BGH: Schutz des Vertrauens auf schlüssige Angaben des Sanierungsberaters zum Sanierungskonzept
BGH, Urteil vom 23.6.2022 – IX ZR 75/21
ECLI:DE:BGH:2022:230622UIXZR75.21.0
Volltext: BB-Online BBL2022-1858-2
Amtliche Leitsätze
a) Erhält der Gläubiger Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts, genügt es zur Widerlegung der Vermutung der Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners, wenn der Anfechtungsgegner konkrete Umstände darlegt und beweist, die es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm dieser im Hinblick auf den Sanierungsversuch unbekannt geblieben ist.
b) Der Anfechtungsgegner darf grundsätzlich auf schlüssige Angaben des Schuldners oder des von ihm beauftragten Sanierungsberaters zum Sanierungskonzept vertrauen. Er ist nicht verpflichtet, die laufende Umsetzung des Konzepts zu überprüfen. Der Vertrauensschutz entfällt nur, wenn er erhebliche Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder dass das Sanierungskonzept keine Aussicht auf Erfolg hat oder gescheitert ist.
Sachverhalt
Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen am 27. Juni 2014 eingegangenen Eigenantrag am 1. Oktober 2014 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. AG (im Folgenden: Schuldnerin). Die Schuldnerin beauftragte die Beklagte mit der Prüfung der Jahres- und Konzernabschlüsse sowie der Lage- und Konzernberichte für die Jahre 2012 und 2013. Grundlage der Tätigkeit der Beklagten waren ihre Auftragsbestätigungsschreiben vom 14. Dezember 2012 und vom 17. Januar 2014. Darin war jeweils eine Honorierung der Beklagten nach Stundenaufwand bestimmt. Zudem waren pauschale Abschläge auf Vergütung und Auslagen in festgelegter Höhe und zu bestimmten Zeitpunkten sowie eine Restzahlung nach Abschluss aller Arbeiten vorgesehen. Für den Prüfungszeitraum 2012 waren danach zwei Abschlagszahlungen (nach Auftragsbestätigung und zu Beginn der Hauptprüfung), für 2013 drei Abschlagszahlungen (zusätzlich am Ende der Hauptprüfung) vereinbart. Darüber hinaus waren den Auftragsbestätigungen jeweils die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beigefügt. In deren Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 hieß es, dass der Wirtschaftsprüfer angemessene Vorschüsse auf Vergütung und Auslagenersatz verlangen könne.
In einer Liquiditätsanalyse kam die Beklagte am 12. Juli 2013 zu dem Ergebnis, dass die Schuldnerin im "Management Case" ohne weitere Maßnahmen ab Dezember 2013 drohend zahlungsunfähig sei. Die Schuldnerin beauftragte daraufhin die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E. (fortan: E. ) mit der Erstellung eines Sanierungskonzepts. Die Schuldnerin gab bei der Beauftragung an, dass die Beklagte die Testate für die Jahresabschlüsse 2011 und 2012 wegen einer durch Verluste einer ihrer Tochtergesellschaften entstandenen Schieflage ihres Unternehmensverbunds verweigere. In einem Schreiben an die Schuldnerin vom 21. November 2013 verweigerte die Beklagte erneut die Erteilung des Bestätigungsvermerks für den Jahresabschluss 2012 und führte aus, dass sich eine Liquiditätsunterdeckung abzeichne, die sich gegebenenfalls zu einer insolvenzauslösenden Illiquidität verdichten könne. Am 20. Dezember 2013 stellte E. ein Sanierungskonzept vor. Darin wurde eine akute Liquiditätskrise festgestellt, eine Sanierungsfähigkeit der Schuldnerin jedoch bejaht. Für die Sicherstellung der Durchfinanzierung bis Ende 2014 wurden von E. verschiedene, kumulativ zu erfüllende Bedingungen genannt, darunter die Prolongation eines S. -Darlehens über 4,8 Millionen €, welches am 4. August 2014 zur Rückzahlung fällig war. Am 20. Januar 2014 teilte die S. der Schuldnerin mit, an ihrer bereits am 10. Mai 2013 erstmalig eröffneten Entscheidung, das Darlehen nicht zu verlängern, festzuhalten. Ob die Beklagte von der erneuten Verweigerung des Kreditinstituts Kenntnis erlangte, ist streitig. In einer Präsentation der Beklagten am 31. Januar 2014 zu den Abschlüssen 2012 wies diese auf eine Gefährdung des Fortbestands der Schuldnerin nach gegenwärtigem Sachstand hin sowie auf den Umstand, dass bestimmte Sanierungsbedingungen bislang nicht umgesetzt seien.
Die Beklagte stellte der Schuldnerin am 13. Januar 2014 eine Anzahlungs-/Abschlagsrechnung als "5. Abschlagsrechnung zur Jahres- und Konzernabschlussprüfung 2012 gemäß Auftragsbestätigung - Mehraufwand" über 15.470 €, welche die Schuldnerin am 17. Februar 2014 bezahlte. Am 13. März 2014 stellte die Beklagte der Schuldnerin eine erste Abschlagsrechnung zur Prüfung des Jahresabschlusses 2013 über 11.900 € und am 9. Mai 2014 eine zweite Abschlagsrechnung über 29.750 €, welche die Schuldnerin am 27. März und am 27. Mai 2014 bezahlte.
Der Kläger hat die Beklagte auf Rückzahlung dieser Beträge in Höhe von insgesamt 57.120 € unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung in Anspruch genommen. Die Beklagte hat im Wege der Hilfswiderklage insgesamt 37.780,50 € für den Fall geltend gemacht, dass die Klage abgewiesen wird. Dabei handelt es sich um die Beträge der Schlussrechnungen der Beklagten für die beiden Prüfzeiträume 2012 und 2013, die sie erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte und die sie 2014 zunächst jeweils zur Tabelle des Insolvenzverfahrens angemeldet hatte.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat nur wegen eines Teils der Zinsen Erfolg gehabt. Im Übrigen hat das Oberlandesgericht ihr Rechtsmittel zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Aus den Gründen
6 Die Revision hat Erfolg. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
7 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in ZIP 2021, 1978 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte seien gemäß § 133 Abs. 1 InsO aF anfechtbar.
8 Die Zahlungen hätten eine Gläubigerbenachteiligung bewirkt. Denn die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Rahmen einer Abschlussprüfung entstandenen Vergütungsansprüche seien als bloße Insolvenzforderungen einzustufen und hätten im Insolvenzverfahren nicht als Masseverbindlichkeiten befriedigt werden müssen.
9 Die Beklagte habe im Zeitpunkt der fraglichen Zahlungen jeweils Kenntnis von Umständen gehabt, aus denen auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu schließen gewesen sei. Diese Umstände habe sie der Schuldnerin mitgeteilt, die deshalb Kenntnis von Indizien gehabt habe, die auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen ließen. Daraus folge nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Schluss auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin einer- und auf die Kenntnis der Beklagten davon andererseits. Das für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und dessen Kenntnis bei der Beklagten sprechende Beweisanzeichen der drohenden Zahlungsunfähigkeit werde auch nicht durch die Gegenindizien eines ernsthaften Sanierungsversuchs oder eines bargeschäftsähnlichen Leistungsaustauschs ausgeräumt. Deren Voraussetzungen hätten bei den einzelnen Zahlungen an die Beklagte nicht vorgelegen.
II.
10 Das hält rechtlicher Prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.
11 1. Allerdings bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine Gläubigerbenachteiligung durch die Bezahlung der Rechnungen der Beklagten.
12 a) Die von allen Anfechtungstatbeständen der Insolvenzordnung vorausgesetzte Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO liegt dann vor, wenn entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch der Gläubigerzugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert, gefährdet oder verzögert wird (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005 - IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343, 350; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 27; vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 288/14, BGHZ 216, 136 Rn. 22). Erforderlich ist mithin, dass die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die angefochtene Rechtshandlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gewesen wären (BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - IX ZR 185/13, WM 2016, 427 Rn. 24 mwN; vom 12. Oktober 2017, aaO).
13 b) Mit den von der Schuldnerin geleisteten drei Zahlungen an die Beklagte ist ihre Aktivmasse verringert worden, wodurch ihre Gläubiger benachteiligt wurden. Die Beklagte hätte die befriedigten Forderungen nur als Insolvenzforderungen geltend machen können.
14 Die zum Teil vor, zum Teil erst nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erbrachten Leistungen eines Abschlussprüfers begründen eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO nach dem Rechtsgedanken des § 105 Satz 1 InsO nur für den auf die Prüftätigkeit nach Eröffnung entfallenden Teil der Vergütung. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Auch unter Berücksichtigung des höchstpersönlichen Charakters der Prüftätigkeit ist der Vergütungsanspruch des Abschlussprüfers teilbar. Der Vergütungsteil, der auf einer Tätigkeit des Abschlussprüfers vor Eröffnung beruht, stellt eine bloße Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO dar, wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden hat (BGH, Urteil vom 28. April 2022 - IX ZR 69/21, zVb). Auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Gläubigerbenachteiligung ausscheidet, wenn die vom Schuldner befriedigte Forderung im späteren Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeit zu befriedigen gewesen wäre (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Oktober 1962 - VIII ZR 126/61, WM 1962, 1316, 1317; vom 7. Mai 1991 - IX ZR 30/90, BGHZ 114, 315, 322; Beschluss vom 7. Februar 2013 - IX ZR 146/12, WM 2013, 615 Rn. 2 f), kommt es daher nicht an.
15 2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann jedoch weder ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bei Vornahme der Zahlungen noch die erforderliche Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz bei der Beklagten angenommen werden.
16 a) Gemäß § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Kenntnis des anderen Teils wird vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
17 aa) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners setzt voraus, dass der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge seiner Rechtshandlung erkannt und gebilligt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2016 - IX ZR 65/15, WM 2017, 51 Rn. 13). Der Benachteiligungsvorsatz sowie die Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon sind allerdings innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZIP 2016, 1686 Rn. 12).
18 Es ist dabei Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO). Dabei hat er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen. Die einzelnen Beweisanzeichen dürfen dabei nicht schematisch angewandt werden (BGH, Urteil vom 7. Mai 2020 - IX ZR 18/19, WM 2020, 1074 Rn. 10; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 17).
19 bb) Nach Erlass des angefochtenen Urteils hat der Senat seine Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung einer teilweisen Neuausrichtung unterzogen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 ff; vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, WM 2022, 527 ff, zVb in BGHZ; vom 3. März 2022 - IX ZR 53/19, WM 2022, 589 ff). Danach kann aus der Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit allein nicht mehr auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Anfechtungsgegner geschlossen werden. Wer im Zeitpunkt der Rechtshandlung noch alle seine Gläubiger befriedigen kann, handelt in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Im Stadium der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit vorgenommene Deckungshandlungen können daher nach § 133 Abs. 1 InsO nur ausnahmsweise anfechtbar sein, wenn weitere Umstände hinzutreten (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 38 ff; vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, aaO Rn. 52 ff, 101 ff).
20 b) Nach diesen Maßstäben kann ein Benachteiligungsvorsatz mit den vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen nicht bejaht werden.
21 aa) Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, dass das Berufungsgericht es unterlassen habe, ausdrücklich die objektiv drohende Zahlungsunfähigkeit festzustellen, und sich nur auf die subjektive Sicht der Schuldnerin und der Beklagten beschränkt habe. Aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts ergibt sich hinreichend deutlich, dass das Berufungsgericht sich davon überzeugt hat, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Zahlungen objektiv drohend zahlungsunfähig war. Diese Feststellungen sind rechtsfehlerfrei.
22 bb) Rechtsfehlerhaft bejaht das Berufungsgericht allein aufgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die Zahlungen mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen, berücksichtigt nicht, dass nach der - erst nach der Entscheidung des Berufungsgerichts ergangenen - neuen Rechtsprechung des Senats im Fall einer kongruenten Deckung allein aus einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht gefolgert werden kann, dass der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelte (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 39). Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen, die als zusätzliche Umstände neben der drohenden Zahlungsunfähigkeit den Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz erlauben würden.
23 cc) Zusätzliche Umstände, die im Zusammenhang mit einer nur drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ausnahmsweise die Annahme eines Benachteiligungsvorsatzes rechtfertigen, können zunächst darin liegen, dass der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bereits sicher ist und alsbald bevorsteht, der Schuldner sich bewusst ist, dass er kurzfristig einen Insolvenzantrag stellen wird, und er gleichwohl einzelne Gläubiger in der verbleibenden Zeit bis zum ohnehin beabsichtigten Insolvenzantrag gezielt befriedigt (BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, WM 2022, 527 Rn. 56, 102). Ein anderes Indiz, das zusammen mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit auf einen Benachteiligungsvorsatz schließen lässt, kann in dem Ausmaß der erkannten Gläubigerbenachteiligung liegen. Dieses Beweisanzeichen kommt vor allem für eine mit der Vollendung der Rechtshandlung verwirklichte unmittelbare Gläubigerbenachteiligung in Betracht (BGH, Urteil vom 3. März 2022, aaO Rn. 103 f). Gleiches gilt, wenn zwar keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vorliegt, der Schuldner das Sanierungsrisiko aber mit einem untauglichen Sanierungsversuch bewusst den künftigen Insolvenzgläubigern auferlegt, indem er eine Beratungsleistung zu einem erkennbar von Anfang an untauglichen oder zu einem im Verlauf erkennbar gescheiterten Sanierungsversuch entgegennimmt. In diesem Fall führt die Beratung zum Abfluss weiterer Mittel aus dem Schuldnervermögen, ohne dass für die übrigen Gläubiger noch eine Aussicht bestünde, mittelbar von den Leistungen des Sanierungsberaters zu profitieren (BGH, Urteil vom 3. März 2022, aaO Rn. 105).
24 dd) Die Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
25 (1) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist bereits nicht zweifelsfrei, dass der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spätestens mit dem Fälligwerden des Darlehens der S. Anfang August 2014 zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen von Mitte Februar 2014 bis Mitte Mai 2014 sicher gewesen ist. Ebensowenig ist ersichtlich, dass die Schuldnerin sich zu den jeweiligen Zahlungszeitpunkten bewusst war, dass sie kurzfristig einen Insolvenzantrag stellen wird und sie die Beklagte gleichwohl in der Zeit bis zum ohnehin beabsichtigten Insolvenzantrag befriedigte. Dies gilt angesichts des verstrichenen Zeitraums zwischen den Zahlungen und dem Insolvenzantrag vor allem für die ersten beiden Zahlungen.
26 (2) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung, die zusammen mit der erkanntermaßen drohenden Zahlungsunfähigkeit ebenfalls auf einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz schließen lassen kann, kommt in Betracht, wenn die vergüteten Dienste objektiv schon bei Abschluss des Vertrags keinen gleichwertigen Nutzen bringen können (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, WM 2022, 527 Rn. 104). Daran fehlt es bei Leistungen zur Prüfung eines Jahresabschlusses, weil die Prüfung der Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften, die nicht kleine im Sinne von § 267 Abs. 1 HGB sind, gesetzlich verpflichtend vorgeschrieben ist (§ 316 Abs. 1 Satz 1 HGB). Die entsprechenden Verträge erlöschen anders als sonstige Geschäftsbesorgungsverträge gemäß § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO nicht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGH, Urteil vom 28. April 2022 - IX ZR 69/21, zVb). Die Pflicht zur Veranlassung der Bestellung eines Abschlussprüfers (auch) für vergangene Geschäftsjahre, für die noch kein Abschlussprüfer bestellt wurde, geht zudem mit der Eröffnung auf den Insolvenzverwalter über (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2018 - II ZB 17/17, WM 2018, 1314 Rn. 7). Vor diesem Hintergrund waren die vertraglich vereinbarten Leistungen der Beklagten nicht ohne Wert für die Schuldnerin und ihre weiteren Gläubiger.
27 (3) Die dritte Fallgruppe, in der im Stadium erkannter drohender Zahlungsunfähigkeit jenseits einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung wegen deren Ausmaß noch auf einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz geschlossen werden kann - Entgegennahme von Beratungsleistungen zu einem erkennbar aussichtslosen Sanierungsunterfangen -, ist ausschließlich auf Beratungsleistungen für einen Sanierungsversuch zugeschnitten und hier nicht einschlägig.
28 c) Schließlich hält auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bejaht hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
29 aa) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beklagte die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin kannte. Der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von tatsächlichen Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, WM 2013, 180 Rn. 24 f; vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 17; vom 9. Juni 2016 - IX ZR 174/15, NZI 2016, 736 Rn 17; vom 24. Februar 2022 - IX ZR 250/20, ZIP 2022, 654 Rn. 20 mwN). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler bejaht.
30 bb) Hingegen ist es rechtsfehlerhaft, soweit das Berufungsgericht allein aus dieser Kenntnis der Beklagten darauf geschlossen hat, dass die Beklagte den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin kannte. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Wissen des Anfechtungsgegners von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit für sich genommen nicht, um den Vollbeweis der Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO führen zu können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 35, 39). Weitere Umstände, die einen Vollbeweis der Kenntnis erlauben könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
31 cc) Ebensowenig kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts die Kenntnis der Beklagten auf die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gestützt werden. Allerdings wird nach der im Streitfall gemäß Art. 103j EGInsO noch anwendbaren, bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung des § 133 InsO die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners auch bei kongruenten Deckungen vermutet, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Das Berufungsgericht hat jedoch verfahrensfehlerhaft erheblichen Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts übergangen.
32 (1) Im Hinblick auf die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO hat die Beklagte darzulegen und zu beweisen, dass sie die Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts erlangt hat (BGH, Urteil vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40; vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 23; vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, WM 2022, 527 Rn. 109). Zur Widerlegung der Vermutung genügt es, wenn der Anfechtungsgegner konkrete Umstände darlegt und beweist, die es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm im Hinblick auf den Sanierungsversuch der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners unbekannt geblieben war (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 9; vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 24). Hierbei darf sich der Anfechtungsgegner grundsätzlich auf schlüssige Angaben des Schuldners oder seines beauftragten Sanierungsberaters verlassen, solange er keine (erheblichen) Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder dass der Sanierungsplan keine Aussicht auf Erfolg hat (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 27).
33 Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine bloße Sanierungshoffnung nicht genügt, andererseits ein Erfolg aber auch nicht sicher sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 39; vom 3. März 2022, aaO Rn. 86). Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, die laufende Umsetzung des erfolgversprechenden Sanierungskonzepts zu überprüfen. Erst wenn er Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder das Sanierungskonzept keine Aussicht auf Erfolg hat (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 27; vom 3. März 2022, aaO Rn. 86 ff) oder gescheitert ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2022, aaO Rn. 35 f, 88) oder der Schuldner die Sanierungsbemühungen eingestellt hat, entfällt der Vertrauensschutz. Solche Anhaltspunkte können gegeben sein, wenn einzelne Umsetzungsmaßnahmen ausbleiben, von denen der Gläubiger nach den Umständen, insbesondere nach dem Inhalt des Sanierungskonzepts, erfahren müsste. Hierzu genügt es nicht, wenn es bei der Umsetzung des Sanierungskonzepts zu Verzögerungen kommt, solange diese Verzögerungen keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass das Sanierungskonzept nunmehr keine Aussicht auf Erfolg mehr hat, gescheitert ist oder der Gläubiger über die (weitere) Sanierung getäuscht werden soll.
34 (2) Das Berufungsgericht hat insoweit angenommen, dass das Sanierungskonzept schlüssig war. Es sei jedoch nicht mehr planmäßig umsetzbar gewesen, nachdem die S. mit Schreiben vom 20. Januar 2014 mitgeteilt habe, dass sie ihr gewährtes Darlehen nicht prolongieren werde. Auch wenn die Beklagte hiervon keine Kenntnis gehabt habe, fehle es an einem Vortrag der Beklagten dazu, dass die in dem Sanierungskonzept aufgestellten Voraussetzungen für eine Sanierung aus ihrer Sicht erfüllt werden konnten. Das gelte umso mehr, als die Beklagte selbst unstreitig am 31. Januar 2014 im Rahmen einer Präsentation festgestellt habe, dass bestimmte Sanierungsmaßnahmen gemäß dem Konzept bislang noch nicht umgesetzt seien. Zudem seien die angefochtenen Zahlungen nicht Gegenstand des - der Beklagten bekannten - Sanierungskonzepts gewesen.
35 (3) Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind rechtsfehlerhaft und übergehen - wie die Revision zutreffend rügt - erheblichen Vortrag der Beklagten zu den aus ihrer Sicht erfolgten Umsetzungsschritten.
36 (a) Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht, die Leistungen an die Beklagte müssten Bestandteil des Sanierungskonzepts gewesen sein. Es kommt nicht darauf an, ob die angefochtenen Zahlungen im Sanierungskonzept ausdrücklich vorgesehen oder gar vorausgesetzt waren. Maßgeblich ist allein, ob Zahlungen aus Sicht des Gläubigers von einem anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen des Schuldners getragen waren (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - IX ZR 22/15, WM 2018, 1703 Rn. 9). Hierfür kann es genügen, wenn die Zahlungen aus der Sicht des Anfechtungsgegners mit dem schlüssigen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept vereinbar waren und in diesem Sinne auf der Grundlage des Konzepts erbracht wurden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016- IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 23 mwN). Dies trifft auf die Bezahlung von Leistungen eines Abschlussprüfers schon deshalb zu, weil Durchführung und ordnungsgemäßer Abschluss der Prüfung der Schuldnerin gemäß § 316 HGB gesetzlich vorgeschrieben sind und eine erfolgreiche Fortführung des Unternehmens im Rahmen der angestrebten Sanierung mit einem Bestätigungsvermerk nach § 322 HGB versehene Jahresabschlüsse erfordert.
37 (b) Hinsichtlich des Vertrauens der Beklagten auf die erfolgversprechende Durchführung des Sanierungskonzepts ist die Würdigung des Berufungsgerichts unvollständig. Die Beklagte kannte das Sanierungskonzept im Einzelnen. Sie hat weiter vorgetragen, dass die Schuldnerin mit der Umsetzung des Konzepts bereits begonnen und zum Jahreswechsel 2013/14 das Verwaltungsgebäude veräußert habe. Dass die Beklagte später erhebliche Anhaltspunkte dafür hatte, dass das Sanierungskonzept gescheitert war, lässt sich den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Die Beklagte durfte grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Schuldnerin die im Sanierungskonzept vorgesehenen Maßnahmen umsetzte. Nachdem die Darlehen gegenüber der S. erst im August 2014 fällig wurden, bestand im Zeitpunkt der Zahlungen im Februar, März und Mai 2014 allein auf der Grundlage des Sanierungskonzepts kein Anlass für die Beklagte, wegen einer erfolgreichen Prolongation der Darlehen nachzufragen oder sich nach dem Stand der Verhandlungen über die Prolongation der Darlehen zu erkundigen. Die vom Berufungsgericht herangezogene Power-Point-Präsentation vom 31. Januar 2014 trägt nicht den Schluss, dass die eingetretenen Verzögerungen Anhaltspunkte für ein Scheitern des Sanierungskonzepts enthielten.
III.
38 Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
39 1. Die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können nicht unter dem Gesichtspunkt einer inkongruenten Deckung bejaht werden.
40 a) Für einen Benachteiligungsvorsatz spricht die Inkongruenz der Leistung bei gleichzeitig beengten finanziellen Verhältnissen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 248/12, WM 2013, 2233 Rn. 12 mwN; vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, WM 2017, 1215 Rn. 24; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 18). Hieran hat die Neuausrichtung der Vorsatzanfechtung nichts geändert (vgl. bereits BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 32; vom 3. März 2022 - IX ZR 53/19, WM 2022, 589 Rn. 11); die Neuausrichtung der Vorsatzanfechtung betrifft die Vorsatzanfechtung von kongruenten Deckungen.
41 b) Diese Voraussetzungen lassen sich schon deshalb nicht bejahen, weil hinsichtlich der ersten Zahlung nicht feststeht, dass es sich um eine inkongruente Deckung handelte, und die zweite und dritte Zahlung kongruent waren.
42 aa) Die Frage, ob eine inkongruente Deckung vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2018 - IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280 Rn. 18; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 20). Die Darlegungs- und Beweislast für die Inkongruenz trägt der Insolvenzverwalter (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, ZIP 2009, 573 Rn. 8).
43 Dabei unterscheidet gerade das Recht des Gläubigers, die Leistung zu fordern, kongruente und inkongruente Rechtshandlungen (BGH, Urteil vom 17. Juni 1999 - IX ZR 62/98, NJW 1999, 3780, 3781; vom 9. Juni 2005 - IX ZR 152/03, NZI 2005, 497; vom 14. Mai 2009 - IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 14; vom 6. Dezember 2018 - IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280 Rn. 18; vom 12. September 2019 - IX ZR 16/18, ZIP 2019, 1972 Rn. 21). Was ein Gläubiger beanspruchen kann und wozu der Schuldner verpflichtet ist, ist keine spezifisch insolvenzrechtliche, sondern zuvörderst eine materiell-rechtliche Frage. Folgt der Anspruch aus einer vertraglichen Vereinbarung, kommt es darauf an, was vertraglich vereinbart worden ist. Haben die Vertragsparteien nicht alle Fragen rechtsgeschäftlich geregelt, ist auf die entsprechenden gesetzlichen Regeln zurückzugreifen. Soweit rechtsgeschäftliche Regelungen möglich sind, ist immer nur maßgeblich, was die Vertragsparteien tatsächlich - ausdrücklich oder konkludent - vereinbart haben, nicht was sie hätten vereinbaren können (BAGE 146, 323 Rn. 15; vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 131 Rn. 32). Maßstab ist allein die objektive Rechtslage. Es kommt nicht darauf an, welche Vorstellungen die Parteien hatten, insbesondere müssen sie die Inkongruenz weder erkannt noch fahrlässig nicht erkannt haben. Daher spielt auch der gute Glaube beider Parteien, dass die Deckung in vollem Umfang dem Schuldverhältnis entspreche, keine Rolle (vgl. Schoppmeyer, aaO Rn. 33). Nicht in der Art geschuldet sind sämtliche Befriedigungen, die mit dem geschuldeten Leistungsprogramm nicht im Einklang stehen, also nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses von der tatsächlich geschuldeten Leistung abweichen (vgl. Schoppmeyer, aaO Rn. 54; zum Ganzen BGH, Urteil vom 12. September 2019 - IX ZR 16/18, ZIP 2019, 1972 Rn. 21).
44 bb) Nach diesen Maßstäben kann weder hinsichtlich der ersten noch hinsichtlich der zweiten und dritten Zahlung eine inkongruente Leistung bejaht werden.
45 (1) Die Annahme des Berufungsgerichts, die erste Zahlung vom 17. Februar 2014 über 15.470 € auf die fünfte Abschlagsrechnung der Beklagten vom 13. Januar 2014 sei inkongruent, hält den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat einen erheblichen Beweisantritt der Beklagten übergangen.
46 (a) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Schuldnerin und die Beklagte hinsichtlich der Fälligkeit der Vergütungsansprüche eine Individualvereinbarung getroffen haben. Danach konnte die Beklagte für die Prüfung der Jahresabschlüsse neben den ausdrücklich vereinbarten Abschlagszahlungen eine weitere Bezahlung ihrer Leistungen erst nach Abschluss aller Arbeiten verlangen. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass diese Individualvereinbarung gemäß § 305b BGB vorrangig gegenüber der in Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 der in die Verträge einbezogenen Allgemeinen Bedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vorgesehenen Möglichkeit ist, Vorschusszahlungen zu verlangen. Rechtsfehlerfrei meint das Berufungsgericht zudem, dass diese Individualvereinbarung einen ergänzenden oder weiteren Anspruch auf Vorschusszahlungen nach Maßgabe der in den Allgemeinen Auftragsbedingungen der Beklagten enthaltenen Klausel für erbrachte oder zu erbringende Leistungen ausschließt.
47 (b) Weiter rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht die Bezahlung der fünften Abschlagsrechnung vom 13. Januar 2014 auf der Grundlage der getroffenen schriftlichen Vereinbarungen als inkongruent an. Nach dem Inhalt des Auftrags für die Prüfung des Jahresabschlusses 2012 konnte die Beklagte nur zwei Abschlagszahlungen in Höhe von 10.000 € netto nach der Auftragsbestätigung und in Höhe von weiteren 20.000 € netto nach Beginn der Hauptprüfung verlangen. Die übrige Vergütung konnte die Beklagte erst nach Abschluss der Arbeiten verlangen. Daraus ergibt sich kein Anspruch der Beklagten, für einen (nicht konkretisierten) "Mehraufwand" vor Abschluss der Arbeiten eine weitere Abschlagszahlung über 15.470 € brutto (13.000 € netto) zu verlangen.
48 (c) Wie die Revision der Beklagten zutreffend rügt, hat das Berufungsgericht aber verfahrensfehlerhaft einen Beweisantritt der Beklagten übergangen. Nachdem die Zahlung auf die fünfte Abschlagsrechnung vom 13. Januar 2014 auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts inkongruent war, obliegt es der Beklagten, einen entsprechenden Gegenbeweis zu führen, dass ihr ein fälliger Anspruch auf eine entsprechende Vergütung zustand.
49 Die Beklagte hat hierzu erstinstanzlich vorgetragen, zwischen ihr und der Schuldnerin sei vereinbart gewesen, die Leistungen jeweils zeitnah im Wege von Anzahlungs-/Abschlagsrechnungen abzurechnen. Sie habe daher stets unmittelbar im Zusammenhang mit ihrer Leistungserbringung ihre Rechnungen erstellt. Dabei seien nicht pauschal Vorschüsse verlangt worden. Vielmehr seien die zu erbringenden Tätigkeiten stets mit der Insolvenzschuldnerin abgestimmt worden, für die dann Abschläge verlangt worden seien. Mit den drei Rechnungen sei also zum Teil Geleistetes abgerechnet, zum Teil seien Vorauszahlungen beansprucht worden. Für diesen Vortrag hat die Beklagte erstinstanzlich Zeugenbeweis angeboten. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte diesen Beweisantritt später stillschweigend fallengelassen hätte.
50 (2) Die Zahlungen vom 27. März 2014 und vom 27. Mai 2014 auf die erste und zweite Abschlagsrechnung der Beklagten für die Prüfung des Jahresabschlusses 2013 sind - anders als das Landgericht und die Revisionserwiderung meinen - kongruent. Die Revisionserwiderung zeigt keinen Sachvortrag des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers auf, der eine Inkongruenz der Zahlungen begründen könnte.
51 Nach dem unstreitigen Sachvortrag stand der Beklagten aufgrund des Vertrags über die Prüfung des Jahresabschlusses 2013 ein Anspruch auf drei Abschlagszahlungen zu. Die erste Abschlagszahlung in Höhe von 10.000 € netto war nach der Auftragsbestätigung fällig, die zweite Abschlagszahlung über 25.000 € netto nach dem Beginn der Hauptprüfung. Die Beklagte hat der Schuldnerin diese Beträge mit der ersten Abschlagsrechnung vom 13. März 2014 und der zweiten Abschlagsrechnung vom 9. Mai 2014 - jeweils zuzüglich Umsatzsteuer - in Rechnung gestellt. Zu Unrecht meinen das Landgericht und die Revisionserwiderung, die Zahlung sei inkongruent, sofern die Beklagte die Rechnung nur im Hinblick auf konkrete (ganz oder teilweise) bereits erbrachte Leistungen ihrer Mitarbeiter gestellt habe. Die Inkongruenz knüpft daran an, ob die vom Schuldner tatsächlich gewährte Leistung von dem abweicht, was der Gläubiger nach materiellem Recht beanspruchen kann. Der Anspruch der Beklagten auf die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen, den sie ausweislich ihrer Rechnungen allein geltend gemacht hat, entfällt nicht deshalb, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung bereits entsprechende Teilleistungen erbracht hat. Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger zeigt nicht auf, dass die Voraussetzungen für die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen nicht vorgelegen hätten. Die Ausführungen der Beklagten, wonach es sich bei den Abschlagszahlungen um einen Austausch gleichwertiger Leistungen im Rahmen einer bargeschäftsähnlichen Lage gehandelt habe, sind hinsichtlich der Behandlung der Zahlungen als kongruent unerheblich.
52 2. Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO aF (jetzt § 133 Abs. 4 InsO) scheidet - entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Revisionserwiderung - schon deshalb aus, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass die Zahlungen an die Beklagte zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung geführt haben.
IV.
53 Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Eine Vorsatzanfechtung entfällt nicht im Hinblick auf eine bargeschäftsähnliche Lage. Hinsichtlich der ersten Zahlung am 17. Februar 2014 kann dies schon deshalb nicht bejaht werden, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Zahlung inkongruent war. Hinsichtlich der zweiten und dritten Zahlung hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine bargeschäftsähnliche Lage nicht erfüllt sind. Der Senat hat die hiergegen erhobenen Rügen der Beklagten geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
V.
54 Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf folgende Punkte hin:
55 1. Im Hinblick auf die nach Erlass des Berufungsurteils geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an eine Vorsatzanfechtung kongruenter Deckungen im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit wird das Berufungsgericht den Parteien Gelegenheit zu einer ergänzenden Stellungnahme zu geben haben.
56 2. Soweit danach ein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und eine Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz in Betracht kommen, wird das Berufungsgericht weiter prüfen müssen, ob die Beklagte die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO im Hinblick auf den Sanierungsversuch widerlegen kann. Insoweit wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben, ob die Beklagte auch von der erneuten Verweigerung der Prolongation des Darlehens mit Schreiben der S. vom 20. Januar 2014 an die Schuldnerin Kenntnis hatte, und den hierzu angebotenen Beweis zu erheben haben. Weiter wird zu erwägen sein, ob sich aus der Tätigkeit der Beklagten als Abschlussprüferin Anhaltspunkte für ein Scheitern des Sanierungskonzepts ergeben haben.
57 3. Sollte es auf die Inkongruenz der ersten Zahlung am 17. Februar 2014 ankommen, wird das Berufungsgericht die zur Kongruenz der Zahlung angebotenen Beweise zu erheben haben. Die Einordnung einer inkongruenten Deckung als in der Regel starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Gläubigers von diesem Vorsatz erfordert zum einen, dass die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (BGH, Urteil vom 17. September 2020, aaO Rn. 23 mwN; vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 32; vom 3. März 2022 - IX ZR 53/19, WM 2022, 589 Rn. 11). Insoweit wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob diese Voraussetzungen unter dem Aspekt eines ex ante erfolgversprechenden, später aber gescheiterten Sanierungsversuchs entfallen, soweit die Gewährung einer inkongruenten Befriedigung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, ZIP 2012, 137 Rn. 11).
58 Zum anderen hängt der Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz von Art und Ausmaß der Inkongruenz ab; der Tatrichter hat zu würdigen, welches Gewicht der Inkongruenz zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267, 283 mwN; vom 18. November 2004 - IX ZR 299/00, ZIP 2005, 769, 771; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 24). Dabei wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass nur die erkannte Inkongruenz ein Indiz für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Gläubigers vom Benachteiligungsvorsatz bildet (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - IX ZR 128/01, ZIP 2004, 1370, 1373 mwN). Dafür genügt es, dass er die Umstände kennt, bei deren Vorliegen der Rechtsbegriff der Inkongruenz erfüllt ist (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004, aaO mwN).
59 4. Gegebenenfalls wird sich das Berufungsgericht mit der Hilfswiderklage der Beklagten zu befassen haben.