EuGH: Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (hier: an Fremdwährung gebundener Hypothekendarlehensvertrag)
EuGH, Urteil vom 21.9.2023 – C-139/22, AM, PM gegen mBank S.A.
ECLI:EU:C:2023:692
Volltext: BB-Online BBL2023-2241-1
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Tenor
1. Art. 3 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass sie dem nicht entgegenstehen, dass eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklausel von den betreffenden nationalen Behörden allein deshalb als missbräuchlich angesehen wird, weil sie inhaltlich der Bestimmung eines Vertragsmusters entspricht, die in das nationale Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingetragen ist.
2. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass eine Vertragsklausel, die wegen der in ihr vorgesehenen Bedingungen für die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen des betreffenden Verbrauchers als missbräuchlich anzusehen ist, diese Missbräuchlichkeit aufgrund einer anderen Klausel dieses Vertrags, die vorsieht, dass der Verbraucher seine Verpflichtungen unter anderen Bedingungen erfüllen kann, nicht verlieren kann.
3. Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass ein Gewerbetreibender verpflichtet ist, den betreffenden Verbraucher über die wesentlichen Merkmale des mit ihm geschlossenen Vertrags und die mit diesem Vertrag verbundenen Risiken zu belehren, und zwar auch dann, wenn dieser Verbraucher bei ihm beschäftigt ist und über entsprechende Kenntnisse der Materie dieses Vertrags verfügt.
Aus den Gründen
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einerseits AM und PM, zwei Verbrauchern, und andererseits der mBank S.A., über die Verwendung von Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch die mBank S.A., die in das nationale Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden: nationales Register unzulässiger Klauseln) eingetragen sind.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 heißt es:
„Die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird“.
4 Art. 2 Buchst. b dieser Richtlinie sieht vor:
„Im Sinne dieser Richtlinie bedeute[t]:
…
b) Verbraucher: eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“.
5 Art. 3 der Richtlinie bestimmt:
„(1) Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.
(2) Eine Vertragsklausel ist immer dann als nicht im Einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb, insbesondere im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags, keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.
Die Tatsache, dass bestimmte Elemente einer Vertragsklausel oder eine einzelne Klausel im Einzelnen ausgehandelt worden sind, schließt die Anwendung dieses Artikels auf den übrigen Vertrag nicht aus, sofern es sich nach der Gesamtwertung dennoch um einen vorformulierten Standardvertrag handelt.
Behauptet ein Gewerbetreibender, dass eine Standardvertragsklausel im Einzelnen ausgehandelt wurde, so obliegt ihm die Beweislast.
(3) Der Anhang enthält eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können.“
6 In Art. 4 der Richtlinie heißt es:
„(1) Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.
(2) Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“
7 Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 lautet:
„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“
8 Art. 7 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie sieht vor:
„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.
(2) Die in Absatz 1 genannten Mittel müssen auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, damit diese darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und angemessene und wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen.“
9 Art. 8 der Richtlinie bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten können auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet mit dem Vertrag vereinbare strengere Bestimmungen erlassen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten.“
Polnisches Recht
10 Art. 76 der Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej (Verfassung der Republik Polen) bestimmt:
„Die öffentliche Gewalt schützt Verbraucher, Nutzer und Mieter vor Handlungen, die ihre Gesundheit, ihre Privatsphäre und Sicherheit bedrohen, sowie vor unlauteren Geschäftspraktiken. Der Umfang des Schutzes wird vom Gesetz geregelt.“
11 Art. 221 der Ustawa – Kodeks cywilny (Gesetz über das Zivilgesetzbuch) vom 23. April 1964 (Dz. U. 1964, Nr. 16, Pos. 93) in ihrer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Zivilgesetzbuch) sieht vor:
„Als Verbraucher gilt eine natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft mit einem Unternehmer abschließt, das nicht unmittelbar mit ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zusammenhängt.“
12 Art. 58 § 1 des Zivilgesetzbuchs bestimmt:
„Ein Rechtsgeschäft, das dem Gesetz zuwiderläuft oder die Umgehung des Gesetzes zum Zweck hat, ist nichtig, es sei denn, dass eine einschlägige Vorschrift eine andere Rechtsfolge vorsieht, insbesondere die, dass an die Stelle der nichtigen Bestimmungen des Rechtsgeschäfts die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen treten.“
13 Art. 3851 §§ 1 und 3 des Zivilgesetzbuchs sieht vor:
„§ 1. Die Bestimmungen eines mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrags, die nicht individuell vereinbart worden sind, sind für ihn unverbindlich, wenn sie seine Rechte und Pflichten in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise gestalten und seine Interessen grob verletzen (unzulässige Vertragsbestimmungen). Dies gilt nicht für Bestimmungen, die die Hauptleistungen der Parteien, darunter den Preis oder die Vergütung, festlegen, wenn sie eindeutig formuliert worden sind.
…
§ 3. Als nicht individuell vereinbart gelten diejenigen Vertragsbestimmungen, auf deren Inhalt der Verbraucher keinen wirklichen Einfluss gehabt hat. Dies gilt insbesondere für Vertragsbestimmungen, die einem Vertragsmuster entstammen, das dem Verbraucher von dem Vertragspartner vorgeschlagen worden ist.“
14 Art. 3852 des Zivilgesetzbuchs lautet:
„Maßgebend für die Prüfung der Vereinbarkeit einer Vertragsbestimmung mit den guten Sitten ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses unter Berücksichtigung des Vertragsinhalts, der Umstände des Vertragsschlusses sowie der Verträge, die im Zusammenhang mit dem Vertrag stehen, dessen Bestimmung Gegenstand der Prüfung ist.“
15 Art. 47936 der Ustawa – Kodeks postępowania cywilnego (Gesetz über die Zivilprozessordnung) vom 17. November 1964 (Dz. U. 1964, Nr. 43, Pos. 296) in ihrer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Zivilprozessordnung) sah vor:
„Rechtssachen, die auf die Feststellung der Unzulässigkeit von Bestimmungen in Vertragsmustern gerichtet sind, fallen in die Zuständigkeit des Sąd Okręgowy w Warszawie – Sąd Ochrony Konkurencji i Konsumentów (Regionalgericht Warschau – Gericht für Wettbewerbs- und Verbraucherschutzsachen).“
16 Art. 47942 § 1 der Zivilprozessordnung bestimmte:
„Wird der Klage stattgegeben, so führt das Gericht den Inhalt der für unzulässig erklärten Bestimmungen des Vertragsmusters im Tenor des Urteils an und untersagt deren Anwendung.“
17 Art. 47943der Zivilprozessordnung lautete:
„Das rechtskräftige Urteil wirkt gegenüber Dritten, sobald die für unzulässig erklärte Bestimmung des Vertragsmusters in das in Art. 47945§ 2 genannte Register eingetragen worden ist.“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
18 Am 7. Oktober 2009 schlossen die Kläger des Ausgangsverfahrens, die miteinander verheiratet sind, mit der mBank einen an den Wechselkurs des Schweizer Franken (CHF) gekoppelten Hypothekendarlehensvertrag für natürliche Personen (im Folgenden: im Ausgangsverfahren in Rede stehender Darlehensvertrag). Gegenstand dieses Vertrags war ein Darlehen in Höhe von 246 500 polnischen Zloty (PLN) (etwa 54 560 Euro). Es sah einen variablen Zinssatz vor, der als Basiszinssatz des „3 Month London Interbank Offered Rate“ (LIBOR 3M) für die Währung, in der dieses Darlehen gewährt worden war, zuzüglich der festen Marge der Bank von 2,70 % während der gesamten Laufzeit des Darlehens festgelegt wurde.
19 Im Rahmen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Darlehensvertrags unterzeichneten die Kläger des Ausgangsverfahrens eine Erklärung, wonach sie von den mit der Unterzeichnung dieses Vertrags verbundenen Risiken und von dessen Bedingungen Kenntnis genommen hätten.
20 Zum Zeitpunkt, als der Darlehensantrag gestellt wurde, war AM, die Inhaberin eines aufgrund eines Postgraduiertenstudiums verliehenen akademischen Grades ist, seit 3,5 Jahren bei der mBank beschäftigt. Ein Mitarbeiter der mBank hatte AM den Kursverlauf des CHF/PLN-Wechselkurses für die drei Jahre vor der Stellung dieses Antrags sowie eine Simulation der zu erwartenden Entwicklung der Höhe der Darlehensschuld und der Darlehensraten im Fall eines Anstiegs dieses Wechselkurses vorgelegt. Dagegen nahm PM, der den Darlehensantrag und den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Darlehensvertrag unterzeichnete, weder an den Abläufen zur Vergabe dieses Darlehens noch an den Gesprächen mit den Mitarbeitern der mBank teil.
21 Am 7. April 2020 erhoben AM und PM beim Sąd Rejonowy dla Warszawy – Śródmieścia w Warszawie (Rayongericht Warschau-Śródmieście, Polen), dem vorlegenden Gericht, eine auf die Nichtigkeit bestimmter Klauseln des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Darlehensvertrags gestützte Klage gegen die mBank. Im Rahmen dieser Klage beantragen sie, die mBank zur Zahlung von 37 439,70 PLN (etwa 8 290 Euro) zuzüglich gesetzlicher Zinsen als Erstattung der Kapital- und Zinstilgungsraten zur verurteilen, da diese zu Unrecht vereinnahmt worden seien, und, für den Fall, dass das vorlegende Gericht diesen Vertrag für nichtig erklären sollte, zur Zahlung von 74 768,63 PLN (etwa 16 550 Euro) zuzüglich gesetzlicher Zinsen als Erstattung der durch die Beklagte des Ausgangsverfahrens erhaltenen Gelder.
22 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass der Prezes Urzędu Ochrony Konkurencji i Konsumentów (Präsident des Amtes für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz, Polen) am 5. August 2014 die von der mBank verwendete Vertragsmusterklausel in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragen habe, wonach „[d]ie Raten zur Tilgung des Kapitals und der Zinsen sowie die Zinsraten … in [polnischen Zloty] nach vorheriger Umrechnung gemäß dem am Rückzahlungstag um 14:50 geltenden [Schweizer-Franken]- Verkaufskurs aus der Wechselkurstabelle der … Bank S.A. zurückgezahlt [werden].“
23 Außerdem habe der Präsident des Amtes für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz am 25. Mai 2021 von der mBank verwendete Vertragsmusterklauseln in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragen, wonach „[d]er am jeweiligen Arbeitstag geltende Ankaufs- und Verkaufskurs … sich ändern [kann]. Die Entscheidung über die Höhe und die Häufigkeit der Kursänderung wird unter Berücksichtigung der in Abs. 6 genannten Faktoren allein von der Bank getroffen“ und „[d]er An-/Verkaufskurs von Devisen sowie die Höhe der Wechselkursspanne werden unter Berücksichtigung folgender Faktoren bestimmt: 1) der aktuellen Wechselkursnotierungen auf dem Interbankenmarkt, 2) von Devisenangebot und ‑nachfrage auf dem innerstaatlichen Markt, 3) von Niveauunterschieden bei Zinsen und Inflation auf dem innerstaatlichen Markt, 4) der Liquidität des Devisenmarkts, 5) von Zahlungsbilanz und Handelsbilanz.“
24 Dem vorlegenden Gericht zufolge werden Vertragsklauseln, die den am 5. August 2014 und am 25. Mai 2021 in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragenen entsprechen oder mit ihnen identisch sind, von den polnischen Gerichten als missbräuchlich angesehen, weil solche Vertragsklauseln der betreffenden Bank das Recht einräumten, den Wechselkurs der ausländischen Referenzwährung frei zu bestimmen, und folglich das Recht, die Höhe der von einem Darlehensnehmer zu erbringenden Leistung frei zu bestimmen, und dies, obwohl dieser Darlehensnehmer gleichzeitig verpflichtet sei, das Darlehen ausschließlich in polnischen Zloty zurückzuzahlen.
25 Das vorlegende Gericht stellt außerdem fest, dass die Klauseln des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Darlehensvertrags denselben Inhalt hätten wie die in Rn. 23 des vorliegenden Urteils genannten, die in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragen seien.
26 Das vorlegende Gericht fragt sich, ob die bloße Feststellung, dass ein Vertrag eine Klausel enthält, die inhaltlich einer in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragenen Bestimmung entspricht, ausreicht, um diese Klausel als unzulässige Vertragsklausel anzusehen, ohne dass die Umstände des Abschlusses dieses Vertrags geprüft und festgestellt werden müssen.
27 Zwar enthalte der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Darlehensvertrag Klauseln, die vorsähen, dass dieses Darlehen in polnischen Zloty zurückgezahlt werde, während die mBank diese Währung zu ihrem eigenen Wechselkurs in Schweizer Franken umrechne, doch enthalte er auch eine Klausel in der neuen Fassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der mBank vom 1. Juli 2009, die die Möglichkeit für die Kläger des Ausgangsverfahrens vorsehe, dieses Darlehen unmittelbar in Schweizer Franken zurückzuzahlen. So könnten Letztere den monatlich zurückzuzahlenden Betrag zum Wechselkurs der Bank ihrer Wahl umrechnen und seien nicht mehr von dem von der mBank festgelegten Wechselkurs abhängig.
28 Die nationale Rechtsprechung sei nicht einheitlich zu der Frage, ob eine Vertragsklausel ihren missbräuchlichen Charakter aufgrund einer anderen Klausel dieses Vertrags, durch die sie fakultativ werde, verlieren könne.
29 Unbeschadet der Frage, ob die beiden betreffenden Klauseln automatisch für missbräuchlich zu erklären seien, müsse das vorlegende Gericht zumindest die Missbräuchlichkeit der Klausel prüfen, nach der der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Darlehensvertrag an den Schweizer Franken gekoppelt sei, da diese Klausel nie in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragen worden sei.
30 In diesem Zusammenhang fragt sich das vorlegende Gericht, ob die mBank verpflichtet gewesen ist, auch AM, ihrer Angestellten zum Zeitpunkt des Kreditantrags, angesichts ihrer Ausbildung und Berufserfahrung Informationen über das Wechselkursrisiko zur Verfügung zu stellen.
31 Wenn nicht, d. h. für den Fall, dass die Informationspflicht, die einem Gewerbetreibenden obliegt, wenn er einen einzigen Vertrag mit zwei Verbrauchern schließt, in ihrem Umfang variieren könnte, je nachdem, welcher Verbraucher betroffen ist, fragt das vorlegende Gericht nach den Folgen, die sich daraus ergeben könnten, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit, die Missbräuchlichkeit einer Klausel oder sogar die Nichtigkeit dieses Vertrags in Bezug auf nur einen dieser beiden Verbraucher festzustellen.
32 Unter diesen Umständen hat der Sąd Rejonowy dla Warszawy – Śródmieścia w Warszawie (Rayongericht Warschau-Śródmieście) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Sind Art. 3 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 und 2 sowie Art. 8 der Richtlinie 93/13 und der Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen, dass die Feststellung, dass der Inhalt einer Vertragsklausel dem Inhalt der Bestimmung eines Vertragsmusters entspricht, die in das Register unzulässiger Klauseln eingetragen ist, ausreicht, um eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklausel als missbräuchliche Vertragsklausel anzusehen?
2. Ist Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, wonach eine missbräuchliche Vertragsklausel ihren missbräuchlichen Charakter verliert, wenn der betreffende Verbraucher entscheiden kann, dass er seine Verpflichtungen aus dem Vertrag auf Grundlage einer anderen Vertragsklausel erfüllt, die nicht missbräuchlich ist?
3. Sind Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass ein Gewerbetreibender verpflichtet ist, jeden Verbraucher über die wesentlichen Merkmale eines Vertrags und die mit diesem verbundenen Risiken zu belehren, auch wenn der betreffende Verbraucher über entsprechende Kenntnisse dieser Materie verfügt?
4. Sind Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass in dem Fall, dass mehrere Verbraucher denselben Vertrag mit ein und demselben Gewerbetreibenden schließen, dieselben Vertragsklauseln gegenüber dem einen Verbraucher als missbräuchlich und gegenüber dem anderen als nicht missbräuchlich angesehen werden können und, wenn dies der Fall ist, dies zur Folge haben kann, dass der Vertrag gegenüber dem einen Verbraucher nichtig und gegenüber dem anderem Verbraucher wirksam ist, so dass ihn alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag treffen?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
33 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 und 2 sowie Art. 8 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklausel von den betreffenden nationalen Behörden allein deshalb als missbräuchlich angesehen wird, weil sie inhaltlich der Bestimmung eines Vertragsmusters entspricht, die in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragen ist.
34 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs beruht das mit der Richtlinie 93/13 geschaffene Schutzsystem auf dem Gedanken, dass sich ein Verbraucher gegenüber einem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt (Urteil vom 4. Mai 2023, BRD Groupe Societé Générale und Next Capital Solutions, C‑200/21, EU:C:2023:380, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 Daher ist zunächst nach Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des betreffenden Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht, während gemäß Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie solch eine missbräuchliche Klausel für diesen Verbraucher unverbindlich ist. Diese letztgenannte Bestimmung zielt darauf ab, die nach diesem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so ihre Gleichheit wiederherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Mai 2023, BRD Groupe Societé Générale und Next Capital Solutions, C‑200/21, EU:C:2023:380, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).
36 Aufgrund von Art und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der Schutz beruht, der den Verbrauchern gewährt wird, weil sie sich in einer solchen Situation der Unterlegenheit befinden, verpflichtet Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie in Verbindung mit ihrem 24. Erwägungsgrund die Mitgliedstaaten sodann, angemessene und wirksame Mittel vorzusehen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird (Urteil vom 4. Mai 2023, BRD Groupe Societé Générale und Next Capital Solutions, C‑200/21, EU:C:2023:380, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).
37 Wie aus Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 hervorgeht, schließen diese Mittel die Möglichkeit von Personen oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, ein, die Gerichte anzurufen, um klären zu lassen, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und gegebenenfalls deren Verbot zu erreichen (Urteil vom 26. April 2012, Invitel, C‑472/10, EU:C:2012:242, Rn. 36).
38 Da im vorliegenden Fall die Kläger des Ausgangsverfahrens beim vorlegenden Gericht Klage in Bezug auf einen bestimmten Vertrag erhoben haben, ist die erste Frage nicht im Hinblick auf Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 zu beantworten.
39 Schließlich wird nach dem zwölften Erwägungsgrund dieser Richtlinie mit ihr nur eine teilweise und minimale Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über missbräuchliche Klauseln vorgenommen, wobei es den Mitgliedstaaten freigestellt ist, dem betreffenden Verbraucher unter Beachtung des AEU-Vertrags einen besseren Schutz durch strengere einzelstaatliche Vorschriften als den in dieser Richtlinie enthaltenen Vorschriften zu gewähren. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten nach Art. 8 der genannten Richtlinie auf dem durch die Richtlinie geregelten Gebiet mit dem AEU-Vertrag vereinbare strengere Bestimmungen erlassen, um ein höheres Schutzniveau für diesen Verbraucher zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2021, Trapeza Peiraios, C‑243/20, EU:C:2021:1045, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).
40 Was das nationale Register unzulässiger Klauseln anbelangt, hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Mechanismus wie dieses Register, der in der Erstellung einer Liste von Klauseln besteht, die als missbräuchlich anzusehen sind, strengeren Bestimmungen unterliegt, die die Mitgliedstaaten nach Art. 8 der Richtlinie 93/13 erlassen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2015, Matei, C‑143/13, EU:C:2015:127, Rn. 61), und dass dieses Register grundsätzlich dem Interesse des Verbraucherschutzes entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Biuro podróży „Partner“, C‑119/15, EU:C:2016:987, Rn. 36).
41 Die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer streitigen Vertragsklausel auf der Grundlage eines Vergleichs ihres Inhalts mit dem einer im nationalen Register unzulässiger Klauseln eingetragenen Bestimmung kann nämlich schnell dazu beitragen, dass die in einer großen Zahl von Verträgen verwendeten missbräuchlichen Klauseln gegenüber den Verbrauchern, die Parteien dieser Verträge sind, keine Wirkungen mehr entfalten.
42 Im Übrigen hat der Gerichtshof, ebenfalls auf der Grundlage von Art. 8 der Richtlinie 93/13, dementsprechend festgestellt, dass die Mitgliedstaaten den in Art. 3 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit Nr. 1 des Anhangs dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz erweitern können, indem sie die in dieser Nummer aufgeführten Standardklauseln allgemein für missbräuchlich erklären, ohne dass eine weitere Prüfung anhand der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 genannten Kriterien erforderlich wäre (Urteil vom 19. September 2019, Lovasné Tóth, C‑34/18, EU:C:2019:764, Rn. 47).
43 Zudem hat der Gerichtshof entschieden, dass, sofern das nationale Register unzulässiger Klauseln nicht nur im Interesse der Verbraucher, sondern auch im Interesse der Gewerbetreibenden auf transparente Art und Weise geführt wird und in Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit auf dem neuesten Stand gehalten wird, die Einrichtung dieses Registers mit dem Unionsrecht vereinbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Biuro podróży „Partner“, C‑119/15, EU:C:2016:987, Rn. 36 bis 39 und 43).
44 Der Gerichtshof hat nämlich festgestellt, dass die Anwendung des Mechanismus des Registers unzulässiger Klauseln voraussetzt, dass das zuständige nationale Gericht prüft, ob die beanstandete Vertragsklausel mit einer Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichwertig ist, die für unzulässig erklärt wurde und in diesem Register aufgeführt ist, wobei der betreffende Gewerbetreibende die Möglichkeit hat, diese Gleichstellung vor einem nationalen Gericht anzufechten, um zu bestimmen, ob diese Vertragsklausel unter Berücksichtigung sämtlicher für den jeweiligen Fall maßgeblicher Umstände insbesondere mit Blick auf die von ihr hervorgerufenen Wirkungen inhaltlich mit der in einem solchen Register eingetragenen übereinstimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Biuro podróży „Partner“, C‑119/15, EU:C:2016:987, Rn. 40 bis 42).
45 Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass es den Mitgliedstaaten gemäß Art. 8 der Richtlinie 93/13 zwar weiterhin freisteht, in ihrem nationalen Recht eine weiter gehende Überprüfung von Amts wegen als diejenige, die ihre Gerichte nach dieser Richtlinie durchzuführen haben, und sogar vereinfachte Verfahren zur Prüfung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vorzusehen, doch bleibt das nationale Gericht im Allgemeinen dazu verpflichtet, die Parteien über diese Prüfung zu informieren und sie aufzufordern, dies in der von den nationalen Verfahrensvorschriften dafür vorgesehenen Form kontradiktorisch zu erörtern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. März 2020, Lintner, C‑511/17, EU:C:2020:188, Rn. 41 und 42).
46 Unter diesen Umständen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass sie dem nicht entgegenstehen, dass eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Vertragsklausel von den betreffenden nationalen Behörden allein deshalb als missbräuchlich angesehen wird, weil sie inhaltlich der Bestimmung eines Vertragsmusters entspricht, die in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragen ist.
Zur zweiten Frage
47 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine Vertragsklausel, die wegen der in ihr vorgesehenen Bedingungen für die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen des betreffenden Verbrauchers als missbräuchlich anzusehen ist, diese Missbräuchlichkeit aufgrund einer anderen Klausel dieses Vertrags, die vorsieht, dass der Verbraucher diese Verpflichtungen unter anderen Bedingungen erfüllen kann, verlieren kann.
48 Die Zuständigkeit des Gerichtshofs in diesem Bereich erstreckt sich nach seiner ständigen Rechtsprechung auf die Auslegung des Begriffs „missbräuchliche Klausel“ in Art. 3 Abs. 1 und im Anhang der Richtlinie 93/13 sowie auf die Kriterien, die das nationale Gericht bei der Prüfung einer Vertragsklausel im Hinblick auf die Bestimmungen dieser Richtlinie anwenden darf oder muss, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist, unter Berücksichtigung dieser Kriterien über die konkrete Bewertung einer bestimmten Vertragsklausel anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Infolgedessen muss sich der Gerichtshof darauf beschränken, dem nationalen Gericht Hinweise an die Hand zu geben, die dieses bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit der betreffenden Klausel zu beachten hat (Urteil vom 8. Dezember 2022, Caisse régionale de Crédit mutuel de Loire-Atlantique et du Centre Ouest, C‑600/21, EU:C:2022:970, Rn. 38).
49 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es bei der Prüfung der Missbräuchlichkeit einer nicht im Einzelnen ausgehandelten Vertragsklausel Sache des nationalen Gerichts ist, unter Berücksichtigung der in Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der Richtlinie 93/13 aufgestellten Kriterien zu ermitteln, ob diese Klausel in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls den in dieser Richtlinie aufgestellten Anforderungen an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz genügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2019, Abanca Corporación Bancaria und Bankia, C‑70/17 und C‑179/17, EU:C:2019:250, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
50 Zwar muss das nationale Gericht, um die etwaige Missbräuchlichkeit der Vertragsklausel, auf die der bei ihm gestellte Antrag gestützt ist, beurteilen zu können, alle anderen Klauseln des betreffenden Vertrags berücksichtigen (Urteil vom 27. Januar 2021, Dexia Nederland, C‑229/19 und C‑289/19, EU:C:2021:68, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung), da es je nach dem Inhalt dieses Vertrags notwendig sein kann, die kumulative Wirkung aller Klauseln dieses Vertrags zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. März 2020, Lintner, C‑511/17, EU:C:2020:188, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
51 Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, dass das nationale Gericht bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel ausschließlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Vertrags abstellen und insbesondere unter Berücksichtigung aller diesen Abschluss begleitenden Umstände beurteilen muss, ob diese Klausel als solche zu einem Missverhältnis zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien zugunsten des betreffenden Gewerbetreibenden geführt hat, und zwar auch dann, wenn dieses Missverhältnis nur unter bestimmten Umständen eintreten oder die Klausel unter anderen Umständen sogar dem betreffenden Verbraucher zugutekommen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Januar 2021, Dexia Nederland, C‑229/19 und C‑289/19, EU:C:2021:68, Rn. 54 und 55).
52 Im vorliegenden Fall geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Darlehensvertrag Klauseln enthält, die inhaltlich den in das nationale Register unzulässiger Klauseln eingetragenen Bestimmungen entsprechen, die einen Darlehensnehmer verpflichten, ein an eine Fremdwährung gebundenes Darlehen nur in nationaler Währung zurückzuzahlen, die zu einem von der betreffenden Bank frei bestimmten Wechselkurs umgerechnet wird.
53 Außerdem enthält der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Darlehensvertrag auch andere Klauseln, die es den Klägern des Ausgangsverfahrens ermöglichen, das betreffende Darlehen unmittelbar in Schweizer Franken zurückzuzahlen, was zur Folge hat, dass sie sich den in dieser Währung monatlich zurückzuzahlenden Betrag bei der Bank ihrer Wahl beschaffen können, ohne somit die mBank frei über diesen Betrag bestimmen zu lassen. Wie die Europäische Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen betont, stellen diese anderen Klauseln daher eine Modalität für die Rückzahlung des Darlehens durch den betreffenden Verbraucher dar, die alternativ zu derjenigen ist, die in den Klauseln vorgesehen ist, die in der vorstehenden Randnummer genannt werden.
54 Aus Rn. 23 des vorliegenden Urteils geht hervor, dass diese letztgenannten Klauseln als missbräuchlich angesehen wurden, weil sie der betreffenden Bank das Recht verleihen, den Wechselkurs und damit die Höhe der zu erbringenden Leistung frei zu bestimmen, und deshalb als solche ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der Rechte und Pflichten der Vertragspartner zugunsten des betreffenden Gewerbetreibenden verursachen. Daher ist es, wie in Rn. 51 des vorliegenden Urteils ausgeführt, für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit dieser Klauseln als solche unerheblich, dass dieses Missverhältnis möglicherweise nicht eintritt, weil der betreffende Verbraucher sich während der Vertragserfüllung dafür entscheidet, auf die in dem Vertrag vorgesehenen alternativen Modalitäten für die Rückzahlung des Darlehens zurückzugreifen.
55 Hinzu kommt, dass die Aufnahme von zwei alternativen Klauseln in einen mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag, die sich auf die Erfüllung derselben Verpflichtung zulasten des Verbrauchers beziehen und von denen die eine missbräuchlich und die andere zulässig ist, es dem betreffenden Gewerbetreibenden ermöglicht, darauf zu spekulieren, dass dieser Verbraucher durch Informationsmangel, Unachtsamkeit oder Unverständnis die betreffende Verpflichtung gemäß der Klausel erfüllen wird, die zu seinem Nachteil ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht. Daher kann solch ein vertraglicher Mechanismus für sich genommen missbräuchlich sein.
56 Im Übrigen kann die Nichtfeststellung der Nichtigkeit einer missbräuchlichen Klausel die Verwirklichung des in Art. 7 der Richtlinie 93/13 verankerten langfristigen Ziels, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in Verbraucherverträgen ein Ende zu setzen, beeinträchtigen.
57 Unter diesen Umständen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine Vertragsklausel, die wegen der in ihr vorgesehenen Bedingungen für die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen des betreffenden Verbrauchers als missbräuchlich anzusehen ist, diese Missbräuchlichkeit aufgrund einer anderen Klausel dieses Vertrags, die vorsieht, dass der Verbraucher diese Verpflichtungen unter anderen Bedingungen erfüllen kann, nicht verlieren kann.
Zur dritten Frage
58 Die dritte Frage, die sich auf die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bezieht, betrifft das Transparenzerfordernis, das einen Gewerbetreibenden vor Abschluss eines an eine Fremdwährung gekoppelten Darlehensvertrags gegenüber dem potenziellen Darlehensnehmer verpflichtet, wenn dieser bei ihm beschäftigt ist. Dieses Transparenzerfordernis ist jedoch in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie für Klauseln wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vorgesehen, und der Begriff „Verbraucher“ wird in Art. 2 Buchst. b der Richtlinie definiert.
59 Daher ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner dritten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass ein Gewerbetreibender verpflichtet ist, den betreffenden Verbraucher über die wesentlichen Merkmale des geschlossenen Vertrags und die mit diesem Vertrag verbundenen Risiken zu belehren, und zwar auch dann, wenn dieser Verbraucher bei ihm beschäftigt ist und über entsprechende Kenntnisse der Materie dieses Vertrags verfügt.
60 Es ist darauf hinzuweisen, dass das in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehene Transparenzerfordernis von Vertragsklauseln so zu verstehen ist, dass die betreffende Vertragsklausel nicht nur in formeller und grammatikalischer Hinsicht für einen Verbraucher nachvollziehbar sein muss, sondern dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher auch in die Lage versetzt werden muss, die konkrete Funktionsweise dieser Klausel zu verstehen und somit auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien die möglicherweise beträchtlichen wirtschaftlichen Folgen einer solchen Klausel für seine finanziellen Verpflichtungen einzuschätzen (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).
61 Diese Bezugnahme auf den Durchschnittsverbraucher stellt ein objektives Kriterium dar. Im Übrigen hat der Verbraucherbegriff im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 objektiven Charakter und ist unabhängig von den konkreten Kenntnissen, die die betreffende Person haben mag, oder den Informationen, über die sie tatsächlich verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. März 2019, Pouvin und Dijoux, C‑590/17, EU:C:2019:232, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
62 Was insbesondere an eine Fremdwährung gekoppelte Darlehensverträge wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden betrifft, folgt aus dem Erfordernis der Transparenz von Vertragsklauseln u. a., dass ein Gewerbetreibender den betreffenden Kreditnehmer klar darüber informieren muss, dass dieser sich durch den Abschluss eines solchen Vertrags einem Wechselkursrisiko aussetzt, das er im Fall einer Abwertung der Währung, in der er sein Einkommen erhält, eventuell schwer wird tragen können. Außerdem muss der Gewerbetreibende diesem Verbraucher die möglichen Änderungen der Wechselkurse und die Risiken des Abschlusses eines solchen Vertrags darlegen (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).
63 Die von diesem Gewerbetreibenden übermittelten Informationen müssen es einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ermöglichen, nicht nur zu verstehen, dass die Entwicklung des Werts der Verrechnungswährung gegenüber der Zahlungswährung aufgrund von Schwankungen des Wechselkurses zu nachteiligen Folgen für seine finanziellen Verpflichtungen führen kann, sondern im Rahmen des Abschlusses eines an eine Fremdwährung gekoppelten Darlehensvertrags auch das reale Risiko zu verstehen, dem dieser Verbraucher sich während der gesamten Laufzeit dieses Kreditvertrags für den Fall einer starken Abwertung der Währung, in der er sein Einkommen bezieht, gegenüber der Verrechnungswährung aussetzt (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 72).
64 Das nationale Gericht hat unter Berücksichtigung aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände zu prüfen, ob dem betreffenden Verbraucher sämtliche Tatsachen mitgeteilt wurden, die sich auf den Umfang seiner Verpflichtung auswirken könnten und ihm erlauben, die finanziellen Folgen seiner Verpflichtung einzuschätzen (Urteil vom 12. Januar 2023, D.V. [Rechtsanwaltsvergütung – Abrechnung nach dem Zeitaufwand], C‑395/21, EU:C:2023:14, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
65 Im vorliegenden Fall geht aus den Angaben des vorlegenden Gerichts hervor, dass AM, die zusammen mit PM einen an eine Fremdwährung gekoppelten Darlehensvertrag geschlossen hat, Angestellte der mBank war und aufgrund ihrer Ausbildung und Berufserfahrung über Kenntnisse in Bezug auf die wesentlichen Merkmale und die mit diesem Darlehensvertrag verbundenen Risiken verfügte, die jene eines überdurchschnittlich verständigen Verbrauchers waren.
66 Aus den Rn. 60 und 61 des vorliegenden Urteils ergibt sich jedoch, dass die Einhaltung des Transparenzerfordernisses anhand des objektiven Maßstabs des normal informierten und angemessen aufmerksamen sowie verständigen Durchschnittsverbrauchers zu prüfen ist, dem insbesondere weder der unterdurchschnittlich noch der überdurchschnittlich verständige Verbraucher entspricht.
67 Im Übrigen ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13, dass der durch diese Richtlinie gewährte Schutz von den Zwecken abhängt, zu denen eine natürliche Person handelt, d. h. Zwecken, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, und nicht von den besonderen Kenntnissen, über die diese Person verfügt.
68 Dieses weite Verständnis des Verbraucherbegriffs ermöglicht es, den durch diese Richtlinie gewährten Schutz allen natürlichen Personen zu sichern, die sich gegenüber einem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befinden und einen geringeren Informationsstand besitzen, was dazu führt, dass diese natürlichen Personen den von diesem Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmen, ohne auf deren Inhalt irgendeinen Einfluss nehmen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. März 2019, Pouvin und Dijoux, C‑590/17, EU:C:2019:232, Rn. 25 und 28).
69 Somit schließt der Umstand, dass eine natürliche Person mit ihrem Arbeitgeber einen anderen Vertrag als einen Arbeitsvertrag schließt, es als solcher nicht aus, dass diese Person als „Verbraucher“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 einzustufen ist (Urteil vom 21. März 2019, Pouvin und Dijoux, C‑590/17, EU:C:2019:232, Rn. 29).
70 Unter diesen Umständen ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass ein Gewerbetreibender verpflichtet ist, den betreffenden Verbraucher über die wesentlichen Merkmale des mit ihm geschlossenen Vertrags und die mit diesem Vertrag verbundenen Risiken zu belehren, und zwar auch dann, wenn dieser Verbraucher bei ihm beschäftigt ist und über entsprechende Kenntnisse der Materie dieses Vertrags verfügt.
Zu vierten Frage
71 Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass in dem Fall, dass zwei Verbraucher denselben Vertrag mit ein und demselben Gewerbetreibenden schließen, dieselben Vertragsklauseln gegenüber dem einen Verbraucher als missbräuchlich und gegenüber dem anderen als nicht missbräuchlich angesehen werden können.
72 Wie sich aus Rn. 31 des vorliegenden Urteils ergibt, ist diese Frage nur für den Fall gestellt worden, dass die dritte Frage verneint würde. Da dies nicht der Fall ist, ist auf die vierte Frage keine Antwort zu erteilen.