R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
03.08.2023
Wirtschaftsrecht
BGH: Möglicher Einwand des Gesellschafters gegen Inanspruchnahme aus Erstattungsanspruch nach sog. Rechtsprechungsregeln entsprechend §§ 30, 31 GmbHG a. F.

BGH, Beschluss vom 18.4.2023 – II ZR 37/22

ECLI:DE:BGH:2023:180423BIIZR37.22.0

Volltext: BB-Online BBL2023-1793-2

unter www.betriebs-berater.de

 

Amtlicher Leitsatz

Der Gesellschafter kann gegen die Inanspruchnahme aus einem vor dem 1. November 2008 entstandenen Erstattungsanspruch nach den sog. Rechtsprechungsregeln entsprechend §§ 30, 31 GmbHG in der bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung gemäß § 242 BGB einwenden, dass das zu Erstattende im Hinblick auf einen Darlehensrückzahlungsanspruch gleich wieder zurückzugewähren wäre.

GmbHG §§ 30, 31 in der bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung; BGB § 242 Cd

Sachverhalt

I.

An der Klägerin, einer GmbH, waren der vormalige Erstbeklagte         M.      mit 55 % und dessen drei Töchter, die nach dem Tod M.       am 19. Februar 2019 mit dessen Ehefrau als Erbinnen in den Prozess eingetreten sind, mit 45 % des Stammkapitals beteiligt. M.     war von 1996 bis zum 29. November 2005 zudem alleiniger, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Klägerin. Am 29. November 2005 veräußerten er und seine Töchter die Anteile an der Klägerin an ihren jetzigen Geschäftsführer und zwei weitere Personen. An der Beklagten zu 2, einer Kommanditgesellschaft, waren M.       mit einer Einlage von 220.000 DM und seine Töchter mit Einlagen von jeweils 60.000 € als Kommanditisten beteiligt. Mehrheitsgesellschafter und einzelvertretungsberechtigter, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Beklagten zu 3, der Komplementärin der Beklagten zu 2, war wiederum M.    .

Zwischen 1997 und 2005 veranlasste M.      über Verrechnungskonten ("passive Bestandskonten") Auszahlungen der Klägerin an ihn in Höhe von insgesamt 541.603,56 € und an die Beklagte zu 2 in Höhe von 209.577,79 €.

Die Klägerin behauptet, mit Ausnahme zweier Teilrückzahlungen habe es sich bei den Auszahlungen um willkürliche Entnahmen gehandelt. Selbst wenn den Auszahlungen entsprechend der Behauptung der Beklagten Darlehen in übersteigender Höhe vorausgegangen sein sollten, handele es sich um verbotene Zahlungen im Sinne des § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1, § 43 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GmbHG in der bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung, weil zum Zeitpunkt der jeweiligen Auszahlung eine ihre Höhe übersteigende Unterbilanz bestanden habe, was M.      bewusst gewesen sei. Sie verlangt von den Erbinnen M.       die Rückzahlung der an diesen geleisteten Zahlungen (Antrag zu 1), von den Beklagten als Gesamtschuldner die Erstattung der an die Beklagte zu 2 geleisteten Zahlungen (Anträge 4 und 7), den Ersatz entgangener Zinsen (Anträge zu 2, 5, 6, 8 und 9) und vorgerichtlicher Anwaltskosten (Anträge 3 und 10).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels nur hinsichtlich der Zinsen und Kosten teilweise stattgegeben. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin wendet sich gegen die Zurückweisung der Berufung, soweit hinsichtlich der mit den Anträgen zu 1, 4 und 7 verfolgten Erstattungsansprüche zu ihrem Nachteil entschieden wurde. Die Klägerin will insoweit ihre im Berufungsverfahren gestellten Anträge mit der Maßgabe weiterverfolgen, dass hinsichtlich der Anträge 4 und 7 die gegen die Beklagten zu 1 a) bis d) geltend gemachten Zinsen ab dem 1. Oktober 2021 beansprucht werden.

Aus den Gründen

II.

5          Die Revision ist durch Beschluss zurückzuweisen. Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg und Zulassungsgründe liegen nicht vor (§ 552a ZPO).

 

6          1. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, zur Begründung ausgeführt:

 

7          Bei den an M.      und die Beklagte zu 2 geleisteten Zahlungen habe es sich sämtlich um Rückzahlungen auf von diesen gewährten Darlehen gehandelt. Die Verrechnungskonten hätten stets einen Saldo zu Gunsten des Zahlungsempfängers aufgewiesen, der bis Ende 2005 nicht auf null reduziert gewesen sei.

 

8          Ein Anspruch auf Zahlung von 541.603,56 € (Antrag zu 1) sei entstanden und nicht wieder entfallen, aber nicht mehr durchsetzbar. Die Anspruchsverfolgung sei treuwidrig, weil dasjenige, was der Klägerin zu erstatten sei, auf der Stelle wieder zurückgegeben werden müsste. Außerhalb des Insolvenzverfahrens, das über das Vermögen der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eröffnet worden sei, stehe einem Gesellschafter und Darlehensgeber seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 1. November 2008 ein uneingeschränkt durchsetzbarer Erfüllungsanspruch aus dem der Auszahlung zugrundeliegenden Kausalgeschäft zu. Die Darlehen seien durch M.        stillschweigend gekündigt worden. Dies sei zwar mit zu kurzer Frist erfolgt, die Fälligkeit sei aber mit Inkrafttreten des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG am 1. November 2008 eingetreten. Die Darlehensrückzahlungsansprüche bestünden dem Erstattungsanspruch gegenüberstehend fort.

 

9          Die Klägerin könne weder von den Beklagten zu 1 a) bis d) als Rechtsnachfolgerinnen des verstorbenen M.       noch von den Beklagten zu 2und 3 Zahlung von 50.000 € verlangen (Antrag zu 4). M.      sei durch die Auszahlung zwar nach § 43 Abs. 3 Satz 1 GmbHG schadensersatzpflichtig geworden, die Rechtswidrigkeit der erfolgten Rückzahlung sei aber mit Inkrafttreten von § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG am 1. November 2008 ex nunc entfallen, so dass seit diesem Zeitpunkt auch ein Auszahlungsschaden nicht mehr bestehe bzw. zugunsten M.      bzw. seiner Rechtsnachfolgerinnen der erhobene Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens zum Tragen komme. Für die Beklagte zu 2 gelte das für M.     zum Antrag 1 Ausgeführte entsprechend, so dass auch die Beklagte zu 3 nicht gemäß § 161 Abs. 2, § 128 HGB hafte.

 

10        Aus denselben Gründen könne die Klägerin weder von den Beklagten zu 1 a) bis d) als Rechtsnachfolgerinnen des verstorbenen M.     noch von den Beklagten zu 2 und 3 Zahlung von 159.577,79 € verlangen (Antrag zu 7).

 

11        2. Ein Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO besteht nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

 

12        a) Das Revisionsverfahren ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durchzuführen. Es liegt weder eine Divergenz vor noch wird von der Revision die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gerügt.

 

13        aa) Divergenz ist gegeben, wenn die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Spruchkörpers desselben Gerichts oder von Entscheidungen eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diesen tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45; Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 181, 186; Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 293; Beschluss vom 9. Juli 2007 - II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2; Beschluss vom 23. Januar 2018 - II ZR 73/16 juris Rn. 10; Beschluss vom 19. November 2020 - I ZR 19/20, juris Rn. 6).

 

14        bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere nicht vom Urteil des IX. Zivilsenats vom 12. Dezember 2019 (IX ZR 328/18, ZIP 2020, 280) ab. Eine Abweichung von einem anderen, dem Berufungsgericht gleichgeordneten Gericht oder Spruchkörper wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich.

 

15        (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Erstattungsanspruch, der nach Maßgabe der Rechtsprechungsregeln über den Eigenkapitalersatz entstanden ist, vorbehaltlich eingetretener Verjährung auch nach dem Inkrafttreten des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG am 1. November 2008 verfolgt werden und zwar unabhängig davon, ob und wann ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - IX ZR 328/18, ZIP 2020, 280 Rn. 29 ff.). Das angefochtene Urteil weicht hiervon nicht ab. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die den Anträgen zu 1, 4 und 7 zu Grunde liegenden Ansprüche der Klägerin nach den vor dem 1. November 2008 geltenden Rechtsprechungsregeln entsprechend §§ 30 f. GmbHG in der bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung (GmbHG aF) entstanden sind und auch nach dem seit 1. November 2008 geltenden Recht unabhängig von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens fortbestehen.

 

16        (2) Im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 6/11, ZIP 2012, 86 Rn. 11; Urteil vom 9. Oktober 2012 - II ZR 298/11, BGHZ 195, 42 Rn. 15; Urteil vom 8. Oktober 2013 - II ZR 310/12, ZIP 2013, 2305 Rn. 30) ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehen seit dem 1. November 2008 auch dann durchsetzbar sind, wenn diese zuvor eigenkapitalersetzend waren. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, im Hinblick auf diesen Darlehensrückzahlungsanspruch sei gegenüber dem geltend gemachten Erstattungsanspruch die Einrede aus § 242 BGB begründet, liegt dem Urteil des IX. Zivilsenats vom 12. Dezember 2019 (IX ZR 328/18, ZIP 2020, 280) kein hiervon abweichender Rechtssatz zu Grunde. Dies gilt entgegen der Sicht der Revision auch, soweit der Bundesgerichtshof ausgesprochen hat, dass der Erstattungsanspruch, der nach Maßgabe der Rechtsprechungsregeln entstanden ist, auch dann verfolgt werden kann, wenn es nicht zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kommt (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - IX ZR 328/18, ZIP 2020, 280 Rn. 29 f.). Daraus lässt sich für die vom Berufungsgericht angenommen Gegenansprüche und einem daraus folgenden Leistungsverweigerungsrecht nichts ableiten, zumal es in dem vom IX. Zivilsenat entschiedenen Fall zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kam und der Erstattungsanspruch vom Insolvenzverwalter verfolgt wurde.

 

17        (3) Die instanzgerichtliche Rechtsprechung nimmt mit dem Berufungsgericht an, dass bei nicht eröffnetem Insolvenzverfahren einem auf §§ 30, 31 GmbHG aF gestützten Erstattungsverlangen der Gesellschaft entgegenstehen dürfte, dass mit Inkrafttreten des MoMiG der Darlehensrückzahlungsanspruch ungeachtet § 30 GmbHG uneingeschränkt durchsetzbar sei und der Gesellschafter den zurückgezahlten Betrag daher sofort wieder geltend machen könne (OLG Köln, NZI 2009, 128, 129 [obiter dictum]). Hiervon abweichende Rechtsprechung der Instanzgerichte zeigt die Revision nicht auf.

 

18        b) Das Revisionsverfahren ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache durchzuführen.

 

19        aa) Eine Frage zu auslaufendem, nur noch auf Altfälle anwendbarem Recht kann eine Zulassung der Revision nur dann rechtfertigen, wenn entweder noch eine Vielzahl von Verfahren nach altem Recht zu entscheiden ist oder wenn die Auslegung des alten Rechts Bedeutung für das aktuelle Recht hat (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, WM 2003, 987, 988; Beschluss vom 15. September 2014 - II ZR 442/13, GmbHR 2015, 644 Rn. 3).

 

20        bb) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Frage, ob der Gesellschafter gegen seine Inanspruchnahme wegen eines vor dem Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 entstandenen Erstattungsanspruchs entsprechend §§ 30, 31 GmbHG außerhalb eines Insolvenzverfahrens einwenden kann, dass das Geleistete ihm wegen eines Darlehensrückzahlungsanspruchs sofort wieder zurückzugewähren ist, betrifft nur die Behandlung von Altfällen in einem Übergangszeitraum und ist nach aktuellem Recht nicht mehr von Bedeutung. Nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG ist Satz 1 dieser Vorschrift auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen, nicht anzuwenden. Die sich ausschließlich für vor dem 1. November 2008 entstandene Ansprüche stellende Frage ist auch nicht mehr in einer Vielzahl von Verfahren von Bedeutung (vgl. Born, GmbH-Recht, 2. Aufl., Rn. 534), schon, weil diese im Hinblick auf § 31 Abs. 5 GmbHG zwischenzeitlich in der Regel verjährt sein dürften (Scholz/Verse, GmbHG, 13. Aufl., § 30 Rn. 112).

 

21        3. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

 

22        a) Die Klägerin wendet sich mit ihrer Revision nur gegen die Teilabweisung der Anträge 1, 4 und 7 und will einen Zinsanspruch hinsichtlich der Anträge 4 und 7 gegen die Beklagten zu 1 a) bis d) nur noch ab dem 1. Oktober 2021 verfolgen. Soweit das Berufungsgericht hinsichtlich dieser Anträge einen Zinsanspruch für den Zeitraum bis zum 1. Oktober 2021 gegen die Beklagten a) bis d) zu 1 mangels Beschlussfassung nach § 46 Nr. 8 GmbHG verneint hat, ist das Urteil nicht angegriffen.

 

23        b) Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht gegenüber den Beklagten zu 1 a) bis d) die Anträge 4 und 7 abgewiesen und gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 einen Zinsanspruch den Antrag zu 7 betreffend erst ab Rechtshängigkeit zuerkannt hat. Sie bezeichnet insoweit entgegen § 551 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO nicht die Umstände, aus denen sich eine Rechtsverletzung ergeben soll. Dies erfordert, dass sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und konkret darlegt, warum die Begründung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein soll (BGH, Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 250/10, WuM 2011, 543 Rn. 6; Beschluss vom 29. Juli 2014 - IV ZR 371/13, VersR 2015, 1121 Rn. 2; Beschluss vom 12. September 2022 - VIa ZR 230/22, juris Rn. 13; Urteil vom 24. Januar 2023 - XI ZR 257/21, ZIP 2023, 409 Rn. 16). Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende Erwägungen gestützt, muss der Revisionskläger für jede dieser Begründungen darlegen, warum sie keinen Bestand haben können; anderenfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (BGH, Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 250/10, WuM 2011, 543 Rn. 6; Beschluss vom 10. Juli 2018 - II ZB 24/14, WM 2018, 2225 Rn. 110). Diesen Anforderungen genügt die Revision nicht in vollem Umfang.

 

24        aa) Das Berufungsgericht hat zur Abweisung der Anträge 4 und 7 gegenüber den Beklagten 1 a) bis d) ausgeführt, mit dem Inkrafttreten des MoMiG sei die Rechtswidrigkeit der erfolgten Rückzahlung "ex nunc" entfallen, so dass seit diesem Zeitpunkt ein "Auszahlungsschaden" nicht mehr bestehe bzw. der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens zum Tragen komme. Die Revision weist auf die weiterhin gegebene Durchsetzbarkeit des Erstattungsanspruchs hin und rügt, für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit einer schuldhaften Pflichtverletzung bzw. des Einwands eines rechtmäßigen Alternativverhaltens sei auf den Zeitpunkt der pflichtwidrigen Handlung abzustellen. Mit diesen Ausführungen wird die Beurteilung, es fehle an einem Schaden, weil die Rückzahlung des Darlehens sich seit dem Inkrafttreten des MoMiG nicht mehr als rechtswidrig darstelle, nicht in Frage gestellt.

 

25        bb) Soweit auf den Antrag zu 7 gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 ein Zinsanspruch erst ab Rechtshängigkeit zuerkannt wurde, führt die Revision nichts aus. Entbehrlich sind Ausführungen bei einer Nebenforderung allerdings nur dann, wenn deren Titulierung mit der Hauptforderung, hinsichtlich derer eine Begründung nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO vorliegt, steht und fällt (BGH, Urteil vom 14. Juli 2020 - XI ZR 553/19, ZIP 2020, 1803 Rn. 7; vgl. Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 147/11, WM 2013, 479 Rn. 17). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall, weil das Berufungsgericht einen Zinsanspruch gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 vor Rechtshängigkeit wegen einer fehlenden Mahnung verneint hat.

 

26        c) Soweit die Revision zulässig ist, ist sie auch unbeschränkt zugelassen.

 

27        aa) Die Zulassung der Revision kann auf einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Die Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung kann sich bei uneingeschränkter Zulassung im Tenor auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Zulassung nur wegen einer bestimmten Rechtsfrage ausgesprochen wird. Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Entscheidung grundsätzlich so auszulegen, dass die Revision lediglich beschränkt auf diesen Teil des Streitgegenstands zugelassen worden ist. Demgegenüber ist eine Beschränkung der Zulassung auf Anspruchselemente oder einzelne von mehreren miteinander konkurrierenden Anspruchsgrundlagen nicht zulässig (BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17, ZIP 2019, 513 Rn. 17; Urteil vom 15. April 2021 - III ZR 139/20, BGHZ 229, 299 Rn. 20; Urteil vom 27. Juli 2021 - II ZR 164/20, ZIP 2021, 1856 Rn. 15; Urteil vom 13. Dezember 2022 - II ZR 14/21, WM 2023, 214 Rn. 12).

 

28        bb) Die Revision ist danach unbeschränkt zugelassen. Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor ohne Einschränkung und in den Urteilsgründen "namentlich auch mit Rücksicht auf das Urteil des Bundesgerichtshofs" vom 12. Dezember 2019 (IX ZR 328/18) "gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO" zugelassen. Selbst wenn diese Ausführungen dahin zu verstehen sein sollten, dass die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) wegen einer möglichen Abweichung von der näher bezeichneten Entscheidung des IX. Zivilsenats eröffnet werden sollte, ergibt sich daraus nicht hinreichend deutlich eine Beschränkung auf einen selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs.

 

29        d) Die Revision hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

 

30        aa) Ob der Gesellschafter seiner Inanspruchnahme wegen eines vor dem 1. November 2008 entstandenen Erstattungsanspruchs nach den sog. Rechtsprechungsregeln entsprechend §§ 30, 31 GmbHG aF dendolo-agit-Einwand aus § 242 BGB entgegenhalten kann, ist allerdings umstritten.

 

31        (1) Teilweise wird vertreten, gegen einen nach altem Recht entstandenen Anspruch auf Rückgewähr eines eigenkapitalersetzenden Darlehens könne entsprechend § 19 Abs. 2 GmbHG weder die Aufrechnung erklärt werden noch sei der Einwand eröffnet, dass das zu Leistende im Hinblick auf den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens unmittelbar wieder zurückzugewähren sei. Ein nach altem Recht entstandener Anspruch unterliege weiterhin besonderen Bindungen, daran habe § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG nichts geändert(HK-InsO/Kleindiek, 11. Aufl., § 39 Rn. 36; Kleindiek, Festschrift Hopt, 2010, S. 941, 950; Lorenz, GmbHR 2009, 135, 136 f.). Der Gesellschafter könne den Anspruch außerhalb der Gesellschaftsinsolvenz grundsätzlich einredefrei verfolgen, aber nicht zur Abwehr einer einmal entstandenen Erstattungspflicht analog § 31 Abs. 1 GmbHG heranziehen (Kleindiek, Festschrift Hopt, 2010, S. 941, 950 f.). Der Erstattungsanspruch müsse der Gesellschaft nach dem Sinn und Zweck des (alten) Kapitalersatzrechts ungeschmälert zur Verfügung stehen (Felke, GmbHR 2009, 260).

 

32        (2) Demgegenüber wird mit unterschiedlicher Begründung angenommen, der Gesellschafter könne im Hinblick auf den Darlehensrückzahlungsanspruch gegen das Erstattungsverlangen den dolo-agit-Einwand erheben (Orlowski-Wolf, GmbHR 2009, 902, 907; Rellermeyer/Gröblinghoff, ZIP 2009, 1933, 1935 f.; Rühle, ZIP 2009, 1358, 1366; Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung nach dem MoMiG, 2012, S. 170; MünchHdbGesR III/Gummert, 5. Aufl., § 52 Rn. 9; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts der GmbH, 2011, S. 222; Michalski/Dahl, GmbHG, 2. Aufl., Anh. II §§ 32a, 32b aF Rn. 63; schon den Erstattungsanspruch nach Ablauf einer Jahresfrist verneinend: Büscher, GmbHR 2009, 800, 803). Der dem Erstattungsanspruch zu Grunde liegende Kapitalerhaltungsgrundsatz sei durch das MoMiG aufgehoben worden, so dass dem Gesellschafter mit der Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung aus dem Darlehensvertrag ein einredefreier Anspruch auf Tilgung des Darlehens zustehe. Durch den Wegfall der Durchsetzungssperre könne dem Gesellschafter auch der dolo-agit-Einwand nicht mehr versagt sein und er sei auch zur Aufrechnung befugt (Rellermeyer/Gröblinghoff, ZIP 2009, 1933, 1936). Der mit der Versagung des Einwands bezweckte Gläubigerschutz könne unter der neuen Rechtslage ohnehin nicht mehr erreicht werden, so dass es keinen Grund gebe, dem Gesellschafter diesen zu nehmen (Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung nach dem MoMiG, 2012, S. 170). Erfüllungsgeschäfte, die das Erlöschen einer unter dem bisherigen Recht entstandenen Forderung herbeiführten, seien nach zur Zeit ihrer Vornahme geltendem Recht zu beurteilen. Für das Bestehen eines Aufrechnungsverbots sei danach neues Recht maßgeblich (Rühle, ZIP 2009, 1358, 1366; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts der GmbH, 2011, S. 222). Da das MoMiG eine entsprechende Anwendung der Kapitalerhaltungsregeln auf Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Leistungen ausdrücklich ablehne, könne erst recht kein auf eine Analogie zu Kapitalerhaltungsvorschriften gestütztes Aufrechnungsverbot für Erstattungsansprüche mehr existieren (Rühle, ZIP 2009, 1358, 1366; Michalski/Dahl, GmbHG, 2. Aufl., Anh. II §§ 32a, 32b aF Rn. 63).

 

33        bb) Das Berufungsgericht hat sich zu Recht der zuletzt genannten Auffassung angeschlossen. Der Gesellschafter kann gegen die Inanspruchnahme aus einem vor dem 1. November 2008 entstandenen Erstattungsanspruch nach den sog. Rechtsprechungsregeln entsprechend §§ 30, 31 GmbHG aF gemäß § 242 BGB einwenden, dass das zu Erstattende im Hinblick auf einen Darlehensrückzahlungsanspruch gleich wieder zurückzugewähren wäre (dolo agit, qui petit quod statim redditurus est).

 

34        (1) Nach der Rechtsprechung des Senats kann einem auf § 31 Abs. 1 GmbHG aF gestützten Erstattungsanspruch allerdings eine Gegenforderung nicht im Wege der Aufrechnung oder der Erhebung des dolo-agit-Einwands entgegenhalten werden, denn das widerspräche dem Gebot der realen Kapital(wieder)aufbringung. § 31 GmbHG gebietet dem Empfänger der verbotenen Auszahlung, mit der einzigen Ausnahme des in seinem Absatz 2 geregelten Falls, uneingeschränkt die Rückzahlung des Betrags an die Gesellschaft. Es ist den Gesellschaftern vorbehalten, über die Verwendung der Rückzahlung nach Maßgabe der inneren Verhältnisse der Gesellschaft und etwa bestehender Verpflichtungen zu entscheiden (BGH, Urteil vom 29. Mai 2000 - II ZR 118/98, BGHZ 144, 336, 342; Urteil vom 18. Juni 2007 - II ZR 86/06, BGHZ 173, 1 Rn. 17).

 

35        (2) Diese Grundsätze gelten für einen vor dem 1. November 2008 entstandenen Erstattungsanspruch nach den sog. Rechtsprechungsregeln entsprechend §§ 30, 31 GmbHG aF nach dem Inkrafttreten des MoMiG nicht mehr, weil der Gläubigerschutz ab dem 1. November 2008 nicht mehr durch das Gebot der realen Kapital(wieder)aufbringung realisiert wird, sondern durch § 39 Abs. 1 Nr. 5, §§ 44a, 135 InsO.

 

36        (a) Nach den aus §§ 30, 31 GmbHG aF hergeleiteten Rechtsprechungsregeln über den Eigenkapitalersatz wurde ein Gesellschafterdarlehen in der Krise der Gesellschaft wie haftendes Eigenkapital und nicht als rückzahlbares Darlehen behandelt. Daraus folgte für die Dauer der Gesellschaftskrise das Verbot, das Darlehen an den Gesellschafter zurückzuzahlen. Gleichwohl erhaltene (verbotene) Darlehenstilgungen hatte der Gesellschafter der Gesellschaft zu erstatten (BGH, Urteil vom 24. März 1980 - II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 328 ff.; Urteil vom 26. März 1984 - II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 376 ff.). Nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG in der Fassung des MoMiG vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) wird § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht mehr auf die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Leistungen angewandt. Als Ausgleich für den Verzicht auf das Rechtsinstitut des Kapitalersatzes wurden zur Vermeidung von Schutzlücken die Novellenregeln der §§ 32a, 32b GmbHG aF in das Insolvenzrecht verlagert und insbesondere § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ausgeweitet. Bei der insolvenzrechtlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen wird nunmehr generell auf das Merkmal "kapitalersetzend" verzichtet und jedes Gesellschafterdarlehen dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterworfen. In Konsequenz dieser Änderung wird durch eine Verschärfung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Rückgewähr jedes - und nicht nur eines kapitalersetzenden - Gesellschafterdarlehens durch die Gesellschaft binnen eines Jahres vor Antragstellung von der Insolvenzanfechtung erfasst, ohne dass wie früher das Erfordernis einer Gesellschaftskrise hinzutreten muss (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 Rn. 10; Urteil vom 12. Dezember 2019 - IX ZR 328/18, ZIP 2020, 280 Rn. 26). Demgegenüber kann die Rückzahlung eines zuvor eigenkapitalersetzenden Darlehens nach dem Wegfall der Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz am 1. November 2008 durch einen Gesellschafter und erst recht durch gesellschaftsfremde Dritte durchgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 15. November 2011 - II ZR 6/11, ZIP 2012, 86 Rn. 11; Urteil vom 9. Oktober 2012 - II ZR 298/11, BGHZ 195, 42 Rn. 15; Urteil vom 8. Oktober 2013 - II ZR 310/12, ZIP 2013, 2305 Rn. 30).

 

37        (b) Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts untersteht ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht, das zur Zeit seiner Entstehung galt, Art. 170, 229 § 5, Art. 232 § 1 EGBGB analog, es sei denn, dem neuen Recht kann im Wege der Auslegung entnommen werden, dass es auch für bestehende Schuldverhältnisse Geltung erlangen soll (RGZ 47, 103, 104; 66, 409, 411; BGH, Urteil vom 18. Oktober 1965 - II ZR 36/64, BGHZ 44, 192, 194). Der vor dem 1. November 2008 entstandene Erstattungsanspruch unterliegt danach nicht mehr dem für Erstattungsansprüche nach §§ 30, 31 GmbHG vorgesehenen Gläubigerschutz.

 

38        Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine rückwirkende Anwendung von § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG auf in der Vergangenheit liegende "Auszahlungen" im Sinn der Rechtsprechungsregeln allerdings ausgeschlossen, weil sich diese nicht im Wege der Auslegung aus den Zielen des MoMiG oder systematischen Erwägungen ableiten lässt (BGH, Urteil vom 26. Januar 2009 - II ZR 260/07, BGHZ 179, 249 Rn. 20 f. - Gut Buschow). Es besteht aber kein Bedürfnis, den fortbestehenden Erstattungsanspruch der Gesellschaft neben den nach neuem Recht vorgesehenen Schutzmechanismen zusätzlich den Grundsätzen des GmbHG über die Kapitalerhaltung zu unterstellen. Die Gesellschaft ist der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme nicht ausgesetzt. Zwar hat die den Erstattungsanspruch auslösende Zahlung keine Erfüllungswirkung (BGH, Urteil vom 29. Mai 2000 - II ZR 118/98, BGHZ 144, 336, 342; Kort, ZGR 2001, 615, 629 f.). Solange der Erstattungsanspruch nicht erfüllt ist, kann die Gesellschaft diesen der Inanspruchnahme auf Rückzahlung des Darlehens aber entgegenhalten. Soweit der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht erfüllt wird, unterliegt er im Insolvenzverfahren dem Nachrang gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Wird der Anspruch erfüllt, gegebenenfalls im Wege der Aufrechnung, unterliegt dies im Insolvenzverfahren der Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Dass der Anspruch daneben oder darüber hinaus nach Maßgabe der §§ 30, 31 GmbHG dem Gläubigerschutz unterliegen sollte, lässt sich dem MoMiG nicht entnehmen. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG zum Ausdruck gebracht, dass der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens frei von diesen Beschränkungen verfolgt werden können soll (Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, BT-Drucks. 16/6140 S. 42).

 

39        Dieses Verständnis entspricht auch den Wertungen der Überleitungsvorschrift für die Anwendung des seit dem 1. November 2008 geltenden Rechts. Art. 103d Satz 2 InsO ist nach Art einer Meistbegünstigung so auszulegen, dass in einem nach dem 1. November 2008 eröffneten Insolvenzverfahren ein Anfechtungssachverhalt, der eine vor diesem Zeitpunkt vorgenommene Rechtshandlung betrifft, zeitlich unbegrenzt nach altem wie auch nach neuem Recht zu beurteilen ist (BGH, Urteil vom 14. Februar 2019 - IX ZR 149/16, BGHZ 221, 100 Rn. 32). Dem widerspräche es, wenn ein vor dem 1. November 2008 entstandener Erstattungsanspruch außerhalb eines Insolvenzverfahrens stets den strengeren gläubigerschützenden Regeln unterworfen wäre.

 

40        cc) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass den Erstattungsansprüchen in gleicher Höhe durchsetzbare Darlehensrückzahlungsansprüche gegenüberstehen. Hiergegen werden von der Revision keine Einwände erhoben.

stats