R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
18.02.2009
Wirtschaftsrecht
: Satzung kann die Schriftform für die Bevollmächtigung von Kreditinstituten und Aktionärsvereinigungen anordnen - Triplan

LG Frankfurt, Urteil vom 28.10.2008 - 3-5 O 113/08

Leitsätze (der Redaktion)

1. Trotz der im Schrifttum vielfach geäußerten Kritik hält die Kammer an ihrer Ansicht fest, dass die Einberufung zur Hauptversammlung neben anderen Angaben die Bedingungen angeben muss, von denen die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts abhängen. Dies kann auch den Fall der Vertretung durch einen Bevollmächtigten bei der Stimmrechtsausübung betreffen kann.

2. Eine Verletzung des § 135 AktG bei unterschiedslosem Verlangen einer schriftlichen Vollmacht für alle Fälle - auch für Kreditinstitute und die in § 135 AktG genannten Personen(vereinigungen) - liegt nicht vor, wenn die Satzung der Gesellschaft eine schriftliche Bevollmächtigung für die Stimmrechtsausübung verlangt.

AktG § 121 Abs. 3; AktG § 134; AktG § 135

Sachverhalt

Am 5.6.2008 fand die ordentliche Hauptversammlung der Beklagten statt. Zu dieser Hauptversammlung hatte die Beklagte durch Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger vom 23.4.2008 geladen und unter den Hinweisen angegeben:

„ Teilnahme

Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind sämtliche Aktionäre berechtigt, die sich spätestens bis zum Ablauf des siebten Tages vor dem Tag der Hauptversammlung in Textform in deutscher oder englischer Sprache angemeldet und der Gesellschaft ihre Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts nachgewiesen haben. Der Nachweis muss durch einen von dem depotführenden Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut in Textform erstellten, in deutscher oder englischer Sprache abgefassten Nachweises des Anteilsbesitzes erfolgen. Der Nachweis hat sich auf den Beginn des einundzwanzigsten Tages vor der Hauptversammlung zu beziehen.

Stimmrecht

Das Stimmrecht in der Hauptversammlung kann auch durch einen Bevollmächtigten - auch eine Vereinigung von Aktionären - ausgeübt werden. Die Vollmacht muss schriftlich erteilt und der Gesellschaft vorgelegt werden.

Ausgelegte Unterlagen

Der Jahresabschluss der Gesellschaft zum 31.12.2007, der Lagebericht und der Bericht des Aufsichtsrats, der Konzernabschluss zum 31.12.2007 sowie der erläuternde Bericht des Vorstands liegen ebenfalls in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsichtnahme aus. Auf Verlangen erhält jeder Aktionär kostenlos eine Abschrift der Auslagen. Sie sind auch auf der Homepage (www.triplan.comlinvestorrelations) der Gesellschaft zum Herunterladen oder zur Ansicht verfügbar. "

Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die zu den Akten gereichte Kopie dieser Bekanntmachung verwiesen.

In § 17 der Satzung der Beklagten ist zum Stimmrecht in der Hauptversammlung folgendes geregelt:

„ (1) Jede Stückaktie gewährt dem Inhaber in der Hauptversammlung eine Stimme. Das Stimmrecht lebt auf mit der gesetzlichen Mindesteinlage.

(2) Es kann durch schriftlich Bevollmächtigte ausgeübt werden. "

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Beschlussfassungen in der Hauptversammlung nichtig, jedenfalls aber anfechtbar seien. Diese Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit ergebe sich daraus, dass die in der Ladung angegebenen Bedingungen fehlerhaft gewesen seien. Es verstoße gegen § 135 AktG, wenn ausnahmslos für einen Bevollmächtigten eine schriftliche Vollmacht verlangt werde, obwohl dies nach der gesetzlichen Regelung für Kreditinstitute und Aktionärsvereinigungen bzw. einer nach § 135 Abs. 9 und 12 AktG genannten Personen(vereinigung) nicht verlangt werden könne. Die Beklagte könne sich auch nicht auf ihre Satzungsregelung berufen, da die Bestimmungen des § 135 AktG nicht abdingbar sei, zumindest sei jedoch zu fordern, dass in der Satzung eindeutig die gesetzliche Bestimmung des § 135 AktG abbedungen werde, was hier nicht gegeben sei. Die Anfechtungs-/Nichtigkeitsklagen hatten keinen Erfolg.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet, ohne dass es letztlich darauf ankommt, ob Kläger wirksam in der Hauptversammlung von hiesigen Kläger zu 2) vertreten waren (vgl. hierzu OLG Hamm NZG 2001, 563) oder zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung Aktionäre der Beklagten waren. In beiden Fällen handelt es sich um materiell-rechtliche Voraussetzungen für eine Anfechtung. Die Klagen - sei es als Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage - erweisen sich aber schon aus anderen Gründen materiell-rechtlich als nicht begründet.

Eine mangelhafte Bekanntmachung der Teilnahmebedingungen wegen des Hinweises auf die Schriftlichkeit einer Vollmacht bei Ausübung des Stimmrechts durch einen Bevollmächtigten in der Hauptversammlung, die zur Nichtigkeit (vgl. KG vom 26.8.2008 - 3-05 O 339/07 - BB 2008, 2141 -, OLG Frankfurt Beschl. v. 15.7.2008 - 5 W 15/08 - ZIP 2008, 1722) oder Anfechtbarkeit führen würde, ist nicht gegeben.

Trotz der im Schrifttum vielfach geäußerten Kritik (z. B. Stohlmeier/Mock BB 2008, 2143; Wilburger DStR 2008, 1889; Verse in F.A.Z. v. 3.9.2008 S. 23) hält die Kammer an ihrer Ansicht fest, dass die Einberufung neben anderen Angaben die Bedingungen angeben muss, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen und dies auch den Fall der Vertretung durch einen Bevollmächtigten bei der Stimmrechtsausübung betreffen kann. Sind die gemachten Angaben zum Nachweis der Bevollmächtigung unzutreffend, führt dies ggf. zur Nichtigkeit, jedenfalls aber zur Anfechtbarkeit, wenn man hier keinen besonders schweren Mangel sehen wollte.

Ein derartiger Fall liegt hier aber entgegen der Auffassung der Kläger nicht vor. Die Kammer hat bereits in ihrem Urteil von 26.8.2008 (- 3-05 O 339/07 - a.a.O., ebenso OLG Frankfurt im dazugehörigen Freigabeverfahren 5 W 15/08 - ZIP 2008, 1722) ausgeführt, dass ein Verstoß bei einem unterschiedslosen Verlangen einer schriftlichen Vollmacht trotz der Bestimmung des § 135 AktG, wonach eine Vollmacht, die einem Kreditinstitut oder einer der in § 135 Abs. 9 und Abs. 12 AktG in Verbindung mit § 125 Abs. 5 AktG genannten Personen(vereinigung) erteilt wird, nicht der Schriftform durch eine vom Vollmachtgeber zu unterzeichnende Urkunde bedarf, sondern diese von dem Bevollmächtigten nur in nachprüfbarer Form festzuhalten ist, nur dann zur Nichtigkeit/bzw. Anfechtbarkeit führen kann, wenn in der Satzung der Gesellschaft keine besonderen Regelungen über die Art und Weise der Bevollmächtigung bei der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung enthalten sind.

Ein solcher Fall ist hier aber gegeben. In § 17 Abs. 2 der Satzung der Beklagten ist geregelt, dass die Ausübung des Stimmrechts durch einen schriftlich Bevollmächtigten ausgeübt werden kann. Dieses „kann" ist dahingehend zu verstehen, dass sich der Aktionär bei der Stimmrechtsabgabe durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen kann, dieser aber einer schriftlichen Vollmacht bedarf.

Eine solche satzungsmäßige Regelung über den Nachweis der Vollmacht für alle Fälle - auch für die in § 135 AktG genannten Personen(vereinigungen) - ist statthaft, unabhängig davon, ob nicht die Beklagte schon deswegen die Bedingungen für die Ausübung des Stimmrechts entsprechend ihrer Satzungsbestimmung angeben musste, da diese Satzungsregelung schon über 3 Jahre im Handelsregister eingetragen ist und eine eventuelle Nichtigkeit dieser Satzung wegen Verstoßes gegen § 135 AktG nicht mehr geltend gemacht werden könnte und die Gesellschaft zu ihrer Hauptversammlung nach den in der zum Zeitpunkt der Landung in das Handelsregister eingetragenen Satzung genannten Teilnahmebedingungen zu laden hat (vgl. ständige Rspr. des OLG Frankfurt vgl. Urt. v. 22.7.2008 - 5 U 77/07 - LaReDa Hessen - zuletzt Beschluss vom 12.9.2008 - 5 W 21/08 - was in der Kritik von Stohlmeier/Mock übersehen wird -).

Die Regelung des § 174 BGB ist im Verhältnis zwischen Gesellschaft, Aktionär und seinem Bevollmächtigten nicht anwendbar, da hier die aktienrechtlichen Spezialregelungen der §§ 134, 135 AktG eingreifen. Der Gesetzgeber (RegBegr BT.Drucks. 14/4051 S. 15) hat ausdrücklich die Anforderungen zurücknehmen und die Nachweiserfordernisse den Beteiligten überlassen wollen. Dies besagt aber, dass nach § 134 Abs. 3 Satz 2 AktG die Satzung entsprechende Regelungen über die Vollmachtserteilung für alle Bevollmächtigten treffen kann.

Die Regelungen der §§ 134, 135 AktG sind als Einheit zu sehen, so dass wegen dieser satzungsmäßigen Ermächtigung zur Regelung der Form der Vollmacht in § 134 Abs. 3 Satz 2 AktG diese auch die in § 135 AktG genannten Personen(vereinigungen) betrifft, so dass auch § 23 Abs. 5 AktG gewahrt ist. Die Urheber des NaStraG betrachteten § 135 AktG als Sonderregelung zu § 134 AktG. § 135 Abs. 1 AktG untersagt satzungsmäßige Schriftformerfordernisse nicht ausdrücklich, weshalb derartige Gestaltungen als bloß gesetzesergänzende Regelungen (§ 23 Abs. 5 AktG) zulässig sind, wenn man nicht schon die Regelung des § 135 Abs. 4 Satz 3 AktG als Öffnungsklausel für eine satzungsmäßige Bestimmung der Form der Vollmacht für die in § 135 AktG genannten Personen(vereinigungen) verstehen will. Zudem soll die Streichung des Wortes „schriftlich" in § 135 AktG für die Beteiligten bloß die Möglichkeit begründen, die Nachweiserfordernisse selbst festzulegen, nicht aber diesen die Formfreiheit aufzwingen (vgl. hierzu Schulte/Bode AG 2008, 730; Zetsche/Gröning NZG 2000, 393, 399; Kindler NJW 2001, 1678, 1688 m.w.Nachw.). Dabei sind als Beteiligte nicht nur die des Vollmachtverhältnisses zu sehen, sondern auch die Gesellschaft, die ein Interesse haben kann, über eine satzungsmäßige Regelung den Nachweis der Vollmacht für alle Aktionäre zu regeln.

Soweit daher die Kläger vortragen, dass das Schriftformerfordernis für die Bevollmächtigung zur Stimmrechtsausübung für alle Fälle einen Verstoß gegen aktienrechtliche Vorschriften begründe, ist dem nicht zu folgen. Vielmehr entspricht das hier in Rede stehende Schriftformerfordernis den Anforderungen des § 135 AktG. Zwar muss seit dem Inkrafttreten des NaStraG eine Vollmacht nicht mehr schriftlich erteilt werden. Schreibt indes die Satzung einer Gesellschaft für die Vollmacht nach § 135 AktG eine Form vor, ist diese zu beachten. Mit dem Absehen vom Schriftformerfordernis wollte der Gesetzgeber die Regelungen zur Bevollmächtigung von Kreditinstituten liberalisieren und nicht dergestalt einschränken, dass fortan in einer Satzung festgeschriebene Schriftformerfordernisse unzulässig seien (so auch LG Krefeld v. 20.8.2008 - 110 14/08 - Beck RS 2008 1985).


 

stats