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Wirtschaftsrecht
08.05.2013
Wirtschaftsrecht
OLG München: Schadensersatzpflicht der Gründungsgesellschafter einer Publikums-KG wegen Prospektfehlern

OLG München, Urteil vom 17.4.2013 - 3 U 2384/12


Orientierungssatz


1. Die Gründungsgesellschafterin einer Publikums-Kommanditgesellschaft haftet unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung (Verschulden bei Vertragsverhandlungen) für die Richtigkeit und Vollständigkeit des in den Verkehr gebrachten Prospekts. Diese Haftung besteht auch gegenüber Kapitalanlegern, die über einen Treuhandkommanditisten der Gesellschaft beitreten, wenn der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungs-KG die durch einen Treuhandkommanditisten nur mittelbar beteiligten Anleger im Innenverhältnis unter den Gesellschaftern so stellt, als seien sie Kommanditisten. Dabei sind die Gründungsgesellschafter verpflichtet, Anlageinteressenten Prospektfehler als regelwidrige Auffälligkeit zu informieren (hier: fehlerhafte Darstellung des Verlustrisikos und des Risikos der steuerlichen Nichtanerkennung von Anfangsverlusten).(Rn.15)


2. Im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs wegen Prospektfehlern ist entgangener Gewinn nur dann zu ersetzen, wenn der Geschädigte die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung vorträgt, indem er darlegt, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (Anschluss BGH, 8. Mai 2012, XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427). Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass die Nennung einer konkreten Alternativanlage nach Ablauf erheblicher Zeiträume (hier: 11 Jahre) nicht mehr möglich sei, und deshalb der entgangene Gewinn auf mindestens 4% jährlich geschätzt werden könne.(Rn.36)


Sachverhalt


I. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind Schadensersatzansprüche des Klägers wegen nicht erwartungsgemäß verlaufener Beteiligung an einem als Publikumskommanditgesellschaft betriebenen Filmfonds. Die Beklagte ist Komplementärin und Gründungsgesellschafterin der jeweiligen Beteiligungsgesellschaften.


Wegen der tatsächlichen Feststellungen ist auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, gegen das der Kläger Berufung eingelegt hat, zu verweisen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Behauptete Falschauskünfte des Vermittlers zu der Beteiligung seien der Beklagten nicht gemäß § 278 BGB zuzurechnen, da er weder beauftragt noch anderweitig in einen Vertrieb involviert sei. Eine Prospekthaftung im weiteren Sinne scheide ebenfalls aus. Dabei könne offen bleiben, ob die Beklagte als Gründungsgesellschafterin nach diesen Grundsätzen überhaupt in Anspruch genommen werden könnte, wenn sie - wie hier - bei Anbahnung der Beteiligung kein besonderes persönliches Vertrauen gegenüber den Anlegern in Anspruch genommen habe. Denn der Prospekt zu den Beteiligungen weise die gerügten Fehler nicht auf und sei fehlerfrei.


Sowohl die Verlustrisiken als auch die steuerlichen Risiken seien in dem Prospekt zutreffend dargestellt.


Hiergegen wendet sich der Kläger mit den aus der Berufungsbegründung vom 03.08.2012 (Blatt 120/133 d. A.) ersichtlichen Rügen. Er verfolgt im Wesentlichen seine in erster Instanz gestellten Anträge weiter und beantragt - nach zwischenzeitlichen Ausschüttungen von 592,70 Euro, die dem Konto des Klägers am 14.12.2012 gutgeschrieben wurden, und von weiteren 5.844,49 Euro, die dem klägerischen Konto am 08.02.2013 gutgeschrieben wurden - zuletzt:


I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von Euro 4.229,74 nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2010 sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 01.01.2011 aus einem Betrag von Euro 10.666,93 Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche des Klägers aus dem zwischen der Ideenkapital M. T.GmbH und dem Kläger bestehenden Treuhand- und Beteiligungsverwaltungsvertrag hinsichtlich des Geschäftsanteils des Klägers an der M. Dritte Film GmbH & Co. Beteiligungs KG über nominal Euro 20.000,--,


hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche des Klägers aus seinem Geschäftsanteil an der M. Dritte Film GmbH & Co. Beteiligungs KG


zu zahlen.


II. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer I. abgetretenen Rechte und Pflichten in Verzug befindet.


III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Schäden im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der M. Dritte Film GmbH & Co. Beteiligungs KG, insbesondere von Forderungen von Gläubigern der M. Dritte Film GmbH & Co. Beteiligungs KG sowie von Forderungen der Finanzverwaltung, freizustellen.


IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere Euro 1.275,68 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit im Zusammenhang mit der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung zu zahlen.


Die Beklagte beantragt,


die Berufung zurückzuweisen.


Die Beklagte verteidigt das erstgerichtliche Urteil. Das Verlustrisiko sei zutreffend dargestellt. Dies treffe ebenso für die Darstellung der steuerlichen Risiken, des Haftungsrisikos der Anleger und der Risiken im Falle einer Insolvenz der Treuhandkommanditistin zu. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Berufungserwiderung vom 02.11.2012 (Bl. 138/163 d. A.) Bezug genommen.


Ergänzend wird auf die weiteren von den Parteivertretern im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.


Der Senat hat am 28.11.2012 (Bl. 169/171 d. A.) sowie im Termin vom 06.03.2013 (Bl. 194/196 d. A.) mündlich verhandelt und im letztgenannten Termin den Kläger informatorisch zur Sache angehört; auf den Inhalt der Protokolle wird Bezug genommen.


Aus den Gründen


II. Die Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg, doch konnte weder der Betrag von 1.327,-- Euro (für entrichtete steuerliche Zinsen) noch der entgangene Gewinn zugesprochen werden; von den geltend gemachten Verzugszinsen und den Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit war ebenfalls nur ein Teil zuzusprechen.


A)


Die Beklagte ist unstreitig Gründungsgesellschafterin der Firma M. Dritte Film GmbH und Co. Beteiligungs KG. Als solche hat sie unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung (Verschulden bei Vertragsverhandlungen) für die Richtigkeit und Vollständigkeit des in den Verkehr gebrachten Prospekts (Anlage K2) einzustehen (Schimanski und andere, Bankrechtshandbuch, 4. Aufl., § 44 Rn. 27 f.). Diese Haftung besteht auch gegenüber Kapitalanlegern, die - wie der Kläger - über einen Treuhandkommanditisten der Gesellschaft beitreten, wenn der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungs-KG die durch einen Treuhandkommanditisten nur mittelbar beteiligten Anleger im Innenverhältnis unter den Gesellschaftern so stellt, als seien sie Kommanditisten (BGH, Urteil vom 30.03.1987 - II ZR 163/86, WM 1987, 811, Rn. 7; vom 20.03.2006 - II ZR 326/04, WM 2006, 860, Rn. 7). Dies ist hier der Fall (vgl. §§ 5 f. des Gesellschaftsvertrags, Seiten 96 f. des Prospekts). Dabei waren die Beklagten als Gründungsgesellschafter verpflichtet, Anlageinteressenten über die nachfolgend erörterten Prospektfehler als regelwidrige Auffälligkeit zu informieren (BGH, Urteil vom 17.12.2009 - III ZR 47/08, Rn. 6, 13; Urteil vom 15.07.2010 - III ZR 321/08, WM 2010, 1537, Rn. 9, 19). In den klägerseits gerügten Prospektfehlern sind zumindest die der Darstellung des Verlustrisikos und der Darstellung des Risikos der steuerlichen Nichtanerkennung von Anfangsverlusten mit Fehlern behaftet.


B)


Der Kläger rügt zu Recht eine unzureichende Darstellung des sog. garantierten Kapitalrückflusses (Seite 6 ff. Schriftsatz vom 22.03.2012), der angegebene Rückzahlungsbetrag von 82,25% sei schon nicht auf Plausibilität geprüft worden. Insbesondere werde im Prospekt nicht hinreichend dargestellt, dass lediglich der Fonds, nicht aber der einzelne Anleger durch die Schuldübernahme gesichert werde (Seite 13 ff. Schriftsatz vom 22.03.2012).


1. Zutreffend ist, dass in Abschnitt 3 des Prospekts dargelegt wird "Bleibt der Verwertungserfolg sämtlicher Spielfilme völlig aus (Worst Case), droht ein Teilverlust der eigenfinanzierten Einlage (u.a. Seite 74)". Auf Seite 74 wird dann dargelegt, dass unter dieser Bedingung 82,25% der eigenfinanzierten Einlage erhalten bleiben. Dies wird ausgedrückt durch die Bezeichnung "Gesamt in % der eigenfinanzierten Einlage".


2. Diese Darstellung ist als unrichtig anzusehen. Sie ist schon von der Bezeichnung her unzutreffend, denn der Ausfall der Filmverwertung ist nicht der Worst-Case-Fall des Fonds (er ist, anders als die Insolvenz der Sparkasse K., lediglich ein sich aufdrängendes Risiko). Ein "worst case" ist dem Begriff nach der schlechtest mögliche Fall. Es gibt insoweit keine Abstufung und keine Zusätze, insbesondere gibt es keinen "worst worst case" oder voneinander abweichende Szenarien unterschiedlichen Inhalts, die alle die Bezeichnung "worst case" tragen können. Ein Szenario, das nicht alle (zutreffend) im Prospekt selbst aufgezählten Risiken, die kumulativ eintreten können, auch kumuliert berücksichtigt, ist daher kein worst-case-Szenario, sondern ein davon abweichendes Szenario, auch wenn diesem abweichenden Szenario fälschlich der Begriff "worst case" zugemessen wird. Die Fehlbezeichnung des Szenarios mag für sich unschädlich sein, wenn die sonstigen Risikoerläuterungen sachlich ausreichend sind.


3. Im Übrigen wird, worauf der Kläger zutreffend hinweist, in dieser Darstellung (Seite 74) durch Vermischung der Fonds-Ebene und der Anleger-Ebene ein Zusammenhang hergestellt, der tatsächlich nicht besteht. Während "Ergebnis nach Steuern" sich auf die Situation des Anlegers bezieht, denn nur dieser hat aufgrund der Fondskonstruktion als KG einkommensteuerlich Pflichten und Vorteile, betreffen sämtliche folgenden Zeilen mit Zahlungen aufgrund der Schuldübernahme die Situation des Fonds. Nur der Fonds ist unmittelbar Begünstigter der Schuldübernahme, nicht der einzelne Anleger. Die Bezeichnung "Gesamt in % der eigenfinanzierten Einlage" stellt dann wiederum auf die Situation des Anlegers ab, denn nur dieser unterscheidet zwischen Eigenfinanzierung und Fremdfinanzierung, für den Fonds ist das gesamte eingenommene Kapital Eigenkapital. Der hinter dieser Bezeichnung ausgeworfene Wert von 82,25% enthält rechnerisch den - den Prospektverfassern notwendigerweise unbekannten - Anteil, der den individuellen Anlegern nach Steuern auch in diesem Risikofall verbleiben soll. Ohne diesen Steueranteil ergibt sich nämlich lediglich ein Anteil von 48,69% des eingesetzten Eigenkapitals als gesicherter Rückfluss aufgrund der Schuldübernahmezahlungen nach bestimmungsgemäßem Abzug der Fremdfinanzierung (Hauptsachebetrag plus Zinsen der Fremdfinanzierung). Das zeigt sich bei folgender Berechnung:


a. Eingeworben werden sollen rund 246.799.949,- Euro. Davon werden knapp 60% durch Eigenfinanzierung der Anleger erbracht (146.261.797,- Euro entsprechend 59,26%) und 100.538.153,- Euro (entsprechend 40,74%) durch Fremdfinanzierung (Seite 13 des Prospekts), ferner fallen 15.291,853,02 Euro Fremdfinanzierungskosten an (Seite 33 des Prospekts). Von diesen Geldern sollen 85,15% in die Produktion fließen, weiterhin wird eine Liquiditätsreserve von 0,31% gebildet, der Rest sind Weichkosten (Seite 49 des Prospekts).


b. Die Sparkasse K. garantiert für die Jahre 2002-2005 insgesamt 16.686.147 Euro an fixen Lizenzzahlungen (Seite 39 des Prospekts), ferner 100.538.153,- Euro fixen Kaufpreis (Seite 42 des Prospekts). Für die Jahre 2006 bis 2012 garantiert die Sparkasse Köln-Bonn 3.253.355,- Euro fixe Lizenzzahlungen (Seite 39 des Prospekts), ferner im Jahr 2012 einen fixen Kaufpreis von 66.568.965,- Euro (Seite 42 des Prospekts, plus 6% der Einnahmen des Lizenznehmers, die jedoch nicht anfallen, wenn die Filme floppen).


c. Die Kosten der Fremdfinanzierung belaufen sich mithin auf insgesamt 115.830.006,02 Euro und können durch die fixen Lizenzzahlungen samt fixem Kaufpreis Teil 1 in Höhe von insgesamt 117.224.300,- Euro gedeckt werden. Tatsächlich verbleibt ein Überschuss von 1.394.293,98 Euro.


d. Dieser Überschuss plus die weiteren fixen Lizenzeinnahmen plus Kaufpreis Teil 2 ergeben 71.216.613,98 Euro. Das sind lediglich 48,69 % des durch die Anleger eingesetzten Eigenkapitals.


4. Zutreffend ist der Hinweis des Klägers darauf, dass durch die dargestellte Vermischung von Fonds-Ebene und Anleger-Ebene das Risiko, dass der Fonds nicht sämtliche Einnahmen ohne weitere Abzüge an die Anleger durchreichen kann, nicht hinreichend beschrieben ist und das tatsächlich vorhandene Verlustrisiko daher unzutreffend dargestellt wird.


5. Soweit die Beklagte sich in ihrer Berufungserwiderung kritisch mit der Rechtsauffassung des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, der der Senat vorstehend gefolgt ist, auseinandersetzt, ist darauf hinzuweisen, dass die Anforderungen an den Prospektinhalt auf die Bedürfnisse eines durchschnittlichen Anlageinteressenten, nicht aber eines Textanalysten zugeschnitten sein müssen. Gerade der auch Laien im Vermögensanlagebereich noch zugängliche Begriff des "worst case" ist für den Anlegerhorizont derart prägnant, dass er geeignet ist, anderweitige über den Prospekt verstreute Risikohinweise gleichsam zu absorbieren respektive als nebensächlich erscheinen zu lassen.


C)


Im Hinblick auf jedenfalls diesen vorliegenden Prospektfehler kann dahingestellt bleiben, ob eine mangelhafte Aufklärung des Anlegers auch insoweit vorliegt, als er über die Gefahr der Aberkennung der steuerlichen Anfangsverluste aufgrund der gewählten Konstruktion zur Absicherung der Defeasance-Struktur nicht hinreichend aufgeklärt wurde. Die Problematik dieses Modells war von vornherein dort gegeben, wo nicht die Finanzverwaltung in Einzelfällen verbindliche Auskünfte dahingehend erteilt hatte, dass man dieses Modell akzeptiere. Dem dürften die "Risikohinweise bezüglich der steuerlichen Konzeption" (Seite 76 f. des Prospekts) nicht zur Gänze gerecht werden. So ist hier nicht konkret angesprochen, dass Anleger zu Steuernachzahlungen verpflichtet würden, wie es ja im Falle des Klägers wohl auch geschah; statt dessen erfolgten beschönigende Umschreibungen der Konsequenzen der (auch nur vorläufigen) Nichtanerkennung.


D)


Der Beklagten ist es nicht gelungen, die Kausalitätsvermutung zu entkräften. Der Senat hat im Termin vom 06.03.2013 den Kläger ausführlich informatorisch angehört. Auf die seinerzeitige Sitzungsniederschrift, Seiten 2 und 3, wird verwiesen. Der Kläger hat immer - und dies auch glaubhaft - betont, dass es ihm in erster Linie um eine sichere Geldanlage gegangen sei; er habe sowohl aus dem Prospekt es so heraus gelesen als auch vom Anlageberater sei es ihm so vermittelt worden, dass 82,5 % der Einlage auf jeden Fall zurückfließen sollten und der Fonds sehr solide aufgebaut sei. Das mit den 82,5 % habe er aus Seite 74 des Prospekts entnommen, wobei dies das Rechenergebnis nach Steuern und worst-case-Szenario gewesen sein sollte. Hätte er gewusst, dass im schlechtesten Fall noch größere Risiken drohen, hätte er die Anlage nicht getätigt. - Von daher ergab sich auch für den Senat, dass die Prospektangabe zum worst-case-Risiko eine maßgebende Rolle für die Anlagenentscheidung des Klägers spielte.


E)


Die Beklagte ist daher gemäß § 249 Abs. 1 BGB dem Kläger zum Ersatz des negativen Interesses verpflichtet. Bei der Verletzung einer Beratungs- oder Aufklärungspflicht ist ein Vermögensschaden des Anlegers, dass er sich bei zutreffender Unterrichtung nicht an dem Anlagemodell beteiligt hätte, schon immer dann zu bejahen, wenn eine Anlage - aus welchen Gründen auch immer - für ihn den gezahlten Preis nicht wert ist.


Dies ist hier der Fall, da aus Sicht des Klägers der Beteiligung ein infolge mangelhafter Prospektdarstellung nicht in diesem Ausmaß zu sehenden Risiko innewohnte. Der Kläger ist daher so zu stellen, als hätte er sich an der M. III KG nicht beteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 = NJW 2010, 2506, Rn. 19).


Die Beklagte schuldet dem Kläger deshalb Erstattung der erbrachten Einlage abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen. Diese Differenz belief sich zu Beginn des Rechtsstreits noch auf 9.339,93 Euro, verminderte sich aber durch eine dem Kläger am 14.12.2012 gutgeschriebene Ausschüttung von 592,70 Euro auf 8.747,23 Euro und durch eine weitere am 08.02.2013 in Höhe von 5.844,49 Euro erfolgte Ausschüttung auf 2.902,74 Euro. Hinsichtlich der am 14.12.2012 und 08.02.2013 ausgeschütteten Beträge haben die Parteien übereinstimmend die Erledigung der Klage erklärt.


Die unter Ziffer II. tenorierten Zinsen wurden unter Verzugsgesichtspunkten zugesprochen.


Weiterhin waren gemäß Ziffer III. des Urteilstenors die Voraussetzungen des Annahmeverzugs festzustellen.


Der Kläger hat gegenüber der Beklagten auch Anspruch darauf, aus seiner Beteiligung nicht in Anspruch genommen zu werden. Von daher war dem klägerischen Feststellungsantrag, wie oben unter Ziffer IV. ausgeurteilt, zu folgen.


Wie in Ziffer V. des Tenors entschieden, waren dem Kläger auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten nebst insoweit angefallener Zinsen ab Klagezustellung, wenn auch nur teilweise, zu ersetzen. Das Bestreiten der Beklagten, dass der Kläger die geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten bereits bezahlt habe, erfolgte nicht im erstinstanziellen Verfahren; in der Klageerwiderungsschrift vom 19.09.2011 wurde lediglich die Höhe der außergerichtlichen Kosten beanstandet. Damit ist das Bestreiten des Anfalls dieser Schadensposition im Berufungsverfahren verspätet (§ 533 Abs. 1 ZPO). Der für die Berechnung der außergerichtlichen Kosten angesetzte Gegenstandswert ist nicht zu beanstanden, jedoch kann nur von dem regulären Gebührensatz von 1,3 ausgegangen werden, zumal es sich bei dem klagegegenständlichen Verfahren um ein sog. Massenverfahren handelt, in welchem auf die rechtliche Beurteilung und Formulierung des rechtlichen Begehrens aus zahlreichen Parallelverfahren zurückgegriffen werden kann. Zu berechnen ist die außergerichtliche Tätigkeit demnach wie folgt:


1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG bei Wert von 12.768,68 Euro:  


683,80 Euro,


Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG


20,00 Euro,


19% Mwst. aus den vorgenannten Beträgen


133,72 Euro,


 summiert:


837,52 Euro,


die zu ersetzen sind


F)


Entgangener Gewinn ist nicht zu ersetzen. Gemäß der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 24.04.2012, ZR 360/11) kann nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass sich ein zur Verfügung stehender Geldbetrag zumindest in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 % verzinst. Weiter hat der BGH in diesem Urteil (aaO Rz 13 bei Juris) ausgeführt, die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang könne nur anhand seines Tatsachenvortrags dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte.


Das zwei Wochen später ergangene Urteil desselben Senats des Bundesgerichtshofs vom 08.05.2012 ZR 262/10 Rz 64 zeigt, dass es letztlich auf den Vortrag im Einzelfall ankommt. Danach kann sich der geschädigte Anleger auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird. Zur Feststellung der Höhe des allgemein üblichen Zinssatzes könne das Gericht von der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO Gebrauch machen. Dies rechtfertige zwar nicht die Annahme eines Mindestschadens unabhängig vom konkreten Parteivortrag. Der Anleger müsse jedoch nur darlegen, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit einem anderen Anlagegeschäft erzielt worden wäre. An diese Darlegung seien keine strengen Anforderungen zu stellen. Vielmehr genüge eine gewisse Wahrscheinlichkeit.


Nach § 252 BGB gibt es somit letztlich keine Vermutung für eine Geldanlage in Bundesschatzbriefen. Der Senat teilt daher nicht die mitunter vertretene Auffassung, dass die Nennung einer konkreten Alternativanlage nach Ablauf erheblicher Zeiträume (hier: 11 Jahre) nicht mehr möglich, aber nach BGH- Rechtsprechung auch nicht erforderlich sei und deshalb der entgangene Gewinn auf mindestens 4 % jährlich geschätzt werden könne.


G)


Abzuweisen war die Klage und dementsprechend auch die Berufung zurückzuweisen außerdem insoweit, als der Kläger auch Ersatz der von ihm entrichteten steuerlichen Zinsen von 1.327,-- Euro forderte. Insoweit ist er auf das Bestreiten der Beklagten hin über die Gesamtdauer des Rechtsstreits einen entsprechenden, sei es auch nur schriftlichen, Nachweis schuldig geblieben.


III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92, 91 a ZPO; insoweit wäre hinsichtlich des für erledig erklärten Teils von einem Obsiegen des Klägers auszugehen gewesen.


Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.


Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts erforderlich.


Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung stünde dann der Nichtzulassung entgegen, wenn wegen unterschiedlicher Entwicklung der Rechtsprechung Rechtsunsicherheit zu befürchten wäre. Zwar ist eine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht erforderlich; erfasst sind vielmehr auch Fälle, in denen das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt durch divergierende Rechtsansichten verschiedener Gerichte Schaden zu nehmen droht. Dabei müssen die inmitten stehenden Rechtsfragen allerdings von grundsätzlicher Bedeutung sein. Danach würde die Wahrung einer einheitlichen Rechtsordnung die Nichtzulassung der Revision dann hindern, wenn der Senat die grundsätzlichen Voraussetzungen einer Haftung von Gründungsgesellschaftern einer Publikums-KG für Prospektfehler oder unzutreffende Auskünfte von Vermittlern der Beteiligung abweichend vom Bundesgerichtshof oder anderen Obergerichten beurteilen würde. Das ist indessen nicht der Fall. Dagegen hat die im vorliegenden Fall zentrale Frage, ob der Prospekt zur streitgegenständlichen Beteiligung die von der Klägerseite gerügten Fehler aufweist, keine grundsätzliche Bedeutung, sondern Einzelfallcharakter. Der Umstand, dass sich an der streitbefangenen Gesellschaft eine Vielzahl von Anlegern beteiligt hat, ändert hieran nichts. Denn es geht lediglich um die Frage, ob Prospekte zu individuellen Fonds den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine Risikoaufklärung von Anlageinteressenten genügen.

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