OLG Düsseldorf: Aufnahme geänderter Gesellschafterlisten in den Registerordner
ECLI:DE:OLGD:2019:0318.3WX53.18.00
Volltext:BB-ONLINE BBL2019-1858-5
Sachverhalt
Mit Schreiben vom 7. Februar 2018 übersandte der Beteiligte vier Gesellschafterlisten mit der Bitte, diese in der folgenden Reihenfolge in das Registerportal einzustellen:
1. Liste 1 vom 5. Februar 2018
2. Liste 2 vom 6. Februar 2018
3. Liste 3 vom 6. Februar 2018
4. Liste 4 vom 7. Februar 2018.
Am 9. Februar 2018 nahm das Registergericht die Listen dergestalt in den Registerordner auf, dass sie in folgender Reihenfolge im Dokumentenbaum erscheinen: Liste 1, Liste 4, Liste 3, Liste 2. Die Listen sind wie folgt bezeichnet:
„Liste der Gesellschafter – Aufnahme in den Registerordner am 09.02.2018 (Erstellt zum: 05.02.2018)
Liste der Gesellschafter – Aufnahme in den Registerordner am 09.02.2018 (Erstellt zum: 07.02.2018)
Liste der Gesellschafter – Aufnahme in den Registerordner am 09.02.2018 (Erstellt zum: 06.02.2018)
Liste der Gesellschafter – Aufnahme in den Registerordner am 09.02.2018 (Erstellt zum: 06.02.2018)“.
Die Listen selbst sind mit „Liste 1“, „Liste 2“ usw. überschrieben.
Mit Schreiben vom 23. Februar 2018 beantragte der Beteiligte, die Listen entweder chronologisch in das Registerportal einzustellen oder sie vollständig daraus zu entfernen, so dass er sie erneut einreichen könne.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2018 wiederholte der Beteiligte seinen Antrag. Für den Fall, dass dem Antrag nicht stattgegeben werden sollte, bat er, sein Schreiben als Beschwerde aufzufassen und die Angelegenheit dem Beschwerdegericht vorzulegen.
Mit Beschluss vom 7. März 2018 wies das Registergericht den Antrag des Beteiligten vom 23. Februar 2018 zurück, half seiner Beschwerde vom 28. Februar 2018 nicht ab und legte die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vor. Es führte aus, der durch § 40 GmbHG Verpflichtete habe keinen Anspruch auf Aufnahme mehrerer gleichzeitig eingereichter Listen in einer bestimmten Reihenfolge. Dies sei auch nicht erforderlich, weil die Auskunft im Registerordner allein nach dem Tag der Aufnahme in den Registerordner erteilt werde. Es bestehe kein Grund für die Annahme, dass unter mehreren am selben Tag eingestellten Listen die im Dokumentenbaum des Registerordners erstgenannte die aktuellste sei. Eine chronologische Einstellung der Gesellschafterlisten sehe das Programm X, mit dem die Dokumente in den Registerordner verschoben würden, nicht vor. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, wäre es folgerichtig gewesen, im Dokumentenbaum auch das Datum der Gesellschafterliste auszuweisen. Die Ermittlung der aktuellen Gesellschafterliste erfordere deshalb, dass bei Vorhandensein mehrerer Listen sämtliche Dokumente geöffnet (und damit erworben) werden müssten.
Der Beteiligte macht geltend, da die vom Notar gem. § 40 Abs. 2 GmbHG zu erstellenden Gesellschafterlisten auf dessen Antrag aufgenommen würden, müsse er auch die Befugnis haben, beim Einreichen mehrerer Listen die Reihenfolge ihrer Aufnahme in den Registerordner zu bestimmen. Das ergebe sich auch daraus, dass gem. § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG der Notar, der eine neue Gesellschafterliste einreiche, stets an die zuletzt im Handelsregister aufgenommene Liste anknüpfen müsse. Dies dürfte die Liste sein, die in der Benutzeransicht als letzte erscheine. Den weiteren im Registerordner vermerkten Angaben („erstellt zum“, „erstellt am“, „eingegangen am“, „Aufnahme in den Registerordner am“) messe das Gesetz keine Relevanz bei. Die Auffassung des Registergerichts, gleichzeitig eingereichte Listen in beliebiger Reihenfolge aufnehmen zu können, führe auch praktisch zu untragbaren Ergebnissen. Da es keine Verpflichtung geben dürfte, mehrere an einem Tag eingereichte Listen in einem separaten Registerordner einzustellen, müsste man nach der Handhabung des Registergerichts stets alle im Registerordner veröffentlichte Listen daraufhin durchsehen, ob sich nicht an irgendeiner Stelle noch eine Gesellschafterliste jüngeren Datums verberge. Zweck des § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG sei aber, die Gesellschafterlisten kontinuierlich fortzuschreiben, um einen transparenten und nachvollziehbaren Überblick über die Veränderungen der Gesellschafterverhältnisse zu geben. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn die Listen antragswidrig beliebig gemischt werden könnten. Nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG gelte im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils nur derjenige, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen sei. Hiermit sei die zuletzt aufgenommene Liste gemeint, denn die Legitimationswirkung einer Liste dauere immer nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine andere, aktualisierte Gesellschafterliste im Handelsregister aufgenommen werde. Auch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs gem. § 16 Abs. 3 GmbHG knüpfe an die zuletzt im Handelsregister aufgenommene Liste an. Gegen diese materiell-rechtlichen Erfordernisse müsse der Umstand zurücktreten, dass das Programm X eine chronologische Einstellung der Listen nicht vorsehe. Lasse dieses Programm eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Eintragung nicht zu, müsse der Rechtspfleger von der Verwendung des Programms absehen und auf andere Weise eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Eintragung herbeiführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakten Bezug genommen.
Aus den Gründen
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Beteiligten ist nach der vom Nachlassgericht erklärten Nichtabhilfe gemäß § 68 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. FamFG dem Senat zur Entscheidung angefallen.
Ob der Beteiligte im Wege der Beschwerde dagegen vorgehen kann, dass das Registergericht die Gesellschafterlisten in einer anderen als der von ihm vorgegebenen Reihenfolge in den Registerordner eingestellt hat, erscheint allerdings zweifelhaft.
Die Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner des Handelsregisters stellt keine Handelsregistereintragung i.S.d. § 395 FamFG dar. Aufgabe des Registergerichts ist es lediglich, die Listen zu verwahren und für den Abruf bereit zu halten (KG NZG 2016, 987; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, § 40 Rn. 75).
Die Löschung einer in das Handelsregister aufgenommenen Liste sieht das Gesetz ebenso wenig vor (KG NJW-RR 2016, 1320) wie eine Änderung der Reihenfolge mehrerer in den Registerordner eingestellter Listen.
Eine Fassungsbeschwerde i.S.d. § 17 HRV kommt ebenfalls nicht in Betracht,weil sich diese nur gegen eine Eintragung richten könnte (vgl. hierzu Krafka/Kühn, Registerrecht, 10. Auflage 2017, Rn. 2442 ff.). Mangels Eintragung ist auch eine Umdeutung des Begehrens des Beschwerdeführers in eine Anregung auf Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens (vgl. KG NZG 2016, 987; OLG Köln FGPrax 2004, 88) nicht möglich.
Statthaft ist aber eine Beschwerde des Beteiligten gegen die förmliche Zurückweisung seines Antrags vom 23. bzw. 28. Febr. 2018 auf Änderung der Reihenfolge bzw. Löschung der eingestellten Listen durch das Registergericht im Beschluss vom 7. März 2018. Dass der Beteiligte im Wege der Beschwerde auch gegen diese Entscheidung des Registergerichts vorgehen will, ergibt sich aus seiner ergänzenden Begründung im Schriftsatz vom 19. März 2018.
Zwar hat das Registergericht insoweit bislang noch nicht über eine Abhilfe ent-schieden. Es erübrigt sich aber, die Akten zur Entscheidung über die Abhilfe an das Registergericht zurückzusenden, weil es nach dem bisherigen Verfahrensgang ausgeschlossen erscheint, dass das Registergericht dabei eine andere Entscheidung treffen würde.
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten folgt nicht alleine aus § 59 Abs. 2 FamFG. Danach steht die Beschwerde, wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, allein dem Antragsteller zu. In Fällen des § 59 Abs. 2 FamFG müssen aber auch immer die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG erfüllt sein BGH, NZG 2011, 1268).
Das ist hier der Fall.
Grundsätzlich kann der Notar durch eine Entscheidung des Registergerichts im Zusammenhang mit der Einreichung einer Gesellschafterliste in eigenen Rechten verletzt sein, § 59 Abs. 1 FamFG, z.B. dann, wenn das Registergericht eine vom Notar eingereichte Gesellschafterliste zurückweist. In diesem Fall macht es ihm die Erfüllung seiner Amtspflicht i.S.d. § 40 Abs. 2 GmbHG streitig. Wäre die Zurückweisung berechtigt, stünde der Notar weiterhin in der Amtspflicht, eine (korrigierte) Gesellschafterliste einzureichen (vgl. BGH NJW 2011, 1809; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, § 40 Rn. 79).
Ändert das Registergericht die vom Notar vorgegebene Reihenfolge gleichzeitig eingereichter Gesellschafterlisten, so beeinträchtigt dies den Notar in seinen eigenen Rechten, wenn es zu seiner aus § 40 Abs. 2 GmbHG folgenden Amtspflicht gehört, dafür zu sorgen, dass gleichzeitig eingereichte Gesellschafterlisten in chronologischer Reihenfolge in den Registerordner eingestellt werden. Dabei handelt es sich um eine doppelrelevante Tatsache, die für die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde zunächst im Sinne des Beteiligten als Beschwerdeführers zu entscheiden ist.
In der Sache hat die Beschwerde ebenfalls Erfolg.
Ziel des § 40 GmbHG ist es, Klarheit über die Beteiligungsverhältnisse und deren Entwicklung zu vermitteln. Dabei soll gewährleistet werden, dass die Entwicklung sämtlicher Veränderungen ausgehend von der Liste der Gründungsgesellschafter lückenlos nachvollzogen werden kann. Dem entspricht es, dass gem. § 9 Abs. 1 S. 2 HRV die zum Handelsregister einzureichenden Dokumente in der zeitlichen Reihenfolge ihres Eingangs und nach der Art des jeweiligen Dokuments abrufbar zu halten sind. Werden mehrere Gesellschafterlisten am gleichen Tag eingereicht, ist § 9 Abs. 1 S. 2 HRV in dem Sinne auszulegen, dass die Listen in chronologischer Reihenfolge inden Registerordner einzustellen sind. Dies gilt umso mehr, wenn die Reihenfolge – wie hier – von dem einreichenden Notar vorgegeben wird.
Dieses Verständnis des § 9 Abs. 1 S. 2 HRV ergibt sich aus Folgendem:
Haben seit dem Einreichen der letzten Liste – wie hier – mehrere Veränderungen stattgefunden, ist für jede dieser Veränderungen eine neue Liste einzureichen. Das gilt auch bei unmittelbarer zeitlicher Abfolge der Veränderungen. Aus den im Registerordner veröffentlichten Gesellschafterlisten muss sich lückenlos nachvollziehen lassen, wie sich der einzelne Geschäftsanteil entwickelt hat und woher er stammt (Heidinger, in: Münchener Kommentar GmbHG, 3. Auflage 2019, § 40 Rn. 310 ff.; OLG Köln FGPrax 2013, 272). Zudem hat der Notar beim Einreichen einer geänderten Gesellschafterliste grundsätzlich an die zuletzt im Handelsregister aufgenommene Liste anzuknüpfen, § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG.
Legt man den Gesetzeswortlaut zu Grunde und geht davon aus, dass der Notar eine Reihenfolge der Eintragung nicht vorgeben kann, müsste der Notar bei mehreren Veränderungen die einzelnen Listen an verschiedenen Tagen nacheinander einreichen, um mit der jeweils folgenden Liste an die zuletzt im Registerordner aufgenommene Liste anknüpfen zu können. Dieses Vorgehen stünde in Widerspruch zu der Pflicht des Notars, eine geänderte Liste jeweils unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung zum Handelsregister einzureichen, § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Dieses Dilemma lässt sich im Sinne einer zugleich zeitnahen als auch transparenten und übersichtlichen Darstellung der Veränderungen im Registerordner lösen, indem der Notar beim Einreichen mehrerer Listen an einem Tag die Reihenfolge vorgibt, in welcher die Listen in das Register aufzunehmen seien (vgl. LG München I GmbHR 2010, 151; Heidinger, a.a.O., § 40 Rn. 318; Hasselmann, NZG 2009, 449, ). Das führt allerdings nur dann zum Erfolg, wenn das Registergericht beim Einstellen der Listen in den Registerordner nicht willkürlich von der vom Notar vorgegebenen Reihenfolge abweichen darf. Die vom Gesetz beabsichtigte nachvollziehbare Darstellung der Veränderungen gebietet es daher, dass die vom Notar eingereichten Gesellschafterlisten chronologisch in den Registerordner eingestellt werden.
Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass die chronologische Reihenfolge jedenfalls teilweise anhand des abrufbaren Erstellungsdatums der Listen und – bei gleichem Erstellungsdatum – vollständig beim (kostenpflichtigen) Öffnen der einzelnen Dokumente nachvollzogen werden kann. Denn jedenfalls birgt das Einstellen der Listen in beliebiger Reihenfolge die Gefahr, dass es beim Einsehen in den Registerordner zu Irrtümern bzw. Verwechslungen kommt, die im Hinblick auf den Gutglaubensschutz gem. § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG und die Pflicht des Notars, beim Einstellen weiterer Listen an die jeweils zuletzt eingestellte Liste anzuknüpfen (§ 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG), erhebliche Nachteile für die Betroffenen nach sich ziehen können. Das gilt insbesondere bei komplizierten und umfangreichen Veränderungen, wie sie bei großen Gesellschaften und im Rahmen von Konzernstrukturen vorkommen können.
Nachdem das Registergericht die vom Beteiligten eingereichten Gesellschafterlisten abweichend von der angegebenen Reihenfolge in den Registerordner eingestellt hat, bedarf es nunmehr einer Korrektur, die die Chronologie der Veränderungen abbildet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass – wie oben ausgeführt – eine Löschung bereits eingestellter Gesellschafterlisten im Registerordner zur Fehlerkorrektur vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist. Das Registergericht hat deshalb durch andere geeignete Maßnahmen – etwa durch Anbringen eines Korrekturvermerks – sicherzustellen, dass die chronologische Reihenfolge der Gesellschafterlisten im Dokumentenbaum des Registerordners zweifelsfrei erkennbar ist.
Dem stünde nicht entgegen, wenn bei der verwendeten Software X eine solche Korrektur derzeit nicht vorgesehen wäre. Denn die Software hat sich an den gesetzlichen Anforderungen zu orientieren, nicht umgekehrt. Lässt das Datenverarbeitungsprogramm eine gesetzlich gebotene Darstellung nicht zu, muss ggfs. auf seine Verwendung oder eine Anpassung der Software veranlasst werden (vgl. OLG Köln FGPrax 2004, 88).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.