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Wirtschaftsrecht
09.03.2023
Wirtschaftsrecht
EuGH: Nachweis der Zuschussfähigkeit der Ausgaben für Strukturfonds

EuGH, Urteil vom 2.3.2023 – C-31/21, Eurocostruzioni Srl gegen Regione Calabria

ECLI:EU:C:2023:136

Volltext: BB-Online BBL2023-577-2

unter www.betriebs-berater.de

Tenor

1. Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1685/2000 der Kommission vom 28. Juli 2000 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates hinsichtlich der Zuschussfähigkeit der Ausgaben für von den Strukturfonds kofinanzierte Operationen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 448/2004 der Kommission vom 10. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie es dem Endbegünstigten einer Finanzierung für den Bau eines Gebäudes, der dieses mit eigenen Mitteln errichtet hat, nicht erlaubt, die entstandenen Ausgaben durch Vorlage anderer als der in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Unterlagen nachzuweisen.

2. Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 448/2004 der Kommission vom 10. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass bei einem Endbegünstigten einer Finanzierung für den Bau eines Gebäudes, der dieses mit eigenen Mitteln errichtet hat, ein Maßbuch und ein Buchhaltungsregister nur dann als „gleichwertige Buchungsbelege“ im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden können, wenn diese Unterlagen in Anbetracht ihres konkreten Inhalts und der einschlägigen nationalen Vorschriften geeignet sind, die tatsächliche Entstehung der von dem Endbegünstigten getätigten Ausgaben nachzuweisen, indem sie ein getreues und genaues Bild dieser Ausgaben vermitteln.

 

Aus den Gründen

 

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1685/2000 der Kommission vom 28. Juli 2000 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates hinsichtlich der Zuschussfähigkeit der Ausgaben für von den Strukturfonds kofinanzierte Operationen (ABl. 2000, L 193, S. 39) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 448/2004 der Kommission vom 10. März 2004 (ABl. 2004, L 72, S. 66) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1685/2000).

 

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Eurocostruzioni Srl und der Regione Calabria (Region Kalabrien, Italien) über die Zahlung des Restbetrags eines Zuschusses für den Bau und die Inneneinrichtung eines Hotels sowie der dazugehörigen Sportanlagen in der Gemeinde Rossano (Italien) im Rahmen des von der Europäischen Kommission für die Region Kalabrien genehmigten Regionalen operationellen Programms (ROP) 2000-2006.

 

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung (EG) Nr. 1260/1999

 

3          In den Erwägungsgründen 35, 41 und 43 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds (ABl. 1999, L 161, S. 1) hieß es:

 

„(35)     Im Rahmen der dezentralisierten Durchführung der Strukturfondstätigkeiten durch die Mitgliedstaaten müssen Garantien in Bezug auf die Modalitäten und die Qualität der Durchführung, die Ergebnisse und ihre Bewertung, die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und deren Kontrolle gegeben werden.

(41)      Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sollten für die zuschussfähigen Ausgaben die einschlägigen nationalen Vorschriften gelten, wenn entsprechende Gemeinschaftsvorschriften fehlen; die Kommission kann diese erforderlichenfalls erlassen, um einen einheitlichen und ausgewogenen Einsatz der Strukturfonds in der Gemeinschaft sicherzustellen. …

(43)      Die wirtschaftliche Haushaltsführung ist dadurch sicherzustellen, dass die Ausgaben belegt und bescheinigt werden und die Zahlungen von der Einhaltung der wesentlichen Verpflichtungen in Bezug auf die Begleitung der Programmplanung, die Finanzkontrolle und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts abhängig gemacht werden.“

 

4          Art. 30 Abs. 3 dieser Verordnung bestimmte:

„Für die zuschussfähigen Ausgaben gelten die einschlägigen nationalen Vorschriften, es sei denn, die Kommission stellt, falls erforderlich, gemeinsame Regeln für die Zuschussfähigkeit der Ausgaben nach dem Verfahren des Artikels 53 Absatz 2 auf.“

 

5          Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung lautete:

„Die Zahlungen können in Form von Vorauszahlungen, Zwischenzahlungen oder Restzahlungen geleistet werden. Die Zwischenzahlungen und Restzahlungen betreffen die tatsächlich getätigten Ausgaben, die sich auf die von den Endbegünstigten getätigten Zahlungen beziehen, welche durch quittierte Rechnungen oder gleichwertige Buchungsbelege belegt sind.“

 

6          In Art. 38 Abs. 1 der Verordnung hieß es:

„Unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften übernehmen in erster Linie die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Finanzkontrolle der Interventionen. Zu diesem Zweck treffen sie unter anderem folgende Maßnahmen:

c)         Sie stellen sicher, dass die Interventionen in Übereinstimmung mit allen geltenden Gemeinschaftsvorschriften verwaltet und die für sie eingesetzten Fondsmittel nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung verwendet werden.

d)         Sie bescheinigen, dass die der Kommission vorgelegten Ausgabenerklärungen korrekt sind, und stellen sicher, dass sie auf Buchführungssystemen beruhen, die sich auf überprüfbare Belege stützen.

…“

 

Verordnung Nr. 1685/2000

7          Im fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1685/2000 heißt es:

„… [B]ei bestimmten Arten von Operationen hält die Kommission es im Interesse einer gemeinschaftsweit einheitlichen und angemessenen Durchführung der Strukturfondsinterventionen für notwendig, gemeinsame Regeln für die zuschussfähigen Ausgaben zu erlassen. Die Annahme einer Regel für eine bestimmte Art von Operation präjudiziert nicht, aus welchem der vorgenannten Fonds eine solche Operation kofinanziert werden kann. Die Annahme dieser Regeln sollte die Mitgliedstaaten in bestimmten näher anzugebenden Fällen nicht daran hindern, strengere nationale Vorschriften anzuwenden. …“

 

8          Regel Nr. 1 („Tatsächlich getätigte Zahlungen“) Ziff. 2.1 des Anhangs („Regeln für die Zuschussfähigkeit“) der Verordnung Nr. 1685/2000 lautet:

„In der Regel sind die von den Endbegünstigten als Zwischenzahlungen und Restzahlungen getätigten Zahlungen durch quittierte Rechnungen zu belegen. In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, sind diese Zahlungen durch gleichwertige Buchungsbelege zu belegen.“

 

Italienisches Recht

Gesetz Nr. 59 vom 15. März 1997

9          Art. 4 Abs. 4 Buchst. c der Legge n. 59 – Delega al Governo per il conferimento di funzioni e compiti alle regioni ed enti locali, per la riforma della pubblica amministrazione e per la semplificazione amministrativa (Gesetz Nr. 59 – Ermächtigung der Regierung zur Übertragung von Funktionen und Aufgaben an die Regionen und lokalen Gebietskörperschaften, zur Reform der öffentlichen Verwaltung und zur Verwaltungsvereinfachung) vom 15. März 1997 (GURI Nr. 63 vom 17. März 1997) sah die Übertragung von Verwaltungstätigkeiten und ‑aufgaben im Bereich der Regional‑, der Struktur- und der EU-Kohäsionspolitik auf die Regionen vor. Umgesetzt wurde diese Ermächtigung durch das Decreto legislativo n. 123 – Disposizioni per la razionalizzazione degli interventi di sostegno pubblico alle imprese, a norma dell’articolo 4, comma 4, lettera c), della legge 15 marzo 1997, n. 59 (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 123 – Bestimmungen zur Rationalisierung der Interventionen zur öffentlichen Unterstützung von Unternehmen nach Art. 4 Abs. 4 Buchst. c des Gesetzes Nr. 59 vom 15. März 1997) vom 31. März 1998 (GURI Nr. 99 vom 30. April 1998).

 

Regionalgesetz Nr. 7 vom 2. Mai 2001

10        Die Legge regionale n. 7 – Disposizioni per la formazione del bilancio annuale 2001 e pluriennale 2001/2003 della Regione Calabria (Legge Finanziaria) (Regionalgesetz Nr. 7 – Bestimmungen zur Aufstellung des Jahreshaushaltsplans 2001 und des mehrjährigen Haushaltsplans 2001/2003 der Region Kalabrien [Finanzgesetz]) vom 2. Mai 2001 (Bollettino ufficiale della Regione Calabria Nr. 41 vom 9. Mai 2001) sah „auch unter Verweis auf die Bestimmungen des von der Europäischen Kommission mit der Entscheidung C(2000) 2345 vom 8. August 2000 genehmigten Regionalen operationellen Programms (ROP) für Kalabrien 2000-2006“ die Möglichkeit der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen vor Ort durch Beihilfen nach der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. 2001, L 10, S. 33) vor. Art. 31c dieses Gesetzes sah vor, dass der Regionalausschuss von Kalabrien hierfür Rechtsakte mit Durchführungsbestimmungen für die Beihilfebewilligung erlässt.

 

Entscheidung Nr. 398 vom 14. Mai 2002

 

11        Mit seiner Entscheidung Nr. 398 vom 14. Mai 2002 genehmigte der Regionalausschuss von Kalabrien eine Vergabebekanntmachung (im Folgenden: Vergabebekanntmachung), deren Art. 8 auf die Verordnung Nr. 1685/2000 verwies und die Zuschussfähigkeit von Ausgaben für Grundstücke, Gebäude und Anlagen, Ausstattung und Einrichtung sowie Planung und Studien vorsah.

 

12        In Art. 9 der Vergabebekanntmachung fand sich die Vorgabe, dass für Gebäude und Anlagen die Arbeiten anhand der um 15 % erhöhten Preisliste des Beschaffungsamts der Region Kalabrien aus dem Jahr 1994 in Ansatz zu bringen waren und für die darin nicht vorgesehenen Positionen die vom Projektplaner geschätzten geltenden Marktpreise heranzuziehen waren.

 

13        Nach Art. 11 der Vergabebekanntmachung war die Auszahlung des Zuschusses durch den Bewilligungsbescheid mit den vom Endbegünstigten einzuhaltenden Auflagen zu regeln.

 

Bewilligungsbescheid

 

14        Der Bewilligungsbescheid Nr. 4457 vom 20. April 2004 (im Folgenden: Bewilligungsbescheid) enthielt Bestimmungen über die Unterlagen, die vom Endbegünstigten der Beihilfe zum Nachweis der getätigten Ausgaben vorzulegen waren. Danach war insbesondere in Bezug auf die ausgeführten Arbeiten die Vorlage der entsprechenden Rechnungsunterlagen erforderlich, einschließlich eines jeweils vom Endbegünstigten geführten und vom Bauleiter und von ihm ordnungsgemäß unterzeichneten Maßbuchs und Buchhaltungsregisters.

 

15        Schließlich konnte nach dem Bewilligungsbescheid der Zuschuss, der für die Ausführung von mit eigenen Mitteln durchgeführten Arbeiten zu zahlen war, erst festgesetzt werden, nachdem ein Abnahmeausschuss die Einhaltung der Grenzen, die in der Preisliste im Sinne von Art. 9 der Vergabebekanntmachung festgelegt waren, durch den Endbegünstigten überprüft hatte, d. h. nach Abnahme der Arbeiten auf der Grundlage der vorstehend genannten Rechnungsunterlagen (Maßbuch und Buchhaltungsregister).

 

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

 

16        Eurocostruzioni ist ein im Bausektor tätiges Unternehmen.

 

17        Im Anschluss an die Vergabebekanntmachung wurde diesem Unternehmen als Endbegünstigtem ein Kapitalzuschuss im Rahmen des regionalen operationellen Programms (ROP) 2000-2006 für den Bau eines Hotels, einschließlich seiner Inneneinrichtung, und von dazugehörigen Sportanlagen in der Gemeinde Rossano in der Region Kalabrien (Italien) gewährt. Die Kommission hatte in ihren Entscheidungen C(2000) 2050 vom 1. August 2000 und C(2000) 2345 vom 8. August 2000 den Förderrahmen und das operationelle Programm für die Region Kalabrien genehmigt.

 

18        Zuschussfähig im Rahmen dieses operationellen Programms waren u. a. Ausgaben für die Errichtung von Gebäuden und Anlagen. Gemäß Art. 9 der Vergabebekanntmachung konnten die Ausgaben für die Errichtung der Gebäude anhand der um 15 % erhöhten Standardpreisliste des Beschaffungsamts der Region Kalabrien aus dem Jahr 1994 und die darin nicht vorgesehenen Positionen bis zur Höhe der vom Projektplaner geschätzten geltenden Marktpreise in Ansatz gebracht werden.

 

19        Zu den vom Endbegünstigten selbst ausgeführten Arbeiten hieß es in dem Bewilligungsbescheid, dass er die vom Bauleiter und von ihm selbst unterzeichneten Buchführungsunterlagen über die Arbeiten, d. h. das Maßbuch und das Buchhaltungsregister, vorlegen müsse.

 

20        Eurocostruzioni errichtete das vorgesehene Bauwerk, erwarb das Mobiliar und legte der Region Kalabrien die im Bewilligungsbescheid verlangten Unterlagen vor, d. h. – für die Bauarbeiten – das Maßbuch und das Buchhaltungsregister. Nach Prüfung der Arbeiten erteilte der zuständige technische Ausschuss die Abnahmebescheinigung. Allerdings wurde der verbleibende Restbetrag des Zuschusses für die Bauarbeiten nicht ausgezahlt, da die Region Kalabrien der Auffassung war, dass das Unternehmen keine Rechnungen oder gleichwertigen Buchungsbelege im Sinne von Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 vorgelegt habe, auf die die Vergabebekanntmachung verweise.

 

21        Eurocostruzioni leitete daher ein Mahnverfahren beim Tribunale di Catanzaro (Gericht Catanzaro, Italien) ein, um von der Region Kalabrien die Zahlung des Restbetrags zu erreichen. Das angerufene Gericht gab der Klage mit Urteil vom 4. April 2012 statt und verurteilte die Region zur Zahlung des geforderten Betrags.

 

22        Die Region Kalabrien legte gegen dieses Urteil Berufung bei der Corte d’appello di Catanzaro (Berufungsgericht Catanzaro, Italien) ein. Mit Urteil vom 27. Oktober 2014 entschied das Berufungsgericht, dass in Anbetracht des Verweises auf die Verordnung Nr. 1685/2000 in der Vergabebekanntmachung die Zahlung des Restbetrags des Zuschusses die Vorlage quittierter Rechnungen oder gleichwertiger Buchungsbelege voraussetze, auch wenn die Arbeiten von Euroconstruzioni selbst ausgeführt worden seien. Es habe nämlich dem Unternehmen oblegen, geeignete Buchungsbelege zum Nachweis der Ausgaben beizubringen, die u. a. für den Erwerb von Material, die Anmietung von Fahrzeugen und die Bezahlung von Mitarbeitern oder Subunternehmern getätigt worden seien. Hierfür seien die vorgelegten Belege wie das Maßbuch und das Buchhaltungsregister notwendig, aber nicht ausreichend gewesen. Das Berufungsgericht gab daher der von der Region Kalabrien eingelegten Berufung statt.

 

23        Am 27. Oktober 2015 legte Eurocostruzioni Kassationsbeschwerde bei der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien), dem vorlegenden Gericht, ein. Zur Begründung machte sie u. a. geltend, Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000, die mit den Worten „in der Regel“ beginne, stelle nur einen allgemeinen Grundsatz auf, von dem Ausnahmen möglich seien. Außerdem habe sie die vorgesehenen Arbeiten ausgeführt und sämtliche im Bewilligungsbescheid geforderten Rechnungsunterlagen vorgelegt, so dass die auf die Verordnung Nr. 1685/2000 gestützte Weigerung der Region Kalabrien gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, den Redlichkeitsgrundsatz und den Grundsatz des berechtigten Vertrauens verstoße.

 

24        Das vorlegende Gericht fragt sich, wie Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 auszulegen sei und weist zudem darauf hin, dass dieser Anhang die unmittelbare Errichtung eines Gebäudes durch einen Endbegünstigten mittels eigener Materialien, Werkzeuge und Arbeitskräfte nicht vorzusehen scheine.

 

25        Unter diesen Umständen hat die Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.         Verlangt die Verordnung Nr. 1685/2000, insbesondere die „Ausgabenbelege“ betreffende Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 ihres Anhangs, dass der Nachweis der von den Endbegünstigten getätigten Zahlungen notwendigerweise durch quittierte Rechnungen erbracht werden muss, auch wenn die Finanzierung dem Begünstigten zur Errichtung eines Gebäudes mittels eigener Materialien, Werkzeuge und Arbeitskräfte bewilligt wurde, oder kann es davon eine andere Ausnahme geben als diejenige, die ausdrücklich für den Fall der Unmöglichkeit vorgesehen ist, in dem „gleichwertige Buchungsbelege“ vorzulegen sind?

2.         Wie ist der vorstehende Begriff „gleichwertige Buchungsbelege“ auszulegen?

3.         Steht die Verordnung insbesondere einer nationalen und regionalen Regelung sowie den anschließenden Verwaltungsmaßnahmen zu ihrer Durchführung entgegen, die für den Fall, dass die Finanzierung dem Begünstigten zur Errichtung eines Gebäudes mittels eigener Materialien, Werkzeuge und Arbeitskräfte bewilligt wird, ein System zur Kontrolle der durch die öffentliche Hand finanzierten Ausgaben mit folgenden Komponenten vorsehen:

a)         einer Vorabbezifferung der Arbeiten auf der Grundlage einer regionalen Preisliste für öffentliche Arbeiten sowie für die darin nicht vorgesehenen Positionen anhand der vom Projektplaner geschätzten geltenden Marktpreise,

b)         einer Anschlussrechnungslegung unter Vorlage der Rechnungsführung über die Arbeiten in Form des jeweils auf jeder Seite ordnungsgemäß vom Bauleiter und dem begünstigten Unternehmen unterzeichneten Maßbuchs und Buchhaltungsregisters sowie der Überprüfung und Bestätigung der ausgeführten Arbeiten auf der Grundlage der unter Buchst. a genannten Einheitspreise durch einen von der zuständigen Regionalverwaltung eingesetzten Abnahmeausschuss?

 

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

 

26        Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 dahin auszulegen ist, dass sie es dem Endbegünstigten einer Finanzierung für den Bau eines Gebäudes, der dieses mit eigenen Mitteln errichtet hat, erlaubt, die entstandenen Ausgaben durch Vorlage anderer als der in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Unterlagen nachzuweisen.

 

Zulässigkeit

 

27        Die Region Kalabrien hält die erste Frage für unzulässig, weil die erbetene Auslegung der Verordnung Nr. 1685/2000 in keinem Zusammenhang mit dem Ausgangsrechtsstreit stehe und das vorlegende Gericht nicht dargelegt habe, warum ihm diese Auslegung fraglich erscheine.

 

28        Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Fragen des nationalen Gerichts, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Der Gerichtshof kann das Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann zurückweisen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, das Problem hypothetischer Natur ist oder er nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 27. Oktober 2022, Proximus (Öffentliche elektronische Teilnehmerverzeichnisse), C‑129/21, EU:C:2022:833, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

29        Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass der Ausgangsrechtsstreit gerade die Verpflichtungen von Eurocostruzioni als Endbegünstigte nach der Verordnung Nr. 1685/2000 und insbesondere die Anforderungen betrifft, die sich aus Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 ihres Anhangs ergeben, deren Anwendbarkeit von der Region Kalabrien nicht bestritten wird. Außerdem hat das vorlegende Gericht, wie der Generalanwalt in Nr. 33 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, erklärt, weshalb die Auslegung dieser Vorschrift erforderlich ist.

 

30        Unter diesen Umständen sind die Einwände der Region Kalabrien gegen die Zulässigkeit der ersten Frage zurückzuweisen.

 

Beantwortung der Vorlagefrage

 

31        Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass für die Strukturfonds zum Zeitpunkt der Gewährung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zuschusses, d. h. am 20. April 2004, die Verordnung Nr. 1260/1999 galt. Art. 30 Abs. 3 dieser Verordnung in Verbindung mit ihrem 41. Erwägungsgrund ermächtigte die Kommission, erforderlichenfalls gemeinsame Regeln für die Zuschussfähigkeit der Ausgaben einzuführen, um einen einheitlichen und ausgewogenen Einsatz der Strukturfonds innerhalb der Union zu gewährleisten. Auf dieser Grundlage wurde die Verordnung Nr. 1685/2000 erlassen.

 

32        Für den Nachweis der Ausgaben eines Endbegünstigten sehen die Verordnung Nr. 1260/1999 und die Verordnung Nr. 1685/2000 unterschiedliche Anforderungen zum einen für Vorauszahlungen und zum anderen für Zwischenzahlungen und Restzahlungen vor.

 

33        Gemäß Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 3 Satz 2 der Verordnung Nr. 1260/1999 „[betreffen] die Zwischenzahlungen und Restzahlungen … die tatsächlich getätigten Ausgaben, die sich auf die von den Endbegünstigten getätigten Zahlungen beziehen, welche durch quittierte Rechnungen oder gleichwertige Buchungsbelege belegt sind“.

 

34        Dieses Erfordernis spiegelt sich in Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 wider, der vorsieht, dass „… die von den Endbegünstigten als Zwischenzahlungen und Restzahlungen getätigten Zahlungen [in der Regel] durch quittierte Rechnungen zu belegen [sind]. In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, sind diese Zahlungen durch gleichwertige Buchungsbelege zu belegen“.

 

35        Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung von Unionsvorschriften nicht nur ihr Wortlaut entsprechend ihrem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden (Urteil vom 22. Juni 2022, Leistritz, C‑534/20, EU:C:2022:495, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

36        Aus dem Wortlaut von Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 ergibt sich, dass die Ausgaben der Endbegünstigten „in der Regel“ durch quittierte Rechnungen oder, wenn dies nicht möglich ist, durch gleichwertige Buchungsbelege nachgewiesen werden müssen, um zuschussfähig im Sinne der Verordnung Nr. 1685/2000 zu sein. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin des Ausgangsverfahrens bezieht sich der Ausdruck „in der Regel“ eindeutig auf die im ersten Satz dieser Ziffer genannte Verpflichtung, quittierte Rechnungen vorzulegen, während die im zweiten Satz dieser Ziffer genannte Vorlage von gleichwertigen Buchungsbelegen die Ausnahme von dieser allgemeinen Regel darstellt.

 

37        Daher lässt der Wortlaut von Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 keine andere als die in dieser Vorschrift ausdrücklich vorgesehene Ausnahme zu.

 

38        Diese Auslegung wird durch den Kontext dieser Vorschrift bestätigt. So ergibt sich aus dem 43. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1260/1999, dass die Ausgaben „belegt und bescheinigt“ sein müssen, was für eine enge Auslegung des zweiten Satzes von Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 spricht, da quittierte Rechnungen und gleichwertige Buchungsbelege die einzigen Unterlagen sind, die diesem Erfordernis genügen können. Dies gilt umso mehr, als die Kommission einheitliche Regeln für zuschussfähige Ausgaben festlegen wollte, vorbehaltlich der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, strengere nationale Vorschriften anzuwenden, wie der fünfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1685/2000 zeigt.

 

39        Schließlich entspricht diese Auslegung auch dem in den Erwägungsgründen 35 und 43 sowie in Art. 38 Abs. 1 Buchst. c und d der Verordnung Nr. 1260/1999 genannten Ziel der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Nach diesen Bestimmungen sorgen die Mitgliedstaaten insbesondere dafür, dass die eingesetzten Fondsmittel nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung verwendet werden und dass die Ausgabenerklärungen auf Buchführungssystemen beruhen, die sich auf überprüfbare Belege stützen.

 

40        Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die durch Art. 32 der Verordnung Nr. 1260/1999 sowie durch Regel Nr. 1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 geschaffene Regelung auf dem Grundsatz der Kostenerstattung beruht (Urteil vom 24. November 2005, Italien/Kommission, C‑138/03, C‑324/03 und C‑431/03, EU:C:2005:714, Rn. 45).

 

41        Eine solche Erstattung kann es nur für Ausgaben geben, die tatsächlich entstanden und ordnungsgemäß belegt sind. Jede andere Auslegung des Erfordernisses des Nachweises dieser Ausgaben könnte die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der Strukturfonds gefährden. Insbesondere kann der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens vorgeschlagenen Lesart nicht gefolgt werden, wonach Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 lediglich eine allgemeine Orientierung darstelle, die andere Ausnahmen als die in dieser Vorschrift ausdrücklich genannte zulassen könne.

 

42        Im vorliegenden Fall begehrt Eurocostruzioni im Rahmen des Ausgangsverfahrens eine „Restzahlung“ im Sinne von Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1260/1999 und von Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000. Um zuschussfähig im Sinne dieser Verordnungen zu sein, müssen die Ausgaben, auf die sich der Antrag stützt, daher durch quittierte Rechnungen oder, wenn dies nicht möglich ist, durch gleichwertige Buchungsbelege nachgewiesen werden können.

 

43        Wie der Generalanwalt in den Nrn. 48 bis 50 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, kann der Umstand, dass der Endbegünstigte das Gebäude mit eigenen Mitteln errichtet hat, nicht dazu führen, dass er von den Nachweiserfordernissen befreit wäre, die in den Verordnungen Nrn. 1260/1999 und 1685/2000 vorgesehen sind.

 

44        Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 dahin auszulegen ist, dass sie es dem Endbegünstigten einer Finanzierung für den Bau eines Gebäudes, der dieses mit eigenen Mitteln errichtet hat, nicht erlaubt, die entstandenen Ausgaben durch Vorlage anderer als der in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Unterlagen nachzuweisen.

 

Zur zweiten und zur dritten Frage

45        Mit der zweiten und der dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 dahin auszulegen ist, dass bei einem Endbegünstigten einer Finanzierung für den Bau eines Gebäudes, der dieses mit eigenen Mitteln errichtet hat, ein Maßbuch und ein Buchhaltungsregister als „gleichwertige Buchungsbelege“ im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden können.

 

Zulässigkeit

 

46        Die Region Kalabrien hält die dritte Frage für unzulässig, weil das vorlegende Gericht den Zusammenhang zwischen der Verordnung Nr. 1685/2000 und den in der Vorlageentscheidung erwähnten nationalen und regionalen Regelungen nicht dargelegt habe, die im Übrigen unzureichend dargelegt worden seien.

 

47        Nach Art. 94 Buchst. b und c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist es Sache des vorlegenden Gerichts, u. a. den Wortlaut der einschlägigen nationalen Vorschriften sowie den Zusammenhang darzulegen, den es zwischen dem Unionsrecht und diesen Vorschriften herstellt.

 

48        Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht dieser Verpflichtung nachgekommen ist, indem es den Wortlaut der nationalen und regionalen Gesetze, der Vergabebekanntmachung und des Bewilligungsbescheids angegeben hat, die im Ausgangsverfahren in Rede stehen. Was den Zusammenhang zwischen den einschlägigen nationalen Bestimmungen und dem Unionsrecht angeht, hat die Region Kalabrien in ihren schriftlichen Erklärungen selbst eingeräumt, dass die Vergabebekanntmachung einen Verweis auf die Verordnung Nr. 1685/2000 enthielt.

 

49        Unter diesen Umständen sind die Einwände der Region Kalabrien gegen die Zulässigkeit der dritten Frage zurückzuweisen.

 

Beantwortung der Vorlagefragen

 

50        Zunächst ist festzustellen, dass weder die Verordnung Nr. 1260/1999 noch die Verordnung Nr. 1685/2000 den Begriff „gleichwertige Buchungsbelege“ definiert.

 

51        Wie in Rn. 35 des vorliegenden Urteils ausgeführt, sind bei der Auslegung von Unionsvorschriften nicht nur ihr Wortlaut entsprechend ihrem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden.

 

52        Mit dem Ausdruck „gleichwertige Buchungsbelege“ sind nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch alle Buchungsunterlagen gemeint, die wie quittierte Rechnungen geeignet sind, die tatsächliche Entstehung der von einem Endbegünstigten getätigten Ausgaben nachzuweisen, und denen daher ein Beweiswert zuerkannt wird, der dem quittierter Rechnungen vergleichbar ist.

 

53        Zum Kontext dieses Begriffs ist darauf hinzuweisen, dass das Recht, gleichwertige Buchungsbelege vorzulegen, eine Ausnahme von der allgemeinen Regel darstellt, wonach zum Nachweis der von einem Endbegünstigten getätigten Ausgaben quittierte Rechnungen vorzulegen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Ausnahme von einer allgemeinen Regel jedoch eng auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of the Garda Síochána u. a., C‑140/20, EU:C:2022:258, Rn. 40 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

 

54        Insoweit ist insbesondere die in Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 3 Satz 2 der Verordnung Nr. 1260/1999 aufgestellte Anforderung zu berücksichtigen, wonach Zwischenzahlungen und Restzahlungen die „tatsächlich getätigten Ausgaben [betreffen], die sich auf die von den Endbegünstigten getätigten Zahlungen beziehen“. Um dieser Anforderung zu genügen, muss sich der Gehalt des Begriffs „gleichwertige Buchungsbelege“ auf Buchungsunterlagen beschränken, die geeignet sind, die tatsächliche Entstehung der getätigten Ausgaben nachzuweisen und davon ein getreues und genaues Bild zu vermitteln, das den von dem betreffenden Endbegünstigten getätigten Zahlungen entspricht.

 

55        Insofern kann der von der italienischen Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen vorgeschlagenen weiten Auslegung, die eine Anerkennung von Arbeiten ohne unmittelbaren Bezug zu geleisteten Zahlungen allein auf der Grundlage einer Bewertung durch einen unabhängigen Gewerbetreibenden und/oder eine anerkannte amtliche Stelle ermöglichen würde, nicht gefolgt werden, da dies gegen Art. 32 der Verordnung Nr. 1260/1999 verstieße.

 

56        Diese enge Auslegung steht auch im Einklang mit dem Ziel der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und dem Grundsatz der Kostenerstattung, die in den Rn. 39 und 40 des vorliegenden Urteils angeführt wurden, da sie jede Gefahr der doppelten Berechnung von Ausgaben und des Betrugs zum Nachteil der Strukturfonds der Union verhindern soll.

 

57        Folglich ist, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen im Wesentlichen ausgeführt hat, festzustellen, dass „gleichwertige Buchungsbelege“ Rechnungsunterlagen sein können, die nach dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats zulässig sind, insbesondere wenn nach den nationalen Steuer- und Buchführungsregeln keine Rechnung auszustellen ist, und die geeignet sind, durch Vermittlung eines getreuen und genauen Bildes der getätigten Ausgaben deren tatsächliche Entstehung nachzuweisen.

 

58        Im vorliegenden Fall sieht die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung in Bezug auf einen Endbegünstigten, der ein Gebäude mit eigenen Mitteln errichtet hat, ein System zur Ausgabenkontrolle vor, das eine vorherige Quantifizierung der auszuführenden Arbeiten anhand eines Standardtarifs und eine nachträgliche Überprüfung verlangt, die auf der Feststellung der Ausführung dieser Arbeiten und der bloßen Vorlage eines Maßbuchs und eines Buchhaltungsregisters beruht. Die Vergabebekanntmachung verweist für die Definition der zuschussfähigen Ausgaben ausdrücklich auf die Verordnung Nr. 1685/2000. Zwar weist der Bewilligungsbescheid nicht auf die Verpflichtung hin, quittierte Rechnungen und/oder gleichwertige Buchungsbelege vorzulegen, um die im Rahmen der Bauarbeiten getätigten Ausgaben nachzuweisen, doch hat dies keine Auswirkung auf die Anwendbarkeit der Verordnung.

 

59        Unter diesen Umständen ist es, wie der Generalanwalt in den Nrn. 71 und 76 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob es der Klägerin des Ausgangsverfahrens unmöglich war, die entstandenen Ausgaben durch quittierte Rechnungen nachzuweisen, und, wenn eine solche Unmöglichkeit erwiesen ist, zu beurteilen, ob das Maßbuch und das Buchhaltungsregister in Anbetracht ihres konkreten Inhalts und der einschlägigen nationalen Vorschriften als „gleichwertige Buchungsbelege“ angesehen werden können.

 

60        Wie sich aus Rn. 54 des vorliegenden Urteils ergibt, wäre dies der Fall, wenn diese Unterlagen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Ausgangsverfahrens die tatsächliche Entstehung der getätigten Ausgaben entsprechend den von Eurocostruzioni getätigten Zahlungen nachweisen, indem sie ein getreues und genaues Bild dieser Ausgaben vermitteln.

 

61        Sollten sich dagegen das Maßbuch und das Buchführungsregister z. B. darauf beschränken, den Fortgang der Arbeiten allein unter Verweis auf eine vorherige Quantifizierung auf der Grundlage eines Standardtarifs festzuhalten, die abstrakten Charakter hat und in keinem objektiven Zusammenhang mit den tatsächlich getätigten Ausgaben steht, können diese Unterlagen nicht als „gleichwertige Buchungsbelege“ im Sinne von Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 angesehen werden.

 

62        Nach alledem ist auf die zweite und auf die dritte Frage zu antworten, dass Regel Nr. 1 Ziff. 2.1 des Anhangs der Verordnung Nr. 1685/2000 dahin auszulegen ist, dass bei einem Endbegünstigten einer Finanzierung für den Bau eines Gebäudes, der dieses mit eigenen Mitteln errichtet hat, ein Maßbuch und ein Buchhaltungsregister nur dann als „gleichwertige Buchungsbelege“ im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden können, wenn diese Unterlagen in Anbetracht ihres konkreten Inhalts und der einschlägigen nationalen Vorschriften geeignet sind, die tatsächliche Entstehung der von dem Endbegünstigten getätigten Ausgaben nachzuweisen, indem sie ein getreues und genaues Bild dieser Ausgaben vermitteln.

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