BGH: Prämiensparvertrag – Zum Ausschluss des Rechts der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung (sog. Verhältnisprämienstaffel)
BGH, Urteil vom 25.7.2023 – XI ZR 221/22
ECLI:DE:BGH:2023:250723UXIZR221.22.0
Volltext: BB-Online BBL2023-1922-3
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Amtliche Leitsätze
Bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge nach dem Verhältnis des Sparguthabens zur Jahressparleistung steigen (sogenannte Verhältnisprämienstaffel), ist das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen (Fortführung Senatsurteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74). Durch vertraglich zulässige Kontoabhebungen kann der Sparer die Dauer des Kündigungsausschlusses nicht einseitig verlängern.
BGB § 700 Abs. 1
Sachverhalt
Die Klägerin begehrt unter anderem die Feststellung des Fortbestandes eines mit der Beklagten geschlossenen Sparvertrags.
Die Parteien schlossen am 4. Januar 2001 einen Sparvertrag mit variabler Verzinsung. In dem von den damaligen gesetzlichen Vertretern der Klägerin unterzeichneten Vertragsantragsformular "S-VERMÖGENSPLAN" heißt es auszugsweise wie folgt:
"Ich werde monatlich ab 01.01.2001 den Betrag von DEM 150,00 einzahlen.
[…]
Zusätzlich zahlt die Sparkasse auf die vertragsgemäß erbrachte Jahresleistung eines abgelaufenen Sparjahres eine nach der Höhe des am Ende des Sparjahres erreichten Guthabens gestaffelte Prämie nach folgender Staffel:
Nach Erreichen des
3fachen der Jahressparleistung 3,0 % Prämie
4fachen der Jahressparleistung 6,0 % Prämie
6fachen der Jahressparleistung 10,0 % Prämie
8fachen der Jahressparleistung 14,0 % Prämie
10fachen der Jahressparleistung 18,0 % Prämie
12fachen der Jahressparleistung 20,0 % Prämie
15fachen der Jahressparleistung 25,0 % Prämie
20fachen der Jahressparleistung 30,0 % Prämie
30fachen der Jahressparleistung 40,0 % Prämie
40fachen der Jahressparleistung 50,0 % Prämie
Wegen der Einzelheiten wird auf die Sonderbedingungen verwiesen.
Der Sparvertrag wird unbefristet geschlossen. Es gilt die dreimonatige Kündigungsfrist. Über das Guthaben kann wie bei Spareinlagen mit Dreimonats-Kündigungsfrist verfügt werden (Nr. 4 der Sparbedingungen). Teilverfügungen bewirken am Ende des jeweiligen Sparjahres eine Neufestsetzung des Prämiensatzes. Es gilt die vorgenannte Prämienstaffel.
[…]
Die Sparkasse weist ausdrücklich darauf hin, daß neben ihren derzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie den Bedingungen für den Sparverkehr ergänzend Sonderbedingungen für den Sparverkehr Vertragsbestandteil sind. Die AGB, die Bedingungen für den Sparverkehr und die Sonderbedingungen für den Sparverkehr hängen/liegen in den Kassenräumen der Sparkasse aus."
Die Bedingungen für den Sparverkehr enthalten folgende Regelung:
"4. Kündigung
Die Kündigungsfrist beträgt mindestens drei Monate. Von Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten können - soweit nichts anderes vereinbart wird - ohne Kündigung bis zu 2.000,- EUR für jedes Sparkonto innerhalb eines Kalendermonats zurückgefordert werden. Eine Auszahlung von Zinsen innerhalb zweier Monate nach Gutschrift gem. Nr. 3.3 wird hierauf nicht angerechnet."
In den Sonderbedingungen für den Sparverkehr heißt es zu dem Punkt "S Vermögensplan" unter anderem:
"1. […] Werden die vereinbarten Sparbeiträge nicht bei Fälligkeit erbracht, wird damit der Sparvertrag beendet; weitere Einzahlungen sind dann nicht mehr auf diesen Vertrag möglich. Höhere Sparleistungen sowie Herabsetzungen der Sparbeiträge sind nicht möglich.
[…]
5. Ab Beendigung des Vertrages - z.B. durch Gesamtkündigung oder nicht rechtzeitige Einzahlungen - wird das Sparguthaben als Spareinlage mit 3monatiger Kündigungsfrist, d.h. auch mit dem dafür geltenden Zinssatz, weitergeführt. […]"
In der Folgezeit erbrachte die Klägerin den Sparbetrag von monatlich 150 DM bzw. 76,69 €. In den Jahren 2015 bis 2020 hob die Klägerin insgesamt 9.000 € ab. Ihr Guthaben belief sich zuletzt unter Berücksichtigung der Zinsen und Prämien bis Ende des Jahres 2020 auf 10.943,49 €. Unter Hinweis auf das bestehende Negativzinsumfeld kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 21. September 2020 den Sparvertrag mit Wirkung zum 31. Dezember 2020.
Mit der Klage hat die Klägerin begehrt festzustellen, dass der Sparvertrag nicht durch die Kündigung vom 21. September 2020 beendet worden sei und voraussichtlich bis zum 31. Dezember 2040 fortbestehe, sofern die Klägerin diesen nicht vorher gekündigt habe (Hauptantrag zu 1), hilfsweise festzustellen, dass er nicht durch die Kündigung vom 21. September 2020 beendet worden sei und über den 31. Dezember 2020 hinaus fortbestehe, sofern die Klägerin diesen nicht vorher gekündigt habe (Hilfsantrag zu 1), festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Sparrate für den Monat Januar 2021 im Verzug befinde (Antrag zu 2), die Beklagte zu verurteilen, die monatlichen Sparraten ab Januar 2021 dem Sparbuch gutzuschreiben, bis die Klägerin den Sparvertrag kündige (Antrag zu 3), hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die monatlichen Sparraten seit Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2040 dem Sparbuch gutzuschreiben, sofern die Klägerin den Sparvertrag nicht zuvor kündige (Antrag zu 4), und die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 331,96 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu verurteilen (Antrag zu 5).
Das Amtsgericht hat dem Hilfsantrag zu 1 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Zudem hat es die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre erstinstanzlichen Anträge zu 2, 3 und 5 weiterverfolgt hat, als Anschlussberufung behandelt und zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils betreffend den Hilfsantrag zu 1 und verfolgt im Übrigen ihr zweitinstanzliches Klagebegehren weiter.
Aus den Gründen
8 Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hilfsantrags zu 1, des Antrags zu 3 und eines Teils des Antrags zu 5 richtet. Insoweit führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils sowie zur entsprechenden Verurteilung der Beklagten. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg. I.
9 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10 Die Klage sei unbegründet, weil die Kündigung der Beklagten vom 21. September 2020 wirksam sei und den Sparvertrag zum 31. Dezember 2020 beendet habe. Die Beklagte sei gemäß Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen zur Kündigung berechtigt gewesen. Das von der Beklagten angeführte niedrige Zinsumfeld stelle einen sachlichen Grund im Sinne der Regelung dar. Das Kündigungsrecht sei nicht bis zum Erreichen der höchsten Stufe der Prämienstaffel konkludent ausgeschlossen gewesen. Anders als in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 2019 (XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74) sei die Höhe der Prämienstufen vorliegend nicht allein an die Dauer des Sparvertrags geknüpft und damit für die Parteien nicht von vorneherein berechenbar. Das für die Prämienhöhe maßgebliche Guthaben werde von den tatsächlich erbrachten Sparleistungen, den Entnahmen und der Höhe des variablen Zinses beeinflusst. Diese Gesamtentwicklung sei für die Beklagte bei Vertragsbeginn nicht absehbar. Die Klägerin habe es in der Hand, insbesondere durch Entnahmen das Erreichen der höchsten Prämienstufe nach Belieben zu verhindern.
11 Die Berufung der Klägerin sei demgegenüber bereits unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Dieser betrage lediglich 343,96 €, wovon 331,96 € auf die außergerichtlichen Kosten entfielen, bei denen es sich um keine Nebenforderung handele, zuzüglich 12 € für die Anträge zu 2 und zu 3. Die Berufung sei jedoch als unselbständige Anschlussberufung gemäß § 524 ZPO zu behandeln. Als solche habe sie keinen Erfolg, da die Kündigung vom 21. September 2020 wirksam sei. II.
12 Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Die Klage ist hinsichtlich des Hilfsantrags zu 1, des Antrags zu 3 und eines Teils des Antrags zu 5 zulässig und begründet.
13 1. Unzutreffend ist zunächst die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufung der Klägerin sei mangels Erreichens des Wertes des Beschwerdegegenstandes unzulässig und daher in eine unselbständige Anschlussberufung umzudeuten gewesen.
14 Das Revisionsgericht hat die Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urteile vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 Rn. 8 und vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14, NJW 2015, 873 Rn. 12). Gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. Dabei kann die gemäß §§ 2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts liegende Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands von der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht bei der Ausübung seines Ermessens die in Betracht zu ziehenden Umstände nicht umfassend berücksichtigt, die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGH, Urteil vom 19. November 2014, aaO Rn. 14 und Beschluss vom 21. Mai 2019 - VIII ZB 66/18, NJW 2019, 2468 Rn. 9). Ein solcher Fehler liegt hier indes vor.
15 Zwar hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass sich der Antrag zu 3 im Wesentlichen wirtschaftlich mit dem durch die Berufung der Beklagten ebenfalls zweitinstanzlich angefallenen Hilfsantrag zu 1, welchem ein Wert von über 600 € zukommt, deckt. Es hat aber verkannt, dass für den Wert des Beschwerdegegenstandes auf jedes Rechtsmittel gesondert abzustellen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 1980 - VI ZR 303/79, NJW 1981, 578, 579 und vom 30. Juni 1994 - LwZR 8/93, NJW 1994, 2900), so dass die Berufung der Klägerin zulässig war. Für eine Umdeutung entsprechend § 140 BGB war danach kein Raum.
16 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Kündigung des Sparvertrags vom 21. September 2020 durch die Beklagte als wirksam erachtet und die Klage hinsichtlich des in erster Instanz noch zuerkannten Hilfsantrags zu 1 abgewiesen.
17 a) Der Hilfsantrag zu 1 ist auf die Feststellung des Fortbestandes des Sparvertrags über den 31. Dezember 2020 hinaus gerichtet und so verstanden auch zulässig.
18 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Revisionsgericht die Würdigung prozessualer Erklärungen einer Partei uneingeschränkt nachprüfen und Erklärungen selbst auslegen (BGH, Urteile vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rn. 11 und vom 15. Oktober 2020 - I ZR 210/18, NJW-RR 2021, 230 Rn. 24, jeweils mwN). Die Auslegung darf auch im Prozessrecht nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 16. Mai 2017, aaO und Beschluss vom 27. August 2019 - VI ZB 32/18, NJW 2019, 3727 Rn. 9, jeweils mwN).
19 Hiernach ist das Begehren der Klägerin allein auf die Feststellung des zwischen den Parteien streitigen Fortbestandes des Sparvertrags über den 31. Dezember 2020 hinaus gerichtet. Dem daneben in dem Antrag seinem Wortlaut nach enthaltenen Begehren, die Unwirksamkeit der Kündigung vom 21. September 2020 festzustellen, kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Denn während der (Fort-)Bestand eines Vertrags der Feststellung nach § 256 Abs. 1 ZPO zugänglich ist (BGH, Urteile vom 3. Juli 2002 - XII ZR 234/99, NJW-RR 2002, 1377, 1378 und vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 48), kann die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung nicht Gegenstand einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO sein, weil es sich hierbei lediglich um eine Vorfrage über den Bestand eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses handelt (Senatsurteil vom 1. August 2017 - XI ZR 469/16, NJW-RR 2017, 1260 Rn. 13). Soweit neben einem Antrag auf Feststellung des Fortbestehens des im Streit befindlichen Rechtsverhältnisses auch begehrt wird, die Unwirksamkeit einer Kündigung festzustellen, kommt letzterem keine selbstständige Bedeutung zu (Senatsurteil vom 1. August 2017, aaO).
20 Gleiches gilt für den Zusatz "sofern die Klägerin den Vertrag nicht vorher gekündigt hat", weil sich die begehrte Feststellung ohnedies auf den Fortbestand des Vertrags bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz erstreckt und für einen weiter in die Zukunft reichenden Feststellungsantrag kein Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1999 - XII ZR 313/98, WM 2000, 539, 541; BAGE 85, 262, 271).
21 b) Der Hilfsantrag zu 1 ist auch begründet. Der Sparvertrag ist nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 21. September 2020 beendet worden, sondern besteht über den 31. Dezember 2020 hinaus fort.
22 aa) In zeitlicher Hinsicht ist auf den im Januar 2001 abgeschlossenen Sparvertrag gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB im Grundsatz das Bürgerliche Gesetzbuch in der am 1. Januar 2003 geltenden Fassung anzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74 Rn. 22).
23 bb) Der Sparvertrag unterliegt dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung und damit § 700 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung.
24 (1) Die Abgrenzung zu einem Darlehensvertrag (§§ 488 ff. BGB) hat anhand des vertraglichen Pflichtenprogramms zu erfolgen. Voraussetzung für einen unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, dass vertretbare Sachen in der Art hinterlegt werden, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren. Insoweit ist der unregelmäßige Verwahrungsvertrag im Grundsatz einseitig verpflichtend. Der Hinterleger geht keine Verpflichtung zur Hinterlegung ein; ihm kommt es in der Regel in erster Linie auf eine sichere Aufbewahrung der überlassenen Sache und daneben auf die jederzeitige Verfügbarkeit darüber an. Eine unregelmäßige Verwahrung scheidet daher aus, wenn der Sparer zur Erbringung der Spareinlage verpflichtet sein soll; denn die Verpflichtung, einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, ist gemäß § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB die vertragstypische Pflicht des Darlehensgebers bei einem Darlehensvertrag (Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74 Rn. 26 mwN).
25 (2) Nach diesen Maßgaben ist der Sparvertrag als unregelmäßiger Verwahrungsvertrag zu qualifizieren, weil sich die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht zur Zahlung der monatlichen Sparbeiträge verpflichtet hat, wohingegen die Beklagte unter den Voraussetzungen von Nr. 4 der Bedingungen für den Sparverkehr zur Rückzahlung der Spareinlage verpflichtet ist.
26 Bei dem Vertragsantragsformular handelt es sich um einen Vordruck der Beklagten und damit bereits dem ersten Anschein nach um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die der Senat selbst auslegen kann (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74 Rn. 28 mwN). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht gebildeten Durchschnittskunden so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Kreise verstanden werden (Senatsurteile vom 18. Januar 2022 - XI ZR 505/21, BGHZ 232, 227 Rn. 12 und vom 25. Oktober 2022 - XI ZR 44/22, BGHZ 235, 1 Rn. 39).
27 Wie der Senat bereits für insofern vergleichbare Sparverträge entschieden hat, lässt sich dem Wortlaut des Vertragsantragsformulars keine Pflicht zur Zahlung des monatlichen Sparbeitrags entnehmen. Die Formulierung "Ich werde monatlich … einzahlen." enthält eine solche Verpflichtung nicht, was sich daran zeigt, dass die Klägerin nach Nr. 4 der Bedingungen für den Sparverkehr umgehend die Rückzahlung der monatlichen Sparrate - weil unterhalb der Grenze von 2.000 € liegend - verlangen könnte (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74 Rn. 29). Eine Verpflichtung des Sparers zur Erbringung der Sparbeiträge wäre auch nicht interessengerecht (Senatsurteil vom 14. Mai 2019, aaO Rn. 30). Dass mit Nr. 4 der Bedingungen für den Sparverkehr eine von § 700 Abs. 1 Satz 3, § 695 Satz 1 BGB abweichende Regelung für die Rückzahlung der Spareinlage getroffen worden ist, steht der Einordnung als unregelmäßiger Verwahrungsvertrag nicht entgegen (Senatsurteil vom 14. Mai 2019, aaO Rn. 31).
28 cc) Der Beklagten stand ein Kündigungsrecht weder aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen noch aus § 700 Abs. 1 Satz 3, § 696 Satz 1 BGB zu.
29 (1) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Sparvertrag auf der Grundlage der vereinbarten Prämienstaffel und der weiteren vertraglichen Regelungen, die der Senat als Allgemeine Geschäftsbedingungen selbst auslegen kann, dahin zu verstehen ist, dass dem Sparer das Recht zukommt, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe spart. Bis zu diesem Zeitpunkt ist für die Beklagte das ordentliche Kündigungsrecht nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bzw. nach § 700 Abs. 1 Satz 3, § 696 Satz 1 BGB ausgeschlossen.
30 (a) Für Prämiensparverträge mit einer vertraglich vereinbarten Prämienstaffel bis zum 15. Sparjahr hat der Senat bereits entschieden, dass diesen ein konkludenter zeitlich befristeter Ausschluss des Kündigungsrechts aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen zu entnehmen ist (Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - XI ZR 345/18, BGHZ 222, 74 Rn. 38 ff.). Dies hat er mit dem besonderen Bonusanreiz begründet, den die beklagte Sparkasse mit der vereinbarten Prämienstaffel gesetzt hat. Die Sparkasse soll dem Sparer den Anspruch auf Gewährung der Sparprämien nicht jederzeit durch eine ordentliche Kündigung entziehen können (Senatsurteil vom 14. Mai 2019, aaO Rn. 39). Demgegenüber kann ein Sparer trotz der unbefristeten Laufzeit des Vertrags redlicherweise nicht erwarten, dass ihm mit dem Abschluss des Sparvertrags eine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit eröffnet werden soll (Senatsurteil vom 14. Mai 2019, aaO Rn. 41 f.).
31 (b) Diese Erwägungen gelten für die streitgegenständliche Prämienstaffel gleichermaßen.
32 (aa) Durch die ansteigenden Prämien wird ein Bonusanreiz gesetzt, mit dem sich ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht der Sparkasse nicht vereinbaren lässt. Dass die einzelnen Prämienstufen nicht nach Sparjahren, sondern nach dem Verhältnis des Sparguthabens zur Jahressparleistung (sogenannte Verhältnisprämienstaffel) gestaffelt sind, führt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und eines Teils der Literatur (Kalisz, WM 2022, 1957, 1961; Schultheiß/Widany, WM 2023, 601 Rn. 26) zu keiner anderen Bewertung. Vergleichbar einer nach Sparjahren gegliederten Prämienstaffel steigt die jährliche Prämie mit fortgesetzter Vertragsdurchführung, wobei vorliegend (vertraglich zulässige) Abhebungen zu einer Neufestsetzung der Prämienstufe führen. Unabhängig davon, ob die Prämiensteigerungen mit der Zeit geringer ausfallen und dadurch - wie die Revisionserwiderung meint - die Renditeerwartung in den höheren Prämienstufen relativiert wird, vermitteln die ansteigenden Prämien einen besonderen Sparanreiz (vgl. Furche, WM 2022, 1041, 1049 f.). Ob der Sparer diesen Sparanreiz für hinreichend attraktiv erachtet, den Vertrag bis zur höchsten Stufe durchzuführen, oder ob er das angesparte Kapital vorzeitig einer anderen Verwendung zuführt, bleibt ihm überlassen. Auch der vorliegende Sparvertrag ist beiderseits interessengerecht so auszulegen, dass zum einen dem Sparer die günstige vertragliche Position zukommt, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe spart (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 2023 - XI ZR 257/21, WM 2023, 326 Rn. 26), ihm zum anderen jedoch keine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit eröffnet wird.
33 (bb) Einem zeitlich befristeten Kündigungsausschluss steht nicht entgegen, dass sich aufgrund der variablen Verzinsung die Länge des Zeitraums bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe bei Vertragsschluss nicht taggenau prognostizieren lässt. Diese Ungewissheit wohnt der - von der Beklagten vorgegebenen - Vertragsstruktur inne und vermag den gesetzten Bonusanreiz nicht in Frage zu stellen. Die Dauer des Kündigungsausschlusses und damit die Pflicht der Sparkasse zur Zahlung der Prämien bleibt zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinreichend bestimmbar (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 185/16, BGHZ 214, 94 Rn. 87 zum konkludenten Ausschluss eines Kündigungsrechts aus § 488 Abs. 3 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung bei Bausparverträgen). Da dem Sparvertrag eine Zinsuntergrenze von 0% immanent ist (vgl. Senatsurteile vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, BGHZ 185, 166 Rn. 27 und vom 24. Januar 2023 - XI ZR 257/21, WM 2023, 326 Rn. 27), lässt sich bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf der Grundlage der Jahressparleistung und für den (ungünstigsten) Fall einer durchgehenden Nullverzinsung ohne weiteres ausrechnen, zu welchem Zeitpunkt die höchste Prämienstufe spätestens erreicht wird. Da das Erreichen der einzelnen Prämienstaffel von dem jeweils am Ende des Sparjahres erreichten Guthaben abhängt, wird das Ende des Kündigungsausschlusses je nach Höhe der Verzinsung, und allein hiervon abhängig, d.h. ohne Berücksichtigung etwaiger Abhebungen, jährlich vorverlagert.
34 (cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und vereinzelter Stimmen in der Literatur (Kalisz, WM 2022, 1957, 1961; Schultheiß/Widany, WM 2023, 601 Rn. 26 f.) kann die Klägerin die Dauer des Kündigungsausschlusses nicht einseitig durch Abhebungen verlängern. Für die Beantwortung der Frage, für welchen Zeitraum die Parteien das ordentliche Kündigungsrecht der Beklagten konkludent ausgeschlossen haben, ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Der zeitlich befristete Ausschluss des Kündigungsrechts rechtfertigt sich mit dem besonderen Bonusanreiz, den die beklagte Sparkasse mit der vereinbarten Prämienstaffel gesetzt hat und dem die Erwartung zugrunde liegt, dass der Sparer seine jährlichen Sparleistungen in voller Höhe erbringt. Demgegenüber führt die Wahrnehmung des hier vertraglich eingeräumten Rechts, über das Sparguthaben in den Grenzen von Nr. 4 der Bedingungen für den Sparverkehr zu verfügen, nach dem Vertrag lediglich zu einer Neufestsetzung des Prämiensatzes am Ende des jeweiligen Sparjahres. Auf die Dauer des Kündigungsausschlusses kann dies nach dem Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise indes keinen Einfluss haben. Bei beiderseits interessengerechter Auslegung des Sparvertrags kann der Sparer redlicherweise nicht erwarten, einseitig durch Abhebungen die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung durch die Sparkasse beliebig hinausschieben zu können. Anderenfalls stünde die Dauer des konkludenten Kündigungsausschlusses im Belieben des Sparers, was ihm eine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit eröffnen würde. Dies wäre indes - wie bereits ausgeführt - nicht interessengerecht.
35 (dd) Einem zeitlich befristeten Kündigungsausschluss steht schließlich nicht entgegen, dass die Klägerin keine Pflicht zur Erbringung der Sparraten trifft. Dies ermöglicht es ihr nicht, das Erreichen der höchsten Prämienstufe zum Nachteil der Beklagten hinauszuzögern. Gemäß den Sonderbedingungen für den Sparverkehr ist an die nicht vertragsgemäße Erbringung der Sparleistungen die Beendigung des Sparvertrags geknüpft. Ab Beendigung des Vertrags wird das Sparguthaben danach als Spareinlage mit dreimonatiger Kündigungsfrist weitergeführt. Damit obliegt es weiterhin dem Sparer, die monatlichen Einzahlungen vertragsgemäß zu erbringen und von Abhebungen abzusehen, um die höchste Prämienstufe zu erreichen.
36 (ee) Schließlich ist der konkludent vereinbarte Kündigungsausschluss nicht dadurch (rückwirkend) entfallen, dass die Klägerin aufgrund der Abhebungen die höchste Prämienstaffel bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erreichen kann. Darauf kann sich die Beklagte bereits deshalb nicht berufen, weil sie selbst der Klägerin das Recht, über das Sparguthaben in den Grenzen von Nr. 4 der Bedingungen für den Sparverkehr zu verfügen, vertraglich eingeräumt hat.
37 (2) Die höchste Prämienstufe war zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht erreicht. Die Jahressparleistung der Klägerin beträgt 920,28 €, die 40fache Jahressparleistung mithin 36.811,20 €. Ein solches Guthaben hätte die Klägerin bei vertragsgemäßer Einzahlung der monatlichen Sparraten auch ohne Abhebungen im Zeitpunkt der Kündigung der Beklagten nicht erreicht.
38 3. Die Revision wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht dem Antrag zu 2 nicht entsprochen hat. Der Antrag ist bereits unzulässig.
39 Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage - abgesehen von der hier nicht in Betracht kommenden Feststellung der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde - nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses sein. Der Annahmeverzug stellt indes lediglich eine gesetzliche Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen dar, also lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Er ist selbst kein Rechtsverhältnis, das nach § 256 ZPO festgestellt werden könnte (BGH, Urteile vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, WM 2000, 1965, 1967 und vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14, NJW 2015, 873 Rn. 23). Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise aus Gründen der Zweckmäßigkeit in Fällen, in denen der Kläger eine Verurteilung des Beklagten zu einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung begehrt und gleichzeitig mit dem Feststellungsantrag den nach den §§ 756, 765 ZPO erforderlichen Nachweis des Annahmeverzugs bereits im Erkenntnisverfahren erbringen möchte (BGH, Urteile vom 31. Mai 2000, aaO und vom 19. November 2014, aaO). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
40 4. Dagegen hat die Revision Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrags zu 3 wendet. Der Antrag ist zulässig und begründet.
41 Die Beklagte ist nach dem Sparvertrag verpflichtet, die vertragsgemäß erbrachten Sparraten gutzuschreiben. Die Klage ist auch insoweit zulässig, als sie sich auf Sparraten für die Zeit nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz richtet, da aufgrund der Kündigung der Beklagten und der Sperrung des Kontos die Besorgnis i.S.d. § 259 ZPO gerechtfertigt ist, dass diese sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - VII ZR 69/18, WM 2019, 275 Rn. 14). Da der Anspruch der Klägerin davon abhängt, dass sie die Sparraten auch tatsächlich erbringt, ist dies in das Urteil zum Schutz der Beklagten aufzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2017 - IX ZR 305/16, WM 2018, 95 Rn. 14 mwN).
42 5. Teilweise mit Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen die Abweisung des Antrags zu 5. Der Klägerin steht aufgrund der unberechtigten Kündigung der Beklagten wegen ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2014 - VIII ZR 289/13, NJW 2014, 2566 Rn. 24 mwN), der sich allerdings nur auf die Zahlung von 201,71 € beläuft.
43 Da die vorgerichtliche Tätigkeit im Jahr 2020 erfolgte, ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG das bis zum 31. Dezember 2020 geltende Gebührenrecht anzuwenden. Dass die Tätigkeit umfangreich oder schwierig i.S.d. Nr. 2300 RVG-VV gewesen wäre, so dass eine Erhöhung über die Regelgebühr von 1,3 hinaus gerechtfertigt wäre (vgl. BGH, Urteile vom 5. Februar 2013 - VI ZR 195/12, NJW-RR 2013, 1020 Rn. 7 f. und vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, NJW 2016, 789 Rn. 34, insoweit in BGHZ 206, 347 nicht abgedruckt), ist nicht dargetan. Aus dem Streitwert der Klage von bis 1.500 € errechnet sich danach einschließlich Auslagenpauschale (Nr. 7002 RVG-VV) und Umsatzsteuer ein Betrag in Höhe von 201,71 €.
44 Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB und besteht entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem 9. April 2021, nachdem die Klage am Vortag zugestellt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 2017 - XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172 Rn. 103). III.
45 Das Berufungsurteil ist mithin auf die Revision teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, sondern die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten und auf die Berufung der Klägerin zur Abänderung und Neufassung des erstinstanzlichen Urteils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.