach Auffassung des Senats besteht in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht die rechtliche Möglichkeit, über § 467 Satz 2 BGB und die Erklärung eines Erstreckungsverlangens den zwischen der Verfügungsklägerin und dem Verfügungsbeklagten durch Zugang des Schreibens vom 8. November 2023 zustande gekommenen Kaufvertrag auf einen weiteren Vertragspartner, den Nebenintervenienten, zu erstrecken.
Nach § 467 Satz 2 BGB kann der Verpflichtete verlangen, dass der Vorkauf auf alle Sachen erstreckt wird, die nicht ohne Nachteil für ihn getrennt werden können. Der durch die Ausübung des Vorkaufsrechts Verpflichtete ist derjenige, mit dem der Kaufvertrag aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts zustande gekommen ist. Dies ergibt sich aus der Formulierung in § 464 Abs. 2 BGB, wonach der Kauf zwischen dem „Berechtigten“ und dem „Verpflichteten“ zustande kommt. Berechtigte ist vorliegend die Verfügungsklägerin, Verpflichteter ist der Verfügungsbeklagte.
Verlangen kann der Verpflichtete nach der gesetzlichen Formulierung aber lediglich die Erweiterung des Kaufgegenstands, nicht aber den Eintritt eines weiteren Vertragspartners. Die Erweiterung kann zudem lediglich verlangt werden „auf alle Sachen, die nicht ohne Nachteil für ihn“, also den Verpflichteten, getrennt werden können. Sind aber bereits „alle Sachen“ des Verfügungsbeklagten als Vorkaufsverpflichteten von der Ausübung des Vorkaufsrechts erfasst, so entsteht dem Verfügungsbeklagten jedenfalls in der vorliegenden Konstellation kein eigener Nachteil. Denn der ausgehandelte Preis mit der Drittkäuferin MHRT, der ihm nach dem Vertrag mit dieser zustehen soll, verbleibt bei dem Verfügungsbeklagten, den dieser nunmehr von der Verfügungsklägerin verlangen kann. Wenn es im Gesetzestext heißt „Nachteil für ihn“, so ist allein auf einen bei dem Verfügungsbeklagten - als Verpflichteten aus dem zustande gekommenen Vertrag mit der Verfügungsklägerin - eingetretenen Nachteil abzustellen.
Eine entsprechende Anwendung des § 467 Satz 2 BGB auf den vorliegenden Fall würde eine doppelte Analogie voraussetzen, zum einen bei den Voraussetzungen für die Erklärung des Erstreckungsverlangens und zum zweiten bei der Rechtsfolge, wenn entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht maßgeblich der Eintritt des Nachteils beim Verpflichteten und als Rechtsfolge nicht nur der Kaufgegenstand erweitert, sondern auch eine weitere Person als Vertragspartner in den Kaufvertrag eintreten soll.
Der Senat hält eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 467 Satz 2 BGB auf die vorliegende Konstellation, die dazu führen würde, dass ein weiterer Vertragspartner in den Kaufvertrag zwischen der Verfügungsklägerin und dem Verfügungsbeklagen „einsteigen“ würde, vor dem Hintergrund, dass nach der gesetzlichen Konstruktion das Erweiterungsverlangen lediglich zur Ausweitung des Vertragsgegenstands führen kann, nicht für angezeigt.
Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2022 - VIII ZR 359/20, BGHZ 232, 284-299, Rn. 21). Der Senat vermag weder eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Regelungslücke noch ihre Planwidrigkeit festzustellen. Vielmehr ist die Regelung des § 467 BGB bei ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 2002 inhaltlich unverändert übernommen worden und entsprach wörtlich der Regelung in § 508 BGB a.F., obwohl zu dem damaligen Zeitpunkt bereits in der Literatur diskutiert wurde, ob § 508 Satz 2 BGB anzuwenden ist, wenn zwei GmbH-Gesellschafter ihre Geschäftsanteile im Paket an einen Dritten veräußern, der verbleibende Gesellschafter sein statutarisches Vorkaufsrecht jedoch nur an den Geschäftsanteilen eines Gesellschafters ausübt (siehe hierzu Assmann/Sethe, FS Zöllner 1998, S. 3, 10 ff. mit weiteren Zitaten aus der Literatur). Dennoch hat der Gesetzgeber die bisherige Formulierung beibehalten, ohne die Konstellation als regelungsbedürftig zu betrachten, wonach Verkäufer des Paketverkaufs an einen Dritten nicht nur der aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts Verpflichtete, sondern auch eine weitere Person ist. Dies spricht gegen eine planwidrige Regelungslücke.
Zudem liegt in solchen Konstellationen aus Sicht des Senats keine der gesetzlichen Regelung in § 467 Satz 2 BGB vergleichbare entsprechende Interessenlage vor. Nach der in § 467 Satz 2 BGB geregelten Konstellation ergibt sich als Rechtsfolge eine Erweiterung des Vertragsgegenstandes im Rahmen des aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts zustande gekommen Kaufvertrags. Bei einer entsprechenden Anwendung des § 467 Satz 2 BGB im vorliegenden Fall würde dem Vorkaufsberechtigten jedoch neben der Ausweitung des Vertragsgegenstandes zudem ein weiterer Vertragspartner „aufgedrängt“ werden, den er bei der Ausübung des Vorkaufsrechts als Gestaltungsrecht gerade nicht ausgewählt hat. In diesem Fall liegt eine noch weitergehendere Einschränkung der privatautonomen Entscheidung zur Ausübung des Vorkaufsrechts vor als nach der in § 467 Satz 2 BGB gesetzlich geregelten Konstellation.
Auch würden sich aus Sicht des Senates bei der Rechtsfolge Unklarheiten ergeben, die nicht eindeutig aus der Gesetzeslektüre herausgelöst werden können. Denn es ist zum einen unklar, ob hiermit ein weiterer selbständiger Kaufvertrag mit dem weiteren Vertragspartner zustandekommen oder ob dieser zusammen mit dem Vorkaufsverpflichteten gesamtschuldnerisch haftet und beide als Gesamtgläubiger nur eines Vorkaufsvertrages berechtigt wären.
Zudem passt die Rechtsfolge eines weiteren Vertragspartners nicht in die Systematik, dass die Regelung in § 467 Satz 2 BGB mit dem Erstreckungsverlangen als Einrede des aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts Verpflichteten gegenüber dem Vorkaufsberechtigten ausgestaltet ist (BGH, Urteil vom 23. Juni 2006 - V ZR 17/06, juris Rn. 27). Diese Einrede kann auch noch im Prozess erhoben werden und ist an keine Frist gebunden. Damit könnten für den Vorkaufsberechtigten über einen langen Zeitraum Unsicherheiten bestehen, welches die Vertragsparteien des Kaufvertrags sind, der aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts zustande gekommen ist. Zudem würde sich dann auch rechtsdogmatisch die Frage stellen, ob die Erhebung der Einrede, die dann zur Einbeziehung eines weiteren Vertragspartners führt, nicht der Form bedarf, die für einen entsprechenden Kaufvertrag vorgesehen ist. § 464 Abs. 1 Satz 2 BGB stellt ausdrücklich lediglich die Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes formfrei. Als Einrede im Rahmen des bereits zustande gekommenen Kaufvertrages über die Geschäftsanteile bedarf die Erklärung des Erstreckungsverlangens nach § 467 Satz 2 BGB in der gesetzlich geregelten Grundkonstellation dahingehend keiner Form. Sollte die Erhebung der Einrede jedoch zur Vertragseinbeziehung einer weiteren Person führen, könnten gute Gründe für die Einhaltung von Formvorschriften sprechen.
Auch würde bei analoger Anwendung des § 467 Satz 2 BGB in solchen Konstellationen nach dem Gesetzeswortlaut dann ein Erstreckungsverlangen des Verpflichteten ausreichen, um den weiteren Vertragspartner aus dem Verkauf an den Dritten zu verpflichten. Dies ist aus Sicht des Senats keine sachgerechte Rechtsfolge, da es dann für den Verpflichteten möglich wäre, den Vertragspartner aus dem Drittverkauf auch gegen seinen Willen an den Vorkaufsberechtigten schuldrechtlich zu binden. Würde dahingehend zusätzlich verlangt, dass auch ein Erstreckungsverlangen des weiteren potentiellen Vertragspartners vorliegt, so stellt sich die Frage, bis wann dieses ausgeübt sein muss und was passieren soll, wenn kein Erstreckungsverlangen von jener Seite erfolgt. All dies passt nicht in die nach dem Gesetz vorgesehene Konstellation in § 467 Satz 2 BGB.
Der in der Literatur vertretenen Auffassung der analogen Anwendung des § 467 Satz 2 BGB auf die Fälle, in denen ein Paketverkauf von Geschäftsanteilen durch mehrere Gesellschafter erfolgt, jedoch das im Gesellschaftsvertrag verankerte Vorkaufsrecht nur an den Geschäftsanteilen eines Gesellschafters ausgeübt wird (Schermaier in: Staudinger, BGB (2013), § 467 Rn. 4 Westermann in: MüKoBGB, 8. Aufl. 2019, § 467 Rn. 2; Assmann/Sethe, FS Zöllner 1998, S. 3, 10ff.), stehen die obigen Argumente entgegen.
d) Aber selbst wenn man davon ausgehen würde, dass auf den vorliegenden Fall die Regelung des § 467 Satz 2 BGB analog grundsätzlich Anwendung finden kann und durch ein vom Verfügungsbeklagten und Nebenintervenienten erklärtes Erstreckungsverlangen der Nebenintervenient Partei des Kaufvertrags zwischen der Verfügungsklägerin und dem Verfügungsbeklagten unter Erweiterung des Kaufgegenstands werden kann, führt dies zu keiner anderen Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren. Denn der Verfügungsbeklagte hat einen Nachteil im Sinne des § 467 Satz 2 BGB nicht glaubhaft gemacht.
Der Verfügungsbeklagte selbst hat keinen Nachteil dadurch, dass die Verfügungsklägerin lediglich hinsichtlich der Geschäftsanteile des Verfügungsbeklagten, nicht aber hinsichtlich der Geschäftsanteile des Nebenintervenienten das Vorkaufsrecht ausgeübt hat.
Bei analoger Anwendung des § 467 Satz 2 BGB auf den Paketverkauf durch mehrere Vorkaufsverpflichtete müssten in Konsequenz der Analogie bei der Prüfung der Berechtigung des Erstreckungsverlangens auch die dem Nebenintervenienten erwachsenen Nachteile berücksichtigt werden, die dadurch entstehen, dass die Verfügungsklägerin nicht das Vorkaufsrecht hinsichtlich des gesamten Gegenstandes des Verkaufs an die yT ausgeübt hat.
Ein Nachteil im Sinne von § 467 Satz 2 BGB, der zu dem Einwand berechtigt, der Vorkauf müsse sich auf alle Geschäftsanteile erstrecken, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht schon im Wegfall der Vorteile zu sehen, die sich aus der Veräußerung der Geschäftsanteile im "Paket" ergeben. Grundsätzlich bestimmt das Vorkaufsrecht, und nicht der den Vorkaufsfall auslösende Vertrag, welche Gegenstände der Berechtigte erwerben kann; er ist deshalb in der Ausübung seines Rechts nicht gehindert, wenn der vorkaufsbelastete Gegenstand als Teil einer Sachgesamtheit veräußert wird (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2006 - V ZR 17/06, BGHZ 168, 152, 157 f. Rn. 23 f.). Die Bestimmung des § 467 Satz 2 BGB, die aus Gründen der Billigkeit den Nachteil berücksichtigt, welcher mit der Trennung des vorkaufsbelasteten Gegenstands von der Sachgesamtheit verbunden sein kann, ist als Ausnahme von diesem Grundsatz restriktiv zu handhaben. Kein Nachteil im Sinne dieser Vorschrift ist es, wenn der Mengenverkauf für den Vorkaufsverpflichteten vorteilhafter war als ein Einzelverkauf; denn mit der Auflösung des "Pakets" musste der Verpflichtete angesichts des Vorkaufsrechts von vornherein rechnen. Die Erstreckung des Vorkaufs auf sämtliche Gegenstände kann der Verpflichtete nur dann verlangen, wenn sich infolge der Trennung der vorkaufsbelasteten Gegenstände kein adäquater Preis für die verbleibenden Sachen erzielen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - V ZR 272/10, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 27. April 2016 - VIII ZR 61/15, juris Rn. 66). Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Zusammenhang mit Grundstücken ergangen, jedoch nicht auf Vorkaufsrechte an Grundstücken oder Mietwohnungen beschränkt. Die Obersätze sind allgemein für die Auslegung des § 467 Satz 2 BGB formuliert.
Das Vorliegen eines wirtschaftlichen Nachteils im Sinne Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwischen den Parteien streitig. Da das Erstreckungsbegehren des § 467 Satz 2 BGB eine Einrede darstellt, hat der Verfügungsbeklagte diesen Nachteil darzulegen und glaubhaft zu machen.
Der Verfügungsbeklagte hat nicht glaubhaft gemacht, dass sich die Geschäftsanteile des Nebenintervenienten nicht zu einem adäquaten Preis auf dem Markt veräußern lassen.
Der Senat folgt dabei nicht der Würdigung des Landgerichts. Das Landgericht hat angenommen (Seiten 11, 12 des Urteils), dass der Verfügungsbeklagte einen solchen Nachteil glaubhaft gemacht hat und zwar in der Form, dass der Nebenintervenient seine Anteile isoliert nicht mehr, bzw. jedenfalls nur noch zu einem deutlich schlechteren und nicht lediglich um den Vorteil der Paketveräußerung geminderten Preis veräußern können werde. Dabei hat sich das Landgericht jedoch nicht damit auseinandergesetzt, dass es an Vortrag des Verfügungsbeklagten fehlt, welches denn ein adäquater Preis für die mit einem Vorkaufsrecht belastete Minderheitsbeteiligung des Nebenintervenienten wäre und wie konkret die Bemühungen um den Verkauf einer Minderheitsbeteiligung zu einem solchen, mutmaßlich deutlich niedrigeren Preis ausgesehen haben. Die Verfügungsklägerin rügt dies zu Recht in ihrer Berufungsbegründung sowie, dass Verfügungsbeklagter und Nebenintervenient entgegen den Feststellungen des Landgerichts weder vorgetragen noch in ihren eidesstattlichen Versicherungen behauptet haben, auch eine größere Marktansprache von Einzelpersonen und Unternehmen als potentielle Käufer für eine Minderheitsbeteiligung angesprochen zu haben. Entgegen der Auffassung des Verfügungsbeklagten und des Nebenintervenienten in der Berufungserwiderung geht es hierbei nicht primär um eine Zulassung neuer Angriffsmittel der Verfügungsklägerin in der Berufungsinstanz, denn dieser Umstand war bereits erstinstanzlich hochstrittig. Der Verfügungsbeklagte ist seiner Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast bereits erstinstanzlich nicht ausreichend nachgekommen.
Aus ihrem erstinstanzlichen Vortrag, der nachstehend in Auszügen wiedergegeben wird, ergibt sich vielmehr, dass der Verfügungsbeklagte und der Nebenintervenient primär versucht haben, ihre Geschäftsanteile zusammen zu verkaufen, weil mit dem Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung an der H. GmbH ein höherer Marktpreis zu erzielen war. Dies ist wirtschaftlich verständlich, ersetzt jedoch nicht die für die Ausübung der Einrede des § 467 Satz 2 BGB erforderlichen Darlegungen und Glaubhaftmachungen, wo ein adäquater Preis am Markt für die mit einem Vorkaufsrecht belastete Minderheitsbeteiligung des Nebenintervenienten liegt und, dass es für einen Verkauf zu diesem mutmaßlich deutlich niedrigeren Preis am Markt keine Interessenten gibt.
Aus den nachfolgenden erstinstanzlichen Darlegungen und Glaubhaftmachungen des Verfügungsbeklagten vermag der Senat nicht zu entnehmen, wie ein adäquater Preis der mit einem Vorkaufsrecht belasteten Geschäftsanteile des Nebenintervenienten gemessen am Unternehmenswert und am Umstand, dass es sich bei einem Geschäftsanteil von 44,75% um eine Minderheitsbeteiligung mit Sperrwirkung für Gesellschaftsentscheidungen (vgl. das Stimmenerfordernis von 60% für Mehrheitsentscheidung in § 10 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags) handelt, aussehen soll:
Blatt 40 E-Akte I. Instanz:
„Der Nebenintervenient erleidet einen ganz erheblichen wirtschaftlichen Nachteil. Ihm geht die Möglichkeit verloren, seine Beteiligung in Stimmrechtsmehrheit vermittelnder Art und Weise, wie im Anteilskaufvertrag sowohl seitens der Erwerberin yT als auch seitens der Veräußerer willensübereinstimmend vorgesehen, zu veräußern. Der Verkauf der ihm zustehenden - verbleibenden - Geschäftsanteile wird scheitern, weil yT vom Anteilskaufvertrag zurücktreten wird. Eine Veräußerung dieser Beteiligung zu einem adäquaten Kaufpreis wird unmöglich gemacht.“
Blatt 47 E-Akte I. Instanz:
„Ein nur teilweiser Verkauf der Verkauften-Geschäftsanteile, egal an wen, wäre mit dem Willen der Vorkaufsverpflichteten nicht zu vereinbaren.“
Blatt 48 E-Akte I. Instanz:
„Der einzige noch in Betracht kommende potenzielle Erwerber, die französische AU-Gruppe, hatte bereits im Rahmen ihres indikativen Angebots vom 22.12.2022 mitgeteilt, nur an einer Mehrheitsbeteiligung interessiert zu sein. Weitere potenzielle Erwerber sind nach dem seit fast zwei Jahren geführten Transaktionsprozess nicht ersichtlich.“
Blatt 49 E-Akte I. Instanz:
„Dem Nebenintervenienten wird es daher nicht gelingen, die Geschäftsanteile mit den lfd. Nr. 2 und 6 zu einem adäquaten Preis an yT oder einen anderen Käufer zu verkaufen.“
Blatt 63 E-Akte I. Instanz:
„Alle von dem Nebenintervenienten angesprochenen potentiellen Interessenten haben ihm eine Absage erteilt.“
Anlage AG 1a Anlagen AGG
"Eidesstattliche Versicherung des Nebenintervenienten vom 4. Dezember 2023: „Einen teilweisen Verkauf der Geschäftsanteile, insbesondere den Verkauf entweder der Anteile von Herrn D1 oder den Verkauf meiner Anteile, lehnen wir ab. Zum einen beabsichtigen wir nur gleichzeitig als Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuscheiden, zum anderen lassen sich für unsere Geschäftsanteile isoliert kein adäquater Preis erzielen, der dem Angebot der y GmbH entspricht. ... Neben dem jetzt geschlossenen Kaufvertrag sind mir keine anderen potentiellen Erwerber bekannt, die ein Interesse an unseren Geschäftsanteilen haben könnten, schon gar nicht zu einem annähernden Kaufpreis und einer gleichgerichteten strategischen Ausrichtung unter Einbeziehung aller Mitarbeiter und beteiligten H.-Gesellschaften.“
Anlage AG 1b Anlagen AGG
"Eidesstattliche Versicherung des Nebenintervenienten vom 4. Dezember 2023: „... mir mehrfach gesagt wurde, dass ich ja nun auf meinen Geschäftsanteilen ,,sitzen bleiben" würde. Vermutlich wäre dies tatsächlich auch so, da ich aufgrund der Verkaufsbemühungen weiß, dass es keinen Interessenten für eine Minderheitsbeteiligung an unserer Gesellschaft geben wird.“
Blatt 126 E-Akte I. Instanz:
"Eidesstattliche Versicherung des Nebenintervenienten vom 13. Dezember 2023: „Zum heutigen Tag gibt es für die von mir gehaltenen Geschäftsanteile an der H. mbH losgelöst von den Geschäftsanteilen meines Mitgesellschafters keinen interessierten Erwerber.“
Ein über den erstinstanzlichen Vortrag hinausgehender substantiierter Vortrag des Verfügungsbeklagten und Nebenintervenienten, wie ein adäquater Preis der Geschäftsanteile des Nebenintervenienten aussehen soll, ist auch im Berufungsverfahren nicht erfolgt.
Sofern der Verfügungsbeklagte im Berufungsverfahren eine kurzgutachterliche Stellungnahme (Anlage BB2, Bl. 96 Akten Berufungsverfahren) vorlegt, ergibt sich nichts anderes. Die Stellungnahme ist zur Glaubhaftmachung folgender Tatsache eingereicht: „Auch in der konkreten Branche von Versicherungsmaklerunternehmen sind Minderheits-Beteiligungen grundsätzlich schwer und faktisch nicht ohne großen Abschlag beim Kaufpreis verkäuflich.“ Eine Aussage zu dem adäquaten Preis der Minderheitsbeteiligung enthält die Stellungnahme nicht.
2. Verfügungsgrund
Der Verfügungsklägerin steht ein Verfügungsgrund zu Seite. Dieser liegt in der (objektiv begründeten) Besorgnis, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 35. Aufl., § 935 Rn. 10). Da die Ausübung des Vorkaufsrechts auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Verfügungsbeklagten und der Drittkäuferin yT grundsätzlich ohne Einfluss ist (vgl. Weidenkaff in: Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 464 Rn. 8), hindert die Ausübung des Vorkaufsrechts den Verfügungsbeklagten nicht, den notariellen Vertrag mit der Drittkäuferin zu vollziehen. Ein Vollzug der Abtretung der Geschäftsanteile würde folglich die Verwirklichung des Rechts der Verfügungsklägerin vereiteln. Es ist unstreitig, dass der Verfügungsbeklagte versucht hatte, den Vertrag mit der yT weiter zu vollziehen, insbesondere durch Abhaltung der Gesellschafterversammlung vom 27. Dezember 2023.
3. Ordnungsgeld
Zur Erzwingung der Unterlassungsverfügung nach § 890 ZPO ist die vorherige Androhung von Ordnungsmitteln erforderlich, § 890 Abs. 2 ZPO.
4. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, da nach § 542 Abs. 2 ZPO kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung gegeben ist und Rechtskraft mit Verkündung der Entscheidung eintritt.