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Wirtschaftsrecht
01.09.2023
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt a. M.: Reichweite des Nutzungsrechts des Vereins an von Vereinsmitglied geschaffenem Vereinslogo

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 20.6.2023 – 11 U 61/22

ECLI:DE:OLGHE:2023:0620.11U61.22.00

Volltext:BB-ONLINE BBL2023-1986-6

Amtliche Leitsätze

1. Räumt ein Vereinsmitglied dem Verein ein Nutzungsrecht an einem von dem Mitglied geschaffenen Vereinslogo ein, ist dieses Nutzungsrecht nicht grundsätzlich an die weitere Mitgliedschaft des Urhebers im Verein gebunden.

2. Allein der Ausschluss des Urhebers aus dem Verein rechtfertigt nicht den Rückruf des Nutzungsrechts wegen gewandelter Überzeugung des Urhebers nach § 42 UrhG.

3. Die Annahme einer Versammlung, eines Aufzugs oder eines ähnlichen Vorgangs im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG liegt nahe, wenn sich die abgebildete Gruppe gezielt im öffentlichen (Straßen-)Raum darstellt.

4. Posiert eine Gruppe von Teilnehmern einer Versammlung, eines Aufzugs oder eines ähnlichen Vorgangs nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG im Zuge einer solchen Veranstaltung für ein Gruppenbild, handelt es sich dabei um ein Bild im Sinne dieser Bestimmung.

Sachverhalt

Die Beklagten sind nach den Feststellungen des Landgerichts in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Klageschrift Mitglieder und „Organisatoren“ des (nicht eingetragenen) Vereins „A“, der aus Fans der Filmreihe „B“ besteht. Der Kläger nimmt sie mit den Klageanträgen zu 1) und 2) gemeinsam auf Unterlassung hinsichtlich der Verwendung eines von ihm gestalteten Logos sowie diesbezügliche Abmahnkosten und mit den Klageanträgen zu 3) bis 6) die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) getrennt auf Abmahnkosten wegen Verletzung seines Rechts am eigenen Bild in Anspruch. Die zunächst zum Amtsgericht erhobene Klage ist von diesem nach der Erweiterung der Klage um die Klageanträge zu 3) bis 6) an das Landgericht verwiesen worden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine Klageanträge gegen die das angefochtene Urteil verteidigenden Beklagten vollumfänglich weiterverfolgt.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird gem. § 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen.

Aus den Gründen

II.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 511 I, II, 517, 519, 520 ZPO.

2. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

a) Die Klage ist hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 2) unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger dem A - also dem Verein - jedenfalls das Vervielfältigungsrecht und das Verbreitungsrecht an dem Logo eingeräumt hat. Dies zieht auch die Berufung nicht in Zweifel. Rechtsträger ist dabei, wie im Termin erörtert, der Verein selbst; der Hinweis der Beklagten auf dessen fehlende Eintragung steht dem nicht entgegen (vgl. § 54 S. 1 BGB). Entgegen der Auffassung der Berufung ist das Nutzungsrecht nicht davon abhängig, dass der Kläger Vereinsmitglied ist. Zweck der Rechteeinräumung war, dem Verein, auch für seine Außendarstellung, ein Logo zu verschaffen, nicht die Identifikation gerade des Klägers mit dem Verein auszudrücken.

Entgegen der Auffassung der Berufung kann der Kläger die Rechteeinräumung auch nicht nach § 42 UrhG zurückrufen. Dabei kann dahinstehen, ob die Tatbestandsvoraussetzung, dass das Werk nicht mehr der Überzeugung des Urhebers entspricht, dadurch erfüllt werden kann, dass sich das Verhältnis des Urhebers zum Auftraggeber bzw. Nutzungsrechtsinhaber und nicht zum Werk an sich verändert. Unabhängig davon hat der Kläger eine die weitere Verwertung des Werks unzumutbar machende Veränderung nicht vorgetragen. Aus dem im Terminsprotokoll Bl. 148 d.A. festgehaltenen, nicht weiter substantiierten, Vortrag, wonach der Kläger aus „der Gruppe A rausgeschmissen“ worden sei, auf den die Berufung abstellt, ergibt sich das ebenso wenig wie aus dem weiteren Vortrag der Berufung, er sei „ohne sachliche Gründe und auf eine für ihn extrem verletzende Art und Weise aus der Gruppe verwiesen“ worden. Der Vortrag bleibt unsubstantiiert und letztlich auf subjektive, für den Senat nicht überprüfbare und nicht subsumtionsfähige Wertungen beschränkt. Im Übrigen gehen auch der pauschale Vortrag des Klägers in dem nicht nachgelassenen und nach § 296a ZPO ohnehin nicht berücksichtigungsfähigen Schriftsatz vom 26. Mai 2023, wonach es dem Kläger aufgrund des „Rauswurfs“ aus der Gruppe nicht mehr zumutbar sei, dass sein Logo von der Gruppe verwendet werde, und der dazu vorgelegte Arztbericht vom 16. Januar 2023 (Anlage MK 30) nicht über eine subjektive Schilderung seiner Befindlichkeit hinaus. Unsubstantiiert bleibt auch der im Berufungsverfahren gehaltene Vortrag des Klägers, die Beklagten hätten aktiv versucht, die Familie des Klägers zu zerstören. Bei ihm handelt es sich im Übrigen um neues zweitinstanzliches, von den Beklagten bestrittenes, nach § 531 II ZPO nicht berücksichtigungsfähiges und auch nicht unter Beweis gestelltes Vorbringen.

Im Übrigen kann die Erklärung des Klägers vom 25.6.2020, Anlage MK5, Bl. 20 d.A. nicht als entsprechender Rückruf gem. § 42 UrhG verstanden werden, weil sie keine näheren Ausführungen zu den Voraussetzungen des § 42 UrhG enthält und nicht erkennen lässt, dass der Kläger eine Erklärung abgeben will, die Entschädigungsansprüche des Vereins gem. § 42 III UrhG gegen sich begründet. Sie ist auch nicht damit vereinbar, dass ein derartiger Rückruf erst mit der Zahlung dieser Entschädigung oder dem Fristablauf nach § 42 III 2 UrhG wirksam wird. Erklärungen im Prozess kommen als Ausübung des Rückrufrechts nicht in Betracht, da der Verein nicht am Verfahren beteiligt ist.

b) Die Klage ist auch hinsichtlich der Klageanträge zu 3) bis 6) unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) keine Ansprüche aus § 823 I, II BGB, § 22 KUG oder aus §§ 683, 670 BGB auf Ersatz der Kosten der Abmahnung.

aa) Es ist schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt hinsichtlich der insoweit in Anspruch genommenen Beklagten zu 1) bis 3) und 5) eine Rechtsverletzung dargetan hat. Denn das Verbreiten der Fotografien könnte nach § 23 I Nr. 3 KUG einer Einwilligung des abgebildeten Klägers nicht bedürfen. Die Fotografien legen nahe, dass sie im Zuge von „Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen“ aufgenommen worden sind. Allerdings haben die Parteien zum Hintergrund der Bilder keinen Vortrag gehalten.

Der Begriff der „Versammlungen, Aufzüge und ähnlichen Vorgänge“ in § 23 I Nr. 3 KUG ist weit zu verstehen und nicht auf den verfassungsrechtlichen Versammlungsbegriff beschränkt. Er umfasst alle Ansammlungen von Menschen, die den kollektiven Willen haben, etwas gemeinsam zu tun. Der Vorgang muss nach dem Telos der Norm darüber hinaus in der Öffentlichkeit stattfinden (str., aA Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch/Dreyer, UrheberR, 4. Aufl. 2018, § 23 KUG, Rn. 52) und von dieser wahrgenommen werden können; eine öffentliche, wenn auch zahlenmäßig begrenzte Zugangsmöglichkeit reicht aus. Zu den ähnlichen Vorgängen, die Versammlungen und Aufzügen vergleichbar sind, zählen Vorgänge aller Art, also nicht nur Menschenansammlungen und Sportveranstaltungen, sondern grundsätzlich auch Kongresse und Vereinsveranstaltungen (Dreier/Schulze/Specht-Riemenschneider, 7. Aufl. 2022, KUG § 23 Rn. 39).

Die Abmahnung des Beklagten zu 1), Anlage MK11, Bl. 58ff d.A., dürfte mit dem Bild C ein Bild zum Gegenstand haben, das nach § 23 I Nr. 3 KUG von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Veranstaltungen stammt, an denen die dargestellten Personen einschließlich des Klägers teilgenommen haben, und für deren Verbreitung es daher keiner Einwilligung bedarf. Das folgt aus der gezielten Darstellung der Gruppe im öffentlichen Straßenraum und dem dabei gezeigten Schriftzug. Das gilt auch hinsichtlich der Abmahnung des Beklagten zu 5), Anlage MK 14, Bl 65R ff. d.A., die auf ein im öffentlichen Raum aufgenommenes Bild einer kostümierten Gruppe abhebt. Die Abmahnung des Beklagten zu 3), Anlage MK13, Bl 63 d.A., hebt ebenfalls auf das Bild C, darüber hinaus aber auf ein weiteres einer vor B-Bildern posierenden Gruppe ab. Auch für letzteres liegt es nahe, dass es sich um ein öffentliches Fantreffen oder eine Vereinsveranstaltung des A handelte, das unter § 23 I Nr. 3 KUG fällt. Auch die Abmahnung des Beklagten zu 4) zeigt ein Bild, bei dem es naheliegt, dass es bei einem Fantreffen bzw. einer Vereinsveranstaltung iSd § 23 I Nr. 3 KUG aufgenommen worden ist. Zu sehen ist mindestens eine (weibliche) Person, bei der es sich um keinen der (männlichen) Beklagten handelt, und es sind Kostüme und eine an einen A-Roboter (R2D2) erinnernde Attrappe zu sehen.

Bei allen in den Abmahnungen enthaltenen Bildern gilt, dass Interessen des Klägers, die gem. § 23 II KUG ein ggf. anderes Ergebnis rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind.

bb) Eine Ersatzpflicht für die Abmahnkosten als Kosten außergerichtlicher Rechtsverfolgung scheidet aber jedenfalls deshalb sowohl aus § 823 I, II BGB als auch aus §§ 683, 670 BGB jeweils i.V.m. § 22 KUG aus, weil die Hinzuziehung des Rechtsanwalts nicht im Sinne des § 249 BGB bzw. des § 670 BGB erforderlich war. Die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) hatten zu diesem Zeitpunkt bereits erklärt, Bilder des Klägers zu löschen, so dass der grundsätzliche Anspruch zwischen ihnen nicht im Streit stand. Auch die in den Abmahnungen wiedergegebenen Bilder hatten die Beklagten auf das vom Kläger selbst an sie gerichtete Verlangen bereits entfernt (vgl. Klägervortrag Bl. 51 d.A. und LGU4 „Hiernach“). Die Hinzuziehung anwaltlicher Hilfe kann sich daher nur auf die begehrte Auskunft und/oder die Unterlassungsverpflichtung beziehen. Nachdem der Kläger mit seinen bisherigen, direkt an die Beklagten gerichteten, die Fotografien betreffenden Begehren stets erfolgreich war, hätte er auch sein diesbezügliches Verlangen selbst geltend machen können. Dann hätten die Beklagten die - von ihnen angepasste - Unterlassungserklärung ebenso abgegeben, wie auf das anwaltliche Verlangen. Es ist auch davon auszugehen, dass sie dann entweder die begehrte Auskunft (zu der die Parteien keinen Vortrag gehalten haben) gegeben oder die Auskunft so verweigert hätten, dass anwaltliches Insistieren offensichtlich aussichtslos und eine außergerichtliche Mandatierung insoweit weiter nicht erforderlich gewesen wäre. Ein Gläubiger, dessen Schuldner seinem Leistungsverlangen in einer bestimmten Angelegenheit - wie die Beklagten hinsichtlich der Fotos des Klägers - bisher stets nachgekommen ist, bedarf zur Anspruchsdurchsetzung regelmäßig - und auch im Streitfall - keiner anwaltlichen Hilfe.

Nichts Anderes folgt daraus, dass die Beklagten den Kläger in den sozialen Netzwerken und bei Whatsapp gesperrt hatten (BB10, Bl. 217 d.A.), denn er konnte sie weiter per SMS, Telefon oder - wie auch seine Anwältin - per Post erreichen. Die Erklärung des Beklagten zu 5), er wolle außerhalb der zwischen ihnen bestehenden juristischen Auseinandersetzung keinen Kontakt mehr zum Kläger und werde ggf. ein „Strafverfahren wegen Nachstellung“ (Bl. 57/57R d.A.) prüfen, betrifft die Beklagten zu 1) - 3) von vornherein nicht, führt aber auch hinsichtlich des Beklagten zu 5) zu keinem anderen Ergebnis. Denn dies erfolgte im Zusammenhang mit Nachrichten des Klägers, die Bilder auf den Seiten anderer Beklagter betrafen. Nachrichten des Klägers zur Auseinandersetzung mit dem Beklagten zu 5) selbst hat letzterer sich nicht verbeten.

Entgegen der Auffassung des Klägers war die Hinzuziehung der Klägervertreter auch nicht deshalb veranlasst, weil die Beklagten das Löschungsbegehren nicht ernst genommen hätten. Aus der auf das Verlangen erfolgten Löschung folgt im Gegenteil, dass die Beklagten, bei denen es sich - wie bei dem Kläger - nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben im Termin überwiegend um Polizeibeamte handelt, das Löschungsbegehren und damit die Rechte des Klägers durchaus ernst genommen und respektiert haben; angesichts der Löschung hatte der Kläger auch nichts Anderes zu besorgen.

Der nach § 296a ZPO nur hinsichtlich seiner Rechtsausführungen berücksichtigungsfähige Schriftsatz des Klägers vom 26.05.2023 rechtfertigt keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO. Schriftsatznachlass war weder gewährt, noch auch nur beantragt worden und der Schriftsatz enthält keinen tatsächlichen Vortrag, für den geltend gemacht wird, man habe zu ihm vor und im Termin noch keine Veranlassung oder Möglichkeit gehabt.

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 II ZPO.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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