LG Frankfurt: Nachweis der Legitimationsübertragung eines Aktionärsvertreters in der Hauptversammlung
LG Frankfurt, Urteil vom 18.12.2012 - 3-05 O 96/12 u. a.
Leitsatz
1. Hat die Gesellschaft in der Hauptversammlung einen Vertreter eines Aktionärs, der dort angab Legitimationsaktionär zu sein und Widerspruch gegen eine Beschlussfassung eingelegt hat, nicht wegen fehlenden Nachweises der Legitimationsübertragung zurückgewiesen, so kann sie im Anfechtungsprozess nicht damit gehört werden, der Aktionär sei mangels Legitimationsübertragung nicht in der Hauptversammlung anwesend gewesen und habe deswegen keinen Widerspruch eingelegt.
2. Selbst wenn kein Ausgleich nach § 304 AktG in dem Vertrag vereinbart wird, da die Untergesellschaft eine GmbH ist und nach dem Wortlaut des § 293a Abs. 1 S. 1 AktG, der von einer Erläuterung und Begründung des Ausgleichs nach § 304 AktG spricht, hierzu auch keine Erläuterung und Begründung geschuldet würde, hat der Vorstand der Obergesellschaft jedenfalls im Bericht an die Hauptversammlung die dem Vertrag zustimmen soll, den Vertrag im einzelnen wirtschaftlich zu erläutern seine Erwägungen zur Angemessenheit der jeweiligen versprochenen Leistung darzulegen.
Sachverhalt
Das Grundkapital der Beklagten beträgt EUR 142.336.000,00 und ist eingeteilt in 5.560.000 Stückaktien.
Hauptaktionärin der Beklagten ist die X 1 GmbH mit 75,22 %. Weitere 24,47 % hält die X 2, die restlichen 0,31 % befinden sich in Streubesitz.
Es besteht zwischen der Beklagten und ihrer Hauptaktionärin seit 29.8.2001 ein Gewinnabführungsvertrag, wonach die außenstehenden Aktionäre der Beklagten jährlich einen festen Ausgleich in Höhe von EUR 9,48 erhalten. Dieser Vertrag hatte eine feste Laufzeit bis 31.12.2006 und kann seitdem jährlich mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende von jedem Vertragspartner gekündigt werden. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage B6, Sonderband Anlagen BV) Bezug genommen.
Über die Höhe des Ausgleichs aus diesem Vertrag ist ein Spruchverfahren rechthängig, wobei erstinstanzlich (Beschluss LG Frankfurt am Main vom 25.1.2012 - 3-08 O 150/01 -) der Ausgleich auf EUR 18,25 p. a. je Aktie angehoben wurde.
Die Beklagte ist Gesellschafterin der X 1 (im Folgenden X 1) mit einem Anteil von 90 %. Weiterer Gesellschafter der X 1 ist die Y 1 mit 10 %.
Zwischen der Beklagten und Y 1 besteht in Bezug auf die X 1 ein Konsortialvertrag vom 29.5.2006, zu dem am 12.3.2012 eine Ergänzungsvereinbarung geschlossen wurde.
§ 7 des Konsortialvertrages enthält folgende Regelungen:
"(1) Die Gesellschaft betreibt für jeden Gesellschafter jeweils ein eigenständiges Profit Center (nachfolgend: Gesellschafter-Profit Center) nach betriebswirtschaftlich anerkannten Grundsätzen. In dem Gesellschafter-Profit Center wird das eingebrachte Geschäft des jeweiligen Gesellschafters abgebildet. Es besteht Einvernehmen zwischen den Gesellschaftern, dass sie jeweils am Ergebnis ihres Gesellschafter-Profit Center, und zwar ohne jeden Einfluss aus dem Ergebnis des Betriebs der anderen Gesellschafter-Profit Center, etwaigen Auswirkungen eines steuerlichen Querverbundes sowie einem Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag der Gesellschaft, teilnehmen.
(2) Für die Ermittlung des auf den jeweiligen Gesellschafter entfallenden Anteils am Jahresergebnis ist nicht auf das Jahresergebnis der Gesellschaft insgesamt, sondern zunächst lediglich auf das Ergebnis seines Gesellschafter-Profit Center abzustellen. Auf Basis des so ermittelten fiktiven Jahresergebnisses wird der auf die Gesellschaft entfallende ertragsteuerliche Steueraufwand bzw. Steuerertrag ermittelt und der Berechnung einer auf den jeweiligen Gesellschafter entfallenden Gewinnausschüttung zugrunde gelegt.
(3) In Ergänzung zum Jahresabschluss der Gesellschaft ist das Ergebnis der einzelnen Gesellschafter-Profit Center getrennt voneinander zu ermitteln und darzustellen. Die Ermittlung der jeweiligen Ergebnisse der Gesellschafter-Profit Center ist unter Berücksichtigung einer verursachungsgerechten Verteilung der Personal- und Sachkosten auf die Gesellschafter-Profit Center durchzuführen. Die Ergebnisermittlung für die jeweiligen Gesellschafter-Profit Center ist unter Achtung der Vorgaben des EnWG in nachvollziehbarer Form darzustellen und im Rahmen des Prüfungsauftrages vom beauftragten Wirtschaftsprüfer gesondert zu bestätigen.
(4) Soweit ein Gesellschafter-Profit Center mit einem Fehlbetrag abschließt, wird der betreffende Gesellschafter die Gesellschaft so stellen, dass diese in der Lage ist, die nach den vorstehenden Grundsätzen ermittelte Gewinnausschüttung zu entrichten, soweit eine solche nach den vorstehenden Regelungen an den anderen Gesellschafter zu zahlen ist. Die Gesellschaft erhält insoweit einen eigenen Anspruch gegenüber dem betreffenden Gesellschafter.
(5) Ein sich für die Gesellschaft ergebender Fehlbetrag, der aus einem Gesellschafter-Profit Center herrührt, ist unverzüglich durch den Gesellschafter, für den das Gesellschafter-Profit Center geführt wird, unmittelbar gegenüber der Gesellschaft auszugleichen, soweit der Fehlbetrag durch sein Gesellschafter-Profit Center verursacht wurde. Vorstehender Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Der Ausgleich hat so zu erfolgen, dass weder der Gesellschaft noch dem anderen Gesellschafter hierdurch irgendein Nachteil entsteht.
(6) Sollten sich rechtliche Rahmenbedingungen verändern und infolgedessen mit den getroffenen Regelungen der wirtschaftliche Erfolg des Gewollten nicht erreicht werden bzw. nicht erreichbar sein, werden die Partner unverzüglich die notwendigen Vereinbarungen treffen, einschließlich einer ggf. erforderlichen Anpassung des Gesellschaftsvertrags der Gesellschaft, um dem wirtschaftlich Gewollten Geltung zu verschaffen. Im Übrigen gelten die Regelungen des GmbH-Rechts."
Die Beklagte schloss am 6.6.2012 mit der X 1 einen Unternehmensvertrag mit der Beklagten als Obergesellschaft und der X 1 als Untergesellschaft, der als Teilbeherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bezeichnet ist.
Dort ist hinsichtlich der Ausgleichszahlung für die Minderheitsgesellschafterin folgende Regelunge enthalten:
§ 4„ Ausgleich
(1) F garantiert Y 1 als außenstehender Gesellschafterin einen angemessenen Ausgleich für die Dauer des Vertrages in Gestalt einer fixen Ausgleichszahlung in Höhe von 10% des auf Y 1 entfallenden anteiligen Stammkapitals der X 1. Übersteigt der auf das Gesellschafter-Profit Center der Y 1 entfallende Jahresüberschuss unter Berücksichtigung fiktiver Gewerbe- und Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag den Betrag der fixen Ausgleichszahlung, so erhöht sich der in Satz 1 genannte Ausgleich um den übersteigenden Betrag. Die Ausgleichszahlung wird unter Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag ausbezahlt.
(2) Die Ausgleichszahlung ist mit Feststellung des Jahresabschlusses der X 1 für das abgelaufene Geschäftsjahr fällig.
(3) Der Ausgleich wird erstmals für das volle Geschäftsjahr der X 1 gewährt, für das dieser Vertrag wirksam wird. Falls der Vertrag während eines Geschäftsjahres der X 1 endet oder X 1 während der Dauer des Vertrages ein weniger als 12 Monate dauerndes Geschäftsjahr bildet, vermindert sich der Ausgleich zeitanteilig. Dasselbe gilt, wenn Y 1 nicht während des gesamten Geschäftsjahres der X 1 an der Organgesellschaft beteiligt ist.
(4) Im Falle einer Erhöhung des Stammkapitals der X 1 aus Gesellschaftsmitteln vermindert sich der Ausgleich der Y 1 in dem Maße, dass der Gesamtbetrag des Ausgleichs unverändert bleibt.
(5) Falls das Stammkapital der X 1 durch Bareinlage unter Gewährung eines Bezugsrechts an die außenstehenden Gesellschafter erhöht wird, gelten die Rechte aus diesem § 4 auch für die von der Y 1 bezogenen Geschäftsanteile aus der Kapitalerhöhung."
Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die zur Akte gereihte Ablichtung (Anlage B 1, Sonderband Anlagen BV) Bezug genommen.
Die Beklagte hat hierzu gemeinsam mit der X 1 vor der Hauptversammlung der Beklagten vom 13.6.2012 einen schriftlichen Bericht erstattet.
Hier ist zur Ausgleichszahlung folgendes ausgeführt:
„Gemäß § 4 Abs. 1 des Gewinnabführungs- und Teilbeherrschungsvertrages garantiert F der Y 1 als außenstehender Gesellschafterin einen angemessenen Ausgleich für die Dauer des Vertrages in Gestalt einer fixen Ausgleichszahlung in Höhe von 10 % des auf Y 1 entfallenden anteiligen Stammkapitals der X 1. Übersteigt der auf das Gesellschafter-Profit Center der Y 1 entfallende Jahresüberschuss unter Berücksichtigung fiktiver Gewerbe- und Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag den Betrag der fixen Ausgleichszahlung, so erhöht sich der fixe Ausgleich um den übersteigenden Betrag. Die Ausgleichszahlung wird unter Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag ausbezahlt.
Mit dieser Regelung wird unter Fortschreibung des Rechtsgedankens aus dem Konsortialvertrag vom 29. Mai 2006 erreicht, dass die Y 1 den Gewinn ihres Gesellschafter-Profit Center auch im Rahmen einer Organschaft unter Anrechnung fiktiver Gewerbe- und Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag erhält. Umgekehrt wird eine angemessene Beteiligung der Y 1 als außenstehende Gesellschafterin am wirtschaftlichen Risiko erreicht und, dass F im Rahmen der Organschaft ausschließlich das Ergebnis ihres Profit Center-Ergebnisses zugewiesen erhält."
Wegen der Einzelheiten dieses Berichts wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage B8, Sonderband Anlagen BV) verwiesen.
Mit Beschluss vom 14.5.2009 - 3-05 O 106/09 - hatte das Landgericht Frankfurt am Main auf Antrag der Beklagten und der X 1 für den beabsichtigten Abschluss eines Teilbeherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages die Z AG (im Folgenden: Z) zur sachverständigen Prüferin gem. §§ 293b, 293c AktG bestellt.
Z hat am 23.4.2012 ihren Prüfbericht erstattet:
Dort sind zur Frage der Angemessenheit des Ausgleichs folgende Ausführungen gemacht:
„2. Angemessenheit des Ausgleichs
a) Ermittlung des angemessenen Ausgleichs
38. Aufgrund des Regelungsinhalts des GATBV sowie der damit sachlich verbundenen Zusatzvereinbarung zum Konsortialvertrag beschränkt sich die Prüfung der Angemessenheit des vertraglichen Ausgleichs auf die Frage, ob sich die außenstehenden Gesellschafter der X 1 GmbH nach Ab Schluss beider Vereinbarungen zumindest wirtschaftlich nicht schlechter stellen, als dies vor Vertragsabschluss gegeben war.
39. Die F AG ist mit 90 % und die Y 1 mit 10% am Stammkapital der X 1 GmbH von 500.000 EUR beteiligt. Die Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens aus der Beteiligung an der X 1 GmbH auf beide Gesellschafter regelt § 7 des Konsortialvertrags. Danach betreibt die X 1 GmbH für jeden Gesellschafter ein eigenes Profit-Center, wobei sich das gesamte Jahresergebnis der X 1 GmbH aus den für die einzelnen Profit-Center festgestellten Ergebnissen zusammensetzt. Nach § 7 Abs. 2 des Konsortialvertrags werden an die Gesellschafter Gewinne nach Maßgabe des jeweiligen Profit-Center-Gewinns ausgeschüttet. Entsprechendes gilt für in den einzelnen Profit-Centern entstandene Fehlbeträge, welche nach § 7 Abs. 4 und 5 vom jeweiligen Gesellschafter abzugleichen sind. F AG und Y 1 tragen damit nur die wirtschaftlichen Chancen und Risiken ihres jeweiligen Profit-Centers.
40. Die Regelungen des Konsortialvertrags sollen gemäß einer Zusatzvereinbarung vom 21. März 2012 auch nach Abschluss des Unternehmensvertrags der F AG und der X 1 GmbH soweit wie möglich beibehalten werden (vgl. Präambel zur Zusatzvereinbarung zum Konsortialvertrag vom 21. März 2012). Diese Zusatzvereinbarung zum Konsortialvertrag soll die in § 7 Abs. 4 und 5 getroffenen Regelungen des Konsortialvertrages vom 29. Mai. 2006 ersetzen. Eine vertragliche Änderung der Profit-Center-Struktur bedarf einer erneuten Vereinbarung zwischen der F AG mit der Y 1.
41. Dementsprechend sind die Regelungen des GATBV durch die fixe Ausgleichszahlung in Höhe von 10% auf dem der Y 1 zuzurechnenden Stammkapital und die Beteiligung am darüber hinausgehenden Gewinn des auf die Y 1 entfallenden Profit-Centers so ausgestaltet, dass die Y 1 im Falle eines die fixe Ausgleichszahlungen übersteigenden Ergebnisses des Gesellschafter-Profit-Centers der Y 1 weiterhin diesen Gewinnanteil erhält.
42. Zwar soll die Y 1 gemäß der Zusatzvereinbarung zum Konsortialvertrag vom 21. März 2012 eine Verlustausgleichszahlung an die X 1 GmbH leisten, soweit das der Y 1 zuzurechnende Gesellschafter-Profit-Center mit einem Verlust abschließt. Die Höhe der Verlustausgleichszahlung bemisst sich nach der Höhe des Verlustes des der Y 1 zuzuordnenden Gesellschafter-Profit-Centers vor Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme. Die fixe Ausgleichszahlung der Y 1 gebührt dieser jedoch zu jedem Zeitpunkt; die fixe Ausgleichszahlung erhöht nicht den seitens Y 1 zu übernehmenden Verlustausgleich gegenüber der X 1 GmbH. Der Konsortialvertrag und seine Zusatzvereinbarungen sind jedoch nicht Bestandteil der hier durchgeführten Vertragsprüfung.
43. Das mögliche Ertragspotential aus der Beteiligung der Y 1 an der X 1 GmbH wird somit durch den Abschluss des GATBV nicht verschlechtert. Damit bleibt die Y 1 wirtschaftlich so gestellt, wie vor Abschluss des Vertrags.
44. Etwaige Verluste entstehen rein aus dem operativen Geschäft des auf sie entfallenden Gesellschafter-Profit-Centers und nicht aus dem Abschluss des GATBV. Daher ist der Regelungszweck des § 304 AktG, die Sicherung der außenstehenden Aktionäre/Gesellschafter durch Kompensation der Verluste, die infolge von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen bei ihnen eintreten, erfüllt (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 10. Auflage 2010, § 304, Rn. 1).
45. Der im GATBV vorgeschlagene Ausgleich in Form einer fixen Zahlung von 10 % des auf die Y 1 als einziger außenstehender Gesellschafter entfallenden Stammkapitals der X 1 GmbH zuzüglich des Betrags, um den der auf das Gesellschafter-Profit-Center der Y 1 entfallende Jahresüberschuss unter Berücksichtigung fiktiver Gewerbe- und Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag den Betrag der fixen Ausgleichszahlung übersteigt, ist daher nach § 304 AktG in diesem Fall angemessen.
b) Angemessenheit der Methode zur Ermittlung des Ausgleichs
46. Gemäß § 293e Abs. 1 Nr. 2 AktG ist darzulegen, aus welchen Gründen die angewandte Methode zur Ermittlung des Ausgleichs angemessen ist. Jedoch bezieht sich der Begriff „Methode" nach Meinung der Literatur auf die Methoden der Unternehmensbewertung und die damit einhergehenden Vorgehensweisen bei Zweifelsfragen innerhalb der gewählten Bewertungsverfahrens (vgl. Emmerich, in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Auflage, § 293e Rn. 9 und 10; Hüffer, AktG, 10. Auflage, § 293e Rn. 5).
47. Vorliegend wurde keine Unternehmensbewertung durchgeführt. Daher kann eine Stellungnahme zur Angemessenheit der Methode gem. § 293e Abs. 1 Nr. 2 nicht erfolgen. Dies gilt auch für die Stellungnahme zur Anwendung verschiedener Methoden gem. § 293e Abs. 1 Nr. 3 AktG.
48. Die Angemessenheit der Ausgleichszahlung wird davon nicht berührt, vgl. hierzu auch unsere vorstehenden Prüfungsfeststellungen."
Wegen der Einzelheiten dieses Prüfberichts wird auf zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage B9, Sonderband Anlagen BV) Bezug genommen.
Die Gesellschafterversammlung der X 1 stimmte am 18.6.2012 diesem Vertrag einstimmig zu.
In der Hauptversammlung der Beklagten vom 13.6.2012 stimmten die Aktionäre der Beklagten zu Top 5 mit 5.545.022 Stimmen (= 99,99 %) diesem Vertrag zu.
Die Klägerin zu 1) nahm an dieser Hauptversammlung - auch in Vertretung der Klägerin zu 2), 4) und der Streithelferin und nach dem Protokoll als Legitimationsaktionär für den Kläger zu 3) - teil und stellte Fragen, die sie als nicht beantwortet rügte und erklärte für sich und die von ihr Vertretenen hiesigen Kläger zu 2 - 4) und Streithelferin Widerspruch gegen sämtliche Beschlüsse der Hauptversammlung. Wegen der Einzelheiten dieser Hauptversammlung wird auf das in Ablichtung zur Akte gereichte notarielle Protokoll des Notars Dr. X - UR-NR. 19/2012 (Anlage B3, Sonderband Anlagen BV) verwiesen.
Die Kläger und die Streithelferin sind der Ansicht, dass die Beschlussfassung zu Top 5 anfechtbar, ggf. nichtig sei.
Die Vorschriften der §§ 292 ff AktG seien auf den Unternehmensvertrag der Beklagten mit der X 1 anwendbar. Der Konsortialvertrag stelle einen Bestandteil des Unternehmensvertrages dar, hätte daher in diesen einbezogen, offen gelegt und geprüft werden müssen.
Die Verlustausgleichsvereinbarung im Konsortialvertrag sei nicht Gegenstand des Teilbeherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wobei unterschiedliche Kündigungsfristen bestünden.
Der Vertragsbericht und der Prüfbericht seien - jedenfalls im Hinblick auf die Ausgleichszahlung - mangelhaft. Die Parameter würden nicht erläutert.
Die Verlustregelung widerspreche der Zusatzvereinbarung, bzw. liege hier ein Verstoß gegen § 304 AktG vor. Der Vertrag sehe eine weder fixe noch variable Ausgleichszahlung vor, wobei ein variabler Ausgleich hier nicht statthaft sei.
Der Mindestausgleich in Höhe von 10 % stelle einen unzulässigen Sondervorteil dar, da dieser im Hinblick auf die in den letzten Jahren überwiegend vom Profit-Center der Stadtwerke Hanau erwirtschafteten Verluste überhöht sei.
Die bereits 2009 erfolgte Prüferbestellung sei verwirkt. Der Prüfbericht sei mangelhaft. Es hätte auch eine Abfindung in dem Unternehmensvertrag angeboten werden müssen.
In der Hauptversammlung sei es zu einer Informationsrechtsverletzung gekommen. Die Fragen der Klägerin zu 1) seien nicht beantwortet worden. Wegen der Einzelheiten der gestellten Fragen wird auf die Darstellung in der Klageschrift der Klägerin zu 1) vom 4.7.2012 (Bl. 24- 29 d. A.) verwiesen.
Die Kläger seien bereits zur Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagsordnung Aktionäre der Beklagten gewesen und seien dies noch.
Die Kläger und die Streithelferin beantragen,
den in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 13.6.2012 gefasste Zustimmungsbeschluss zu Tagesordnungspunkt Nr. 5 betreffend die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss eines Gewinnabführungs- und Teilbeherrschungsvertrages zwischen der Beklagten als Obergesellschaft und der X 1, Frankfurt am Main
für nichtig zu erklären,
bzw. hilfsweise die Nichtigkeit und höchst hilfsweise die Unwirksamkeit festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet, dass die Kläger zu 1, 2 und 4 bereits zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung Aktionäre der Beklagten gewesen seien.
Dem Kläger zu 3) fehle die Anfechtungsbefugnis. Die Voraussetzungen einer Legitimationsübertragung seien nicht dargelegt, so dass der Kläger zu 3) in der Hauptversammlung vom 13.6.2012 nicht als erschienen anzusehen sei, d.h. auch keinen Widerspruch eingelegt haben könne.
Die Beklagte meint, die Klageerhebungen seien rechtsmissbräuchlich. Die geltend gemachten Mängel seien irrelevant und die Klagen widersprächen dem wohlverstandenen Unternehmensinteresse. Die Kläger hätten nur geringen Aktienbesitz und es fehle das Rechtsschutzinteresse. Da die Kläger als außenstehende Aktionäre der Beklagen auch nur einen festen Ausgleich erhielten, sei es für sie unerheblich, in welcher Höhe die Beklagte gegenüber der X 1 im Unternehmensvertrag Verpflichtungen übernehme. Zudem handle es sich bei den Klägern um bekannte sog. „Berufskläger". Auch sei der Teilbeherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag für die Beklagte vorteilhaft, die Beklagte könne ohne weiteres in einer nächsten Hauptversammlung erneut den angegriffenen Beschluss fassen.
Es bestehe keine Abhängigkeit zwischen dem Konsortialvertrag und dem Unternehmensvertrag, so dass die Aktionäre hierzu weder zustimmen noch dieser in den Unternehmensvertrag einzubeziehen sei. Es handle sich dabei nur um einen ergebniswirksamen Vertrag, der für die Durchführung des Unternehmensvertrags unabhängig sei.
Die Beklagte ist der Auffassung, das die aktienrechtlichen Vorschriften zum Unternehmensvertrag d.h. u. a. die Berichtspflicht des § 293a und § 293b AktG und die Regelung des § 304 AktG hier nicht anwendbar seien, auch das Finanzamt habe ihn schon anerkannt.
Im Übrigen greife der Anfechtungsausschluss des § 243 Abs. 4 AktG ein.
Die Bestellung des Prüfers sei ordnungsgemäß gewesen und nicht verwirkt, da sich seit Bestellung der Sachverhalt nicht wesentlich geändert gehabt hätte.
Das Informationsrecht sei in der Hauptversammlung nicht verletzt worden. Bei den gestellten Fragen zu der X 1 handle es sich nicht um Angelegenheiten der Beklagten. Zudem seien in der Hauptversammlung die begehrten Auskünfte erteilt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Darstellung in der Klageerwiderung vom 17.9.2012, dort Bl. 28 ff (S. 213 ff d. A.) verwiesen
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Der zu TOP 5 gefasste Beschluss der Hauptversammlung vom 6.06.2012 verstößt gegen das Gesetz im Sinne des § 243 Abs. 1 AktG.
Die Kläger sind anfechtungsbefugt im Sinne des § 245 Nr. 1 AktG, weil sie durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen nachgewiesen haben, ihre Aktien bereits vor der Bekanntmachung der Einberufung im elektronischen Bundesanzeiger vom 24.4.2012 erworben zu haben und unstreitig während der Hauptversammlung Widerspruch zur Niederschrift des beurkundenden Notar erklärt haben.
Auch der Kläger zu 3) ist anfechtungsbefugt. Unbeachtlich ist, dass er sich in der streitgegenständlichen Hauptversammlung von der Klägerin zu 1) als Legitimationsaktionär hat vertreten lassen, da die in § 129 Abs. 3 AktG für die Hauptversammlung vorausgesetzte Ermächtigung sich nur auf die versammlungsbezogenen Rechte bezieht und an der Klagebefugnis des eigentlichen Aktionärs nichts ändert (vgl. OLG Stuttgart AG 2003, 588).
Die Beklagte kann sich vorliegend nicht darauf berufen, dass der Kläger zu 3) in der Versammlung keinen Widerspruch gegen die streitgegenständliche Beschlussfassung zur Protokoll erklärt habe, weil der Nachweis der Legitimationsübertragung nicht erfolgt sei.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob letztlich der Auffassung des KG (AG 2010, 166) - jedenfalls bei Sammelverwahrung der Aktien bei einer Wertpapiersammelbank - zu folgen ist, dass bei der der sog. Legitimationsübertragung gem. § 129 Abs. 3 Satz 1 AktG die Übertragung des Besitzes an den Aktien auf den Dritten als Vertreter erforderlich ist, der gegenüber der Gesellschaft als durch den Aktienbesitz legitimierter Vollrechtsinhaber auftritt, d.h. die Übergabe des Besitzes oder eines Übergabesurrogats erfolgen muss.
Es hätte der Beklagten oblegen, in der Hauptversammlung die Klägerin zu 1) als vertretungsbefugte Legitimationsaktionärin des Klägers zu 3) zurückzuweisen, wenn dort nicht der entsprechende Nachweis vorgelegt wurde, zumal die Teilnahme von Nichtbefugten ihrerseits ggf. zur Anfechtbarkeit führen kann (vgl. Kammerurteil vom 19.1.2010 - 3-05 O 381/09 -; Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Aufl., S. 121 Rz. 52). Da sie dies nicht getan hat, kann sie sich im vorliegenden Verfahren aus dem Rechtsgedanken des „venire contra factum proprium" der an das objektiven Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens anknüpft (vgl. BGH NZG 2010, 943), nicht auf eine nicht gegebene Legitimationsübertragung für die streitgegenständliche Hauptversammlung berufen und damit auch nicht auf einen nicht wirksam eingelegten Widerspruch durch die Klägerin zu 1) für den Kläger zu 3).
Die Anfechtungsklagen sind auch nicht rechtsmissbräuchlich erhoben.
Zwar ist weithin anerkannt, dass die Ausübung der Anfechtungsbefugnis ungeachtet ihrer Kontrollfunktion den für die private Rechtsausübung auch sonst geltenden Schranken - hier dem aus § 242 BGB folgenden Verbot des individuellen Rechtsmissbrauchs - unterliegt und dass eine rechtsmissbräuchlich erhobene Anfechtungsklage unbegründet ist (vgl. BGHZ 107, 296, 310 f.; Kammerurteil vom 2.10.2007 - 3-05 O 177/07 - AG 2007, 824). Da es zur Erhebung einer Anfechtungsklage eines berechtigten Eigeninteresses grundsätzlich nicht bedarf, kann eine Klageerhebung jedoch nur in Ausnahmefällen, für die die Gesellschaft die Darlegungs- und Beweislast trägt, als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Der Aktionär muss sachfremde, eigene Interessen verfolgen und somit das Klagerecht in zweckentfremdender Weise zum eigenen Vorteil nutzen. Ein solcher Ausnahmefall lässt sich vorliegend nach dem Vortrag der Beklagten nicht annehmen. Allein der Hinweis, dass die Kläger schon mehrfach als Anfechtungskläger gegen Hauptversammlungsbeschlüsse in Erscheinung getreten sind, genügt hier nicht. Hier ist zu beachten, dass grundsätzlich ein Aktionär berechtigt ist, den Bestand von Hauptversammlungsbeschlüssen gerichtlich klären zu lassen, weil rechtswidrige Beschlüsse nur durch Klage und Urteil vernichtet werden können (vgl. Kammerurteil vom 29.10.2012 - 3-05 O 107/12 -; Hüffer in MünchKomm, AktG, 3. Aufl., § 246 Rz. 17; Dörr in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. § 246 Rz. 4. m.w.Nachw.). Insoweit ist es auch unbeachtlich, dass die Aktionäre der Beklagten ggf. den angefochtenen Beschluss erneut fassen, bzw. bestätigen können. Auch diese Beschlüsse unterlägen ggf. einer Rechtmäßigkeitskontrolle durch Erhebung einer Anfechtungs-/Nichtigkeitsklage.
Sachwidrige Motive für die Klageerhebung hat die Beklagte nicht aufgezeigt, zumal nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die Eintragung des Vertrages in das Handelsregister bereits erfolgt ist, den Kläger daher auch nicht der Vorwurf einer sachwidrigen Blockade entgegen gehalten werden kann.
Die streitgegenständliche Beschlussfassung zu TOP 5 unterliegt der Anfechtung und ist für nichtig zu erklären,
Gem. § 293 Abs. 2 AktG, bedurfte es für den vorliegenden Unternehmensvertrag der Zustimmung der Aktionäre der Beklagten durch einen Hauptversammlungsbeschluss. Dabei ist unbeachtlich, dass die andere Vertragspartei eine GmbH ist (h. M. vgl. BGH NJW 1989, 295; NJW 1992, 1452; Paschos in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 293 Rz. 10; Hüffer, AktG, 10. Aufl. § 293 Rz. 17 m.w.Nachw.).
Dies bedingt aber auch, dass die Vorschriften des § 293a AktG Anwendung findet, d.h. der Vorstand der Beklagten hatte hier einen schriftlichen Bericht über den Unternehmensvertrag zu erstatten, in dem der Abschluss des Unternehmensvertrags, der Vertrag im Einzelnen und insbesondere Art und Höhe des Ausgleichs rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden musste.
Allein darauf abzustellen, dass nach dem Gesetzeswortlaut es sich für die Berichtspflicht um einen Ausgleich nach § 304 AktG handeln müsse, greift zu kurz, auch - was der Beklagten zuzugeben ist - § 304 AktG für den Ausgleich hier nicht unmittelbar anwendbar ist, da es sich bei der Untergesellschaft hier um eine GmbH handelt, nach deren Satzung alle Gesellschafter den Beschluss über den Abschluss des Unternehmensvertrages einstimmig fassen mussten, § 304 AktG jedoch von den außenstehenden Aktionären spricht.
Selbst wenn daher kein Ausgleich nach § 304 AktG in dem Vertrag vereinbart wird, und nach dem Wortlaut des § 293a Abs. 1 S. 1 AktG, der von einer Erläuterung und Begründung des Ausgleichs nach § 304 AktG spricht, hierzu auch keine Erläuterung und Begründung geschuldet würde, hat der Vorstand jedenfalls im Bericht den Vertrag im einzelnen wirtschaftlich zu erläutern seine Erwägungen zur Angemessenheit der jeweiligen versprochenen Leistung darzulegen (vgl. Veil in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 293a Rz. 15; Paschos in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 293a AktG, Rz. 6; Deilmann in Hölters AktG, § 293a Rz. 14; Hüffer, AktG, 10. Aufl. § 293a Rz. 6; Schubert in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., § 293a Rz. 4 jew. m.w.Nachw.).
Der Vorstandsbericht nach § 293a AktG bezweckt eine umfassende Information der Aktionäre in einem Fall, in dem durch eine aktienrechtliche Strukturmaßnahme in erheblichem Umfang in ihre Rechte als Aktionäre eingegriffen wird. Auf der Grundlage der im Vorfeld der Hauptversammlung übermittelten Informationen sollen die Aktionäre entscheiden können, inwieweit sie von ihrem Teilnahmerecht Gebrauch machen und insbesondere wie sie dann ihr Fragerecht sinnvoll ausnutzen, um eine informierte Entscheidung treffen zu können (vgl. Veil in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 293 a Rz. 1; Schubert in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., § 293a AktG, Rz. 1; Koppensteiner in KölnKomm AktG, 3. Aufl., § 293a Rz. 3).
Dies ist auch vorliegend gegeben.
Der streitgegenständliche Vertrag greift in die Rechte der Aktionäre der Beklagten als Obergesellschaft ein, weil neben der Verpflichtung zum Verlustausgleich die Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Ausgleichs an die Minderheitsgesellschafterin der Untergesellschaft zu einer Beeinträchtigung der Vermögensposition der Aktionäre der Obergesellschaft führt. Dabei ist unerheblich, dass die Aktionäre der Beklagten selbst derzeit keine am Gewinn der Beklagten orientierte Dividende, sondern einen festen Ausgleich erhalten aufgrund eines von der Beklagten als Untergesellschaft ihrerseits geschlossenen Gewinnabführungsvertrags mit der X 1 GmbH. Die Kläger weisen hier jedoch zutreffend darauf hin, dass die Mindestlaufzeit des Vertrages der Beklagten mit der X 1 GmbH am 31.12.2006 endete, mithin jederzeit gekündigt werden kann, während der streitgegenständliche Vertrag der Beklagten mit der X 1 eine Mindestlaufzeit bis Ende 2017 hat, so dass bei einer jederzeit möglichen Kündigung des Vertrages mit der X 1 GmbH, und dem damit auflebenden Anspruch der Aktionäre auf Teilnahme am Gewinn der Beklagten, die im Vertrag mit der X 1 vereinbarte Ausgleichszahlung zu einer Verwässerung dieses Gewinnbezugsrechts führen kann. Daher haben die Aktionäre der Beklagten ein schützenswertes Interesse daran, die vom Vorstand getroffenen Annahmen hinsichtlich der Angemessenheit der vereinbarten Gegenleistung zu erfahren. Dies ist aber nur dann gewährleistet, wenn sie vorab schriftlich und umfassend hierüber informiert werden, wie dies § 293a Abs. 1 AktG vorschreibt.
Der vom Vorstand der Beklagten erstellte Vorstandsbericht genügt hier jedoch nicht den an ihn von § 293 a Abs. 1 AktG gestellten Anforderungen, was die Anfechtung rechtfertigt.
Angesichts des Normzweckes sind in dem Bericht ausführlich die rechtlichen und wirtschaftlichen Gründe zu diskutieren, die aus der Sicht des Vorstandes bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns für den Abschluss des Vertrages sprechen (vgl. nur Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a. a. O., § 293a Rz. 20). Vorliegend wäre der Vorstand angesichts dessen verpflichtet gewesen, in dem Bericht nachvollziehbar darzustellen, warum eine Ausgleichszahlung von 10 % auf das eingesetzte Kapital für die Minderheitsgesellschafterin der X 1 angemessen bzw. sachgerecht ist.
Dieser Bericht ist jedoch hier insoweit mangelhaft, weil es jedenfalls an jeglicher Erläuterung zur Höhe des Ausgleichs fehlt.
Es gibt in diesem Bericht - und auch nicht im Prüfbericht - keinerlei Begründung, warum dies ein angemessener oder sachgerechter Ausgleich sein soll.
Hierzu ist im Bericht lediglich ausgeführt:
„Gemäß § 4 Abs. 1 des Gewinnabführungs- und Teilbeherrschungsvertrages garantiert F der Y 1 als außenstehender Gesellschafterin einen angemessenen Ausgleich für die Dauer des Vertrages in Gestalt einer fixen Ausgleichszahlung in Höhe von 10 % des auf Y 1 entfallenden anteiligen Stammkapitals der X 1.
Übersteigt der auf das Gesellschafter-Profit Center der Y 1 entfallende Jahresüberschuss unter Berücksichtigung fiktiver Gewerbe- und Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag den Betrag der fixen Ausgleichszahlung, so erhöht sich der fixe Ausgleich um den übersteigenden Betrag. Die Ausgleichszahlung wird unter Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag ausbezahlt.
Mit dieser Regelung wird unter Fortschreibung des Rechtsgedankens aus dem Konsortialvertrag vom 29. Mai 2006 erreicht, dass die Y 1 den Gewinn ihres Gesellschafter-Profit Center auch im Rahmen einer Organschaft unter Anrechnung fiktiver Gewerbe- und Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag erhält. Umgekehrt wird eine angemessene Beteiligung der Y 1 als außenstehende Gesellschafterin am wirtschaftlichen Risiko erreicht und, dass F im Rahmen der Organschaft ausschließlich das Ergebnis ihres Profit Center-Ergebnisses zugewiesen erhält."
Es fehlen daher jegliche Erläuterungen warum als Anknüpfungspunkt für den (Mindest)Ausgleich 10 % auf das anteilige Stammkapital gewählt worden sind.
Es ist für den Aktionär der Beklagten danach in keinster Weise plausibel, warum dieser Ausgleich angemessen oder sachgerecht sein soll. Selbst wenn man die Vorschrift des § 304 AktG bei einer GmbH als Untergesellschaft nicht für anwendbar hält, da diese von einem Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre der Untergesellschaft spricht (vgl. Emmerich/Habersack a.a.O. § 304 Rz 11 f; Paulsen, MünchKomm, AktG, 3. Aufl., § 304 Rz. 19 m.w.Nachw. zum Streitstand), mit der Folge, dass auch - wie vorliegend - eine andere Form des Ausgleichs gewählt werden kann als die in § 304 AktG geregelten Formen des festen oder variablen Ausgleichs, ist der Rechtsgedanke des § 304 Abs. 2 AktG gleichwohl zu berücksichtigen, dass Anknüpfungspunkt für den angemessenen Ausgleich die Ertragslage der Untergesellschaft ist (vgl. hierzu Paulsen, MünchKomm, AktG, 3. Aufl., § 304 Rz. 75 m.w.Nachw.).
Es verlangt der Schutzweck der Norm, die Aktionäre der Obergesellschaft vor einer nicht gerechtfertigten Beeinträchtigung ihrer vermögenswertenswerten Interessen dadurch zu schützen, dass die Ausgleichszahlung auch an der erwarteten Ertragslage der Untergesellschaft sich letztlich messen lassen muss. Nur wenn künftig erzielbare Erträge hier bei der Bemessung der Ausgleichszahlung jedenfalls zur Orientierung herangezogen werden, kann die im Interesse der Aktionäre der Obergesellschaft gebotene Äquivalenz der jeweiligen Leistungen aus dem Unternehmensvertrag - Gewinnabführung gegenüber Ausgleichsverpflichtung und Verlustübernahme - und damit die Angemessenheit für die Obergesellschaft erreicht werden.
Dabei ist unerheblich, ob ein zu hoher Ausgleich den Aktionären der Obergesellschaft eine Anfechtungsbefugnis gibt (so h.M. Paulsen a.a.O, § 304 Rz. 182; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl. § 304 Rz. 81 m.w.Nachw.), oder diese auf einen Schadensersatzanspruch gegen den Vorstand zu verweisen sind (so Schenk in Bürgers/Körber, AktG, § 304 Rz. 55), da die Anfechtbarkeit sich hier bereits aus der unzureichenden Erläuterung ergibt.
Selbst wenn man die im vorliegenden Verfahren im Schriftsatz vom 14.11.2012 (Bl. 314 d. A.) gemachte Erläuterung - dass sich der Ausgleich von 10 % des Grundkapitals an dem von der Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 7.7.2008 (BK 4-08-068) angesprochenen Eigenkapitalzinssatz von 9,29 % vor Steuern und an Erwägungen über die Zukunft des Gas- und Strommarkts und den regulatorischen Notwendigkeiten orientiert, für ausreichend hält, ist für die Anfechtbarkeit hier aber entscheidend, dass es an dieser ggf. hinreichenden Information über die vereinbarte Ausgleichszahlung vor der Beschlussfassung gefehlt hat. Nach der Beschlussfassung im Beschlussmängelprozess gegebene Informationen können die Anfechtbarkeit nicht mehr beseitigen.
Diese Gesetzesverletzung ist kausal für das Zustandekommen des Zustimmungsbeschlusses im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG. Wegen unrichtiger, wie hier unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen kann nach dieser Vorschrift nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrecht angesehen hätte. Dies muss hier bejaht werden. Angesichts der Bedeutung der Ausgleichszahlung und der möglichen Auswirkung auf einen Gewinnbezug der Aktionäre der Beklagten hätte der maßgebliche objektiv urteilende Aktionär entscheidenden Wert darauf gelegt zu erfahren, ob der vereinbarte Ausgleich eine äquivalente Gegenleistung darstellt, bevor er eine Entscheidung zu dem Beschlussvorschlag über die Zustimmung zum Abschluss dieses Unternehmensvertrags als Aktionär der Obergesellschaft trifft.
Dabei kann sich die Beklagte auch nicht auf den Anfechtungsausschluss des § 243 Abs. 4 S. 2 AktG berufen. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Anfechtungsausschluss nur auf Informationsmängel in der Hauptversammlung bezieht oder auch auf die vorgelagerten Berichte (vgl. Hüffer in MünchKomm, AktG, 3. Aufl. § 243; Rz. 124; Würthwein in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. § 243 Rz. 256 ff m.w.Nachw zum Streitstand), da für einen derartiger Anfechtungsausschluss nach dem Gesetzeswortlaut Voraussetzug ist, dass für die Überprüfung der Angemessenheit ein Spruchverfahren zur Verfügung steht. Für die Aktionäre der Obergesellschaft steht jedoch für die Überprüfung der Angemessenheit eines vereinbarten Ausgleichs mit dem Ziel der Herabsetzung ein Spruchverfahren nicht zur Verfügung. Die Festsetzung eines niedrigeren als des vereinbarten Ausgleichs ist im Spruchverfahren nicht statthaft (allg. M.: vgl. BGH DStR 2010, 2528; Drescher in Spindler/Stilz, AktG 2. Aufl., § 11 SpruchG Rz. 3; Paulsen in MünchKomm, AktG, 3. Aufl., § 304 Rz. 182 m.w.Nachw.).
Demzufolge musste die Anfechtungsklage Erfolg haben, ohne dass es auf die weiter von den Klägern geltend gemachten Anfechtungsgründe ankommt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht 709 ZPO.