OVG Hamburg: Pflichtmitgliedschaft von Fotografen in der Handwerkskammer
Hamburgisches OVG, Beschluss vom 17.7.2018 – 5 Bf 146/17.Z
Volltext: BB-ONLINE BBL2018-2113-2
unter www.betriebs-berater.de
Amtliche Leitsätze
1. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft von Unternehmen in den Industrie- und Handelskammern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.7.2017, BVerfGE 146, 164) lässt sich (jedenfalls prima facie) auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft von Handwerksbetriebs-Inhabern in den Handwerkskammern übertragen.
2. Die Digitalisierung und die damit einhergehenden Veränderungen der Fotografie haben nicht bewirkt, dass die Tätigkeit der Fotografen ihren in der Regel gegebenen Handwerkscharakter verloren hätte.
3. Die Pflichtmitgliedschaft von Fotografen in den Handwerkskammern ist nicht deswegen willkürlich, weil es mittlerweile - und insbesondere seit der zum Jahr 2004 erfolgten Abschaffung des Meisterzwangs für das Fotografen-Handwerk - keine tragfähigen Kriterien mehr gäbe, die den handwerklich tätigen Fotografen vom freiberuflichen, insbesondere vom künstlerisch tätigen Fotografen unterscheidbar machen. Die hierzu von der Rechtsprechung und im Schrifttum entwickelten Kriterien ermöglichen es nach wie vor, diese Abgrenzung willkürfrei vorzunehmen.
Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 3 S 1 GG, § 18 Abs 1 HwO, § 18 Abs 2 HwO, § 19 HwO, § 20 S 1 HwO, § 91 HwO, Anl A HwO, Anl B HwO, § 1 Abs 1 IHKG, § 1 Abs 2 IHKG, § 2 Abs 3 IHKG
Sachverhalt
I.
Der Kläger, ein Fotografenmeister, wendet sich gegen zwei Bescheide, mit denen ihn die Handwerkskammer zu Pflichtbeiträgen für die dortige Mitgliedschaft herangezogen hat.
Er ist Inhaber eines Fotostudios in Hamburg; dort bietet er u. a. die Erstellung von Pass- und Bewerbungsfotos, von anspruchsvollen Portraits, Produkt- und Architekturfotografie, analoge und digitale Fotoarbeiten sowie die Umwandlung von Super 8 Filmen, 16 mm Filmen und Dias auf DVD an. Gegen die Beitragsbescheide hat der Kläger nach erfolglosen Widerspruchsverfahren Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und dort vor allem grundsätzliche (verfassungs- und europarechtliche) Einwände gegen seine Zwangsmitgliedschaft in der Handwerkskammer geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage mit Urteil vom 19. Mai 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die Pflichtmitgliedschaft und die Beitragspflicht des Klägers als Fotograf verstießen weder gegen das Grundgesetz noch gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) noch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Gegen dieses Urteil richtet der vorliegende Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.
Aus den Gründen
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Die Berufung ist nicht aus den vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.), der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (2.) oder der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (3.) zuzulassen.
1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Frage, die für die Berufungsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Der Zulassungsantrag muss daher erläutern, dass und inwiefern die Berufungsentscheidung zur Klärung einer bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantworteten fallübergreifenden Frage führen kann (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 14.5.1997, NVwZ-RR 1997, 621; Beschl. v. 19.8.1997, NJW 1997, 3328).
b) Der Kläger hat in diesem Zusammenhang vorgetragen (Begründungsschrift vom 2.8.2017, S. 2 ff.), zu klären sei die fallübergreifend bedeutsame „Frage der Vereinbarkeit einer Wirtschaftsverwaltung in Form der Zwangsverbände mit den Grundrechtspositionen der zwangsvereinnahmten Mitglieder“. Diese Frage sei klärungsbedürftig, da eine von der bisherigen Einordnung abweichende verfassungsrechtliche Bewertung des Rechtsinstituts der Zwangsmitgliedschaft nicht unwahrscheinlich sei. Diese Überprüfung sei auch seitens des Gesetzgebers überfällig und werde zu dem Ergebnis der Verfassungswidrigkeit der Zwangsvereinnahmung der Mitglieder führen. Das Berufungsgericht werde gehalten sein, das vorliegende Verfahren in entsprechender Anwendung von § 94 Abs. 1 VwGO auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht im Wege der konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG die o. g. Frage vorzulegen.
c) Diese von dem Kläger als grundsätzlich bedeutsam thematisierten Gesichtspunkte sind jedenfalls aktuell nicht mehr klärungsbedürftig.
aa) Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12. Juli 2017 entschieden, dass die Pflichtmitgliedschaft von Unternehmen in den Industrie- und Handelskammern (und dementsprechend die damit verbundene Heranziehung zu Pflichtbeiträgen) verfassungskonform ist (BVerfG, Beschl. 12.7.2017, BVerfGE 146, 164). Solche Pflichtmitgliedschaften unterfielen nicht dem Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG (negative Koalitionsfreiheit), sondern dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. Damit seien sie vereinbar. Sie dienten einem legitimen Zweck und seien für dessen Erreichen geeignet, erforderlich und angemessen (a. a. O., Rn. 86 ff.). Eine selbständig rügbare Beobachtungspflicht des Gesetzgebers, ob die Voraussetzungen der Zwangsmitgliedschaft noch bestünden, gebe es nicht. Es liege hier auch kein Fall vor, in dem früher verfassungskonforme Normen verfassungswidrig geworden seien, weil sich die tatsächlichen Gegebenheiten geändert hätten. Zwar könne es geboten sein, die weitere Entwicklung zu beobachten, die Norm zu überprüfen und sie erforderlichenfalls zu revidieren, falls die tatsächlichen Voraussetzungen oder die Auswirkungen einer Regelung bei ihrem Erlass noch nicht ausreichend zuverlässig beurteilt werden könnten und die ihr zugrunde liegenden Annahmen nicht mehr zuträfen und sich der nun erreichte Zustand als verfassungswidrig darstelle. Das gelte unter anderem, wenn komplexe Gefährdungslagen zu beurteilen seien, über die verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht vorlägen, oder wenn eine Regelung erst im Zusammenwirken mit anderen, für sich genommen geringfügigen Eingriffen in Grundrechte in ihrer Gesamtwirkung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung führe, die verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbar sei. Verfassungswidrig sei das Ausbleiben einer Neuregelung dann nur, wenn die Unterlassung eine Schutzpflicht verletzen würde. Hier seien weder eine derartige Gefährdung noch eine solche Schutzverantwortung erkennbar (a. a. O., Rn. 84 f.).
bb) Der Kläger macht nicht geltend, dass diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern nicht auf die Zwangsmitgliedschaft in den Handwerkskammern übertragbar wäre; seine Argumentation bezieht sich generell auf die „Frage der Vereinbarkeit einer Wirtschaftsverwaltung in Form der Zwangsverbände mit den Grundrechtspositionen der zwangsvereinnahmten Mitglieder“.
In der Sache spricht (jedenfalls prima facie) auch nichts gegen eine solche Übertragbarkeit. Bei den beiden Kammerarten handelt sich dabei um vergleichbare Institutionen. Sowohl die Handwerkskammern als auch die Industrie- und Handelskammern sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und als Zwangsverbände ausgestaltet. Die mit den Kammern verfolgten Interessen decken sich in wesentlichen Punkten. So dienen beide Arten von Kammern der Interessenvertretung ihrer Mitglieder (vgl. § 91 Abs. 1 Nr. 1 HwO und § 1 Abs. 1 Hs. 1 IHKG) und sind als Selbstverwaltungskorporationen ausgestaltet. Zudem fördern beide Kammern unter anderem die Aus- und Weiterbildung (vgl. § 91 Abs. 1 Nr. 4 – 6 HwO und § 1 Abs. 2 IHKG)und unterstützen die Behörden durch Anregungen, Vorschläge, Erstattung von Gutachten (vgl. § 91 Abs. 1 Nr. 2 HwO und § 1 Abs. 1 Hs. 2 IHKG). Für die Übertragbarkeit spricht auch, dass §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 3 IHKG den Einflussbereich der Industrie- und Handelskammern auf die Gewerbe erstrecken, die nicht den Handwerkskammern zuzuordnen sind. Damit wird deutlich, dass jedes Gewerbe (zu deren Abgrenzung gegenüber freiberuflichen, insbesondere künstlerischen Tätigkeiten vgl. die nachstehenden Ausführungen), das dem Anwendungsbereich des IHK-Gesetz oder der Handwerksordnung unterfällt, Teil einer der Kammern werden soll und die Kammern in einem einander ergänzenden Alternativ-Verhältnis stehen.
Unterschiede zwischen den beiden Kammerarten bestehen zwar in der inhaltlichen Ausrichtung, die sich notwendigerweise aus der Art der Gewerbe ergibt, welche von den Mitgliedern ausgeübt werden. Dieser Unterschied überwiegt jedoch nicht die Gemeinsamkeiten in Grundgedanken und Struktur und steht deren Vergleichbarkeit in dem hier maßgeblichen Zusammenhang damit nicht entgegen.
2. Die Berufung ist nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
Unter dem Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten sind Schwierigkeiten zu verstehen, die das Maß des in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten Üblichen erheblich übersteigen (vgl. hierzu und zum Folgenden OVG Hamburg, Beschl. v. 26.7.1999, NordÖR 1999, 444, m. w. N.). Für die Darlegung der besonderen Schwierigkeiten ist dabei erforderlich, dass eine Begründung dafür gegeben wird, weshalb die Rechtssache an den entscheidenden Richter deutlich höhere Anforderungen stellt als im Normalfall. Der Hinweis auf vermeintliche von dem Verwaltungsgericht begangene Fehler ist hierfür ungeeignet.
Der Kläger hat das Vorliegen dieses Zulassungsgrundes nicht hinreichend dargelegt. Er trägt insoweit ausschließlich vor, aus dem Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache folge, dass die vorliegende Rechtsstreitigkeit auch besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache aufweise. Dies trifft so bereits vom rechtlichen Ansatz her nicht zu (und wird so auch nicht in der vom Kläger angeführten Kommentierung von Rudisile in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124 Rn. 28 e, vertreten). Davon abgesehen hat hier die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind regelmäßig dann begründet, wenn gegen dessen Richtigkeit angesichts der Begründung des Zulassungsantrags nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon etwa auszugehen ist, wenn durch die Begründung des Zulassungsantrags ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000, 1163, 1164; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33 S. 7, 10; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 124 Rn. 7). So liegt es hier nicht.
a) Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass sich die Technik der Fotografie und das Berufsbild des Fotografen grundlegend geändert hätten. Durch die Digitalisierung der Fotografie seien die zuvor vorhandenen handwerklichen Bezüge der photochemischen Techniken bei der Bildentwicklung nahezu vollständig verdrängt worden. Auch die Nachbearbeitung der Aufnahmen weise keinerlei handwerkliche Aspekte mehr auf, sondern geschehe ausschließlich unter Verwendung spezieller Software am Computer. Die heutige Berufsausübung der professionellen Fotografie habe mit Handwerk genau so wenig zu tun wie etwa die Arbeit als Programmierer oder von sonstig vornehmlich computergestützt Arbeitenden. Es sei verfehlt, die rechtliche Einordnung einer Tätigkeit wie der Fotografie als Handwerk auf Entscheidungen zu stützen, die in eine Zeit fielen, in der das Wesen der Fotografie noch ein gänzlich anderes gewesen sei als heute. Diese Begründung des Verwaltungsgerichts zeige aber, dass dieses die heutzutage gegebene tatsächliche Tätigkeit professioneller Fotografen nicht erfasst und bewertet haben könne.
Diese Rüge greift nicht durch.
Abgesehen davon, dass den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen ist, dass das Verwaltungsgericht „die rechtliche Einordnung einer Tätigkeit wie der Fotografie als Handwerk auf Entscheidungen“ gestützt hätte, „die in eine Zeit fielen, in der das Wesen der Fotografie noch ein gänzlich anderes gewesen sei als heute“, ergeben sich aus den Hinweisen des Klägers auf die Veränderungen durch die Digitalisierung keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Beklagte und das Verwaltungsgericht seine Tätigkeit zu Recht als handwerklich eingeordnet haben.
Für die Richtigkeit dieser Einordnung auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung spricht zunächst bereits der Umstand, dass der Gesetzgeber bei seiner mit Wirkung vom 1. Januar 2004 (Gesetz vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2934) beschlossenen Reform der Handwerksordnung und der damit verbundenen Abschaffung des Meisterzwangs für Fotografen (bis zum 31.12.2003 gehörte das Gewerbe der Fotografen gemäß Nr. 78 der Anlage A zu § 1 Abs. 2 HwO zu den Gewerben, die als Handwerk betrieben werden konnten) das Fotografengewerbe nicht etwa vollständig aus dem Regelungsbereich der Handwerksordnung entfernt, sondern dieses als „zulassungsfreies Handwerk“ (in Nr. 38 der Anlage B zu § 18 Abs. 2 HwO) in diesem Regelungsbereich belassen hat. Zu jener Zeit war die Digitalisierung der Fotografie bereits im Gange und die Dominanz der digitalen Fototechnik, wenn nicht schon gegeben, so doch für die nahe Zukunft absehbar. Gleichwohl hat der Gesetzgeber an seiner Einschätzung festgehalten, dass das Fotografen-Gewerbe im Regelfall als Handwerk einzuordnen ist.
Es ist in diesem Zusammenhang aber auch in der Sache nicht maßgeblich, dass die Herstellung bzw. Aufbereitung der Bilder heutzutage überwiegend nicht mehr durch photochemische Prozesse, sondern mit Hilfe spezieller Bildbearbeitungsprogramme am Computer erfolgt. Die Bildbearbeitung ist zum einen nicht der alleinige Schwerpunkt der Tätigkeit des Fotografen; zum anderen ist auch die Benutzung der Programme als handwerklich anzusehen. Die Bedienung der Programme ist gekennzeichnet durch die technische Eingabe von Befehlen, um dem gewünschten Ergebnis näherzukommen. Die photochemische Bilderstellung und Bildbearbeitung unterscheiden sich davon zwar insoweit, als dass keine Computer-Befehle gegeben, sondern Chemikalien verarbeitet werden. Die Zweckrichtung bei einer digitalen Bildherstellung, nämlich die Herstellung eines Bildes nach den Vorstellungen der Kunden, unterscheidet sich aber nicht von der Tätigkeit des Fotografen in der Zeit vor der Digitalisierung.
Soweit der Kläger seine Tätigkeit mit der eines Programmierers oder der von „sonstig vornehmlich computergestützt Arbeitenden“ vergleicht, führt dies nicht weiter. Von der Tätigkeit eines Programmierers ist das Führen eines Foto-Studios mit den vom Kläger angebotenen Schwerpunkten weit entfernt. Seine Bezugnahme auf andere „vornehmlich computergestützte“ Tätigkeiten ist (aus den bereits genannten Gründen) unergiebig. Dem entspricht es, dass heutzutage (eben wegen der Auswirkungen der Digitalisierung) auch manche traditionelle Gewerke, die nach wie vor nur als zulassungspflichtiges Handwerk betrieben werden können (zu diesen Gewerken vgl. die Auflistung in der Anlage A zu § 1 Abs. 2 HwO in der Fassung vom 30.6.2017), zunehmend und wesentlich durch computergestützte Arbeit geprägt sind; dies gilt etwa für die Berufe der Informationstechniker, Kraftfahrzeugtechniker, Elektrotechniker, Hörakustiker oder Zahntechniker (Nr. 19, 20, 25, 34 bzw. 37 der letztgenannten Anlage A).
b) Der Kläger trägt vor, er halte die zwangsweise Mitgliedschaft in der Handwerkskammer aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit für willkürlich, da die Voraussetzungen für eine Einstufung als handwerklich tätiger Fotograf, als nicht handwerklich tätiger Fotograf und als Freiberufler nicht in hinreichendem Maße konkretisierbar seien. Der Meisterzwang sei für das Fotografen-Handwerk im Jahr 2004 abgeschafft worden. Der Begriff Fotograf sei genauso wenig eine geschützte Berufsbezeichnung wie etwa Foto-Designer. Nach der Wertung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG dürften diejenigen, die „Diplom-Design“ studiert hätten, faktisch meist ungeachtet ihrer konkreten Berufsausübung als Künstler gelten, und seien „Foto-Ingenieure“ als Freiberufler anzusehen. Angesichts dieser Alternativen gebe es immer weniger Fotografen, die ihre Qualifikation mittels einer handwerklichen Gesellen- und Meisterprüfung nachgewiesen hätten. Somit könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Berufsausübung in der Fotografie in jedem Fall eine handwerkliche im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 HwO sei. Allein der Umstand, dass er, der Kläger, die Meisterprüfung abgelegt habe, bedeute nicht notwendigerweise, dass seine konkrete Berufsausübung handwerklicher Natur sei. Rechtlich entscheidend sei nicht die berufsqualifizierende Ausbildung des Fotografen, sondern seine konkrete Berufsausübung. Handwerklich sei es etwa, wenn eine betriebliche Ausbildung von Lehrlingen stattfinde; dies geschehe bei ihm aber seit Jahren nicht mehr. Seiner Ansicht nach seien nur noch die wenigen Fotografen nach wie vor als Handwerker anzusehen, die Bildaufnahmen auf Negativ- oder Diapositivfilm anfertigten und diese mit photochemischen Methoden entwickelten.
Auch diese Rüge verfängt nicht. Aus diesen Ausführungen ergibt sich nicht, dass die Einordnung des Berufsbildes des Fotografen als „zulassungsfrei handwerklich“ gemäß § 18 Abs. 1, 2 Satz 1 HwO i. V. m. der dortigen Anlage B, Abschnitt 1, Nr. 38 sowie die Einordnung der konkreten Tätigkeit des Klägers als „handwerksmäßig betrieben“ im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 HwO rechtlich zweifelhaft wären.
aa) Tätigkeiten, die als stehendes Gewerbe ausgeübt werden, unterfallen der Handwerksordnung, nicht dagegen als „freie Berufe“ ausgeübte Tätigkeiten, welche insbesondere die (im Bereich der Fotografie als Alternative zum Handwerk vornehmlich in Betracht kommende) künstlerische Betätigung umfassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.11.1991, 2 BvR 281/91, GewArch 1992, 133, juris Rn. 14). Die diesbezügliche Abgrenzung erfolgt nach handhabbaren, in der Rechtsprechung und im Schrifttum bereits entwickelten Kriterien.
Ein solches Kriterium ist etwa, ob die betreffende Tätigkeit im Wesentlichen eine erlernbare Arbeit darstellt oder ob sie als eigenschöpferisches gestaltendes Schaffen anzusehen ist (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 18.8.2010, 3 U 149/09, juris Rn. 28). Dabei steht es dem handwerklichen Charakter nicht entgegen, wenn einzelne künstlerische Elemente in der Tätigkeit enthalten sind (vgl. OLG München, Urt. v. 3.12.1992, 6 U 2473/92, GewArch 1993, 204, juris Rn. 7). Das gilt insbesondere bei handwerklichen Tätigkeiten, die vom Berufsbild her auch eine eigenschöpferische Komponente aufweisen; dazu gehört auch das Fotografenhandwerk. Für den Bereich der Fotografie ist entscheidend, ob dem Schaffen eines Fotografen eine schöpferische Leistung in einem Umfang zugrunde liegt, die über das in diesem Beruf durch eine schöpferische bzw. gestalterische Komponente bereits gekennzeichnete Handwerkliche deutlich hinausgeht (vgl. BSG, Urt. v. 24.6.1998, B 3 KR 11/97 R, juris Rn. 15).
Darüber hinaus ist die Abgrenzung anhand der Gewinnerzielungsabsicht möglich. Eine handwerkliche Tätigkeit ist vorrangig auf die Erzielung wirtschaftlicher Gewinne gerichtet, während eine künstlerische Tätigkeit daneben ein höheres vergeistigtes Ziel verfolgt (vgl. Doepner-Thiele, in: Castendyk, Fotorecht, 2. Aufl. 2012, Rn. 677).
Von Bedeutung ist des Weiteren, ob bei der Ausübung des Berufs des Fotografen die korrekte Ausführung der Technik im Vordergrund steht und eher wenig Raum für eine künstlerische Freiheit bleibt, was oft der Fall sein wird (vgl. Doepner-Thiele, a. a. O, Rn. 678). Demgegenüber kann die Tätigkeit als künstlerisch anzusehen sein, wenn die Fotografie eine eigenschöpferische, seinem eigenen künstlerischen Empfinden entspringende Darstellung wiedergibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.11.1991, a. a. O, Rn. 16). Von Bedeutung kann dabei auch sein, in welchem Tätigkeitsbereich und gesellschaftlichen Umfeld die einzelnen Leistungen erbracht werden: Wer sich auf dem herkömmlichen Berufsfeld eines Handwerks, in diesem Fall der Fotografie, bewegt, wird nicht schon dadurch zum „Künstler“, dass seine Leistungen einen eigenschöpferischen, gestalterischen Charakter aufweisen, denn ein solcher Charakter ist bei diesen Handwerksberufen typisch. Eine Einordnung als Künstler kann in Betracht kommen, wenn der Fotograf das typische handwerkliche Berufsfeld verlässt, sich mit seinen Produkten in einem künstlerischen Umfeld bewegt und in künstlerischen Kreisen als gleichrangig anerkannt wird (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.2010, B 3 KS 1/10 R, GewArch 2011, 169, juris Rn. 20).
Die genannten Abgrenzungskriterien sind hinreichend gut zu handhaben, um zu gewährleisten, dass auf dieser Grundlage eine Zuordnung der Tätigkeit von Fotografen als Handwerk nicht willkürlich ist. Insbesondere dringt das Argument des Klägers, die Abschaffung des Meisterzwanges führe zur Willkürlichkeit der Einstufung als freiberuflich oder gewerblich, nicht durch. Die ursprüngliche Ausbildung des Fotografen ist, wie er selbst ausführt, als solche kein geeignetes Kriterium für die Einordnung seiner konkret ausgeübten Tätigkeit als handwerklich (auch das Verwaltungsgericht hat darauf nicht maßgeblich abgestellt). Eine handwerkliche Ausbildung oder eine entsprechende Berufsbezeichnung allein bedeuten in der Tat noch nicht, dass der betreffende Fotograf aktuell tatsächlich handwerklich tätig ist. Vielmehr ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Fotograf im Laufe der Zeit seinen Schwerpunkt von einer handwerklichen zur künstlerischen Tätigkeit verlagert oder umgekehrt, ohne dabei seine Bezeichnung anzupassen oder eine (ggf. vorhandene) entsprechende Ausbildung nachzuholen (vgl. Doepner-Thiele, a. a. O., Rn. 683 f.). Angesichts dessen führt die Abschaffung des Meisterzwanges nicht dazu, dass die Konkretisierbarkeit der o. g. Abgrenzungskriterien entfällt. Auch das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass die Berufsausübung in der Fotografie „in jedem Fall“ als handwerklich anzusehen sei.
All dem entspricht es, dass der Kläger selbst Kriterien nennt, die seines Erachtens eine Einordnung der Tätigkeiten von Fotografen als handwerklich rechtfertigen können (vgl. seine Begründungsschrift v. 2.8.2017, S. 7/8.), wie etwa das Anfertigen von Bildaufnahmen auf Negativ- oder Diapositivfilmen und deren Entwicklung mit photochemischen Mitteln (was der Kläger laut dem Briefkopf seiner Klageschrift - wo u. a. von „Fotoarbeiten analog & digital“ die Rede ist - ebenfalls anbietet).
bb) Nach den o. g. Kriterien spricht nichts dagegen, dass der Kläger handwerklich tätig ist.
Er betreibt sein Fotostudio zu Zwecken der Gewinnerzielung und es ist nicht erkennbar, dass er über diese Gewinnerzielungsabsicht hinaus künstlerische Interessen verfolgen würde, die die Gewinnerzielungsabsicht in den Hintergrund treten ließen. Zwar können Portrait-Aufnahmen (die der Kläger ebenfalls anbietet) unter Umständen Kunstwerke sein. Es kann Fälle geben, in denen der Fotograf die Aufgabe hat, sein Modell zu beobachten, sich in es hineinzudenken und einzufühlen, das für das Modell Charakteristische durch Gestaltung des Hintergrundes und der Beleuchtung herauszustellen zu versuchen, das Modell auf die Aufnahme vorzubereiten oder auch von ihr ablenken und es so dann in dem Augenblick festzuhalten, in dem sein Wesen am typischsten in Erscheinung tritt; dann gestaltet der Fotograf und er schafft etwas vorher nicht Vorhandenes (vgl. BFH, Urt. v. 7.10.1971, IV R 139/66, BFHE 104, 314, juris Rn. 10). Ein Handwerk betreibt gleichwohl, wer sich mit maßgeblichem Anteil mit der handwerksmäßigen Ausübung wesentlicher Tätigkeiten eines handwerksfähigen Gewerbes befasst, auch wenn er daneben nicht-handwerkliche Tätigkeiten ausübt (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 11.4.1983, GewArch 1983, 301, 302; Doepner-Thiele, a. a. O., Rn. 692).
Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass bei dem Kläger derartige speziell künstlerische Ansätze prägend für seine Arbeit wären. Dies gilt ohne weiteres für die von ihm angebotenen Pass- und Bewerbungsbilder. Aber auch bei Portraitaufnahmen sind regelmäßig die Vorstellungen der Kunden maßgeblich und es verbleibt eher wenig Raum für eine eigene schöpferische Leistung des Fotografen. Die Aufgabe des Fotografen besteht dann darin, die Vorstellungen der Kunden bestmöglich u.a. durch Auswahl der passenden Kamera und Objektive, Schaffen der entsprechenden Lichtverhältnisse und gegebenenfalls durch eine anschließende Bildbearbeitung umzusetzen. Der Fotograf muss gemäß seinem Fachwissen die richtige Kamera, das richtige Objektiv bzw. die richtige, den Bildausschnitt bestimmende Brennweite, die geeigneten Lichtquellen (Freilicht, Kunstlicht, Blitzlicht oder vorhandenes Licht) und andere Parameter mehr auswählen und korrekt anwenden, um das vom Kunden gewünschte Ergebnis zu erzielen; dies ist keine freie künstlerische Handlung, sondern Handwerk (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 18.8.2010, a. a. O., Rn. 28).
All dem entspricht es, dass der Kläger offenbar nicht gegen seine Eintragung im Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke vorgegangen ist (vgl. §§ 19, 20 Satz 1 HwO), was aus seiner Sicht nahegelegen hätte, wenn er selbst seine Fotografen-Tätigkeit nicht als handwerklich ansähe.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Antragsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 GKG.