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Wirtschaftsrecht
15.05.2014
Wirtschaftsrecht
OLG Hamm: Schadensersatz wegen Nichtabnahme einer jährlichen Mindestmenge

 OLG Hamm, Urteil vom 06.12.2013 - 19 U 24/13

 Gründe

 I.

Gemäß § 540 I ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts Anderes ergibt.

Mit der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung bringt die Beklagte vor, dass sie erst jetzt erfahren habe, dass es offenbar schon seit etwa 20 Jahren illegale Kartellpreisabsprachen zwischen Brauereien gebe, an denen die Klägerin beteiligt sei. Es sei deshalb möglich, dass sie, die Beklagte, das Bier von der Klägerin zu einem unangemessen hohen Preis bezogen habe; die Klägerin könne ihren angeblichen Schaden nicht auf Grundlage eines überteuerten Bierpreises berechnen. Der vorliegende Prozess sei bis zum Abschluss des laufenden Ermittlungsverfahrens des Bundeskartellamtes auszusetzen.

 

Ferner hafte die Beklagte entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht dem Grunde nach auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, weil keine Unmöglichkeit ihrer Bierbezugspflicht gegenüber der Klägerin, sondern nur Verzug vorliege; insoweit fehle es jedoch an einer Fristsetzung der Klägerin zur Nachholung des Bierbezugs.

 

Im übrigen führt die Beklagte weiter zu ihren schon erstinstanzlich vorgebrachten Einwänden gegen eine Schadensersatzhaftung zum Grund und zur Höhe aus.

 

Die Beklagte beantragt,

 

1. das angefochtene Teil- und Grundurteil zu Ziff. I Satz 2 abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen,

 

2. hilfsweise das angefochtene Urteil zu Ziff. I Satz 1 abzuändern und die Klage iHv. 65.421,92 EUR nebst Zinsen iHv. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.4.2012, iHv. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 15.011,18 EUR für die Zeit vom 13.4.2012 bis zum 26.8.2012 und Zinsen iHv. 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 15.011,18 EUR seit dem 27.8.2012 abzuweisen,

 

3. weiter hilfsweise das angefochtene Urteil zu Ziff. I Satz 1 abzuändern und Klage iHv. 63.721,92 EUR nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.4.2012, iHv. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.711,18 EUR für die Zeit vom 13.4.2012 bis zum 26.8.2012 und Zinsen iHv. 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.711,18 EUR seit dem 27.8.2012 abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und tritt dem Berufungsvorbringen namentlich dahin entgegen, dass sie eine Beteiligung der Klägerin an Kartellabsprachen in Bezug auf das hier streitgegenständliche Fassbier bestreitet.

 

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Erklärungen zu Protokoll Bezug genommen.

 

II.

 

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

 

A.

 

Der Berufungshauptantrag hat keinen Erfolg, weil das Grundurteil gegen die Beklagte zu Recht ergangen ist.

 

Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des Bierlieferungsvertrages vom 26.1./31.1.2007 durch die Beklagte zu (§§ 283, 281 I, 280 I BGB iVm. Nr. 2 II des Vertrages). Gemäß Nr. 2 II des Vertrages hat sich die Beklagte ab dem 1.2.2007 für 10 Jahre zur Abnahme von insgesamt 800 hl X Fassbier und dabei zu einem jährlichen Mindestbezug von 80 hl Fassbier verpflichtet. Die Beklagte hat unstreitig die Mindestmenge jeweils in den Jahren 2008 bis 2012 nicht abgenommen.

 

1. Das Landgericht hat deshalb insoweit den (hilfsweise) von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch aufgrund Unmöglichkeit dem Grunde nach für gerechtfertigt angesehen. Dem ist beizupflichten. Mit Ablauf des jeweiligen Jahres ist die Erfüllung der Bierabnahmepflicht unmöglich geworden, weil sie für die Beklagte nicht mehr nachholbar war (§ 275 I BGB). Der Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass sie lediglich in Verzug geraten sei; auf eine Fristsetzung der Klägerin kommt es somit nicht an.

 

Bereits der Vertragswortlaut spricht dafür, dass die Beklagte mindestens 80 hl Fassbier im Jahr körperlich abzunehmen hatte, so dass etwa Bestellungen noch am 31.12. des Jahres, die erst später hätten erfüllt werden können, nicht ausreichten. Die Auslegung nach dem beiderseitigen objektiven Erklärungsempfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) ergibt nichts Abweichendes. Vielmehr machen die Umstände und die zutage getretenen Parteiinteressen deutlich, dass die Vertragsparteien den Sinn der Regelung in der Sicherung genau festgelegter Umsatzzahlen der Klägerin für jedes Jahr gesehen haben, deren Zweck nach Ablauf des Jahres schlechthin unerreichbar war. Der Bierabsatz findet im Massengeschäft statt; dementsprechend braut die Klägerin das Bier gemäß ihrem plausiblen und auch zumindest nicht substantiiert widersprochenen Vortrag auf Vorrat und nicht etwa erst auf einzelne Bestellung, weil es in Mengen schnell auf Abruf und nach Bedarf geliefert werden muss. Die Klägerin ist deshalb auf der anderen Seite kalkulatorisch auf die Abnahme vertraglich festgelegter Mindestabnahmemengen angewiesen. Die Sache liegt, auch insoweit tritt der Senat der Einschätzung des Landgerichts bei, anders als der von der Beklagten angeführte Fall (BGH NJW 1986, 124 (125 f.); dort ging es um die Verpflichtung zur Abnahme von jährlich 20 Maschinen, die indes erst auf Bestellung zu produzieren waren, so dass eine Nachholung auch noch nach Ablauf des Jahres in Betracht kam.

 

Vorliegend ergibt sich auch aus dem nachvertraglichen Verhalten und einem vermeintlichen Geschäftsbrauch in der seit dem Jahr 2001/2002 ununterbrochen bestehenden Geschäftsverbindung der Parteien entgegen der Ansicht der Beklagten nichts Anderes. Zwar kam es schon seit 2002 zu Unterschreitungen des jährlichen Mindestbezugs durch die Beklagte teilweise um deutlich mehr als 20 %, worauf die Klägerin früher nicht mit der Geltendmachung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung reagierte, sondern lediglich mit Teilkündigungen des zum Bierlieferungsvertrag vereinbarten Darlehens in Verbindung mit einer Herabsetzung der Mindestbezugsmenge für die Zukunft bzw. mit entsprechenden Abänderungsvereinbarungen - mithin einer Anpassung an die zu niedrige Gegenleistung -. Dadurch ist aber kein unter den Gesichtspunkten von Treu und Glauben (§ 242 BGB) schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten dahin begründet worden, dass sie von der Klägerin für die streitgegenständlichen Jahre 2008 bis 2012 nicht mehr auf Schadensersatz in Anspruch genommen werde oder zumindest nicht, ohne dass sie diesbezüglich unter dem betreffenden Jahr von ihr abgemahnt worden wäre; auf die streitige Frage erfolgter Abmahnungen kommt es daher nicht an. Nach dem Inhalt der abgeschlossenen Verträge und dem Hergang ihrer Abwicklung war die Klägerin, für die Beklagte erkennbar, früher nicht gehalten, Schadensersatz wegen der Unterschreitung von Mindestmengen zu verlangen bzw. dies anzudrohen. Für den ersten, am 8.11./13.11.2001 abgeschlossenen Vertrag ergibt sich das daraus, dass dessen Nr. 2 Absatz 2 Satz 2 ausdrücklich eine Umwandlung der bei Beendigung des Vertrages nicht abgenommenen Hektolitermenge in eine Vertragsverlängerung bis zur endgültigen Abnahme der Vertrags-Hektoliter vorsah (Bl. 58 d.A.). Erst die Änderungsvereinbarung vom 28.5.2004 bestimmte zu Nr. 2 (Bl. 61 d.A.), neben der Reduzierung der Mindestabnahmemenge auf 40 hl, das Ende des Darlehens- und Bierlieferungsvertrages unabhängig von der Mindestabnahme am 28.2.2012, womit in Abweichung vom ersten Vertrag objektiv klargestellt war, dass nun eine auf das einzelne Jahr bezogene Mindestabnahmepflicht der Beklagten bestand, deren Verletzung zu Unmöglichkeit führte und entsprechende Schadensersatzansprüche der Klägerin eröffnete. Zu solchen hatte die Klägerin, da nach ihrem zumindest nicht substantiiert widersprochenen Vortrag (Bl. 103, 195 d.A.) die Beklagte in den Folgejahren 2005 und 2006 die Mindestabnahmemenge zumindest nicht nennenswert unterschritt, indes keinen ersichtlichen Anlass bis zur Aufhebung des Vertrages am 26.1./31.1.2007 (Bl. 62 d.A.). Erst unter Geltung des zeitgleich abgeschlossenen streitgegenständlichen Vertrages, der wiederum keine Klausel zur Laufzeitverlängerung wegen nicht abgenommener Mengen enthält, kam es zur Unterschreitung der Mindestmengen und damit zur Unmöglichkeit der Leistung der Beklagten. Da sich die jährliche Mindestabnahmepflicht wie auch die Rechtsfolge ihrer Verletzung wie bereits dargelegt schon unmittelbar aus dem Vertrag ergaben, konnte die Beklagte nicht erwarten, dass die Klägerin sie vor einem Schadensersatzverlangen zudem noch im jeweiligen Jahr abmahnte oder eine Frist zur Erfüllung setzte. Die unstreitige schriftliche Abmahnung der Klägerin vom 4.5.2010 (Bl. 141 d.A.) ergibt nichts Anderes, weil sie einen anderen Gegenstand, nämlich den vertragswidrigen Bezug und Ausschank von Y Bier, betraf. Dass die Klägerin auf die Unterschreitung der Mindestabnahmemenge im Jahr 2010 zunächst ebenfalls wieder mit einer Teilkündigung und Vertragsanpassung reagierte, ändert ebenfalls nichts, weil das Schreiben vom 4.10.2011 (Bl. 24 d.A.) nichts dafür hergibt, dass es die Klägerin dabei bewenden lassen und nicht auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen wollte und würde. Da die Beklagte hierfür auch im übrigen keine Anhaltspunkte hatte, musste sie auch mit dem von der Klägerin hinreichend zeitnah mit Schriftsatz vom 21.8.2012 (Bl. 105 d.A.) erhobenen Schadensersatzverlangen rechnen.

 

2. Auch die übrigen Einwendungen der Beklagten zum Grund des Schadensersatzanspruchs greifen nicht durch.

 

a) Aus einer vorvertraglichen Kenntnis der Klägerin, dass die Mietverträge der Absatzstätten der Beklagten teilweise kürzer liefen als die von ihr übernommene Bierbezugspflicht, kann die Beklagte nichts herleiten. Sie hat die Verträge mit der Klägerin gleichwohl wie geschehen abgeschlossen und damit das Risiko des Bierabsatzes in ihren Lokalen übernommen. Außerdem stand ein Ende der Mietverhältnisse zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht einmal fest, sondern eine Verlängerung erschien nach ihrem eigenen Vortrag möglich bzw. offen (Bl. 52, 140 f. d.A.). Dafür Sorge zu tragen, war allein Sache der Beklagten bzw. ihres Geschäftsführers als Mieter der Absatzstätten.

 

b) Das vermutete Verschulden (§ 280 I 2 BGB) hat die Beklagte aus den Gründen des Landgerichts, auf die hiermit zustimmend Bezug genommen wird, nicht ausgeräumt. Zu ergänzen ist lediglich, dass ihr Vortrag darauf hinausläuft, dass sie in ihren Lokalen nicht mehr X Bier an ihre Gäste absetzen kann, als tatsächlich bestellt. Ein solcher Vortrag reicht nach der von der Beklagten selbst angeführten Zitatstelle (Bühler, Brauerei- und Gaststättenrecht, 13. A., Rz. 2504 f.) gerade nicht aus. Es hätte vielmehr vertiefter Darlegungen dazu bedurft, ob und welche Anstrengungen sie zur Steigerung des Absatzes, um ihrer Mindestabnahmepflicht genügen zu können, unternommen hat und welche Auswirkungen das gehabt hat (Bühler, a.a.O., Rz. 2505 m.w.N.). Daran fehlt es.

 

c) Von einer Schadenskompensation durch erhöhte Zinseinnahmen der Klägerin, die sich im Zuge der Vertragsanpassungen höhere Zinsen ausbedungen hat, kann nicht ausgegangen werden. Die Beklagte behauptet, sie habe vorvertraglich darauf verwiesen, dass die Mietzeiten von zwei ihrer Absatzstätten kürzer als die Bierbezugslaufzeit seien, worauf der Mitarbeiter der Klägerin, K, erklärt habe, dass die Klägerin schon mit den (erhöhten) Darlehenszinsen "leben könne". Das ist nicht erheblich, weil maßgeblich nicht während der Verhandlungen abgegebene Erklärungen sind, sondern es darauf ankommt, welche Willensübereinstimmung der Parteien schließlich bei Vertragsschluss feststellbar ist. Im schriftlichen Vertrag ist indessen die Mindestbezugspflicht der Beklagten dokumentiert; jedoch nichts für eine Kompensation ihrer etwaigen Nichterfüllung durch Zinsen.

 

d) Zur Bemessung des Nichterfüllungsschadens, zu dem das Landgericht den Vertrag dahin ausgelegt hat, dass das unstreitig in Flaschen bezogene X Bier Alkoholfrei nicht zur maßgeblichen Vertragsmenge gehöre und der Schaden der Klägerin somit nur nach dem zu wenig abgenommenen X Fassbier zu berechnen sei, rügt die Beklagte das Fehlen eines hinreichenden vorherigen richterlichen Hinweises und vertritt weiterhin den Standpunkt, dass das von ihr abgenommene X Alkoholfrei zur Vertragsmenge zu zählen sei. Ihren auf die Schadenshöhe zielenden Angriffen fehlt im vorliegenden Zusammenhang bereits die Zulässigkeit, weil es der Beklagten damit um eine Verminderung der Höhe ihrer Haftung geht. Letztere ist aber, wie schon die Klägerin zutreffend bemerkt hat, gemäß der Natur des Grundurteils (§ 304 ZPO) mit diesem nicht entschieden, sondern dem beim Landgericht anhängig gebliebenen Betragsverfahren vorbehalten, in dem die Beklagte ihre diesbezüglichen Einwendungen noch vorbringen kann. Voraussetzung für den Erlass des Grundurteils ist lediglich, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass irgendein der Klägerin im Betragsverfahren zuzuerkennender Forderungsbetrag übrig bleibt (st. Rspr., vgl. Musielak, ZPO, 10. A., § 304 Rz. 17 m.w.N.). Das ist der Fall, auch wenn laut Vortrag der Beklagten der Vertragspreis und damit die Grundlage für die Schadensberechnung kartellarisch überhöht sein sollte, denn es verbleibt gleichwohl ein gegebenenfalls nur anders zu bemessender, der Klägerin für die Lieferungen zustehender Bierpreis. Entsprechendes gilt ebenso für die Frage, ob und inwieweit Subventionen durch den Vertriebshändler M in die Schadensberechnung einzustellen sind. Abgesehen davon ist anzumerken, dass kein Verfahrensfehler des Landrichters ersichtlich ist, wenn er im Termin sagte, dass man darüber streiten könne, ob das Alkoholfrei zur Mindestbezugsmenge gehöre oder nicht, denn daraufhin musste die Beklagte auch damit rechnen, dass er dies verneinen konnte. Auch in der Sache vermögen alle Überlegungen der Beklagten zu einer Auslegung des Vertrages nicht an dessen maßgeblichem Wortlaut vorbeizuführen, der klar zwischen X Bier und X Fassbier unterscheidet, wobei sich die Mindestbezugspflicht ausdrücklich auf das Fassbier und damit nicht auf das Flaschenbier Alkoholfrei bezieht; dass die Klägerin der Beklagten Rückvergütungen nicht nur für bezogenes Fassbier, sondern auch für das Alkoholfrei gewährt hat, betrifft einen anderen Zusammenhang und kann ferner auf Kulanz oder nur auf einem Versehen beruhen.

 

3. Anknüpfend an das Vorhergesagte war der Prozess, abweichend von der Ansicht der Beklagten, auch nicht nach § 148 ZPO auszusetzen. Eine solche Aussetzung kommt nur in Betracht, wenn die Entscheidung im vorliegenden Prozess von dem Rechtsverhältnis, das Gegenstand des anderen Verfahrens ist, abhängt; es reicht nicht, wenn sie lediglich geeignet ist, einen Einfluss auf die Entscheidung auszuüben (Zöller-Greger, ZPO, 29. A., § 148 Rz. 5a m.w.N.). Nicht einmal Letzteres ist hier aber der Fall. Denn selbst, wenn das von der Beklagten angeführte Ermittlungsverfahren beim Bundeskartellamt illegale Kartellabsprachen zwischen der Klägerin und anderen Brauereien angeblich zu den hier interessierenden Preisen für Fassbier betrifft, gäbe eine daraus von der Beklagten gefolgerte "Unangemessenheit" der Preise und der darauf aufbauenden Schadensberechnung der Klägerin zumindest nichts gegen das Grundurteil her.

 

Es entspricht herrschender Meinung, dass derartige Absprachen aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zur Nichtigkeit im hier in Rede stehenden Folgevertragsverhältnis führen, das ein Kartellmitglied sodann mit seinen Abnehmern abschließt. Die Nichtigkeit einer Kartellvereinbarung nach § 1 GWB iVm. § 134 BGB als einseitigem Verbotsgesetz erfasst nicht den Folgevertrag mit seinen Preisvereinbarungen, soweit er nicht seinerseits eine illegale Kartell(preis)absprache enthält (OLG Hamm BeckRS 2013, 00152 S. 10; Immenga/Mestmäcker-Emmerich, GWB, 4 A., § 33 Rz. 115 m.w.N.), was hier unstreitig nicht der Fall ist. Die andere Frage, ob Ansprüche der Beklagten wegen pflichtwidrig überhöhter Preise gegenzurechnen sind, kann wiederum dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben. Es dürfte letztlich nur durch ein Sachverständigengutachten zu klären sein, ob und wie sich etwaige Kartellabsprachen auf die Preisbildung ausgewirkt haben. Eine Aussetzung des Verfahrens über den Grund des Anspruchs käme nur in Betracht, wenn die Frage einer Kartellabsprache für die Voraussetzung des Anspruchs, soweit das Grundurteil betroffen ist - das heißt also die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach ja oder nein - entscheidend ist. Das ist im Hinblick darauf, dass es mit Wahrscheinlichkeit bei einem angemessenen Bierpreis bleibt (s.o.), zu verneinen.

 

B.

 

Die beiden Berufungs-Hilfsanträge, mit denen die Abänderung des Teilurteils und weitergehende Abweisung der Hilfsklageforderung der Klägerin begehrt wird, sind mangels einer Berufungsbeschwer der Beklagten unzulässig. Für den Beklagten liegt die Beschwer, die ihn zur Einlegung des Rechtsmittels berechtigt, im Betrag oder dem Wert seiner Verurteilung (sogenannte materielle Beschwer, BGH NJW-RR 2007, 765; Musielak-Ball, ZPO, a.a.O., vor § 511 Rz. 21). Der Beklagten geht es hier aber nicht darum, die Höhe einer gegen sie gerichteten Verurteilung zu vermindern oder diese zu beseitigen, sondern sie will umgekehrt die teilabgewiesene Hilfsklage noch weiter abgewiesen haben. Ihre Einwendungen gehören insoweit ebenfalls in das noch bei dem Landgericht anhängige Betragsverfahren.

 

III.

 

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 II ZPO nicht vorliegen.

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