R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
10.02.2011
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Nachweis des Aktienquorums im Freigabeverfahren trotz fehlenden Bestreitens der AG

KG , Beschluss  vom 06.12.2010 - Aktenzeichen 23 AktG 1/10
Amtliche Leitsätze: 1. Im Freigabeverfahren muss der Kläger innerhalb der Frist des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG seinen Anteilsbesitz durch Urkunden nachweisen, selbst wenn die Aktiengesellschaft ihn nicht bestreitet (gegen OLG Frankfurt AG 2010, 508; OLG Nürnberg GWR 2010, 498 = BeckRS 2010, 23752). 2. Der die Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft beurkundende Notar kann nicht als provisorischer Versammlungsleiter tätig werden.
  Redaktionelle Normenkette: AktG § 246a Abs. 2 Nr. 2;
Gründe: 
I. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass die Erhebung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage der Antragsgegnerin vor dem Landgericht Berlin zum Aktenzeichen 94 O 94/10 gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 23.8.2010 zu den Tagesordnungspunkten 5.2, 6.1, 6.2, und 6.3 über die Erhöhung des Grundkapitals der Antragstellerin mit Bezugsrecht der Aktionäre um bis zu 12,5 Mio. € (TOP 5.2) und über die Zustimmung zu dem Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen ihr, der Antragstellerin, und der V#### i##### V######### GmbH (TOP 6.1), des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen ihr und der r## GmbH (TOP 6.2) sowie des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen ihr und der M ### GmbH (TOP 6.3) der Eintragung dieser Beschlüsse im Handelsregister nicht entgegen steht und Mängel dieser Hauptversammlungsbeschlüsse die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. 
Die Antragstellerin ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit knapp 700 Aktionären; ihr Sitz ist Berlin. Das Grundkapital der Antragstellerin betrug bis zur Hauptversammlung vom 23.8.2010 13.059.013 € und ist in ebenso viele Namensaktien ohne Nennwert eingeteilt. Die Antragsgegnerin verweist auf frühere Freigabeverfahren, wonach der Antragstellerin bekannt ist, dass sie mit deutlich mehr als 1.000 Aktien an deren Grundkapital beteiligt ist. Weiter sind an der Antragstellerin unter anderem die Aktionäre B## C### P#### F## # P#### # GmbH & Co KG (B##) und S## H### (Deutschland) GmbH (S##) beteiligt. 
Das Grundkapital der Antragstellerin ist verloren. Sie wies am 31.12.2008 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 17,2 Mio. € und zum 31.12.2009 einen solchen von 33,475 Mio. € aus. Die K## AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellte unter dem Datum des 09.8.2009 ein Sanierungskonzept, auf das verwiesen wird (Anlage CC 4) und das unter der Prämisse der Umsetzung der vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen mit einer positiven Fortführungsprognose abschließt. 
Die Antragstellerin schloss am 28.8.2009 mit der S## GmbH, der B## KG, der S###### AG, der N#### der W### AG, der C##### und der D##### B## eine Sanierungsvereinbarung, auf die ebenfalls verwiesen wird (Anlage CC 9): unter anderem verzichteten die kreditgewährenden Banken hierin auf Kreditforderungen von insgesamt 53,8 Mio €. Die Verzichtsquote der Banken beträgt im Durchschnitt 65,5 %. In den Anlagen 3.9-1 und 3.9-2 der Anlage zur Sanierungsvereinbarung vom 28.8.2009 (CC 9), in einem ersten Nachtrag zur Sanierungsvereinbarung vom 11.5.2010 (CC 10) und in einem weiteren Nachtrag vom 29.11.2010 (CC 26) stellten die Vertragsparteien die Bedingungen für den Verzicht der Banken klar. 
Am 23.8.2010 wurde die auf diesen Tag anberaumte außerordentliche Hauptversammlung der Antragstellerin durchgeführt, auf der u. a. die genannten Beschlüsse zu TOP 5.2, 6.1, 6.2 und 6.3 gefasst wurden; wegen des Abstimmungsergebnisses und des Ablaufs der Hauptversammlung im Einzelnen wird auf das notarielle Protokoll des Notars R## vom selben Tage verwiesen (Anlage CC 11). 
Die Antragsgegnerin erhob vor dem Landgericht Berlin unter anderem gegen die hier in Rede stehenden Beschlüsse Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage. 
Die Antragstellerin macht geltend, die Klage der Antragsgegnerin sei offensichtlich unbegründet. Die Klage sei schon rechtsmissbräuchlich erhoben. Die gerügten Beschlussmängel bestünden nicht. Zudem bestehe im Hinblick auf die Sanierungsvereinbarung ein vorrangiges wirtschaftliches Interesse an der sofortigen Eintragung der angefochtenen Beschlüsse vom 23.8.2010, zumal 1.800 Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden. Die Aktionäre hätten zudem ein Interesse daran, dass die Antragstellerin fortbestehe und - bei vorliegender Fortführungsprognose - künftig wieder Gewinne erwirtschafte und damit einen steigenden Wert der Aktien bewirke. Entgegenstehende wirtschaftliche Interessen der Antragsgegnerin habe diese nicht geltend gemacht. Jedenfalls seien die beanstandeten Rechtsverstöße nicht besonders schwerwiegend. 
Die Antragstellerin beantragt, festzustellen 
a) dass die Erhebung der Klage der Antragsgegnerin B###, Aktenzeichen 98 O 94/10 des Landgerichts Berlin, gegen die Antragstellerin gegen den zu den Tagesordnungspunkten 5.2, 6.1, 6.2 und 6.3 gefassten Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 23. August 2010 der Eintragung dieser Beschlüsse in das Handelsregister nicht entgegen steht; 
b) dass Mängel der zu den Tagesordnungspunkten 5.2, 6.1, 6.2 und 6.3 gefassten Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 23. August 2010 die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. 
Die Antragsgegnerin beantragt, 
den Freigabeantrag zurückzuweisen. 
Die Antragsgegnerin hält die Beschlüsse der außerordentlichen Hauptversammlung vom 23.8.2010 für nichtig, jedenfalls aber für anfechtbar: Die Beschlussfassungen der Hauptversammlung litten unter dem Fehlen wirksamer Beschlussvorschläge des Aufsichtsrates der Antragstellerin. Denn zu Unrecht habe der die außerordentliche Hauptversammlung vom 14./15.12.2009 protokollierende Notar R## diese Hauptversammlung eröffnet, nicht aber der dazu berufene, anwesende damalige Aufsichtsratsvorsitzende Dr. F#### . Die nachfolgende Wahl von Dr. S##### zum Versammlungsleiter sowie des neuen Aufsichtsrates sei folglich unwirksam, ebenso die weiteren Beschlüsse der Hauptversammlung mangels wirksamer Beschlussvorschläge des Aufsichtsrates. 
Der Kapitalerhöhungsbeschluss enthalte unzulässigerweise nur einen Höchstbetrag. Es fehle an der daher erforderlichen Bestimmung einer Durchführungsfrist. Aufgrund der von der Antragstellerin mit Dritten eingegangenen Verpflichtungen seien die Mittel der Kapitalerhöhung für die Antragstellerin nicht frei verfügbar. Die Antragstellerin habe nicht schlüssig ihre Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit dargetan. Das Sanierungskonzept der K## beruhe nur auf von ihr nicht geprüften Informationen der Antragstellerin und sei zur Glaubhaftmachung der Angaben der Antragstellerin ungeeignet. Es sei zudem unverständlich und veraltet. 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 
Der Senat hat mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung auf die Vorschrift des § 246 a Abs. 2 Nr. 2 AktG hingewiesen. 
Die Akten des Landgerichts Berlin 98 O 94/10 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 
II. Der Freigabeantrag ist gemäß § 246 a Abs. 1 Satz 1 AktG zulässig. 
Die auf der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 23.8.2010 zu den Tagesordnungspunkten 5.2, 6.1, 6.2 und 6.3 gefassten Beschlüsse, gegen die sich die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage der Antragsgegnerin unter anderem richtet, betreffen Maßnahmen der Kapitalbeschaffung (§§ 182 - 240 AktG) sowie Unternehmensverträge (§§ 291 - 307 AktG). Zwar gibt es Beschlüsse über Unternehmensverträge - entgegen dem Wortlaut des § 246 a AktG - nicht (OLG Hamburg NZG 2010, 666). Gemeint sind Beschlüsse der Hauptversammlung, die nach §§ 291 ff. AktG erforderlich sind, so dass prinzipiell das Freigabeverfahren eröffnet ist. Allerdings ist streitig, ob der Unternehmensvertrag auch in das Handelsregister am Sitz der Obergesellschaft eingetragen werden muss, denn § 294 AktG betrifft eigentlich die Eintragung im Register der Untergesellschaft (zum Streitstand: Hüffer, Aktiengesetz, 9. Aufl. 2010, § 294 Rn. 1 m.w.N.). Da die Frage der Notwendigkeit der Eintragung des Unternehmensvertrages auch im Register der herrschenden Gesellschaft streitig ist, hält der Senat in Übereinstimmung mit dem OLG Hamburg (aaO.) insoweit den Freigabeantrag für statthaft. Die Statthaftigkeit eines Freigabeantrages kann nämlich nicht in Abhängigkeit von der Praxis des jeweiligen Registergerichtes beantwortet werden. 
Die Antragstellerin kann beantragen, die Eintragung dieser Beschlüsse im Handelsregister durch gerichtliche Entscheidung freizugeben. Zu dieser Entscheidung ist gemäß § 246 a Abs. 1 Satz 3 AktG das Kammergericht in erster und letzter Instanz berufen. 
Der Freigabeantrag der Antragstellerin ist auch begründet, und zwar sowohl gemäß § 246 a Abs. 2 Nr. 2 AktG als auch gemäß § 246 a Abs. 2 Nr. 3 AktG. 
Die Antragsgegnerin hat - trotz des Hinweises des Senats - nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrages durch Urkunden nachgewiesen, dass sie seit Bekanntmachung der Einberufung hinreichend Aktien der Antragstellerin gehalten hat, § 246 a Abs. 2 Nr. 2 AktG. 
Zwar verweist die Antragsgegnerin darauf, dass die Antragstellerin nur vinkulierte Namensaktien ausgebe und daher ihr Aktienbesitz unstreitig sei. Die Antragstellerin hat sich zu dieser Frage nicht geäußert. Nach Ansicht der Oberlandesgerichte Frankfurt (AG 2010, 508) und Nürnberg (GWR 2010, 498 = BeckRS 2010, 23752) soll der zu führende Nachweis immer dann entbehrlich sein, wenn der Aktienbesitz zwischen den Parteien unstreitig ist. Zur Begründung wird auf den Urkundenprozess verwiesen. 
Dem vermag der Senat nicht beizutreten. Der Wortlaut der Vorschrift erscheint vielmehr eindeutig: er ordnet einen Nachweis als solchen an und legt auch das gebotene Mittel des Nachweises fest. Der Gesetzgeber hat gerade nicht in § 246 a Abs. 2 Nr. 2 AktG sinngemäß nur formuliert, ein Beschluss nach § 246 a Abs. 1 AktG ergeht, es sei denn, der Kläger verfügt über einen hinreichenden Aktienbesitz. Vielmehr handelt es sich bei § 246 a Abs. 2 Nr. 2 AktG - wie auch bei § 246 a Abs. 2 Nr. 1 und 3 AktG - um ein materiellrechtliches Freigabekriterium (Beck´sches Handbuch der AG, 2. Aufl., § 9 Rn. 292). Gegen die Deutung als bloße Verfahrensvorschrift spricht bereits der Umstand, dass es nach dieser Ansicht genügen würde, wenn der Aktienbesitz erst in der mündlichen Verhandlung unstreitig würde. Dieses Ergebnis ließe sich aber mit der vom Gesetzgeber ausdrücklich geforderten Wochenfrist nicht vereinbaren, die nach einhelliger Auffassung eine materiellrechtliche Ausschlussfrist ist, also weder verlängert werden kann noch der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugänglich ist. 
Selbst wenn man einem lediglich verfahrensrechtlichen Verständnis der Vorschrift näher treten wollte, so müsste, soll die Wochenfrist ihren Sinn behalten, zumindest innerhalb dieser Frist der Aktienbesitz unstreitig sein. Unstreitig sein kann aber nur ein Vorbringen, das von einer Partei in das Verfahren eingeführt worden ist. Hier hat die Antragsgegnerin erst lange nach Ablauf der Wochenfrist auf den Antrag erwidert. 
Der hinreichende Aktienbesitz der Antragsgegnerin ist auch nicht offenkundig, § 291 ZPO. Denn den früheren Freigabeverfahren - KG 14 AktG 1/09 und KG 14 AktG 1/10 - lagen Beschlüsse anderer Hauptversammlungen zugrunde, so dass andere Haltezeiträume maßgeblich waren.  
Der Umstand, dass die Antragstellerin nur vinkulierte Namensaktien ausgibt, ändert an diesem Ergebnis nichts. Der Gesetzgeber hat das Erfordernis des Nachweises des Erreichens des Quorums binnen Wochenfrist für das Freigabeverfahren generell aufgestellt und gerade nicht einen bestimmten Aktientyp davon ausgenommen. Durch dieses Erfordernis ist die Antragsgegnerin auch nicht benachteiligt. Zum einen musste sie damit rechnen, dass sich die Antragstellerin gegen die von ihr erhobene Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage mit dem Freigabeverfahren wehren würde, so dass ihr auch genügend Zeit zur Beschaffung der notwendigen Urkunde zur Verfügung stand. Zum anderen ist der mit dem Urkundennachweis verbundene Aufwand vom Gesetzgeber für angemessen gehalten worden, weil er ersteren sonst nicht gefordert hätte. 
Unabhängig von dem Vorstehenden erscheint auch das alsbaldige Wirksamwerden der Hauptversammlungsbeschlüsse vorrangig, weil die von der Antragstellerin dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für die Antragsgegnerin überwiegen und keine besondere Schwere der gerügten Rechtsverstöße vorliegt, § 246 a Abs. 2 Nr. 3 AktG. 
Im Rahmen der Interessenabwägung ist das rein wirtschaftliche Interesse der einzelnen Antragsgegner - nicht der Aktionärsgemeinschaft - unter Außerachtlassen der gerügten Rechtsverstöße gegen die Unternehmensnachteile und die Nachteile der übrigen Aktionäre abzuwägen, die in der Gesamtheit aller nicht vernachlässigbaren wirtschaftlichen Nachteile bestehen (BT-Drucks. 16/13098, S. 42). 
Hier ist die Antragstellerin von Insolvenz bedroht, wie der Jahresabschluss 2009 ausweist. Darauf, ob das Sanierungsgutachten der K## vom 09.8.2009 belastbare Aussagen enthält, was die Antragsgegnerin in Abrede stellt, kommt es nicht an. Maßgebend für die Abwägung der wirtschaftlichen Interessen und der dabei zu beachtenden finanziellen Lage der Antragstellerin ist ausschließlich der letzte Jahresabschluss (KG, Beschluss vom 18.5.2010, 14 AktG 1/10, S. 7), gegen den die Antragsgegnerin im Einzelnen keine substantiierten Einwendungen erhoben hat. 
Zudem erscheint die positive Fortbestehensprognose schon allein aufgrund des Umstandes gerechtfertigt zu sein, dass die Kredit gebenden Banken bei Erfüllung der Sanierungsantrengungen bereits sind, in zwei Schritten auf Kreditforderungen von insgesamt 53,79 Mio. € (Darlehen I und im Falle der Tilgung des Rest-Darlehens I auch Zusatz-Darlehen II) zu verzichten. Die Antragsgegnerin leugnet nicht den Verzicht als solchen, sondern die auflösende Bedingung einer Kapitalerhöhung bis zum 31.12.2010, dies jedoch zu Unrecht, wie bereits aus Anlage 3.9-2 zu § 3 der Sanierungsvereinbarung vom 28.8.2009 (Anlage CC 9) und aus dem ersten Nachtrag vom 11.5.2010 (Anlage CC 10) folgt. Würde der Beschluss nicht frei gegeben, so entfiele der Verzicht der Banken - allerdings nur in Höhe von 27.261.172,25 €, da ausweislich § 4.3 des ersten Nachtrages der in § 3.1 erklärte Verzicht I der Banken nicht (mehr) unter den in Anlage 3.9-2 aufgelisteten auflösenden Bedingungen stehen soll. Ferner entstünden der Antragstellerin durch die erneute Einberufung der Hauptversammlung weitere Kosten. Demgegenüber trägt die Antragsgegnerin keine ihr bei Freigabe der Beschlüsse drohenden Nachteile vor. Solche sind auch nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die beschlossene und von der Antragsgegnerin auch ausgeübte Bezugsberechtigung gemäß § 186 Abs. 1 AktG eine Verwässerung ihrer Beteiligung an der Antragstellerin nicht befürchten lässt. 
Dem Ergebnis der Interessenabwägung steht kein besonders schwerwiegender Rechtsverstoß gegenüber. Ein solcher wäre nicht ohne weiteres schon in einem Nichtigkeitsgrund zu sehen. Vielmehr muss es sich um einen Verstoß handeln, der so krass rechtswidrig ist, dass eine Eintragung und damit eine Durchführung des Beschlusses ohne vertiefte Prüfung im Hauptsacheverfahren für die Rechtsordnung unerträglich wären. Dies kommt nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/13098, S. 42) etwa in Betracht bei einer Verletzung elementarer Aktionärsrechte, die durch Schadensersatz nicht angemessen zu kompensieren wäre. Als Beispiel ist die Beschlussfassung in einer "Geheimversammlung" zu nennen, die bewusst zu diesem Zweck nicht ordnungsgemäß einberufen wurde; ferner etwa absichtliche Verstöße gegen Gleichbehandlungsgebot und Treupflicht mit schweren Folgen; völliges Fehlen der notariellen Beurkundung bei der börsennotierten Gesellschaft. Andererseits kann auch ein Verstoß gegen nicht individualschützende Normen zur Versagung der Freigabe führen, etwa wenn ein Beschluss mit besonders grundlegenden Strukturprinzipien des Aktienrechts nicht vereinbar wäre (Herabsetzung des Grundkapitals der AG endgültig auf einen Nennbetrag unter den zulässigen Betrag). Solches hat die Antragsgegnerin indes nicht dargetan. 
Die Übernahme der so genannten provisorischen Versammlungsleitung durch den beurkundenden Notar erweist sich im Ergebnis als unschädlich. Die Satzung der Antragstellerin sieht als Versammlungsleiter den Vorsitzenden des Aufsichtsrats vor, hilfsweise ein Aufsichtsratsmitglied und höchst hilfsweise die Wahl des Leiters durch die Hauptversammlung unter Übernahme der Wahlleitung durch den beurkundenden Notar. Da hierdurch keine Aufgabe als Aufsichtsratsmitglied geschaffen wird (Ziemons in Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. § 129, Rn. 38) und auch eine Pflicht zur Übernahme des Amtes nicht besteht (Wicke in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., Anh. § 119, Rn. 4; a.A. Mülbert in GroßKomm/AktG, 4. Aufl., vor § 118-147, Rn. 81), kommt es nicht darauf an, ob der Aufsichtsratsvorsitzende aus triftigem Grund an der Übernahme der Versammlungsleitung gehindert war. Die Übernahme der provisorischen Versammlungsleitung durch den Notar entsprach zwar der Satzung der Antragstellerin, begegnet aber rechtlichen Bedenken. Im Hinblick auf §§ 130 Abs. 1 Satz 3, 182 Abs. 1, 293 Abs. 2 AktG waren die hier in Rede stehenden Beschlüsse von einem Notar zu beurkunden. Der Notar ist aber nach einhelliger Ansicht von der Versammlungsleitung ausgeschlossen (Drinhausen in Hölters, AktG, Anh. § 129, Rn. 2; Wicke in Spindler/Stilz, aaO., Anh. § 119, Rn. 2; Ziemons in Schmidt/Lutter, aaO., § 129, Rn. 43). Da dem provisorischen Versammlungsleiter bis zur Beschlussfassung sämtliche Ordnungsbefugnisse zustehen (Wicke in Spindler/Stilz, aaO., Anh. § 119, Rn. 3) und er in seiner Eigenschaft als Wahlleiter ggfs. Entscheidungen zu Hergang und Ergebnis der Wahl des Versammlungsleiters zu treffen hat, erachtet der Senat den Notar auch von der provisorischen Versammlungsleitung als ausgeschlossen. Die provisorische Versammlungsleitung obliegt in einem solchen Falle vielmehr demjenigen, der die Hauptversammlung einberufen hat (Drinhausen in Hölters, aaO., Anh. § 129, Rn. 2; Wicke in Spindler/Stilz, aaO., Anh. § 119, Rn. 3), nach anderer Ansicht dem ältesten anwesenden Aktionär oder Aktionärsvertreter (Ziemons in Schmidt/Lutter, aaO., § 129, Rn. 39). Soweit die Antragstellerin für ihre Auffassung, auch der zur Beurkundung hinzugezogene Notar könne die provisorische Versammlungsleitung übernehmen, auf Literaturstellen verweist, tragen die genannten Zitate ihre Ansicht nicht. Die bloße Durchführung einer angemaßten Übernahme des Versammlungsvorsitzes durch eine hierzu nicht ordnungsgemäß berufene Person führt zur Anfechtbarkeit der in der Folge gefassten Sachbeschlüsse (vgl. Wicke in Spindler/Stilz, aaO.). Die Wahl des Versammlungsleiters stellt allerdings keinen solchen Sachbeschluss dar. Dass die Wahl Dr. S##### zum Versammlungsleiter als solche fehlerhaft gewesen wäre, behauptet die Antragsgegnerin nicht. Folglich kann auch die Wahl des Aufsichtsrates nicht aus diesem Grunde fehlerhaft gewesen sein. 
Dem zu TOP 5.2 gemäß § 182 AktG gefassten Beschluss über eine Kapitalerhöhung um bis zu 12,5 Mio. € haftet ebenfalls kein schwerer Rechtsverstoß an. Die Kapitalerhöhung muss (erst) bei der Anmeldung ihrer Durchführung auf einen bestimmten Betrag lauten. Der Beschluss muss den Betrag selbst nicht festsetzen, ausreichend ist die Angabe eines Mindest- und Höchstbetrages oder - wie hier - nur des Höchstbetrages (Hüffer, aaO., § 182 Rn. 12). Zwar ist der Antragsgegnerin zuzugeben, dass in einem solchen Fall der Zeitraum festzulegen ist, in dem die Zeichnungen vorgenommen werden können (Hüffer, aaO.). Solches ergibt sich hinsichtlich eines Teils von 6,25 Mio. Stückaktien aber hinreichend deutlich aus Absatz 4 des Beschlusses, wonach dieser ungültig wird, wenn nicht bis zum Ablauf des 31.12.2010 mindestens 6,25 Mio. neue Stückaktien gezeichnet sind. Allerdings kann eine Kapitalerhöhung nicht in mehreren Tranchen durchgeführt werden. Soweit danach die Möglichkeit verbleibt, dass die zweite Hälfte der Stückaktien erst später gezeichnet wird, erachtet der Senat diesen Mangel jedenfalls nicht als so krass rechtswidrig, dass eine Eintragung und damit eine Durchführung des Beschlusses für die Rechtsordnung unerträglich wäre (vgl. auch KG, Beschuss vom 18.5.2010, 14 AktG 1/10). Denn die Antragstellerin läuft nur Gefahr, dass die Kapitalerhöhung lediglich in dem Umfang wirksam wird, in dem sie bis zum 31.12.2010 durchgeführt wurde. Hierdurch wäre der Hauptversammlungsbeschluss verbraucht mit der Folge, dass die Antragstellerin eine weitere Kapitalerhöhung aufgrund desselben Beschlusses nicht mehr vornehmen kann (OLG München NZG 2009, 1274). 
Die Mittel aus der beschlossene Kapitalerhöhung stehen auch zur freien Verfügung der Antragstellerin. Der Umstand, dass mit ihnen im laufenden Geschäftsbetrieb offene Verbindlichkeiten der Gesellschaft befriedigt und sie damit auch zur Tilgung offener Bankverbindlichkeiten, hier vor allem der Kreditforderungen der C### S### aus deren Zwischenfinanzierungsdarlehen, eingesetzt werden können, hindert - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - die freie Verfügbarkeit i.S.d. § 36 Abs. 2 AktG nicht (vgl. BGH NJW 1991, 226, 227; BGH NZG 2005, 976, zitiert nach juris Rn. 13; KG, Beschluss vom 18.5.2010, 14 AktG 1/10). Schuldrechtliche Verwendungsabsprachen - wie z.B. die hiesige Sanierungsvereinbarung vom 29.8.2009 -, durch die die Geschäftsführung der Gesellschaft verpflichtet wird, mit den in Vollzug einer Kapitalerhöhung eingezahlten Mitteln in bestimmter Weise zu verfahren, sind aus Sicht der Kapitalaufbringung unschädlich, wenn sie weder mittelbar noch unmittelbar dazu bestimmt sind, die eingezahlten Mittel wieder an den Einleger zurückfließen zu lassen, sondern allein der Umsetzung von Investitionsentscheidungen der Gesellschafter oder sonstiger, der Weisung der Gesellschafter unterliegender geschäftspolitischer Zwecke dienen (BGH NJW 1991, 226, 227; BGH NZG 2005, 976, zitiert nach juris Rn. 13). 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert für das Verfahren beläuft sich auf 55.000 €, hinsichtlich des TOP 5.2 auf 25.000 € und hinsichtlich der Anträge zu TOP 6.1, 6.2 und 6.3 auf je 10.000 €. 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 246 a Abs. 3 Satz 4 AktG. Die Frage der Zulassung der Rechtsbeschwerde stellt sich daher trotz der Abweichung von den Entscheidungen des OLG Frankfurt und des OLG Nürnberg nicht. 
 

stats