BGH: Ordnungsgemäße Berufungsbegründung
BGH, Urteil vom 23.6.2015 – II ZR 166/14
Amtlicher Leitsatz
Liegt dem Rechtsstreit ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde, muss der Berufungskläger nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten in der Berufungsbegründung Stellung nehmen, wenn schon der allein vorgebrachte - unterstellt erfolgreiche - Berufungsangriff gegen einen Punkt geeignet ist, der Begründung des angefochtenen Urteils insgesamt die Tragfähigkeit zu nehmen.
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2
Sachverhalt
Der Kläger beteiligte sich mit 50.000 DM (= 25.564,59 €) an der Grundstücksgesellschaft B. GbR (G. Fonds 18). Die Beklagte ist Gründungsgesellschafterin des Fonds. Wegen eines Prospektmangels hinsichtlich
der sog. Anschlussförderung fühlte sich der Kläger nicht ausreichend informiert. In einem Vorprozess erstritt er deswegen ein rechtskräftiges Urteil, mit dem festgestellt wurde,
dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus seiner Beteiligung an dem Fonds, insbesondere der Haftung für die von der GbR aufgenommenen Darlehen freizustellen, soweit diese die dem Kläger durch seine Fondsbeteiligung entstandenen Steuervorteile und die an ihn erfolgten Ausschüttungen abzüglich der gezahlten Einlage übersteigen, Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils, sowie
dass die Beklagte für alle weiteren zukünftig dem Kläger entstehenden Schäden aus seiner Beteiligung an dem Fonds haftet.
In dem vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger, soweit noch von Bedeutung, in der Berufungsinstanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an ihn die Einlage in Höhe von 25.564,59 € nebst Zinsen zurückzuzahlen sowie
2. ihn von vier näher bezeichneten Darlehensrückzahlungsansprüchen freizustellen,
jeweils Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, die Beteiligung des Klägers zu nominal 25.500 € ("geglättete Einlage") zu übernehmen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus der Beteiligung und insbesondere aus der Haftung für die Darlehen freizustellen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung.
Zur Begründung der neuen Klage hat sich der Kläger nicht nur auf den angeblichen Prospektmangel der unzureichenden Aufklärung über die Risiken der Anschlussförderung berufen, sondern auch auf vermeintliche Prospektmängel hinsichtlich eines Erbbaurechts, der eingeschränkten Fungibilität des Gesellschaftsanteils, des Totalverlustrisikos und der Eigenkapitalvermittlungsprovision.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung hinsichtlich der Haupt- und Hilfsanträge, soweit sie auf die vier zusätzlich geltend gemachten Prospektmängel gestützt wird, als unzulässig verworfen. Im Übrigen hat es die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Mit der insoweit vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge zu 1 und 2 und die Hilfsanträge weiter.
Aus den Gründen
5 Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6 I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung, die Berufung sei unzulässig, soweit es um die vier neu geltend gemachten Prospektmängel gehe, ausgeführt: Die Voraussetzungen einer wirksamen Berufungsbegründung im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO seien nicht erfüllt. Der Kläger habe sich innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nur mit dem Prospektmangel "Anschlussförderung" befasst, nicht auch mit den übrigen Mängeln, hinsichtlich derer das Landgericht jeweils mit eigenständigen Begründungen Verjährung angenommen habe. Der Schriftsatz der Streithelferin des Klägers vom 30. Januar 2014, der darauf eingehe, sei erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bei Gericht eingegangen.
7 II. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
8 Die Berufung ist, auch soweit es um die vier neu geltend gemachten Prospektmängel geht, zulässig. Insbesondere fehlt es insoweit nicht an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO.
9 1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger in der Berufungsinstanz seine Schadensersatzansprüche wegen sämtlicher Prospektmängel hat geltend machen wollen. Zwar hätte er seine Berufung auch auf die Ansprüche bezüglich eines oder einzelner Prospektmängel beschränken können, weil es sich dabei um jeweils tatsächlich und rechtlich selbstständige und abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs handelt (vgl. für die Revisionszulassung BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526). Die Annahme, eine Partei wolle erhebliches Vorbringen nicht mehr aufrechterhalten, setzt jedoch eindeutige Anhaltspunkte voraus (BGH, Urteil vom 28. Mai 1998 - VII ZR 160/97, NJW 1998, 2977, 2978). Die Revisionserwiderung zeigt solche Anhaltspunkte nicht auf, noch sind sie anderweit erkennbar.
10 2. Das Berufungsgericht ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich die Berufungsbegründung mit den vier im Verhältnis zum Vorprozess neu geltend gemachten Prospektmängeln hätte befassen müssen, um auch insoweit zur Zulässigkeit der Berufung zu führen.
11 a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO muss die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. Die gesetzliche Regelung bezweckt, formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen auszuschließen, um dadurch auf die Zusammenfassung und Beschleunigung des Verfahrens im zweiten Rechtszug hinzuwirken (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1983 - VIII ZR 224/82, ZIP 1983, 1510; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126). Die Rechtsmittelbegründung muss zudem geeignet sein, das gesamte angefochtene Urteil in Frage zu stellen. Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich deren eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (BGH, Urteil vom 29. November 1956 - III ZR 4/56, BGHZ 22, 272, 278; Urteil vom 13. November 1997 - VII ZR 199/96, NJW 1998, 1081, 1082; Urteil vom 26. Januar 2006 - I ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1044 Rn. 20 ff. - Schlank-Kapseln; Urteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 228/05, NJW-RR 2007, 414 Rn. 10).
12 Liegt dem Rechtsstreit dagegen ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde, muss der Berufungskläger nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten in der Berufungsbegründung Stellung nehmen, wenn schon der allein vorgebrachte - unterstellt erfolgreiche - Berufungsangriff gegen einen Punkt geeignet ist, der Begründung des angefochtenen Urteils insgesamt die Tragfähigkeit zu nehmen (BGH, Beschluss vom 25. Januar 1990 - IX ZB 89/89, NJW 1990, 1184; Urteil vom 5. Oktober 1983 - VIII ZR 224/82, ZIP 1983, 1510 f.). Anders liegt es dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen stützt. In diesem Fall muss der Berufungskläger in der Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht tragen; andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 228/05, NJW-RR 2007, 414 Rn. 10; Beschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 10; BVerwG NJW 1980, 2268 f.; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. § 520 Rn. 44; Ball in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 520 Rn. 40; Lemke in Prütting/Gehrlein, ZPO, 7. Aufl., § 520 Rn. 32; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 520 Rn. 37).
13 Im vorliegenden Fall beziehen sich die - hier zu unterstellenden - Ansprüche wegen mangelhafter Aufklärung des Klägers über die mit der angebotenen Kapitalanlage verbundenen Risiken und Nachteile auf einen alle Prospektfehler umfassenden einheitlichen Streitgegenstand.
14 Der Streitgegenstand im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt. Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, ZIP 2015, 25 Rn. 145; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127). Das gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die zunächst nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs damals bereits kannten und hätten vortragen können (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 15 mwN).
15 Danach bildet der Anspruch, wegen Prospektmängeln Schadensersatz zu erhalten, einen einheitlichen, alle Prospektmängel umfassenden Streitgegenstand. Denn bei natürlicher Betrachtung sind die einzelnen Prospektmängel nicht jeweils isoliert zu beurteilen. Es ist vielmehr - jedenfalls bei der hier geltend gemachten Prospekthaftung im weiteren Sinne - der Prospekt als Ganzes in den Blick zu nehmen und zu prüfen, ob der Anleger insgesamt ordnungsgemäß über die Risiken und Nachteile der Anlage aufgeklärt worden ist (ebenso für eine Kapitalanlageberatung BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 14 ff.). Daraus folgen unterschiedliche materiell-rechtliche Ansprüche, je nachdem, um welchen Prospektmangel es geht. Deshalb nimmt der Bundesgerichtshof auch an, dass diese Einzelansprüche unterschiedlichen Verjährungen unterliegen können (BGH, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 14 f.; Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, ZIP 2015, 25 Rn. 145; Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 189/14, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 303/14, WM 2015, 1322 Rn. 11). Prozessual geht es aber nur um einen einheitlichen Anspruch, mithin um einen Streitgegenstand.
16 b) Damit ist die Berufung des Klägers insgesamt zulässig.
17 Der Kläger hat eine Anlage gezeichnet. Er fühlt sich über die Nachteile und Risiken der Anlage nur unzureichend aufgeklärt. Mithin stellt sein auf diese mangelhafte Aufklärung gestütztes Klagebegehren einen einheitlichen Streitgegenstand dar. Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der materiell-rechtlichen Ansprüche des Klägers wegen der von ihm geltend gemachten fünf Prospektmängel abgewiesen. Dabei hat es die Verjährung des jeweiligen Einzelanspruchs nicht als selbstständig tragend für den gesamten (prozessualen) Klageanspruch, sondern nur in der Gesamtschau als zur Klageabweisung führend angesehen. Nur wenn hinsichtlich der Schadensersatzansprüche aus allen Prospektmängeln Verjährung eingetreten ist oder diese Ansprüche aus anderen Gründen nicht festgestellt werden, kann die Klage abgewiesen werden. Die Berufung des Klägers hat deshalb schon dann Erfolg, wenn sich die Begründung des Landgerichts nur hinsichtlich eines der Prospektfehler als unzutreffend erweist - die übrigen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wie Kausalität und Verschulden vorausgesetzt. Denn schon bei nur einem (erheblichen) Prospektmangel kann der Anleger vom Gründungsgesellschafter den geltend gemachten Schadensersatz verlangen.
18 III. Das angefochtene Urteil ist danach insgesamt aufzuheben.
19 Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
20 1. Durch das Urteil in dem Vorprozess steht noch nicht fest, dass die in dem vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüche bezüglich des Prospektmangels der Anschlussförderung begründet sind.
21 a) Den - materiell-rechtlichen - Klageanspruch zu 1 (Rückzahlung der Einlage) hat das Berufungsgericht als verjährt angesehen. Es hat angenommen, dass sich aus dem Vorprozess keine Verjährungshemmung oder Verlängerung der Verjährungsfrist ergebe. Zu der Feststellung aus dem Vorprozess, dass die Beklagte alle weiteren zukünftig dem Kläger entstehenden Schäden aus seiner Beteiligung an dem Fonds zu ersetzen habe, hat das Landgericht ausgeführt, die Feststellung beziehe sich nur auf künftig entstehende Schäden, nicht dagegen auf den vom Kläger geltend gemachten, schon vor Klageerhebung entstandenen Schaden.
22 Die Revision meint dagegen, die Verjährung sei durch die Klage in dem Vorprozess gehemmt worden und betrage jetzt gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB 30 Jahre, weil in dem Vorprozess rechtskräftig die Pflicht zum umfassenden Schadensersatz festgestellt worden sei.
23 Damit kann die Revision keinen Erfolg haben. Einer Auslegung des Urteilstenors aus dem Vorprozess in dem Sinne, dass auch schon ursprünglich eingetretene Schäden von der Feststellung erfasst seien, steht schon der klare Wortlaut des Tenors entgegen. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. Juni 2000 (VI ZR 172/99, NJW 2000, 3287, 3289 f.) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Darin geht es nur um die Frage, ob von einem ähnlich formulierten Urteilstenor die ab Klageeinreichung entstandenen Schäden erfasst waren oder nur die ab dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entstehenden. Hier ist der Schaden des Klägers dagegen schon vor der Klageeinreichung in dem Vorverfahren entstanden.
24 b) Hinsichtlich des - materiellrechtlichen - Klageantrags zu 2 (Freistellung von vier Bankverbindlichkeiten des Fonds) hat das Berufungsgericht ausgeführt: Insoweit entsprächen sich der Tenor des Feststellungsurteils aus dem Vorprozess und der jetzt geltend gemachte Freistellungsanspruch. Die beiden Ansprüche unterschieden sich jedoch in Bezug auf die mit dem Beitritt verbundenen Steuervorteile und Ausschüttungen, die abzüglich der Einlage nach dem Feststellungsurteil von der Freistellung ausgenommen sein sollten, in dem jetzt geltend gemachten Freistellungsantrag dagegen nicht mehr erwähnt würden. Wegen der ausdrücklichen Beschränkung handele es sich bei dem Feststellungsurteil um ein Teilurteil, dass nur in dem Umfang, in dem der Anspruch geltend gemacht werde, die Verjährung unterbreche.
25 Auch dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
26 In dem Urteil des Vorprozesses ist eine Pflicht der Beklagten ausdrücklich nur insoweit festgestellt worden, als die Beklagte den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus seiner Beteiligung an dem Fonds freizustellen hat, "soweit diese die dem Kläger durch seine Fondsbeteiligung entstandenen Steuervorteile und die an ihn erfolgten Ausschüttungen abzüglich der gezahlten Einlage in Höhe von 25.564,59 € übersteigen". Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist sowohl für den Umfang einer Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB als auch für den Umfang der Rechtskraft der den prozessualen Anspruch bildende Streitgegenstand maßgebend. Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, so wird die Verjährung auch nur insoweit gehemmt, und die Rechtskraft beschränkt sich auf den eingeklagten Teilbetrag (BGH, Urteil vom 11. März 2009 - IV ZR 224/07, NJW 2009, 1950 Rn. 12 mwN).
27 Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht dem Feststellungsurteil des Vorprozesses zu Recht keine die Verjährung des Freistellungsanspruchs insgesamt hemmende Wirkung beigemessen. Wer - wie der Kläger - nur die Feststellung einer eingeschränkten Pflicht begehrt, muss sich hinsichtlich der verjährungshemmenden Wirkung des Feststellungsurteils dann auch mit der nur eingeschränkten Feststellung begnügen. Aus der von der Revision herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Mai 1988 (VII ZR 111/87, NJW-RR 1988, 1044, 1045) ergibt sich nichts anderes. Dort ging es um die Frage, ob Abzüge wegen betragsmäßig berücksichtigter Sowieso-Kosten abschließend waren. Dass hat der Bundesgerichtshof verneint, weil die Höhe der Sowieso-Kosten im Regelfall erst bestimmt werden kann, wenn feststeht, welche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung erforderlich sind. Dass im vorliegenden Fall die Höhe der Steuervorteile zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in dem Vorprozess noch nicht bestimmbar gewesen wären, macht die Revision nicht geltend.
28 c) Weiter hat das Berufungsgericht ausgeführt, auch als "Minus" könne dem Klageantrag nicht in Höhe der Bankverbindlichkeiten unter Abzug der die Einlage übersteigenden Steuervorteile und Ausschüttungen stattgegeben werden. Denn insoweit fehle es trotz gerichtlichen Hinweises an substanziiertem Vortrag des Klägers zum Umfang seiner Steuervorteile und zur Verteilung des reduzierten Freistellungsbetrags auf die verschiedenen Darlehensforderungen.
29 Die Revision macht geltend, dass der Kläger im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast die Höhe seiner durch die Fondsbeteiligung entstandenen Steuervorteile mitgeteilt habe. Dazu heißt es an den angegebenen Aktenstellen, die Steuervorteile betrügen während des gesamten Zeitraums von 1995 bis 2010 insgesamt lediglich 3.185 €. Der Kläger hat dazu eine Aufstellung seiner - behaupteten - jährlichen Steuerersparnisse als Anlage KB 2 vorgelegt. Die Beklagte beziffert die Steuerersparnisse in ihrem Schriftsatz vom 24. Januar 2014 dagegen auf insgesamt mindestens 22.974,11 € und trägt dazu umfangreich vor.
30 Das Berufungsgericht wird sich im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung mit diesem Vortrag auseinanderzusetzen haben. Denn bei der Anrechnung von Steuervorteilen handelt es sich um eine Vorteilsausgleichung (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - II ZR 276/12, BGHZ 200, 51 Rn. 13 f. mwN). Deren Voraussetzungen hat der Schädiger, hier die Beklagte, zu beweisen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, 81). Den Kläger trifft aber eine sekundäre Darlegungslast, weil nur er über die Informationen verfügt, aus denen sich seine Steuerersparnisse errechnen lassen. Wenn der Vortrag des Klägers danach unsubstanziiert sein sollte, bleibt es bei den von der Beklagten vorgetragenen Zahlen.
31 Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob bei der Verteilung des "Fehlbetrags" (Steuervorteile und Ausschüttungen abzüglich der Einlage) auf die einzelnen Schulden der Rechtsgedanke der § 366 Abs. 2, § 367 BGB herangezogen werden kann (vgl. Buck-Heeb in Erman, BGB, 14. Aufl., § 366 Rn. 8).
32 2. Im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung wird das Berufungsgericht weiter prüfen müssen, ob das Landgericht zu Recht hinsichtlich der vier neu geltend gemachten Prospektmängeln Verjährung angenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 14 f.; Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, ZIP 2015, 25 Rn. 145).