LG München I: Satzungsänderung – kumulative Zustimmung von Hauptversammlung und Vorstand für die Übertragung vinkulierter Namensaktien – Nichtigkeit des Beschlusses
LG München I, Beschluss vom 27.2.2017 – 5 HK O 14748/16, rkr.
Volltext des Beschlusses: BB-ONLINE BBL2017-976-1
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Leitsätze
1. Die Satzung kann für die Übertragung vinkulierter Namensaktien nicht die Zustimmung der Hauptversammlung und des Vorstands vorsehen; ein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung über die Zustimmung zur Satzungsänderung ist gem. § 241 Nr. 3 AktG nichtig.
2. Der Beschluss der Hauptversammlung über eine Satzungsänderung, die nicht die genaue Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats festlegt, ist jedenfalls anfechtbar.
3. In einer Satzung kann eine Regelung über ein Vorerwerbsrecht von Mitaktionären dergestalt geregelt werden, dass ein veräußerungswilliger Aktionär seine Aktien zum Erwerb zu den Bedingungen anzubieten hat, zu denen ein Dritter zum Erwerb bereit wäre.
AktG §§ 245, 243, 241, 111, 95; BGB § 139
Sachverhalt
I.
1. a. Am 29.7.2016 fand eine Hauptversammlung der Beklagten – einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft mit einem in 50.000 vinkulierte Namensstückaktien eingeteilten Grundkapital von € 50.000,-- – statt, zu der der Kläger mittels eingeschriebenem und von den Vorstandsmitgliedern Dr. ... K... und Dr. ... Ki... unterschriebenen Schreiben vom 24.6.2016 (Anlage K 2) geladen worden war und in der über insgesamt vier Änderungen der Satzung in einem Tagesordnungspunkt abgestimmt werden sollte. Die Neufassung der Satzung (Anlage K 3) war dem Schreiben beigefügt.
Die Satzung der Beklagten vom 17.8.2000 (Anlage K 1) enthielt u. a. folgende Regelungen:
„§ 4 Grundkapital und Aktien
…
(2) Die Namensaktien können nur mit Zustimmung der Hauptversammlung übertragen werden. Erforderlich ist eine ¾ Mehrheit.
§ 8 Aufsichtsrat
(1) Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern. Er wird mit 95 %-Mehrheit des stimmberechtigten Kapitals gewählt.
§ 11 Zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte
Der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen:
…
6. Abschluss, Änderung und Beendigung von Verträgen über Kooperationen und Handelsbeziehungen mit anderen Gesellschaften einschließlich des Beitritts zu gemeinsamen Einrichtungen, soweit der jeweilige Vertrag einen für das Unternehmen wesentlichen Umfang hat. Der wesentliche Umfang wird durch die Geschäftsordnung des Vorstandes definiert.
7. Lizenz- und Kooperationsvereinbarungen im Forschungs- und Entwicklungsbereich, soweit die jeweilige Vereinbarung einen für das Unternehmen wesentlichen Umfang hat. Der wesentliche Umfang wird durch die Geschäftsordnung des Vorstandes definiert.
8. Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Rechten an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten
…
§ 17 Aktienveräußerung, Einziehung
(1) Beabsichtigt ein Aktionär, seine Aktien ganz oder teilweise zu veräußern, so hat er die Aktien zunächst den übrigen Aktionären zum Erwerb anzubieten. Üben mehrere Aktionäre das Erwerbsrecht aus, so gilt es, mangels einer anderweitigen Verständigung zwischen ihnen, als im Verhältnis ihrer Aktienanteile zueinander ausgeübt, wobei ein unteilbarer Spitzenbetrag dem Aktionär mit dem geringsten Aktienanteil zufällt.
(2) Die Aktionäre haben ihr Erwerbsrecht innerhalb eines Monats nach Zugang des Angebotsschreibens auszuüben.
(3) Wird das Erwerbsrecht durch die Mitaktionäre ausgeübt, ist dem veräußernden Aktionär eine Vergütung nach (5.) zu bezahlen.
(4) Die Einziehung von Aktien ist ausschließlich zulässig, wenn
- über das Vermögen eines Aktionärs rechtskräftig das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder
- in die Aktie eines Aktionärs die Zwangsvollstreckung betrieben wird und die Vollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb eines Monats aufgehoben wird.
Die Einziehung von Aktien wird mit dem Zugang des Einziehungsbeschlusses an den betreffenden Aktionär wirksam.
Für den Beschluss einer Einziehung ist ein Beschluss der Aktionäre von einfacher Mehrheit erforderlich. Die Einziehung erfolgt gegen Entgelt, das nach (5) berechnet wird.
(5) Scheidet ein Aktionär aus, so wird die Vergütung wie folgt berechnet, wenn keine anderweitige Vereinbarung getroffen wird:
- Bei Ausscheiden eines Aktionärs innerhalb von 3 Jahren nach Eintragung der AG beträgt die Vergütung den Nennwert der Aktien zum Gründungszeitpunkt, zuzüglich einer Verzinsung von 6 % p.a., zahlbar bei Ausscheiden. Die Vergütung darf aber den auf die Aktie entfallenden Teil des Stammkapitals zuzüglich des bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens erwirtschafteten Ergebnisses (Gewinnvortrag und Jahresergebnis) nicht übersteigen. Diese Beschränkungen gelten nicht beim Ausscheiden der Aktionäre Frau Dr. K... oder Herrn Dr. F..., da diese bereits länger als 3 Jahre die Geschäftsanteile der Vorgesellschaften halten.
- Bei späterem Ausscheiden erhalten alle Aktionäre einen Vergütung in Höhe des Aktienwertes, berechnet nach dem „Discounted Cash-Flow-Verfahren“ nach Göllert und Ringling (Der Betrieb, Heft 10/99 vom 12.03.1999, Anlage 1). Immobilien sind mit dem Verkehrswert anzusetzen.
Grundlage für die Berechnung ist der Jahresabschluß, der zu dem 31.12. des Jahres aufzustellen ist, der dem Zeitpunkt der Übernahme vorausgeht. Sollte der Zeitpunkt der Übernahme auf den 31.12. fallen, ist Grundlage der Jahresabschluss, der zu diesem 31.12. aufzustellen ist.
Der Wert des Aktienanteils ist im Streitfall durch einen Gutachter festzustellen, der Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater sein muß. Der Gutachter hat seinem Gutachten das oben aufgeführte Bewertungsverfahren zugrunde zu legen.
Falls die Auszahlung von Aktienanteilen die Existenz der Firma bedroht, kann die Auszahlung in Raten erfolgen. Anzustreben ist eine Auszahlung in fünf gleichen Jahresraten, wobei die erste Jahresrate sofort fällig ist. Das jeweils außenstehende Guthaben ist mit einem Zinssatz zu verzinsen, der zwei Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz der Zentralbank liegt. Die Zinsen sind vierteljährlich im nachhinein fällig.
Die vorstehenden Regelungen gelten auch bei einem teilweisen Verkauf der Aktien.“
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten der Satzung wird in vollem Umfang auf Anlage K 1 Bezug genommen.
b. Die Hauptversammlung der Beklagten vom 29.7.2016 fasste mit 43.000 Ja-Stimmen gegen 7.000 Nein-Stimmen einen Beschluss, wonach die Satzung der Beklagten wie folgt geändert werden sollte (Anlage K 3):
„§ 4 Grundkapital und Aktien
...
(2) Die Namensaktien können nur mit Zustimmung des Vorstands auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung übertragen werden. Erforderlich ist eine ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
§ 8 Aufsichtsrat
(1) Der Aufsichtsrat besteht aus drei oder mehr Mitgliedern. Er wird mit 75 %-Mehrheit des stimmberechtigten Kapitals gewählt.
…
§ 11 Zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte
Unbeschadet der sonst durch Gesetz, Satzung oder Geschäftsordnung dem Aufsichtsrat vorbehaltenen Rechte bedürfen seiner Zustimmung:
…
6. Geschäfte von erheblicher Bedeutung für die wirtschaftliche Lage oder die strategische Ausrichtung der Gesellschaft, insbesondere Lizenz- und Kooperationsvereinbarungen, soweit die jeweilige Vereinbarung einen für das Unternehmen wesentlichen Umfang hat. Näheres kann durch die Geschäftsordnung des Vorstandes definiert werden;
7. Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Rechten an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten;
…
§ 17 Aktienveräußerung
(1) Beabsichtigt ein Aktionär, seine Aktien ganz oder teilweise an einen Dritten zu veräußern, so hat er die Aktien zunächst den übrigen Aktionären zum Erwerb zu entsprechenden Bedingungen anzubieten, zu denen der Dritte zum Erwerb bereit ist. Üben mehrere Aktionäre das Erwerbsrecht aus, so gilt es, mangels einer anderweitigen Verständigung zwischen ihnen, als im Verhältnis ihrer Aktienanteile zueinander ausgeübt, wobei ein unteilbarer Spitzenbetrag dem Aktionär mit dem geringsten Aktienanteil zufällt.
(2) Die Aktionäre haben ihr Erwerbsrecht innerhalb eines Monats nach Zugang des Angebotsschreibens durch schriftliche Mitteilung an den veräußerungswilligen Aktionär auszuüben.“
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten der Satzungsänderung wird in vollem Umfang auf Anlage K 3 Bezug genommen.
Der Kläger hatte an der Hauptversammlung teilgenommen, wobei er sich durch Frau Rechtsanwältin ... P... vertreten ließ, die für ihn mit „nein“ stimmte und vor der Abstimmung Widerspruch zu Protokoll des beurkundenden Notars erklärte.
c. Die Hauptversammlung der Beklagten vom 24.11.2016 fasste den Beschluss, die Beschlussfassung der Hauptversammlung vom 29.7.2016 aufzuheben und die Satzung mit dem in der Einladung zu der Hauptversammlung vom 24.11.2016 bekannt gemachten Wortlaut neu zu fassen; in der Folgezeit kam es zur Eintragung der am 24.11.2016 beschlossenen Satzungsänderung.
2. Zur Begründung seiner mit Schriftsatz vom 29.8.2016 an diesem Tag per Telefax beim Landgericht München I eingegangenen Nichtigkeitsfeststellungsklage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die einzelnen Satzungsänderungen seien nichtig und die Beschlussfassung jedenfalls anfechtbar. Bezüglich der Vinkulierung der Namensaktien ergebe sich dies bereits aus der Regelung in § 180 Abs. 2 AktG, weil die Vinkulierung vorliegend durch die Einführung eines Zustimmungserfordernisses auch des Vorstands verschärft werde und die Verweigerung der Zustimmung auch nur eines Aktionärs zur Nichtigkeit der Satzungsänderung führe. Auch sei eine Kumulation der Zustimmungsvorbehalte von Vorstand und Hauptversammlung gesetzeswidrig und ziehe deshalb die Nichtigkeit gemäß § 241 Nr. 3 AktG analog nach sich. Bezüglich der Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrates resultiere die Nichtigkeit aus der Unzulässigkeit einer variablen Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern; die Anfechtbarkeit folge zudem aus einem Verstoß gegen § 95 Satz 2 und Satz 3 AktG. Dem neu eingeführten Zustimmungserfordernis in § 11 Nr. 6 der Satzung zu bestimmten Geschäften fehle es an der hinreichenden Bestimmtheit, weil nicht ersichtlich sei, wann ein Geschäft diese Voraussetzungen erfülle. Durch die Streichung der Ziffern 3 bis 5 in § 17 der Satzung komme es zu Veränderungen der Auswirkungen des Ausscheidens eines Aktionärs, weil Rechtssicherheit über einen bestimmten Verkaufspreis nicht mehr gegeben sei; folglich seien auch die Ziffern 1 und 2 der Satzungsänderung einer Überprüfung zugänglich. Die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts verstoße gegen § 68 Abs. 2 AktG und sei folglich nichtig. Angesichts einer einheitlichen Beschlussfassung führe die Nichtigkeit einzelner Satzungsänderungen jeweils zur Nichtigkeit des gesamten Beschlusses.
3. Die Beklagte hält die Klage dagegen für unbegründet. Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, die Regelung über die Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Namensaktien diene nur der Klarstellung, ohne dass damit eine zweite Instanz in Gestalt des Vorstands eingeführt werden solle. Vielmehr werde die Übertragbarkeit erleichtert, weil sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber durch einen Blick in die Satzung jeweils verlässlich erkennen könne, was zur wirksamen Übertragung von Aktien erforderlich sei. Nichtigkeit der Beschlussfassung lasse sich ohnehin nicht bejahen. Der Teilbarkeitsgrundsatz bei der Aufsichtsratsbesetzung gelte nur, soweit dies zur Erfüllung mitbestimmungsrechtlicher Vorgaben erforderlich sei, wofür vorliegend keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen seien. Durch das Unterlassen der Festlegung einer höheren Zahl bleibe es bei drei Aufsichtsratsmitgliedern. Bei den Zustimmungsvorbehalten dürfe sowohl auf die Erheblichkeit als auch den Umfang abgestellt werden, wobei die Formulierung zulässigerweise an die abstrakte Risikoträchtigkeit anknüpfe. Zudem enthalte die Satzungsregelung Regelbeispiele für diese Risikoträchtigkeit und räume dem Aufsichtsrat das Recht ein, weitere Konkretisierungen mittels der Geschäftsordnung für den Vorstand vorzunehmen. Die Änderung in § 17 der Satzung über die Aktienveräußerung enthalte kein Erschwernis der Veräußerung; mit dem Streichen der Regelung über die Einziehung und die Einziehungsvergütung, die sich gerade nicht auf das Vorkaufsrecht bezogen habe, komme es zu einer Modernisierung.
4. Der Kläger und die Beklagte haben mit Schriftsätzen vom 1.12.2016 (Bl. 30/33 d.A.) und vom 9.12.2016 (Bl. 35/36 d.A.) den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt, wobei die Beklagte davon ausgeht, der Kläger müsse mindestens 75 % der Kosten tragen.
5. Hinsichtlich des wechselseitigen Vorbringens der Parteien wird ergänzend Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.
Aus den Gründen
II.
Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Haben die Parteien durch Einreichung eines Schriftsatzes den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet nach dieser Vorschrift das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Angesichts des hälftigen Obsiegens und Unterliegens sind die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 91 a, 92 Abs. 1 gegeneinander aufzuheben.
1. Bis zum erledigenden Ereignis wären die zulässigen Klagen hinsichtlich der vorgesehenen Satzungsänderungen in §§ 4 und 8 der Satzung begründet gewesen.
a. Die im Hinblick auf die Vinkulierung der Namensaktien vorgesehene Satzungsänderung verstößt gegen die Vorgaben des Aktiengesetzes, weil eine Auslegung dieser Neuregelung in § 4 Abs. 2 der Satzung ergibt, dass die Zustimmung der Hauptversammlung und des Vorstands verlangt wird, was auch die Nichtigkeit des Beschlusses nach sich zieht.
(1) Die Auslegung der neu gefassten Satzungsbestimmung ergibt, dass neben der Zustimmung der Hauptversammlung auch ein entsprechender Zustimmungsbeschluss des Vorstandes vorgesehen wird und nicht nur die Umsetzung des von der Hauptversammlung gefassten Beschlusses über die Zustimmung zur Veräußerung geregelt sein soll. Diese Auslegung der neugefassten Satzungsbestimmung muss entsprechend allgemeinen Grundsätzen bei allen materiellrechtlichen Satzungsregelungen, die das Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Mitgliedern regelt, nach objektiven Kriterien erfolgen und dabei vor allem den Wortlaut, den Zweck und die systematische Stellung berücksichtigen (vgl. nur Hüffer, AktG, 12. Aufl., § 23 Rdn. 39). Der Wortlaut wie der systematische Zusammenhang mit allgemeinen Strukturprinzipien spricht vorliegend für das Erfordernis der Zustimmung auch des zweiten Organs. Zustimmung bedeutet nämlich die Fassung eines positiven Beschlusses, der konstitutiv für die Wirksamkeit der Veräußerung der Aktien sein soll, und nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre die Einverständniserklärung zu dem von einem anderen vorgenommenen Rechtsgeschäft (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 76. Aufl., Einl v § 182 Rdn. 1; Bayreuther in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 182 Rdn. 1). Mit dieser Regelung kann nicht lediglich die Ausführung des Beschlusses der Hauptversammlung – ähnlich wie bei § 83 Abs. 2 AktG – gemeint sein. Für diese Auslegung als Festlegung eines Zustimmungserfordernisses spricht auch der Vergleich mit der Regelung, die dadurch geändert werden soll. Gerade wenn § 4 Abs. 2 der Satzung a.F. nur die Zustimmung der Hauptversammlung vorsieht, mithin einen konstitutiv wirkenden Beschluss, und nunmehr in der Neufassung dieser Begriff wie bisher für die Hauptversammlung nun auch wortgleich für den Vorstand genannt wird, müssen diese beiden Begriffe auch identisch verstanden werden. Allein der Umstand, dass die externe Erklärung stets vom Vorstand abgegeben wird, rechtfertigt nicht den Rückschluss auf eine Auslegung gegen den Wortlaut der Satzung im Sinne einer sich aus dem Gesetz ergebenden Klarstellung; vielmehr soll ein weiteres Organ der Gesellschaft eine positive Erklärung zu der Veräußerung abgeben, was dem Wortlaut und dem allgemeinen Verständnis des Begriffs der Zustimmung entspricht. Die Formulierung „auf Grund des Beschlusses der Hauptversammlung“ führt auch nicht zwingend zu einer anderen Beurteilung, weil dieses auch nur als Bestimmung der Reihenfolge angesehen werden kann.
(2) Angesichts dessen muss aufgrund von § 241 Nr. 3 AktG von der Nichtigkeit des Beschlusses, der diese Satzungsänderung zum Inhalt hat, ausgegangen werden, weil sein Inhalt gegen Grundprinzipien des deutschen Aktienrechts verstößt. Das deutsche Aktienrecht ist vom Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Aktien bestimmt. Außerhalb der Voraussetzungen einer möglichen Vinkulierung kann die dingliche Wirksamkeit angesichts der Regelungen in §§ 68 Abs. 2, 180 Abs. 2 AktG nicht an bestimmte Formen oder über das gesetzlich zulässige Maß hinaus an Zustimmungserfordernisse gebunden werden (vgl. BGHZ 160, 253, 256 f. = NJW 2004, 3561, 3562 = NZG 2004, 1109, 1110 = AG 2004, 673, 674 = ZIP 2004, 2093, 2094 = WM 2004, 2164, 2165 = MDR 2005, 158 f. = BB 2004, 2482, 2483 = DB 2004, 2415, 2416 = DNotZ 2005, 138, 139). Das zusätzliche Zustimmungserfordernis eines weiteren Organs neben der Hauptversammlung erschwert die Veräußerbarkeit der Aktien, weshalb die Zustimmung aller Aktionäre nach § 180 Abs. 2 AktG notwendig ist, was vorliegend angesichts von 7.000 Nein-Stimmen nicht bejaht werden kann. Zudem ist eine kumulative Zustimmung von Hauptversammlung und Vorstand mit den Vorgaben aus § 68 Abs. 2 unvereinbar, weil die gesetzliche Ermächtigung in § 68 Abs. 2 Satz 3 AktG ausdrücklich nur die alternative Zuständigkeit anderer Organe als des Vorstandes zulässt; demgemäß bedeutet eine kumulative Zustimmung von zwei Organen der Gesellschaft eine Erschwerung (vgl. nur Bayer in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 68 Rdn. 65; Bezzenberger in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 68 Rdn. 27; Lutter AG 1992, 369, 370; Schroeter AG 2007, 854, 858).
b. Die vorgeschlagene Satzungsänderung zu § 8 über die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrates verstößt gegen § 95 Satz 1 und Satz 2 AktG, wonach der Aufsichtsrat aus drei Mitgliedern besteht, die Satzung jedoch eine bestimmte höhere Zahl festlegen kann. Auch wenn der Dreiteilbarkeitsgrundsatz, der durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) vom 22.12.2015 (BGBl I 2565) modifiziert wurde, auf die Beklagte als nicht mitbestimmungspflichtige Gesellschaft nicht anwendbar sein kann, führt dies nicht zu einer Gesetzeskonformität der Satzungsänderung. Die Regelung in § 8 Abs. 1 der Satzung entsprechend dem Beschluss der Hauptversammlung vom 29.7.2016 lässt sich mit den gesetzlichen Vorgaben nicht in Einklang bringen. Die Satzungsänderung, nach der eine höhere Zahl von Mitgliedern als drei dem Aufsichtsrat angehören kann, ist unbestimmt und folglich nichtig. Eine höhere als die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl in § 95 Abs. 1 Satz 1 AktG muss eine bestimmte höhere Zahl sein (vgl. Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 95 Rdn. 3; Israel in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl., § 95 Rdn. 5). Zudem bleibt unklar, wer diese höhere Zahl festlegen soll.
Angesichts dessen hätte die Klage insoweit Erfolg gehabt, wobei das Gericht nicht abschließend entscheiden muss, ob dieser Mangel der Satzungsänderung die Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses zu diesem Punkt oder lediglich dessen Anfechtbarkeit nach sich zieht, weil der Streitgegenstand der beiden Klagen identisch ist und Anfechtungsgründe auch im Rahmen eines Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit geltend gemacht werden können (vgl. BGHZ 152, 1, 4 ff. = NJW 2002, 3465, 3466 = NZG 2002, 957, 958 f. = BB 2002, 1879, 1880 = AG 2002, 677, 678 = ZIP 2002, 1684, 1686 = WM 2002, 1885, 1887 = DB 2002, 2040, 2041 = MDR 2003, 38 f.; Göz in: Bürgers/Körber, AktG, a.a.O., § 246 Rdn. 4). Der Kläger hat die Klage innerhalb der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erhoben, weil der Gerichtskostenvorschuss bereits am 7.9.2016 voll einbezahlt wurde und die weitere Verzögerung der Zustellung entsprechend der Verfügung des Vorsitzenden vom 27.9.2016 der Organisationssphäre des Gerichts zuzurechnen ist. Daher muss die am 13.10.2016 bzw. am 8.10.2016 erfolgte Zustellung an den Vorstand und ein Mitglied des Aufsichtsrats als demnächst im Sinne des § 167 ZPO angesehen werden, weshalb der Eingang der Klage beim Landgericht München I innerhalb der Monatsfrist als ausreichend angesehen werden muss, auch wenn die Klage erst mit Zustellung an die Beklagte als erhoben anzusehen ist. Da der Kläger die Namenaktie bereits im Zusammenhang mit der Gründung und damit vor der Einberufung der Hauptversammlung erworben hatte, auf der Hauptversammlung – vertreten durch seine nunmehrige Prozessbevollmächtigte – anwesend war und Widerspruch zur Niederschrift erklärt hatte, sind auch die Voraussetzungen der Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 1 AktG zu bejahen.
2. Hinsichtlich der beschlossenen Änderungen zu § 11 und § 17 der Satzung war die Nichtigkeitsfeststellungsklage, die auch eine Anfechtungsklage beinhaltet, dagegen bis zum erledigenden Ereignis unbegründet, weil insoweit weder ein Nichtigkeitsgrund nach § 241 AktG noch ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 243 Abs. 1 AktG nicht bejaht werden kann.
a. Der in § 11 Ziff. 6 vorgeschlagene Zustimmungsvorbehalt begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Regelung in § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG lässt es zu, dass aufgrund einer Satzungsbestimmung bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Es entspricht dabei der ganz überwiegend vertretenen Auffassung, dass sich der Zustimmungsvorbehalt auf bestimmte Arten von Geschäften beziehen muss, um mit dem Bestimmtheitserfordernis vereinbart zu sein, weshalb sich Generalklauseln wie „alle wesentlichen Geschäfte“ verbieten (vgl. nur Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 111 Rdn. 41; Habersack in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 111 Rdn. 106; Drygala in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 111 Rdn. 58). Bei dem hier gegebenen Zustimmungsvorbehalt muss indes davon ausgegangen werden, dass er trotz eines gewissen generalklauselartigen Elements in der Formulierung „Geschäfte von erheblicher Bedeutung für die wirtschaftliche Lage oder die strategische Ausrichtung der Gesellschaft“ und den Hinweis auf den „wesentlichen Umfang“ noch hinreichend bestimmt ist. Vorliegend sind in der Neufassung von § 11 Ziff. 6 beispielhaft Geschäfte aufgeführt, die für die wirtschaftliche Lage oder die strategische Ausrichtung der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind, indem auf Lizenzund Kooperationsvereinbarungen verwiesen wird. Eine derartige beispielhafte Aufzählung muss als noch ausreichend angesehen werden, zumal Auslegungsschwierigkeiten nie ausgeschlossen werden können (vgl. Fleischer BB 2013, 835, 842 f.). Zudem kann dieser Zustimmungsvorbehalt auch mit Hilfe der weiterhin in der Satzungsregelung aufgeführten anderen zustimmungsbedürftigen Geschäfte ausgelegt werden. Eine weitere Konkretisierung lässt die Geschäftsordnung für den Vorstand zu, die aufgrund von § 7 Abs. 1 der Satzung nicht ohne Beteiligung des Aufsichtsrates beschlossen werden kann.
b. Die Streichung der bisherigen Satzungsregelungen in § 17 Abs. 3 bis Abs. 5 führt nicht zur Unwirksamkeit oder Nichtigkeit der verbleibenden Regelungen in § 17 Abs. 1 und Abs. 2 über das Vorerwerbsrecht eines Aktionärs.
Diese Regelung über ein Vorerwerbsrecht von Mitaktionären kann nicht als gesetzwidrig angesehen werden. Eine derartige Regelung, wonach der veräußerungswillige Aktionär den übrigen Aktionären seine Aktien zum Erwerb zu den Bedingungen anzubieten hat, zu denen der Dritte zum Erwerb bereit ist, muss nach allgemeinen vertraglichen Regelungen als zulässig angesehen werden. Gegen diese als Vorhand zu qualifizierende Regelung in § 17 der Satzung bestehen keine Bedenken. Ein derartiges Erwerbsangebot begründet die Verpflichtung, vor einer Veräußerung den Vorhandberechtigten – hier also den anderen Aktionären der Beklagten – die Aktien als betroffene Vermögenswerte anzudienen, um ihnen Gelegenheit zur Übernahme zu geben (vgl. OLG Schleswig NZG 1998, 856, 857 m. Anm. Rottnauer; Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 463 Rdn. 4). Dabei ist namentlich der Kaufpreis in § 17 Abs. 1 der Satzung hinreichend bestimmt geregelt, wenn darauf abgestellt wird, dass diesbezüglich die Konditionen maßgeblich sind, zu denen der Dritte zum Erwerb bereit ist. Die Regelung über die Vorhand ist auch insoweit hinreichend bestimmt, als ihr zu entnehmen ist, dass sie nur dann eingreift, wenn die Person des Dritten feststeht. Das Angebot an die übrigen Aktionäre setzt Bedingungen voraus, zu denen der Dritte zum Erwerb bereit ist. Dann aber muss es bereits hinreichende Bedingungen mit einer konkret bezeichneten Person geben. Die Situation ist dabei der eines Vorkaufsrechts nicht unähnlich, unterscheidet sich nur insofern, als vorliegend mit dem Dritten noch kein Vertrag abgeschlossen ist. Dies bedeutet dann aber auch, dass der veräußerungswillige Aktionär den Preis verhandeln kann, den er für angemessen erachtet. Insofern ist in der Vereinbarung dieser Vorhand im Sinne eines Vorerwerbsrechts der übrigen Aktionäre auch keine Erschwerung der Veräußerbarkeit von Aktien zu sehen.
Ein Verstoß gegen §§ 68 Abs. 2, 180 Abs. 2 AktG kann darin nicht gesehen werden, weil damit keine Erschwerung der Veräußerung verbunden ist; dies wird nicht an zusätzliche Bedingungen geknüpft, die das Gesetz in § 68 Abs. 2 AktG nicht zulässt.
c. Für eine Gesamtnichtigkeit aller Beschlüsse nach § 139 BGB analog ist kein Raum, auch wenn die vier Satzungsänderungen unter einem Tagesordnungspunkt zusammengefasst sind. Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Vorschrift des § 139 BGB findet auch auf Beschlüsse einer Hauptversammlung Anwendung, weil der hinter dieser Regelung in § 139 BGB stehende Normzweck auch den hier gegebenen Sachverhalt trifft. Es ist weithin anerkannt, dass die Nichtigkeit eines Teils eines Beschlusses der Hauptversammlung die Nichtigkeit des ganzen Beschlusses nach sich zieht, wenn der Beschluss nach dem Willen des Beschluss fassenden Organs ein einheitliches Ganzes bilden soll, eine Geltung allein von Teilen des Beschlusses mithin diesem Willen widerspräche. Maßgeblich ist somit der im Beschluss zum Ausdruck kommende Wille der Hauptversammlung, der – nachdem subjektive Vorstellungen einzelner Aktionäre nicht relevant sein können – durch eine objektive, aus der Sicht eines Dritten vorzunehmende Auslegung zu ermitteln ist. Entscheidend ist somit, ob die Hauptversammlung – hätte sie die Gesetzesverletzung erkannt – am Beschluss im Übrigen festgehalten hätte. Die Nichtigkeit einer Satzungsänderung führt aber nur dann zur Nichtigkeit aller Satzungsänderungen, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen den Änderungen gegeben ist. Danach ist der ganze Beschluss nur dann nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil gefasst worden wäre. Insoweit kommt es auf den mutmaßlichen Willen der Hauptversammlung an, der durch Auslegung des Beschlusses zu ermitteln ist (vgl. BGHZ 205, 319, 329 ff. = NZG 2015, 867, 870 f. = AG 2015, 633, 636 f. = ZIP 2015, 1429, 1432 = WM 2015, 1417, 1421 = MDR 2015, 1082, 1083 = DNotZ 2015, 704, 709 f. = DB 2015, 1708, 1711 f. = MittBayNot 2016, 252, 255 f.; OLG München AG 2008, 864, 869 f. = ZIP 2008, 1916, 1922 = WM 2008, 1971, 1976 f.; OLG Hamburg NZG 2000, 549, 551 = AG 2000, 326, 328; LG München I AG 2010, 419, 422 f.; Hüffer, AktG, a.a.O., § 241 Rdn. 33; Würthwein in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., § 243 Rdn. 76). Ein derartiger innerer Zusammenhang kann hier nicht bejaht werden. Die Regelungen über die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder, Zustimmungserfordernisse bei der Übertragung vinkulierter Namensaktien sowie das Zustimmungserfordernis zu bestimmten Geschäften des Vorstandes durch den Aufsichtsrat betreffen die Kompetenzzuordnungen innerhalb des Gefüges der Aktiengesellschaft mit ihren Organen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung, wobei zwischen diesen einzelnen Punkten keinerlei innerer Zusammenhang besteht, was sich auch daran zeigt, dass sie in unterschiedlichen Abschnitten der Satzung enthalten sind. Die Regelung in § 17 der Satzung betrifft das Verhältnis der Aktionäre untereinander für den Fall der Veräußerung von Aktien an einen (außenstehenden) Dritten, weshalb auch hier keine innere Bezugnahme eines Beschlusses auf die anderen Beschlüsse erkennbar ist.
3. Der Streitwert war gestaffelt festzusetzen, nachdem es infolge des Eingangs der übereinstimmenden Erledigterklärung zu einer Reduktion kommt, weshalb danach nur mehr die Kosten des Verfahrens anzusetzen sind, die bis zu diesem Zeitpunkt entstanden sind. Auf die umstrittene Frage, ob auf den Eingang der klägerischen Erledigterklärung (so OLG Karlsruhe NJW-RR 2013, 444) oder auf den der Zustimmungserklärung (so OLG Düsseldorf JurBüro 2007, 256) abzustellen ist kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an, weil zwischen diesen beiden Erklärungen keine für die Gebührenfrage relevanten Handlungen stattgefunden haben.
a. Die Entscheidung über den Streitwert hat ihre Grundlage in § 247 Abs. 1 AktG.
b. Die entstandenen Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten belaufen sich auf € 1.145,37, wobei im Verhältnis der Beklagten und deren Prozessbevollmächtigten von einer Vorsteuerabzugsberechtigung ausgegangen wird, weshalb insoweit keine Umsatzsteuer angesetzt wurde.