LG München I: Nichtigkeit eines Business Combination Agreements
LG München I, Urteil vom 5.4.2012 - 5 HK O 20488/11, 5 HKO 20488/11
Leitsatz
1. Die vertragliche Vereinbarung in einem Business Combination Agreement zwischen einer Aktiengesellschaft und einer herrschenden Gesellschaft, wonach der Vorstand ohne die Zustimmung der Herrschenden Gesellschaft weder genehmigtes Kapital im Sinne von § 202 AktG ausnutzen noch die Ausgabe von Aktienoptionen oder ähnlichen Instrumenten unterstützen noch einen Teil oder alle eigenen Aktien oder neue eigene Aktien veräußern oder erwerben darf, ist mit der Aufgabenteilung zwischen dem Vorstand und einem Aktionär unvereinbar und führt gem. § 134 BGB zur Nichtigkeit des Business Combination Agreements.
2. Dient das Business Combination Agreement im Vorfeld einer Hauptversammlung, die über die Zustimmung zu einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestimmen soll, die erforderliche Mehrheit von mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals abzusichern, kann auch der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gem. § 139 BGB nichtig und der Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung zu dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag anfechtbar sein.
Sachverhalt
Die Parteien streiten mittels aktienrechtlicher Beschlussmängelklagen um die Wirksamkeit mehrerer Beschlüsse einer Hauptversammlung der Beklagten.
I. 1. Die Beklagte - eine börsennotierte Gesellschaft mit einem in 3.200.000 Inhaberstückaktien eingeteilten Grundkapital von € 9,6 Mio., die in der Automobilzulieferindustrie weltweit als Entwickler, Hersteller und Händler von Heizungssystemen, Fahrzeuginnenausstattung und Zubehör tätig ist - schloss am 28.2.2011 mit der A... Inc., deren Sitz im US-Bundesstaat M... liegt, und der A ... GmbH mit Sitz in Au.. ein Business Combination Agreement (Anlage K 7), in dem unter anderem folgende Vereinbarungen getroffen waren:
„Präambel
...
3. I... C... IV LP., London („I... C...") ist die Inhaberin von 926.497 Aktien (die „IC-Aktien"), IC... LP, London („IC...") ist die Inhaberin von 1.075.866 Aktien, die („IC...-Aktien") und die I...-B...-Gesellschaft mbH, Frankfurt („IBG", zusammen mit I... C... und ICB... als die „Verkäuferinnen" bezeichnet) ist die Inhaberin von 295.300 Aktien (die „IBG-Aktien", zusammen mit den IC-Aktien und den IC...-Aktien als die „Erwerbsaktien" bezeichnet). Der Anteil der Stimmrechte von I... C... an der Gesellschaft beläuft sich auf 30,84 %, der Anteil der Stimmrechte von IC... beläuft sich auf 35,39 % und der Anteil der Stimmrechte von IBG beläuft sich auf 9,71 %. Die Gesellschaft [scil. die Beklagte] hält 159.988 Aktien als nicht stimmberechtigte eigene Aktien. Dies entspricht einem Aktienkapitalanteil von 4,99 % (die „eigenen Aktien"). ...
7. A... beabsichtigt nach Abschluss eines Vertrages mit den Verkäuferinnen, die Bieterin [scil. die A ... GmbH] dazu zu veranlassen, die Erwerbsaktien zu erwerben und ein freiwilliges öffentliches Angebot für alle Aktien außer den Erwerbsaktien abzugeben, die von der Gesellschaft emittiert wurden (als die „verbleibenden Aktien" bzw. das „Übernahmeangebot" bezeichnet, und der Kauf der Erwerbsaktien seitens der Bieterin und das Übernahmeangebot zusammen als die „Transaktion" bezeichnet). Daher haben A... und die Gesellschaft ebenfalls am 14. Januar 2011 eine Interessenbekundung unterzeichnet, mit der A... ihr Interesse daran bekundet, die Transaktion zu vollziehen und ein freiwilliges Übernahmeangebot für die verbleibenden Aktien zu einem Preis von mindestens EUR 40,00 je Aktie abzugeben (die „Interessenbekundung" und der Preis je verbleibender Aktie von mindestens EUR 40,00 der „Mindestangebotspreis"). Die Absichten von A... und der Bieterin im Hinblick auf die zukünftige Geschäftstätigkeit der Gesellschaft sind i. S. v. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 des deutschen Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) in Ziffer IV. dieses Vertrages dargelegt (der „BCA" bzw. der „Vertrag" genannt).
II. Förderung und Unterstützung der Transaktion durch den W...-Vorstand
7. Der W...-Vorstand darf vorbehaltlich der Rechtsvorschriften und sofern die Unterstützungsbedingungen erfüllt sind, ohne die Zustimmung der Bieter weder (i) genehmigtes Kapital im Sinne von § 202 AktG ausnutzen oder die Ausgabe von Aktienoptionen oder ähnlichen Instrumenten unterstützen, die deren Inhabern das Recht geben, Aktien der Gesellschaft zu erwerben oder zu zeichnen, noch (ii) einen Teil der oder alle eigenen Aktien veräußern oder neue eigene Aktien (direkt oder indirekt selbst, durch seine Tochtergesellschaften oder Dritte, die für diese handeln) erwerben oder (direkt oder indirekt selbst, durch seine Tochtergesellschaften oder Dritte, die für diese handeln) jegliche Verträge im Sinne von § 31 Abs. 6 WpÜG schließen.
III. Zukünftige Unternehmensstruktur von A... und W...
2. Die Bieterin und die Gesellschaft beabsichtigen nach dem Abschluss und vorbehaltlich der Zustimmung der jeweiligen Gesellschaftsorgane, insbesondere der Hauptversammlung der Gesellschaft, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag im Sinne der §§ 291 ff. AktG zu vereinbaren, auf dessen Inhalt sich die Gesellschaft und die Bieterin zu gegebener Zeit und nach Treu und Glauben verständigen werden (der „Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag"). Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wird der Hauptversammlung der Gesellschaft wenn möglich im Laufe des Jahres 2011 zur Genehmigung vorgelegt. Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag tritt nach seiner Eintragung im Handelsregister der Gesellschaft in Kraft (das „Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags").
3. Die Parteien vereinbaren, dass die gegenwärtige Zusammensetzung des W...-Vorstands nach dem Abschluss für die Laufzeit der jeweiligen Anstellungsverträge der Vorstandsmitglieder unverändert bleibt. Dementsprechend sagen A... und die Bieterin hiermit ungeachtet der Bestimmungen in Ziffer 3 unten zu, (i), von jeglichen rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen abzusehen, mit denen eine vorzeitige Beendigung der Bestellung und/oder des Anstellungsvertrags eines Mitglieds des W...-Vorstands bewirkt wird, und (ii) soweit gesetzlich zulässig nach besten Kräften dafür zu sorgen, dass die Vertreter von A... oder der Bieterin, die Mitglied eines Geschäftsorgans der Gesellschaft sind, keine derartigen rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen ergreifen, einleiten oder unterstützen; § 84 Abs. 3 AktG bleibt unberührt.
4. Unter den Parteien herrscht das gemeinsame Verständnis darüber, dass die durch den Aufsichtsrat vertretene Gesellschaft und die derzeitigen Mitglieder des W...-Vorstands zum Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags neue Dienstverträge abschließen werden. Die Parteien sagen zu, sich, soweit gesetzlich zulässig, nach besten Kräften zu bemühen, die derzeitigen Dienstverträge der Mitglieder des W...-Vorstands vor Unterzeichnung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags so abzuändern, dass jedes Mitglied des W...-Vorstands vom Amt zurücktreten und seinen Dienstvertrag mit Wirkung zum Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags kündigen kann, falls sich die Gesellschaft und das jeweilige Mitglied des W...-Vorstands vor dem Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags nicht auf den Inhalt und Abschluss eines neuen Anstellungsvertrags geeinigt haben. Die Kündigung ist binnen zwei Wochen nach dem Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags auszusprechen. Im Fall einer derartigen Kündigung des Dienstvertrags seitens eines Mitglieds des W...-Vorstands tritt die Kündigung zwei Monate nach dem Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags in Kraft, und das jeweilige Mitglied des W...-Vorstands hat Anspruch auf die Gesamtvergütung für die restliche Laufzeit seines derzeitigen Dienstvertrags und seiner Bestellung als Mitglied des W...-Vorstands, wobei im Hinblick auf die Boni, Tantiemen oder sonstige leistungsbezogene Teile der Vergütung von einer Zielerreichung von 100 % ausgegangen wird.
5. Um den gesellschaftsrechtlichen Einfluss der derzeitigen Mitglieder des W...-Vorstands nach dem Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zu sichern, vereinbaren die Parteien, dass Herr ... B..., der derzeitige CEO der Gesellschaft, zum Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags und soweit gesetzlich zulässig, insbesondere nach deutschem Recht oder maßgeblichem US-Recht, ein Verwaltungsratsmitglied von A... wird.
IV. Absichten von A... und der Bieterin im Hinblick auf die zukünftige Geschäftstätigkeit von W...
3. A... und die Bieterin haben im Hinblick auf die zukünftige Geschäftstätigkeit der Gesellschaft folgende Absichten (die die Bieterin in der Angebotsunterlage gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG entsprechend und nach Marktstandard beschreiben wird):
3.1 Sowohl der Satzungssitz als auch der Verwaltungssitz der Gesell-schaft verbleiben in O.... A... und die Bieterin beabsichtigen nicht, vor dem Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags an den Geschäftszweigen und dem Produktportfolio, deren Tochtergesellschaften oder Standorten oder an ihrer Organisations- oder Verwaltungsstruktur spürbare Veränderungen oder Anpassungen vorzunehmen. Dasselbe gilt für die Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiter der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften insgesamt sowie bestehenden Vertretungen der Arbeitnehmer.
VI. Laufzeit, Kündigung
1. Dieser Vertrag tritt am Datum seiner Unterfertigung in Kraft und seine Laufzeit endet ja nachdem, welches Datum früher liegt, (i) 18 Monate nach dem Vertragsdatum oder dem (ii) Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags.
IX. Sonstige Bestimmungen
5. Ist oder wird eine Vertragsbedingung oder ein Teil einer Bedingung aus jeglichen Gründen ungültig oder undurchsetzbar oder für ungültig oder undurchsetzbar befunden, bleibt die Gültigkeit der restlichen Vertragsbedingungen hiervon unberührt und unbeschadet. Anstelle der ungültigen oder undurchsetzbaren Vertragsbedingung oder Teilbedingung gilt eine solche gültige und durchsetzbare Bedingung bzw. Teilbedingung als vereinbart, die dem beabsichtigten wirtschaftlichen Zweck der ungültigen oder undurchsetzbaren Bedingung oder Teilbedingung am nächsten kommt. Dasselbe gilt für eine etwaige ergänze Vertragsauslegung."
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Business Combination Agreements wird in vollem Umfang auf Anlage K 7 Bezug genommen.
2. Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten waren als Gesellschafter an der IC... LP. beteiligt. Diese gewährte entsprechend einem Befreiungsbescheid der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 31.3.2010 (Anlage B 6) der Beklagten ein ungesichertes, unkündbares und endfälliges Gesellschafterdarlehen in Höhe von rund € 7.140.000,--, wobei das Kapital mit einem Zinssatz von 15 % zu verzinsen war.
Die vormalige Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten, die R... M... GmbH, meldete im August 2009 wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit Insolvenz an. Im April 2010 schlossen der Insolvenzverwalter der R... M... GmbH mit der I... C... IV. LP. und der IC... LP. einen Vertrag über den Erwerb der R... M... GmbH gehaltenen Aktien, die insgesamt 62,1 % des Grundkapitals der Beklagten ausmachten.
Das am 11.4.2011 veröffentlichte freiwillige Übernahmegebot der A ... GmbH wurde mit 2.319.078 W...-Aktien angenommen, was einem Anteil von etwa 72,47 % des Grundkapitals der Beklagten entsprach. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Beklagte ebenso wie auch zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Hauptversammlung über 159.988 eigene Aktien. Eine zuletzt am 29.5.2008 erteilte Legitimation zum Erwerb eigener Aktien war am 28.11.2009 ausgelaufen. Am 09.4.2010 veröffentlichte die Beklagte die Tagesordnung für die Hauptversammlung vom 20.5.2010, ohne dass - wie auch bei der Einberufung der HV im Jahr 2009 eine Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien zum Gegenstand der Tagesordnung gemacht worden war.
Die Klägerin bot der Beklagten am 5.5.2011 an, eigene Aktien der Gesellschaft zu einem Preis von € 41,-- je Aktie zu erwerben. Am 17.7.2011 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein weiteres direktes Angebot zum Erwerb von 60.000 eigenen Aktien für € 50,-- je Aktie. Die Klägerin machte den Aktionären der Beklagten unter dem 20.7.2011 ein auf 50.000 Aktien beschränktes Erwerbsangebot zu je € 50,-- je Aktie. Am 17.8.2011 nahm der Vorstand der Klägerin ein Teilerwerbsangebot der Klägerin für 30.000 eigene Aktien nach Zustimmung der A ... GmbH an.
3. Am 16.6.2011 schlossen die Beklagte und die A ... GmbH als herrschende Gesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (Anlage B 1), dem die Gesellschafterversammlung der A ... GmbH am selben Tag zustimmte. Im Vorfeld hatten die beiden Vertragspartner einen Vertragsbericht gemäß § 293 a AktG (Anlage K 2) erstellt, dem eine gutachtliche Stellungnahme zum Unternehmenswert der Beklagten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P... beigefügt war. Die vom Landgericht München I als Vertragsprüfer bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft R... erstellte unter dem 17.6.2011 den Bericht über die Vertragsprüfung (Anlage K 10) und gelangte zu dem Ergebnis, dass die angebotene Barabfindung in Höhe von € 44,95 sowie der festgesetzte Ausgleich von € 3,17 (Nettobetrag) je Aktie der Beklagten angemessen seien.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Vertragsberichts sowie des Prüfungsberichts wird in vollem Umfang auf die Anlagen K 2 und K 10 Bezug genommen.
Am 7.7.2011 veröffentlichte der elektronische Bundesanzeiger die Einberufung zu einer ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten auf den 16.8.2011. An dieser Hauptversammlung nahm die Klägerin, die bereits seit dem Jahr 2004 mehr als 10 % der Aktien der Beklagten hält, teil. In der Hauptversammlung stellte die Klägerin einen Gegenantrag unter anderem zu Tagesordnungspunkt 6 über die Zustimmung zu dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die Hauptversammlung stimmte dem Beschlussvorschlag zu Tagesordnungspunkt 6 ebenso mit der erforderlichen Mehrheit zu wie den Beschlussvorschlägen zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 hinsichtlich der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2010. Hinsichtlich des Beschlussvorschlages zu Tagesordnungspunkt 6 gab es eine Zustimmungsquote von 77,891 %, während 658.246 Aktien mit „nein" stimmten. Die Klägerin erklärte Widerspruch zu diesen Tagesordnungspunkten zur Niederschrift des beurkundenden Notars.
II. Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Gesetzesverstoß resultiere aus der Unvereinbarkeit des Business Combination Agreement mit der Kompetenzordnung des Aktienrechts. Die Regelung in Ziff. IV. 3.1 stelle sich als unvereinbar mit § 136 Abs. 2 AktG dar, weil die Verpflichtung von A..., den Satzungssitz vor dem Wirksamwerden des Unternehmensvertrages nicht zu ändern oder sonstigen relevanten Strukturmaßnahmen nicht zuzustimmen, zu einer Einflussnahme der Verwaltung auf die Hauptversammlung führe. Die Selbstbindung hinsichtlich der Veräußerung eigener Aktien diene dazu, Einfluss auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises zu nehmen und durch das Stimmverbot aus eigenen Aktien einen Stimmenpuffer zu schaffen, der es dem potenziellen Bieter ermögliche, seinen geplanten Maßnahmen zum Abschluss eines Unternehmensvertrages die erforderliche Mehrheit zu verschaffen. Zudem liege in der Regelung über die Zusammensetzung des Vorstandes in Ziffer III. des BCA ein Verstoß gegen das Wesen der Aktiengesellschaft und deren Organisationsgefüge, was zugleich einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter beinhalte. Die Zusage an das Vorstandsmitglied Baumhauer, Verwaltungsratsmitglied bei der Obergesellschaft zu werden, führe zu einem nicht lösbaren Interessenkonflikt und zu einem Eingriff in die autonome Entscheidung des Aufsichtsrates. Die Vertragsprüfung genüge nicht den an sie zu stellenden Anforderungen, weil sie sich nicht mit Ersatzansprüchen aus einem im Jahre 2008 mit der U... Bank abgeschlossenen hochspekulativen Zins-Währungs-Geschäfts befasse.
Zudem müsse jeweils eine erhebliche Pflichtverletzung der Organe der Beklagten bejaht werden. Diese ergebe sich vor allem auch aus der Vereinbarung eines unzulässig hohen Zinssatzes für das Gesellschafterdarlehen und dem damit verbundenen Verstoß gegen § 57 AktG sowie dem Unterlassen, eine Legitimation zum Erwerb eigener Aktien auf die Tagesordnung früherer Hauptversammlungen zu setzen. Ebenso wäre der Vorstand der Beklagten verpflichtet gewesen, den Unternehmensvertrag zu modifizieren; angesichts der infolge der mit dem Erwerb einhergehenden Verschuldung der A... Inc. wie sonst auch habe die Verpflichtung bestanden, in den Unternehmensvertrag Bestandssicherungen einzubauen. Darin liege ein unzulässiger Sondervorteil für den Großaktionär. Weiterhin rechtfertige das Verhalten von Organmitgliedern beim Verkauf der Aktien der R... M... GmbH die Annahme eines zur Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse führenden Gesetzesverstoßes.
Die Klägerin beantragt daher:
I. Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 16.8.2011 zu TOP 3 über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2010 mit folgendem Beschlussinhalt:
„Den Mitgliedern des Vorstands ist für das Geschäftsjahr 2010 Entlastung erteilt".
wird für nichtig erklärt.
II. Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 16.8.2011 zu TOP 4 über die Entlastung der Mietglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2010 mit folgendem Beschlussinhalt:
„Den Mitgliedern des Aufsichtsrats ist für das Geschäftsjahr 2010 Entlastung erteilt".
wird für nichtig erklärt.
III. Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 16.8.2011 zu TOP 6 über die Zustimmung zu einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der W... AG und der A ... GmbH mit folgendem Beschlussinhalt:
„Dem am 16. Juni 2011 zwischen der W... AG und der A ... GmbH geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wird zugestimmt."
wird für nichtig erklärt.
Hilfsweise beantragt die Klägerin:
Es wird festgestellt, dass die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 16.8.2011 gefassten Beschlüsse zu den TOP 3, 4 und 6 mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Beschlussinhalt nichtig sind.
Äußerst hilfsweise beantragt die Klägerin:
Es wird festgestellt, dass die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 16.8.2011 gefassten Beschlüsse zu den TOP 3, 4 und 6 mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Beschlussinhalt unwirksam sind.
III. Die Beklagte beantragt demgegenüber:
Klageabweisung.
Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen darauf, eine Gesetzesverletzung lasse sich nicht bejahen. Den Vorschriften der §§ 304 Abs. 3 Satz 2, 305 Abs. 5 Satz 1 AktG müsse ein genereller Anfechtungsausschluss wegen eines Sondervorteils entnommen werden, weshalb § 243 Abs. 2 AktG nicht eingreifen könne. Es gebe keinen Zweifel daran, dass A... die Abfindungs- und Ausgleichszahlungen werde leisten könne. Zudem enthalte der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag alle gesetzlich erforderlichen Bestandssicherungsmaßnahmen, weil weitere Verpflichtungen bezüglich Standortgarantien sowie in Bezug auf den Erhalt von Arbeitsplätzen, Produktion oder ähnlichem nicht Gegenstand eines derartigen Vertrages sein müssten. Die A ... GmbH habe die erforderliche Mehrheit ordnungsgemäß erlangt. Zudem liege das Übernahmeangebot im Unternehmensinteresse, weil es den Aktionären eine Prämie von mehr als 50 % auf den relevanten Börsenkurs biete. Den Vorstand treffe in der Situation eines Übernahmeangebots lediglich ein Vereitelungsverbot, jedoch kein Neutralitätsgebot. Ebenso dürfe der Vorstand in einer Investorenvereinbarung wie dem Business Combination Agreement Regelungen treffen, mit denen der künftige Bieter vor Dilutierung einer aufgrund des Übernahmeangebots erlangten Mehrheit geschützt werde. Eine rechtliche Einheit zwischen dem Business Combination Agreement und dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestehe nicht, weil die Bezugnahme auf den künftigen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag rein zeitlicher Natur sei und es ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages kein Bedürfnis mehr für die Regelungen im Business Combination Agreement gebe. Daraus folge nicht, dass das Business Combination Agreement nur gelten solle, wenn auch der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gelte. Diese fehlende Einheit zeige sich an der Aufhebung von Ziffer III. 4 nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts München im Freigabeverfahren. In Ziffer. II. 7 des Business Combination Agreement liege kein Verstoß gegen die Kompetenzordnung einer Aktiengesellschaft, weil der Vorstand die Aktien auch in das Übernahmeangebot von A... hätte einbringen können, wodurch ebenfalls eine dauerhafte Verfestigung der Mehrheit von A... hätte erreicht werden können. Ziffer IV. 3.1 enthalte keine unzulässige Selbstbindung des künftigen Aktionärs A ... GmbH im Hinblick auf das Stimmverhalten in der Hauptversammlung, sondern eine übliche Standortsicherungsklausel.
Eine Verletzung der Sorgfaltspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat mit der Folge einer Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse könne nicht angenommen werden. Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage der Beklagten im Jahr 2009 und noch zu Beginn des Jahres 2010 entspreche der vereinbarte Zinssatz für das Gesellschafterdarlehen in der gegebenen Risikosituation dem Marktstandard. Angesichts der fehlenden Ermächtigung im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG habe keine Möglichkeit zum Erwerb eigener Aktien vom Insolvenzverwalter bestanden. Eine Verpflichtung, einen entsprechenden Beschlussvorschlag auf die Tagesordnung einer Hauptversammlung zu setzen, könne nicht bejaht werden. Der Vorwurf, die IC... LP. habe sich die Befreiung zur Abgabe eines Pflichtangebots bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erschlichen, woraus sich aufgrund der Beteiligung des Vorstandes und der Aufsichtsratsmitglieder die zur Anfechtbarkeit der Entlastung führende Pflichtwidrigkeit ableiten lassen solle, treffe nicht zu, nachdem der Erfolg der im Jahr 2010 durchgeführten Sanierung aus der alleine maßgeblichen Sicht ex ante nicht vorhersehbar gewesen sei. Im Zeitpunkt der Stellungnahme zum Übernahmeangebot der A ... GmbH habe weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat die Höhe des Abfindungsbetrages gekannt, was sich aus dem Hinweis in Ziff. 8.6.1 und 9.1. der Stellungnahme vom 13.4.2011 ergebe.
IV. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.11.2011 (Bl. 62/71 d. A.) ist die Nebenintervenientin dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin in Bezug auf den zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 16.08.2011 beigetreten. Insoweit hat sie sich im Termin vom 26.1.2012 dem Antrag der Klägerin angeschlossen.
V. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2012 (Bl. 112/117 d. A.).
Aus den Gründen
I. Die sich gegen den zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschluss richtende Anfechtungsklage ist zulässig und begründet.
1. Die Klägerin ist anfechtungsbefugt im Sinne des § 245 Nr. 1 AktG. Danach ist zur Anfechtung befugt jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, wenn er die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte und gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat. Da die Klägerin nach ihrem von der Beklagten nicht bestrittenen und damit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden geltenden Vortrag bereits seit dem Jahr 2004 mehr als 10 % der Aktien der Beklagten hielt, sie an der Hauptversammlung vom 16.08.2011 teilnahm und Widerspruch zur Niederschrift erklärte, ist die Anfechtungsbefugnis zu bejahen.
2. Die Klage wurde innerhalb der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erhoben. Zwar ist aufgrund der Regelung in § 253 Abs. 1 ZPO eine Klage erst mit ihrer Zustellung erhoben, die hier am 4.10.2012 und damit nach dem Ablauf der am 16.9.2011 endenden Anfechtungsfrist erfolgte. Allerdings greift auch im Anwendungsbereich von § 246 Abs. 1 AktG die Vorschrift des § 167 ZPO ein, wonach in den Fällen, in denen durch die Erhebung der Klage eine Frist gewahrt werden soll, die Wirkung bereits mit Eingang des Antrags bei Gericht eintritt, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift müssen vorliegend bejaht werden, weshalb auf den am 16.9.2011 erfolgten Eingang der Klage per Telefax beim Landgericht München I abgestellt werden kann. Die Verzögerung der Zustellung ist ausschließlich der Sphäre des Gerichts zuzurechnen, nachdem die Klägerin unter Nennung der Vertretungsorgane einschließlich der ordnungsgemäßen Angabe ladungsfähiger Anschriften der Aufsichtsratsmitglieder und der bereits mit Klageeinreichung erfolgten Einzahlung eines ausreichenden Gerichtskostenvorschusses alles für die Zustellung Erforderliche getan hatte.
3. Der zu Tagesordnungspunkt 6 gefasste Beschluss über die Zustimmung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten als Beherrschter und der A ... GmbH als herrschender Gesellschaft verletzt das Gesetz im Sinne des § 243 Abs. 1 AktG. Der vorgelegte Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ist in seinem Inhalt wegen der Abhängigkeit vom Business Combination Agreement nicht mit aktienrechtlichen Vorgaben vereinbar, weshalb der Zustimmungsbeschluss gegen das Gesetz verstößt.
a. Die Regelung in Ziffer II. 7 des Business Combination Agreement verstößt gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung und damit auch gegen den Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung einer Aktiengesellschaft durch den Vorstand, wenn dort geregelt ist, dass der Vorstand der Beklagten ohne die Zustimmung der Bieterin - mithin der herrschenden Gesellschaft A ... GmbH - weder genehmigtes Kapital im Sinne von § 202 AktG ausnutzen noch die Ausgabe von Aktienoptionen oder ähnlichen Instrumenten unterstützen noch einen Teil oder alle eigenen Aktien oder neue eigene Aktien veräußern oder erwerben darf.
Diese Bestimmung ist mit der Aufgabenverteilung zwischen dem Vorstand und einem Aktionär unvereinbar. Der Aktionär einer Aktiengesellschaft übt seine Rechte im Rahmen der Hauptversammlung aus, wobei deren Zuständigkeit im Aktienrecht im Wesentlichen abschließend geregelt sind. Demgegenüber obliegt die Leitung einer Aktiengesellschaft aufgrund von § 76 Abs. 1 AktG dem Vorstand. Dabei übt dieser seine Leitungsfunktion in eigener Verantwortung aus, wobei in § 76 AktG ein Leitungsmonopol geregelt ist, das sich auch an anderen Vorschriften zeigt. So können dem Aufsichtsrat wegen § 111 Abs. 4 AktG nicht Maßnahmen der Geschäftsführung übertragen werden. Auch die Hauptversammlung kann gemäß § 119 Abs. 2 AktG mit Maßnahmen der Geschäftsführung nur befasst werden, wenn der Vorstand dieses verlangt. Diese grundrissartige Kompetenzverteilung stellt zwingendes Recht dar, weshalb bereits für statutarische Änderungen dieses Kompetenzgefüges kein Raum bleibt (weithin allgemeine Meinung; vgl. nur Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., Rdn. 7 zu § 76; Seibt in: Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., Rdn. 11 zu § 76; Eckert in: Wachter, AktG, 1. Aufl., Rdn. 9 zu § 76; Hüffer, AktG, 9. Aufl., Rdn. 4 zu § 76). Dann aber kann erst recht nicht mittels einer vertraglichen Vereinbarung die Zustimmungspflicht eines Aktionärs begründet werden, nachdem es gerade nicht um die Vorlage einer Geschäftsführungsmaßnahme an die Hauptversammlung geht, sondern um das Zustimmungserfordernis eines einzelnen Aktionärs, der unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen innerhalb der Hauptversammlung nicht mit dieser gleichgesetzt werden kann.
Die Entscheidung, von einer auf § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erteilten Ermächtigung Gebrauch zu machen oder nicht, ist originäre Aufgabe des Vorstandes, der allenfalls im Ermächtigungsbeschluss an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden werden kann (vgl. Cahn in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 138 zu § 71; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 19 f zu § 71; Bezzenberger in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 24 zu § 71). Dann aber kann eine Erwerbs- oder Veräußerungsentscheidung nicht an die Zustimmung eines Aktionärs geknüpft werden. Nichts anderes kann für die Ausübung genehmigten Kapitals aufgrund der Vorschrift des § 202 AktG gelten. In dieser Regelung liegt auch eine unzulässige Selbstbindung des Vorstandes, weil sich dieser nicht durch das Zustimmungserfordernis Dritter seiner Freiheit begeben darf, die das Interesse aller Aktionäre an Gleichbehandlung und dem Erhalt von Wert und Quote ihrer Beteiligung dient. Folglich wird auch die Freiheit des Vorstandes verletzt, unternehmerische Entscheidungen eigenverantwortlich treffen zu können (in diese Richtung Technau AG 1998, 445, 457; Picot/Land DB 1999, 573; Lutter in: Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 15 zu § 182).
Diesen Überlegungen kann insbesondere nicht entgegengehalten werden, die Verwendung von Aktien stehe ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen und es dürfe auch innerhalb der Grenzen der erteilten Ermächtigung Einfluss auf Bestand und Zusammensetzung des Aktionärskreises genommen werden. Vorliegend geht es indes nicht um die Zusammensetzung des Aktionärskreises, sondern vielmehr um ein von der Rechtsordnung gerade nicht zugelassenes Zustimmungserfordernisses zugunsten eines Aktionärs in einer Kompetenz, die ausschließlich zu den Leitungsaufgaben des Vorstandes gehört. Damit wird in die vorstandsautonome Entscheidungskompetenz eingegriffen und folglich das Kompetenzgefüge innerhalb der Aktiengesellschaft verletzt. Insoweit unterscheidet sich der Fall grundlegend von dem zulässigen Abschluss beispielsweise langfristiger Lieferverträge, die zwar auch zu einer Bindung des Vorstandes führen, die aber von ihm vorstandsautonom wahrgenommen werden. Der Umstand, dass die Mehrheit auch über andere Wege hätte gesichert werden können, spielt keine Rolle, weil sich die Vertragspartner auf das Zustimmungserfordernis im Business Combination Agreement geeinigt hatten.
Ebenso wenig kann der Unwirksamkeit der Vereinbarung entgegengehalten werden, dass es über die Möglichkeit des Nachteilsausgleichs dem Vorstand der faktisch beherrschten Gesellschaft unbenommen bleibe, sich auch auf Maßnahmen einzulassen, wenn diese vom herrschenden Unternehmen angestrebten Maßnahmen nachteiliger Natur sind. Auch in diesem Zusammenhang muss es letztlich entscheiden darauf ankommen, dass es durch die Zustimmungspflicht des Aktionärs zu einer Einschränkung der Entscheidung des Vorstandes kommt, ob er bei einem zu erwartenden Nachteilsausgleich einer nachteiligen Maßnahme zustimmen soll oder nicht. Das Aktienrecht sieht gerade Regelungsmechanismen im faktischen Konzern vor, die einen Nachteilsausgleich gemäß §§ 311 ff. AktG zulassen. Eine kompetenzrechtliche Einschränkung durch eine vertragliche Regelung ist indes eine völlig andere Situation, so dass auch insoweit die Nichtigkeit die Rechtsfolge sein muss.
Der Verstoß gegen diese aktienrechtliche Kompetenzordnung stellt sich als Verletzung eines gesetzlichen Verbotes im Sinne des § 134 BGB dar. Auch wenn dies gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, müssen Verletzungen von kompetenzrechtlichen Vorgaben innerhalb eines Personenverbandes, wie es eine juristische Person darstellt, zur Nichtigkeit der entsprechenden Vereinbarung führen (vgl. BGH NJW 2011, 679, 680; Schmid NJW 2011, 1841, 1842).
b. Dieser Verstoß führt auch zur Nichtigkeit des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages, weil die beiden Verträge eine rechtliche Einheit im Sinne des § 139 BGB bilden. Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist aufgrund der Vorschrift des § 139 BGB das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind vorliegend erfüllt. Ein einheitliches Rechtsgeschäft kann auch dann angenommen werden, wenn die Parteien mehrere Rechtsgeschäfte in getrennten Urkunden und auch unterschiedlichen Typs vorgenommen haben, wobei dies selbst dann gilt, wenn an den Verträgen unterschiedliche Personen beteiligt sind. Vorliegend ergibt sich aus den Gesamtumständen und dem Inhalt der beiden Verträge in ihrem Verhältnis zueinander, dass die äußerlich getrennten Verträge miteinander stehen und fallen sollen, wobei maßgeblicher Zeitpunkt derjenige der Vorname des Geschäfts ist (vgl. BGH NJW 2007, 1131, 1133; NJW-RR 2007, 395, 396; Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., Rdn. 5 zu § 139). Demzufolge kann es nicht entscheidend darauf ankommen, dass der Aufsichtsrat der Beklagten der Aufhebung von Ziff. III. 4 des Business Combination Agreements zugestimmt hat und es somit zu einer einvernehmlichen Vertragsänderung kam.
Der Abschluss des Business Combination Agreements diente selbst nach dem Vortrag der Beklagten dazu, bereits im Vorfeld der Hauptversammlung, die über die Zustimmung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag entscheiden sollte, die erforderliche Mehrheit von mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, wie dies von § 293 Abs. 1 AktG verlangt wird, abzusichern. Da eigene Aktien kein Stimmrecht vermitteln, erreichte die A ... GmbH mit einem Anteil von 72,47 % des Grundkapitals eine Mehrheit von 76,29 % der Stimmrechte, so dass die erforderliche Mehrheit gesichert war, nachdem sich der Vorstand verpflichtet hatte, eigene Aktien ohne Zustimmung der Bieterin nicht zu veräußern und auch nicht von einer Ermächtigung aus genehmigtem Kapital Gebrauch zu machen.
Ebenso sprechen die Vertragsregelungen über die Zusammensetzung der Organe im Business Combination Agreement für die Einheitlichkeit der beiden Rechtsgeschäfte im Sinne des § 139 BGB. In Ziffer III. 3 wurde vereinbart, dass die gegenwärtige Zusammensetzung des Vorstandes der Beklagten nach dem Abschluss des Unternehmensvertrages für die Laufzeit der jeweiligen Anstellungsverträge unverändert bleibt. Demzufolge sagten die beiden anderen Vertragspartner des Business Combination Agreements auch zu, von jeglichen rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen abzusehen, mit denen eine vorzeitige Beendigung der Bestellung und/oder des Anstellungsvertrages eines Mitgliedes des Vorstandes bewirkt wird und soweit gesetzlich zulässig nach besten Kräften dafür zu sorgen, dass die Vertreter von A... Inc. oder der A ... GmbH, die Mitglied eines Organs der Beklagten sind, keine derartigen rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen ergreifen, einleiten oder unterstützen. Zudem hielt Ziffer III. 4 das Verständnis der Vertragsparteien darüber fest, dass die durch den Aufsichtsrat vertretene Beklagte und die derzeitigen Mitglieder des Vorstandes zum Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages neue Dienstverträge abschließen werden. Ebenso spricht die Regelung über die Beendigung des Business Combination Agreement in Ziffer VI. 1 des Vertrages für die Verknüpfung von Business Combination Agreement und Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Das Business Combination Agreement endet 18 Monate nach dem Vertragsdatum oder dem Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages - je nachdem welcher Zeitpunkt zuerst erreicht ist. Genau dies zeigt indes die Abhängigkeit der beiden Verträge voneinander und gerade nicht deren Selbstständigkeit.
Der Nichtigkeit des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags lässt sich die salvatorische Klausel im Business Combination Agreement nicht entgegenhalten. Zwar kann § 139 BGB als dispositives Recht durch eine entsprechende Parteiabrede abbedungen werden. Diese Regelung entbindet indes nicht von der Prüfung, ob das verbleibende Rechtsgeschäft ohne den nichtigen Teil dem Parteiwillen entsprochen hätte. Davon kann allerdings nicht ausgegangen werden. Das gesicherte Erreichen der 3/4-Mehrheit mit eigenen Stimmen ist erkennbar das zentrale Motiv für den Abschluss des Business Combination Agreements gewesen. Dies wäre indes gefährdet gewesen, wenn der Vorstand beispielsweise das Angebot der Klägerin zum Erwerb eigener Aktien angenommen hätte. Ohne diese Sicherheit hätten die Parteien zur Überzeugung der Kammer die Verträge nicht abgeschlossen.
Angesichts dessen muss nicht mehr abschließend darüber entschieden werden, inwieweit in der Regelung in Ziffer IV. 3.1 eine unzulässige Stimmbindung im Sinne des § 136 Abs. 2 AktG liegt oder nicht.
Demzufolge war der zu Tagesordnungspunkt 6 gefasste Beschluss wegen Gesetzesverletzung für nichtig zu erklären.
II. 1. Die sich gegen die Entlastungsbeschlüsse richtenden Anfechtungsklagen sind zulässig, jedoch nicht begründet, weil ein Gesetzesverstoß im Sinne des § 243 Abs. 1 AktG nicht bejaht werden kann.
a. Die Entlastung steht zwar grundsätzlich im Ermessen der Hauptversammlung. Erst bei einem eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß von Vorstand und Aufsichtsrat sind die Grenzens des Ermessens überschritten und ist ein Entlastungsbeschluss wegen eines Inhaltsmangels anfechtbar. Dem steht die Vorschrift des § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG nicht entgegen. Die in § 243 Abs. 1 AktG getroffene Regelung, wonach jeder gesetzes- oder satzungswidrige Beschluss der Hauptversammlung angefochten werden kann, erfährt durch die Abtrennung des Verzichts auf Schadensersatzansprüche von der Entlastung keine Durchbrechung. Anderenfalls könnte eine zur Billigung rechtsbrechenden Verhaltens entschlossene Mehrheit gegen den Widerstand einer gesetzes- und satzungstreuen Minderheit eine Entlastung der Verwaltung jederzeit durchsetzen. Dies widerspräche nicht nur der Regelung des § 243 Abs. 1 AktG, sondern wäre auch mit dem Gesichtspunkt der Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit nicht vereinbar (vgl. BGH NJW 2003, 1032, 1033 - Macrotron; NZG 2005, 77, 78 - ThyssenKrupp; ZIP 2012, 515 = WM 2012, 546, 547; LG München I AG 2007, 417 f. = NZG 2008, 319, 320 = BB 2007, 2170, 2172; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 12 zu § 120; Hoffmann in: Spindler/Stilz, a.a.O., Rdn. 49 zu § 120; a.A. wenig überzeugend zu diesem Prüfungsmaßstab Kubis NZG 2005, 791 ff.).
b. Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes kann eine Anfechtbarkeit nicht angenommen werden.
(1) Dies gilt zunächst für den Inhalt des Business Combination Agreements, auch wenn die Kammer darin einen Gesetzesverstoß sieht. In der hier Streit entscheidenden Frage, inwieweit eine Entscheidung zum Erwerb oder Veräußerung eigener Aktien oder auch zur Ausnutzung einer Ermächtigung nach § 202 AktG eine Vereinbarung getroffen werden kann, die diese Maßnahmen von der Zustimmung eines Aktionärs geltend macht, gibt es - soweit ersichtlich - bislang keine, insbesondere keine höchstrichterliche Rechtsprechung. In der Literatur lässt sich, soweit dies überhaupt behandelt wird, eine einheitliche Linie jedenfalls nicht feststellen. Dann aber kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat über eine zweifelsfreie Rechtslage hinweg gesetzt haben, als sie diesen Passus in die Vereinbarung mit aufnahmen (vgl. BGH ZIP 2009, 2436, 2437;2012, 515 = WM 2012, 546, 547).
Nichts anderes kann für die Frage gelten, ob in der Vereinbarung in Ziffer IV. 3.1 eine unzulässige Selbstbindung der Organe oder einer Aktionärin gesehen und damit ein Verstoß gegen § 136 Abs. 2 AktG angenommen werden kann. Auch hier ist zu beachten, dass zwar Teile der Literatur die Auffassung vertreten, eine vertragliche Regelung zwischen einer Aktiengesellschaft und ihrem Aktionär unzulässig ist, wonach auf eine Änderung des Satzungssitzes verzichtet wird (so ausdrücklich Kien AG 2009, 301, 308), weil das Einflussnahmeverbot unterschiedslos jeden in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallenden Regelungssachverhalt erfasst. Indes ist auch eine Auslegung dergestalt, dass es an einer rechtlich bindenden und durchsetzbaren Stimmrechtsbindung fehlen würde, weil eine Änderung des Satzungssitzes nicht beabsichtigt sei und zudem im Einleitungssatz von Ziffer IV. 3 auf bestimmte Absichten verwiesen wird, die in die Angebotsunterlagen nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpÜG aufzunehmen ist, durchaus denkbar. Dann aber kann auch insoweit eine eindeutige, schwerwiegende Verletzung einer klaren Gesetzesregelung nicht angenommen werden.
(2) Die Anfechtbarkeit der zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 gefassten Beschlüsse kann nicht mit dem Vortrag begründet werden, die Organe der Beklagten hätten der Hauptversammlung der Jahre 2009 und 2010 eine Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zur Beschlussfassung vorlegen müssen.
Die Einberufung einer Hauptversammlung ist Geschäftsführungsaufgabe des Vorstandes. Dieser hat die Gesellschaft entsprechend § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung zu leiten, weshalb ihm die Freiheit zum selbständigen und weisungsfreien Handeln nach eigenem Ermessen zukommt, ihn allerdings auch die Haftungsfolgen bei sorgfaltspflichtwidrigem Handeln treffen (vgl. Seibt in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 10 zu § 76). Aufgrund von § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG sind Vorstand und Aufsichtsrat verpflichtet, der Hauptversammlung Beschlussvorschläge zu den einzelnen Tagesordnungspunkten zu unterbreiten. Sofern es sich allerdings nicht um einen „Pflichtgegenstand" einer Hauptversammlung handelt, der alljährlich auf die Tagesordnung zu setzen ist, muss auch bezüglich weiterer Tagesordnungspunkte dem Vorstand und dem Aufsichtsrat ein Ermessen eingeräumt werden. Beim Erwerb eigener Aktien besteht zwar aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine Pflicht zur Ermächtigung durch die Hauptversammlung. Ob allerdings ein derartiger Beschlussvorschlag unterbreitet wird, weil die Gesellschaft von dieser gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch machen möchte, ist eine unternehmerische Entscheidung der hierfür zuständigen Organe. Insoweit ist ihnen ein Ermessensspielraum eingeräumt, der allenfalls in Ausnahmesituationen auf Null verdichtet sein kann. Hierfür sind auch nach dem Vortrag der Klägerin noch keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennbar. Allein der Umstand, dass möglicherweise eine günstige Erwerbschance besteht, kann noch nicht dazu führen, eine Ermessensreduktion auf Null anzunehmen, weil der Vorstand sich vom Unternehmensinteresse insgesamt leiten lassen muss, das sich nicht auf die Interessen einzelner Aktionäre reduzieren lässt.
(3) Soweit es um die Verhandlungen von Organmitgliedern in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der R... M... GmbH und die Veräußerung der von dieser früher gehaltenen Aktien geht, vermag die Kammer einen schwerwiegenden Gesetzesverstoß nicht zu erkennen. Die Herren Baumhauer und Scherer handelten insoweit in ihrer Eigenschaft als Verantwortliche von früheren oder aktuellen Aktionären der Beklagten, nicht jedoch als Organe der Beklagten. Da es einem Organmitglied nicht untersagt ist, mittelbar oder unmittelbar Aktien der Gesellschaft, deren Organen er angehört, zu halten, kann auch unter Berücksichtigung eines erheblichen Gewinns, den die Klägerin vorgetragen hat, ein schwerwiegender Gesetzesverstoß nicht bejaht werden.
(4) Die Vereinbarung eines Zinssatzes von 15 % für das nachrangige Gesellschafterdarlehen im Jahr 2010 rechtfertigt ebenfalls nicht die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse; eine eindeutige und schwerwiegende Verletzung von § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG kann nicht bejaht werden. Nach dieser Vorschrift dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden. Indes nahm der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008, BGBl I S. 2026 eine Modifizierung in § 57 Abs. 1 Satz 4 AktG für Aktionärsdarlehen vor. Danach ist das in § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG statuierte Verbot von Zins- und Rückzahlungen aufgehoben, wenn es um die Rückgewähr eines Aktionärsdarlehens geht.
Aber auch die Höhe des mit IC... LP. vereinbarten Zinssatzes kann nicht beanstandet werden. Es entspricht allgemeinen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen, dass ein höherer Zinssatz Ausdruck eines höheren Risikos ist. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten war im Zeitpunkt der Vereinbarung dieses Gesellschafterdarlehens zur Überzeugung der Kammer schlecht, weshalb auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einen auf das Sanierungsprivileg gestützten Befreiungsbescheid zugunsten der Indigo-Gesellschaften und der IC... LP. erließ. Der Zinssatz berücksichtigt insbesondere, dass ein ungesichertes, nachrangiges Gesellschafterdarlehen gewährt wurde. Wenn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht diesen Zinssatz in ihren Auflagen akzeptiert, kann darin keine unzulässig hohe Verzinsung und darauf aufbauend insbesondere auch kein schwerwiegender Gesetzesverstoß gesehen werden. Zudem ist dem Bescheid der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Beklagte im Laufe des Geschäftsjahres 2010 bereits bei einem Bruch der Finanzkennzahlen bei kurzfristiger Rückzahlung der Kredite von Senior Banken in Höhe von 28,8 Mio. € zuzüglich der Fremdwährungskredite die Insolvenz drohte, weil die Beklagte dann nicht in der Lage gewesen wäre, die entsprechenden Zahlungen zu leisten.
(5) Aus dem Inhalt des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages lässt sich die Anfechtbarkeit nicht ableiten. Dies kann insbesondere nicht mit der Erwägung begründet werden, die Organe der Beklagten wären verpflichtet gewesen, darauf hinzuwirken, dass sich der potenzielle Großaktionär zu einer Bestandsgarantie und anderen Zusagen in Bezug auf die Beteiligung verpflichte.
Eine derartige Verpflichtung lässt sich angesichts des rechtlichen Gesamtzusammenhangs, in dem ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag steht, nicht begründen. Es muss nämlich davon ausgegangen werden, dass die Minderheitsaktionäre bereits durch die Regelungen über die zwingend in den Vertrag aufzunehmende Abfindung nach § 305 AktG und den Ausgleich nach § 304 AktG hinreichend geschützt sind. Wenn ein Aktionär befürchtet, dass die beherrschte Gesellschaft im Vertragskonzern deutliche Nachteile aufgrund von Weisungen der herrschenden Gesellschaft hinnehmen muss, kann er gegen eine angemessene Abfindung als Aktionär ausscheiden, wobei die Abfindung nur dann angemessen ist, wenn sie den vollen wirtschaftlichen Wert seiner Beteiligung widerspiegelt. Ebenso muss berücksichtigt werden, dass für den Fall, den die Klägerin letztlich meint - eine existenzgefährdende Ausplünderung aufgrund von Weisungen der herrschenden Gesellschaft - der Vorstand der beherrschten Gesellschaft gerade nicht verpflichtet ist, dieser Weisung Folge zu leisten. Dies ergibt sich aus der Überlegung heraus, dass das Aktienrecht in §§ 302 bis 305 ff. AktG von einem Fortbestand der abhängigen Gesellschaft trotz der Existenz des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages ausgeht und insbesondere die für die gesamte Dauer des Unternehmensvertrages vorgeschriebene Ausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens nur dann Sinn macht, wenn der Fortbestand der Gesellschaft während der Dauer des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages gesichert ist. Demzufolge muss der Vorstand der abhängigen Gesellschaft einer Weisung nicht Folge leisten, wenn dies zu einer Existenzgefährdung der beherrschten Gesellschaft führt (so die zutreffende h. M.; vgl. nur OLG Düsseldorf ZIP 1990, 1333, 1337; Langenbucher in Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 31 ff. zu § 308; Veil in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 17 zu § 302; Rothley in: Wachter, AktG, a.a.O., Rdn 17 zu § 308; Peres in: Heidel, Aktienrecht- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rdn. 17 zu § 308; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., Rdn. 60 ff. zu § 308 AktG; Zeidler NZG 1999, 692, 695; Sina AG 1991, 1, 7). Da somit bereits unabhängig von einer vertraglichen Regelung ein Weigerungsrecht für den Vorstand besteht, musste eine entsprechende Vereinbarung nicht ausdrücklich in den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag aufgenommen werden.
(6) Soweit sich die Klägerin auf Mängel der Prüfung durch den gesetzlich bestellten Vertragsprüfer oder Mängel des Vertragsberichts beruft, vermag dies die Anfechtung der Entlastungsbeschlüsse jedenfalls nicht zu begründen.
(a) Die Pflichten des Vorstandes einer Aktiengesellschaft im Zusammenhang mit dem Prüfungsbericht ergeben sich in erster Linie aus § 293 e Abs. 1 Satz 1 AktG, wonach die Vertragsprüfer auf Antrag der Vorstände der vertragsschließenden Gesellschaft vom Gericht bestellt werden. Diesen Antrag haben die Vorstände der Beklagten gestellt. Inhaltliche Mängel des Prüfungsberichts können dagegen die Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses nicht begründen, weil etwaige Mängel grundsätzlich bereits nicht zur Anfechtbarkeit des Zustimmungsbeschlusses führen können; ein anderes Ergebnis wäre mit dem gesetzlichen Leitbild der persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit des weisungsfrei arbeitenden Vertragsprüfers unvereinbar (vgl. OLG Hamm ZIP 2005, 1457, 1460 - GEA AG; OLG Frankfurt ZIP 2008, 1966, 1967 - Commerzbank; OLG München, Beschluss vom 3.9.2008, Az. 7 W 1432/08, S. 42 f.; LG München I Der Konzern 2007, 448, 453; Beschluss vom 24.4.2008, Az. 5HK O 23244/07, S. 135 f.;LG München I AG 2009, 918, 922). Dann aber kann erst recht nicht der Entlastungsbeschluss auf eine derartige Rüge hin für nichtig erklärt werden.
(b) Ebenso wenig lässt sich aus dem Inhalt des Vertragsberichts die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse ableiten, die von der Klägerin im Wesentlichen mit dem Argument begründet wird, es fehle ein Hinweis auf Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder der Verwaltung im Zusammenhang mit dem Abschluss des Zins-Währungs-Geschäfts mit der UniCredit Bank aus dem Jahre 2008. Die Frage, inwieweit dieser Punkt geeignet wäre, eine Ersatzpflicht zu begründen, wurde von den Verantwortlichen der Beklagten gegenüber P...d R...gesprochen, wie sich unzweifelhaft aus deren Stellungnahmen ergibt. Diese beiden Wirtschaftsprüfungsgesellschafen sahen indes keinen Anlass zur Änderung des Bewertungsergebnisses. Dann aber kann eine eindeutige und schwerwiegende Pflichtverletzung durch Organmitglieder der Beklagten im Entlastungszeitraum nicht angenommen werden, wenn sie auf die Problematik aufmerksam machten.
2. Die hilfsweise erhobenen Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit sind zulässig, jedoch nicht begründet, weil es keinen Grund gibt, der zur Nichtigkeit des Beschlusses im Sinne des § 241 AktG führen könnte.
3. Soweit die Klägerin hilfsweise Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit dieses Beschlusses erhoben haben, ist diese Klage als allgemeine Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, jedoch nicht begründet. Ein Unwirksamkeitsgrund ist seitens der Kläger indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Angesichts dessen musste die Klage im Übrigen abgewiesen werden.
III. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO und orientiert sich am Maß des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens, wobei hinsichtlich der dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetretenen Nebenintervenientin zu beachten ist, dass es sich um eine streitgenössische Nebenintervention handelt. Da die Nebenintervenientin nur in Bezug auf den zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschluss den Beitritt zum Rechtsstreit erklärt hat, konnte sie keine Kostentragungspflicht treffen.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich für die Klägerin und die dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetretene Nebenintervenientin aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO sowie für die Beklagte aus §§ 708 Nr. 11 Satz 1 und Satz 2, 709 Satz 2 ZPO.
3. Die Entscheidung über den Streitwert resultiert aus §§ 247 Abs. 1 AktG, 5 ZPO. Da die Klägerin mehrere Beschlüsse angegriffen hat und es sich dabei um jeweils unterschiedliche Streitgegenstände handelt, musste im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten eine Addition der einzelnen Streitwerte erfolgen. Die einzelnen Tagesordnungspunkte sind entsprechend ihrer Bedeutung für die Parteien des Rechtsstreits einschließlich der Beklagten wie folgt zu bewerten:
- Tagesordnungspunkte 3 und 4:
je € 30.000,--
- Tagesordnungspunkt 6:
€ 250.000,--