OLG Düsseldorf: Nachweis der Vertretungsberechtigung einer Gesellschaft (hier: englische private limited company) gegenüber dem Grundbuchamt
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.8.2014 – I-3 Wx 190/13
amtliche Leitsätze
1. Ist dem Grundbuchamt die Berechtigung zur Vertretung einer juristischen Person oder Gesellschaft nachzuweisen, weil von dieser eine zur Eintragung erforderliche Erklärung abgegeben oder eine Eintragung (hier: Löschung der Auflassungsvormerkung und Eintragung des Eigentumswechsels) beantragt wird, so erleichtert § 32 GBO die Führung des genannten Nachweises gegenüber dem (deutschen) Grundbuchamt dahin, dass (u.a.) die im Handelsregister eingetragene Vertretungsberechtigung durch eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 BNotO nachgewiesen wird.
2. Die durch §§ 32 GBO, 21 BNotO für das Grundbuchverfahren gezogenen Grenzen können nicht dadurch überwunden werden, dass einem deutschen Notar die Möglichkeit eingeräumt wird, unabhängig von der Existenz eines aussagekräftigen Registers (hier: beim Companies House Großbritannien) mit voller Beweiskraft eine Bescheinigung auszustellen, mit der er die Vertretungsberechtigung des directors einer englischen private limited company gegenüber dem Grundbuchamt „aufgrund elektronischer Einsichtnahme“ in das englische Register sowie Einsicht in weitere Unterlagen (z.B. minute book) bestätigt.
§ 29 GBO, § 32 GBO, § 21 Abs. 1 BNotO
Sachverhalt
I.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 1. August 2012 veräußerte der Beteiligte zu 1. als dort benannter Eigentümer den im hiesigen Beschlusseingang bezeichneten Grundbesitz an die Beteiligte zu 2., vertreten durch Herrn C. C.. Im Urkundeneingang heißt es zur Person des Herrn C. C.:
„hier handelnd nicht im eigenen Namen, sondern als alleiniger vertretungsberechtigter Direktor der im Companies House Großbritannien unter Nr. ... eingetragenen Z. LTD mit dem Sitz in Manchester/Großbritannien (Geschäftsanschrift: Manchester/Großbritannien), was der beurkundende Notar aufgrund elektronischer Einsichtnahme vom 01. August 2012 hiermit bescheinigt, ...“.
Mit Schrift des Notars vom 15. März 2013 haben die Beteiligten hinsichtlich der genannten Grundstücksveräußerung beantragt, die Löschung der Auflassungsvormerkung - unter bestimmten Voraussetzungen - sowie den Eintragungswechsel in das Grundbuch einzutragen. Mit der angefochtenen Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt beanstandet, zur Eigentumsumschreibung sei noch der Nachweis der Vertretungsberechtigung des Geschäftsführers durch eine gesiegelte Bescheinigung des notary public, versehen mit der Apostille der zuständigen Behörde, einzureichen. Hierfür hat sich das Grundbuchamt auf Schrifttum und ein Rechtsgutachten berufen.
Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 2. mit ihrem Rechtsmittel, mit dem sie zum einen der Sache nach die Auffassung vertritt, der vom Grundbuchamt geforderte Nachweis sei nicht erforderlich, zum anderen ein mit „Gutachterliche Stellungnahme des Notars‘“ überschriebenes und gesiegeltes Schriftstück des beurkundenden Notars vom 27. September 2013 zu den Akten reicht, wegen dessen Inhalt auf die Grundakte verwiesen wird.
Mit - näher begründetem - Beschluss vom 2. Oktober 2013 hat das Grundbuchamt dem Rechtsmittel der Beteiligten zu 2. nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte Bezug genommen.
Aus den Gründen
II.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2. ist gemäß §§ 71 Abs. 1, 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO als Beschwerde zulässig; in diesem Zusammenhang ist zu unterstellen, dass die Beteiligte zu 2. wirksam durch Herrn C. C. vertreten werde. Auch ist es nach der vom Grundbuchamt ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO. In der Sache ist es jedoch nicht begründet.
1.
Zutreffend ist das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass der vorliegende Fall in Anwendung des deutschen Grundbuchverfahrensrechts als lex fori zu beurteilen ist (vgl. OLG Dresden NZG 2008, S. 265 ff; OLG Köln FGPrax 2013, S. 18 ff; KG ZIP 2013, S. 973 ff).
Danach ist dem Grundbuchamt die Berechtigung zur Vertretung einer juristischen Person oder Gesellschaft nachzuweisen, wenn von dieser eine zur Eintragung erforderliche Erklärung abgegeben oder eine Eintragung beantragt wird (Demharter, GBO, 29. Aufl. 2014, § 32 Rdnr. 10). Hier ist der Vertretungsnachweis erforderlich, weil die Beteiligte zu 2. sowohl die Löschung der Auflassungsvormerkung als auch die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch bewilligt wie auch beantragt hat (§ 6 Nr. 1. und 2. des Veräußerungsvertrages vom 1. August 2012).
2.
Die Führung des genannten Nachweises gegenüber dem (deutschen) Grundbuchamt wird durch § 32 GBO, und nur durch diesen, erleichtert. Danach können die im Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- oder Vereinsregister eingetragenen Vertretungsberechtigungen, Sitzverlegungen, Firmen- oder Namensänderungen sowie das Bestehen juristischer Personen und Gesellschaften unter anderem durch eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 der Bundesnotarordnung nachgewiesen werden, § 32 Abs. 1 Satz 1 GBO. Gemäß § 21 Abs. 1 BNotO können Notare unter anderem Bescheinigungen über eine Vertretungsberechtigung einer juristischen Person oder Handelsgesellschaft mit der gleichen Beweiskraft wie ein Zeugnis des Registergerichts ausstellen, wenn sich diese Umstände aus einer Eintragung im Handelsregister oder in einem ähnlichen Register ergeben; allerdings muss sich der Notar zuvor über die Eintragung Gewissheit verschaffen, die auf Einsichtnahme in das Register oder in eine beglaubigte Abschrift hiervon beruhen muss, § 21 Abs. 2 Satz 1 BNotO. Diese Regelungen erweisen, dass die genannte Nachweiserleichterung nur für registerfähige Personen und Gesellschaften eröffnet ist, die in einem inländischen öffentlichen Register eingetragen sind. Auf ausländische juristische Personen und Gesellschaften können sie nicht angewendet werden, deren Bestehen und die Vertretungsbefugnis sind dem Grundbuchamt grundsätzlich in vollem Umfang, und zwar in der Form des § 29 GBO, nachzuweisen. Anders ist es, falls ein deutscher Notar aufgrund Einsicht in das deutsche Handelsregister der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft eine Berechtigung zur Vertretung der Gesellschaft bescheinigt. Auch kann ausnahmsweise die durch einen deutschen Notar aufgrund einer Einsicht in ein ausländisches Register ausgestellte Bescheinigung über eine Vertretungsberechtigung ausreichen, sofern zur Überzeugung des Grundbuchamtes feststeht, dass das ausländische Register seiner rechtlichen Bedeutung nach dem deutschen Register entspricht; dies wird nahezu einhellig für das beim Companies House - das keine dem deutschen Handelsregister vergleichbare Prüfungskompetenz hat - geführte englische Register verneint (KG DNotZ 2012, S. 604 ff und OLG Köln a.a.O., jeweils m. zahlr. Nachw.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 25. März 2014 ín Sachen 15 W 381/14; Pfeiffer Rpfleger 2012, S. 240/243; von Bernstorff, Einführung in das englische Recht, 1996, S. 51 f; Bauer/v.Oefele-Schaub, GBO, 3. Aufl. 2013, Int. Bezüge Rdnr. 139; Demharter a.a.O., § 32 Rdnr. 8 m.w. Nachw.; a.A. Meikel-Roth, GBO, 10. Aufl. 2009, § 32 Rdnr. 59).
Damit ist der Bereich, in dem ein deutscher Notar im vorliegenden Zusammenhang eine beweiskräftige Bescheinigung ausstellen kann, erschöpft. Hiervon zu unterscheiden ist die zumindest faktisch nachgelagerte Frage, auf welche Weise, falls eine Nachweiserleichterung durch Tätigkeit eines deutschen Notars nicht in Betracht kommt, eine Vertretungsberechtigung gegenüber dem Grundbuchamt durch Äußerungen eines ausländischen Notars nachgewiesen werden kann. Dessen Erklärungen fallen naturgemäß nicht unter § 21 Abs. 1 BNotO. Nach in der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung weitaus überwiegender Auffassung kann allerdings die Vertretungsmacht eines director einer englischen private limited company gegenüber dem Grundbuchamt durch die Bescheinigung eines englischen Notars nachgewiesen werden, der das Bestehen der Gesellschaft und die Vertretungsmacht nach Einsicht in das englische Register sowie in die dort befindlichen Unterlagen (memorandum und articles of association sowie Protokollbuch [minute book]) bestätigt, wobei die Bescheinigung nachvollziehbare Angaben zu den tatsächlichen Grundlagen der notariellen Feststellungen enthalten muss; denn sie ist nicht mit der Bestätigung nach § 21 BNotO vergleichbar, da sie nicht lediglich den von einer registerführenden Behörde geprüften Inhalt eines Registers wiedergibt, sondern auch auf einer eigenen Prüfung der beim Register vorhandenen Dokumente beruht, so dass es sich der Sache nach um eine gutachterliche Äußerung handelt. Nur im hiesigen Zusammenhang einer Bescheinigung eines englischen Notars über die Vertretungsverhältnisse einer private limited company schließlich wird erörtert, ob an diese in bestimmter Hinsicht - nämlich in Bezug auf eine Alleinvertretungsbefugnis - geringere Anforderungen zu stellen sind, falls die Gesellschaft nur einen einzigen director hat (KG DNotZ 2012, S. 604 ff; SchlHolstOLG NJW-RR 2012, S. 1063 ff; OLG Köln a.a.O.; OLG Nürnberg a.a.O.; Langhein NZG 2001, S. 1123/1125 und 1127; Pfeiffer a.a.O., S. 243 und 244; undeutlich ThürOLG, Beschluss vom 24. März 2014 in Sachen 3 W 31/14).
Mit dem Rechtsmittel wird nun im Ergebnis erstrebt, die durch §§ 32 GBO, 21 BNotO für das Grundbuchverfahren gezogenen Grenzen dadurch zu überwinden, dass einem deutschen Notar die Möglichkeit eingeräumt werden soll, unabhängig von der Existenz eines aussagekräftigen Registers eine Bescheinigung mit dem hier im Rahmen der Erklärung durch einen ausländischen Notar erörterten Inhalt auszustellen, und dies mit voller Beweiskraft. Dem kann nicht gefolgt werden. Zum einen beschränkt § 32 GBO die durch die Notarbescheinigung bewirkte Nachweiserleichterung ausdrücklich und mit auf der Hand liegenden Gründen auf registerfähige Personen und Gesellschaften, so dass die erwähnte Erleichterung beispielsweise auch nicht auf deutsche BGB-Gesellschaften Anwendung finden kann. Zum anderen ist es sachgerecht, die im Kern gutachterliche Äußerung über eine eigene Prüfung bei einer bestimmten Stelle vorhandener Dokumente nur dann genügen zu lassen, wenn diese von einer Urkundsperson des betreffenden Rechtskreises abgegeben wird. Dadurch, dass deren typischerweise weiterreichenden und tiefergehenden Kenntnis der fremden Rechtsordnung ausschlaggebendes Gewicht beizumessen ist, wird der deutsche Notar auch nicht ohne Sachgrund benachteiligt („diskriminiert“). Der von der Beschwerdeführerin angeführte Aufsatz von Pfeiffer (in: Rpfleger 2012, S. 240 ff), der die Möglichkeit einer gutachterlichen Stellungnahme durch einen deutschen Notar anspricht (S. 244), bezieht sich ausdrücklich auf das Handelsregisterverfahren, für das die gesetzliche Vorgabe des § 32 Abs. 1 Satz 1 GBO naturgemäß nicht gilt.
3.
Im gegebenen Fall genügt die im Veräußerungsvertrag enthaltene Bescheinigung des beurkundenden deutschen Notars schon deshalb nicht den Anforderungen des § 21 BNotO, weil in ihr nicht ersichtlich ist, in welches Register - oder in welche sonstigen Unterlagen - der Notar am 1. August 2012 Einsicht genommen hatte und welchen konkreten Inhalt die Eintragung, auf die er sich stützte, aufwies. Die gutachterliche Stellungnahme des Notars vom 27. September 2013 ist unzureichend, soweit sie sich auf eine Einsicht in das beim Companies House geführte Register bezieht; im übrigen überschreitet sie, da nicht mehr registergestützt, die zuvor beschriebenen Grenzen der §§ 32 GBO, 21 BNotO. Eine Bescheinigung eines englischen Notars ist nicht zu den Grundakten gereicht worden. Dies wäre im konkreten Fall indes umso eher angezeigt gewesen, als die Beteiligte zu 2. erst am 30. Juli 2012 gegründet und eingetragen sowie ihr director gleichfalls erst am 30. Juli 2012 bestellt worden sein soll, so dass der Frage der zeitlich unmittelbaren Wirksamkeit der zuvor beschriebenen Rechtshandlungen angesichts des schon am 1. August 2012 geschlossenen Veräußerungsvertrages besondere Bedeutung zukommt.
Da nach den oben unter 2. aufgezeigten Grundsätzen eine Nachweiserleichterung gemäß §§ 32 GBO, 21 BNotO hier insgesamt nicht in Betracht kommt, erweist sich damit die angegriffene Zwischenverfügung als berechtigt. Die im hiesigen Beschlussausspruch vorgenommene Klarstellung hat der Senat vorgenommen, weil der Begriff des notary public missverständlich erscheint (vgl. Pfeiffer a.a.O., S. 244 gegenüber OLG Nürnberg a.a.O.).
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Tragung der Gerichtskosten ergibt sich unmittelbar aus §§ 22 Abs. 1 i.V.m. 25 Abs. 1 GNotKG, und eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet schon deshalb aus, weil am Beschwerdeverfahren nur die Beschwerdeführerin teilgenommen hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO liegen nicht vor. Der Senat ist bei seinen entscheidungstragenden Erwägungen von bereits vorhandener - obergerichtlicher - Rechtsprechung nicht abgewichen.
Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 GNotKG.