OLG Frankfurt: Schadensersatz wegen mangelhafter Anlageberatung - Lehman-Zertifikate
OLG Frankfurt, Urteil vom 17.2.2010 - 17 U 207/09
Volltext des Urteils: //BB-Online BBL2010- - unter www.betriebs-berater.de
Leitsätze
1. Wird im Rahmen einer Anlageberatung empfohlen, Twin Win Zertifikate (sogenannte Schmetterlingszertifikate) zu zeichnen, bei denen - abgesehen von einer vorgesehenen Sicherheitsschwelle von 50 % und dem Emittentenrisiko - ein Kapitalverlust ausgeschlossen ist, muss über das Rückzahlungsszenario bei Berühren/Unterschreiten dieser Sicherheitssschwelle detailliert aufgeklärt werden.
2. Da bei den ausgegebenen Ersatzzertifikaten, die die Wertentwicklung des Dow Jones Euro Stocks abbilden, das eingesetzte Kapital verloren werden kann, ist auch über ein vorzeitiges Kündigungsrecht der Emittentin aufzuklären.
§ 280 BGB
Sachverhalt
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung, 7.000 Euro nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung von sieben Zertifikaten mit einem Nennbetrag von je 1.000 Euro der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. an die Klägerin zu zahlen.
Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes, des Rechtsanwalts X, wegen angeblich fehlerhafter Anlagenberatung und unzureichender Aufklärung über Rückvergütungen in Anspruch. Dabei handelt es sich nach Darstellung der Klägerin um die bundesweit erste Klage auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einer behaupteten fehlerhaften Anlageberatung in Lehman-Zertifikaten.
Der Zedent ist Sozius in der Kanzlei, die ihn und eine Vielzahl weiterer Geschädigter vertritt, die mit Lehman Zertifikaten einen Totalverlust erlitten haben. Der Zedent - nach seiner Darstellung Strafverteidiger und jedenfalls nicht mit dem Dezernat in der Sozietät "Bank- und Kapitalmarktrecht" befasst - ist seit mindestens Januar 1991 Kunde der Beklagten und unterhält bei dieser seit Februar 2000 ein Wertpapierdepot.
Auf telefonische Empfehlung des Mitarbeiters der Beklagten erwarb der Ehemann der Klägerin die eingangs näher bezeichneten sieben Lehmann-Zertifikate.
Das Twin Win Zertifikat 08/2007 ist so ausgestaltet, dass auf die Wertentwicklung des Dow Jones Eurostoxx 50 Indexes spekuliert wird. Dabei erfolgt die Rückzahlung des Twin Win Zertifikats in Abhängigkeit von der Entwicklung des Dow Jones Eurostoxx 50 Index. Bei diesem konkreten Zertifikat - auch Schmetterlingszertifikat genannt - kann der Inhaber sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Kursen des Basiswertes an der Entwicklung partizipieren. Ab dem Jahr 2014 hat die Emittentin jährlich das Recht, das Zertifikat zu kündigen.
Im Anschluss an das Telefonat fertigte der Mitarbeiter der Beklagten die Dokumentation des Kundengesprächs, in der es u. a. heißt "über die Risiken der gewünschten Anlageform haben wir Sie informiert". Angekreuzt wurde ferner die Kategorie "Der Kunde wurde über die Funktionsweise und die durch die Struktur dieser Anlageformen bedingten Risiken informiert". Auch die Erfahrungen und Kenntnisse des Zedenten wurden als von ihm gegebene Informationen in der Dokumentation eingetragen. Danach hatte er nicht nur Kenntnisse, sondern auch Erfahrungen mit dem Twin Win Zertifikat 08/2007.
Die Klägerin hat behauptet, das Telefonat des Mitarbeiters der Beklagten mit dem an seinem Arbeitplatz befindlichen Zedenten habe keine 5 Minuten gedauert und habe im wesentlichen beinhaltet, den Zedenten davon zu überzeugen, Einzelaktien zu veräußern und das Geld in Lehman Zertifikaten anzulegen. Es sei weder die Funktionsweise der Zertifikate dargestellt, noch die Rückzahlungsalternativen oder die Provision angesprochen worden. Sie hat bestritten, dass die in der vom Mitarbeiter der Beklagten angefertigten und vom Zedenten nicht autorisierten Dokumentation festgehaltenen Informationen erteilt oder vom Zedenten erfragt wurden. Zu seiner Risikobereitschaft sei nichts erfragt worden. Der Berater habe lediglich erklärt, das Zertifikat sei die bessere Wahl im Vergleich zu vielen kleinen Aktienanlagen und mit der Umschichtung seien keine Risiken verbunden - die Zertifikate seien wesentlich risikoärmer. Im schlimmsten Falle würde lediglich das Kapital zurückgezahlt.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Schadensersatzanspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht wegen Verletzung von Beratungspflichten
II. ...Der Klägerin steht der beanspruchte Schadensersatz aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes wegen der Verletzung von Beratungspflichten aus dem zwischen den Zedenten und der Beklagten geschlossenen Beratungsvertrag zu (§§ 280 Abs. 1, 398 BGB).
Aufgrund des zwischen dem Zedenten und der Beklagten geschlossenen Anlageberatungsvertrags, dessen Voraussetzungen das Landgericht mit zutreffender Begründung, die mit der Berufung auch nicht angegriffen worden sind, festgestellt hat, war die Beklagte zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände des Anlageobjekts verpflichtet, die für den Anlageentschluss des Zedenten von besonderer Bedeutung sind, weil er ohne diese Angaben nicht zuverlässig beurteilen kann, ob er sich engagieren soll und keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen kann (vgl. BGH Z 178, S. 149, Rdnr. 10 ff u. OLG Frankfurt am Main ZIP 1998, S. 1713, 1714).
Bedeutung des § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG für die Aufklärungs- und Beratungspflichten
In diesem Rahmen kommt § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG in der zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung geltenden Fassung, wonach ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet ist, seinen Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist, keine eigenständige, über die zivilrechtliche Aufklärungs- und Beratungspflicht hinausgehende schadensersatzrechtliche Bedeutung zu (vgl. Nobbe in Schimansky/Horn, Bankrecht 2007, S. 235, 250 f u. BGHZ 170, S. 226, 235 = ZIP 2007, 518, 521). Doch ist sie für Inhalt und Reichweite (vor-)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten von Bedeutung.
Die Informationen gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG stellen nämlich lediglich den Kern der Beratung im Sinne eines Mindestniveaus dar (vgl. Assmann-Schneider, WpHG 4. Aufl., § 31 Rdnr. 112 u. Kölner Kommentar zum WpHG, § 31 Rdnr. 266).
§ 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG stellt die Verpflichtung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen, ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen unter den Vorbehalt, dass dies zur Wahrung der Interessen und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist.
Kein Verstoß gegen Beratungspflichten wegen unterlassener Aufklärung über ein spezielles Insolvenzrisiko von Lehmann Brothers als Emittentin
Dies vorausgeschickt ist der Beklagten vorliegend ein Verstoß gegen die Grundsätze der objektgerechten Beratung nicht deswegen vorzuwerfen, weil sie etwa über ein spezifisches Risiko einer Insolvenz von Lehman Brothers als Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) oder der Garantiegeberin (Lehman Brothers Holdings Inc.) hätte aufklären müssen.
... [Zwar ]gab es Hinweise auf eine Risikoerhöhung im Hinblick auf eine Ausweitung der Finanzkrise unter den Hypothekenanbietern und die Gefahr der Ansteckung größerer Kreditinstitute.
Allerdings enthält der Artikel "Probleme im Hypothekensektor als Belastungsprobe für die US-Konjunktur in der "... vom ... 2007" auch den Hinweis, dass nach den Rekordgewinnen der letzten Jahre die großen Finanzhäuser über gesunde Bilanzen und ein beachtliches finanzielles Polster verfügten, so dass in der Regel auch größere Zahlungsausfälle verkraftbar seien. Die größeren US-Kreditinstitute würden deshalb voraussichtlich keine substantiellen Schäden davontragen.
Zu diesen größeren US-Kreditinstituten gehörte die Emittentin, die bis fast zur Insolvenz im September 2008 ... über Ratingnoten verfügte, die keine Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit aufkommen lassen mussten.
Es stand auch nicht zu erwarten, dass eine derartige Großbank bei Liquiditätsproblemen nicht gestützt werden würde.
Soweit ersichtlich hat bislang keine einzige Entscheidung hinsichtlich des Umfangs der Aufklärungspflicht beim Verkauf von Zertifikaten der Lehman Brothers Investment Bank - bislang landgerichtliche Entscheidungen - eine Pflicht zur Aufklärung über das Totalausfallrisiko bejaht. Sämtliche Entscheidungen gehen vielmehr davon aus, dass es spezifische Hinweise auf Zahlungsschwierigkeiten nicht gab oder gar eine Insolvenz von Lehman Brothers auch für fachkundige Berater nicht erkennbar war.
Keine Pflichtverletzung wegen nicht erfolgter Auflärung über das allgemeine Emittenrisiko
Strikt davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob vorliegend eine Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko zu erfolgen hatte oder ob die Beklagte dies bei einem Rechtsanwalt für nicht erforderlich halten durfte.
Außer dem Marktrisiko geht der Anleger bei derartigen Zertifikaten - wie bei jeder Obligation - ein sogenanntes Gegenparteirisiko ein.
Der Rechtsform nach handelt es sich bei einem derartigen Zertifikat um eine Inhaberschuldverschreibung mit von vornherein bestimmter Endfälligkeit und ohne Bildung eines Sondervermögens. Die Rückzahlung am Ende der Laufzeit hängt allein von der Bonität der Emittentin bzw. Garantin ab.
Nach der Behauptung der Beklagten ist allerdings insoweit bereits Aufklärung durch Übersendung der Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren erfolgt. Der Zedent hatte nicht nur bereits Erfahrungen als Anleger, sondern es stand auch zu erwarten, dass ihm die rechtliche Einordnung eines derartigen Zertifikats als Inhaberschuldverschreibung und damit das von ihm eingegangene Bonitätsrisiko des Ausgebers bekannt ist.
Ferner ist auch der Einwand der Beklagten, auch die Aktien, deren Veräußerungserlös zum Erwerb der Zertifikate dienten, unterlägen ebenso wie die Zertifikate einem Bonitätsrisiko des Ausgebers, nicht vollständig von der Hand zu weisen.
Der Senat sieht auf dieser Grundlage keine Haftung der Beklagten, ohne dass dies allerdings für die Entscheidung erheblich wäre.
Keine objektgerechte Beratung wegen unzureichender Aufklärung über Funktionsweise und Risiken der Ersatzzertifikate
Das gleiche gilt - beschränkt auf die Entscheidungserheblichkeit - soweit die Klägerin unterlassene Aufklärung über die Funktionsweise der Zertifikate, vor allem fehlende Darstellung der drei Rückzahlungsalternativen, insbesondere das Fehlen eines Hinweises auf die Ausstellung von Ersatzzertifikaten rügt und behauptet, als schlimmster Fall sei dem Zedenten dargestellt worden, dass er nur das Kapital zurückerhalte ...
Der Senat teilt ... die Bewertung des Landgerichts in vollem Umfang, dass hier - den Ablauf des telefonischen Beratungsgesprächs zugrunde gelegt, wie ihn die Beklagte darstellt - von einer objektgerechten Beratung nicht die Rede sein kann.
Abstrakt für die Gattung der ins Auge gefassten Anlageentscheidungen hat die Beklagte nach ihrer Behauptung zunächst einmal in Form der Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren (Stichwort "Zertifikat") Informationen erteilt. Diese beschränkten sich allerdings notwendigerweise auf die Darstellung von Grundlagen und deren Funktionsweise und konnten die Besonderheiten des streitgegenständlichen Zertifikats nicht berücksichtigen.
Das streitgegenständliche Twin Win Zertifikat ist ein sehr komplexes Produkt und die dabei eingegangenen Risiken nach der Bewertung des Senats von vornherein wenig transparent. Die Einschätzung des Landgerichts, dass ein derartiges Zertifikat wie das Streitgegenständliche kaum in objektgerechter Weise telefonisch ohne schriftliches Informationsmaterial in der Weise erläutert werden kann, dass dies den zu stellenden Anforderungen einer zutreffenden und vollständigen Information über die tatsächlichen Umstände des Anlageobjekts, die für den Anlageentschluss des Zedenten von besonderer Bedeutung sind, genügen kann, wird vom Senat geteilt.
Es ist unwidersprochen geblieben, dass hier die Beklagte die Anlage in den streitgegenständlichen Zertifikaten als die bessere Wahl im Vergleich zu vielen kleinen Aktienanlagen und jedenfalls wesentlich risikoärmer dargestellt hat, als die in mehreren kleinen Aktienanlagen. Dann gehörten aber zu den zweckdienlichen und erforderlichen Informationen im bereits vorgeschilderten Sinne auch die über Funktionsweise und das Risiko hinsichtlich der Ersatzzertifikate.
Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass darüber als gänzlich fern liegendes Risiko nicht im Einzelnen belehrt zu werden brauchte, weil damit das Anlagegespräch überfrachtet worden wäre ...
Entscheidungserheblich ist auch dieser Umstand für die vom Senat getroffene Bewertung, die Beklagte habe ihre Beratungspflichten verletzt, allerdings nicht.
Vielmehr reichte der Hinweis der Beklagten anlässlich des telefonischen Beratungsgesprächs, bei Berühren oder Unterschreiten der Sicherheitsschwelle am Ende der Laufzeit erhalte der Zedent keine Barauszahlung, sondern Dow Jones Eurostoxx 50-Endloszertifikate, deren Wert ohne Begrenzung nach oben oder unten zu 100 % am Kurs des Basiswerts partizipiere und die eine Laufzeit bis zum Jahr 2057 hätten, nicht als zweckdienliche und erforderliche Information des Zedenten über das Rückzahlungsszenario bei Berühren oder Unterschreiten der Sicherheitsschwelle aus.
Es ist insoweit unwidersprochen geblieben, dass die Beklagte die Anlage in den streitgegenständlichen Zertifikaten als die bessere Wahl im Vergleich zu vielen kleinen Aktienanlagen und jedenfalls als wesentlich risikoärmer dargestellt hat, als die in vielen kleinen Aktienanlagen.
Zu dieser Bewertung für den beratenden Anleger, dass er im Wege der Umschichtung vieler kleiner Aktienanlagen eine risikoärmere Anlagenform eingeht ..., trägt der Hinweis der Beklagten bei, bei Berühren oder Unterschreiten des Sicherheitsschwelle erhalte er am Ende der Endfälligkeit der Zertifikate am 29.8.2012 Dow Jones Eurostoxx 50-Endloszertifikate, deren Wert ohne Begrenzung nach oben oder unten zu 100 % am Kurs des Basiswertes partizipiere.
Dadurch wird nämlich bei einem Anleger, der mit der komplexen Struktur dieser Zertifikate nicht vertraut ist, der Eindruck erweckt, er könne Kursverluste aussitzen und die Zertifikate zu einem ihm genehmen Zeitpunkt veräußern, nämlich dann, wenn der Index wieder steigt.
Entgegen dieser durch den Hinweis der Beklagten erzeugten Vorstellung kann aber der Zedent Kursverluste nicht aussitzen, sondern die Emittentin kann ab dem Jahr 2014 kündigen und die Ersatzzertifikate fällig stellen ...
Davon einmal abgesehen sind in der Regel Ausgabeaufschläge und Provisionszahlungen zu erwarten.
Bereits dies führt zu der Bewertung, erst bei Erteilung dieser Informationen sei der Zedent in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob die angepriesene Umschichtung die bessere, weil wesentlich risikoärmere Wahl im Vergleich zu den vielen kleinen Aktienanlagen gewesen ist ...
Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters
Der Beklagten kann auch nicht gefolgt werden, die Kausalitätsvermutung, die hier zu Gunsten des Zedenten bzw. der Klägerin streitet, komme nicht zum Zuge, weil sie im Zuge der Rechtsprechung zu Investmentfonds entwickelt worden ist.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner sogenannten "Kick-Back IV"-Entscheidung vom 12.5.2009 (XI ZR 586/07, abgedruckt u. a. in BB 2009, 1718 mit Komm. Edelmann = ZIP 2009, S. 1264, 1266) ohne jede Einschränkung festgehalten, dass die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters gilt.
Dass die Möglichkeit besteht - ohne dass es dazu konkretere Anhaltspunkte gibt - dass der Zedent auch bei entsprechender Aufklärung die Bewertung der Beklagten geteilt und die Umschichtung vorgenommen hätte, reicht noch nicht aus, die Vermutung bereits als widerlegt anzusehen. Zum einen bleibt festzuhalten, dass diese Möglichkeit grundsätzlich immer besteht, in dieser Allgemeinheit aber nicht dazu führen kann, die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens schlichtweg auszuhebeln.
Entgegen der Bewertung der Beklagten hat sie keine hinreichenden Anhaltspunkte aus dem bisherigen Anlageverhalten des Zedenten aufgezeigt, aus denen die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens als erschüttert angesehen werden müsste ...
Bei der fehlerhaften Anlageberatung ist ... bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information ursächlich für den späteren Schaden, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist und es auf die Gründe, warum die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, nicht ankommt (vgl. BGH ZIP 2009, 1264 - 1266, bereits zitiert).
Folge der schuldhaft verletzten Aufklärungspflicht, die zu dem Schaden des Zedenten bzw. der Klägerin geführt hat, ist, dass die Beklagte die Klägerin so zu stellen hat, als ob der Zedent aufklärungsrichtig von der Zeichnung Abstand genommen hätte, § 249 BGB.
Dementsprechend sind der Klägerin die 7.000 Euro, die der Zedent für den Erwerb der streitgegenständlichen Zertifikate aufwendete zu erstatten, allerdings nur Zug um Zug gegen Herausgabe der dem Zedenten erwachsenen Vorteile, also der im Depot befindlichen Zertifikate.
Zulassung der Revision
Die Revisionszulassung beruht auf § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO, zum einen im Hinblick auf die höchstrichterlich noch nicht geklärte Problematik der Detailtiefe von Aufklärungspflichten im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages. Zum anderen erfolgt die Revisionszulassung, weil die Beklagte ... [sich ] wegen Zertifikaten dieser Grundstruktur im Wesentlichen nicht hat vergleichen können und deshalb noch eine Vielzahl von Parallelverfahren am Landgericht anhängig sind und Berufungseinlegungen im größeren Maßstab zu erwarten stehen.