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Wirtschaftsrecht
25.10.2012
Wirtschaftsrecht
OLG München: Schadensersatz und Rückabwicklung einer Beteiligung an mehrgliedriger atypisch stillen Gesellschaft

OLG München, Beschluss vom 19.9.2012 - 7 U 2261/12


Leitsätze


1.         Bei einer mehrgliedrig atypisch stillen Gesellschaft sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden mit der Folge, dass ein Gesellschafter bei Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses „ex nunc" nur einen Anspruch auf ein Abfindungsguthaben, nicht aber auf Schadensersatz im Wege der Rückabwicklung seiner Beteiligung hat. Eine auf Rückgewähr der Einlage gerichtete Schadensersatzklage und Rückabwicklung der Beteiligung wegen mangelhafter Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojekts gegen die Beteiligungsgesellschaft gerichtete Klage bleibt ohne Erfolg.


2.         Zu den Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung der Beteiligungsverträge nach § 314 BGB und der vorzunehmenden Interessenabwägung.


Aus den Gründen


A


Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche und Rückabwicklung wegen angeblicher unzureichender oder falscher Risikoaufklärung durch den Anlagevermittler in Verbindung mit angeblichen Prospektfehlern bezüglich einer mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft. Auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht hat  die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der mit seinem Rechtsmittel sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.


Der Berufungsführer beantragt daher, unter Aufhebung des am 23.04.2012 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az: 35 O 15133/11, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 19.852,51 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 29.04.2010 zu zahlen, festzustellen, dass der Beklagten keinerlei Ansprüche mehr gegen den Kläger aus den atypisch stillen Beteiligungsverträgen 09200/019 und 08104/019 zustehen und hilfsweise für den Fall der Nichtzuerkennung eines Anspruchs aus §§ 280, 311, 249 BGB oder § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB die Beklagte zu verurteilen, zu Gunsten des Klägers ein Auseinandersetzungsguthaben für die Beteiligungen 09200/019 und 08104/019 auf den 31.12.2010 zu berechnen und in einer zweiten Stufe das sich daraus ergebende Guthaben unverzüglich an den Kläger auszuzahlen.



Die Berufung des  Klägers ist durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern. Eine mündliche Verhandlung ist insbesondere auch nicht deshalb geboten, weil die Rechtverfolgung für den Berufungsführer existenzielle Bedeutung hat oder weil das Urteil erster Instanz zwar im Ergebnis richtig, aber unzutreffend begründet ist.



Auf den Hinweis des Senats vom 06.08.2012 wird Bezug genommen. Aus den dort näher ausgeführten Gründen, in denen auch und insbesondere auf das Berufungsvorbringen des Klägers im Einzelnen eingegangen wird, sieht der Senat die Berufung als nicht begründet an. Dem Berufungsführer wurde Gelegenheit zur Äußerung auf die Hinweise bis 14.09.2012 gegeben, eine Stellungnahme erfolgte mit Schriftsatz vom 13.09.2012. Die hierin erhobenen Einwände des Klägers geben zu keiner von der im Hinweis geäußerten Rechtsansicht abweichenden Beurteilung Anlass. Lediglich ergänzend ist Folgendes anzumerken:


Der Kläger wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag und sein Berufungsvorbringen, auf das der Senat in seinem Hinweis bereits eingegangen ist.


Soweit der Kläger meint, es lägen die Voraussetzungen einer Zurückweisung seines Rechtsmittels nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht vor, da nicht von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit ausgegangen werden kann, ist dem entgegen zu halten, dass sich die Frage der Offensichtlichkeit allein auf den Erkenntnisprozess des Gerichts bezieht. Ist sich das Gericht "zweifelsfrei" darüber klar, dass eine mündliche Verhandlung zu keinem höheren Erkenntnisgrad führen kann, ist offensichtlich mangelnde Erfolgsaussicht anzunehmen. Nach der Begründung des Rechtsausschusses muss die Aussichtslosigkeit "nicht auf der Hand liegen", sie darf vielmehr Ergebnis "vorgängiger gründlicher Prüfung" sein (vgl. insgesamt Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 522 Rdnr. 36).


Diese Voraussetzungen sieht der Senat vorliegend als erfüllt an. Nach umfassender Prüfung des Berufungsvorbringens des Klägers ist der Senat - wie im Hinweisbeschluss ausgeführt - zu der Überzeugung gelangt, dass die gegen das landgerichtliche Urteil vorgebrachten Einwände nicht geeignet sind, eine andere rechtliche Würdigung und ein anderes Ergebnis zu begründen.



Unstreitig handelt es sich vorliegend um eine mehrgliedrige atypische stille Gesellschaft. Soweit der Kläger meint, die Tatsache, dass die stille Gesellschaft über kein eigenständiges Gesellschaftsvermögen bzw. Gesamthandsvermögen verfüge, führe dazu, dass weder eine Gläubigerbenachteiligung noch ein "Windhundrennen" unter den stillen Beteiligten stattfinden könne, erfasst es die Vermögenssituation bei der stillen Gesellschaft nicht zutreffend. Wie der Senat in seinem Hinweis ausgeführt hat handelt es sich vorliegend um eine Beteiligung in der Gestalt, dass zwischen den einzelnen stillen Gesellschaftern untereinander und dem Geschäftsinhaber insgesamt nur eine einzige atypisch stille Gesellschaft besteht. Maßgeblich kommt es bei der Frage der Gläubigerbenachteiligung bzw. eines "Windhundrennens" unter den stillen Gesellschaftern nicht darauf an, ob die stille Gesellschaft als Innengesellschaft über ein eigenes Gesellschaftsvermögen verfügt. Entscheidend ist die Beteiligung der stillen Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen des Handelsgeschäfts, so dass der Stille bei der Auseinandersetzung nach Auflösung der stillen Gesellschaft so zu stellen ist, als wäre er am ganzen Geschäftsvermögen gesamthänderisch beteiligt gewesen (vgl. Baumbach/Hopt, HGB 35. Auflage, § 230 Rdnr 3 a). Dies hat zur Folge, dass unter diesem Gesichtspunkt eine Rückabwicklung der Beteiligung als stiller Gesellschafter, wie sie der Kläger mit der vorliegenden Klage anstrebt, durch die Rückzahlung der Beteiligungssumme eine Minderung des Vermögens des Handelsgeschäfts zur Folge hat. Damit im Zusammenhang steht demnach insoweit eine Gläubigerbenachteiligung. Außerdem hält der Senat vor diesem Hintergrund an seiner im Hinweis ausgeführten Ansicht fest, wonach einer der Hauptgründe für die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft der ist, dass die schutzwürdigen Interessen der Mitgesellschafter Berücksichtigung finden müssen. Die Rückabwicklung der Beteiligung und die Rückzahlung der Einlage würden dazu führen, dass die Mitgesellschafter "nicht nur die Folgen ihres eigenen, von einer fehlerhaften Willensbildung getragenen Beitritts tragen müssten" (BGH WM 2008, 1026 Rdnr. 14), sondern auch die Lasten, die sich aus der Rückabwicklung der Beteiligung und der Rückzahlung der vollen Einlage anderer stiller Gesellschafter ergeben würden. Die Mitgesellschafter, die im Hinblick auf die Umstände ihres Beitritts ähnliche Rechte geltend machen könnten, wären einem Wettlauf um das Geschäftsvermögen des Handelsgeschäfts ausgesetzt (vgl. BGH a.a.O. Rdnr. 14, 20). Auch hierbei kommt es nicht darauf an, dass es ein "Gesamthandsvermögen" der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft nicht gibt. Die Beteiligungsbeträge der stillen Gesellschafter bilden u.a. das Vermögen des Handelsgeschäfts, aus dem zwangsläufig im Falle der Rückabwicklung der Beteiligung die Rückzahlung der Einlage zu erfolgen hat. Damit greift das Argument, dass die Gefahr eines "Windhundrennens" der stillen Gesellschafter besteht und deshalb der einzelne Gesellschafter auf seinen Abfindungsanspruch zu verweisen ist.



Vor diesem Hintergrund kann auch der Einwand, es läge eine Vergleichbarkeit mit einer Publikumsgesellschaft nicht vor, da es an dem Verbandcharakter fehle,  keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung geben. Auch hierauf ist der Senat in seinem Hinweis bereits eingegangen. Eine Ausnahme von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft hat der BGH für die zweigliedrige stille Gesellschaft nur deshalb zugelassen, weil "im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft" der Anleger nicht einer bestehenden Publikumsgesellschaft beitritt, sondern mit der "von dem Initiator des Anlageprojekts gegründeten Aktiengesellschaft eine neue - stille - Gesellschaft" bildet; dabei "beschränken sich seine Rechtsbeziehungen allein auf diese Aktiengesellschaft" (BGH, NJW-RR 2004, 1407 Rdnr. 11). Auseinandersetzung- und Schadensersatzansprüche richteten sich gegen dieselbe Person, den Inhaber des Handelsgeschäfts. In diesen Fällen dürfe es "demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht hat, ... nicht zu Gute kommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist" (BGH, NJW-RR 2005, 627). Diese Argumentation stellt maßgeblich darauf ab, dass die Rechtsbeziehung auf eine zweiseitige beschränkt ist, es somit an einer "vielschichtigeren Interessenlage" fehlt. Dies ist aber bei der vorliegenden Konstellation anders; es liegt eine Nähe zur Publblikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, auch wenn es sich um eine solche in der Rechtsform der stillen Gesellschaft handelt. Auch in diesem Fall haben die stillen Gesellschafter nämlich auf den Beitritt der anderen Gesellschafter regelmäßig keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten, treten insoweit nicht in Erscheinung und sind bei ihrem eigenen Eintritt in gleicher Weise möglicherweise nicht hinreichend aufgeklärt worden. Dass es eines Verbundes in der Form eines Zusammenwirkens des Geschäftsinhabers und der stillen Gesellschafter in einer gemeinsamen Organisation bedarf, um eine Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zu begründen, ist nicht ersichtlich und ergibt sich auch aus der zitierten Entscheidung des LG München vom 03.01.2012 (5 HK O 5182/10) nicht. Damit kann der Kläger auch mit seinem Argument, es läge keine Publikums KG vor und deshalb würden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht eingreifen, nicht durchdringen.



Schließlich hält der Senat auch an seinen im Hinweis dargelegten Ausführungen bezüglich des außerordentlichen Kündigungsrechts und der Zumutbarkeit des Abwartens auf die reguläre Beendigung des Vertragsverhältnisses fest. Der Anspruch auf Feststellung des Auseinandersetzungsguthabens ist noch nicht fällig. Neue Aspekte, die der Senat im Hinweis übersehen hätte, trägt der Kläger in seiner Stellungnahme nicht vor. Insbesondere hat der Senat eine Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht unterlassen. Lediglich ergänzend ist noch darauf zu verweisen, dass die Beklagte die ordentliche Beendigung der stillen Beteiligung zum 31.12.2011 akzeptiert hat und die Erhebung der vorliegenden Klage am 14.07.2011 erfolgte und damit das erneut vorgebrachte Argument, in die Interessenabwägung sei das drohende Totalverlustrisiko im Falle eines Ausschlusses der vorzeitigen Beendigung der Beteiligung mit einzubeziehen, nicht (mehr) greifen kann. 



Der Senat hält an seiner Auffassung fest, wonach eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ergehen kann, da die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Allein die Tatsache, dass der BGH die Frage der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf mehrgliedrige stille Gesellschaften bisher nicht entschieden hat und in seinen bisherigen Entscheidungen ausdrücklich offen gelassen hat, gibt keinen Grund von einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO Abstand nehmen zu müssen. Die Fortbildung des Rechts erfordert nur dann eine Entscheidung des Revisionsgerichts und schließt einen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO aus, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Bestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Das setzt voraus, dass für die rechtliche Beurteilung typischer Lebenssachverhalte eine richtungsweisende Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (BGH NJW 2002, 3029). Im vorliegenden Fall hat der Senat die durch den BGH entwickelten Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft und dessen vorgenommene Argumentation für die Entscheidung des streitgegenständlichen Rechtsstreits, der sich auf  eine mehrgliedrig stille Gesellschaft bezieht, herangezogen.



Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des landgerichtlichen Urteils aus § 708 Nr. 10 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Beschlusses aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.


Die Höhe des Streitwerts stützt sich auf § 48 GKG. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass für die Feststellungsklage 10% der Beteiligungswerte anzusetzen sind. Ein höherer Wert rechtfertigt sich auch nicht dadurch, dass der Betrag eines möglichen Rückzahlungsbetrages feststeht, weil die Wahrscheinlichkeit einer Rückzahlung gänzlich offen ist. Allerdings ist dem Rechtsvertreter des Klägers insoweit Recht zu geben, als beide Beteiligungen zu je 40.000 DM anzusetzen sind. Hiernach ergibt sich der im Tenor ausgewiesene Streitwert.


Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.



Die Würdigung durch das Landgericht ist  frei von Rechtsfehlern (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Unter zutreffender Würdigung des Parteivortrags, der Gesamtumstände sowie der vorgelegten Unterlagen hat das Gericht in 1. Instanz zu Recht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.



Zu den Berufungsangriffen des Klägers ist im Einzelnen wie folgt Stellung zu nehmen:



Der Kläger kann gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche auf Rückabwicklung seiner atypisch stillen Gesellschaftsbeteiligung nicht mit Erfolg geltend machen. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, wonach im vorliegenden Fall einer mehrgliedrigen atypischen stillen Gesellschaft die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung finden mit der Folge, dass der Kläger gegen die Beklagte bei Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses "ex nunc" nur einen Anspruch auf ein Abfindungsguthaben, nicht aber auf Schadensersatz im Wege der Rückabwicklung der Beteiligung am Handelsgewerbe der L. T. AG haben kann. Nach dem auf Seite 62 ff. des Emissionsprospekts abgedruckten "Atypisch stillen Gesellschaftsvertrag" beteiligen sich die Anleger am Handelsgewerbe der L. T. AG als atypisch stille Gesellschafter ... mit den jeweils vereinbarten Einlagen. "Atypisch bedeutet, dass die Gesellschafter an Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven der Vermögenssubstanz beteiligt sind und die einem Kommanditisten vergleichbaren Mitwirkungsrechte haben. Die Gesellschafter bilden zusammen mit dem Geschäftsinhaber (d.h. der L. T. AG) eine sogenannte atypisch stille Gesellschaft. Das heißt, es besteht nur eine atypisch stille Gesellschaft zwischen dem Geschäftsinhaber und allen atypisch stillen Gesellschaftern..." (vgl. Emissionsprospekt Anlage B 2 S. 62, atypisch stiller Gesellschaftsvertrag § 1 Nr. 2). 


Zu Recht und auch mit der Berufung nicht angegriffen hat das Landgericht festgestellt, dass es sich vorliegend aufgrund der vertraglichen und gesellschaftlichen Konstruktion um eine mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft handelt. In nicht zu beanstandender Weise und mit zutreffender Argumentation hat das Landgericht unter Heranziehung höchstrichterlicher Rechtsprechung die Grundsätze der fehlerhaften, in Vollzug gesetzten Gesellschaft dargestellt. Wie das Landgericht richtig ausführte, lässt die Rechtsprechung Ausnahmen zu, wenn gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen der rechtlichen Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft entgegen stehen. Danach kommen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft ausnahmsweise dann nicht zu Anwendung, wenn die rechtliche Anerkennung des von den Parteien gewollten und tatsächlich vorhandenen Zustands aus gewichtigen Belangen der Allgemeinheit oder bestimmter besonders schutzwürdiger Personen unvertretbar ist (vgl. BGH Urteil vom 29.11.2004, Az: II ZR 6/03und Urteil vom 21.03.2005, Az: II ZR 140/03). Dies ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung insbesondere der Fall, wenn der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, der Zweck der Gesellschaft mit den guten Sitten unvereinbar ist oder eine besonders grobe Sittenwidrigkeit vorliegt. Außerdem stehen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters - der Inhaber des Handelsgeschäfts im Sinn des § 230 HGB - verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Grund hierfür ist, dass es demjenigen, der sich auf Grund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig macht, nicht zugute kommen dürfe, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist. In diesen Fällen hat der Vertragspartner des Gesellschafters auch für das Fehlverhalten von Vermittlern einzustehen (BGH Urteil vom 21.03.2005, Az: II ZR 140/03). Diesen Entscheidungen, die eine Ausnahme vom Grundsatz der fehlerhaften Gesellschaft in der zweigliedrigen stillen Gesellschaft zulassen - nämlich einen Schadensersatzanspruch mit dem Ziel der Rückabwicklung der Beteiligung und nicht nur einen Anspruch auf Auseinandersetzungsguthaben  - , lagen nur zweigliedrige stille Gesellschaften zu Grunde, bei denen sich entsprechend der vertraglichen Konstruktion ggf. immer wieder neue jeweils zweigliedrige Gesellschaften mit jeweiligen neuen einzelnen Anlegern bildeten. Demgegenüber regelt der vorliegende Vertrag eine Beteiligung an einer mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft, dergestalt, dass zwischen den einzelnen stillen Gesellschaftern untereinander und dem Geschäftsinhaber insgesamt nur eine einzige atypisch stille Gesellschaft besteht.


Zu Recht hat das Erstgericht es als angemessen und interessensgerecht angesehen, bei dieser Konstellation eines Verbandscharakters des Zusammenschlusses einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern, der einer Publikums KG entspricht,  von einer ausnahmsweisen Nichtanwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft abzusehen. Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil kann ergänzend verwiesen werden. Der Senat teilt diese Auffassung, die auch der 21. Senat des Oberlandesgericht München in seinem Endurteil vom 07.05.2012 (Az: 21 U 4562/11) niedergelegt hat.


Soweit der Kläger einwendet, das Erstgericht habe  fehlerhaft eine Interessenabwägung unterlassen, kann er hiermit nicht durchdringen. Das Landgericht hat gerade in seiner Entscheidung diese Abwägung vorgenommen. Es hat dabei die bestehenden Rechtsbeziehungen, die Rechtsstellung der einzelnen atypisch stillen Gesellschafter und die hieraus erwachsenen Interessen der einzelnen (Mit-)Anleger sowie der Gesellschaft und der Beteiligungsgesellschaft dargestellt und ist hierbei zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der vorliegenden Konstellation der mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft eine andere rechtliche Bewertung angezeigt ist, als bei der nur zweigliedrigen atypisch stillen Gesellschaft. Auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil hierzu kann ebenso verwiesen werden, wie auf die im oben zitierten Endurteil des 21. Senats des OLG München.



Zu Recht hat das Erstgericht entschieden, dass der Kläger auch mit seinen Hilfsanträgen keinen Erfolg haben kann. Nach Auffassung des Senats liegt eine wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 314 BGB nicht vor, bzw. ist dieser nicht hinreichend dargetan. Nach § 314 BGB kann ein Dauerschuldverhältnis jederzeit aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein solcher liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Die Klageseite beruft sich hierbei auf Fehler des Emissionsprospekts bzw. vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung und vorallem auf arglistige Täuschung durch den Anlagevermittler E.



Voranzustellen ist zunächst, dass hinreichender Sachvortrag, der die Annahme einer arglistigen Täuschung durch den Anlagevermittler E. begründen könnte, fehlt. Zu Recht hat deshalb das Landgericht eine Beweiserhebung diesbezüglich nicht vorgenommen.



Auch die weiteren von Klägerseite in erster Instanz dargestellten Prospektfehler bzw. vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzungen, auf die in der Berufungsbegründung nur noch pauschal verwiesen wird, vermögen eine außerordentliche Kündigung der Beteiligungsverträge nicht zu begründen. Selbst unterstellt, die vom Kläger nur allgemein gerügten Prospektfehler und Mängel der vorvertraglichen Aufklärung durch der Beklagten zuzurechnende Anlagevermittler lägen vor und diese seien kausal für seine Anlageentscheidung gewesen - woran insgesamt erhebliche Zweifel bestehen -, können diese eine vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses vorliegend nicht begründen. Denn im Hinblick auf die Gesamtlaufzeit des Vertrags von 10 Jahren, die ihm während der Laufzeit übermittelten Kontoauszüge und die zum Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung bereits abgelaufene Vertragszeit - nämlich 9 Jahre - war es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen dem Kläger zuzumuten bis zur regulären Beendigung des Vertragsverhältnisses abzuwarten. Dies insbesondere auch deshalb, weil alle vom Kläger für die vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses herangezogenen Gründe in die Zeit seiner Anlageentscheidung fallen und damit ca. neun Jahre zurück liegen und er in den nachfolgenden Jahren ausreichend Gelegenheit zur Überprüfung der Bedingungen und Auswirkungen seiner Beteiligung  hatte.




Der Senat regt daher an, die Berufung zur Meidung weiterer Kosten zurückzunehmen,  im Fall der Rechtsmittelrücknahme ermäßigen sich die zweitinstanziellen Gerichtsgebühren um die Hälfte.


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