LG Zweibrücken: Pandemiebedingte Schließung eines Gewerbebetriebs berechtigt nicht zur Verweigerung der Mietzahlung
LG Zweibrücken, Urteil vom 11.9.2020 – HK O 17/20
ECLI: ECLI:DE:LGZWEIB:2020:0911.HKO17.20.00
Volltext: BB-ONLINE BBL2020-2450-1
Nicht Amtlicher Leitsatz
Generell berechtigt eine pandemiebedingte Schließung eines Gewerbebetriebs weder unter dem Gesichtspunkt des Gewährleistungsrechts noch unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB, die Mietzahlung zu verweigern oder herabzusetzen.
Art 240 § 1 Abs 4 Nr 1 BGBEG, § 275 BGB, § 313 Abs 1 BGB, § 326 Abs 1 BGB, § 536 BGB
Sachverhalt
Der Kläger macht gegen die Beklagte ausstehende Miete geltend.
Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag betreffend die Gewerberäume in .... In der schriftlichen Vertragsurkunde 27.03.2017/03.04.2017 ist vereinbart, dass die behördlich genehmigten Flächen zur Nutzung als Einzelhandelsgeschäft für den Verkauf und Lagerung von Textilien und Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet werden.
Die Beklagte musste im Hinblick auf den coronabedingten Lockdown nach entsprechender behördlicher Anordnung ihre in den streitgegenständlichen Räumen betriebene Filiale in der Zeit vom 18.03.2020 bis 20.04.2020 für den Publikumsverkehr schließen.
Daraufhin zahlte die Beklagte die vereinbarte Miete inklusive Nebenkostenpauschale und 19 % Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 11.351,86 € für April 2020 nicht. Soweit ab dem 20.04.2020 der Filialbetrieb wieder uneingeschränkt aufgenommen werden konnte, hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit der anteiligen März-Miete erklärt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung entsprechend Blatt 59 der Akten Bezug genommen.
Nach dem Mietvertrag ist die monatliche Miete jeweils zum 6. eines Monats fällig. Am 08.04.2020 wurde die Beklagte durch anwaltliches Schreiben zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 11.351,86 € Betrages aufgefordert.
Der Kläger ist der Ansicht,
ein Minderungsrecht stehe der Beklagten nicht zu. Die Beklagte trage grundsätzlich das Verwendungsrisiko hinsichtlich des Mietgegenstandes. Auch nach dem Willen des Gesetzgebers bleibe die Mietzahlungsverpflichtung nach dem neu verabschiedeten Art. 240 EGBGB § 1 bestehen.
Der Mietgegenstand sei insbesondere auch nicht mangelhaft. Die hier streitgegenständlichen Beschränkungen seien nicht in der Beschaffenheit der Mietsache begründet. Daran ändere auch die bloße Bezeichnung eines Verwendungszweckes in dem Mietvertrag nichts. Diese Konkretisierung des Verwendungszweckes diene alleine dem Interesse des Vermieters, dass der Mieter einen über die vertragliche Abmachung hinausgehenden Gebrauch nicht nach Gutdünken veranlassen könne. Das Geschäftsrisiko bleibe aber erkennbar auf Mieterseite.
Davon abgesehen habe die Beklagte die Filiale auch während des Lockdowns mit Ausnahme des Publikumsverkaufs weiter als Lager und als Büro sowie als Ausgangspunkt zum Betreiben eines Onlineverkaufes nutzen können.
Auch eine Vertragsanpassung sei nicht geboten. Virusepidemien oder Ähnliches seien nicht so außergewöhnlich, als dass nicht mit ihnen grundsätzlich gerechnet werden müsse. Die Covid-19- Pandemie und die damit vorübergehend einhergehenden Beschränkungen änderten an der im Gewerberaummietrecht angelegten Risikoverteilung nichts. Dies müsse umso mehr gelten im Hinblick auf die Tatsache, dass die Beklagte zuletzt dreimal in Folge die jährliche Umsatzzahl von 2 Milliarden € überschritten habe.
Der Beklagten sei es grundsätzlich auch möglich gewesen, das Risiko wirtschaftlicher Einbußen durch den Abschluss einer Betriebsschließungsversicherung vorzubeugen. Dass sie dies unterlassen habe, könne nicht zu Lasten des Vermieters gehen.
Nachdem der Kläger vor Zustellung der Klage zunächst beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.351,86 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2020 sowie vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen zu zahlen,
stellt sie nun nach Erklärung einer Teilerledigung in Höhe von 2.793,72 € den schon vor Zustellung der Klage angekündigten Antrag, die Beklagte zu verurteilen,
an den Kläger 8.558,14 € zuzüglich Zinsen aus 11.351,86 € in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2020 sowie vorgerichtliche Kosten von 805,20 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht,
es bestünde keine Mietzahlungsverpflichtung für die Zeit der Schließung der Filiale.
Da die Nutzung der Ladengeschäfte insgesamt untersagt worden sei, liege eine Aufhebung der Tauglichkeit zur Nutzung insgesamt vor, so dass ein Minderungsgrund vorläge. Es handele sich dabei um einen anerkannten sogenannten Umfeldmangel. Die Einwirkungen des Corona-Virus und der Coronaverordnung seien vorliegend durchaus mit den wirtschaftlichen Auswirkungen eines Kriegszustandes vergleichbar. Im vorliegenden Fall sei zudem ausdrücklich vereinbart gewesen, dass der Verkauf von Textilien und Non-Food Artikeln möglich sein müsse. Diese Sollbeschaffenheit sei in Folge des behördlichen Verbotes entfallen.
Soweit man keinen Mangel bejahen wolle, lege jedenfalls eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung zu dem vereinbarten Verwendungszweck vor, mit der Folge, dass auch dann keine Mietzahlungsverpflichtung bestünde.
Wenn weder einen Mangel noch die Unmöglichkeit angenommen werde, seien die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzuwenden und der Mietvertrag entsprechend anzupassen. Der Beklagten sei ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar. Im Rahmen der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass sämtliche über 3000 Filialen der Beklagten geschlossen worden und ein vergleichbarer Umsatzausfall in allen Filialen vorliege. Damit sei eine ganz erhebliche Liquiditätslücke von existenzgefährdendem Ausmaß standen. Die Umsätze seien auch weder durch den Onlinehandel noch durch Nachholeffekte aufzufangen. Das Risiko der vorliegenden Äquivalenzstörung und damit auch die Last der Vertragsanpassung müsse daher grundsätzlich angemessen, d.h. im Regelfall hälftig verteilt werden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den weiteren umfangreichen Sachvortrag der Parteien in den wechselseitigen Schriftsätzen nebst Anlagen, wie sie zum Akteninhalt geworden sind.
Aus den Gründen
Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Klage hat in der Sache in dem tenoriertem Umfang Erfolg.
I.
Die Klage ist zulässig.
1.
Das Landgericht Zweibrücken ist zuständig.
1.1
Die ausschließliche örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 29 a Abs. 1 ZPO, nachdem sich die Mieträume in Landstuhl und damit in dem Gerichtsbezirk des Landgerichtes befinden.
1.2
Die sachliche Zuständigkeit folgt im Hinblick auf den Streitwert über 5.000,00 € aus §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Die Zuständigkeit des Amtsgerichtes betreffend Mietstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert betrifft gemäß § 23 Nr. 2, a GVG nur Wohnraummieten.
2.
2.1
Soweit der Kläger den Rechtsstreit teilweise für erledigt erklärt hat, handelt es sich um einen Übergang von der Leistungs- zu einer Feststellungsklage, der gemäß § 264 Nr. 2 ZPO ohne weitere Voraussetzungen möglich ist.
2.2
Das für diesen Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist zu bejahen, da insbesondere die Kostenfolge der Teilerledigung geklärt werden muss.
II.
Der Zahlungsantrag ist im Gegensatz zu dem Feststellungsantrag begründet.
1.
Die Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf den restlichen Mietzins für April 2020 in Höhe von 8.558,14 € aus dem zwischen den Parteien unstreitig zustande gekommenen Mietvertrag im Sinne des § 535 Abs. 2 BGB.
Dieser Zahlungsanspruch ist weder wegen eines Mangels noch in Folge Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch den Vermieter noch nach den Grundsätzen der gestörten Geschäftsgrundlage ganz oder teilweise zu mindern oder anzupassen.
1.1.
Bei der Frage, inwieweit die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie Einfluss auf die Mietzahlungsverpflichtung des Mieters bei einem Gewerbemietvertrag haben können, sind zunächst die Regelungen des jeweiligen Mietvertrages auf Anknüpfungstatsachen zu untersuchen, aus denen sich für einen solchen Fall Mietzahlungsausschlüsse oder -beschränkungen ergeben können.
Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich.
Insbesondere wurde die Miethöhe nicht abhängig gemacht von dem jeweiligen Umsatz, was ohne weiteres möglich gewesen wäre (sogenannte Umsatzmiete).
1.2.
Auch die gesetzlichen Neuregelungen haben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Mietzahlungsverpflichtung.
Der am 01.04.2020 in Kraft getretene Art. 240 § 1 Abs. 1, Abs. 2 EGBGB n.F. gewährt für vor dem 08.03.2020 abgeschlossene Dauerschuldverhältnisse ein Leistungsverweigerungsrecht. Verbraucher und Kleinstunternehmer sind in diesem Bereich zu Leistungsverweigerung berechtigt, wenn sie ansonsten ihren angemessenen Unterhalt bzw. die wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens gefährden würden.
Abgesehen davon, dass es sich bei der Beklagten weder um eine Verbraucherin noch um eine Kleinunternehmerin handelt, gilt dieses Leistungsverweigerungs gemäß Art. 240 § 1 Abs. 4 Nr .1 EGBGB n.F ohnehin ausdrücklich nicht für Miet- und Pachtverträge.
Nach der amtlichen Begründung bleibt die Mietzahlungspflicht im Grundsatz vielmehr ausdrücklich bestehen (COVFAG-E Begründung, BT-Drs. 19/18110 zu § 2 Abs. 1, S. 36).
1.3.
Des Weiteren ist die Mietzahlungsverpflichtung unter dem Gesichtspunkt des Gewährleistungsrechtes zu prüfen.
Nach § 536 Abs. 1 BGB ist ein Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert ist, von der Entrichtung der Miete befreit bzw. zu einer angemessenen Mietminderung berechtigt.
Hoheitliche Maßnahmen können nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Mangel in diesem Sinne begründen. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung des Vorsitzenden hier nicht vor.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung begründen öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse nur dann einen Sachmangel, wenn sie unmittelbar auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und ihre Ursachen nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters haben (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.1988 – VIII ZR 232/87 -, juris [BB 1988, 1627]; BGH, Urteil vom 13.07.2011 – XII ZR 189/09).
Ist die Mietsache als solche weiter zur Nutzung grundsätzlich geeignet und nur der geschäftliche Erfolg des Mieters betroffen, realisiert sich das von dem Mieter zu tragende Verwendungsrisiko und nicht das Gebrauchsüberlassungsrisiko, welches tatsächlich von dem Vermieter zu tragen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2000 – XII ZR 279/97).
Die behördliche Anordnung zur Schließung steht im vorliegenden Fall ersichtlich in keinerlei Zusammenhang mit der Beschaffenheit der streitgegenständlichen Mieträume.
Auch die Tatsache, dass die Flächen nach dem Inhalt des Mietvertrages zur Nutzung als Einzelhandelsgeschäft für den Verkauf und die Lagerung von Textilien und Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet worden sind, lässt nach der hier vertretenen Auflassung keine andere Betrachtung zu. Die Mietsache als solche ist zu diesem Zweck vielmehr weiterhin in gleicher Weise geeignet wie vor den behördlichen Beschränkungen.
1.4.
Eine Herabsetzung oder ein Ausschluss der Mietzahlungsverpflichtung kommt auch nicht nach §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 - 3, 441 Abs. 3 analog BGB in Betracht.
Wird danach eine Leistung für den Schuldner unmöglich, braucht einerseits der Schuldner seine Leistung nicht zu erbringen und gleichzeitig entfällt der Anspruch auf Gegenleistung, wobei bei fortbestehender Teilleistung die Zahlungspflicht entsprechend herabzusetzen ist.
Wie oben bereits im Zusammenhang mit dem Gewährleistungsrecht dargestellt, ist der Mietgegenstand als solcher zur vertragsgemäß vereinbarten Nutzung weiterhin geeignet und es kann auch ohne unmittelbaren Kundenverkehr grundsätzlich der Einzelhandel - gegebenenfalls in abgeänderter Form - weiter betrieben werden. Auf die vereinbarte Lagermöglichkeit hat die behördliche Maßnahme ohnehin keinen Einfluss.
Die behördlichen Beschränkungen lassen die Gebrauchüberlassungsverpflichtung unberührt und richten sich ausschließlich gegen die Nutzung und damit das Verwendungsrisiko des Mieters.
Jede andere Betrachtung erscheint nicht überzeugend. Auch in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist im Zusammenhang mit behördlichen Beschränkungen nach Verneinung eines Mangels der BGH – soweit ersichtlich - nicht auf die Regelungen zur Unmöglichkeit als mögliche Anspruchsgrundlage ausgewichen.
Die behördliche Beschränkung richtet sich unmittelbar auch nur an den Betriebsinhaber und hat somit keinen unmittelbaren Einfluss auf das Innenverhältnis der Parteien.
Der Vertragszweck wird regelmäßig auch im umgekehrten Fall, dass sich aufgrund behördlicher Maßnahmen die Umsatzzahlen steigern lassen (zum Beispiel verlängerte Verkaufszeiten, verkaufsoffene Sonntage etc.), nicht berührt. Auch in diesem Fall erschiene es fernliegend, deshalb eine höhere Mietzahlungsverpflichtung anzunehmen.
Wie bereits dargelegt würde die Annahme der Unmöglichkeit wohl auch gegen die Vorstellungen des Gesetzgebers verstoßen, der im Grundsatz von einer unveränderten Mietzahlungsverpflichtung ausgeht. Dies mag eine Vertragsanpassung nicht auszuschließen, spricht aber deutlich gegen die Subsumtion der behördlichen Maßnahmen unter den Begriff der Unmöglichkeit.
1.5.
Eine Verneinung der Mietzahlungsverpflichtungen bzw. einer Anpassung der Miethöhe lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB rechtfertigen.
Haben sich danach Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt abgeschlossen, wenn sie die Veränderungen vorausgesehen hätten, kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB eine Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglich oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten an dem unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2019 – VIII ZR 234/18, RN 20 – beck-online).
Als Ausnahme von dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ sind diese Voraussetzungen sehr eng auszulegen und in jedem Falle nachrangig gegenüber sonstigen gesetzlichen Regelungen.
1.5.1
Fraglich erscheint insoweit schon, inwieweit trotz Art. 240 § 1 EGBGB n.F. diese Regelungen anwendbar sind, nach dem der Gesetzgeber das Fortbestehen der Mietzahlungsverpflichtung grundsätzlich angenommen hat.
1.5.2
Aber auch wenn man von der Anwendbarkeit dieser Grundsätze ausgeht, können diese der Beklagtenseite hier nicht zum Erfolg verhelfen. Die insoweit durchzuführende Interessenabwägung rechtfertigt eine Reduzierung der Miethöhe nicht.
1.5.2.1
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass durch die Folgen der behördlichen Beschränkungen nicht nur der Mieter betroffen ist, sondern auch der Vermieter. Er hat regelmäßig unabhängig von der tatsächlichen Nutzung durch den Vermieter weiterhin fortlaufende Finanzierungs- und Erhaltungmaßnahmekosten zu erbringen. Auch der Vermieter ist regelmäßig auf die Einnahmen aus Vermietung zur Deckung des Lebensunterhaltes angewiesen.
1.5.2.2
Des Weiteren können bei erheblichen Beeinträchtigungen in Folge der Pandemie Gewerbetreibende Ausgleichsansprüche über den Staat in Anspruch nehmen, so dass auf diesem Wege Einkommensverluste zumindest teilweise kompensiert werden können.
Hier ist beispielsweise auf das Kurzarbeitergeld zu verweisen, welches zu deutlichen Einsparungen auf der Ausgabenseite während der behördlich angeordneten Schließung führen kann.
Auch die bei der Gewerbemiete relevante Umsatzsteuer ist von dem Gesetzgeber zu Gunsten der Zahlungsverpflichteten vorübergehend bereist reduziert worden.
Der jeweilige Mieter kann zudem durch den Abschluss einer privaten Betriebsausfallversicherung schon im Vorfeld das Risiko minimieren.
1.5.2.3.
Die Nutzung der Räume als Lager, Büro und als Vertriebsstätte eines möglichen Onlinehandels bleibt von den streitgegenständlichen behördlichen Maßnahmen unberührt.
In Folge der eingeschränkten Nutzung kommt es auch zu Einsparungen bei den verbrauchsbezogenen Nebenkosten.
1.5.2.4
Der jeweilige Gewerbetreibende ist grundsätzlich auch als Unternehmer gehalten, Kompensationsmaßnahmen zu kreieren (Onlineshop, Gutscheinmodelle, Rabattaktionen etc.), bevor er Anpassungen eines bestehenden Vertrages verlangen kann.
1.5.2.5
Unter Würdigung all dieser vorgenannten Umstände kommen daher Anpassungen jedenfalls nicht bereits ab dem ersten oder zweiten Monat der Auswirkungen der behördlichen Beschränkungen in Betracht.
Einem Unternehmer ist es vielmehr zumutbar, auch auf unvorhergesehene Umsatzeinbußen jedenfalls kurzfristig auf andere Weise zu reagieren, als seine eigenen Vertragspflichten zu vernachlässigen.
Erst wenn das Festhalten an dem Vertrag zu wirklich untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde, kann auch eine Anpassung des Vertrages erforderlich werden (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.1993 – VII ZR 24/92; 26.11.2014 – VII ZB 666/13, 29.04.1982 – III ZR 154/80).
In diesem Zusammenhang spielen entgegen der Auffassung der Beklagten auch die von Klägerseite dargelegten und unstreitig gebliebenen sonstigen Umsatzzahlen der Beklagten durchaus eine gewichtige Rolle. Eine wirtschaftliche gesundes Unternehmen kann schwankende Umsatzzahlen und kurzzeitige Umsatzeinbußen regelmäßig verkraften, ohne dass insoweit jeweils gleich Vertragsanpassungen geboten wären.
Davon unabhängig darf bei der Interessenabwägung nie aus dem Auge verloren werden, dass bei Mietverträgen der Mieter das Risiko, dass er die gemietete Sache, welche zur Nutzung grundsätzlich geeignet ist, wie beabsichtigt verwenden kann, trägt. Ihn trifft grundsätzlich das Risiko, mit dem Mietobjekt entsprechenden Gewinn zu erzielen.
Im vorliegenden Fall haben sich die behördlichen Beschränkungen und die damit verbundenen Einkommenseinbußen auf einen begrenzten Zeitraum bezogen, der die Zumutbarkeitsgrenze in diesem dargestellten Sinne noch nicht überschritten hat.
Die Einlassungen der Beklagten lassen insbesondere nicht den Rückschluss zu, dass alleine wegen der hier streitgegenständlichen, temporär sehr begrenzten Umsatzeinbuße, die Existenz der Beklagten bereits ernsthaft gefährdet wäre. Wäre dem so, hätte die Beklagte in ihrer Betriebsorganisation wohl auch grundlegende Fehler begangen, die nicht im Zusammenhang mit der Pandemie gesehen werden könnten.
1.5.2.6
Nur vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass selbst bei Bejahung der Voraussetzungen der Störung der Geschäftsrundlage es zweifelhaft erschiene, die dann gebotenen Vertragsanpassung sofort in Form der Herabsetzung der Miete durchzuführen. Naheliegender und sachgerechter erschienen vorübergehende, zeitlich begrenzte Vertragsanpassungen wie z.B. (Teil-)Stundungen bezüglich der Mietzahlungsverpflichtung und ähnliches.
1.5.2.7
Die seitens der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit einem Anteil der bereits gezahlten Märzmiete führt hier ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Beklagte war aus den gleichen Gründen, die bezüglich der Aprilmiete angeführt worden sind, auch zu uneingeschränkten Zahlung der Märzmiete verpflichtet.
1.6.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung ergibt sich als Verzugsschaden aus den §§ 286, 288 Abs. 2 BGB.
Allerdings konnte der Zinsanspruch entgegen dem Antrag nach der Teilaufrechnung nicht mehr aus dem ungekürzten Betrag zugesprochen werden.
1.7.
Auch der Anspruch auf die der Höhe nach nicht zu beanstandenden außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens.
Soweit bezüglich dieser Nebenforderung Zinsen gelten gemacht werden, sind diese aber der Höhe nach gemäß § 288 Abs. 1 BGB auf 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz beschränkt. Ein Anwendungsfall des § 288 Abs. 2 ZPO kann in dem Verhältnis des Rechtsanwaltes zu seinem Mandanten nicht angenommen werden.
2.
Der Feststellungsantrag ist unbegründet.
Ein solcher Antrag hat nur dann Erfolg, wenn eine Klage von Anfang an zulässig und begründet gewesen ist und durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit unzulässig und/oder unbegründet geworden ist.
2.1
Der ursprünglich geltend gemachte Zahlungsanspruch ist durch eine unstreitig erklärte Aufrechnung der Beklagten mit einem bestehenden Guthaben aus Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 2.793,72 € gemäß den §§ 387, 389 BGB erloschen.
2.2
Dies geschah aber ebenso unstreitig bereits vor Zustellung der Klage und damit vor Eintritt der Rechtshängigkeit. Zu diesem Zeitpunkt konnte, da noch kein Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist, begrifflich auch noch keine Teilerledigung des Rechtsstreites eintreten (BGH, Urteil vom 15.01.1982 - V ZR 50/81 -, juris).
Diese schon immer herrschende Meinung hat mit der Einführung des § 269 Abs. 3, S. 3 ZPO eine weitere Bestätigung erfahren. Die Gegenmeinung hatte früh vor allem die Prozessökonomie angeführt und Folgeprozesse auf materiellen Schadensersatz wegen von Beklagtenseite veranlasster unnötiger Klagen vermeiden wollen. Solche Folgeprozesse sind mit der Einführung der genannten Norm nicht mehr veranlasst. Vielmehr kann in solchen Fällen nun auch nach Klagerücknahme eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten bereits in dem laufenden Prozess erreicht werden.
Voraussetzung ist allerdings zwingend, dass eine entsprechende Klagerücknahme erklärt wird. Dies hat der Kläger hier aber ausdrücklich unterlassen und auch auf Nachfrage des Vorsitzenden eindeutig - und insoweit für in nachteilig - auf Erledigung abgestellt.