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Wirtschaftsrecht
01.12.2011
Wirtschaftsrecht
OLG München: Squeeze out der früheren Aktionäre der HRE ist rechtens

OLG München, Urteil vom 28.9.2011 - 7 U 711/11

leitsätze

1. § 12 Abs. 4 FMStBG ist kein verbotenes Einzelfallgesetz, auch wenn die Vorschrift bislang nur einen einzigen Anwendungsfall hat.

2. Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre stellt auch im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 4 FMStBG keine Enteignung, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Die Absenkung des Aktienquorums auf 90% für Unternehmen des Finanzsektors, denen zum Zweck der Stabilisierung des Finanzmarkts Stabilisierungsmaßnahmen gewährt worden waren, ist angemessen und verhältnismäßig.

3. Besteht der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft aus zwölf Personen, sind aber nur sechs Mitglieder gewählt, ist der Aufsichtsrat beschlussfähig, wenn die Satzung keine entgegenstehende Regelung enthält und die sechs Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen. Der Vorstand ist nicht verpflichtet, einen Antrag auf gerichtliche Bestellung weiterer Aufsichtsratsmitglieder zu stellen, wenn mit der Wahl der sechs Mitglieder im Wege der Satzungsänderung die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats auf sechs reduziert und der Antrag auf Eintragung ins Handelsregister unverzüglich gestellt, die Satzungsänderung aber noch nicht eingetragen wurde.

4. § 13 FMStBG ermächtigt die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft nicht, den Hauptaktionär im Squeeze out Beschluss zu verpflichten, den ausgeschlossenen Mehrheitsaktionären ein verbrieftes sowie fungibel und handelbares Rückkaufsrecht für den Fall der Reprivatisierung der Gesellschaft zu gewähren.

5. Nimmt ein Aktionär an der Hauptversammlung teil, kann er sein Rederecht nicht formlos auf einen anderen anwesenden Aktionär übertragen. Nimmt er sein Rederecht nicht wahr, verzichtet er hierauf.

6. § 131 Abs. 2 Satz 2 AktG in Verbindung mit einer entsprechenden Satzungsregelung ermächtigen den Versammlungsleiter auch, keine weiteren Wortmeldungen mehr zuzulassen, selbst wenn noch nicht alle auf der Rednerliste vorgemerkten Aktionäre zu Wort gekommen sind, wenn die Beendigung der Frage- und Redezeit angesichts der fortgeschrittenen Zeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen ist, um die Funktionsfähigkeit der Hauptversammlung zu erhalten.

7. Der Versammlungsleiter ist nicht verpflichtet, die Wortmeldungen in der Reihenfolge ihrer Eintragungen in die Rednerliste aufzurufen.

8. Bei einem Squeeze out bezieht sich das Informations- und Fragerecht der Aktionäre nur auf die Voraussetzungen des § 327a Abs. 1 AktG sowie die nach § 327d AktG vorzulegenden Unterlagen. Der Angabe eines besonderen Grundes für das Übertragungsverlangen bedarf es nicht.

9. Auch wenn der das Mittel des Squeeze out wählende Hauptaktionär der Staat ist und dieser, wenn er sich privatrechtlicher Rechtsformen bedient, nicht der Grundrechtsbindung entziehen darf, führt der Übertragungsbeschluss nicht zu einer Enteignung der Minderheitsaktionäre nach Art. 14 Abs. 3 GG. Der Vermögenswert der Aktie setzt sich in der Barabfindung fort. Dass der Wert der Beteiligung in Zukunft eventuell wieder steigen kann, stellt nur eine von Art. 14 Abs. 1 GG nicht erfasste Chance dar.

sachverhalt

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 5.10.2009 gefassten Beschlusses über einen Squeeze out.

Die Beklagte war zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 5.10.2009 eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Ihr Unternehmensgegenstand lag in der Leitung einer internationalen Unternehmensgruppe, insbesondere im Bereich der Immobilienfinanzierung, immobilienbezogener Bankgeschäfte, des Immobiliengeschäfts sowie aller damit jeweils in Zusammenhang stehender Finanzierungs-, Beratungs-, Vermittlungs- und sonstiger Dienstleistungen aller Art sowie im sonstigen Bankgeschäft; die Gesellschaft konnte auch Beteiligungen an Kreditinstituten, insbesondere Pfandbriefbanken sowie Finanzdienstleistungsinstituten halten. Das operative Bankgeschäft übten mehrere Tochtergesellschaften der Beklagten aus. Die Beklagte, die zu den größten Kreditinstituten Deutschlands zählte, hatte zum 31.12.2008 eine Bilanzsumme von 419,7 Mrd. Euro. Infolge der sich verschärfenden Finanzmarktkrise in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 und des Zusammenbruchs der US-amerikanischen Investmentbank Lehmann Brothers kam ab Mitte September 2008 der Interbankenhandel, auf dem sich Banken untereinander Geld leihen, fast vollständig zum Erliegen, wodurch die Beklagte in eine ihre Existenz bedrohende Krise geriet. Ohne Zuführung erheblicher zusätzlicher Mittel drohte eine Schließung der Beklagten durch die Aufsichtsbehörden.

Am 23.3.2009 beschloss der Vorstand der Beklagten mit Zustimmung des Aufsichtsrats, das ursprüngliche Grundkapital der Beklagten im Rahmen einer Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautenden Stückaktien unter Ausschluss des Bezugsrechts zu erhöhen. Sämtliche neuen Aktien wurden vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (im Folgenden: SoFFin) gezeichnet. Die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister erfolgte am 31.03.2009.

Am 9.04.2009 unterbreitete der SoFFin den Aktionären der Beklagten ein öffentliches Übernahmeangebot zum Erwerb ihrer Aktien. In der Folge erhöhte sich die Beteiligung des SoFFin an der Beklagten auf über 47 % des damaligen Grundkapitals. Am 2.6.2009 fasste die Hauptversammlung der Beklagten den Beschluss, das Grundkapital von 693 253 560 Euro gegen Bareinlagen um bis zu 5 639 282 040 Euro auf bis zu 6 332 535 600 Euro durch Ausgabe von neuen, auf den Inhaber lautenden Stückaktien unter Ausschluss des Bezugsrechts zu erhöhen. Sämtliche neuen Aktien sollten vom SoFFin gezeichnet werden. Infolge der Durchführung der Kapitalerhöhung flossen der Beklagten neue Mittel in Höhe von 2 959 632 240 Euro zu. Am 8.6.2009 erfolgte die Eintragung der Durchführung im Handelsregister. Der SoFFin verfügte damit über einen Anteil am Grundkapital der Beklagten sowie über einen Stimmrechtsanteil von 90 %.

Am 13.8.2009 fasste die Hauptversammlung der Beklagten den Beschluss, in Abänderung von § 7 Abs. 1 der Satzung der Beklagten den bisher aus zwölf Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat auf sechs Mitglieder zu verkleinern. Gleichzeitig wählte die Hauptversammlung sechs Mitglieder des Aufsichtsrats. Die Amtszeit der bisher vom Amtsgericht München bestellten Mitglieder des Aufsichtsrats hatte mit Ablauf der Hauptversammlung geendet. Die Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister erfolgte am 13.10.2009.

Nach der Hauptversammlung vom 13.8.3009 richtete der SoFFin ein konkretisiertes Verlangen an den Vorstand der Beklagten, die Hauptversammlung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den SoFFin gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen zu lassen. Am 26.8.2009 fasste der Aufsichtsrat der Beklagten, bestehend aus den von der Hauptversammlung vom 13.8.2009 gewählten sechs Mitgliedern, einen Beschlussvorschlag für den Squeeze out.

Die Beklagte lud unter dem 28.8.2009 zur außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten für den 5.10.2009 10.00 Uhr in München ein. Einziger Tagesordnungspunkt der Einladung war der Beschlussvorschlag über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den SoFFin.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (im Folgenden: DSW) beantragte mit Schreiben vom 2.9.2009 als Vertreterin unter anderem des Klägers zu 20), folgenden Beschlussvorschlag auf die Tagesordnung der Hauptversammlung vom 5.10.2009 zu setzen ... [wird ausgeführt].

Nachdem die Beklagte die Veröffentlichung des Antrags zunächst verweigert hatte, veröffentlichte sie den Antrag der DSW am 8.9.2009 als Gegenantrag auf ihrer Homepage. Die Hauptversammlung der Beklagten fand am 5.10.2009 statt. Der Versammlungsleiter verfügte zu Beginn der Hauptversammlung eine Redezeitbeschränkung auf höchstens zehn Minuten je Redner; zur Begründung verwies er auf zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Wortmeldungen von 40 Aktionären. Um 13.42 Uhr ordnete er eine weitere Beschränkung der Frage- und Redezeit auf fünf Minuten je Redner an. Um 14.23 Uhr kam es zur Schließung der Rednerliste durch den Versammlungsleiter. Ab 18.55 Uhr ließ er keine weiteren Fragen mehr zu; es wurden nur noch Antworten auf bereits von Aktionären gestellte Fragen gegeben. Im Rahmen der Generaldebatte stellten die Kläger zu 5) bis 8) und zu 21) den angekündigten Gegenantrag der DSW. Der Aktionär Sch. stellte einen den Antrag der DSW modifizierenden Antrag dergestalt, dass die für den Fall der Wirksamkeit des vom Hauptaktionär begehrten Übertragungsverlangens zu schaffenden Wertpapiere zunächst lediglich Abfindungsergänzungsansprüche aus dem bereits für diesen Fall verbindlich von Aktionärsseite angekündigten Spruchverfahren verbriefen sollten. Der Versammlungsleiter ließ beide Anträge nicht zur Abstimmung zu.

Während der Hauptversammlung stellten die Aktionäre eine Vielzahl von Fragen, verschiedene Fragen wurden zur Niederschrift des die Hauptversammlung beurkundenden Notars als unbeantwortet gerügt.

Dem vom SoFFin beantragten Squeeze out stimmte die Hauptversammlung mit 1 098 163 627 Ja-Stimmen gegen 61 097 979 Nein-Stimmen zu. Die Kläger erklärten Widerspruch zur Niederschrift des beurkundenden Notars.

Die Kläger haben gegen den Beschluss der Hauptversammlung vom 5.10.2009 Anfechtungsklagen, zum Teil hilfsweise Feststellungsklagen, erhoben. Mit Endurteil vom 20.1.2011 hat das Landgericht München I die Klagen abgewiesen. Hiergegen richten sich die Berufungen der Kläger zu 12), 20), 24), 25), 27), 34) und 35) sowie des Nebenintervenienten B. Sie machen im Wesentlichen Folgendes geltend ... [wird ausgeführt].

Die Kläger zu 12), 20), 24), 25), 34) und 35) sowie der Nebenintervenient B. beantragen in zweiter Instanz, unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München I vom 20.1.2011 den Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 05.10.2009 mit folgendem Inhalt [...] für nichtig zu erklären.

Die Kläger zu 12), 34) und 35) beantragen in zweiter Instanz darüber hinaus hilfsweise festzustellen, dass der in der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 5.10.2009 gefasste, im Hauptantrag wiedergegebene Beschluss nichtig ist, und äußerst hilfsweise festzustellen, dass der in der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 5.10.2009 gefasste, im Hauptantrag wiedergegebene Beschluss unwirksam ist.

Der Kläger zu 27) beantragt in zweiter Instanz,

das Verfahren unter Aufhebung des Endurteils des Landgerichts München I vom 20.1.2011 zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts und zur Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München I vom 20.1.2011 den Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 5.10.2009 mit folgendem Inhalt [...] für nichtig zu erklären,

höchsthilfsweise festzustellen, dass der in der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 5.10.2009 gefasste, im ersten Hilfsantrag wiedergegebene Beschluss nichtig ist, äußerst hilfsweise festzustellen, dass der in der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 5.10.2009 gefasste, im ersten Hilfsantrag wiedergegebene Beschluss unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt in zweiter Instanz, die Berufungen zurückzuweisen. Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für rechtsfehlerfrei ... [wird ausgeführt]. Die zulässigen Berufungen haben keinen Erfolg.

aus den gründen

II. ... 1. Verfassungsgemäße Rechtsgrundlagen:

1.1 Kein verbotenes Einzelfallgesetz:

Weder § 12 Abs. 4 FMStBG noch § 5a FMStFG sind verbotene Einzelfallgesetze. Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG muss ein grundrechtseinschränkendes Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Damit soll verhindern werden, dass zielgerichtet Grundrechte einzelner Personen eingeschränkt werden. Dies schließt aber nicht aus, dass ein Gesetz an einen konkreten Sachverhalt anknüpft. Ergibt sich doch häufig die Regelungsbedürftigkeit von Sachverhalten aufgrund von Anlassfällen. Entscheidend ist, dass aus der Perspektive des Gesetzgebers eine hinreichende Ungewissheit über die Anwendungsfälle einer Norm verbleibt, dass also ein Gesetz nicht nur einen einzelnen Fall regelt, sondern potentiell für alle vergleichbaren Fälle gilt (vgl. BVerfGE 7, 129, 150/151; 10, 234, 242; 13, 225, 228/229; 24, 33, 52; 25, 371, 396; 99, 367, 400; 121, 30, 49). Dann macht es keinen Unterschied, ob gegenwärtig tatsächlich eine Vielzahl von Fällen oder nur ein Einzelfall unter die Regelung fällt (ausdrücklich BVerfGE 25, 371, 396; 85, 360, 374).

Die in Streit stehenden Vorschriften sind sowohl abstrakt als auch generell formuliert und nicht allein denknotwendig auf die Beklagte zugeschnitten ... [wird ausgeführt].

1.2 Kein Verstoß gegen das Zitiergebot:

§ 12 Abs. 4 FMStBG ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nichtig ... [wird ausgeführt].

1.3 Kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 und Abs. 3 GG:

Weder § 5a FMStFG noch § 12 Abs. 4 FMStBG verstoßen gegen Art. 14 Abs. 1 oder Abs. 3 GG. Bei § 5a FMStFG liegt dies auf der Hand. Normadressat ist der SoFFin, der durch die Vorschrift berechtigt wird, im Rahmen seiner Aufgaben und im Zusammenhang mit der Stabilisierung eines Unternehmens des Finanzsektors Anteile an dem betroffenen Unternehmen von diesem oder von Dritten zu erwerben. Die Art der Erwerbstatbestände ist in § 5a FMStFG nicht vorgegeben, die Bestimmung enthält für den SoFFin auch keine Ermächtigungsgrundlage, in Grundrechte einzugreifen, etwa durch den Erwerb von Anteilen gegen den Willen ihrer Inhaber. Will der SoFFin hiervon Gebrauch machen, muss er sein Vorgehen anderweitig legitimieren, etwa durch Ausschluss der Minderheitsaktionäre nach §§ 327a ff. AktG.

Wie das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden hat (etwa BVerfG ZIP 2007, 1261, 1262; 2007, 2121, 2122; 2010, 571, 574) verstoßen die Vorschriften der §§ 327a ff. AktG nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre durch Übertragung deren Aktien auf den Hauptaktionär stellt keine Enteignungsregelung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG dar, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Liegt eine Enteigung doch nur dann vor, wenn die konkrete subjektive Rechtsposition hoheitlich zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben entzogen wird (vgl. BVerfGE 70, 191, 199/200; 72, 66, 76; 101, 239, 259; 102, 1, 15/16; 104, 1, 9/10), nicht aber, wenn abstrakt-generelle Regelungen die Eigentumsnutzung begrenzen, mögen sie auch zu einer teilweisen oder vollständigen Entleerung führen. Ist dies für den Betroffenen nicht zumutbar, sind die Inhalts- und Schrankenbestimmungen gegebenenfalls unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig (zum Ganzen auch BVerfGE 58, 137, 147 ff.; 79, 174, 191/192). § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG enthält auch in Verbindung mit § 12 Abs. 4 FMStBG eine ausgewogene und damit verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Im Zeitpunkt des angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses stand bei den Klägern als Aktionäre der Beklagten deren vermögensrechtliche Beteiligung im Vordergrund. Ein weitergehendes, anerkennenswertes Interesse an der Beteiligung an der Beklagten - das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang etwa Aktionäre aus dem Familienkreis bei Familienunternehmen genannt (BVerfG ZIP 2007, 1261, 1263) - haben die Kläger nicht vorgebracht. Der aktuelle Vermögenswert der Beteiligung wird durch den Squeeze out erhalten, da die Übertragung der Aktien gegen eine angemessene Barabfindung zu erfolgen hat, welche die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses zu berücksichtigen hat. Bei Einwänden gegen die Angemessenheit steht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen (§ 1 Nr. 3 SpruchG).

Dies gilt auch, soweit in § 12 Abs. 4 FMStBG für den Squeeze out das Aktienquorum des Hauptaktionärs auf 90 % gesenkt wurde. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob eine generelle Absenkung des Quorums auf alle Fälle eines Squeeze out verfassungsgemäß oder ab welcher Schwelle eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht mehr gegeben wäre ... [wird ausgeführt].

1.4 Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit:

§ 12 Abs. 4 FMStBG verstößt nicht gegen Art. 56 Abs. 1 und Art. 58 EGV als der zum 05.10.2009 maßgeblichen Rechtsnorm ... [wird ausgeführt].

2.1 Keine Verletzung von Vorschriften des AktG:

2.1.1 Einberufung der Hauptversammlung vom 5.10.2009 auf nur einen Tag

Wie auch das Erstgericht sieht der Senat keinen Verstoß gegen § 121 Abs. 1 und 3 AktG darin, dass die Beklagte ihre Aktionäre zur außerordentlichen Hauptversammlung am 5.10.2009 auf nur einen Tag eingeladen hat (vgl. die Einladung Anlage B 28). Das Gesetz selbst macht keine konkreten Vorgaben zum zeitlichen Umfang einer Hauptversammlung. § 121 Abs. 3 Satz 1 AktG schreibt lediglich vor, dass die Zeit der Hauptversammlung zu den Mindestangaben der Einberufung zählt. Damit obliegt die Entscheidung zum Zeitpunkt und zum zeitlichen Umfang der Hauptversammlung dem Einberufenden, der sich jedoch an den Kriterien der Zumutbarkeit und der Verkehrsitte zu orientieren hat (etwa Hüffer, AktG, 9. Aufl. 2010, § 121 Rdnr. 17; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 121 Rdnr. 79).

Zu einer Hauptversammlung ist regelmäßig so einzuladen, dass die Tagesordnung an einem Tag abgehandelt werden kann (ebenso Grüner NZG 2000, 770, 773; Kubis, in: MünchKomm-AktG, 2. Aufl. 2004, § 121 Rdnr. 35; Werner, in: GroßKomm-AktG, 4. Aufl. 2008, § 121 Rdnr. 55). Ist abzusehen, dass sie unter Umständen nicht an einem Tag abzuschließen ist, kann die Hauptversammlung (vorsorglich) auf zwei oder mehrere Tage einberufen werden. Der Senat kann offen lassen, ob sich die Möglichkeit der Einberufung auf mehrere Tage in Ausnahmefällen zu einer Pflicht, deren Verletzung die von der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar macht, verdichtet (so LG Frankfurt/Main ZIP 2007, 1861, 1863; ebenso Pluta, in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2007, § 121 Rdnr. 20; einschränkend im Sinne eines "soll" Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl. 2011, § 121 Rdnr. 28, und Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, 2008, § 121 Rdnr. 32), weil ein solcher Fall hier nicht vorliegt.

Der Vorstand der Beklagten hat zu der streitgegenständlichen Hauptversammlung auf 10.00 Uhr eingeladen. Einziger Tagesordnungspunkt war die Beschlussfassung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den SoFFin nach §§ 327a ff. AktG. Auch wenn es sich hierbei um eine für die Minderheitsaktionäre weitreichende Strukturmaßnahme handelt, durfte die Beklagte im Zeitpunkt der Einladung, also ex ante, davon ausgehen, dass die am 5.9.2009 verbleibenden 14 Stunden für eine ausreichende Behandlung des Tagesordnungspunktes genügen (vgl. auch Hüffer, AktG, a. a. O., § 129 Rdnr. 21), zumal eine Fortsetzung der Hauptversammlung über Mitternacht hinaus auch nicht zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führen würde (etwa OLG Koblenz ZIP 2001, 1093; Hüffer, AktG, a. a. O., § 121 Rdnr. 17). Beratungsgegenstände der Hauptversammlung, die über den Squeeze out beschließen soll, sind allein das Begehren des Mehrheitsgesellschafters mit dem Entwurf des Übertragungsbeschlusses, die formelle Voraussetzung seiner Beteiligungsquote am Stammkapital, die Höhe der Barabfindung und die Unterlagen nach § 327c Abs. 3 AktG (arg. § 327d Satz 2 AktG). Hierfür bedarf es bei Berücksichtigung der gesetzlichen Möglichkeiten der Beschränkung des Rede- und Fragerechts keiner zwei Tage dauernden Hauptversammlung ...

2.1.2 Zusammensetzung des Aufsichtsrats / wirksamer Beschluss vom 26.8.2009

Rechtsfehlerfrei ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass sich aus der Zusammensetzung des Aufsichtsrats am 26.8.2009, als er seinerseits den Beschluss (Anlage B 22) zum Beschlussvorschlag über den Squeeze out für die Hauptversammlung am 5.10.2009 fasste, keine Verletzung des § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG herleiten lässt. Dies ergibt sich aus Folgendem ... [wird ausgeführt].

2.1.3 Anträge der DSW und des Aktionärs Sch.:

Wie auch das Erstgericht sieht der Senat keine Zuständigkeit der Hauptversammlung der Beklagten für den von verschiedenen Aktionären gestellten Antrag der DSW und der diesen modifizierenden Antrag des Aktionärs Sch. Beide wurden zu Recht vom Versammlungsleiter nicht zur Abstimmung gestellt.

Wesentlicher Inhalt des Antrags der DSW ist, dass der SoFFin, unter der Bedingung seiner Zustimmung, durch Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten verpflichtet wird, den von einem Squeeze out betroffenen Minderheitsaktionären neben dem Anspruch auf Barabfindung das Recht einzuräumen, im Fall der Reprivatisierung, spätestens bis zum 30.6.2019, ihre entzogenen Aktien zurückzuerwerben. Hierzu enthält der Antrag bereits einen berechenbaren Rückkaufspreis. Das Rückkaufsrecht sei wertpapiermäßig zu verbriefen sowie fungibel und handelbar zu gestalten. Für die Ausgabe der verbrieften Rechte wird eine Frist gesetzt. Der Aktionär Sch. modifizierte den Antrag der DSW dergestalt, dass die zu schaffenden Wertpapiere zunächst lediglich Abfindungsergänzungsansprüche aus dem Spruchverfahren verbriefen sollten. Beiden Anträgen stehen die Vorschriften des § 13 FMStBG und des § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG entgegen. Letztere räumt der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft nur das Recht ein, auf Verlangen des Hauptaktionärs, dem 95 % der Aktien gehören, eine Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär zu beschließen. Der Beschluss kann nicht mit Auflagen oder Bedingungen versehen werden. Genauso wie sich die Übertragung nicht nur auf einen bestimmten Anteil, sondern zwingend auf alle Aktien der Minderheitsaktionäre beziehen muss und eine Beschränkung nicht zulässig ist (so auch Singhof, in: Spindler/Stilz, a. a. O., § 327a Rdnr. 22), kann die Hauptversammlung der Beklagten ihren Hauptaktionär nicht verpflichten, wie er mit den erworbenen Aktien zu verfahren hat. Würde doch sonst die Beklagte ihren Alleinaktionär beherrschen, was bereits der gesellschaftsrechtlichen Systematik widerspricht. Auch kann die Beklagte nicht ohne weiteres einen ihrer Gesellschafter in der Ausübung seiner nach dem Gesetz zustehenden Rechte binden. Hierzu bedürfte es einer - hier nicht bestehenden - gesetzlichen Grundlage. Auf § 13 FMStBG können sich die Kläger nicht berufen, weil es sich nur um eine "soll"-Vorschrift handelt, der SoFFin also je nach Lage des Falls unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch eine andere Verwertungsmaßnahme als die Einräumung eines Bezugsrechts ergreifen kann. Im Übrigen erlaubt § 13 FMStBG weder eine Fristsetzung noch eine Vorwegnahme des Wiederveräußerungspreises noch eine Verbriefung des Bezugsrechts ...

2.1.4 Nichterteilung des Rederechts an den Aktionär R.:

Die Berufung des Klägers zu 27) dringt nicht mit der Rüge durch, dem Aktionär R. sei zu Unrecht das Wort entzogen worden. Dabei geht der Senat von folgendem unstreitigen und mit der Berufung auch nicht angegriffenen Sachverhalt aus: Nachdem der Versammlungsleiter der Hauptversammlung vom 5.10.2009 zu deren Beginn und dann noch einmal um 13.42 Uhr eine Redezeitbeschränkung auf höchstens zehn bzw. dann auf fünf Minuten pro Redner angeordnet hatte, schloss er um 14.23 Uhr die Rednerliste. Um 17.10 Uhr rief er den Aktionär N. auf, der sich am Vormittag in die Wortmeldeliste hatte eintragen lassen. Statt des Aktionärs N. trat der Aktionär R. an das Rednerpult, um für diesen sprechen zu wollen, was der Versammlungsleiter unterband.

Diese Maßnahme des Versammlungsleiters stellt weder eine Verletzung des Rederechts des Aktionärs N. noch des Aktionärs R. dar. Zwar hat das Recht des Aktionärs auf Teilnahme in der Hauptversammlung, dessen Ausfluss das Rederecht ist, keinen höchstpersönlichen Charakter. Sieht das Gesetz doch die Möglichkeit der Stimmrechtsvertretung (§§ 134 Abs. 3 Satz 1, 135 AktG) vor, bei welcher der Vertreter auch das Rederecht wahrnehmen kann. Die Vertretung darf aber weder zu einer Erhöhung der Teilnehmerzahl führen noch in den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung eingreifen (etwa Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, a. a. O., § 118 Rdnr. 14/15).

Daraus folgt, dass ein Aktionär, der persönlich an einer Hauptversammlung teilnimmt, selbst reden darf, dies aber nicht auf einen anderen anwesenden Aktionär übertragen kann, weil die einzelnen Teilnahmerechte insoweit nicht teilbar sind (ebenso Grüner NZG 2000, 770, 774; Kubis, in: MünchKomm-AktG, 2. Aufl. 2004, § 119 Rdnr. 154; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. 2010, § 118 Rdnr. 17). Schließlich würde eine "Übertrag- oder Abtretbarkeit" das Schließen der Rednerliste unterlaufen und der Systematik der §§ 129 Abs. 3, 134 Abs. 3, 135 AktG, welche auch bestimmte, hier nicht beachtete und auch nach § 14 Abs. 3 der Satzung der Beklagten (Anlage B 23) nicht dispensierte formale Voraussetzungen an eine Vertretung der Stimmrechtsausübung knüpft, entgegenwirken. Es wäre mit dem Gedenken der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53a AktG) unvereinbar, wenn einzelne Aktionäre, welche es versäumt haben, sich rechtszeitig auf die Rednerliste zu setzen, sich durch den Verzicht eingetragener Aktionäre quasi ein neues Rederecht "erschleichen" würden. Nimmt ein gemeldeter Aktionär sein Rederecht nicht wahr, verzichtet er darauf.

2.1.5 Nichterteilung des Rederechts an Rechtsanwältin Br.:

Ebenso wie das Erstgericht sieht der Senat die unterbliebene Erteilung des Rederechts an Rechtsanwältin Br., die sich bereits vor Eröffnung der Hauptversammlung für den Aktionär Prof. Dr. G. L. in die Wortmeldeliste eingetragen hatte, durch die verfahrensleitenden Maßnahmen des Versammlungsleiters, die ihre Rechtsgrundlage in § 16 Abs. 2 der Satzung der Beklagten (Anlage B 23) in Verbindung mit der gesetzlichen Ermächtigung in § 131 Abs. 2 Satz 2 AktG finden, gedeckt. Der Versammlungsleiter hatte zu Beginn der Generaldebatte der Hauptversammlung vom 5.10.2009 eine Redezeitbeschränkung auf höchstens 10 Minuten pro Redner verfügt, da ihm bereits Wortmeldungen von 40 Aktionären vorlagen (Seite 7 der notariellen Niederschrift, Anlage B 24). Um 13.42 Uhr ordnete er eine weitere Beschränkung auf 5 Minuten pro Redner an. Um 14.23 Uhr kam es zur Schließung der Rednerliste, ab 18.55 Uhr ließ der Versammlungsleiter keine weiteren Fragen mehr zu; es wurden nur noch bereits gestellte Fragen beantwortet.

Die vom Versammlungsleiter verfügten Begrenzungen des Rede- und Fragerechts einschließlich der Schließung der Rednerliste und der Nichtzulassung weiterer Fragen sind nicht zu beanstanden. Die Beschränkungen waren angemessen, um einen geregelten Ablauf der streitgegenständlichen Hauptversammlung zu gewährleisten. Der Senat lässt sich dabei von Folgendem leiten:

Aufgabe des Versammlungsleiters ist unter anderem, für einen geordneten Auflauf der Hauptversammlung zu sorgen, welche dem Informations- und Mitwirkungsinteresse der Aktionäre gerecht wird, ihre Funktionsfähigkeit und inhaltliche Qualität aber nicht in Frage stellt (vgl. BVerfG NJW 2000, 349, 351; BGH NZG 2010, 423, 424; Hüffer, AktG, a. a. O., § 131 Rdnr. 22a; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, a. a. O., § 131 Rdnr. 56). Dabei ist der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre (§ 53a AktG) zu beachten (ebenso BGH NZG 2010, 423, 425; Drinhausen, in: Hölters, AktG, a. a. O., § 131 Rdnr. 27). Auch wenn die Beschränkung der Redezeit die Mitwirkungsbefugnisse der Aktionäre begrenzt, eröffnet sie gleichzeitig anderen Aktionären die Möglichkeit, innerhalb der zur Verfügung stehenden, begrenzten Zeit ihr Rederecht auszuüben (siehe hierzu bereits Grüner NZG 2000, 770, 771). Um dieses Spannungsverhältnis in Einklang zu bringen, kann eine Begrenzung der Redezeit sogar geboten sein (so Hoffmann, in: Spindler/Stilz, AktG, a. a. O., § 118 Rdnr. 12; Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, a. a. O., § 131 Rdnr. 18).

Aufgrund der am 5.10.2009 bei Beginn der Generaldebatte um 10.35 Uhr (Seite 6 der notariellen Niederschrift, Anlage B 24) vorliegenden 40 Wortmeldungen und einer daraufhin verfügten Beschränkung der Redezeit auf 10 Minuten standen insgesamt bis zu 400 Minuten, d.h. fast sieben Stunden, allein für Ausführungen der Aktionäre zur Verfügung. Dies ist, auch wenn es sich bei dem einzigen Tagesordnungspunkt um eine Strukturmaßnahme handelte, ausreichend. Hinzuzurechnen war zudem die Zeit für die Beantwortung von Fragen.

Im Zeitraum von 12 Uhr bis ca. 13.30 Uhr kam es aufgrund eines Antrags auf Abwahl des Versammlungsleiters zu mehreren Unterbrechungen der Hauptversammlung, zunächst um zu diesem Antrag die Möglichkeit der Wortmeldung zu geben, anschließend zur Vorbereitung von Antworten auf Fragen zu diesem Thema, schließlich zur Stimmauszählung (Seite 8 der notariellen Niederschrift, Anlage B 24). Die Liste der noch offenen Wortmeldungen war inzwischen auf mehr als 50 angestiegen, was eine Gesamtredezeit von bis zu 500 Minuten, also über acht Stunden bedeutete. Damit konnte der Versammlungsleiter um 13.42 Uhr zu Recht die Frage- und Redezeit auf 5 Minuten pro Redner beschränken, so dass nunmehr noch über vier Stunden Restzeit für die Generaldebatte zur Verfügung stand. Gleichzeitig kündigte der Versammlungsleiter eine Schließung der Rednerliste in einer halben Stunde an, die dann um 14.23 Uhr verfügt wurde; außerdem behielt er sich einen Abbruch der Generaldebatte vor.

Um 18.55 Uhr erklärte der Vorsitzende, dass er nunmehr keine weiteren Wortmeldungen mehr zulassen werde (Seite 9 der notariellen Niederschrift, Anlage B 24). In der Folgezeit wurden nur noch offene Fragen beantwortet. Auch diese Beendigung der Frage- und Redezeit der Aktionäre war angesichts der fortgeschrittenen Zeit angemessen. Unter Abzug der Unterbrechungen und der Zeit für den Geschäftsordnungsantrag auf Abwahl des Versammlungsleiters hatte sich die Hauptversammlung der Beklagten bis dahin über sieben Stunden mit dem Squeeze out-Verlangen ihres Hauptaktionärs befasst. Dies war ausreichend und nicht unverhältnismäßig (ebenso Drinhausen, in: Hölters, AktG, a. a. O., § 131 Rdnr. 25; Hüffer, AktG, a. a. O., § 131 Rdnr. 22a; Kubis, in: MünchKomm-AktG, 2. Aufl. 2004, § 119 Rdnr. 157; Wicke NZG 2007, 771, 773), zumal die Thematik noch nicht abgeschlossen war und - mit Unterbrechungen - bis nach 22 Uhr offene Fragen beantwortet wurden.

Der Versammlungsleiter konnte die Debatte beenden, ohne zuvor alle gemeldeten Redner aufzurufen. Intention des § 131 Abs. 2 Satz 2 AktG ist, einen zügigen Verlauf der Hauptversammlung zu gewährleisten. Gerade bei Aktiengesellschaften mit zahlreichen Aktionären bestünde sonst die Gefahr, dass sich zu Beginn der Hauptversammlung eine Vielzahl von Aktionären in die Rednerliste eintragen lässt und damit eine Beendigung der Hauptversammlung an den angesetzten Tagen verhindert. Schließlich kann dem auch nicht mit einer Verkürzung der Redezeit auf etwa ein oder zwei Minuten begegnet werden, weil dies einen sinnvollen Redebeitrag regelmäßig nicht erlaubt. Abzustellen ist daher immer auf die Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der Interessen der Aktionäre sowie der Funktionsfähigkeit der Hauptversammlung. Dauert eine Debatte zu einem Tagesordnungspunkt bereits mehrere Stunden, kann sie, wenn dies den Aktionären wie hier vorher angekündigt wurde, beendet werden, auch wenn auf der Rednerliste noch Wortmeldungen stehen (ebenso Reger, in: Bürgers/Körber, AktG, a. a. O., § 131 Rdnr. 18a).

Nicht zu beanstanden ist, dass die Wortmeldungen nicht in der Reihenfolge ihrer Eintragungen in die Rednerliste aufgerufen wurden. Soweit nicht ein bestimmtes Procedere in der Satzung vorgeschrieben ist oder von der Hauptversammlung beschlossen wurde, bestimmt der Versammlungsleiter die Reihenfolge der Wortmeldungen nach seinem Ermessen (ebenso Kubis, in: MünchKomm-AktG, a. a. O., § 119 Rdnr. 135; Mülbert, in: GroßKomm-AktG, a. a. O., Vor §§ 118-147 Rdnr. 110; Seibert WM 2005, 157, 161; Semler, in: Münchener Hdb. des GesR, a. a. O., § 36 Rdnr. 43; Wicke NZG 2007, 771, 772). Zwar mag sich insoweit ein Aufrufen der Redner nach dem Prioritätsgrundsatz anbieten, der Versammlungsleiter ist daran aber nicht gebunden, solange er nicht rechtsmissbräuchlich handelt, etwa eine Wortmeldung bewusst zurückstellt, um sie nicht mehr aufrufen zu müssen. Dies wird von der Berufung aber nicht behauptet.

2.1.6 Keine Verletzung des Informations- und Fragerechts:

Erfolglos bleiben die Berufungen auch insoweit, als sie eine Verletzung des Auskunftsrechts nach § 131 Abs. 1 und 2 AktG geltend machen ... [wird ausgeführt].

2.1.7 Kein Verstoß gegen § 161 AktG und den Deutschen Corporate Governance Kodex:

Die Beklagte hat, indem sie in § 16 Abs. 2 Satz 2 ihre Satzung (Anlage B 23) dem Versammlungsleiter die Wahrnehmung verfahrensleitender Maßnahmen gestattete, auch nicht gegen § 161 AktG und den Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 18.6.2009 (künftig: DCGK) verstoßen. Der Kläger zu 27), der einen Kodexverstoß in seiner Berufung rügt, hat hierzu in seiner Klageschrift vom 5.11.2009 (Bl. 1 ff. der hinzuverbundenen Akte Gz. 5 HKO 21039/09) vorgetragen, dass die Beklagte, obwohl sie eine Entsprechenserklärung im Sinne des § 161 Abs. 1 AktG abgegeben habe (Anlage K 4 der hinzuverbundenen Akte Gz. 5 HKO 21039/09), mit der Beschränkung der Frage- und Redezeit sowie der Schließung der Generaldebatte, bevor allen interessierten Aktionären das Wort erteilt war, gegen Ziffer 2.2.3 des DCGK verstoßen habe. Dem folgt der Senat nicht ... [wird ausgeführt].

2.2 Keine Verletzung von anderen Vorschriften:

[...]

Keine Zulassung der Revison

IV. ... 3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts ... [wird ausgeführt].

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