BGH: Sonntäglicher Apotheken-Lieferservice
BGH, Urteil vom 6.3.2025 – I ZR 20/24
ECLI:DE:BGH:2025:060325UIZR20.24.0
Volltext: BB-Online BBL2025-641-1
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Amtliche Leitsätze
a) Ist im Protokoll des zur Verkündung einer Entscheidung anberaumten Termins nicht festgehalten, dass ein Urteil verkündet wurde, ist die Verkündung nicht bewiesen. Wird das erstinstanzliche Urteil weder durch Verkündung noch in anderer Weise wirksam verlautbart, handelt es sich dabei lediglich um einen Urteilsentwurf, mit dem das erstinstanzliche Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.
b) Der Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen ist berechtigt, in § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW Apothekenschließungen an Sonn- und Feiertagen anzuordnen, die durch Verbotsverfügungen der Apothekerkammern konkretisiert werden. Er ist hieran nicht durch die bundesrechtliche Regelung der Verpflichtung der Apotheker zur Dienstbereitschaft in § 23 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO gehindert.
c) Ein Apotheker, der bei Vorliegen einer solchen seine Apotheke betreffenden Verbotsverfügung der Apothekerkammer seine Kunden an Sonn- und Feiertagen durch einen Lieferdienst mit Arzneimitteln beliefern lässt, die er in den Räumen seiner Apotheke zum Versand vorbereitet und von dort aus an den Lieferdienst übergibt, verstößt gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW, auch wenn er die Verkaufsstelle seiner Apotheke geschlossen hält.
GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 19; ZPO § 160 Abs. 3 Nr. 7, § 310 Abs. 1 Satz 1; ApBetrO § 23 Abs. 1 Satz 1; LÖG NRW § 7 Abs. 2 Satz 1
Sachverhalt
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V., ist ein Verein, der beim Bundesamt für Justiz in die Liste der klagebefugten qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen ist.
Der beklagte Apotheker betreibt in K. eine Apotheke. Er kooperiert mit einem Unternehmen, das einen Apotheken-Lieferservice für Verbraucher anbietet und hierfür eine Smartphone-App betreibt, über die Verbraucher bei teilnehmenden Apotheken Produkte bestellen können. Die bestellten Produkte werden bei der jeweiligen Apotheke von einem bei dem Lieferservice angestellten Botenfahrer abgeholt und am selben Tag an die im Bestellprozess genannte Anschrift ausgeliefert. Der Beklagte lässt Kunden seiner Apotheke auch außerhalb seiner Notdienstzeiten im Großraum K. an Werktagen und an Sonn- und Feiertagen überwiegend mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln über diesen Lieferdienst beliefern. Er bereitet nach Eingang der Bestellung die Waren in nicht öffentlich zugänglichen Betriebsräumen seiner Apotheke zur Übergabe an den Boten vor und übergibt sie ihm nach dessen Ankunft in denselben Räumlichkeiten oder über den Notdienstschalter. Die Räumlichkeiten des Beklagten werden für den Publikumsverkehr hierzu nicht geöffnet.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte verstoße mit diesem Verhalten gegen § 3 des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage in Nordrhein-Westfalen (FeiertagsG NRW) sowie gegen § 7 des im Land Nordrhein-Westfalen geltenden Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW) und handele deshalb wettbewerbswidrig. Sie hat den Beklagten, nachdem sie ihn mit Schreiben vom 22. Februar 2022 erfolglos abgemahnt hatte, auf Unterlassung der Belieferung von Kunden seiner Apotheke per Boten mit Waren der Apotheke an Sonn- und/oder Feiertagen in Anspruch genommen, wenn die Apotheke zu dieser Zeit keinen Notdienst hat. Außerdem hat sie die Zahlung einer Abmahnpauschale in Höhe von 374,50 € nebst Zinsen begehrt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erster Instanz hat das Landgericht einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 20. April 2023 bestimmt. Im Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichts vom 20. April 2023 ist festgehalten, dass bei Aufruf der Sache niemand erschienen ist. Einen weiteren Inhalt hat das Protokoll nicht. Das Protokoll ist von dem Vorsitzenden Richter und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben. Im Anschluss findet sich in der Akte das erstinstanzliche Urteil in vollständig abgefasster Form. Es ist mit dem von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erstellten Vermerk untrennbar verbunden, das Urteil sei am 20. April 2023 verkündet worden. Danach folgen in der Akte die Empfangsbekenntnisse der Prozessbevollmächtigten der Parteien betreffend die Zustellung des landgerichtlichen Urteils jeweils am 20. April 2023.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Köln, WRP 2023, 883). Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (OLG Köln, GRUR 2024, 772).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Aus den Gründen
7 A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Deshalb sei der Beklagte auch zum Ersatz der Abmahnkosten nebst Zinsen verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8 Trotz der Fehlerhaftigkeit des Verkündungsprotokolls sei von einer wirksamen Verkündung des landgerichtlichen Urteils auszugehen.
9 Das Landgericht habe mit Recht angenommen, dass der Beklagte gegen § 7 Abs. 2 LÖG NRW beziehungsweise die auf dieser Grundlage erlassene Schließungsverfügung der zuständigen Apothekerkammer und gegen § 3 FeiertagsG NRW verstoßen habe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bundesverordnungsgeber mit der Neufassung des § 23 ApBetrO im Jahr 2012 eine abschließende Regelung für die Befugnis der Apotheken, an Sonn- und Feiertagen unabhängig von den Ladenöffnungszeiten der Länder zu öffnen, habe treffen wollen. Zwar enthalte der Wortlaut des § 23 ApBetrO im Vergleich zur vor 2012 geltenden Fassung keine ausdrückliche Befugnis zum Erlass von Schließungsanordnungen mehr. Dies verleihe den Apotheken jedoch nicht die uneingeschränkte Befugnis, an Sonn- und Feiertagen ihre Dienstbereitschaft auch unabhängig von ihrer Notdiensteinteilung und ungeachtet der Vorschrift des § 7 Abs. 2 LÖG NRW zu versehen.
10 Der Beklagte habe auch gegen § 3 FeiertagsG NRW verstoßen. Es liege eine öffentlich bemerkbare Arbeit im Sinne dieser Norm vor. Dazu reiche es aus, wenn sie die Aufmerksamkeit einer unbestimmten Anzahl von Personen auf sich ziehen könne. Mit Recht habe das Landgericht angenommen, dass der durch das Angebot des Lieferdiensts entstehende Verkehr, sei es auch mit Fahrrädern, einen typisch werktäglichen Charakter habe, so dass die Tätigkeit des Beklagten geeignet sei, die äußere Ruhe des Tages zu stören.
11 B. Das Berufungsurteil ist schon aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das Berufungsgericht durfte über die Klage nicht in der Sache entscheiden, weil das Verfahren vor dem Landgericht mangels Verkündung eines Urteils noch nicht abgeschlossen ist. Bei dem Urteil des Landgerichts handelt es sich lediglich um einen Urteilsentwurf, der zur Klarstellung ebenfalls aufzuheben ist. Die Sache ist - auch unter Aufhebung des Verfahrens - zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
12 I. Der Senat hat von Amts wegen zu prüfen, ob das Urteil des Landgerichts rechtlich existent geworden ist, da nur ein solches Urteil die Grundlage für eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts bilden kann (BGH, Urteil vom 14. Mai 1964 - II ZR 245/62, BGHZ 41, 337 [juris Rn. 8]).
13 II. Dies ist vorliegend entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht der Fall.
14 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, aus dem landgerichtlichen Verkündungsprotokoll gehe nicht hervor, was beziehungsweise ob überhaupt etwas verkündet worden sei. Die Verkündung sei damit nicht durch das Protokoll bewiesen. Gleichwohl liege eine wirksame Verkündung vor, weil die Gesamtumstände eine gewollte Verlautbarung des Urteils belegten. Das Landgericht habe ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 20. April 2023 anberaumt. Das angefochtene Urteil sei von dem Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen unterzeichnet und mit einem Verkündungsvermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle versehen. Auf der Grundlage dieser Verkündung habe die Geschäftsstelle die Zustellung des Urteils an die Parteivertreter verfügt. Diesen sei das Urteil jeweils mit dem - wenn auch fehlerhaften - Verkündungsprotokoll zugestellt worden. Die Zustellung des Urteils hätten beide Parteivertreter mit Empfangsbekenntnis bestätigt. Diese Umstände ließen für die Parteien keinen Zweifel daran, dass am 20. April 2023 das angefochtene Urteil tatsächlich verkündet worden sei.
15 2. Diese Beurteilung ist rechtsfehlerhaft.
16 a) Ein Urteil wird erst durch seine förmliche Verlautbarung mit allen prozessualen und materiell-rechtlichen Wirkungen existent. Vorher liegt nur ein - allenfalls den Rechtsschein eines Urteils erzeugender – Entscheidungsentwurf vor (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1954 - GSZ 3/54, BGHZ 14, 39 [juris Rn. 9]; Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 37/03, NJW 2004, 2019 [juris Rn. 9]; Beschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11, NJW 2012, 1591 [juris Rn. 11]; Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 133/12, GRUR 2014, 407 [juris Rn. 11] = WRP 2014, 849 - Abmahnkosten).
17 b) Das landgerichtliche Urteil wurde nicht durch Verkündung verlautbart.
18 aa) Die Verlautbarung eines Urteils geschieht durch dessen Verkündung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin (§ 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Urteil wird durch Vorlesung der Urteilsformel verkündet, die durch eine Bezugnahme auf die Urteilsformel ersetzt werden kann, wenn bei der Verkündung von den Parteien niemand erschienen ist (§ 311 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO). Die Verkündung des Urteils erfolgt in jedem Fall öffentlich (§ 173 Abs. 1 GVG).
19 bb) Nach § 165 Satz 1 ZPO kann die Beachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden. Zu diesen Förmlichkeiten gehört gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO auch die Verkündung der Entscheidungen. Die Verkündung einer Entscheidung ist nicht im Protokoll festgestellt, wenn der Gegenstand der Verkündung weder aus dem Protokoll selbst erkennbar ist noch in einer dem Protokoll beigefügten und im Protokoll als solche bezeichneten Anlage festgehalten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 1990 - XII ZB 6/90, FamRZ 1990, 507 [juris Leitsatz und Rn. 7]). Findet sich im Protokoll kein Hinweis auf die Verkündung des Urteils, steht infolge der Beweiskraft des Protokolls gemäß §§ 165, 160 Abs. 2 ZPO ein Verstoß gegen das aus § 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO, § 173 Abs. 1 GVG folgende Erfordernis der Urteilsverkündung in öffentlicher Sitzung fest (BAGE 172, 372 [juris Rn. 10] mwN). Da der Beweis der Beachtung der wesentlichen Förmlichkeiten nur durch das Sitzungsprotokoll erbracht werden kann, beweist der nach § 315 Abs. 3 ZPO auf der Urschrift des Urteils anzubringende Verkündungsvermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eine Verkündung nicht (vgl. BGH, FamRZ 1990, 507 [juris Rn. 6]; BAGE 172, 372 [juris Rn. 10]).
20 cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine Verlautbarung des landgerichtlichen Urteils durch dessen Verkündung vor. Das Protokoll des Termins vom 20. April 2023, den das Landgericht zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt hat, lässt nicht erkennen, dass eine Verkündung stattgefunden hat. Der mit dem Urteil untrennbar verbundene Verkündungsvermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vermag keinen Beweis für eine Verkündung zu erbringen.
21 c) Das landgerichtliche Urteil ist auch nicht in anderer Weise wirksam verlautbart worden.
22 aa) Verkündungsmängel stehen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem wirksamen Erlass eines Urteils nur entgegen, wenn gegen elementare, zum Wesen der Verlautbarung gehörende Formerfordernisse verstoßen wurde, so dass von einer Verlautbarung im Rechtssinne nicht mehr gesprochen werden kann. Sind deren Mindestanforderungen hingegen gewahrt, hindern auch Verstöße gegen zwingende Formerfordernisse das Entstehen eines wirksamen Urteils grundsätzlich nicht. Zu den Mindestanforderungen gehört, dass die Verlautbarung von dem Gericht beabsichtigt war oder von den Parteien derart verstanden werden durfte und die Parteien von Erlass und Inhalt der Entscheidung förmlich unterrichtet wurden (vgl. BGH, NJW 2004, 2019 [juris Rn. 10]; NJW 2012, 1591 [juris Rn. 13] mwN; GRUR 2014, 407 [juris Rn. 11] - Abmahnkosten).
23 Wird ein § 310 Abs. 1 ZPO unterfallendes Urteil den Parteien an Verkündungs Statt - wie dies in § 310 Abs. 3 ZPO für Anerkenntnis- und Versäumnisurteile, die nach §§ 307, 331 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen, vorgesehen ist - förmlich zugestellt, liegt kein Verstoß gegen unverzichtbare Formerfordernisse, sondern ein auf die Wahl der Verlautbarungsart beschränkter Verfahrensfehler vor (vgl. BGH, NJW 2004, 2019 [juris Rn. 10]). Verfügt der erkennende Richter unter Verstoß gegen § 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Übersendung des Urteils an die Parteien, steht sein Wille, die Entscheidung zu erlassen, außer Frage; wird den Parteien dieses Urteil zugestellt, können sie nicht darüber im Unklaren sein, dass eine Zustellung an Verkündungs Statt beabsichtigt war (vgl. BGH, NJW 2004, 2019 [juris Rn. 11]).
24 bb) Im Streitfall kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Landgericht eine Verlautbarung seines Urteils beabsichtigt hat. In der Akte befindet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass es seine Entscheidung anders als durch eine Verkündung nach außen kundtun wollte, und insbesondere keine richterliche Verfügung, mit der angeordnet wird, das Urteil an die Parteien zu übersenden. Die Schlussverfügung der Geschäftsstelle kann die richterliche Verfügung nicht ersetzen, weil diese nicht den Willen des Richters dokumentiert, die Entscheidung des Gerichts nach außen kundzutun (vgl. BAGE 172, 372 [juris Rn. 10]).
25 cc) Die Zustellung des landgerichtlichen Urteils durfte von den Parteien auch nicht dahin verstanden werden, dass das Gericht eine Verlautbarung seiner Entscheidung durch Zustellung beabsichtigte. Das Landgericht hatte durch die Anberaumung eines Verkündungstermins deutlich gemacht, dass es eine Verlautbarung seiner Entscheidung nicht durch Zustellung an Verkündungs Statt, sondern durch Verkündung beabsichtigt. Die Parteien konnten auch nicht davon ausgehen, dass eine Verkündung stattgefunden hat. Ihnen ist zusammen mit dem Urteil das Protokoll des Termins vom 20. April 2023 zugestellt worden, aus dem eine Verkündung des ihnen zugestellten Urteils nicht hervorgeht.
26 3. Der Rechtsstreit ist unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und der vorinstanzlichen Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen.
27 a) Der Bundesgerichtshof kann den Rechtsstreit - ausnahmsweise – gemäß § 563 Abs. 1 ZPO nicht an das Berufungsgericht, sondern an das Landgericht zurückverweisen, wenn schon das Berufungsgericht die Sache an das Landgericht hätte zurückverweisen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1960 - IV ZR 16/60, BGHZ 32, 370 [juris Rn. 22]; BAGE 172, 372 [juris Rn. 19]). So liegt es hier.
28 b) Der Rechtsstreit wird daher unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und auch unter Aufhebung des Verfahrens gemäß § 562 Abs. 2 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
29 C. Der Senat erteilt für das wiedereröffnete Verfahren vorsorglich Hinweise zur materiellen Rechtslage. Die Vorinstanzen haben ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 7 Abs. 2 LÖG NRW zusteht (dazu C I). Ihre Beurteilung, der Beklagte habe auch gegen § 3 FeiertagsG NRW verstoßen, so dass das Unterlassungsbegehren der Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt begründet sei, ist dagegen nicht rechtsfehlerfrei (dazu C II).
30 I. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW verstoßen und deshalb gemäß §§ 3, 3a UWG wettbewerbswidrig gehandelt hat.
31 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW eine das Marktverhalten regelnde Vorschrift im Sinne des § 3a UWG darstellt.
32 a) Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
33 Apotheken ist gemäß § 7 Abs. 1 LÖG NRW an Sonn- und Feiertagen die Öffnung ihrer Verkaufsstellen zur Abgabe von Arznei-, Krankenpflege-, Säuglingspflege- und Säuglingsnährmitteln, hygienischen Artikeln sowie Desinfektionsmitteln gestattet. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW regelt die zuständige Apothekerkammer, dass an Sonn- und Feiertagen abwechselnd ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss. An den geschlossenen Apotheken ist an sichtbarer Stelle ein Aushang anzubringen, der die zur Zeit offenen Apotheken bekannt gibt (§ 7 Abs. 2 Satz 2 LÖG NRW). Dienstbereitschaft der Apotheken steht der Offenhaltung gleich (§ 7 Abs. 2 Satz 3 LÖG NRW).
34 b) Gesetzliche Vorschrift im Sinne der Bestimmung des § 3a UWG ist jede Rechtsnorm (vgl. Art. 2 EGBGB), die in Deutschland gilt. Dazu zählen alle von deutschen Gesetzgebungsorganen erlassenen Normen, auch wenn ihr räumlicher Anwendungsbereich, wie etwa bei landesrechtlichen Regelungen, begrenzt ist (BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 - I ZR 207/14, GRUR 2017, 422 [juris Rn. 28] = WRP 2017, 426 - ARD-Buffet, mwN). Die Bestimmung des § 7 LÖG NRW erfüllt diese Voraussetzungen.
35 c) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, dass § 3a UWG die Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift fordere, eine auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW erlassene Schließungsverfügung der zuständigen Apothekerkammer jedoch ein Verwaltungsakt sei, der nicht unter den Begriff der gesetzlichen Vorschrift falle.
36 aa) Verwaltungsakte stellen gemäß § 35 Satz 1 VwVfG auf Einzelfälle bezogene Regelungen und auch dann, wenn es sich um Allgemeinverfügungen im Sinne von § 35 Satz 2 VwVfG handelt, keine gesetzlichen Vorschriften im Sinne des § 3a UWG dar (vgl. OLG Stuttgart, GRUR-RR 2008, 17 [juris Rn. 25]). Soweit sie allerdings lediglich den Gesetzesbefehl wiederholen, liegt in einer Nichtbefolgung des Verwaltungsakts zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die gesetzliche Vorschrift, so dass § 3a UWG unmittelbar eingreifen kann (Köhler/Odörfer in Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., § 3a Rn. 1.56; MünchKomm.UWG/Schaffert, 3. Aufl., § 3a Rn. 59; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 3a Rn. 13; BeckOK.UWG/Niebel/Kerl, 26. Edition [Stand 1. Oktober 2024], § 3a Rn. 19; Büscher/Meinhardt, UWG, 3. Aufl., § 3a Rn. 131).
37 bb) Nach diesen Grundsätzen stellt eine Zuwiderhandlung gegen eine auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW erlassene Regelung der zuständigen Apothekerkammer, mit der angeordnet wird, dass an Sonn- und Feiertagen abwechselnd ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss, zugleich einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW dar. Mit einer Schließungsanordnung wird das in § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW vorgesehene Gebot, Apotheken an Sonn- und Feiertagen geschlossen zu halten, wiederholt und lediglich für bestimmte Sonn- und Feiertage auf bestimmte Apotheken konkretisiert.
38 d) Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG. Die in dieser Vorschrift vorgesehene Regelung durch die Apothekerkammer, dass an Sonn- und Feiertagen ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss, dient nicht allein dem Arbeitsschutz, sondern im Interesse der Wettbewerber zugleich der Wettbewerbsneutralität (zu § 3 Satz 1 Nr. 1 LadöffnG RP vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2023 - I ZR 144/22, GRUR 2023, 1307 [juris Rn. 13] = WRP 2023, 1074 - Zweibrücken Fashion Outlet, mwN).
39 2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW zuwider gehandelt hat, indem er an Sonn- und Feiertagen, an denen seine Apotheke aufgrund einer Schließungsverfügung der Apothekerkammer geschlossen sein musste, die bestellten Waren in nicht öffentlich zugänglichen Betriebsräumen seiner Apotheke zur Übergabe an einen Boten vorbereitet und sie ihm nach dessen Ankunft in diesen Räumlichkeiten oder über den Notdienstschalter übergeben hat.
40 a) Entgegen der Ansicht der Revision steht der Annahme eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW nicht entgegen, dass der Beklagte seine Offizin nicht geöffnet hat.
41 aa) Die Offizin ist der Raum einer Apotheke, der einen Zugang zu öffentlichen Verkehrsflächen hat (vgl. § 4 Abs. 2a Satz 1 ApBetrO). Sie muss so gestaltet werden, dass der Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrags nicht beeinträchtigt wird und für die in der Offizin ausgeübten wesentlichen Aufgaben, insbesondere die Beratung von Patienten und Kunden, genügend Raum bleibt (§ 4 Abs. 2a Satz 2 ApBetrO). Die Offizin ist danach die Verkaufsstelle einer Apotheke für Arzneimittel (vgl. § 4 Abs. 2a Satz 3 ApBetrO). Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO muss die Apotheke mindestens aus einer Offizin, einem Laboratorium, ausreichendem Lagerraum und einem Nachtdienstzimmer bestehen.
42 bb) Die Regelung der zuständigen Apothekerkammer nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW, dass ein Teil der "Apotheken" geschlossen sein muss, hat mit Blick auf § 4 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO den Inhalt, dass ein Verkauf weder über die Offizin noch über andere Räume der Apotheke erfolgen darf. Hiergegen verstößt der Beklagte, indem er bei geschlossener Offizin die übrigen Räume seiner Apotheke als Verkaufsstelle nutzt und Produkte zur Auslieferung bringt, die Verbraucher über die Smartphone-App bestellen.
43 b) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen sei nicht berechtigt, in § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW Apothekenschließungen an Sonn- und Feiertagen anzuordnen, die durch Verbotsverfügungen der Apothekerkammern konkretisiert werden. Der Landesgesetzgeber ist hieran nicht durch die bundesrechtliche Regelung der Verpflichtung der Apotheker zur Dienstbereitschaft in § 23 ApBetrO gehindert. Die Regelung des Art. 31 GG, der anordnet, das Bundesrecht Landesrecht bricht, kommt deshalb nicht zur Anwendung.
44 aa) Im Rahmen der Föderalismusreform wurde die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG geändert. Seit dem 1. September 2006 besteht für das Recht des Apothekenwesens die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes. Die ausdrückliche Erwähnung des Rechts des Apothekenwesens sollte klarstellen, dass eine umfassende, nicht auf die Zulassung oder heilende Aspekte beschränkte Regelung dieses Rechtsgebiets möglich ist (Begründung des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD für ein Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, BT-Drucks. 16/813, S. 13). Außerdem wurde die Gesetzgebungskompetenz für das Ladenschlussrecht, die bisher ein Teilbereich der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG war, auf die Länder verlagert, die hierfür die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz erhalten haben (BT-Drucks. 16/813, S. 9, 13).
45 bb) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO in der bis zum 11. Juni 2012 geltenden Fassung (ApBetrO aF) ordnete an, dass die Apotheke außer zu den Zeiten, in denen sie auf Grund einer Anordnung nach § 4 Abs. 2 des Ladenschlussgesetzes geschlossen zu halten war, ständig dienstbereit sein musste. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO aF war die von einer Anordnung betroffene Apotheke zu im Einzelnen bestimmten Zeiten von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft befreit. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 LadSchlG hat die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsbehörde für eine Gemeinde oder für benachbarte Gemeinden mit mehreren Apotheken anzuordnen, dass während der allgemeinen Ladenschlusszeiten abwechselnd ein Teil der Apotheken geschlossen sein muss.
46 Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO in der seit dem 12. Juni 2012 geltenden Fassung sind Apotheken zur ständigen Dienstbereitschaft verpflichtet. Die zuständige Behörde befreit nach § 23 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO einen Teil der Apotheken ganz oder teilweise zu im Einzelnen genannten Zeiten von der Pflicht zur Dienstbereitschaft, insbesondere sonntags und an gesetzlichen Feiertagen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ApBetrO). Der Verweis auf das Ladenschlussgesetz des Bundes ist entfallen.
47 Anlass für diese Neuregelung war der Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Ladenschlussrecht auf die Länder. Der Verweis auf § 4 Abs. 2 des Ladenschlussgesetzes wurde gestrichen, weil er nur noch für die Länder relevant ist, die seit der Föderalismusreform keine eigenen Ladenschlussregelungen getroffen hatten und für die das Ladenschlussgesetz des Bundes bis auf Weiteres fortgilt. Für näher konkretisierte Zeiten, in denen es aus Gründen der Versorgungssicherheit in der Regel nicht erforderlich ist, dass alle Apotheken dienstbereit sein müssen, hat die zuständige Behörde die Arzneimittelversorgung über Notdienste sicherzustellen (Begründung zur Vierten Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung, BR-Drucks. 61/12, S. 57).
48 cc) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Bundesverordnungsgeber mit der Neufassung des § 23 ApBetrO im Jahr 2012 keine abschließende Regelung für die Befugnis der Apotheken, an Sonn- und Feiertagen unabhängig von den Ladenöffnungszeiten der Länder zu öffnen, treffen wollte.
49 (1) Zwar sieht der Wortlaut des § 23 Abs. 1 ApBetrO im Vergleich zur bis zum 11. Juni 2012 geltenden Fassung keine ausdrückliche Befugnis zum Erlass von Schließungsanordnungen mehr vor. Es fehlt auch ein ausdrücklicher Verweis auf landesrechtliche Nachfolgeregelungen zum Ladenschlussgesetz. Hieraus lässt sich jedoch nicht folgern, dass die Vorschrift den Apotheken die uneingeschränkte Befugnis verleiht, an Sonn- und Feiertagen ihre Apotheken auch unabhängig von ihrer Notdiensteinteilung und ungeachtet der Vorschriften des Ladenschlussrechts für den Verkauf zu öffnen.
50 (2) Der im Schrifttum vertretenen abweichenden Ansicht (Krämer in Rixen/Krämer, ApoG, § 23 ApBetrO Rn. 2; Cyran/Rotta, ApBetrO, 5. Aufl., 4. EL 2022, § 23 Rn. 11 bis 17, 52, 57; Wesser, A&R 2019, 252, 255 f.; Douglas, GRUR-Prax 2024, 176; allgemein zum Meinungsstand Pfeil/Pieck, ApBetrO, 5. Aufl., 17. EL, § 23 Rn. 20, 56) kann nicht zugestimmt werden.
51 (a) Ist eine Landesregelung dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung zuzuordnen, richtet sich die Zuständigkeit für die Gesetzgebung nach Art. 72 Abs. 1 GG. Danach haben die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Ein die Länder von der Gesetzgebung ausschließendes Gebrauchmachen liegt vor, wenn ein Bundesgesetz eine bestimmte Frage erschöpfend regelt. Dies kann positiv durch eine Regelung oder negativ durch einen absichtsvollen Regelungsverzicht erfolgen. Entscheidend ist stets, dass ein bestimmter Sachbereich tatsächlich umfassend und lückenlos geregelt ist oder nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte. Der Gebrauch der Kompetenz durch den Bund muss "hinreichend erkennbar" sein. Bloße Wert- und Zielvorstellungen entfalten keine Sperrwirkung. Führte der Vollzug einer landesrechtlichen Bestimmung dazu, dass die bundesrechtliche Regelung nicht mehr oder nicht mehr vollständig oder nur noch verändert angewandt werden könnte, ist dies als Indiz für eine Sperrwirkung nach Art. 72 Abs. 1 GG anzusehen (BVerfGE 163, 1 [juris Rn. 27] mwN).
52 (b) Wie sich aus der Begründung zur Änderung von § 23 ApBetrO im Jahr 2012 ergibt, ist Hintergrund für die Streichung des Verweises auf das Ladenschlussgesetz allein der Umstand, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Ladenschlussrecht nunmehr ausschließlich bei den Ländern liegt.
53 Die ständige Dienstbereitschaft der Apotheken kann jedoch weiterhin durch ladenschlussrechtliche Regelungen beschränkt werden. Die Revisionserwiderung verweist mit Recht darauf, dass der Regelungswille des Verordnungsgebers bei der Änderung der Apothekenbetriebsordnung sich auf die grundlegenden Bestimmungen beschränkte, die für die Herstellung, Prüfung und Lagerung der Arzneimittel und deren sichere Abgabe in der Apotheke erforderlich sind (BR-Drucks. 61/12, S. 34). Ziel der Änderung der Verordnung war es, die Regelungen an neue Herstellungstätigkeiten, an inzwischen geänderte rechtliche Bedingungen und an Erfahrungen aus der Praxis anzupassen sowie Konkretisierungen (insbesondere bei den apothekenpflichtigen Medizinprodukten, die in früheren Jahren größtenteils noch als Arzneimittel in Verkehr gebracht wurden) und begriffliche Klarstellungen vorzunehmen (BR-Drucks. 61/12, S. 34). Daraus ist kein Wille des Bundesverordnungsgebers erkennbar, ladenschlussrechtliche Landesregelungen zu sperren, die zu einer Verpflichtung führen, die Apotheken an Sonn- und Feiertagen für den Verkauf geschlossen zu halten.
54 Es ist daraus auch nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber dem bisher geltenden Zusammenwirken von Schließungsanordnungen nach dem Ladenschlussrecht und § 23 ApBetrO die Grundlage entziehen wollte (vgl. VG München, PharmR 2019, 196 [juris Rn. 27]). Im Gegenteil ergibt sich aus der Begründung zur Änderung der Apothekenbetriebsverordnung, dass der Bundesverordnungsgeber durch die Änderung von § 23 ApBetrO lediglich der nunmehr ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Ladenschlussrecht Rechnung tragen wollte.
55 dd) Soweit die Revision geltend macht, die Vorschrift des § 7 Abs. 2 LÖG NRW sei keine Regelung des Ladenschlussrechts, sondern treffe eine Regelung zur Dienstbereitschaft, wofür dem Landesgesetzgeber die Regelungskompetenz fehle, kann sie damit ebenfalls nicht durchdringen.
56 (1) Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW trifft eine der Vorschrift des § 4 Abs. 2 LadSchlG entsprechende Regelung. Die Regelungen in § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 LÖG NRW sind wortlautidentisch mit § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 LadSchlG.
57 (2) Wie bereits ausgeführt (s. o. Rn. 54), ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber des Bundes mit der Neufassung von § 23 Abs. 1 ApBetrO etwas an der Beschränkung der ständigen Dienstbereitschaft der Apotheken durch Ladenschlussregelungen ändern und diese Materie umfassend und lückenlos selbst regeln wollte. Da Hintergrund für die Streichung des Verweises auf das Ladenschlussgesetz des Bundes in § 23 Abs. 1 ApBetrO allein der Wechsel der Gesetzgebungskompetenz war, kann ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass der Bund Schließungsanordnungen der Länder für Sonn- und Feiertage, die der bisherigen Rechtslage entsprechen, unterbinden wollte. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV die Sonn- und Feiertagsruhe unter den Schutz der Verfassung stellt und dem Bund sowie den Ländern auferlegt, für diesen Schutz durch Schaffung entsprechender Gesetze Sorge zu tragen.
58 (3) Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 3 LÖG NRW, die die Dienstbereitschaft der Apotheken der Offenhaltung gleichsetzt, hat im Streitfall keine entscheidungserhebliche Bedeutung. Sie bezieht sich auf Satz 2 von § 7 Abs. 2 LÖG NRW. Danach ist vorgesehen, dass an "geschlossenen" Apotheken an sichtbarer Stelle ein Aushang anzubringen ist, der die zur Zeit "offenen" Apotheken bekannt gibt. Sinn der dieser Vorschrift angefügten Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 3 LÖG NRW ist es klarzustellen, dass eine Apotheke im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 2 LÖG NRW auch dann "offen" ist, wenn die Verkaufsstelle geschlossen, aber im Sinne des Apothekenrechts dienstbereit ist.
59 (4) Diese Auslegung von § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 LÖG NRW entspricht den bundesrechtlichen Regelungen zur Dienstbereitschaft von Apotheken und steht deshalb mit ihnen im Einklang. Nach § 23 Abs. 5 ApBetrO ist an nicht dienstbereiten Apotheken für Patienten oder andere Kunden an deutlich sichtbarer Stelle ein gut lesbarer Hinweis auf die nächstgelegenen dienstbereiten Apotheken anzubringen. Dem entspricht § 7 Abs. 2 Satz 2 LÖG NRW. Ist eine Apotheke nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d ApBetrO an Sonn- und Feiertagen nicht von der Pflicht zur Dienstbereitschaft befreit, genügt es zur Gewährleistung der Dienstbereitschaft, wenn sich der Apothekenleiter oder eine vertretungsberechtigte Person in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Apothekenbetriebsräumen aufhält und jederzeit erreichbar ist (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 ApBetrO). Auf diese Regelung nimmt § 7 Abs. 2 Satz 3 LÖG NRW Bezug und stellt klar, dass eine Apotheke, wenn der Apothekenleiter zu Notdienstzeiten erreichbar ist, dienstbereit und damit im Sinne des Landesrechts "offen" ist (vgl. Hadamitzky in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 254. EL [Oktober 2024], § 23 ApBetrO Rn. 2 und 4; Neumann in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 92. EL [Dezember 2023] § 4 LadSchlG Rn. 2).
60 3. Der Verstoß des Beklagten gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW ist im Sinne des § 3a UWG geeignet, jedenfalls die Interessen von denjenigen Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, die von der zuständigen Apothekerkammer zum Notdienst verpflichtet worden sind.
61 II. Die Revision wendet sich mit Recht gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte mit seinem Verhalten auch gegen § 3 Satz 1 FeiertagsG NRW verstoße und dies gemäß § 3a UWG wettbewerbsrechtlich unlauter sei.
62 1. Nach § 3 Satz 1 FeiertagsG NRW sind an Sonn- und Feiertagen alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören, sofern sie nicht besonders erlaubt sind. § 3 Satz 1 FeiertagsG NRW konkretisiert Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV, deren Geltung als unmittelbares Landesrecht durch Art. 22 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen angeordnet wird. Nach diesen Vorschriften sind der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich zu schützen.
63 2. Bei der Vorschrift des § 3 FeiertagsG NRW handelt es sich - ebenso wie bei § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW - um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Sie dient zwar in erster Linie dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe, soll aber auch für Wettbewerbsneutralität zwischen den Wettbewerbern sorgen (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2008, 16 [juris Rn. 4]; vgl. Köhler/Odörfer in Köhler/Feddersen aaO § 3a Rn. 1.263; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 3a Rn. 74; vgl. auch BGH, GRUR 2023, 1307 [juris Rn. 13] - Fashion Outlet Zweibrücken; BGH, Urteil vom 5. Dezember 2024 - I ZR 38/24, GRUR 2025, 87 [juris Rn. 6] = WRP 2025, 189 - Sonntagsverkauf im Gartencenter).
64 3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe gegen § 3 Satz 1 FeiertagsG NRW verstoßen, ist nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei.
65 a) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Landgericht habe zutreffend angenommen, auch wenn eine Abholung der bei der Apotheke des Beklagten bestellten Arzneimittel (nur) per Fahrradboten erfolge, liege eine öffentlich bemerkbare Arbeit vor. Das Landgericht habe mit Recht angenommen, dass der durch das Angebot des Lieferdiensts entstehende Verkehr, sei es auch mit Fahrrädern, einen typisch werktäglichen Charakter habe. Dem könne der Beklagte nicht entgegenhalten, es existierten andere am Sonntag tätige Lieferdienste wie Gastronomie-Lieferdienste, weil diese über eine gesonderte Befugnis auf Grundlage des § 18 GaststättenG verfügten. Deren Tätigwerden bestärke den Ausnahmecharakter solcher Lieferdienste in der Verbraucherwahrnehmung. Auch könne nicht auf den sonstigen sonntäglichen Verkehr in einer Großstadt abgestellt werden, weil es schon im Interesse der Rechtssicherheit nicht maßgeblich auf die Verkehrsverhältnisse im Einzelfall, sondern auf eine abstrakt-generalisierende Betrachtung ankomme, die auch in einer Kleinstadt Gültigkeit beanspruchen könne. Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht.
66 b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Beklagte Arbeiten im Sinne von § 3 Satz 1 FeiertagsG NRW vornimmt.
67 aa) Unter Arbeiten im Sinne von § 3 FeiertagsG NRW fallen alle Tätigkeiten, die nach der Verkehrsauffassung nicht ausschließlich der Muße, dem Vergnügen oder allgemein der Freizeitgestaltung zuzurechnen sind (OVG Münster, NJW 1983, 2209). Gewerbliche Tätigkeiten gegen Bezahlung, die mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen werden und auf Dauer angelegt sind, sind nicht als Freizeitgestaltung anzusehen (vgl. OVG Münster, NJW-RR 1989, 431).
68 bb) Die Tätigkeit des Beklagten, nach Eingang von Kundenbestellungen Waren seiner Apotheke zur Übergabe an Boten vorzubereiten und sie ihnen zur Auslieferung an die Kunden zu übergeben, stellt eine gewerbliche Tätigkeit dar. Sie ist Teil seiner Tätigkeit als Apotheker, auf Dauer angelegt und damit Arbeit im Sinne von § 3 Satz 1 FeiertagsG NRW.
69 c) Wie vorstehend ausgeführt (vgl. Rn. 39 bis 59), war dem Beklagten wegen der auf § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW beruhenden Schließungsanordnung der Apothekerkammer die von der Klägerin beanstandete Tätigkeit an Sonn- und Feiertagen auch nicht besonders erlaubt.
70 d) Das Berufungsgericht hat ferner ohne Rechtsfehler angenommen, dass diese Arbeiten öffentlich bemerkbar sind.
71 aa) Dafür, dass die Arbeit öffentlich bemerkbar ist, reicht es aus, wenn sie die Aufmerksamkeit einer unbestimmten Anzahl von Personen auf sich ziehen kann. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob der Arbeitsvorgang gerade als solcher optisch oder akustisch wahrgenommen werden kann. Dafür, dass Arbeiten im Sinne von § 3 Satz 1 FeiertagsG NRW öffentlich bemerkbar sind, bedarf es insbesondere keiner ruhestörenden Tätigkeit. Es genügt, wenn die ohne weiteres erkennbaren Umstände den Schluss nahelegen, dass Arbeiten durchgeführt werden (vgl. OVG Münster, NJW 1983, 2209, 2210; NJW-RR 1989, 431; OLG Hamm, GRUR-RR 2009, 30 [juris Rn. 19 bis 20]; zu § 6 FeiertagsG BW vgl. VGH Baden-Württemberg, NVwZ 2007, 1333 [juris Rn. 2]; Urteil vom 15. August 2011 - 9 S 989/09, juris Rn. 21).
72 bb) Das Berufungsgericht hat danach mit Recht angenommen, auch wenn eine Abholung der bei der Apotheke des Beklagten bestellten Arzneimittel (nur) per Fahrradboten erfolge, sei die Arbeit des Beklagten öffentlich bemerkbar. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass es nicht entscheidend darauf ankommt, ob die Tätigkeit des Beklagten in den Räumen der für den Publikumsverkehr geschlossenen Apotheke öffentlich bemerkbar ist. Öffentlich bemerkbar kann auch ein durch die Arbeit des Beklagten veranlasster Lieferverkehr sein. Hat der Beklagte einen Lieferservice zur Auslieferung der Bestellungen beauftragt, muss er sich dessen Tätigkeit gemäß § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen.
73 e) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Tätigkeit des Beklagten sei geeignet, die äußere Ruhe des Tages zu stören, ist allerdings nicht rechtsfehlerfrei.
74 aa) Geeignet, die Ruhe der Sonn- und Feiertage zu stören, ist grundsätzlich jede Art von Arbeit, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild üblicherweise an Werktagen stattfindet. Dies gilt besonders, wenn die Arbeit dem werktäglichen Gelderwerb zuzurechnen ist. Jede Betätigung mit werktäglichem Charakter in der Öffentlichkeit kann den äußeren Eindruck der Sonn- und Feiertagsruhe stören und birgt zusätzlich die Gefahr, dass die Bereitschaft anderer, insbesondere wirtschaftlicher Konkurrenten, sinkt, dem Bedürfnis nach Sonntagsruhe nachzugeben. Es kommt nicht darauf an, ob die Öffentlichkeit oder einzelne Personen konkret in ihrer Sonntagsruhe durch diese Arbeit gestört werden. Das Gesetz lässt die Eignung der Arbeiten zur Störung der Sonn- und Feiertagsruhe ausreichen (vgl. OVG Münster, NJW 1983, 2209; NJW-RR 1989, 431). Mit der Zweckbestimmung der Sonn- und Feiertage stehen solche Tätigkeiten nicht im Einklang, die sich nach ihrem Zweck, ihrer Ausgestaltung und dem Erscheinungsbild im öffentlichen Leben als typisch werktägliche Lebensvorgänge darstellen (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2008, 16 [juris Rn. 11]; MMR 2011, 39 [juris Rn. 18]).
75 bb) Das Berufungsgericht hat den Zweck der vom Beklagten erbrachten Tätigkeit nicht in seine Erwägungen einbezogen. Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ApoG). Apotheken sind nach § 23 Abs. 1 Nr. 5 ApBetrO grundsätzlich auch sonntags und an gesetzlichen Feiertagen zur Dienstbereitschaft verpflichtet, es sei denn, sie sind aufgrund einer Notdienstregelung hiervon befreit. Der Beklagte erbringt mit seinen Dienstleistungen mithin eine Tätigkeit, zu deren Erbringung ihn das Gesetz im Grundsatz auch an Sonn- und Feiertagen verpflichtet. Die Ausgabe von Arzneimitteln durch eine Apotheke an einem Sonn- oder Feiertag hat aus diesem Grund bereits keinen typisch werktäglichen Charakter, weil an diesen Tagen immer ein Teil der Apotheken zum Notdienst verpflichtet ist.
76 D. Hinsichtlich der Kosten und Auslagen für das Verfahren zweiter und dritter Instanz macht der Senat von § 21 Abs. 1 GKG Gebrauch.